Bilanzierung immaterieller Anlagewerte nach IAS 38


Diplomarbeit, 2003

117 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Zielsetzung der Arbeit

2. Grundlagen der Rechnungslegung
2.1. Bedeutung der Rechnungslegung nach IAS
2.2. Aufbau des Regelungswerkes nach IAS
2.2.1. Konzeption der IAS-Rechnungslegung
2.2.2. Framework
2.2.3. Regelungsinhalt der einzelnen Standards
2.3. Zweck der Rechnungslegung
2.4. Rechnungslegungsgrundsätze nach IAS
2.4.1. Fair presentation
2.4.2. Grundlegende Annahmen
2.4.3. Qualitative Anforderungen an die Rechnungslegungs- Informationen
2.4.4. Einschränkende Merkmale
2.5. Zusammenfassende Würdigung

3. Bilanzierung immaterieller Anlagewerte nach IAS 38
3.1. Ansatzvorschriften
3.1.1. Definition immaterieller Anlagewerte nach IAS 38
3.1.2. Ansatzkriterien der aktivierungspflichtigen immateriellen Anlagewerte
3.1.3. Ansatzvorschriften für selbst geschaffene immaterielle Anlagewerte
3.1.3.1. Problematik bei der Bilanzierung selbst erstellter immaterieller Anlagewerte
3.1.3.2. Forschungsphase
3.1.3.3. Entwicklungsphase
3.1.4. Ansatzvorschriften des Geschäfts- oder Firmenwertes
3.1.4.1. Entstehung des Geschäfts- oder Firmenwertes
3.1.4.2. Originärer Geschäfts- oder Firmenwert
3.1.4.3. Derivativer Geschäfts- oder Firmenwert
3.1.5. Ansatzverbot der verschiedenen immateriellen Anlagewerte
3.2. Bewertungsvorschriften
3.2.1. Erstbewertung
3.2.2. Folgebewertung
3.2.2.1. Benchmark-Methode
3.2.2.2. Alternativ zulässige Methode
3.2.3. Abschreibung
3.2.3.1. Planmäßige Abschreibung
3.2.3.2. Außerplanmäßige Wertberichtigung
3.3. Offenlegungspflichten
3.4. Zusammenfassende Würdigung

4. Ausgewählte Posten und deren Behandlung
4.1. Entwicklungskosten
4.1.1. Erstbewertung
4.1.2. Folgebewertung
4.1.3. Nutzungsdauer und Abschreibungsmethode
4.1.4. Offenlegungspflichten
4.2. Geschäfts- oder Firmenwert
4.2.1. Ermittlung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwertes
4.2.2. Bewertungsvorschriften für den derivativen Goodwill
4.2.3. Nutzungsdauer und Abschreibungsmethode
4.2.4. Außerplanmäßige Wertberichtigung
4.2.5. Offenlegungspflichten
4.3. Zusammenfassende Würdigung

5. Empirische Untersuchung
5.1. Vorgehensweise und Ziel der empirischen Untersuchung
5.2. Angaben über die immateriellen Anlagewerte in den Finanzberichten
5.3. Angaben über die selbst erstellten immateriellen Anlagewerte in den Finanzberichten
5.4. Angaben über die bilanzierten Geschäfts- oder Firmenwerte in den Finanzberichten

6. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Anhang
A1 Internetquelle
A2 GuV-Rechnungen, Bilanzen und Anlagespiegel der sieben Konzernunternehmen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Rechnungslegungsgrundsätze nach IASC

Abbildung 2: Behandlung der immateriellen Anlagewerte mit unbegrenzter Nutzungsdauer nach ED-IAS 38 (Eigene Darstellung)

Abbildung 3: Behandlung der immateriellen Anlagewerte mit begrenzter Nutzungsdauer nach ED-IAS 38 (Eigene Darstellung)

Abbildung 4: Übersicht über die untersuchten Unternehmen

Abbildung 5: Übersicht über die gewählten Nutzungsdauer der untersuchten Konzernunternehmen (Eigene Darstellung)

Abbildung 6: Ausgewählte Kennzahlen zu den immateriellen Anlagewerten

Abbildung 7: Veränderung der immateriellen Anlagewerte im Vergleich zum Vorjahr

Abbildung 8: Anlagespiegel der RWE AG

Abbildung 9: Übersicht über die bilanzierten immateriellen Anlagewerte laut dem Anlagespiegel der einzelnen Konzernunternehmen

(Eigene Darstellung)

Abbildung 10: Zusammenfassende Übersicht über immaterielle

Anlagewerte (Eigene Darstellung)

Abbildung 11: Übersicht über die Angaben der selbst erstellten

immateriellen Anlagewerte

Abbildung 12: Übersicht über die als Aufwand verrechneten

Forschungs- und Entwicklungskosten

Abbildung 13: Ausgewählte Angaben zu den Forschungs- und

Entwicklungskosten

Abbildung 14: Auswirkungen der unterschiedlichen Behandlung von

F&E-Aufwand auf das Jahresergebnis der Bayer AG

und der Schering AG

Abbildung 15: Auswirkungen der unterschiedlichen Behandlung von

F&E-Aufwand auf das Jahresergebnis der restlichen

Konzernunternehmen

Abbildung 16: Auswirkungen der unterschiedlichen Behandlung von

Entwicklungskosten auf das Jahresergebnis bei der BMW Group

Abbildung 17: Auswirkungen der unterschiedlichen Behandlung von

Entwicklungskosten auf das Jahresergebnis restlicher

Konzernunternehmen

Abbildung 18: Übersicht über die ausgewiesenen Firmenwerte

Abbildung 19: Spiegel des Geschäfts- oder Firmenwertes der untersuchten

Konzernunternehmen (Eigene Darstellung)

