Medienumwelten in der NS- Zeit


Seminararbeit, 1999

38 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der Schaubilder Einleitung

1. Die Zeit vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten

2. Die Gleichschaltung der Presse und des Rundfunks

3. Die Medienlenkung in den Jahren 1935-1945
3.1 Presse
3.1.1 Die institutionelle
3.1.2 Die rechtliche
3.1.3 Die inhaltliche
3.1.4 Die wirtschaftliche
3.2 Hörfunk
3.2.1 Vor dem Krieg
3.2.2 Kriegsbeginn 1939
3.2.3 Radio als Propagandamittel
3.3 Fernsehen
3.3.1 Chronolische Entwicklung
3.3.2 Kritische Betrachtung
3.4 Film

4. Chronologischer Aufbau
4.1 1935
4.2 1936
4.3 1937
4.4 1938
4.5 1939
4.6 1940
4.7 1941
4.8 1942
4.9 1943
4.10 1944
4.11 1945
4.12 Die Besatzungszeit Schluß

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Schaubilder

Frau in Rüstungsfabrik Bilderzeilen

Fernseher

Volkswagen

Olympische Spiele

Jesse Owens

Deutsche Filme und Regisseure

Münchner Beobachter

Propagandaplakat

Die Geschwister Scholl und Stauffenberg

Hans Albers in ,,Münchhausen"

Einleitung

Das Thema dieser Arbeit sind Medienumwelten im Zeitraum 1935-1945. Hintergrund hierfür war eine Gruppendiskussion, die im Februar 1999 mit sechs Personen im Alter von 73 bis 76 Jahren zu diesem Thema durchgeführt wurde. In einem Seminar mit Studenten der Universität Augsburg wurden die transkribierten Ergebnisse dieser Diskussion dann genauer untersucht. Um die von den befragten Personen gegebenen Antworten besser einordnen und ihre Relevanz einschätzen zu können, wurde bereits im Vorfeld in einer Seminarstunde ein kurzer Überblick über die wichtigsten politischen Ereignisse, Personen und Momente dieses Zeitraums gegeben. Die damals nur überblickshaft dargelegten Informationen sollen nun, im Rahmen dieser Arbeit, ausführlicher und vertiefter dargestellt werden. Dabei ging/ geht es in erster Linie darum, wichtige Erfindungen und herausragende Momente, wenn möglich auch illustriert, vorzustellen, um den Studenten/ Lesern das Lebensgefühl dieser Zeit zu vermitteln und zu veranschaulichen. Man muss sich in diesem Zusammenhang von Anfang an bewusst sein, dass es sich bei dieser Zeitspanne bis auf wenige Jahre um die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland handelt. Der erste Teil der Arbeit gibt daher einen zusammenfassenden Überblick über die wichtigsten Ereignisse vor 1935, welche zum Teil entscheidend waren für die Machtergreifung der Nationalsozialisten (1933). Der zweite, dritte und vierte Teil befassen sich dann jeweils mit der Geschichte eines Mediums (Presse, Hörfunk, Fernsehen & Film) innerhalb der oben angegebenen Zeitspanne. Der letzte Teil der Arbeit stellt dann schließlich auch den Hauptteil dar, in dem abschließend, anhand zahlreicher Beispiele und Illustrationen, eine Sensibilisierung für den Zeitraum 1935-45 erreicht werden soll. Natürlich kann im Rahmen eines solchen Vorgehens auf wichtige Geschichtsdaten oftmals nicht verzichtet werden. Vor allem im letzten Teil, der sich ja wie bereits angesprochen in erster Linie mit der Vermittlung des Lebensgefühls auseinandersetzt, erwies sich eine chronologische Darstellung am geeignetsten. Andernfalls wäre es unmöglich, die Menge der Daten sinnvoll zu strukturieren.

1. Die Zeit vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten

Ein wichtiges Ereignis das die Machtergreifung der Nationalsozialisten ermöglichte, war die Weltwirtschaftskrise 1929- 1939. Am sogenannten ,,schwarzen Freitag" kam es zum Zusammenbruch der New Yorker Börse. Allerdings beschränkten sich die Auswirkungen dieses Zusammenbruchs nicht nur auf die Vereinigten Staaten von Amerika. Da Deutschland, wie viele andere europäische Länder auch, deren wirtschaftliche Lage sich nach dem ersten Weltkrieg in sehr desolatem Zustand befand, versucht hatte, den Aufbau des Landes, sowie das Wirtschaftswachstum mit amerikanischen Anleihen zu finanzieren, traf es das Land hart, als die Amerikaner, begründet durch die schlechte eigene wirtschaftliche Lage, von einem Tag auf den anderen die Anleihen zurückforderten. Die Weltwirtschaftskrise war für einen enormen Anstieg der Arbeitslosigkeit, gefolgt von Hunger und Depressionen in allen betroffenen Ländern verantwortlich. Auch in Deutschland gab es innerhalb kürzester Zeit 6 Millionen Arbeitslose, eine Zahl der sich die zuständigen Politiker ohnmächtig gegenüber sahen. Im Jahr 1933, als die Situation verzweifelter denn je war, gelang es Hitler mit dem Versprechen, er werde allen Deutschen Arbeit geben und die Fesseln des Versailler Vertrages abstreifen, die Reichtstagswahl zu gewinnen.

2. Die Gleichschaltung der Presse und des Rundfunks

Mit seiner Ernennung zum Reichskanzler durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 30. Januar 1933, beginnt auch die vollständige Vereinnahmung des Rundfunks und der Presse durch die Nationalsozialisten. Diese wollten vor allem die propagandistischen Möglichkeiten des Rundfunks, die Hitler bereits in seinem in Gefangenschaft geschriebenen Buch ,,Mein Kampf" ausführlich darlegt für sich nutzen. So wurde noch am selben Abend von den Rundfunkanstalten der Fackelzug zu Ehren Hitlers übertragen1. Wie sehr die einzelnen Medien von der Vereinnahmung betroffen waren, und welche Auswirkungen sich daraus für sie ergaben soll nun für jedes Medium gesondert aufgezeigt werden. Es wurden jedoch nicht nur die Medien zur Stärkung der nationalsozialistischen Macht genutzt. Um die Jugend für den Nationalsozialismus zu gewinnen wurden die Lehrpläne der Schulen entsprechend geändert. Die Universitäten wurden veranlasst, die Rassentheorie zu lehren, und das gesamte Erziehungs- und Ausbildungssystem wurde gleichgeschaltet. Pflicht des Mannes nach nationalsozialistischem Verständnis war es zu kämpfen, Pflicht der Frau, Kinder für das Vaterland zu gebären. Später, als die Männer in den Fabriken knapp wurden, da jeder verfügbare Mann an der Front gebraucht wurde, enstand ein neues Bild der Frau: die Frau als Arbeiterin in der Rüstungsfabrik, die die tapferen Soldaten an der Front durch ihre Arbeit unterstützten sollte. Das strenge Rollenverständnis war, aufgrund dringlicherer Ereignisse, ins Wanken geraten, genau wie bei den meisten Menschen der Glaube an ein besseres Leben durch den Nationalsozialismusund an einen positiven Kriegsausgang.

3. Die Medienlenkung in den Jahren 1935-1945

3.1 Presse

Im Jahr 1932, vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, gab es in Deutschland rund 4700 Zeitungstitel (Tages- und Wochenzeitungen). Im Zuge der durch die Nationalsozialisten angestrebten Gleichschaltung der deutschen Presse wurde diese Zahl bis zum Ende des zweiten Weltkrieges auf rund 900 reduziert.2 _

Diese Reduzierung war allerdings nicht, wie man denke könnte, auf ökonomische oder technische Probleme zurückzuführen, sondern hing mit der von den Nationalsozialisten betriebenen Medien- und Kommunikationspolitik zusammen. Gleich nach der Machtübernahme hatte das nationalsozialistische Regime damit begonnen, die Presse aus- bzw. gleichzuschalten.

Zur Verwirklichung der nationalsozialistischen Machtansprüche war es notwendig, möglichst alle Teile der Bevölkerung in die Bewegung zu

Schaubild Frau in Rüstungsfabrik

integrieren. Dabei wurden die Presse und natürlich auch alle anderen Medien als Instrumente zur Beeinflussung der Öffentlichkeit genützt. Als eines der zentralsten Instrumente der Propaganda sollte die Presse zum einen der Erziehung der Deutschen im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie dienen, zum anderen sollte sie zur Manipulation der öffentlichen Meinung hinsichtlich des Deutschlandbildes im Ausland genutzt werden. Diese Ziele konnten nur durch eine systematische Gleichschaltung und eine möglichst lückenlose Presselenkung erreicht werden.

Bei der von den Nationalsozialisten praktizierten Presselenkung lassen sich vier Ebenen unterscheiden: die institutionelle, die rechtliche, die inhaltliche und die wirtschaftliche.3

3.1.1 Die institutionelle Ebene der Presselenkung

Als wichtigste Institution der Presselenkung ist die Reichspressekammer zu nennen, eine Unterorganisation der Reichskulturkammer, deren Präsident Joseph Goebbels war. Die Reichspressekammer war unter anderem für die Vorzensur und die lückenlose personelle Überwachung der Journalisten zuständig. Ihr wurden alle 13 publizistischen Fachverbände, darunter auch der Reichsverband der deutschen Presse und der Verein deutscher Zeitungsverleger, angegliedert. Die Reichspressekammer hatte zu gewährleisten dass die Zeitungsverleger, wörtlich, ,,den an sie von Partei und Staat zu stellenden Voraussetzungen als Gestalter nationalsozialistischer Gesinnungspresse genügen." Bei der Reichspressekammer handelte es sich um eine Zwangsorganistation, das heißt, jeder, der in der Presse tätig sein wollte, musste Mitglied in der Reichspressekammer sein.

Ein weiterer Schritt, der ebenfalls auf der institutionellen Ebene liegt, ist die Aufteilung der Kompetenzen auf drei Reichsleiter: Joseph Goebbels, Max Amann und Otto Dietrich. Goebbels war sowohl Reichspropagandaleiter der NSDAP, Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, als auch Präsident der Reichskulturkammer. Amann war der Direktor des Zentralverlages der NSDAP, des Franz Eher Verlages und des weiteren Reichsleiter der Presse.

Dietrich war Reichspressechef der NSDAP.

Während sich in Goebbels Aufgabenbereich sowohl wirtschaftliche als auch propagandistische Elemente vereinigten, lagen Amanns Aufgaben eher in der wirtschaftlichen Lenkung. Dietrich war vor allem für die Propaganda zuständig.

Für jedes staatliche Amt gab es unter Hitler also ein parteiliches Amt, ausgerüstet mit den selben Kompetenzen. Hitler hatte dieses ,,Kompetenzen-WirrWarr" (kalkuliertes Chaos) bewußt geplant, da so keiner seiner Untergebenen völlige Handlungsfreiheit in dem ihm unterstellten Bereich hatte und die Fäden letztendlich immer wieder bei Hitler zusammenlaufen mussten.4 _

3.1.2 Die rechtliche Ebene der Presselenkung

Nach dem Reichstagsbrand 1933 wurden die ersten rechtlichen Schritte zur Presselenkung eingeleitet:

So lieferte die Notverordnung ,,Zum Schutz des deutschen Volkes", den Nationalsozialisten eine Handhabe für die Verfolgung politischer Gegner. Durch diese Verordnung konnte die Linkspresse, also hauptsächlich Parteiblätter der KPD und der SPD verboten werden. Die betroffenen Zeitungsverlage gingen in die Hand der NSDAP über.

