Eine Rezension zu ‚Der Begriff des Politischen’ von Carl Schmitt


Rezension / Literaturbericht, 2005

13 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Leben und Werk

2. Der Begriff des Politischen
2.1 Intention und Entstehung
2.2 Argumentation und Struktur
2.2.1 Begriffsklärung: Das ‚Politische’
2.2.2 Begriffsklärung: Kampf, Krieg und Neutralität
2.2.3 Kraft und Dynamik des Politischen

3. Kritik am pluralistischen Staatsverständnis

4. Kritik am Völkerbund

5. Das Menschenbild bei Carl Schmitt

6. Kritik am Liberalismus

Zusammenfassung

Literatur

Einleitung

Die Publikation „Der Begriff des Politischen“ von Carl Schmitt ist noch heute Teil einer äußerst kontrovers geführten Diskussion im Kreise von Politik- und Rechtswissenschaftlern. Um die Arbeit sowohl in ihrem gesellschaftlichen als auch zeitgenössischem politischen Umfeld analysieren zu können, ist es unabdingbar, die Fixpunkte des Lebens des Verfassers unter Einbeziehung seiner weiteren Publikationen darzustellen. Nur so lassen sich sowohl der weitere Kontext seiner staatsrechtlichen Vorstellungen und seine eigene Verwendung der Begriffe „Politik“, „Staat“ oder „Demokratie“ erläutern. So soll im ersten Teil dieser Rezension das Leben und Werk Carl Schmitts in einem möglichst kurzen und ‚destillierten’ Abriss dargestellt werden. Im Hauptteil, der eigentlichen Rezension des Textes, werden dann die einzelnen Termini und ihr ideeller Kontext analysiert.

1. Leben und Werk

Carl Schmitt wurde am 11. Juli 1888 als Sohn einer katholisch-kleinbürgerlichen Familie im Sauerland geboren. Nach seinem Studium von 1907 bis 1910 promovierte er bei Fritz von Calker mit der Arbeit „Über Schuld und Schuldarten“ und wurde für Staats- und Verwaltungsrecht, Völkerrecht und Staatstheorie habilitiert. Kontakte Schmitts zum Bonner Jungkatholizismus führten zu Beginn der 20er Jahre zu den Schriften „Politische Theologie“ und „Römischer Katholizismus und politische Form“. 1923 erschien seine erste politische Schrift „Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus“ und 1928 sein wichtigstes wissenschaftliches Werk, die „Verfassungslehre“. In „Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus“ führte Schmitt aus, dass mit der Diktatur die Herrschaft der Diskussion und somit des Parlaments an ihr Ende gelangt sei und die „diktatorische Wende der Demokratie“, die er als Wende der „Redensart“ bezeichnete, vollbracht sei. Als Prinzip des Parlaments bezeichnete er den Meinungskampf mittels Argument und öffentlicher Diskussion, nicht die Verhandlung und nicht der Kompromiss. Das Prinzip der Demokratie hingegen sei das allgemeine Stimmrecht, das soll es willensbildend wirken, Homogenität, Ausschluss des Heterogenen, Einstimmigkeit und Zustimmigkeit im Stimmvolk voraussetze.[1] Richtungsweisend ist im Zusammenhang mit der Homogenität auch das Zitat: „Die politische Kraft einer Demokratie zeigt sich darin, dass sie das Fremde und Ungleiche, das Homogenität Bedrohende zu beseitigen oder fernzuhalten weiß“.[2] Im gleichen Jahr wechselte er, trotz eines Rückschritts hinsichtlich seiner wissenschaftlichen Karriere, von Bonn an die Handelshochschule nach Berlin, da er dort Kontakte knüpfen konnte, die bis in die Regierungskreise hinein reichten. In der „Verfassungslehre“ entwickelte er gegen die herrschenden Ansichten die Theorie vom „unantastbaren Wesenskern der Verfassung“. Als Hochschullehrer war Schmitt äußerst umstritten, da er die Ansicht vertrat, die Weimarer Verfassung schwäche den Staat durch einen „neutralisierenden“ Liberalismus und sei dadurch nicht fähig, die Probleme der entstehenden Massendemokratie zu lösen. Seiner Meinung nach war die parlamentarische Demokratie eine „veraltete bürgerliche Regierungsmethode“. Während seiner Zeit in Berlin entstanden die Publikationen „Der Begriff des Politischen“ (1928), „Der Hüter der Verfassung“ (1931) und „Legalität und Legitimität“ (1932). Ab 1930 plädierte Schmitt für eine Präsidialdiktatur und gewann Kontakt zu Mittelsmännern des späteren Reichskanzlers Kurt von Schleicher. Trotz seiner Kritik am Pluralismus und an der parlamentarischen Demokratie stand er zunächst den Umsturzversuchen sowohl links- als auch rechtsextremer Gruppierungen ablehnend gegenüber und unterstützte vielmehr Schleichers Politik, die versuchte eine Herrschaft des Nationalsozialismus zu verhindern. Nach dem Ermächtigungsgesetz von 1933 zog Schmitt nach Köln, wo er in kürzester Zeit in die Rolle eines Staatsrechtlers im Sinnen des neuen Regimes hineinwuchs. In der Folgezeit hatte Schmitt entscheidenden Einfluss bei der Formulierung des Statthaltergesetzes und wurde sogar zum preußischen Staatsrat ernannt. Schmitt wurde zudem Herausgeber der „Deutschen Juristenzeitung“ (DJZ), Mitglied der Akademie für Deutsches Recht, Leiter der Gruppe der Universitätslehrer im NS-Juristenbund und Fachgruppenleiter im NS-Rechtswahrerbund. In seiner Schrift „Staat, Bewegung, Volk: Die Dreigliederung der politischen Einheit“ (Hamburg, 1934) bezeichnete er „die deutsche Revolution“ als legal und als „formal korrekt in Übereinstimmung mit der früheren Verfassung. Er betonte zudem, die Revolution entstamme der „Disziplin und deutschem Ordnungssinn“ und der Zentralbegriff des nationalsozialistischen Staatsrechts sei das „Führertum“, wofür die „unerlässliche Vorraussetzung […] die rassische Gleichheit von Führer und Gefolge“ sei.[3] Mit seiner Reaktion auf die politischen Morde des NS-Regimes im Zuge der Röhm Affäre leistete Schmitt eine Umkehr vom Staatsrechtler hin zu einem legitimierenden Funktionär der NSDAP. Er betonte der Führer „schütze das Recht vor dem schlimmsten Missbrauch“, wenn er „im Augenblick der Gefahr Kraft seines Führertums als oberster Gerichtsherr unmittelbar Recht“ schaffe, da der Führer immer auch Richter sei, denn aus dem Führertum fließe das Richtertum.[4] In der Schrift „Über die drei Arten des rechtswissenschaftlichen Denkens“ aus dem Jahre 1934 bezog sich Schmitt unter anderem auf „den jüdischen Charakter des normativistischen Legalismus (Gesetzespositivismus): „Es gibt Völker, die ohne Boden, ohne Staat, ohne Kirche, nur im ‚Gesetz’ existieren; ihnen erscheint das normativistische Denken als das allein vernünftige Rechtsdenken und jede andere Denkart unbegreiflich, mystisch, phantastisch oder lächerlich.“[5] Das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ vom 15.09.1935, welches Beziehungen zwischen Juden und Ariern unter Strafe stellte, bezeichnete er als „ein neues weltanschauliches Prinzip in der Gesetzgebung“ in dem „eine von dem Gedanken der Rasse getragene Gesetzgebung auf die Gesetze anderer Länder [stoße], die ebenso grundsätzlich rassische Unterscheidungen nicht kennen oder sogar ablehnen“.[6] Die Legitimation der nationalsozialistischen Judenpolitik durch Schmitt ging im Oktober 1936 noch einen Schritt weiter. Unter seiner Leitung fand eine juristische Tagung mit dem Titel „Das Judentum in der Rechtswissenschaft“ statt, in der er sich zum Antisemitismus bekannte und forderte, jüdische Autoren in der juristischen Literatur nicht länger zu zitieren bzw. sie als Juden zu kennzeichnen. Im Jahre 1939 entwickelte Schmitt den Begriff der „völkerrechtlichen Großraumordnung“, den er als deutsche Monroedoktrin verstand und durch den er die Expansionspolitik Hitlers zu legitimieren versuchte. Nach dem Ende des Krieges zog sich Schmitt wieder nach Plettenberg zurück, genoss jedoch keine Rehabilitierung, da er sich nie von seinem Wirken im 3. Reich distanziert hatte.

