Transfertheorien


Seminararbeit, 2003

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1) Erläuterung des Themas

2) Transferarten

3) Transfertheorien
3.1) Klassische Transfertheorien
3.1.1) Prinzipientransfer
3.1.2) Theorie der identischen Elemente
3.2 Neuere Theorien
3.2.1 Transfer durch metakognitive Kontrolle
3.2.2) Transfer als ganzheitlicher Prozess

4) Praxisorientierte Bewertung und Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1) Erläuterung des Themas

Die vorliegende Seminararbeit soll einen Überblick über die existierenden Theorien geben, die das Phänomen des Transfers von einer Lernsituation in eine Anwendungssituation zu erklären versuchen.

Die Lernsituation kann auch als Lernfeld oder Source, die Anwendungssituation auch als Anwendungsfeld oder Target bezeichnet werden.

Bezogen auf den Arbeitskontext entspräche eine Weiterbildungsmaßnahme der Lernsituation und der Arbeitsplatz der Anwendungssituation.

Da in der heutigen Arbeitswelt Weiterbildungsmaßnahmen als wichtiger Teil der Mitarbeiterentwicklung angesehen werden und für Unternehmen eine beträchtliche finanzielle Investition darstellen, ist es von außerordentlicher Bedeutung, dass die Mitarbeiter die Inhalte eines solchen Seminars in möglichst hohem Umfang dann auch am Arbeitsplatz anwenden und zwar über einen möglichst langen Zeitraum. Es ist also wünschenswert, dass die Trainingsinhalte erfolgreich transferiert werden können.

In der Literatur gibt es eine Vielzahl an Definitionen für Transfer.

Allgemein versteht man darunter „wenn etwas, das in einem Zusammenhang gelernt wurde, auf einen anderen Zusammenhang übertragen wird“ (Mandl, Prenzel & Gräsel, 1992).

Speziell auf den Arbeitskontext bezogen kann man Transfer als Prozess der Übertragung und Aufrechterhaltung von, in einem Seminar erworbenen, Fähigkeiten, Wissen oder Einstellungen auf den Arbeitsplatz beschreiben.

Da die einem Trainingsprogramm zugrundeliegende Transfertheorie zu einem großen Teil zum Erfolg oder Misserfolg des Trainings beitragen kann, soll die Grundidee, sowie die Vor- und Nachteile der einzelnen Theorien im folgenden beleuchtet werden.

2) Transferarten

Bevor auf die verschiedenen Theorien eingegangen wird, sollen an dieser Stelle zunächst die wichtigsten Transferarten kurz erläutert werden.

Man geht im Zusammenhang mit Transfer meist von positivem Transfer aus, d. h., dass durch vorangegangenes Training nachfolgende Aufgaben schneller bzw. leichter bearbeitet werden können.

Daneben gibt es aber auch Nulltransfer. Davon spricht man, wenn das Training keinen Effekt auf die Bearbeitung nachfolgender Aufgaben hat.

Weiterhin kann es auch negativen Transfer geben. Dies ist der Fall, wenn durch vorangegangenes Training Aufgaben schlechter bearbeitet werden, als ohne entsprechende Lernerfahrungen.

Für das Phänomen des positiven Transfers wird in der Literatur eine Vielzahl von Begriffen differenziert. So wird u.a. zwischen horizontalem und vertikalen Transfer, zwischen literalem und figuralem, zwischen spezifischem und unspezifischen Transfer unterschieden. „Bei der jeweils benannten Dichotomie ist der Unterschied bzw. die Distanz, die zwischen der Situation, in der eine Fertigkeit, bzw. eine Kenntnis erworben wird, und der Transfersituation unterschiedlich groß“ (Hasselhorn & Mähler, 2000). Diese unterschiedlich große Transferdistanz ist auch beim Begriff des proximalen (nahen), bzw. distalen (weiten) Transfers relevant, der in nachfolgender Abhandlung Verwendung finden soll.

Nach Laker (1990) versteht man unter nahem Transfer das Ausmaß, in dem eine Person das im Training Gelernte auf Situationen anwendet, die denen des Trainings ähneln.

Unter weitem Transfer versteht man dagegen das Ausmaß, in dem eine Person das im Training Gelernte auf Situationen anwendet, die sich von denen des Trainings unterscheiden. In diesem Zusammenhang geht Royer (1979) von Transfer als einem Kontinuum mit den Extremwerten nah und fern aus. Grundgedanke ist bei allen Transferbegriffen, dass der Grad der Unähnlichkeit zwischen Lern- und Anwendungssituation ein entscheidendes Merkmal für den erfolgten Transfer darstellt. Die weniger präzise Unterscheidung in nahen und weiten Transfer hat gegenüber den anderen Transferbegriffen den Vorteil, dass sie relativ theorieneutral ist, dass sie also in gewisser Hinsicht einen Überbegriff der zuvor genannten Transferarten darstellt.

Von Salomon und Perkins (1989) wurde ein weiterer Transferbegriff eingeführt, der aufgrund seiner Andersartigkeit gesondert aufgeführt werden soll.

