Zur Schwanksammlung 'Nachtbüchlein' von Valentin Schumann


Seminararbeit, 2003

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung
1.1.Definition der Gattung Schwank
1.2.Biographie des Autors

2.Werk
2.1.Ausgaben
2.2.Quellen
2.3.Formeller Aufbau

3.Formelle Merkmale
3.1.Sprache/Stilistische Mittel
3.2.Erzählverhalten

4.Schwankcharakter
4.1.Unterteilung der Schwänke in Klassen
4.2.Genrebilder/Motive/Schalktreibende
4.3.Wirkung bei der Rezeption/Bezug zum Titel

5.Handlungstypus eines Schwankes

6.Vergleich ’Nachtbüchlein’ vs. ’Schimpf und Ernst’

7.Wirkung
7.1.Literarischer Wert

8.Soziologische Aspekte in den Schwänken
8.1.Kritik an der gesellschaftlichen Ordnung

9.Literaturverzeichnis

1.Einleitung

1.1.Grundsätzliches zur Gattung Schwank

Vorab ist festzustellen, dass aufgrund der Nähe zu anderen epischen Kleinformen, wie z.B. Anekdote, Märchen, Märe, Witz u.a. es schwierig ist, eine sich davon abgrenzende, gültige Definition zu entwickeln.

Das Wort 'Schwank' kommt ursprünglich aus dem Mittelhochdeutschen (swanc: leicht zu schwingen) bedeutet Schwung, Hieb, Streich, und daher: die Erzählung eines Streichs.

Der Schwank ist eine kurze, meist realistische Erzählung in Versen oder Prosa mit einer Pointe, die einen lustigen Einfall oder eine komische Begebenheit wiedergibt.

In vielen Fällen ist der Schwank auch mit derben und bisweilen obszönen Elementen bestückt. Die Intention dieser Erzählungen ist in erster Linie zu unterhalten, man kann in einigen Schwanktypen aber auch lehrhafte Tendenzen feststellen (diskursive Passagen).

Schwänke gehören zu den lebendigsten Literaturerzeugnissen des 16 Jahrhunderts.

Als Volksdichtung ist der Schwank uralt, wurde aber erst im Spät-MA literarisch fixiert.

Berühmte große Schwanksammlungen entstanden im 16 Jh., wie z.B. J. Pauli: ’Schimpf und Ernst’ (1522) oder J. Wickram: ’Das Rollwagenbüchlein’ (1555).

1.2.Biographie des Autors

Alle biographischen Angaben über den Autors, sind nur aus eingestreuten Randbemerkungen und aus dem Text des ’Nachtbüchleins’ selber gewonnen worden.

Valentin Schumann wurde ca. um 1520 geboren und starb nach 1559. Er war Sohn des

gleichnamigen Leipziger Buchdruckers und Verlegers.

1533 erfolgte die Einschreibung an einer Universität (Septem Artes Liberales), die er kurze Zeit später aber wieder verließ. Nach dem Tod seines Vaters 1542 führte V. Schumann das Geschäft weiter und bezeichnete sich schon zu diesem Zeitpunkt als Schriftgießer.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass er das Handwerk aus finanziellen Nöten der Familie heraus ergriffen hat.

V. Schumann war Protestant und gehörte dem Lutherischen Glauben an.

In den Jahren von 1542/43 nahm Schumann als Landsknecht am Krieg unter Kurfürst Joachim II in Ungarn gegen die Türken teil. Im Anschluss daran folgten Wanderjahre als Schriftgießer in verschiedenen Städten von Thüringen, Bayern, Franken, Schwaben und der Schweiz.

Ab 1550 lebte er mit seiner Frau und seinen Kindern in Nürnberg und arbeitete dort für mehrere Buchdrucker, u.a. auch für Gabriel Heyn. Um 1558 geriet er in Schuldennot und flüchtete alleine nach Augsburg, um sich so der drückenden Last zu entziehen.

Dort begann er 1558/59 um des Gelderwerbs willen mit der Bearbeitung von verschiedenen Schwänken und Novellen und schließlicher Zusammenfügung unter dem Namen ’Nachtbüchlein’(Erster und Zweiter Teil).