Die Notverordnung ,,Zum Schutz von Volk und Staat" setzte alle suspendierbaren Grundrechte ausser Kraft, sprich die Freiheit der Person, das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Presse-, Vereins-, und Versammlungsfreiheit und die Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses.

Das aber wohl wichtigste Instrument zur Gleichschaltung der Presse im Nationalsozialismus war das Schriftleitergesetz. Durch dieses Gesetz, welches 1933 verabschiedet wurde und 1934 in Kraft trat, werden die Aufgabe der Schriftleiter, also der Redakteure, sowie der Berufszugang genau festgelegt:

- An die Stelle des Verlegers tritt der Staat, d.h. der Journalist muß sich nun nicht mehr dem Verleger gegenüber verantworten, sondern dem Staat. Er wird auf eine öffentliche Aufgabe festgelegt.
- Die persönlichen und politischen Voraussetzungen welche ein angehender Journalist erfüllen muss, um seinen Beruf ergreifen zu können, wie z.B. die arische Abstammung, einen arischen Ehepartner, einjährige Ausbildung, sowie die Verpflichtung auf eine den Ansprüchen des Regimes gemäße Berichterstattung.
- Die Festlegung der Berufsgerichtsbarkeit.

Das Schriftleitergesetz, das den Schriftleiter scheinbar aus der Abhängigkeit vom Verlger befreite, war in Wirklichkeit nichts anderes als eine Gleichschaltung der Pressejournalisten. Statt dem Verleger war der Schriftleiter jetzt dem Staat gegenüber verantwortlich, er geriet erneut in Abhängigkeit. Der Schriftleiter wurde auf die politische Linie der Partei verpflichtet und an die staatliche Pressepolitik gebunden. Der Schriftleiter wurde zu einem beamtenähnlichen Träger der öffentlichen Aufgabe.

Die Verleger hatten nach dem Erlass des Schriftleitergesetzes nur noch technische und finanzielle Kompetenzen.

Die Berufszulassung erfolgte ab jetzt nur noch auf persönlichen Antrag durch eine Eintragung in die Berufslisten, der Zugang zum Berufsfeld des Journalismus konnte also lückenlos überwacht werden.

Durch die Gerichtsbarkeit konnten Schriftleiter bei Berufsvergehen, wie zum Beispiel Verstößen gegen Anordnungen des RMVP, Beschimpfung der NSDAP, Trunkenheit, Schulden oder etwa dem persönlichen Umgang mit Juden, auf Lebenszeit aus der Berufsliste gestrichen werden, das heißt, die Ausübung einer journalistischen Tätigkeit wäre ihnen im Dritten Reich nicht mehr möglich gewesen.

Nach dem Erlass des Schriftleitergesetzes verloren ca. 1300 deutsche Journalisten ihren Beruf, 2000 weitere flohen ins Exil.

Durch all die Beschränkungen, die das Schriftleitergesetz den Journalisten auferlegte, mußten neue Lenkungsmittel geschaffen werden, welche ich im folgenden beschreiben werde.5 _

3.1.3 Die inhaltliche Ebene der Presselenkung

Im Mittelpunkt stand hier die tägliche Pressekonferenz der Reichsregierung. Auf diesen, jeweils mittags einberufenen Veranstaltungen ergingen an die Presse (und übrigens auch an den Rundfunk) bis ins Detail gehende Weisungen und Verbote bezüglich der Berichterstattung. Es gab genaue Sprachregelungen darüber, in welcher Tendenz Ereignisse herausgestellt werden und in welchem Umfang sie behandelt werden sollten. Dazu gehörten sogar Details wie die Größe der Überschriften und die Plazierung bestimmter Beiträge. Es gab Anweisungen, zu welchen Themen keine Eigenrecherche erlaubt war, und welche Themen vollständig zu unterdrücken waren. Diese Weisungen gab es in drei verschiedenen Vertraulichkeitsstufen, zur wortwörtlichen Verwendung, zur indirekten Weitergabe ohne Quellenangabe und drittens Weisungen mit streng vertraulichem Charakter, bei denen die Verletzung der Geheimhaltungspflicht als Landesverrat schwer bestraft wurde. An der täglichen Pressekonferenz durften ausgewählte Journalisten und Regierungsvertreter teilnehmen. Die dort entgegengenommenen Weisungen wurden anschließend per Fernschreiber an die Gaupressestellen und von dort an die einzelnen Redaktionen weitergegeben.

Vor der Pressekonferenz fand, in Goebbels Büro täglich die sogenannte Ministerkonferenz statt. Anwesend waren hier nur hohe Parteifunktionäre und die Leiter der Nachrichtenagenturen. Auf dieser Ministerkonferenz wurden Themen für die im Anschluss stattfindende Pressekonferenz festgelegt.

Eine weitere regelmäßige Pressekonferenz war die des Auswärtigen Amtes. Sie diente dem sachlichen Informationsaustausch mit ausländischen Journalisten.

Ab 1940 kammen zu den täglichen Pressekonferenzen die sogenannten Tages- und Wochenparolen hinzu. In diesen Parolen gab es detaillierte Anweisungen über die Berichterstattung auf allen Lebensgebieten. Mit ihrer Einführung waren alle Erklärungen aus anderen Ministerien nichtig, solange sie nicht in die Tagesparolen aufgenommen worden waren. Die Tagesparolen, welche aus Dietrichs Feder stammten, standen oft im Gegensatz zu den auf Goebbels Pressekonferenzen behandelten Themen und Anordungen. Es offenbaren sich hier deutlich die häufigen Streitigkeiten zwischen den beiden. Für die Schriftleiter war dies allerdings von Vorteil, hatten sie dadurch oft die Möglichkeit zur Auswahl zwischen zwei verschiedenen Varianten eines bestimmten Themas.

Ein weiteres Mittel der inhaltlichen Presselenkung war die Fusionierung des Wolffschen Telegraphenbüros und der Telegraphen Union zum Deutschen Nachrichtenbüro 1933. Diese offiziell privatwirtschaftlich organisierte Nachrichtenagentur befand sich von Beginn an im Besitz des Staates und war der Pressestelle der Regierung unterstellt. Ihre Richtlinien erhielt sie, wie weiter oben schon erwähnt, von der Ministerkonferenz unter Goebbels. Der DNB versorgte aber nicht nur die Presse, sondern auch die Parteifunktionäre mit Nachrichten.6

3.1.4 Die wirtschaftliche Ebene der Presselenkung

Auf dieser Ebene versuchten die Nationalsozialisten eine lückenlose Kontrolle der deutschen Presse durch Inbesitznahme der Presseverlage zu erreichen.

Dies geschah in mehreren Enteignungswellen, welche meist von Max Amann geleitet wurden. Wie im Kapitel über die rechtliche Ebene der Presselenkung schon erwähnt, wurden in der ersten Welle, nach den Notverordnungen von 1933, die linksgerichteten Zeitungsverlage enteignet und in den Besitz der NSDAP gebracht. 1935 folgten die sogenannten Amann- Anordnungen, die Grundlage zur Inbesitznahme der bürgerlichen Verlage waren. Unter dem vorgeschobenen Motiv der Pressekonzentration gab es drei Anordnungen:

1) ,,Anordnung zur Wahrung der Unabhängigkeit des Zeitungswesens".

Mit dieser Anordnung wurden alle Verlage verboten die in der Form von KG´s, GmbH und AG´s betrieben wurden.

2) ,,Anordnung zur Beseitigung der Skandalpresse".

Diese Anordnung betraf hauptsächlich die Boulevardblätter jüdischer Verleger.

3) ,,Anordnung zur Schließung von Zeitungsverlagen zwecks Beseitigung ungesunder Wettbewerbsverhältnisse".

Zeitschriften mit einer ,,den örtlichen Gegebenheiten" nach zu geringen Auflagenhöhe mußten geschlossen werden.

Im großen und ganzen dienten die Amann Anordnungen dazu, die bürgerliche Konkurrenz zu den sowohl qualitativ als auch quantitativ sehr schwachen NSDAP-Gauzeitungen auszuschalten. Da die Enteignungen unauffällig vonstatten gehen sollten, gründete der Reichstreuhänder Max Winkler im Auftrag Amanns eine Reihe scheinbar neutraler Holdings- und Finanzierungsgesellschaften, welche die enteigneten Verlage aufkauften. Letztendlich war es aber immer der Franz- Eher- Verlag, der hinter diesen Übernahmen stand. Weitere Schließungswellen folgten während des Krieges unter dem Vorwand der Kriegsmittelerfordernisse.

Ein weiteres wirtschaftliches Lenkungsmittel war die Papierkontingentierung und die damit verbundene Beschränkung des Zeitungsumfanges auf maximal vier Seiten gegen Ende des Krieges.7

3.2 Hörfunk

3.2.1 Vor dem Krieg

Am 29. Oktober 1923 nahm der Hörfunk in Deutschland seinen Sendebetrieb auf. Damals sendete man aus einem Raum im Gebäude der Plattenfirma ,,Vox" an der Potsdamer Straße 4 in Berlin. Der Raum war rund 14 Quadratmeter groß und mit nur einem einzigen Mikrophon ausgestattet. Es traten Instrumental- und Gesangsinterpreten auf und es wurden verschiedenen Musikstücke von Schallplatte abgespielt.8

In den darauffolgenden Jahren entstand in Deutschland ein System aus Mittelwellensendern, regional differenziert in Haupt- und Nebensender an verschiedenen Standorten, sowie einem weitreichender Langwellensender in Königs Wusterhausen, so dass die Versorgung des gesamten Reichsgebiets möglich war.9

Wer zu Hause ein Hörfunkgerät aufstellen und betreiben wollte, musste sich beim zuständigen Postamt eine Erlaubnis holen, und eine monatliche Gebühr von 2 Mark bezahlen.10 Nachdem die Reaktion der Bevölkerung auf das neue Medium Hörfunk anfänglich eher zurückhaltend gewesen war, stieg das Interesse jedoch rasch an11:

,, Radiobasteln hie ß die Modestr ö mung der Zeit, von der sich alle Bev ö lkerungsschichten anstecken lie ß en. Gebastelt wurde zu Hause, im Freundeskreis, aber auch in den wie Pilze aus dem Boden schie ß enden Vereinen der Funk-bzw Radioamateure. Der Selbstbau von Radios bot sich den ,,Funkfreunden" schon aus finanziellen Gr ü nden an. Denn die sofort von der Industrie auf den Markt gebrachten Empfangsger ä te, f ü r die auf Austellungen und in Anzeigen geworben wurde, waren nicht gerade billig. Ein hochwertiger Apparat mit vier R ö hren kostete zwischen 400 und 500 Mark, ein Detektor dagegen wurde bereits f ü r 70 Mark und sp ä ter sogar f ü r nur noch rund 35 Mark angeboten. Aber auch der Eigenbau von Empfangsger ä ten forderte seinen Preis: Allerlei Zubeh ö r war au ß er dem Detektor anzuschaffen, n ä mlich Kopfh ö rer, Antennendraht, Stecker und Kabel." ( Löber 1984, Nr. 4, S.2)