Abbildung 20: Übersicht über die Angaben firmenwertbezogener Daten

Abbildung 21: Übersicht wesentlicher Akquisitionen der Bayer AG

(Eigene Darstellung)

Abbildung 22: Ausgewählte Kennzahlen zu dem GoF I (Eigene Darstellung)

Abbildung 23: Ausgewählte Kennzahlen zu dem GoF II (Eigene Darstellung)

1. Einleitung

1.1. Problemstellung

Während früher Sachanlagen wie Gebäude, Grundstücke, Produktionsanlagen oder Vorräte dominierende Elemente des Anlagevermögens vieler Unternehmen waren, gewinnen seit geraumer Zeit immaterielle Vermögenswerte an Bedeutung.[1]An Stelle der Vermögensgegenstände des Anlagevermögens rücken physisch nicht greifbare wirtschaftliche Vorteile wie Rechte, Markennamen, Unternehmensimage, Humankapital oder Marktpositionen in den Vordergrund.[2]Ursachen sind vermehrte Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten sowie das generelle Wachstum des tertiären Sektors, wobei dieser eine Bezeichnung für den gesamten Bereich des Dienstleistungs- und Handelsgewerbes in einer Volkswirtschaft ist. Während früher große Industriekonzerne mit gewaltigen Produktionsanlagen das Wirtschaftsgeschehen dominierten, wandelte sich dieses Bild zugunsten der Dienstleistungsunternehmen, die weniger große Fabrikhallen als mehr Know-how sowie bekannte Markennamen usw. benötigen.[3]Insbesondere trifft es innovative und wachstumsorientierte Unternehmen, die Wirtschaftszweige besitzen, in denen die Forschung und Entwicklung eine wichtige Voraussetzung zum Erstellen einer Mehrzahl immaterieller Anlagewerte ist.[4]Das deutsche Bilanzrecht hat diesen Wandel bisher nicht nachvollzogen. Das Ansatzverbot aller nicht entgeltlich erworbenen Anlagewerte nach § 248 Abs. 2 HGB verkörpert die Tradition des primär auf Zahlungsbemessung orientierten, vom Vorsichts- und Objektivierungsprinzip geprägten deutschen Bilanzrechts. Ebenso werden die International Accounting Standards (IAS), die seit Ende 2002 als International Financial Reporting Standards (IFRS) bezeichnet werden, dieser zunehmenden Bedeutung, insbesondere bei selbst erstellten immateriellen Werten, nur wenig gerecht.[5]Obwohl nach der IAS-Rechnungslegung die Aktivierung verschiedener immaterieller Werte unter bestimmten Bedingungen Pflicht ist, werden in den vom nach IAS aufgestellten Bilanzen immaterielle Anlagewerte nur selten bilanziert.[6]Durch die Aktivierungsvoraussetzungen für selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte, die „nahezu inhaltsleer formuliert“[7]sind, ergeben sich für den Bilanzierenden Interpretationsspielräume, die nach Maßgabe seiner Interessen genutzt werden können. Das zentrale Problem besteht darin, dass bei der Aktivierung immaterieller Anlagewerte auf Absichten[8], Annahmen[9], Prognosen[10]und Schätzungen[11]abgestellt wird. Da diese aber gemeinhin von den gewünschten Ergebnissen bestimmt werden, ergibt sich die Möglichkeit, die Bilanzierung immaterieller Anlagewerte weitgehend zu gestalten.

Zusammen mit der Diskussion über die Bilanzierung immaterieller Anlagewerte wächst die Bedeutung auch durch vermehrte Investitionen in diese Werte. Die steigenden Informationsansprüche der Jahresabschlussadressaten resultieren aus dem Bedürfnis, die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens beurteilen zu können und rechtfertigen daher einen weitgehenden Ansatz dieser Werte.[12]Aber schon der Begriff „immateriell“ bringt Schwierigkeiten mit sich. Im Vergleich zu materiellen Werten gelten immaterielle Werte als abstrakt, nicht wahrnehmbar und unsicher hinsichtlich ihrer Existenz und Werthaltigkeit. Die physische Nichtexistenz dieser Anlagewerte verursacht bei der bilanziellen Behandlung sowohl Probleme im Zusammenhang mit dem Ansatz in der Bilanz als auch bei der Bewertung.[13]

Außerdem stellen die immateriellen Anlagewerte eine sehr komplexe Gesamtheit dar. Das Spektrum umfasst:[14]

- die vertraglich oder gesetzlich geschützten Rechte, wie z. B. gewerb-

liche Schutzrechte (Patente, Markennamen, Copyrights, Produktde-

sign), Lizenzen oder Urheberrechte, Konzessionen,

- wirtschaftliche Werte, die Gegenstand eines Rechtsgeschäfts sein

können, wie z. B. ungeschützte Erfindungen oder Kundendateien

- und rein wirtschaftliche Vorteile, die weder rechtlich geschützt sind

noch Gegenstand eines Rechtsgeschäfts darstellen.

Während zu den Kategorien Rechte und wirtschaftliche Werte die identifizierbaren immateriellen Anlagewerte gehören, umfasst die dritte Kategorie nicht identifizierbare Anlagewerte. Diese „stellen Bestandteile des Goodwill eines Unternehmens dar“[15], der in den Abschnitten 3.1.4., 4.2. und 5.4. ausführlicher erläutert wird. Dazu gehören bspw. die Forschungs- und Entwicklungskosten, Werbeausgaben, Mitarbeiterbildung, Kunden- und Investorenbeziehungen oder Unternehmensimage.[16]Die Trennung zwischen den identifizierbaren und den nicht identifizierbaren immateriellen Anlagewerten erweist sich in der Praxis als schwierig, denn die „immateriellen Vermögenswerte lassen sich als ein Kontinuum von Einzelwerten bis hin zum Goodwill begreifen“.[17]

Dem Goodwill, auch Geschäfts- oder Firmenwert genannt, kommt eine besondere Bedeutung zu. Die bisherigen Großakquisitionen zeigen, dass der Unterschiedsbetrag zwischen dem Kaufpreis und dem Eigenkapital des übernommenen Unternehmens in die Milliardenhöhe gehen kann. So hat z. B. das Unternehmen Mannesmann 18 Mrd. DM für die Anteile am italienischen Mobilfunkbetreiber Omnitel bezahlt, obwohl dessen Eigenkapital nur 1 Mrd. DM betrug. Deutlicher wird dieses auch am Beispiel der Deutschen Telekom, die 20 Mrd. DM für den Mobilfunkbetreiber One-2-One bezahlt hat, obwohl dieser ein negatives Eigenkapital auswies. Diese „Diskrepanz“[18]zwischen dem Marktwert und dem Buchwert des Eigenkapitals ist vor allem auf die nicht bilanzierten selbst erstellten immateriellen Anlagewerte zurückzuführen.[19]Dies kann zu Fehlentscheidungen der Investoren führen, weil sie zwischen den zukunftsträchtigen Unternehmen und den Krisenunternehmen nur schwer unterscheiden können.[20]

1.2. Zielsetzung der Arbeit

Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, den gegenwärtigen Stand der bilanziellen Behandlung der immateriellen Anlagewerte in den internationalen Rechnungslegungsstandards des IASC darzulegen.

Basierend darauf wird mittels einer empirischen Untersuchung anhand von Geschäftsberichten der sieben Konzernunternehmen festgestellt, ob die publizierten Angaben in den einzelnen Finanzberichten die Informationsbedürfnisse der Jahresabschlussadressaten erfüllen. Die Informationen in den Konzernabschlüssen dienen als Hilfsmittel für die Anlageentscheidungen der Kapitalanleger. Deshalb wird auf den Informationsgehalt großer Wert gelegt. Anhand der publizierten Angaben in den Geschäftsberichten sollen die Kapitalanleger Prognosen für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens gewinnen, um somit beurteilen zu können, ob deren Investitionen auch gewinnbringend sein werden. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass der Jahresabschluss die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Unternehmens möglichst realitätsnah darstellt, d.h. Einblicke in die tatsächliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gewährt werden (fair presentation).

In einschlägigen Literaturbeiträgen wird oft die Auffassung vertreten, dass die HGB-Rechnungslegung, aufgrund zahlreichen Bilanzierungswahlrechten aber auch dem Vorsichtsprinzip nicht geeignet sei, den Informationsbedürfnissen der Adressaten gerecht zu werden. Das Beachten der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, die sehr stark nach dem Gläubigerschutz orientiert sind, führt zu einem Bild, das nicht den tatsächlichen Verhältnissen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens entspricht.[21]Durch den primären Zweck des Abschlusses nach IAS, den Investoren Informationen über die tatsächliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln, wird oft die These vertreten, dass die Abschlüsse nach IAS einen höheren Informationsgrad bieten und geringere bilanzpolitische Gestaltungsmöglichkeiten beinhalten. Diese Thesen der besseren Informationsqualität und geringeren bilanzpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten sollen anhand der Bilanzierung immaterieller Anlagewerte in dieser Arbeit untersucht werden.

Um die Behandlung der immateriellen Anlagewerte nach IAS-Vorschriften beurteilen zu können, ist es unerlässlich, die allgemeinen Grundsätze dieser Vorschriften zu kennen, die im Kapitel 2.4. dargestellt und erläutert werden.

Die immateriellen Anlagewerte selbst, ihre Definition, Ansatz, Bewertung und Ausweis werden in dem Kapitel 3. behandelt.

Anschließend werden die in der Rechnungslegung immer wieder diskutierten Posten, die Forschungs- und Entwicklungskosten und der Geschäfts- oder Firmenwert, untersucht und deren Ansatz, Bewertung und Ausweis nach IAS dargestellt.

Begriffe wie immaterielle Anlagewerte, immaterielle Werte, immaterielle Vermögenswerte und immaterielle Vermögensgegenstände werden in dieser Arbeit synonym verwendet. Natürlich gibt es außer den immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens auch selbige des Umlaufvermögens, die aber im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt werden.

2. Grundlagen der Rechnungslegung

2.1. Bedeutung der Rechnungslegung nach IAS

Während das deutsche Rechnungslegungssystem durch den Gesetzgeber zwingend vorgeschrieben ist, erfolgt die Anwendung der IAS-Vorschriften dagegen auf freiwilliger Basis. Die IAS stellen kein nationales Recht dar. Vielmehr soll deren Verbreitung ein international einheitliches und vergleichbares Rechnungslegungssystem schaffen, das sich für nationale und internationale Rechnungslegungssysteme eignet.[22]Festgelegt werden die IAS vom International Accounting Standards Committee (IASC).[23]Das Ziel des IASC ist ein Normensystem zu schaffen, das weltweit von allen Börsenaufsichtsbehörden anerkannt wird.[24]Das IASC ist eine Vereinigung von Berufsorganisationen der Wirtschaftsprüfer und sonstiger Fachleute auf dem Gebiet des Rechnungswesens aus zahlreichen Staaten der Welt, die am 29. Juni 1973 auf privatrechtlicher Basis in London gegründet wurde. Aufgabe des IASC ist die Formulierung und weltweite Verbreitung der IAS.[25]Da das IASC eine private Organisation ist, besitzt es keine Möglichkeit die erstellten Standards national oder multinational zwingend vorzuschreiben. Allerdings sind die Mitgliedsorganisationen verpflichtet, auf den nationalen Gesetzgeber einzuwirken, dass bei der Anwendung der IAS die Rechnungslegungsvorschriften beachtet werden. Deutschland wird zum Beispiel durch das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) und die Wirtschaftsprüfungskammer vertreten.[26]

