PR und Journalismus - Eine gute Nachbarschaft?


Hausarbeit, 2000

25 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: PR und Journalismus - Eine gute Nachbarschaft?

2. Wenn der Pressesprecher zum Weihnachtsmann wird
2.1. Richtlinien für Journalisten und Öffentlichkeitsarbeiter:
2.2. Grenzbeziehungen in der Praxis

3. „Das ist aber ein wichtiger Kunde von uns...“
3.1 Der Pressekodex zum Verhältnis Journalisten-Werbekunden:
3.2 Journalismus zwischen Aufklärung und Anzeigenabteilung

4. Textmanagement statt Recherche
4.1 Rechtliche Grundlagen
4.2 Pressetexte: Bedeutung und Verwendung in der Praxis

5. Gute Nachbarschaft oder Seitensprung? - Fazit

Literatur:

1. Einleitung: PR und Journalismus - Eine gute Nachbarschaft?

Sie werden gehasst und gefürchtet, bewundert und belächelt - zu nur wenigen Berufsständen haben die Deutschen ein so ambivalentes Verhältnis wie zu dem des Journalisten. Dennoch: wohl kaum jemand kann und möchte auf die Arbeit von Reportern und Redakteuren verzichten.

Journalisten sind Vermittler zwischen Personen, Institutionen und der Öffentlichkeit. Sie erzeugen das Wissen ihrer Rezipienten über all jene Geschehnisse, bei denen diese nicht selbst dabei sein konnten. Von der UN-Artenschutzkonferenz bis zum Jahresfest der örtlichen Feuerwehr. - Egal ob lokal, regional, national oder international: Journalisten sind stellvertretende Beobachter und malen Bilder von Ereignissen in die Köpfe ihrer Leser, Zuhörer und Zuschauer. Sind es gestochen scharfe Aufnahmen oder eher Zerrbilder? Ob es so etwas wie „objektive Berichterstattung“ überhaupt geben kann, ist nicht Thema dieser Hausarbeit. Im Mittelpunkt steht vielmehr die Frage, ob und wenn ja durch welche externen materiellen Faktoren redaktionelle Berichterstattung beeinflusst wird und inwieweit dies dem eigenen Rollenverständnis der Medienvertreter und der Glaubwürdigkeit des Berufsstandes insgesamt schadet.

„Ein Wort von ihnen ist mehr wert als tausend Worte von uns...“ PR-Leute wissen getreu diesem Motto, dass sie viel über den Erfolg ihres Unternehmens und die Qualität von Produkten oder Dienstleistungen schreiben und erzählen können. Glaubwürdig wirken solche Aussagen jedoch erst, wenn auch Außenstehende sie öffentlichkeitswirksam bestätigen. Und wer bietet sich da schließlich besser an als Journalisten in ihrer bereits zitierten Rolle als Mittler zwischen Personen, Institutionen und der Öffentlichkeit? Ein wohlwollender Zeitungsartikel, Fernseh- oder Rundfunkbeitrag hat logischerweise einen ungleich höheren Werbewert als eine Anzeige oder ein Werbespot.

Wen wundert es da, dass geschulte Öffentlichkeitsarbeiter mit allen Mitteln um die Gunst der Journalisten werben?

Dass bei diesen „Annäherungsversuchen“ nicht nur die Qualität von Produkten und Dienstleistungen sondern in manchen Fällen auch materielle Vorteile unterschiedlichster Art im Spiel sind, beinhaltet ein Teil dieser Hausarbeit.

Der Titel „Public Relations und Journalismus - Eine gute Nachbarschaft?“ bezieht sich jedoch nicht nur auf Verhältnis zwischen professioneller Öffentlichkeitsarbeit und redaktioneller Berichterstattung in diesem eng umgrenzten Sinne.

Anzeigen und Werbespots sind ein wesentlich Bestandteil der Finanzierung von Printmedien, Radio- und Fernsehsendern.

Aus Dankbarkeit gegenüber finanzkräftigen Werbekunden erwächst nicht selten auch eine engere Zusammenarbeit zwischen Redaktion und PR-Abteilung.

Ein dritter Teil beschäftigt sich mit dem Thema „Textmanagement statt Recherche“. Hierin soll es insbesondere um Textvorlagen, sogenannte „Waschzettel“ von PR-Büros gehen, die aus Bequemlichkeit, Zeit- oder Geldmangel redaktionelle Recherche und Berichterstattung ersetzen.

In der gesamten Hausarbeit soll es jedoch weder darum gehen, die gesamte Medienbranche noch den Bereich professioneller Öffentlichkeitsarbeit pauschal zu denunzieren. Es geht vielmehr um die Frage, in welchen Fällen gute Nachbarschaft zwischen Medienvertretern und Pressesprechern zum Seitensprung der Journalisten ins PR-Fach wird. Mit dieser Frage möchte ich mich auch in einem abschließenden Fazit beschäftigen.