Ab dem Jahr 1932 wurde auch eine Reihe fahrbarer Sender gebaut. Sie waren zur Behebung akuter Senderausfälle gedacht, dienten allerdings während des Krieges als flexible Kampfsender, die direkt hinter der Front eingesetzt wurden.12

,, Einige von ihnen sind als Soldatensender unter den Namen Ursula, Siegfried, Gustav, Martha, Otto, Paul weithin bekannt geworden. Nach dem Krieg wurden sieben von ihnen in der amerikan. und britischen Besatzungszone f ü r die Rundfunkversorgung der dt. Bev ö lkerung eingesetzt." (Rindfleisch 1985, S. 47)

Gleich nach der Machtergreifung durch Hitler wurde auch der Rundfunk der totalen Medienkontrolle durch die Nationalsozialisten unterworfen. Da der Rundfunk bereits 1932 zentralisiert und dem Staat unterstellt worden war, war eine Gleichschaltung wesentlich einfacher und schneller zu bewerkstelligen, als beispielsweise bei der Presse, die aufgrund der vielen Einheiten nur sehr schwer gleichzuschalten war. Bereits kurz nach der Reichstagswahl wurde das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda gegründet. Dies macht deutlich, dass die Nationalsozialisten die öffentliche Meinungsbildung auf keinen Fall sich selbst überlassen wollten. Joseph Goebbels, der vorige Reichspropagandaleiter der NSDAP und Berliner Gauleiter wurde vom Reichspräsidenten Hindenburg zum Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda ernannt. Die Entscheidung, wie die Aufgaben des neuen Ministeriums im Detail aussehen sollten, behielt sich Hitler durch einen Erlaß selbst vor. In der Verordnung über die Aufgaben des ,,Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda vom 30. Juni 1933" heißt es unter anderem:

,,(...) Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda ist zuständig für alle Aufgaben der geistigen Einwirkung auf die Nation, der Werbung für Staat, Kultur und Wirtschaft, der Unterricht(..ung) der in- und ausländischen Öffentlichkeit über sie und der Verwaltung aller diesen Zwecken dienenden Einrichtungen."13

Das Sendernetz das die Nationalsozialisten ab 1933 für ihre Propagandazwecke nutzten war bereits relativ gut ausgebaut und auch die Zahl der interessierten Radiohörer stieg ständig.

Das zentrale Anliegen der nationalsozialistischen Rundfunkpolitik war es, den Rundfunk zum wichtigsten Propaganainstrument auszubauen. Auf der Anbieterseite sollte diese Gleichschaltung durch die Zentralisierung und die (personelle) ,,Säuberung" der Rundfunkunternehmen, auf Seiten der Rezipienten durch die Ausweitung und Organisation des Rundfunkempfangs sichergestellt werden.14

1933 mussten sich deshalb die Funkfirmen zur Produktion des Einheitsgerätes ,,Volksempfänger" zusammenschließen, der- in hohen Stückzahlen gebaut- sehr preisgünstig angeboten wurde. Er entsprach in technischer Hinsicht höchstens der zweiten Entwicklungsstufe, war allerdings in wirtschaftlicher Hinsicht ein bedeutender Fortschritt, da der Preis mit 76 Reichsmark etwa 50% unter einem gleichwertigen Markenempfänger lag. In der Zeit von 1933 -1938 stieg die Zahl der registrierten Rundfunkteilnehmer dadurch von vier Millionen auf acht Millionen.15 Diese Entwicklung wurde erneut verstärkt, als der noch billigere ,,Deutsche Kleinempfänger" für 35 RM erhältlich war. Bis 1943 verdoppelte sich die Zahl der gemeldeten Rundfunkteilnehmer wiederum und stieg auf 16 Millionen. Für die Hörer aber hatte diese eigentlich positive Entwicklung einen deutlichen Nachteil: Der Frequenzbereich dieser Radioempfänger war so ausgelegt, dass ausländische Sender nicht zu empfangen waren, also ,,Feindpropaganda" nicht gehört werden konnte. Aber das dürften die Hörer wohl erst später erkannt haben. Zudem war das Abhören von Feindpropaganda mit Beginn des Krieges 1939 sowieso verboten und stand schlimmstenfalls sogar unter Todesstrafe.16 Der Ministerrat für Reichsverteidigung unterrichtete die Bevölkerung am 1. September 1939:

,,Im modernen Krieg kämpft der Gegner nicht nur mit militärischen Waffen, sondern auch mit Mitteln, die das Volk seelisch beeinflussen und zermürben sollen. Eines dieser Mittel ist der Rundfunk. Jedes Wort, das der Gegner herübersendet, ist selbstverständlich verlogen und dazu bestimmt, daß jeder Deutsche aus Verantwortungsbewußtsein es zur Anstandspflicht erhebt, grundsätzlich das Abhören ausländischer Sender zu unterlassen"17

Das neugegründete Propagandaministerium hatte präzise Vorstellungen von der Struktur und der inhaltlichen Ausgestaltung des Rundfunkprogramms. Die Reichssendeleiter wurden von der Reichssendeleitung angewiesen, sich daran zu halten18. Beispiele, um sich den Aufbau und die Struktur der Programmkonzeption für die Ausarbeitungen der Reichssendeleitung zu verdeutlichen, finden sich in Stuiber(1998), S. 173ff.

3.2.2 Kriegsbeginn 1939

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ist insoweit auch mit dem Rundfunk verbunden, als der vorgebliche polnische Überfall auf den Rundfunksender Gleiwitz hierfür zum Anlaß genommen wurde. Dieser Überfall war allerdings in Wahrheit vom Reichssicherheitshauptamt durch die SS inszeniert. Und so sendeten am 1. September 1939 alle deutschen Reichssender um 6 Uhr als Sondermeldung einen Aufruf Hitlers an die Wehrmacht, mit dem Tenor, Polen habe die deutsche Reichsgrenze verletzt und darauf gebe es nur eine Antwort19:

,,Um diesem wahnwitzigen Treiben ein Ende zu bereiten, bleibt mir kein anderes Mittel, als von jetzt ab Gewalt gegen Gewalt zu setzten."

(Sondermeldung des Großdeutschen Rundfunks am 1. September 1939)20

Mit Kriegsbeginn präzisierte und intensivierte Goebbels seine Programmanweisungen. Beinahe jeden Tag wurden alle Abteilungsleiter des Ministeriums für Propaganda und Volksaufklärung zusammengerufen, um eine propagandistische Marschroute festzulegen. Durch diese Anweisungen war das gesamte Programm bis ins kleinste Detail geregelt. Dies fing bei der zu spielenden Musik an und erstreckte sich über die Nachrichten bis hin zu konkreten Sprachregelungen.21 _ Das Informationsbedürfnis der Bevölkerung stieg deutlich. Für militärische Meldungen wurde das Programm beliebig oft unterbrochen, aus luftschutztechnischen Gründen wurden immer wieder Sendepausen verordnet. Der Sendebetrieb wie man ihn vorher gekannt hatte, war nicht mehr realisierbar. Dies lag vor allem an den Einberufungsbefehlen, die jetzt auch die Rundfunkmitarbeiter betrafen oder ihrer Versetzung zum jetzt besonders wichtigen Auslandsrundfunk. Ab Mai 1940 musste die meisten Reichssender ihren Programmbetrieb ab 22.15 Uhr beenden, ab Juni 1940 führte Goebbels schließlich ein einheitliches Reichsprogramm ein22. Dieses musste im Verlaufe der Kriegsjahre seine Sendungen noch weiter eingeschränken, bis am 7. Mai 1945 über den letzten intakten Sender Flensburg die bedingungslose Kapitulation der deutschen Truppen bekannt gegeben wurde. Nach dem Krieg zeigte sich, dass viele der deutschen Sendeanlagen durch die Alliierten oder auch durch deutsches Militär zerstört worden waren. Die Wiederinstandsetzung der deutschen Rundfunkversorgung gehörte aber zu den vordringlichsten Aufgaben im besetzten Deutschland, da nur der Rundfunk die Möglichkeit bot, der Bevölkerung die wichtigsten Informationen zu übermitteln.

Der erste Sender der Alliierten war bereits am 4. Mai 1945, also bereits vor der entgültigen Kapitulation des Deutschen Reiches, aus dem Funkhaus Hamburg zu hören. Der Sendebetrieb startete mit der Durchsage: ,,This is Radio Hamburg, a station of the Allied Military Government".23

Die Amerikaner hatten auch in ihrer Besatzungszone Glück, und konnten schon bald nach Ende des Krieges mit Radiosendungen beginnen, da sie den Soldatensender Gustav erbeutet hatten. Die Sendungen kamen bis Februar 1946 aus einem Studio, das im Kurhaus von Bad Nauheim eingerichtet worden war.24 _

3.2.3 Das Radio als Propagandamittel

Die Nationalsozialisten hatten das Radio zum Propagandamittel Nr.1 und später zum Medium des Krieges gemacht. Sie wußten von der starken Wirkung des Mediums auf die Massen und nutzten dieses Wissen zur Mobilisierung eben dieser. Forscher aus den Vereinigten Staaten, die bereits während des zweiten Weltkrieges begannen, sich mit diesem Phänomen der Massenmobilisierung durch gezielte Presselenkung zu befassen, machten auch einige grundlegende Entdeckungen für die Kommunikationsforschung. Ich möchte hier nicht alle 11 Faktoren ( nach Noelle- Neumann/ Wilke) nennen, sondern lediglich die meines Erachtens wichtigsten, die auch uns heute vielleicht verstehen lassen, wie es zu einer solchen Beeinflussung überhaupt kommen konnte. Weitere Faktoren können in Neumann(1994), S. 450f nachgelesen werden.

Der wichtigste Faktor für die Wirksamkeit nationalsozialistischer Propaganda war selbstverständlich die Ausschaltung von Gegenargumenten, von freier Auswahl von Kommunikation, kurz, die Blockierung des normalen Selektionsverhaltens. Als hinzukommende, die überzeugende Wirkung verstärkende Faktoren sind unter anderem zu nennen:

1. Zweifel gegenüber der Glaubwürdigkeit von Quellen, die die Annahme eines Arguments zunächst verhindern, verblassen nach einiger Zeit, das Argument wird in wachsendem Grade akzeptiert (Sleeper Effect)
2. Die Massenhaftigkeit mit der eine Argumentation vorgetragen wird, erhöht die Chance, Gegner zu überzeugen.
3. Gruppenbindungen immunisieren gegen Argumente, die den Gruppenwerten entgegengesetzt sind. Die Nationalsozialisten nutzten dieses Wissen, indem sie Gruppen schufen, die ihr Wertesystem deutlich vertraten und Gruppenbindungen herstellten, wie zum Beispiel die Hitler- Jugend oder den Bund deutscher Mädchen.
4. Hat sich in einer Gruppe eine Überzeugung gebildet, wird auf den einzelnen ein Druck ausgeübt, sich anzuschließen. Konformität wird belohnt, Abweichung durch soziale Sanktion bestraft.
5. Es reicht jemanden zum Handeln gegen seine Überzeugung zu zwingen, die Selbstüberzeugung folgt dann nach. Man kann dies mit der Theorie der kognitiven Dissonanz erklären.
6. In einer Atmosphäre von Furcht und Bedrohung sind die Urteilskraft und das kritische Unterscheidungsvermögen herabgesetzt.

Die Wirkung der Massenmedien ist in einem breitangelegten Überzeugungsprozeß, wie ihn die Nationalsozialsiten in Gang setzten, nicht isoliert zu sehen, sondern erstens verstärkt durch persönliche (nicht technisch vermittelte) Kommunikation, vor allem die Rede in der Massenveranstaltung, und zweitens verflochten mit den beschriebenen psychologischen und sozielpsychologischen Reaktionsweisen.

3.3 Fernsehen

3.3.1 Chronologische Entwicklung

Bis Anfang der dreißiger Jahre war Fernsehen just ein Thema für Technikfans und Fachleute - es war ein Ereignis auf den Funkausstellungen, aber noch nicht wirklich ein Medium. Ferner war das Publikumsinteresse und die Euphorie über den Fernseher durch die Weltwirschaftskrise und die darauffolgende Arbeitslosigkeit begrenzt. Man hatte andere und wichtigere Probleme.25

Das erste wichtige Ereignis im Zusammenhang mit dem Fernsehen im Jahre 1935 war die Eröffnung des regelmäßigen Programmdienstes der Reichsrundfunkgesellschaft am 22. März in Berlin. Man sendete zunächst dreimal wöchentlich eine Stunde abends von 20.00 - 21.00 Uhr (mit anschließender Wiederholung des selben Programms von 21.00 - 22.00 Uhr) in Berlin und Umgebung26.

Bei der Eröffnungsfeier sagte der Reichssendeleiter Hadamowsky: ,,Heute beginnt der nationalsozialistische Rundfunk in Zusammenarbeit mit der Reichspost und der deutschen Industrie als erster Rundfunk der Welt den regelmäßigen Programmbetrieb. (...) In dieser Stunde wird der Rundfunk berufen die größte und heiligste Mission zu erfüllen: das Bild des Führers unverlöschlich in alle deutschen Herzen zu pflanzen."27 _

Dem war aber nicht so, da zwei Jahre nach der Eröffnung in Deutschland erst etwa 75 Heimempfänger verkauft waren, verglichen mit 8.167.957 Rundfunkteilnehmern (die größte Rundfunkteilnehmerzahl in Europa). Dieses Ergebnis ist aber auch von der finanziellen Seite aus zu betrachten. Der Heimempfänger kostete 3000-2500 Reichsmark für 180 Zeilen schwache Sehleistung - im Gegensatz zu 60 Reichsmark für einen Radio. Ausserdem kam zu dem schwachen Fernsehbild hinzu, dass man mit dem ,,Abtastgerät", mit dem die Menschen aufgenommen wurden, im besten Fall ein Brustbild sehen konnte. Erst im Sommer 1936 ,,wuchsen" die Menschen auf dem Bildschirm zu voller Lebensgröße und im September 1936 konnte man dann ,,schon" drei Menschen gleichzeitig zeigen28.

Da sich also wenige einen Fernseher leisten konnten und mochten, bemühte sich die Reichspost noch im selben Jahr um sogenannte Fernsehstellen. Dazu wurde in ein Raum eines öffentlichen Gebäudes ein Fernseher aufgestellt, und somit war es ca. 25 Leuten möglich dem neumodischen Medium Fernsehen zu folgen. Aber darauf gehen wir später noch genauer ein. Die erste Fernsehstelle wurde am 9. April 1935 in Berlin im Reichspostmuseum eröffnet29.

1936 fanden in Berlin die 11. Olympischen Spiele statt und zum erstenmal wurde von einem solchen Ereignis über das Medium Fernsehen berichtet. Es wurde ein Übertragungswagen eingesetzt der mit dem Zwischenfilmverfahren arbeitete. Auf dem Wagen war eine große Kamera fest montiert, die das Sportgeschehen auf Film aufnahm. Dieser Film lief nach der Belichtung durch ein Entwicklungs- und Fixierband im Wagen und wurde von einem Filmabtaster abgelesen, in elektronische Bildpunkte aufgelöst und dann übertragen30. Das Fernsehen ermöglichte bei diesem Ereignis zum ersten Mal eine Teilhabe an einem gleichzeitig entfernt stattfindendem Ereignis- das was als mediale Besonderheit das Fernsehens immer wieder gefordert worden war.

Im Herbst 1936 ging man zu einem täglichen Fernsehprogramm über. Das Programm bestand aus drei Teile und orientierte sich deutlich an den folgenden, seit 1934 vorgeschriebenen, Bestandteilen des damaligen Kinoprogrammes31 _:

- Wochenschau = ,,informative" Sendung

z.B. Bericht vom Tag der Machtergreifung oder von Hitlers Geburtstag

- Kulturfilm = Belehrung

Bei der Auswahl dieser Filme überwog die nationale Thematik. Zum Beispiel gab es Filme wie ,,Deutschland kreuz und quer" und ,,Sieg für Deutschland", aber auch Filme wie ,,Das Ohr der Welt" und ,,Briefe fliegen über den Ozean". Gerade eben auch bei diesen sich betont unpolitischen gebenden Sendungen war - ähnlich wie im angeblich unpolitischen Kinospielfilm des Dritten Reichs- ideologisches Gedankengut enthalten: in der Darstellung von Heimat, Ehe und Familie, Zugehörigkeit und Opferwille wurde die gleiche Ideologie wie in den sogenannten offiziellen Propagandafilmen vertreten.

- Spielfilm = Unterhaltung

z.B. Kleinkunst, Spielfilme oder SA- und SS- Chöre sangen

1937 stellte die gesamte Fernsehindustrie in Deutschland bis auf ganz wenige Ausnahmen nur noch elektronische Fernsehgeräte her, die auf der ,,Braunschen Röhre" basierten. Diese Geräte waren auch überwiegend auf die kurz vorher erhöhte deutsche Fernsehnorm von 441 Zeilen und 25 Bildwechseln in der Sekunde (50 Halbraster pro Sekunde) eingestellt32. Das System ist immer dasselbe: ein Elektronenstrahl im Inneren der Bildröhre rast mit hoher Geschwindigkeit über die Bildfläche und bringt die Bildpunkte zum Leuchten. In der europäischen Fernsehnorm rast der Strahl 50 mal pro Sekunde, wobei nur jede zweite Zeile abgefahren wird, über die Bildfläche. Es entstehen 50 sogenannte ,,Halbbilder", die sich dann zu 25 Vollbilder addieren.

Während beim Schwarzweißfernsehen jeder Bildpunkt mehr oder weniger hell leuchtet, besteht beim Farbfernsehen jeder Bildpunkt aus einem roten, einem blauen und einem grünen Segment, die von drei separaten Elektronenstrahlen ,,angepeilt" werden. Mit diesen drei Primärfarben lassen sich alle Farben des Spektrums darstellen.

Anfang des Jahres 1938 wurden im deutschen Fernsehprogramm bereits die ersten Jugendsendungen ausgestrahlt.

Ebenfalls im Jahre 1938 entwickelte Telefunken im Gegensatz zu der bis dahin runden Bildröhre die erste ,,Rechteck- Bildröhre" der Welt. Vom technischen Aufbau unterschieden sich die Geräte wenig, lediglich in ihrer äußeren Form. Das Design bzw. die Holzausstattung des kompletten Fernsehers war auf den Möbelstil der 30er Jahre abgestimmt. Nußbaum, Mahagoni oder Schaubild Bilderzeilen (altes Fomat vs. Neues mit 441 Zeilen) Palisander, meist auf Hochglanz poliert oder lackglänzend. Zu jener Zeit und noch einige Zeit danach war der Fernseher mehr Möbelstück als Gebrauchsgegenstand, wie im heutigen Sinne. 33.

Es gab zum Beispiel den ,,Standempfänger" mit Spiegelbetrachtung. Bei diesem Exemplar war der Bildschirm waagrecht in der Standtruhe eingebettet und über dem Bildschirm fand sich ein Deckel auf dessen Innenseite ein Spiegel war, der das Bild in schräg stehender Position wiedergab. Der Sinn war, dass etwa 30 Personen, ,,ohne sich gegenseitig zu bedrängen" das Bild mühelos sehen zu können. Das Bildmaß war damals gerade 20 x 30 cm groß (vgl. Größe DIN A4). Unter anderen gab es noch den ,,Tisch- Kleinempfänger", den Heim-Projektionsempfänger und den Laboratoriumsempfänger mit abgeschmolzener Braunschen Röhre von wahrhaftigen 65 cm Durchmesser34.

Die Zahl der einzelnen Empfangsgeräte blieb in den deutschen Haushalten außerordentlich gering. Es waren knapp über hundert Geräte, die zudem meist bei Technikern oder bei Programm Mitarbeitern standen. Auch der kollektive Empfang in den Fernsehstellen blieb begrenzt. Das Sensationelle der Fernsehübertragung als eine technische Besonderheit hatte sich verloren. Der kollektive Empfang wurde nur als Notlösung gesehen, bis ein allgemein erschwinglicher Heimempfänger auf dem Markt kommen würde. So wurde im August 1938 die Reichspost- Forschungsanstalt vom Ministerium beauftragt, binnen eines Jahres gemeinsam mit den führenden Firmen der Fernsehindustrie einen preisgünstigen Deutschen ,,Einheitsempfänger" zu entwickeln35.

Am 14. März 1939 fand die erste offizielle Übertragung eines Wunschkonzerts statt, die sich zunehmender Beliebtheit erfreute. In dieser großen, regelmäßig ausgestrahlten Unterhaltungssendung ,,Wir senden Frohsinn- wir spenden Freude" traten die großen Stars des Dritten Reiches auf. Von Zarah Leander bis Maria Rökk, von Johannes Heesters bis Grete Weiser, sowie die bekannte Lale Andersen36.

Schaubild Fernseher

Am 28. Juli 1939 kam der FE 1- also der erste Einheitsempfänger- für 650 Reichsmarkt auf den Markt. Er wurde der Öffentlichkeit auf der Berliner Funkausstellung im August 1939 als ,,Volks- Fernseher-Empfänger" repräsentiert. Von den ursprünglich geplanten 10.000 Stück könnten allerdings bis zum Kriegsbeginn am 1. September 1939 nur 50 Stück ausgeliefert werden. Die Industrie brauchte die Produktionskapazitäten für die Rüstung37. Mit Kriegsbeginn wurde der Programmbetrieb vorläufig eingestellt, doch die Post drängte einen Monat später auf Wiedereröffnung, da sie zeigen wollte, wie stark das deutsche Reich war, dass es sich während eines solchen Krieges noch den Betrieb eines Fernsehprogrammes leisten konnten und nicht hinter dem internationalen Wettbewerb stehen bleiben wollte38. Im Laufe des Krieges wurden fast ausschließlich Programme für den Gemeinschaftsempfang in Lazaretten produziert. Denn das Medium konnte nur überleben, wenn es kriegsgewichtig eingestuft wurde.39 Das Medium diente als Betreuungsinstrument für Verwundete bzw. für die in den Lazaretten liegenden verletzten Soldaten. Diese Show sollte eine sentimental Verbundenheit zwischen Front und Heimat herstellen und ausserdem sollten die verwundeten Soldaten abgelenkt und ihr ,,Alltag" somit verschönert werden. Bei diesen Programmen ging es zunächst um das Wunschkonzert und um Tanzaufführungen verschiedener Shows, in denen überwiegend schlanke, nackte Frauenbeine zu sehen waren- sozusagen nackte Frauenbeine für die Verwundeten40.