Wichtig zu erwähnen ist auch, dass die Konzernunternehmen in Europa spätestens ab dem Jahr 2005 die IAS-Vorschriften anwenden müssen.[27]

2.2. Aufbau des Regelungswerkes nach IAS

2.2.1. Konzeption der IAS-Rechnungslegung

Die IASC-Rechnungslegung besteht aus einem zweistufigen Regelungswerk. Sie basiert zum einen auf dem sogenannten IASC-Framework und zum anderen auf den einzelnen IASC-Standards (IAS).

Die grundlegende Konzeption im IAS-Normensystem bildet das Framework, auf dessen Inhalte im folgenden Kapitel näher eingegangen wird. Dieses lehnt sich eng an das Conceptional Framework des Financial Accounting Standards Board (FASB) der US-amerikanischen Rechnungslegung und dient vor allem als konzeptionelle Grundlage, auf dem die einzelnen IAS aufbauen.[28]Gemäß Framework hat der Jahresabschluss die Aufgabe entscheidungsrelevante Informationen an die Jahresabschlussadressaten zu vermitteln.[29]

Im Gegensatz zum Framework werden in den einzelnen Standards die Einzelfragen der Rechnungslegung geregelt. Die IAS folgen keiner einheitlichen Systematik. Entweder werden die einzelnen Bilanzposten oder Problembereiche abgedeckt oder die ganze Rechnungslegungsinstrumente oder die Sonderprobleme bestimmter Branchen.[30]

Angesichts der fehlenden Trennschärfe zwischen Framework und den einzelnen Standards stellt sich die Frage der Normenhierarchie. Hierzu wird gem. Framework Par. 2 festgelegt, dass das Framework kein Standard darstellt und demnach in seiner Bedeutung hinter die konkreten Vorschriften der IAS tritt.[31]

Als übergeordnete Vorschrift regelt IAS 1 die Offenlegung der Jahresabschlusspolitik. Hiermit ist gemeint, dass bei wesentlichen jahresabschlussbezogenen Entscheidungen über Ermessens- und Handlungsalternativen berichtet werden muss. IAS 1 erlaubt, dass die Auswahl und Anwendung rechnungspolitischer Maßnahmen unter Beachtung der Vorsicht, wirtschaftlicher Betrachtungsweise und der Wesentlichkeit erfolgt.[32]

2.2.2. Framework

Im Juli 1989 verabschiedete das IASC mit dem Titel „framework for the preparation and presentation of financial statements“ (kurz Framework) das Grundkonzept der IASC-Rechnungslegung.[33]Das Framework des IASC, welches sich in mehrere Teilabschnitte gliedert, ist wie bereits im Kapitel 2.2.1. erwähnt, als Rahmenkonzept bzw. als theoretischer Unterbau der IASC-Vorschriften zu betrachten. Es wird in der deutschen Übersetzung daher auch als „Rahmenkonzept für die Aufstellung und Darstellung von Abschlüssen“ bezeichnet.[34]

Im Framework werden das Ziel der Rechnungslegung, die Fragen der Bilanzierungsfähigkeit sowie der möglichen Bewertungsmaßstäbe behandelt.[35]Außerdem beinhaltet das Framework die Ausführungen zu allgemeinen Grundsätzen, die bei der Rechnungslegung zu beachten sind. Zunächst werden die grundlegenden Annahmen und die qualitativen Anforderungen an Jahresabschlüsse nach IAS dargestellt.[36]Im Framework werden darüber hinaus die Elemente definiert, die in die jeweiligen Jahresabschlussbestandteile eingehen. Zu den Elementen der Bilanz gehören die Vermögensgegenstände, die Schulden und das Eigenkapital.

Das Framework beinhaltet damit die konzeptionellen Grundlagen, die dem Board[37]des IASC bei der Bearbeitung bereits bestehender IAS, bei deren Entwicklung und bei der vorgesehenen weltweiten Harmonisierung von Rechnungslegungsnormen behilflich sein können.[38]Außerdem soll es dem Bilanzierenden, dem Wirtschaftsprüfer und dem Bilanzleser eine Hilfestellung bei der Arbeit mit den IAS ermöglichen.[39]Damit ist das Framework inhaltlich notwendig und erforderlich, um die Ausrichtung der IAS zu verstehen.[40]

2.2.3. Regelungsinhalt der einzelnen Standards

In den IAS werden die eigentlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften werden geregelt.[41]

Die Standards werden laufend überarbeitet, weshalb die Reihenfolge heute nicht mehr „der Chronologie ihres Erscheinens“[42]entspricht. Dieses erklärt, warum in den heutzutage gültigen Standards: IAS 3 „Konzernabschlüsse“, IAS 4 „Abschreibungen“, IAS 5 „Angabepflichten im Abschluss“, IAS 6 „Rechnungslegung bei Preisänderungen“, IAS 9 „Forschungs- und Entwicklungskosten“, IAS 13 „Darstellung der kurzfristigen Vermögenswerte und Schulden“ und IAS 25 „Bilanzierung von Finanzinvestitionen“ nicht mehr aufzufinden sind.[43]

Über eine lange Zeit hat IASB keine Vorschriften bezüglich der wichtigen immateriellen Anlagewerte wie z.B. Lizenzen oder Marken enthalten. Um diese Lücke zu schließen, wurde ein neuer Standard IAS 38 „immaterielle Vermögenswerte“ entworfen. Dieser beinhaltet neben den umfassenden Bestimmungen zu den bisher nicht geregelten immateriellen Anlagewerten zusätzlich die Bereiche Forschung und Entwicklung, die bis zu dem Entwurf des IAS 38 in dem IAS 9 geregelt waren.[44]

2.3. Zweck der Rechnungslegung

Als Zweck der internationalen Rechnungslegung gilt die decision usefulness, also die „Entscheidungsrelevanz der Informationsvermittlung“.[45]Die im Jahresabschluss publizierten Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sollen es einem weiten Kreis von Jahresabschlussadressaten ermöglichen, ökonomische Entscheidungen treffen zu können.[46]

Ein vollständiger Jahresabschluss nach IAS setzt sich aus der Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Kapitalflussrechnung, Anhang sowie weiteren Rechnungen (z. B. Segmentberichterstattung nach IAS 14) und zu erläuternden Angaben, zusammen. Dazu gehört auch die nach IAS 1 vorgeschriebene Aufstellung, die die Eigenkapitalveränderungen aufweist und erläutert.[47]

Rechnungslegungsadressaten sind gegenwärtige und zukünftige Investoren, Arbeitnehmer, Kreditgeber, Lieferanten, Kunden, der Staat (einschließlich Regierung, Gesetzgeber und Steuer- bzw. Statistikbehörden) und die Öffentlichkeit. Zu den weiteren Adressaten zählen Gewerkschafter, Finanzanalytiker und Ökonomen. Da die Rechnungslegung für die meisten Adressaten die wichtigste Informationsquelle darstellt, soll sichergestellt werden, dass den unterschiedlichen Informationsansprüchen grundsätzlich entsprochen wird. Angesicht des großen Kreises von Jahresabschlussadressaten ist es nicht möglich, sämtliche Interessen zu berücksichtigen. Es wird daher die Prämisse gesetzt, dass die Informationsbedürfnisse der Investoren gleichzeitig dem wesentlichen Teil des Bedarfs der anderen Adressaten abdeckt.[48]Damit ist die IAS-Rechnungslegung primär an den Bedürfnissen der Investoren ausgerichtet.

Die Kapitalsicherung durch Ausschüttungsbegrenzung finden nach IAS keine Berücksichtigung. Die IAS sind zudem völlig losgelöst und unabhängig von den nationalen steuerlichen Vorschriften.[49]

2.4. Rechnungslegungsgrundsätze nach IAS

2.4.1. Fair presentation

„Abschlüsse haben die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Mittelzu- und -abflüsse eines Unternehmens den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend darzustellen.“[50]Dieser Bilanzierungsgrundsatz der fair presentation bzw. dem true und fair view stellt gewissermaßen die Generalnorm dar, die IAS-Abschlüsse erfüllen sollen.[51]

Es handelt sich dabei aber nicht um ein sogenanntes „overriding principle“, weil nach IAS 1.10-18 das true and fair view Prinzip sich nur dann einhalten lässt, wenn alle Regelungen der IAS auf den Abschluss angewandt werden. Ein Abweichen von einzelnen IAS ist zulässig. Es soll aber nach Betonung des IASC die absolute Ausnahme sein, die entsprechend zu erläutern ist.[52]

Diese Regelung wurde im Jahr 1997 durch Überarbeitung von IAS 1 verabschiedet. Danach wurden einige wichtige, bis dahin nur im IASC-Framework aufzufindenden Grundsätze wie z. B Unternehmensfortführungsprinzip, Periodenabgrenzung, Stetigkeit, Wesentlichkeit, Vergleichbarkeit, Grundsatz der fair presentation etc., in den IAS 1 übernommen worden und haben damit wesentlich an Bedeutung gewonnen.[53]

Im Folgenden werden verschiedene relevante Grundsätze erläutert. Eine zusammenfassende Darstellung liefert die folgende Abbildung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Rechnungslegungsgrundsätze nach IASC

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wagenhofer (1999), S. 82,

übernommen und ergänzt.

2.4.2. Grundlegende Annahmen

Die im vorherigen Kapitel dieser Arbeit erwähnten Rechnungslegungsgrundsätze des IAS 1, Unternehmensfortführung, Periodenabgrenzung und Stetigkeit, stellen die Basis der IAS-Rechnungslegung dar.[54]Der Grundsatz der Periodenabgrenzung (F.22 und IAS 1.25) und der Grundsatz der Unternehmensfortführung (F.23 und IAS 1.23) sind sowohl in dem Framework als auch in dem IAS 1 geregelt.[55]

Das Unternehmensfortführungsprinzip bedeutet, dass bei der Aufstellung des Jahresabschlusses von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist, sofern dem nicht rechtliche oder tatsächliche Gründe entgegenstehen, wie z. B. Insolvenz.[56]

Nach dem Grundsatz der Periodenabgrenzung soll der Gewinn am Ende des Wirtschaftsjahres nach wirtschaftlichen Aspekten ermittelt werden, so dass er als Unterschiedsbetrag aus Erträgen und Aufwendungen resultiert. Die Zahlungsvorgänge spielen insoweit hierbei keine Rolle.[57]Hier stellt sich die Frage der Konkretisierung der wirtschaftlichen Erträge und Aufwendungen. Diese werden durch das Realisationsprinzip (realisation principle) und durch das matching principle (sachliche Abgrenzung) konkretisiert.

Das Realisationsprinzip bestimmt den Erfassungszeitraum von Einzahlungen als Ertrag und das matching principle den Erfassungszeitraum von Auszahlungen als Aufwand. Damit dürfen die Umsatzerlöse erst dann als erfolgswirksam betrachtet werden, wenn von der Unternehmerseite alle Leistungen erbracht wurden, die den Gegenleistungsanspruch begründen. Nach dem Prinzip der sachlichen Abgrenzung werden die Aufwendungen in direktem Zusammenhang mit den entsprechenden Ertragspositionen angesetzt.[58]

Außerdem setzt accrual basis voraus, dass die Grundsätze der Bilanzidentität und das Stichtagsprinzip beachtet werden. Nach dem Grundsatz der Bilanzidentität muss die Anfangsbilanz des Berichtsjahres mit der Schlussbilanz des Vorjahres übereinstimmen. Die Posten der Aktiva und Passiva sind dabei einzeln zu bewerten (Grundsatz der Einzelbewertung).[59]

Nach dem Stichtagsprinzip sollen nur die Geschäftsvorfälle in dem Jahresabschluss berücksichtigt werden, die bis zum Bilanzstichtag eingetreten sind.[60]Gemäß diesem Prinzip ist es erforderlich, dass ein Vermögenswert aufgrund der vergangenen Ereignisse in der Verfügungsmacht des Unternehmens steht.[61]

Zudem ist auch die Stetigkeit der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (consistency) zu beachten. Demnach sind die gleichen Postenbezeichnungen, Gliederungsschemata und Postenabgrenzung beizubehalten. Die einzelnen Bilanzposten sind der Menge und dem Wert nach, auf die gleiche Art und Weise zu ermitteln. Damit wird die Vergleichbarkeit einzelner Posten über mehrere Jahren möglich.[62]

Die beschriebenen Grundsätze sind bei der Erstellung eines Jahresabschlusses zu beachten. Wenn diese nicht erfüllt werden können, so hat das Unternehmen die Gründe offen zu legen.[63]

2.4.3. Qualitative Anforderungen an die Rechnungslegungs-

informationen

Die im vorherigen Kapitel beschriebenen IAS-Grundsätze haben eine größere Bedeutung als die im Framework definierten qualitativen Anforderungen an die Rechnungslegung.[64]Die „qualitative characteristics of financial statement“ werden in vier Kategorien unterteilt. Dazu gehören die Verständlichkeit, Relevanz, Zuverlässigkeit und die Vergleichbarkeit.

Nach dem Grundsatz der Verständlichkeit sind die Informationen so aufzubereiten, dass ein sachkundiger Abschlussleser für seine Anlagenentscheidungen diese sinnvoll nutzen kann.[65]

Der Grundsatz der Relevanz (relevance) bezieht sich auf den Informationsgehalt des Jahresabschlusses. Die Art der Informationen soll dazu beitragen, dass vergangene, gegenwärtige und zukünftige Ereignisse eingeschätzt werden können.[66]

Kritisch anzumerken ist, dass in Folge der vergangenheitsbezogenen Informationen der Jahresabschlüsse, die zukünftigen Ereignisse schwer einzuschätzen sind. Dass dieser Grundsatz dadurch nicht erfüllt werden kann, wird in den Abschnitten drei und fünf dieser Arbeit deutlich. Ferner muss die Wesentlichkeit (materiality) als weiteres Kriterium für die Entscheidungsrelevanz im grundsätzlichen Regelfall gegeben sein. Nach einschlägigen IAS ist eine Information wesentlich, wenn ökonomische Entscheidungen von Adressaten durch ihre Nichtoffenlegung oder Falschangaben beeinflusst werden können.[67]

Eine weitere qualitative Anforderung an den Jahresabschluss ist die Zuverlässigkeit. Die Investoren sollen sich auf die vermittelten Informationen des bilanzierenden Unternehmens verlassen und diesen vertrauen können. Die Zuverlässigkeit (reliability) wird durch folgende fünf Unterprinzipien gewährleistet: Vorsicht (prudence), wirtschaftliche Betrachtungsweise (substance over form), Willkürfreiheit (neutrality), Richtigkeit (faithful presentation) und Vollständigkeit (completences).[68]

Das Vorsichtsprinzip wird in der IAS-Rechnungslegung im Vergleich zum HGB nicht als ein überragendes Prinzip angewandt. „Sowohl im Interesse des Eigentümers als auch des Gläubigers sollte die Rechnungslegung „vorsichtig“ geführt werden, d.h., sie sollte keinen zu optimistischen Eindruck von der Lage des Unternehmens vermitteln“.[69]Diese Forderung stellt das Vorsichtsprinzip dar.

Dieser Grundsatz ist in der IAS-Rechnungslegung nur dann anzuwenden, wenn beim Ansatz und Bewertung aufgrund unsicherer Erwartungen Ermessensspielräume entstehen können.[70]Das Vorsichtsprinzip kommt bei der Anwendung des IAS 38 zum Ausdruck. Deshalb besteht beispielsweise bei der Abschreibung immaterieller Anlagewerte eine begrenzte Nutzungsdauer von 20 Jahren und für die Forschungskosten ein Ansatzverbot.[71]Dieses Prinzip führt in der deutschen Rechnungslegung zu einem niedrigeren Ausweis des Vermögens, denn je strenger das Vorsichtsprinzip angewendet wird, umso stärker weicht das tatsächliche Vermögen von dem bilanziellen ab. Damit das Vermögen richtig für die Adressaten dargestellt werden kann, wird diesem Prinzip in der IAS-Rechnungslegung keine besondere Bedeutung zugemessen.[72]Demzufolge kommt es in der IAS-Rechnungslegung zur Aktivierung von selbst erstellten immateriellen Anlagewerten, während nach deutschem Bilanzrecht gem. § 248 Abs. 2 HGB ein absolutes Aktivierungsverbot besteht.

