Ich hân ir sô wol gesprochen

Frau Minne vor Gericht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

17 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Kritische Ausgabe von Cormeau

3. Paraphrase

4. Übersetzung

5. Textanalyse
5.1 Überlieferung / Edition
5.2 Thematik
5.3 Form / Metrik
5.4 Rhetorik / Topik

6. Minnegericht

7. Zusammenfassung
7.1 Ausblick

8. Literaturverzeichnis
8.1 Primärliteratur
8.2 Kommentierte Primärliteratur
8.3 Sekundärliteratur

1. Einleitung

Ich werde das Lied Ich hân ir sô wol gesprochen von Walther von der Vogelweide bear-beiten. Zum besseren Verständnis werde ich den Text erst paraphrasieren und ihn dann übersetzen. Danach werde ich auf die Überlieferungssituation eingehen und die Wahl der von mir bearbeiteten Edition begründen.

Dann werde ich mit der Textanalyse und Interpretation beginnen. Als Erstes werde ich hierzu die Thematik besprechen. Meine Überlegungen hierzu werde ich mit einer Dis-kussion über die Metrik und Form des Liedes unterstützen um dann über das Be-sprechen von Rhetorik und Topik meine Ergebnisse auszuführen. Schließlich werde ich noch einen Vergleich über Minnegericht und die zeitgenössische reale Gerichtsverhand-lung führen um zu prüfen, ob der Text eventuell Rückschlüsse auf die Sozialgeschichte zulässt.[1] Abschließend werde ich meine Ergebnisse zusammenfassen und einen vertief-enden Ausblick bieten.

2. Kritische Ausgabe von Cormeau

Ich hân ir sô wol gesprochen C 17

I Ich hân ir sô wol gesprochen,

daz si meneger in der welte lobet.

hât si daz an mir gerochen,

owê danne, sô hân ich getobet,

5 Daz ich die getiuret hân

und mit lobe gekrœnet,

diu mich wider hœnet,

frowe Minne, daz sî iu getân.

II Frowe Minne, ich clage iu mêre:

rihtent mir und rihtent über mich.

der ie streit umbe iuwer êre

wider unstæte liute, daz was ich.

5 In den dingen bin ich wunt;

ir hât mich geschozzen,

und gât sî genozzen,

ir ist sanfte, ich bin aber ungesunt.

III Frowe, lât mich des geniezen,

ich weiz wol, ir habt noch strâle mê.

mugent irs in ir herze schiezen,

daz ir werde mir gelîche wê?

5 Ir sulent, edeliu künegîn,

iuwer wunden teilen

oder die mîne heilen.

solde ich eine alsus verschaffen sîn?

IV Ich bin iuwer, frowe Minne,

schiezzent dar, dâ man iu widerstê.

helfent, daz ich sie gewinne,

neinâ, frowe, daz sis iht enge!

5 Lât mich iu daz ende sagen:

und engêt si uns beiden,

wir zwei sîn gescheiden.

wer sollte iu danne iemer iht geklagen?

V Frowe Minne, ir sult mir lônen

baz denne einem andern <…> man,

unde sult mîn <…> schônen

baz, wand ich iu baz gedienet han.

5 Waz sol iu der niuwe site,

daz ir manigen hêret,

der iuch wider unêret?

da verderbet ir die besten mite.[2]

3. Paraphrase

I Ich habe von ihr viel Gutes erzählt, damit sie Viele loben. Sie hat mir das schlecht vergolten, ich war verrückt, dass ich die höher gestellt habe, die mich verhöhnt. Frau Minne, das hat sie Euch angetan.
II Frau Minne, ich klage Euch mehr, sprecht Recht für mich und richtet über mich. Ich kämpfte immer für Eure Ehre. Jetzt bin ich verwundet, ihr habt mich ange-schossen und sie wurde belohnt.
III Frau, ich weiß, ihr habt noch mehr Pfeile, lasst mich genießen, wie Ihr in ihr Herz schießt, damit sie den gleichen Schmerz wie ich fühlt. Ihr sollt, edle Königin, Eure Wunden teilen, oder meine heilen. Soll ich alleine auf diese Weise verdorben sein?
IV Ich bin Euer, Frau Minne, schießt dort, wo man Euch widersteht. Helft, dass ich sie gewinne. Lasst ihr keine Flucht! Lasst mich Euch das Ende sagen: Wenn sie uns beiden entgeht sind wir zwei geschieden. Wer sollte Euch dann immer etwas klagen?
V Frau Minne, Ihr sollt mich besser als einen anderen Mann belohnen, und auf mich besser Rücksicht nehmen, weil ich Euch besser gedient habe. Was soll die neue Sitte, dass ihr die erhört, die Euch beschimpfen? Da richtet ihr die Besten mit zu-grunde.

4. Übersetzung

I Ich habe so freundlich von ihr gesprochen,

dass sie Viele in der Welt loben.

Sie hat mir das schlecht vergolten,

Owe, dann war ich verrückt,

5 dass ich die gepriesen habe

und mit Lob gekrönt,

die mich verhöhnt.

Frau Minne, das hat sie Euch angetan.

II Frau Minne, ich klage Euch mehr:

Sprecht Recht für mich und richtet über mich.

Der immer für Eure Ehre kämpfte,

gegen untreue Leute, der war ich.

5 Zu dieser Zeit bin ich verletzt;

Ihr habt mich angeschossen,

und sie ist unversehrt,

ihr ist wohl, ich bin aber ungesund.

III Frau, lasst mich das genießen,

ich weiß wohl, ihr habt noch Pfeile mehr,

mögt Ihr sie in ihr Herze schießen,

dass ihr der Schmerz gleich wird wie mir?

5 Ihr sollt, edle Königin,

Eure Wunden teilen

oder die meinen heilen.

Sollte ich alleine auf diese Weise verdorben sein?

IV Ich bin Euer Frau Minne,

schießt dorthin, wo man Euch widersteht.

helft, dass ich sie gewinne,

Nein, Frau, dass sie nicht entflieht!

5 Lasst mich Euch das Ende sagen:

Und entgeht sie uns beiden,

sind wir zwei geschieden.

Wer sollte Euch dann immer etwas klagen?

V Frau Minne, ihr sollt mich belohnen

besser als einen anderen Mann,

und sollt auf mich Rücksicht nehmen,

besser, weil ich Euch besser gedient habe.

5 Was soll Eure neue Seite,

dass Ihr Manchen erhört,

der Euch beschimpft?

Da richtet Ihr die Besten mit zugrunde.

[...]


[1] Vgl. Rüdiger Brandt: Grundkurs germanistische Mediävistik / Literaturwissenschaft. Eine Einführung. München: Wilhelm Fink Verlag 1999. S. 37.

[2] Walter von der Vogelweide. Leich, Lieder, Sangsprüche. 14., völlig neubearb. Aufl. der Ausgabe Karl Lachmanns mit Beiträgen von Thomas Bein und Horst Brunner. Hrsg. v. Cristoph Cormeau. Berlin, New York: de Gruyter 1996, S. 79f. In der Folge zitiert als: C 17, I, 1ff.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Ich hân ir sô wol gesprochen
Untertitel
Frau Minne vor Gericht
Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz
Veranstaltung
Literarische Kultur des Mittelalters
Note
1
Autor
Jahr
2009
Seiten
17
Katalognummer
V142792
ISBN (eBook)
9783640519491
ISBN (Buch)
9783640520992
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frau, Minne, Gericht
Arbeit zitieren
Viktoria Karadeniz (Autor:in), 2009, Ich hân ir sô wol gesprochen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142792

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Ich hân ir sô wol gesprochen



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden