Venture Capital und Private Equity - Eine Chance für Privatinvestoren?

Unter besonderer Berücksichtigung des österreichischen Marktes


Masterarbeit, 2012

90 Seiten, Note: 12 von 13


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1.EINLEITUNG
1.1.PROBLEMSTELLUNG
1.1.1.Aus Sicht der Wirtschaft
1.1.2.Aus Sicht der Kapitalbeschaffung
1.1.3.Zusammenfassung

2.GRUNDLAGEN ZU VENTURE CAPITAL UND PRIVATE EQUITY
1.2.ZIELVORGABE
2.1.DEFINITORISCHE ABGRENZUNG
2.1.1.Definition und Charakteristika von Venture Capital
2.1.2.Definition und Charakteristika von Private Equity
2.1.3.Definition für diese Arbeit
2.2.GENERELLE VORAUSSETZUNGEN FÜR BETEILIGUNGSKAPITAL
2.3.UNTERNEHMENSENTWICKLUNGSMODELL UND PHASEN
2.3.1.Die Wachstumsphasen – Early Stages und Expansion
2.3.2.Die Buy-Out Phasen – Kontrollwechsel und Public to Private
2.4.DIE WICHTIGSTEN PLAYER IM MARKT
2.4.1.VC-Gesellschaften und Folgefinanzierungsrunden

3.PROZESS EINER BETEILIGUNGSFINANZIERUNG
3.1.FUNDRAISING/KAPITALBESCHAFFUNG
3.1.1.Motive der Investoren
3.2.AUSWAHL DER BETEILIGUNGSUNTERNEHMEN
3.2.1.Bewerbung und Vorauswahl
3.2.2.Due-Diligence bzw. Hauptprüfung
3.2.3.Beteiligungsverhandlung und Vertrag
3.3.MONITORING UND RISIKOMANAGEMENT
3.3.1.Beratung des PU i.w.S. oder Hands-Off
3.3.2.Beratung des PU i.e.S. oder Hands-On
3.4.EXIT
3.4.1.Rückkauf oder Buy Back
3.4.2.Trade Sale
3.4.3.Secondary Purchase
3.4.4.IPO oder Going Public
3.4.5.Liquidation oder Write Off
3.5.ZUSAMMENFASSUNG
3.5.1.Qualitative Faktoren
3.5.2.Quantitative Faktoren

4.HISTORIE, MARKT UND AKTUELLE ENTWICKLUNGEN
4.1.HISTORIE VON PRIVATEM BETEILIGUNGSKAPITAL
4.2.ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN IN EUROPA
4.3.ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN IN ÖSTERREICH
4.4.ENTWICKLUNGEN IM BEREICH BUY-OUT

5.VC- UND PE- (PUBLIKUMS)FONDS
5.1.KONZEPTION UND AUFBAU VON BETEILIGUNGSKAPITALFONDS
5.1.1.„Evergreen-“ und „Closed-end-Fonds“
5.1.2.Grundmodell eines Beteiligungskapitalfonds
5.1.3.Direkt investierende Fonds oder Direktfonds
5.1.4.Indirekt investierende Fonds oder Dachfonds
5.2.RECHTLICHE STRUKTUREN UND GESTALTUNG
5.2.1.GmbH & Co KG als Gesellschaftsform
5.2.2.GmbH oder AG als Gesellschaftsform
5.3.GEBÜHREN UND KOSTEN
5.3.1.Einmalige Kosten
5.3.2.Laufende Kosten
5.3.3.Durchschnittliche Gesamtkostenquote
5.3.4.Erfolgsabhängige Gebühren - Gewinnbeteiligung
5.4.FRAGEN VOR DER INVESTITION
5.5.AKTUELL ZEICHENBARE FONDS FÜR PRIVATINVESTOREN IN AUT