„Der Grundsatz substance over form besagt, dass zur Abbildung eines Sachverhaltes nicht die rechtliche Gestaltung (form), sondern die wirtschaftliche Wirkung maßgeblich ist (economic substance overlegal form). Des Weiteren wirkt dieser Grundsatz auch auf die formale Ausgestaltung des Jahresabschlusses, da er besagt, dass nicht die Form der Darstellung, sondern die Information als solche entscheidend ist“.[73]

Der Grundsatz der neutrality soll gewährleisten, dass die Investoren keine manipulierten, sondern realistischen Informationen über das Unternehmen bekommen. Das bedeutet, „der Ansatz und die Bewertung des Vermögens müssen nach bestem Wissen und Gewissen des Bilanzierenden erfolgen“.[74]Dieses Prinzip soll eine bewusste Beeinflussung des Vermögens, z. B. bei der Wahl der voraussichtlichen Nutzungsdauer für einen Vermögenswert, verhindern. Nach IAS 38 wird eine maximale Nutzungsdauer von 20 Jahren für alle immateriellen Anlagewerte festgelegt. Für viele Werte erscheint eine Nutzungsdauer von 20 Jahren sehr lang. Somit ergeben sich in vielen Fällen Freiräume für den Bilanzierenden, weil eine eindeutige Festlegung dieses Zeitraums nicht möglich ist. Wie später die empirische Untersuchung zeigen wird, ist die Wahl der Nutzungsdauer für immaterielle Anlagewerte bei den einzelnen Unternehmen sehr unterschiedlich.[75]

Richtigkeit als ein weiteres Unterprinzip der Zuverlässigkeit fordert, dass die IAS-Vorschriften und insbesondere die festgelegten Ansatz- und Bewertungsvorschriften eingehalten werden und der Jahresabschluss glaubwürdig und richtig dargestellt wird.[76]

Vollständigkeit (completence) als letztes Prinzip des reliability Grundsatzes verlangt, dass sämtliche Posten, die die Ansatzkriterien eines assets[77]bzw. einer liability erfüllen, in der Bilanz und GuV aufgenommen werden.[78]

Die Vergleichbarkeit als eine weitere qualitative Anforderung an die Jahresabschlussinformationen verlangt zum einen den Vergleich der Abschlüsse eines Unternehmens über die Jahre und zum anderen den Vergleich mit den Jahresabschlüssen anderer Unternehmen.[79]

2.4.4. Einschränkende Merkmale

Die beschriebenen Grundsätze der Entscheidungsrelevanz und der Zuverlässigkeit werden durch einige Prinzipien eingeschränkt. Zu diesen Prinzipien gehören: Grundsatz der zeitgerechten Informationsvermittlung (timeliness), Wirtschaftlichkeit (balance between benefit and costs) und Ausgleich zwischen qualitativen Anforderungen (balance between qualitative characteristics).[80]

Zwischen der zeitgerechten Informationsübermittlung und der Zuverlässigkeit der Information besteht ein Zielkonflikt, so dass beide Ziele nicht gleichzeitig optimiert werden können. In diesem Fall soll der Bilanzierende die Entscheidung treffen, die den Anforderungen der Adressaten gerecht wird.[81]

Nach dem zweiten einschränkendem Merkmal der Wirtschaftlichkeit muss der Nutzen von Informationen erkennbar die Kosten der Beschaffung von Informationen überschreiten.[82]Hier besteht ein Zielkonflikt, der durch den Ausgleich zwischen Nutzen und Kosten der Informationen gelöst werden muss, damit ein optimaler Informationsgrad bereitgestellt wird.[83]

Zwischen den einzelnen qualitativen Anforderungen an den Jahresabschluss kann es auch zu einem Zielkonflikt kommen, wie z. B. zwischen dem Grundsatz der Vollständigkeit und dem der Relevanz. Dies führt dazu, dass einerseits der Ansatz aller Vermögenswerte gefordert wird und andererseits der Grundsatz der Relevanz lediglich die Berücksichtigung wesentlicher Posten verlangt. Außerdem kann ein Konflikt zwischen den Grundsätzen der neutrality und dem Vorsichtsprinzip entstehen. Geht beispielsweise das Unternehmen bei einem immateriellen Anlagewert von einer langen Nutzungsdauer aus, wird durch die niedrigeren Abschreibungen in den Folgejahren tendenziell ein höherer Vermögen ausgewiesen. Dieses könnte im Widerspruch mit dem Vorsichtsprinzip stehen, wenn der Posten zu hoch bewertet wird und außerplanmäßige Abschreibungen nicht vorgenommen werden. Bei diesen Zielkonflikten soll die balance between qualitative characteristics einen Ausgleich herbeiführen.[84]

2.5. Zusammenfassende Würdigung

Nach Auffassung des IASC sollen die Anwendung der grundlegenden qualitativen Anforderungen und der einschlägigen IAS im Regelfall zu einem Jahresabschluss führen, der die fair presentation gewährleistet. Das Ziel der IAS-Rechnungslegung ist den Jahresabschlussadressaten entscheidungsrelevante Informationen zu liefern. Gleichzeitig sollen sich die Investoren auf die bereitgestellten Informationen im Jahresabschluss auch verlassen können, damit sie über den Kauf bzw. Verkauf von Aktien richtig entscheiden können. Ob diesen Anforderungen der Jahresabschluss bei der Bilanzierung immaterieller Anlagewerte gem. IAS 38 gerecht werden kann, wird noch in folgenden Kapiteln dieser Arbeit untersucht.

[...]


[1]Vgl. Achleitner/Behr (2000), S. 123.

[2]Vgl. Hornung (2002), S. 14.

[3]Vgl. Achleitner/Behr (2003), S. 125 f.

[4]Vgl. Keitz (1997), S. 2.