Thomas Joppig

Bremen, im Mai 2000

2. Wenn der Pressesprecher zum Weihnachtsmann wird

2.1. Richtlinien für Journalisten und Öffentlichkeitsarbeiter:

Im Pressekodex des Deutschen Presserates heißt es zum Thema Einladungen und Geschenke:

Ziffer 15: „Die Annahme und Gewährung von Vorteilen, die geeignet sein könnten, die Entscheidungsfähigkeit von Verlag und Redaktion zu beeinflussen, sind mit dem Ansehen, der Unabhängigkeit und der Aufgabe der Presse unvereinbar. Wer sich für die Verbreitung oder Unterdrückung von Nachrichten bestechen lässt, handelt unehrenhaft und berufswidrig.

Richtlinie 15.1: Die Gefahr einer Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit von Verlagen und Redaktion sowie der unabhängigen Urteilsbildung der Journalisten besteht, wenn Redakteure und redaktionelle Mitarbeiter Einladungen und Geschenke annehmen, deren Wert das im gesellschaftlichen Übliche und im Rahmen der beruflichen Tätigkeit notwendige Maß übersteigt. Schon der Anschein, die Entscheidungsfreiheit von Verlag und Redaktion könne durch die Gewährung von Einladungen und Geschenken beeinträchtigt werden, ist zu vermeiden.

Geschenke sind wirtschaftliche und ideelle Vergünstigungen jeder Art. Die Annahme von Werbeartikeln zum täglichen Gebrauch oder sonstiger geringwertiger Gegenstände zu traditionellen Gelegenheiten ist unbedenklich.

Recherche und Berichterstattung dürfen durch die Vergabe oder Annahme von Geschenken, Rabatten oder Einladungen nicht beeinflusst oder gar verhindert werden. Verlage und Journalisten sollten darauf bestehen, dass Informationen unabhängig von der Annahme eines Geschenkes oder einer Einladung gegeben werden.“

Auch die „andere Seite des Schreibtisches“ hat ihrerseits Regelungen für den Umgang mit Journalisten verfasst. In den PR-Richtlinien der des „Deutschen Rates für Public Relations (DRPR) heißt es zum Thema Geschenke und Einladungen:

„Der Austausch von Geschenken ist unter Gastfreunden und Kollegen in allen Bereichen seit jeher ein Zeichen des gegenseitigen Vertrauens und Wohlwollens. Er geschieht daher uneigennützig. Dieses Prinzip hat auch für geschäftsbedingte Geschenke zu gelten. Auf keinen Fall sind solche Gaben an Gegenleistungen zu koppeln. Eine angemessene Zurückhaltung ist geboten. Dies gilt hinsichtlich des Empfängerkreises, der Anlässe und des Geldwertes.

Empfänger eines PR-Geschenkes sollen namentlich bekannte Personen sein. Anlass für besondere Geschenke können herausragende, für den Beschenkten einmalige Ereignisse sein. Anlass für Werbegeschenke können besondere Veranstaltungen sein, zu denen Journalisten eingeladen werden. Diese Geschenke dürfen den finanzamtlich vorgeschriebenen Rahmen nicht überschreiten.

Alle Zuwendungen und Gefälligkeiten müssen im Rahmen des Üblichen bleiben. Sie sollen wertmäßig so gestaltet sein, dass ihre Annahme vom Empfänger nicht verheimlicht werden muss und ihn nicht in eine verpflichtende Abhängigkeit drängt.

Produkte und Dienstleistungen, die zum Testen angeboten werden, müssen so maßvoll eingesetzt werden, dass sie die Testjournalisten nicht zu einem ungewöhnlichen Lebensstil veranlassen beziehungsweise deren allgemeiner Haushaltsführung zugerechnet werden können.

Einladungen zu Pressereisen und besonderen Veranstaltungen müssen in einem nachvollziehbaren Verhältnis zum Informationsanlass stehen. Sie dürfen nicht Zeichen einer besonderen, persönlichen Vergünstigung sein. Sie dürfen nicht an die ausdrückliche Erwartung eines positiven Berichts geknüpft werden.