2. Der Begriff des Politischen

2.1 Intention und Entstehung

Schmitts Publikation ‚Der Begriff des Politischen’ ist zu seinem berühmtesten Werk geworden, welches die wissenschaftliche Polarisierung sowohl um die Person Schmitts als auch um seine Lehre erst begründet hat. Im Vorwort seiner Publikation ‚Carl Schmitt, Leo Strauss und „Der Begriff des Politischen“ – Zu einem Dialog unter Abwesenden“ beschreibt Heinrich Meier diesen Umstand wie folgt:

„Die schmale Abhandlung hat den Namen ihres Verfassers nicht nur aufs Engste mit der „Unterscheidung von Freund und Feind“ verknüpft, wie keine andere Schrift Schmitts hat sie diese Unterscheidung selbst herausgefordert. Sie hat Feindschaft gesät, und sie hat Feindschaft geerntet.“[7]

[...]


[1] Schmitt, Carl: „Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus“ (1926), 8. Aufl., Berlin 1996

[2] Schmitt, Carl: „Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus“ (1926), 8. Aufl., Berlin 1996, S. 14

[3] Schmitt, Carl: „Staat, Bewegung, Volk: Die Dreigliederung der politischen Einheit“ (1933), S. 42

[4] Carl Schmitt: „Der Führer schützt das Recht“, DJZ, 1.08.1934, Heft 15, 39. Jahrgang, Spalten 945 - 950

[5] Carl Schmitt, „Über die drei Arten des rechtswissenschaftlichen Denkens“, Hamburg, 1934, S. 9f

[6] Carl Schmitt in: Zeitschrift der Akademie für deutsches Recht, Bd. 3, 1936, S. 205

[7] Meier, Heinrich: „Carl Schmitt, Leo Strauss und „Der Begriff des Politischen“ – Zu einem Dialog unter Abwesenden“, Verlag J. B. Metzler, Stuttgart, 1998, S. 11

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Eine Rezension zu ‚Der Begriff des Politischen’ von Carl Schmitt
Autor
Jahr
2005
Seiten
13
Katalognummer
V205445
ISBN (eBook)
9783656369806
ISBN (Buch)
9783656370260
Dateigröße
460 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schmitt, Carl, Begriff des Politischen, Politik, Staat, Verfassung, Staatsrecht, Verwaltungsrecht, Politische Theologie, Nationalsozialismus, Demnokratiekritik, Demokratie, Führer, Hitler, Verfasungslehre, Deutsches Reich, Deutschland, Hüter der Verfassung, Juristenbund, NS, Deutsche Juristenzeitung, Hobbes, Kampf, Volk, Diktatur
Arbeit zitieren
MA Guido Maiwald (Autor:in), 2005, Eine Rezension zu ‚Der Begriff des Politischen’ von Carl Schmitt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/205445

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