Auch die Deutsche Reichspost mußte auf Grund des Krieges die Arbeit an einem Farbfernseher endgültig einstellen. So war in Deutschland schwarzweiß Fernsehen bis Anfang der 50er Jahre die Regel. Mit dem Krieg endete in Deutschland auch vorübergehend die Weiterentwicklung am Fernseher. Ausgenommen von der Fernseh AG, die bereist 1940 zum ersten Mal ein Fernsehbild mit 1029 Zeilen bei einem Zeilensprung von 25 Bildwechseln pro Sekunde entwickelten. Die AG durften allerdings nicht nur für private Zwecke weiterarbeiten, sondern mußte auch die Eignung des Fernsehens für Luftaufklärung prüfen41. Ferner wurde die Zahl der Fernsehtechniker verstärkt und für die Kriegszeit dauerhaft in Programme zur Entwicklung von sogenannten Wunderwaffen involviert. Dabei sollte eine in die Bombe eingebaute Kamera Bilder von Anflug der Bombe übertragen. Damit der Pilot im Cockpit auf dem Bildschirm den Sprengkörper verfolgen und dadurch präzise plazieren konnte. Dass es nie zum Einsatz dieser Wunderwaffe gekommen ist, lag daran, dass die ,,Gleitbombe" nicht funktioniert und nicht an der Fernsehtechnik42.

Infolge des Krieges änderten sich dann auch die Sendungen, die gezeigt wurden. Die Hauptaufgabe des Fernsehens wurde in der Aktualität gesehen: ,,...das was heute draußen geschieht, soll dem Zuschauer gezeigt werden...". Verstärkt wurden jetzt militärische Ertüchtigungsfilme und Propagandafilme gezeigt, weiterhin entstand eine Sendereihe, die sich mit ernährungswissenschaftlichen Tips in Kriegszeiten, mit Sparempfehlungen und Kriegsvorsorgemaßnahmen beschäftigte. Der Winterspielplan des NS- Fernsehens versprach ,,Aktuelle Dinge des Alltags in lustiger Form". Man wollte damit vor allem in kurzen Szenen den Durchhaltewillen und das Wehrbewußtsein der Daheimgebliebenen steigern43.

1942 standen dann schon in 34 Lazaretten Gemeinschafts- Fernsehempfänger. Damit erreichte der Sender mehr Zuschauer als in den gesamten ersten Kriegsjahren44.

Im November 1943 wurde dann auch der Berliner Sendeanlagen durch Bomben zerstört und ein stark reduzierter Fernsehbetrieb folgte bis zum 21. Juni 1944 zur Endgültigen Schließung des Programmbetriebs über noch funktionsfähige Breitbandkabel und das Drahtfunknetz.45

Nach dem Krieg 1945 waren fast sämtliche Einrichtungen des deutschen Fernsehfunks zerstört. Was aus den Trümmern des zweiten Weltkrieges übriggeblieben war, wurde von den Alliierten teils in die Sowjetunion und teils nach England transportiert46.

3.3.2 Kritische Betrachtung der Entwicklung des Mediums

Für die Entwicklung des Fernsehers war die Reichspost der eigentliche Motor, sie leisteten den wichtigsten Beitrag zum funktionieren des Mediums in der NS- Zeit. Goebbels mit seinem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda gaukelte der eigenen Bevölkerung und vor allem dem Ausland mit dem Fernseher einen ,,märchenhaften Aufstieg" vor und pries das Medium als Leistungsbeweis des auf technische Modernität fixiertem Regimes47.

Doch bei genauerer Betrachtung schaut es bei der Umsetzung ganz anders aus - eher nach einem Wachstum im Zeitlupentempo. Doch dies war geplant, denn Hitler und Goebbels erkannten sehr füh, dass das Fernsehen nur einen geringen Beitrag für ihr Konzept der ,,totalen Volksaufklärung und Propaganda" leistete. Für die Beeinflussung des Volkes war es noch nicht weit genug entwickelt. Die NS - Machthaber waren zunächst zögerlich und zurückhaltend. Es schien nicht den in Film und Radio entwickelten Prinzipien von Machtrepräsentation zu entsprechen. Man hätte keine Massen erreicht und es war kein Forum für Reden. Hält man sich zum Beispiel die Bildschirmgröße von 20 x 30 cm vor Augen, dann stellt man fest, dass weder Massenveranstaltungen wie der Reichsparteitag in Nürnberg noch Hitler groß raus gekommen wären. Ausserdem haben sie eine Individuallisierung der Bevölkerung und die Folgen eines Medium, das als Live-Instrument nicht korrigiertbar ist, befürchtet. So ist der Durchbruch des Massenmediums nicht nur wegen des Krieges nicht zustande gekommen, sondern er war politisch nicht gewollt48.

Somit war nicht das Publikum, sondern der intern befürchtete Wettbewerbsvorsprung der Post und der allgemeine Wettbewerbsvorsprung des Auslandes sowie die erhoffte militärische Verwendung des Mediums als Störsender oder ,,Wunderwaffe" Ausschlag für die Fortsetzung und Weiterentwicklung des Fernsehers in der NS- Zeit. Es wurde also Propaganda mit dem Fernseher betrieben49.

Dies heißt aber nicht, dass das Fernsehen nicht ideologisch auf einer Linie gehalten wurde. Unterhaltung war Goebels Meinung nach die wichtigste Aufgabe des Mediums. Aber unbestritten gehörten trotz der geringen Reichweite die schönfärberischen Unterhaltungssendungen zum propaganditischen Geamtkonzept, denn hinter unverfänglichen Titeln verborgen sich Sendungen die eine manifeste propagandistische Botschaft tranportierten. Das Nationalsozialistische Regime hat sehr früh erkannt, dass der Hörfunk für die schnelle und reichsweite Übertragung von Reden sehr viel besser einsetzbar und für die Repräsentation und Inszenierung von Macht und Führer- Masse- Beziehung das Kino wirkungsvoller ist50. Dennoch kann man abschließend sagen, dass nicht nur Propaganda mit dem Fernseher sondern auch Propaganda im bzw. durch das Fernsehen bertrieben wurde.51

3.4 Film

Die dreißiger Jahre gelten als Zeit der vollen Kinos. Nahezu die Hälfte der Bevölkerung ging regelmäßig (ca. 1x in der Woche) ins Kino. Hollywood beherrschte den Filmmarkt und die Filme hatten damals nur selten die Problem der Menschen zum Thema. Somit wurde das Kino zum Zufluchtsort vor der Wirklichkeit. Es waren glänzende Paläste, in denen das Publikum Fröhlichkeit, Glanz, Romantik, Entspannung und Abenteuer erleben wollte und sollte. Deutschland konnte mit diesem Trend mithalten, als es mit der Ufa in Berlin, die erste deutsche bedeutendste Filmindustrie aufbaute. Sowohl die deutschen als auch die französischen Filme zeichneten sich gegenüber allen anderen durch größere Wirklichkeitsnähe aus52.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten blieben nur wenige, die sich trotz Zensur um gute und gehaltvolle Unterhaltungsfilme bemühten.

Filme mit Schauspielern wie Charlie Chaplin, den Marx Brothers oder Shirley Temple durften allerdings in Deutschland während der Hitler-Zeit nicht gezeigt werden53. Im selben Jahr der Machtergreifung Hitlers wurden alle Sparten der Filmwirtschaft zusammengefaßt und der Reichsfilmkammer unterstellt. Die Reichsfilmkammer kontrollierte zunächst den deutschen Charakter des Films und die Schauspieler, wobei nicht arisches Mitglieder ausgeschlossen wurden. Am 16. Februar 1934 wurde die Filmzensur durch das Lichtspielgesetz verschärft und auf die Vorprüfung der Drehbücher ausgedehnt. Zusätzlich wurde die Ein- und Ausfuhr ausländischer Filme überwacht und beschränkt. Diese Maßnahmen sowie die endgültige Verstaatlichung des Filmwesen 1937 (seit 1934 bereits Aktienmehrheit) standen im Zusammenhang mit der vollständigen Gleichschaltung des Filmwesens. Unter weitgehender Führung des Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und der Reichsfilmkammer unterwarfen Regierung und Partei das Filmwesen einer lückenlosen Kontrolle.54

Aber die organisatorische Gleichschaltung war nur ein Aspekt der nationalsozialistischen Filmpolitik. Goebbels setzte sich nämlich auch sehr für die Herstellung von unterhaltenden Filmen mit künstlerischem Ambiente ein. Den propagandistischen Appell sollen diese Filme nur unterschwellig vorspielen, da Goebbels die unverschlüsselte, direkt vorgetragene Argumentation für weniger wirkungsvoll hielt. Beispielhaft für diese Taktik, das jeweilige Propaganda- Motiv filmisch verklausuliert und publikumswirksam in Sujet, Dramaturgie und Darstellung zum Ausdruck zu bringen, sind Produktionen wie ,,Wunschkonzert" (1940, Thema Volksgemeinschaft), ,,Jud Süß" (1940, Antisemitismus) oder ,,Der große König" (1942, heroischer Widerstand). Propaganda und Ästhetik im Dokumentarfilm zu verbinden gelang vor allem Leni Riefenstahl55. Das nationalsozialistische Regime erkannt richtig, dass der Film dann am nachhaltigsten NS- Propaganda betrieb , wenn er das hinter der Maske scheinbar unpolitischer Unterhaltung oder im Gewande der nationalen Geschichte tat.56 _ Zusätzlich zur Unterhaltung wurde mit der scheinbar informativen ,,Wochenschau" Propaganda betrieben. Bei der Wochenschau ( Berichte von Deutschland bzw. von der Front) handelte es sich keineswegs um informative Berichterstattung, sondern eher um mitreißende Berichte, die Gefühle im Volk wecken sollten. Die Wochenschau mußte von jedem Kino übernommen und gezeigt werden und in der Presse wurde zusätzlich daraufhin gewiesen. Die Produktion lag bei der Wehrmacht, doch Auswertung, Schnitt und musikalische Untermalung wurde von dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda durchgeführt. Somit handelte es sich bei der Kriegsberichterstattung von dramatischen Elementen, die vom reibungslosen Zusammenwirken, rücksichtslosen Einsatz und vernichtende Erfolge der deutschen Wehrmacht. Es erweckte den Eindruck, dass an der Front alles planmäßig abläuft, denn feindlichen Widerstand sowie deutsche Verwundete gab es nicht zu sehen. Es sollten Gefühle sowie Siegeswillen geweckt werden.

Somit kann man abschließend sagen, dass die totalitäre Kontrolle der Filmwirtschaft dem NS- Regime im Gegensatz zur Presse schneller gelang, da autoritäre Tendenzen in Spielfilmen im deutschen Film schon vor der Machtergreifung deutlich ausgeprägt waren. Zudem erkannte das NS- Regime sehr schnell, dass man mit unterhaltenden Filmen unterschwellig Propaganda betreiben konnte, Massen erreicht und dadurch die Volksgemeinschaft verstärkt.57 _

4. Chronologischer Aufbau

Ab 1. Januar können bereits die ersten Eintrittskarten für die XI. Olympischen Sommerspiele erworben werden, die vom 1.- 16. August 1936 in Berlin ausgetragen werden sollen. Am 22.03.1935 eröffnet die Reichsrundfunkgesellschaft in Berlin ihren regelmäßigen Fernseh-Programmdienst. Die Eröffnungsansprache hält Eugen Hadamowsky - stolz spricht der junge Reichssendeleiter vom ,,ersten regulären Fernseh-Programmdienst der Welt". An drei Abenden in der Woche wird von nun an jeweils ein neunzigminütiges Programm gesendet. Der Fernsehsender erhält den Namen Paul Nipkow zu Ehren Nipkows, dem Erfinder der Nipkowscheibe und ,,Vater des Fernsehens".