Valentin Schumanns Leben nach Vollendung der beiden Teile ist uns nicht bekannt; der von ihm angekündigte 3. Teil erschien nicht.[1]

2.Werk

Der genaue Titel des Werks lautet:

„Nachtbüchlein der Erste Theyl. Darinnen vil seltzamer, kurtzweyliger Hystorien vnd Geschicht, von mancherley sachen, schimpf vn schertz, glück auch vnglück, zu Nacht nach dem Essen, oder auff Weg vnd Strassen, zu lesen, auch zu recitieren, begriffen...“[2] Schumann widmete den ersten Teil dem Buchhändler, für den er auch arbeitete, Gabriel Heyn.[3]

2.1.Ausgaben

Es gibt 4 Ausgaben des Werkes A-D, sowie 2 Sonderabdrucke des ritterlichen Liebesromans Nr.22. Der wahrscheinlich älteste Druck A ist 1558/59 in Augsburg entstanden. Man kann diese Vermutung allerdings nur durch das Verhältnis zu anderen Ausgaben begründen, da auf keinem Druck Jahr oder Ort vermerkt wurde.

An der Entstehung des Buches sieht man deutlich, dass Schumann dem Setzer jeweils nur einige Bögen im voraus war.[4]

Der Holzschnitt der Ausgabe A zeigt 4 tafelnde Männer im Freien und nimmt so Bezug zur Überschrift.

In den 4 Ecken wird jeweils eine Hystorie der Schwanksammlung (Nr.1., 7., 10. ,19.) dargestellt. Die anderen Ausgaben B-D zeigen Titelbilder, die u.a. auch beim ’Wegkürtzer’ von M. Montanus verwendet worden sind.

2.2.Quellen

Die Aufmachung der Schwanksammlung kann schon gewissermaßen als populär bezeichnet werden. Schumann verfasste Paratexte, in denen er sich zum Inhalt der Schwänke, aber auch zu Rezipienten und Rezeptionssituationen äußerte.

Er teilt uns seine literarischen Vorbilder und somit zugleich seine Bezugsquellen mit und bittet uns als Leser um Verzeihung, da es keine große Leistung sei, Geschichten aus anderen Büchern zu übernehmen. Man soll ihm diese Art der Literaturproduktion nicht übel vorwerfen, sondern er möchte die Leser mit seinem Werk beglücken. [5]

„Dargegen so hoff ich auch, es werden ir vil sein, die meine historien werden annehmen und darauß etwas guts lernen und böses als wucher...“[6]

Er verteidigt mit diesem Eingeständnis die eigene Sammlung und versucht, möglicher Kritik zuvorzukommen.

Hier einige seiner Quellen, die größtenteils aus der in damaligen adligen und bürgerlichen Kreisen verbreiteten Unterhaltungsliteratur stammen:

1. Antike Autoren: ’Plutarch’ (H. Boner 1534), ’Ovid’ (Wickram 1545).
2. Mittelalter: ‘Decamerone’ (Boccaccio).
3. Schwanksammlungen: ’Schimpf und Ernst’ (1522 J. Pauli) und der umgearbeitete ‚’Schertz mit der Wahrheyt’ (1550), M. Lindners ‚Rastbüchlein’ (1558), M. Montanus ’Wegkürtzer’(1557).[7]

Er schöpft allerdings auch aus Quellen, die er im Vorwort nicht explizit genannt hat.

Weiterhin benennt Schumann eine Vielzahl von recht unbekannten Abschriften und fliegenden Blättersammlungen und Schriften der Nürnberger Meistersinger.

2.3.Formeller Aufbau:

Der erste Teil des ‚Nachtbüchleins’ besteht aus der Vorrede des Autors und den sich anschließenden 22 Schwänken.

Diese sind nicht einheitlich benannt. Eine Vielzahl von ihnen wird mit einem Titel, der den Inhalt kurz darlegt, bezeichnet, z.B. Nr. 3. „Von einem bawren, wessen weyb mit einem pfaffen bulet unnd zuletst sie weder teütsch noch welsch kundt.“[8]

Die restlichen beinhalten in den Überschriften Bezeichnungen wie: hystoria, hystorie, geschicht, hystorie und geschicht.

Die Länge der Schwänke liegt ca. zwischen 60 und 240 Zeilen (ohne die ritterlichen Liebesromane).