Die partielle Reisekostenerstattung ist nur dann zulässig, wenn sie arbeitgeberseitig nicht übernommen wird und nur durch eine allseitige Berichterstattung sichergestellt werden kann. Sie soll auch nur dann erfolgen, wenn sie eine einsehbare und allseits unangefochtene Praxis im jeweiligen Presseberufsstand ist.“

2.2. Grenzbeziehungen in der Praxis

Egal, ob es sich um eine Pressekonferenz im Edel-Restaurant handelt, um die berühmt-berüchtigten Weihnachtsgeschenke der Sparkasse, um Einladungen von Reiseveranstaltern oder um Presserabatte: Unternehmen und Institutionen lassen sich nicht selten einiges einfallen, um sich der Medienöffentlichkeit gut und teuer zu präsentieren. Was davon jedoch im „gesellschaftlichen Verkehr üblich ist“ und „das im Rahmen der beruflichen Tätigkeit notwendige Maß nicht übersteigt“, darüber gehen die Meinungen vieler Journalisten auseinander. Mit diesem Thema hat sich der Wirtschaftsjournalist Georg Heller in seinem 1997 erschienenen Buch „Lügen wie gedruckt - über den ganz alltäglichen Journalismus“ auseinandergesetzt.

Heller kritisiert in dem Kapitel „Partner, Freunde, Amigos - Was Journalisten so alles angeboten wird“ nicht die in Annahme geringwertiger Gegenstände, wie die der Flasche Wein zu Weihnachten: „Ich denke, der Presserat hätte das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, wenn er Ziffer 15 des Pressekodex verabsolutiert hätte. Darum kann es nicht gehen. Allerdings sollten Interessenten Journalisten nicht übermäßig beschenken und Reisen nur zum Zwecke von Information veranstalten, die anders nicht zu vermitteln ist. Da liegt manches im Argen, im Reisejournalismus, im Automobil-Journalismus und im Wirtschaftsjournalismus - in dieser Reihenfolge. Seriöse Journalisten und Verlage haben das erkannt und machen bei Einladungen und Reisen nicht mehr mit, bei denen Beziehungspflege durch Luxusangebote im Vordergrund steht.“ (Heller; S. 40)

Zu einer Ähnlichen Erkenntnis wie Heller im letzten Satz kommt auch eine empirische Untersuchung zur Beziehung zwischen Public Relations und Medien in der Schweiz, die 1989 von dem Kommunikationswissenschaftler René Grossenbacher herausgegeben wurde: „Journalisten, dies wurde sehr deutlich, sind in erster Linie an relevanten Informationen interessiert. Auch verlockend klingende Rahmenangebote scheinen oft nicht die gewünschte Wirkung zu haben, zumal die größeren Redaktionen damit überschwemmt werden. Selbst ein viertägiger Aufenthalt in einem Gstaader Luxushotel ist zu wenig Anreiz.“ (Grossenbacher; S. 45)

Weitaus größeren Anreiz als Luxushotels und der kostenlose Bordellbesuch bei manchen Pressereisen (siehe Heller; S. 42 und Riehl-Heyse; S. 82) üben auf viele Medienvertreter offensichtlich sogenannte Journalistenrabatte aus, mit denen sich Heller in dem oben genannten Kapitel vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen kritisch auseinandersetzt: „Ziemlich neu war ich in dem Gewerbe, und mein Verhältnis zu Daimler noch jung, als ich den Leiter des Mercedes-Werks in Sindelfingen aufsuchte, um mit ihm zu sprechen und die Fabrik zu besichtigen. Ich war sehr beeindruckt von dieser Produktionsanlage, damals einer der modernsten Europas. (...) Aber ich nahm nicht nur das Bild fruchtbarer menschlicher Zusammenarbeit zwischen dem Werksleiter und ‚seinen’ Arbeitern mit, sondern auch das Angebot, dass ich einen Vorführwagen für zehntausend Mark bekommen könne. Das schien mir - auch ich war offenbar ein naiver Mensch geblieben - mit dem Verhältnis, in dem ich zu dem Unternehmen stand, nicht zusammenzupassen. War ich doch voller Neugierde gekommen, hatte über das, was ich erfahren würde, meine Eindrücke und Gedanken niederschreiben wollen, war informiert, beeindruckt, mitbegeistert worden, all das in freier Begegnung - da stand ich plötzlich Menschen gegenüber, die diese Spielregeln, die mir selbstverständlich waren, zu ihren Gunsten beeinflussen wollten. Das freie Spiel war zerstört.“ (Heller; S.36/ 37)

[...]

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Details

Titel
PR und Journalismus - Eine gute Nachbarschaft?
Hochschule
Hochschule Bremen  (Internationaler Studiengang Fachjournalistik)
Veranstaltung
Medientheorie II
Note
2,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
25
Katalognummer
V9864
ISBN (eBook)
9783638164610
ISBN (Buch)
9783638641302
Dateigröße
513 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
PR, Journalismus, Korruption
Arbeit zitieren
Thomas Joppig (Autor:in), 2000, PR und Journalismus - Eine gute Nachbarschaft?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9864

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