[5]Vgl. Bruns/Thuy/Zeimes (2003), S. 138.

[6]Vgl. Arbeitskreis "Immaterielle Werte im Rechnungswesen" der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V. (2001), S. 989.

[7]Engel-Ciric (2002), S. 18.

[8]Vgl. IASC, IAS 38 (2002), Par. 45 (b).

[9]Vgl. ebenda., Par. 20.

[10]Vgl. ebenda, Par. 45 (d).

[11]Vgl. ebenda, Par. 20.

[12]Vgl. Grottel (2002), S. 3.

[13]Vgl. Küting/Zwirner (2001), S. 175 f.

[14]Vgl. Keitz (1997), S. 6 ff.

[15]Schmidt (2002), S. 14.

[16]Vgl. ebenda, S. 14 f.

[17]Ebenda, S. 16.

[18]Ebenda, S. 12.

[19]Vgl. ebd.

[20]Vgl. Pellens/Füllbier (2000 a), S. 123.

[21]Vgl. Baetge/Roß (2000), S. 35.

[22]Vgl. Selchert (1999), S. 13.

[23]Vgl. Schreiber/Kahle (2002), S. 1643.

[24]Vgl. Becker (2000), S. 322.

[25]Vgl. Pellens (2001), S. 415 f.

[26]Vgl. Selchert (1999), S. 20.

[27]Vgl. Kümpel (2002), S. 983.

[28]Vgl. Selchert (1999), S. 35.

[29]Vgl. Baetge/Matena (2002), S. 79.

[30]Vgl. Achleitner/Behr (1998), S. 77.

[31]Vgl. Achleitner/Behr (2003), S. 87.

[32]Vgl. Selchert (1999), S. 38 f.

[33]Vgl. Wagenhofer (1999), S. 78.

[34]Vgl. Achleitner/Behr (2003), S. 87.

[35]Vgl. Pellens (2001), S. 437.

[36]Vgl. Coenenberg (2000), S. 73, 77.

[37]Board ist das zentrale geschäftsführende Organ vom IASC und auch die letzte

Entscheidungsinstanz bei der Verabschiedung neuer IAS.

[38]Vgl. Pellens (2001), S. 435.

[39]Vgl. Coenenberg (2000), S. 73.

[40]Vgl. Achleitner/Behr (2003), S. 87.

[41]Vgl. Coenenberg (2000), S. 73, 77.

[42]Achleitner/Behr (2003), S. 88.

[43]Vgl. ebd.

[44]Vgl. ebenda, S. 126.

[45]Selchert (1999), S. 31.

[46]Vgl. Wagenhofer (1999), S. 80.

[47]Vgl. Pellens (2001), S. 437 f.

[48]Vgl. KPMG (1996), S. 25.

[49]Vgl. Tschesche (2000), S. 45.

[50]IASC, IAS 1 (2002), Par. 10.

[51]Vgl. Dangel/Hofstetter/Otto (2001), S. 20.

[52]Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2002), S. 77.

[53]Vgl. Förschle/Holland/Kroner (2001), S. 110.

[54]Vgl. Selchert (1999), S. 38 f.

[55]Vgl. Achleitner/Behr (1998), S. 86.

[56]Vgl. Wagenhofer (1999), S. 81.

[57]Vgl. Achleitner/Behr (2003), S. 98.

[58]Vgl. Schreiber/Kahle (2002), S. 1643 f.

[59]Vgl. Buchholz (2002), S. 40 f.

[60]Vgl. Keitz (1997), S. 183.

[61]Vgl. Kapitel 3.1.1.

[62]Vgl. Buchholz (2002), S. 52.

[63]Vgl. KPMG (1996), S. 27.

[64]Vgl. Buchholz (2002), S. 36.

[65]Vgl. ebenda, S. 42.

[66]Vgl. Hayn/Waldersee (2002), S.43.

[67]Vgl. Wagenhofer (1999), S. 82.

[68]Vgl. ebenda, S. 83 f.

[69]Coenenberg (2000), S. 67.

[70]Vgl. Achleitner/Behr (1998), S. 89.

[71]Vgl. Wagenhofer (1999), S. 84, sowie Kapitel 3.1.3.2. und 3.2.3.1.

[72]Buchholz (2002), S. 51.

[73]Peemöller/Finsterer/Neubert (2000), S. 25.

[74]Buchholz (2002), S. 46.

[75]Vgl. Kapitel 5.

[76]Vgl. Buchholz (2002), S. 46.

[77]Der im Rahmen dieser Arbeit verwendete Begriff des „Vermögenswertes” entspricht dem

englischen Begriff des „Assets“, wie er in den IAS (F.49a) und US-GAAP (CON 6.25)

definiert ist. In der deutschen Rechnungslegung wird der Begriff „Vermögensgegen-

stand“ verwendet.

[78]Vgl. Wagenhofer (1999), S. 84.

[79]Vgl. ebenda, S. 85.

[80]Vgl. Buchholz (2002), S. 54.

[81]Vgl. KPMG (1996), S. 29.

[82]Vgl. Fischer (2001), S. 45.

[83]Vgl. KPMG (1996), S. 29.

[84]Vgl. Buchholz (2002), S. 56 f.

Ende der Leseprobe aus 117 Seiten

Details

Titel
Bilanzierung immaterieller Anlagewerte nach IAS 38
Hochschule
Fachhochschule für Wirtschaft Berlin
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
117
Katalognummer
V20066
ISBN (eBook)
9783638240598
Dateigröße
1034 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bilanzierung, Anlagewerte
Arbeit zitieren
Emina Briga (Autor:in), 2003, Bilanzierung immaterieller Anlagewerte nach IAS 38, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20066

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