Sie unterscheiden zwischen „low-road“- und „high-road“-Transfer und differenzieren damit nach der, von einer Person bewußt für den Transfer, investierten Anstrengung. Während „low-road“-Transfer automatisch und unbewußt abläuft, erfordert „high-road“-Transfer bewußte, kognitive Anstrengung. Wie die verschiedenen Stufen, bzw. Arten von Transfer erreicht werden können soll die nun folgende Betrachtung klassischer und neuerer Transfertheorien deutlich machen.

3) Transfertheorien

3.1) Klassische Transfertheorien

3.1.1) Prinzipientransfer

Die Idee des Prinzipientransfers ist eine der ältesten Vorstellungen über die Funktionsweise von Transfer. Sie geht bis auf Aristoteles zurück.

Entscheidend für erfolgreichen Transfer wird hier die Vermittlung allgemeiner, bereichsunabhängiger Prinzipien und Strategien angesehen. Solche Regeln oder Lösungsstrategien können dann für eine ganze Klasse von Fällen, nicht nur für den Einzelfall, angewendet werden. Es wird also angenommen, dass das Individuum durch das Erlernen von Prinzipien auch mit neuen Anforderungen im Anwendungsfeld besser zurecht kommt. Durch die Möglichkeit der Anwendung von Trainingsinhalten auf neue Situationen, wird deutlich, dass durch Training nach der Theorie des Prinzipientransfers distaler Transfer ausgelöst werden kann.

Der Glaube an diese Funktionsweise von Transfer spiegelt sich in den traditionellen Vorstellungen der formalen Bildung wieder. Anhänger dieser Bildungstheorie vertreten die Ansicht, die Beschäftigung mit abstrakten Schulfächern, wie Mathematik oder Latein würde die Fähigkeit des logischen Denkens fördern und die so geschulten allgemeinen Fähigkeiten würden auch in anderen Bereichen das Finden von Problemlösungsstrategien erleichtern. Vertreter dieses didaktischen Formalismus sind also der Überzeugung, dass in der Schule nicht alles Wissen, das im Erwachsenenalter benötigt wird gelehrt werden muss, sondern dass es wichtiger ist allgemeine Strategien zu vermitteln. Diese Idee eines Prinzipientransfers wurde von Judd (1908) untersucht und in einem vielzitierten Experiment bestätigt.

Das Experiment soll hier kurz erläutert werden:

Judd lehrte einer Gruppe von Kindern das Prinzip der Lichtbrechung unter Wasser. Anschließend sollten diese Kinder mit Pfeilen ein Ziel unter Wasser treffen. Die Kinder, denen das Prinzip der Lichtbrechung beigebracht wurde trafen besser, als Kinder die darüber nicht aufgeklärt worden waren. Das Ergebnis des Experiments wurde so interpretiert, dass ein Prinzip auf ein ähnliches Problem angewendet wurde.

Solche Befunde stützten die Annahmen der formalen Bildungstheorie.

Allerdings gibt es eine Vielzahl neuerer Untersuchungen die darauf hinweisen, dass diese Art von Transfer nur selten spontan auftritt.

Gründe dafür sind nach Adams (1989, zitiert nach Mandl et al.), „dass Problemlöse- und Denkstrategien immer im Kontext spezifischer Inhalte erworben werden und dabei in inhalts- bzw. materialspezifische Schemata eingebunden werden, aus denen sie nur schwer wieder zu lösen sind.“

Als Beispiel für einen nicht gelungenen Transfer bei verschiedener Lern- und Prüfsituation ist die Studie von Carraher, Carraher und Schliemann (1985) über die mathematischen Fähigkeiten brasilianischer Schulkinder zu nennen.

Die für diese Untersuchung herangezogenen Kinder arbeiteten auch als Straßenhändler und waren dadurch sehr geschickt, den Preis verkaufter Waren im Kopf zu berechnen. Die gleichen Kinder hatten bei, in einer Prüfungssituation zu lösenden, Mathematikaufgaben der gleichen Struktur aber nur sehr geringe Erfolgsquoten. In der Prüfungssituation fehlte die Einbettung in eine Verkaufssituation. Sie unterschied sich damit für die Kinder subjektiv so stark von der Lernsituation, dass sie nicht in der Lage waren ihre, eigentlich vorhandenen, Fähigkeiten erfolgreich anzuwenden.

Bei Untersuchungen von speziellen Trainingsprogrammen zur Förderung von Denk- und Problemlösestrategien wurde ebenfalls kein Beweis dafür gefunden, dass die vermittelten Strategien auf Aufgaben, die der Trainingssituation unähnlich waren, übertragen wurden.

Als eine Möglichkeit die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von weitem Transfer zu verbessern wird oft die Methode der Stimulusvariation genannt. Hier wird versucht ein Problem aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, um so die Abkopplung von speziellen Kontexten zu erreichen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Transfertheorien
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät)
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
17
Katalognummer
V19901
ISBN (eBook)
9783638239301
Dateigröße
364 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Transfertheorien
Arbeit zitieren
Robert Jentzsch (Autor:in), 2003, Transfertheorien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19901

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