Am 1. Mai erhält Leni Riefenstahl, während des Festaktes der Reichskulturkammer in der Berliner Staatsoper den Nationalpreis für Film für ,,Triumph des Willens". Die Schauspielerin wurde damit erstmals auch als Regisseurin bekannt. Dieser Film, der ein Spiegelbild des Reichsparteitages in Nürnberg und eine Verherrlichung des politischen Rituals dieser Massenveranstaltung war, übte eine starke psychologische Wirkung auf den Betrachter aus, der sich dem Geschehen kritiklos hingab. Die musikalische Untermalung des Films stammt von Richard Wagner.58

Bei der Einweihung des Berliner Fernsehsenders am 29. Mai im großen Sendesaal des Berliner Rundfunkhauses an der Masurenallee wird Paul Nipkow zum Ehrenpräsidenten der ,,Fernsehgemeinschaft" ernannt. Die erste deutsche Fernsehansagerin, Ursula Patzschke, beginnt ihre Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung ,,Postfacharbeiterin". Damals unterlag der Rundfunk in Deutschland noch der Reichspost. Am neunten April wird die erste öffentliche Fernsehempfangsstelle im Berliner Reichspostmuseum eröffnet, weitere folgen. Bis Anfang 1936 gibt es bereits elf solcher Stellen mit jeweils 25 bis 30 Plätzen in Deutschland. Ausserdem werden auch Großbildstellen für mehrere hundert Leute eröffnet.59 Von den Zuschauern und ihrem Verhalten in diesen Fernsehstuben wird ziemlich wenig berichtet, es gibt lediglich einen Bericht aus der Rundfunkzeitschrift ,,Die Sendung":

,,Es ist halb neun Uhr abends. In einem mittelgroßen Raum, einem früheren Ladengeschäft, sitzen oder stehen etwa siebzig Menschen und sehen durch die Dunkelheit angestrengt und erwartungsvoll auf den großen Apparat, der vor den Sitzreihen aufgebaut ist und sich von einem gewöhnlichen Radioapparat äußerlich nur dadurch unterscheidet, daß es drei - oder viermal so groß ist und über seinen Einstellknöpfen einen rechteckigen Ausschnitt von etwa 25 x 30 Zentimeter zeigt, in dem das Fernsehbild erscheinen soll. (...) Die Musik wird leiser , lauter, jetzt ist sie klar, das leise Lauschen des Apparates kenne wir auch von zu Hause, es zeigt nur, dass die Lampen brennen, dass alles in Ordnung ist und es gleich losgehen wird.

Und schon ist auch die Stimme des Ansagers da, kaum dass der letzte Ton der Marschmusik verklungen ist. Sie kündigt, laut und klar vernehmlich, die Ufa- Bild- und Tonwocheschau an. Der Film beginnt zu laufen, die Bilder, ob sie den Führer bei der Eröffnung der Münchner Autobahnstrecke zeigen, dass Olympiatraining der Läufer und Schwimmer oder das Tagwerk auf einem Segler, sind klar und deutlich zu erkennen, die Laut- und Musikwiedergabe ist ausgezeichnet, aber das merkwürdige ist, dass man doch keinen Augenblick den Eindruck hat, im Kino zu sitzen. Nicht etwa nur weil hier, vor dem Fernsehapparat, daß Bildformat kleiner ist als in einem Kino, hier ist tatsächlich jenem Zuschauer das Wunder bewußt, etwas zu sehen, was weit, sehr weit außerhalb dieses Raumes abspielt. Und jeder, der hier schweigend und erwartungsvoll Fern-Sehenden ist ja mit der Absicht gekommen, sich von dem neuen Wunder der Technik zu überzeugen.60

Auf der 12. Funkausstellung in Berlin kann das Publikum in der ,,Fernsehstrasse" erstmals zwanzig Fernsehgeräte von sechs verschiedenen Firmen vergleichen. Während der Ausstellung vernichtet ein Brand die ,,Fernsehstrasse" und die beiden UKW- Sender für die Übertragungen. Die Geräte werden erschwinglicher, sie kosten ,,nur" noch rund 1800 Reichsmark. In der Kinotechnik Deutschlands rüstet man auf Tonfilm um und es existieren bereits 4782 Tonfilmkinos. Die deutsche Reichspost läßt von Telefunken, AEG und DaimlerBenz einen ersten fahrbaren 10 KW- Fernsehsender bauen und ausstatten. Allein die 14 Fahrzeuge kosten 250 000 Reichsmark; die technische Einrichtung rund 1,1 Mio. Reichsmark. Betreut wird der Zug von 14 Fahrern und 15 Technikern.

Zwischen Berlin und Leipzig wird das erste Weitverkehr- Breitbandkabel zur Beförderung von Fernsehsendungen verlegt.61

Durch die Nürnberger Gesetze werden die deutschen Juden aus dem bürgerlichen Leben ausgeschaltet. Ein Drittel aller deutschen Juden geht in die Emigration. Im Laufe des Jahres 1935 kommt es auch zum sogenannten ,,Zeitungssterben". Viele Zeitungen bzw. Zeitungsverlage mußten schließen, zwangsfusionieren oder wurden verdeckt vom NS-Pressetrust übernommen. Bei der Mehrzahl der deutschen Zeitungsverlage wurde somit der Zentralverlag der NSDASP Mehrheitseigentümer.

Auf der Berliner Automobilausstellung am 15. Februar lässt Hitler seine erstaunten Zuhörer wissen, dass die Voraussetzungen zum Bau eines

Schaubild Volkswagen

deutschen Volkswagens, eines Kraftfahrzeugs zu erschwinglichem Preis für jedermann geschaffen worden sind.62

Einen Tag später endet die IV.Winterolympiade im Werdenfelser Land mit einem großen sportlichen und organisatorischen Erfolg für Deutschland. Das deutsche Team erreicht mit 3 Gold- und 3 Silbermedaillen den bisher größten Erfolg bei Winterspielen. Im Deutschlandsender Berlin präsentiert der Ansager Heinz Goedecke das 1. Hörfunk- Wunschkonzert.

Am 4. April absolviert das Luftschiff ,,Hindenburg" die erste Südamerikafahrt in etwa 90 Stunden.

Im Juni 36 fand in New York ein Box - Kampf statt, der Millionen diesseits und jenseits des Ozeans in seinen Bann zog, und in seiner Bedeutung weit über das rein sportliche Geschehen im Boxring hinausging. Der neue, als ,,Brauner Bomber" bekannte Boxstar Joe Louis trat gegen Exweltmeister Max Schmeling, der von der amerikanischen Presse als der ,,Schwarze Ulan vom Rhein" hochgejubelt wurde an. Die ungelösten Rassenprobleme der US- Gesellschaft gaben dieser Begegnung einen symbolträchtigen Beigeschmack. Auch für die deutsche NS- Rassenpolitik ist dieser Kampf von überragender Bedeutung. Max Schmeling gewann diesen Kampf durch ein K.o. in der 12, Runde. Per Rundfunkübertragung konnten seine Anhänger in Deutschland den Kampf live verfolgen. Man schätzt, dass in den früher Morgenstunden dieses Tages mehrere Millionen an den Empfängern miterlebten. Unmittelbar nach dem Kampf sendete Adolf Hitler Schmeling ein Glückwunsch- Telegramm, mit folgendem Wortlaut: ,,Nehmen Sie zu Ihrem großartigem Sieg meinen Herzlichsten Glückwunsch entgegen. Adolf Hitler". Joseph Goebbels, der Propagandaminister des Deutschen Reiches, der mit Schmelling- Ehefrau Anny Ondra den Kampf am Rundfunkgerät verfolgt hatte, telegraphierte an Schmeling: ,,Ich weiß, Du hast für Deutschland gekämpft. Es war ein deutscher Sieg. Wir sind alle stolz auf Dich. Heil Hitler. Goebbels". Die NS- Propaganda macht aus Schmeling einen Helden, der für die Idee eines besseren Deutschlands gekämpft habe. Damit der Held so schnell wie möglich in der Heimat gefeiert werden kann, tritt ein Offizier seine Passage im Luftschiff ,,Hindenburg" ab, das Schmeling nach Hause bringt. Der Empfang dort ist überwältigend: Vom Luftschiff aus sieht Schmeling ein Heer jubelnder Menschen, die durch Abspielen der inzwischen auf Schallplatte gepressten Übertragung in Hochstimmung geblieben sind.63

1936 fanden in Berlin die 11. Olympischen Spiele statt und zum ersten Mal wurde von einem solchen Ereignis über das Medium Fernsehen berichtet. In 27 Fernsehstuben in Berlin sahen bei freiem Eintritt circa 150.000 Personen diese Übertragungen. Es handelte sich dabei um die erste konsequente Fernseh- Berichterstattung. Immer wieder mußten die Fernsehstuben wegen Überfüllung kurzzeitig geschlossen werden.

Das Fernsehen ermöglichte zum ersten Mal eine Teilhabe an einem gleichzeitig entfernt stattfindenden Ereignis. Oftmals wurden die Fernsehzuschauer dazu hingerissen, wie das echte Publikum vor Ort, bei guten sportlichen Leistungen Beifall zu klatschen. Der am Radio orientierte Reportagestil überdeckte die immer noch schlechte Bildqualität. Die Übertragungen fanden mittels fahrbarer Sender statt.64

Die Nationalsozialisten wollten der Welt ihre Erfolge, ihre friedliche Politik und die Überlegenheit der germanischen Athleten beweisen. Deshalb war es besonders tragisch, dass Jesse Owens ein farbiger Amerikaner, im Laufen vier Goldmedaillen gewann. Insgesamt gewannen die Deutschen aber die meisten Goldmedaillen, was sie, besser gesagt die Regierung mit dieser Tatsache etwas versöhnte.

Der erste deutsche Kurzfilm in Farbe ist ,,Das Schönheitsfleckchen" (in Opticolor).

Ausserdem findet am 13. November die Uraufführung von Öden von Horvaths ,,Glaube, Liebe, Hoffnung" in Berlin statt.

Zum Jahresende 1936 endet die mechanische Ära des Fernsehens. Die Nipkowscheibe wird zum Museumsstück.

Mit der BBC beginnt 1936 England als zweites Land der Welt, einenhalb Jahre nach Deutschland, mit einem regelmäßigen TV-Programm- Sendedienst.

Schaubild Plakat Olympische Spiele

Schaubild Jesse Owens

1937

Ab diesem Jahr stellt die gesamte deutsche Fernsehindustrie nur noch Fernsehgeräte mit Braunscher Röhre her.

In München eröffnet das Deutsche Museum eine ständige wissenschaftliche Sonderschau ,,Fernsehen".