3.Formelle Merkmale

3.1.Sprache/Stilistische Mittel

Die Schwänke sind in Frühneuhochdeutsch (1350-1650) geschrieben worden, wobei an vielen Stellen die noch nicht eingeführte Vereinheitlichung sichtbar wird.

z.B.: „Leyptzig“ vs. „Leipzig“, „theil“ vs. „theyl“, „auß der massen schön“ vs. „außdermassen schön“.[9]

Der Autor verwendet in fast jedem Schwank gezielte Orts-, Regions-, oder Flussbezeichnungen, wie z.B. „Ein Baur saß nit weit von Volkach im Franckenlandt,...“[10]

Diese Angaben, die der damalige Leser durchaus kannte, verfolgten eine realistische Beglaubigungsstrategie dadurch, dass sie durch die allgemeine Bekanntheit den Anschein eines historischen Berichts unterstrichen.

Dem Rezipienten wird eine pseudoreale Verbindung, der manchmal recht utopischen Schwänke, zu einen namhaften Ort präsentiert. Das erzeugt einen Bezug zum Geschehen innerhalb des Schwanks und ist gerade deshalb so interessant, weil es sich ständig an der „Grenze der Glaubwürdigkeit“ bewegt.

In den von Schumann in der Zeit seiner Wanderjahre selbst mündlich erfahrenen Schwänken waren sehr wahrscheinlich die geographischen Termini schon Bestandteile der Geschichten und sind somit wahrscheinlich nicht erst nachträglich hinzugefügt worden.

3.2.Erzählverhalten

Das ’Nachtbüchlein’ ist größtenteils im Erzählverhalten des auktorialen Erzählers geschrieben; d.h., die Erzählergestalt steht außerhalb der in den Schwänken dargebotenen Ereignisse. Der Leser bemerkt selber, dass es der auktoriale Erzähler ist, der durch die Handlung führt. Formell werden die Kommentare oder Moralausführungen, in denen sich der Erzähler direkt an den Rezipienten wendet, durch einen Tempuswechsel von der Vergangenheit zum Präsens angezeigt. Größtenteils erfolgt dies meist nach Lösung des dargestellten Konflikts im Schwank. Es gibt allerdings auch Historien, in denen wird der Leser sofort am Anfang explizit angesprochen.[11]

[...]


[1]Vgl.: Bolte, Johannes (Hrsg.): Valentin Schumann, Nachtbüchlein, 1559, Hildesheim, New York, Georg Olm Verlag, 1976, Schumanns Leben S.XI-XVI.

[2] Bolte, Johannes, S.1.

[3] Vgl.: Bolte, Johannes, Vorrede, S.3 Zeile 2,8.

[4] Vgl.: Bolte, Johannes, Einleitung S.X.

[5] Vgl.: Bolte, Johannes, Vorrede S.8-9.

[6] Bolte, Johannes, Vorrede S.9 Zeile 2-3.

[7] Vgl.: Bolte, Johannes, Vorrede S.8.

[8] Bolte, Johannes, S.14 Zeile 5-7.

[9] Bolte, Johannes, S.28 Zeile 31, S.12 Zeile 19.

[10] Bolte, Johannes, S.55 Zeile1-2.

[11] Vgl.: Dieter, Gutzen; Norbert, Oellers; Jürgen H. Petersen: Einführung in die neuere

deutsche Literaturwissenschaft, ein Arbeitsbuch, Berlin, Erich Schmidt, 1989.

(6. neugefasste Auflage)S. 21-27.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Zur Schwanksammlung 'Nachtbüchlein' von Valentin Schumann
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal  (Fachbereich Germanistik)
Veranstaltung
Proseminar: Textsorte 'Schwank' - Über Eulenspiegel und seine literarischen Verwandten in Mittelalter und Neuzeit
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
17
Katalognummer
V18914
ISBN (eBook)
9783638231626
ISBN (Buch)
9783640330171
Dateigröße
440 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schwanksammlung, Nachtbüchlein, Valentin, Schumann, Proseminar, Textsorte, Schwank, Eulenspiegel, Verwandten, Mittelalter, Neuzeit
Arbeit zitieren
Melanie Ellrott (Autor:in), 2003, Zur Schwanksammlung 'Nachtbüchlein' von Valentin Schumann, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18914

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