Auf der Weltausstellung in Paris informiert die Deutsche Reichspost über den Stand der deutschen Fernsehtechnik und erhält für ihre Verdienste einen Grand Prix.65 _ Am 30. April ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland zum ersten Mal wieder unter die Millionengrenze gesunken.

Das Luftschiff Hindenburg geht am 6.Mai um 7.30 Uhr Ortszeit (7.Mai, 1.30 Uhr in Deutschland) bei der Landung auf dem Luftschiffhafen Lakehurst bei New York in Flammen auf. Damit ist der so hoffnungsvoll gestartete Zeppelinverkehr über den Nordatlantik beendet. Bei der Katastrophe kamen 11 der 36 Fahrgäste und 22 Mann der 60köpfigen Besatzung ums Leben.

Deutsche Gegner des Nationalsozialismus betreiben einen der 1. ,,Piratensender" in der Geschichte des Hörfunks.

Eine Probenummer der ,,Micky Maus Zeitung" erscheint in Deutschland.

Im Januar haben die erfolgreichste Produktionen der deutschen Filmgeschichte Premiere: ,,Der Berg ruft" (Luis Trenker), ,,Der Tiger von Eschnapur" und das ,,Indische Grabmal". Gerade letzterer Film, eine Abenteuerverfilmung mit Stars wie Theo Lingen, Gisela Schlüter und vielen anderen profilierten Darstellern wird noch Jahrzehnte lang gern gesehen. Ebenfalls anfangs des Jahres werden im deutschen Fernsehprogramm die ersten Jugendsendungen ausgestrahlt.

Der Preis des Volksempfängers (Radio) wird auf 65 RM gesenkt, bisher wurden 2,5 Millionen Geräte verkauft. 570 Hörfunksender übertragen die Rede Adolf Hitlers aus dem Berliner Sportpalast.

Im April wird Leni Riefenstahls zweiteiliger Film über die Olympiade 1936 uraufgeführt. Der erste Teil ,,Fest der Völker" beginnt mit einem Prolog der

Schaubild Deutsche Filme und Regisseure

Schaubild ,,Münchner Beobachter"

zurück in die Antike führt und Kraft, Schönheit und Anmut feiert. Der zweite Teil ,,Fest der Schönheit" wird im olympischen Dorf in Berlin gedreht.

Im Mai wird in dem 2500 - Einwohner- Städtchen Fallersleben in Niedersachsen im Beisein von Adolf Hitler der Grundstein für das Volkswagen- Werk gelegt, das künftig das preiswerte Auto für den deutschen Volksgenossen produzieren soll.

In der Reichskristallnacht wird von amtlicher Seite Terror, der sich gegen Synagogen, jüdische Bürger und deren Geschäfte richtet, geduldet. Den Namen erhält die Nacht durch die Tatsache, dass in dieser Nacht allein an Schaufenstern Glasschäden von mehreren Millionen Mark entstanden, die die Juden, die oftmals nur Pächter der sich im Besitz deutscher Geschäftsleute befindenden Läden waren, ersetzten mussten.66 _

In England führt die BBC die ersten regelmäßigen Fernseh - Nachrichtensendungen ein und beginnt mit dem deutschsprachigen Auslandsdienst. In Deutschland verliert das Fernsehen in den Fernsehstuben bereits wieder seine Attraktivität. Der Reiz des neuen war vorüber. Die Leute wollten ihre eigenen Geräte für den Empfang zu Hause. Dies war aufgrund der mangelnden Produktion von Fernsehgeräten in Deutschland aber kaum jemandem möglich . Vor allem im Vergleich zum Kino war die geringe Qualität und der kleine Bildschirm in den Fernsehstuben keine Konkurrenz.

In den USA produzierte Orson Welles ,,The War of the Worlds"(dt: Die Invasion vom Mars). Tausende Hörer in Amerika haben echte Furcht vor den Marsmenschen. Dieses Ereignis zeigt in kleinerem Ausmaß bereits, welchen Einfluß der Rundfunk (allg. die Massenmedien) bei gezieltem Einsatz haben kann, wie es später ja auch bei den Nationalsozialisten offensichtlich wurde.

In Deutschland wird die Chemiefaser Perlon, in den USA Nylon entwickelt. Die Seidenstrumpfhose war geboren.

Am 20. April feiert Hitler seinen 50. Geburtstag, der als Nationaler Feiertag begangen wird. Der deutsche Fernseheinheitsempfänger E1 mit Rechteckröhre wird am 28. Juni auf der Berliner Funkausstellung das erste Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. Er kommt noch im selben Jahr den Markt. Das Gerät war so konzipiert, dass es für die breite Masse erschwinglich sein, und den neuesten Stand der Technik repräsentieren sollte. Von den geplanten 10.000 Stück wurden bis zum Kriegsbeginn nur 50Stck verkauft, sowohl die Vorahnung als auch der Beginn des Krieges und die Produktion neuer Waffen, hatten das Geschäft total blockiert. Die Sendungen wurden alle vom Sender Berlin- Witzleben abgestrahlt.67

Am 28. Juni beginnt der regelmäßige Passagierflugverkehr zwischen Europa und den USA über den Nordatlantik, allerdings ohne Beteiligung der deutschen Lufthansa. Die politische Lage war der Auslöser, dass die Vereinigten Staaten den Flugverkehr ohne deutsche Beteiligung betrieben. So startete am 28.Juni die erste PanAm- Maschine in Port Washington nach Marseille, mit Zwischenlandungen auf den Azoren und in Lissabon. Die deutsche Lufthansa reagiert mit einem Rekordflug von Berlin nach Rio de Janeiro (11.000km) in 34 Stunden und 48 Minuten.68

Im September 1939 beginnt mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Polen offiziell der Zweite Weltkrieg.

In Großbritannien wird der Fernsehdienst der BBC wegen des Kriegsausbruchs eingestellt.

Die letze Sendung des BBC ist ein Micky Maus Film, der mit den Worten endet: ,,Danke, ich gehe jetzt nach hause."69 _

Mit Beginn des Krieges nimmt die Bedeutung der politischen Propaganda auf Plakaten zu.

Nach Abschluß des Polen Feldzuges setzt Hitler, rückwirkend zum 1. September eines der schrecklichsten Verbrechen des NS- Staates in Kraft: Das Euthanasiegesetz, das es ermöglicht, unheilbar Geisteskranke ohne Wissen und Zustimmung der Angehörigen zu töten.

Im Bereich der Mode und der Kunst kam es zu einem grundlegenden Wandel: Die Linie der Damenmode wird weiblicher, man gab die knabenhafte Linie der

Schaubild Propagandaplakat

20er Jahre auf, trug wider Locken, oft genauso wie die Filmstars von Hollywood. Die Damen benutzten Make-up und legten Schmuck an. Wer ganz

modisch sein wollte, trug immer einen Hut. Mann kann sagen, dass die Mode allgemein praktischer wurde. Nachdem der Reißverschluß erfunden war und elastische Druckknöpfe Haken und Ösen abgelöst hatten, ließen sich die Kleider leichter anziehen. In der Kunst war Art Deco der Stil der 20er und 30er Jahre. Er fand sich in der Architektur, Kleidung und Inneneinrichtung und zeichnete sich durch Farbenfreude, Dekorativität und Lebendigkeit aus.

Das deutsche Fernsehen überträgt das Fußballländerspiel Deutschland- Italien live aus dem Berliner Olympiastadium.

In den USA entsteht der Film ,,Gone with the Wind" ( Vom Winde verweht).

Die Einführung der Papiergenehmigungspflicht führt zu noch weitreichenderer Zensur.

Den deutschen Truppen gelingt es, trotz gegensätzlicher Erwartungen des französischen Militärs, die Verteidigungslinie der Franzosen zu durchbrechen und in Frankreich einzumarschieren.70

Unter Goebbels wird im September der Film ,,Jud Süß" gedreht, der inhaltlich gegen Juden hetzt. Daraufhin kommt es im Deutschen Reich zu Demonstrationen gegen das Judentum. In den USA spielt Charly Chaplin die Hauptrolle in seinem Film ,,Der große Diktator"- einer Satire auf Hitler.

Bedingt durch den Krieg kommt zu einer Stagnierung der Weiterentwicklung des Fernsehens.

Es diente während des Krieges vor allem zu militärischen Zwecken. So gab es für die verletzten, in den Lazaretten liegenden Soldaten spezielle Sendungen, in denen überwiegend schlanke nackte Frauenbeine zu sehen waren.71

Anfang des Jahres wird Präsident Franklin D. Roosevelt klar, dass die USA sich nicht vom europäischen Konflikt fernhalten können. Im Juni marschieren die deutsche Truppen in Rußland ein, woraufhin sich die UDSSR an die Vereinigten Staaten von Amerika wendet, mit der Bitte um Hilfe durch die Zusendung von Verteidigungsgütern.

In Deutschland werden die ersten Todesurteile wegen Abhörens von Feindsendern ausgesprochen.

Aufgrund der Polizeiverordnung vom 1.September müssen Juden ab dem 6. Lebensjahr einen Judenstern tragen, ohne diesen dürfen sie sich nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigen.72 Durch das Bekanntwerden des Euthanasieverfahrens in Deutschland wird in der Bevölkerung zunehmend Besorgnis ausgelöst. Schwer verwundete Soldaten und alte Menschen fürchteten, als "unnütze Esser" ebenfalls vernichtetzu werden. Daraufhin ordnete Hitler die Einstellung der "Ausmerzung lebensunwerten Lebens" an, inoffiziell fand das Gesetz allerdings noch in mehreren Anstalten Anwendung.73

Der heitere Film "Quax der Bruchpilot" mit Heinz Rühmann soll das Interesse der deutschen Jugend am Flugsport wecken.

In der Mode werden die Röcke immer kürzer, eine aufgesteckte Haarpracht wird Mode, die später als Entwarnungsfrisur in die Modegeschichte eingeht.

Im Februar kapituliert die 6. Armee in Stalingrad, die Presse (Völkischer Beobachter) jedoch heroisiert die Soldaten: Die Schlagzeile eines Artikels lautete: "Sie starben, damit Deutschland lebe!"

An dem Tag an dem Goebbels zum "totalen Krieg" aufruft, werden Hans und Sophie Scholl, zwei deutsche Studenten und Widerstandskämpfer verhaftet, als sie in der Uni München Flugblätter der " Weißen Rose" verteileten. Diese Tätigkeit haben sie mit mehreren Freunden aus moralischer Empörung über die NS- Gewaltpolitik bereits im Vorhjahr begonnen. Die "Weiße Rose" hat in den selbst entworfenen Flugblättern unter anderm erklärt:

Schaubild Die Geschwister Scholl und Stauffenberg

"Mit mathematischer Sicherheit führt Hitler das deutsche Volk in Abgrund. Hiler kann den Krieg nicht mehr gewinnen, nur noch verlängern! Seine und seiner Helfer Schuld hat jedes Maß überschritten...Ein Verbrechertum kann keinen deutschen Sieg erringen. Trennt Euch rechtzeitig von allem, was mit dem Nationalsozialismus zusammenhängt!"74

Bereits vier Tage nach der Verhaftung, am 22. Februar werden sie in einem Prozeß schuldig gesprochen und hingerichtet.

Am 5. März wird das 25jährige Ufa- Jubiläum mit dem Agfacolor- Film "Münchhausen" gefeiert. Hauptdarsteller Hans Albers hatte eine jüd. Frau, Drehbuchschreiber Erich Kästner war von den Nazis verachtet, und auch der Regisseur war ein Gegner des NS- Staates. Dennoch wurde der Film gezeigt, da Goebbels einen heiteren und unpolitischen Film brauchte, um die gedrückte Stimmung aufzubessern.75

Die Wasserversorgung ist weiten Teilen Deutschlands ist durch die Bombenangriffe zerstört, die Leute müssen ihr Wasser an Brunnen holen. Der in der Bevölkerung vorherrschende Hunger zwingt zu besonderen Maßnahmen. Parkanlagen zum Beispiel am Alexanderplatz in Berlin werden zum Gemüseacker umgewandelt, auf Parkflächen wird Getreide angebaut.76 Der Berliner Fernsehsender wird von Bomben zerstört

Im Juni landen die Alliierten in der Normandie und beginnen mit der Rückeroberung der besetzten Gebiete.

Klaus Graf von Stauffenberg, der Stabsoffizier Hitlers, der Zugang zum Hauptquartier hatte, versucht am 20. Juli 1944 Hitler mit Hilfe einer Bombe umzubringen. Das Attentat mißglückt, Hitler bleibt unverletzt und Stauffenberg wird noch am selben Tag standrechtlich erschossen.77 Daraufhin brechen viele Widerstandsbewegungen zusammen. Am 12. Dezember wird der Hans- Albers- Film ,, Große Freiheit NR. 7" durch Goebbels in Deutschland verboten. Das im Film gezeigte Prostituierten- Milieu

Schaubild Hans Albers in ,,Münchhausen"

passt laut Goebbels nicht zur deutschen Frau, ebenso schadet das Zeigen saufende Matrosen dem Ansehen der deutschen Marine.78

Im selben Jahr entsteht in Deutshland auch der Film ,,Die Feuerzangenbowle". Am 9. November erhält Otto Hahn den Nobelpreis für die Erfindung der Kernspaltung.

1945

Anfang April wird Goebbels letzte Hörfunkrede im Deutschlandsender übertragen. Aus Sorge in Gefangenschaft geraten und in den Ländern der Allierten zur Schau gestellt zu werden, bevor ihm der Prozeß gemacht wird, begeht Adolf Hitler am 30.September 1945 mit seiner langjährigen Geliebten Eva Braun im Bunker der Reichskanzlei Selbstmord.79 Am 7. und 9. Mai kapituliert Deutschland, der Zweite Weltkrieg ist beendet. Doch Japan weigerte sich trotz des ständigen Vordringens der Allierten in den Pazifik, auf die Kapitulationsförderungen einzugehen. Um eine Verlängerung des Krieges auszuschließen, weist Truman General Carl Spaatz, Befehlshaber der Luftflotte im Pazifik, an , eine Atombombe über einer dichtbesiedelten japanische Stadt abzuwerfen. Am 6. Aug. 1945 werfen die Amerikaner über Hiroshima, der 7.größten Stadt Japans eine Atombombe an einem Fallschirm aus acht Kilometern Höhe. Ihre Explosion forderte 100.000 Menschenleben und fast 200.000 überlebten körperlich und seelisch schwer geschädigt.80 Am 18. Oktober wird in Berlin der Prozeß gegen die Angeklagten 24 Hauptkriegsverbrecher eröffnet.

Die Besatzungszeit

Nach dem Krieg wurden in Deutschland in den Besatzungszonen neue Länder gebildet und demokratische Parteien wurden zugelassen.

Ferner beginnen auch die Nürnberger- Kriegsverbrecher- Prozesse.

Mit dem Ende des Nationalsozialistischen Deutschen Reiches beginnt die Nachrichtenagentur ,,German News Service" in Bad Nauheim ihre Arbeit, ausserdem wird die ,,Frankfurter Rundschau", die ,,Süddeutsche Zeitung" u.a. gegründet. Der Rundfunk in der Britischen Zone erhält den Namen ,,Nordwestdeutscher Rundfunk (NWDR)".

Schluß

Über die Medien im Nationalsozialismus, ihre Stellung und Aufgaben gibt es vielzählige Veröffentlichungen. Einige dieser Veröffentlichungen enthalten neben Fakten und Daten zur rechtlichen und organisatorischen Ebene der Medienlenkung im Dritten Reich auch einige inhaltliche Aspekte. Diese beziehen sich meist auf bekannte Künstler der Zeit, oder beispielsweise Programmabläufe im deutschen Rundfunk etc. Ein Beispiel wäre das Rundfunkprogramm für den Tag der Verkündigung der Niederlage der deutschen Armee in Stalingrad, welches oft als Beispiel für die von den Nazis betriebene Hörfunkpropaganda zitiert wird. Jedoch handelt es sich dabei meist um Ereignisse von nationaler, teilweise sogar internationaler Bedeutung und Bekanntheitsgrad. In unserer Arbeit haben wir versucht, auch kleine Details des damaligen Lebens festzuhalten. Dass diese in Arbeiten, die einen Überblick über die damalige Zeit geben wollen nicht berücksichtigt werden können versteht sich von selbst. Wir sind aber der Meinung, dass es gerade diese Details sind, die das Leben der deutschen Bevölkerung während des Zweiten Weltkrieges bedeutend mitbestimmten und ausgemacht haben. Unsere Arbeit stellt somit den Versuch dar, diese Kleinigkeiten aus der Literatur zusammenzuziehen und zusammengefasst dem Leser zu präsentieren.

Alex, Anika & Julia

Literaturverzeichnis

- Chronik des 20.ten Jahrhunderts. Berlin. Westermann
- Diller: Was Sie über Rundfunk wissen sollten. Hrsg. Von ARD und ZDF. - Berlin : VISTAS, 1997
- Hickethier Knut: Geschichte des deutschen Fernsehens. Stuttgart; Weimar: Leske, 1998
- Keller Wilhelm: 100 Jahre Fernsehen: 1883 - 1983. Berlin; Offenbach: VDE - VERLAG, 1983
- Koszyk, K.: Deutsche Presse 1919-1945. Berlin: Colloquium, 1972
- Nikolaus von Festenberg: Jetzt hämmern wir ein Volk. In Spiegel 24 (1999), S. 124 - 127
- Noelle-Neumann, E.; Schulz, W.; Wilke, J. (Hrsg.): Publizistik Massenkommunikation, akt., vollst. überarb. Neuausgabe. Frankfurt am Main: Fischer, 1994
- Pürer H.: Medien in Deutschland. Band 1. 2 korrigierte Auflage. Konstanz: UVK Medien, 1996
- Reiss E.: Wir senden Frohsinn: Fernsehen unterm Faschismus. Elefanten - Press, 1979
- Stuiber H.W.: Medien in Deutschland. Band 2. Konstanz: UVK Medien, 1998
- Winkler K.: Fernsehen unterm Hakenkreuz. Köln: Böhlen, 1994

[...]


1 Stuiber (1998), S. 162

2 Pürer/Raabe (1996), S. 63

3 Pürer/Raabe (1996), S. 64

4 Pürer/Raabe (1996), S. 64f

5 Pürer/Raabe (1996), S. 68f

6 Pürer/Raabe (1996), S. 73f

7 Pürer/Raabe (1996), S. 71f

8 Stuiber (1998), S. 51

9 Stuiber (1998), S. 52

10 ebda

11 Stuiber (1998), S. 59

12 Stuiber (1998), S. 57

13 )Ziller (1989), S, 89

14 Stuiber (1998), S. 163

15 Stuiber (1998), S. 60

16 Fischer Lexikon (1997), S. 481

17 Zit. nach Schütte 1971, S. 178

18 Fischer Lexikon (1997), S. 172

19 Stuiber (1998), S. 180

20 Diller (1980), S. 301

21 Stuiber (1998), S. 181

22 Stuiber (1998), S. 182

23 Stuiber (1998), S. 185

24 Stuiber (1998), S. 69

25 Hickethier (1998), S. 32

26 Reiss (1979), S. 34

27 Reiss(1979), S. 34 und Spiegel (1999), S. 125

28 Hickethier (1998) , S. 43 und Reiss (1979), S. 39

29 Keller (1983), S. 122

30 Reiss (1979), S. 41 f und Keller (1983), S. 124

31 Hickethier (1998), S. 44 f

32 Keller (1983), S. 79 und Reiss (1979), S. 36f

33 Keller (1983), S. 80ff

34 ebd.

35 Hickethier (1998), S. 52 und Keller (1983), S. 83

36 Keller (1983), S. 56

37 Hickethier (1998), S. 52 f und Reiss (1979), S. 128f

38 Hickethier (1998), S. 54

39 Winkler (1994), S. 442f

40 Reiss (1979), S. 130 und Spiegel (1999) S. 125

41 Reiss (1979), S. 85 + 130

42 Hickerthier (1998), S. 53

43 Hickethier(1998), S. 55

44 Hickethier (1998), S. 56

45 Winkler (1994), S. 443

46 Keller (1983), S. 87 und 132

47 Winkler (1994), S. 445

48 Winkler (1994), S. 446 ff

49 Winkler (1994), S. 445 ff

50 Hickethier (1998), S. 34 ff und Spiegel (1999), S. 124 ff

51 Winkler (1994), S. 447 ff

52 Band 1 S. 146

53 Band 1, S. 146

54 Noelle-Neumann, Schulz, Wilke (1994), S. 24 f

55 Noelle-Neumann, Schulze, Wilke (1994), S. 23 ff

56 Pürer (1996), S. 87 f

57 Pürer (1996), S. 87 f + Koszyk (1972), s. 434 f

58 Chronik d. 20. Jhd., S.490

59 Keller (1983) S. 122f

60 Hickethier (1998), S. 52

61 Keller (1983), S. 123

62 Chronik d. 20. Jhd., S. 497

63 Chronik d. 20. Jhd ., S.501

64 Hickethier (1998), S. 40 ff

65 Keller (1983), S. 126 f

66 Chronik d. 20. Jhd., S. 533

67 Hickethier (1998), S. 52

68 Chronik d. 20. Jhd., S. 540

69 Keller (1983), S. 124

70 Chronik d. 20. Jhd., S. 556

71 Reiss (), S. 130 und Spiegel (1999), S. 125

72 Chronik d. 20. Jhd., S. 577

73 Chronik d. 20. Jhd., S. 576

74 Chronik d. 20. Jhd., S. 600

75 Chronik d. 20. Jhd., S. 600

76 Chronik d. 20. Jhd., S.608

77 Chronik d. 20. Jhd., S. 630

78 Chronik d. 20. Jhd., S. 644

79 Chronik d. 20. Jhd., S.644

80 Chronik d. 20. Jhd., S. 645

Ende der Leseprobe aus 38 Seiten

Details

Titel
Medienumwelten in der NS- Zeit
Hochschule
Universität Augsburg
Autoren
Jahr
1999
Seiten
38
Katalognummer
V95154
ISBN (eBook)
9783638078337
Dateigröße
534 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kurzer chronologischer Texteil zu allen Medien, sowie für die Jahre 1935- 1945 Auflistung aller wichtigen Ereignisse. Die Schaubilder fehlen in der Datei!
Schlagworte
Medienumwelten, Zeit
Arbeit zitieren
Alex Arndt (Autor:in)Anika Kimmerle (Autor:in)Julia Knoller (Autor:in), 1999, Medienumwelten in der NS- Zeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95154

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