6.RENDITE VON VC UND PE
6.1.METHODEN ZUR RENDITEMESSUNG
6.1.1.Internal Rate of Return-IRR und Überschuss-IRR
6.1.2.Multiples
6.1.3.Public Market Equivalent-PME
6.2.STUDIENERGEBNISSE
6.2.1.International und USA
6.2.2.Europa
6.3.AKTUELLE ZAHLEN FÜR EUROPA
6.4.ERFOLGSBEISPIELE FÜR ÖST. PRIVATINVESTOREN
6.4.1.Fallbeispiel etkon AG
6.4.2.Fallbeispiel AFFiRiS AG
6.5.MODERNE PORTFOLIOTHEORIE

7.ZUSAMMENFASSUNG DER ERKENTNISSE

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.EINLEITUNG

Wer kein Gold im Boden hat, muss sich halt um das Gold in den Köpfen kümmern.“

(Sigmar Gabriel, *1959, SPD-Vorsitzender, Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger)

Mit diesem Zitat hat Sigmar Gabriel sehr gut beschrieben, dass Wohlstand in rohstoffarmen Ländern nur durch Innovation und deren Export erreicht und erhalten werden kann. Da in Österreich eine reine Binnenwirtschaft aufgrund des hohen Importes von Waren und Rohstoffen nicht möglich ist, müssen natürlich auch Waren und Dienstleistungen exportiert werden, um eine gesunde Außenhandelsbilanz darzustellen.

Folgende Grafik soll dies veranschaulichen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung : Entwicklung der Österreichischen Außenhandelsströme

Quelle: Statistik Austria, Außenhandel, erstellt am 20.08.2012

Die Grafik lässt erkennen, dass Österreich über diesen Zeitraum betrachtet ein leichtes Handelsdefizit aufweist. Dies gilt es zu beseitigen, denn auf Dauer kann es nur zu einem höheren Verschuldungsgrad führen.

Der österreichische Außenhandel ist somit der Motor der heimischen Konjunktur. So ist die Exportquote gemessen am BIP von 34,8% in 1995 auf 57,3% in 2011 stark gestiegen und liegt über dem EU-Durchschnitt (EU27) von 43,6%.[1]

Aufgrund der Tatsache, dass Österreich zur ersten Welt gehört und ein hohes Wohlstandsniveau hat, haben wir natürlich auch ein hohes Lohnniveau.

Somit können wir nur Waren und Dienstleistungen exportieren, die ein hohes Knowhow erfordern und nicht von den sogenannten „Billiglohnländern“ geliefert werden können. Diesen Vorsprung gilt es zu halten und weiter auszubauen, um den Wohlstand zu sichern.

„Made in Austria“ steht dabei weltweit für ein Qualitätsmerkmal.

1.1.PROBLEMSTELLUNG

1.1.1.Aus Sicht der Wirtschaft

In Österreich bilden die KMU den Motor der Wirtschaft, der am Laufen gehalten werden muss. Die Europäische Union hat für KMU folgende Definition festgelegt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle : Definition der EU für KMU

Die Werte gelten seit 1. Jänner 2005 und stellen Höchstgrenzen dar. Des Weiteren muss ein KMU ein "eigenständiges" Unternehmen sein.

Darunter werden Unternehmen verstanden, bei denen es sich nicht um ein Partnerunternehmen (= ein Unternehmen hält allein oder gemeinsam mit einem oder mehreren verbundenen Unternehmen 25 % oder mehr des Kapitals oder der Stimmrechte eines anderen Unternehmens) oder ein verbundenes Unternehmen handelt.[2]

Folgende Grafik veranschaulicht den Stellenwert der KMU für Österreich:

Abbildung : KMU und deren Bedeutung für Österreich

Quelle: Statistik Austria, Daten 2010 nach Önace

KMU und junge Unternehmen leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag für Wachstum, Wettbewerb und Innovation, sondern auch für strukturelle Veränderung einer Volkswirtschaft. Sie können aufgrund ihrer Eigenschaften wie Flexibilität und wenig Bürokratie schnell und wirkungsvoll auf technologische Veränderungen und Bedürfnisse reagieren. Die Entwicklung völlig neuer Produkte und Technologien durch sprunghafte Innovation kann von kleinen Unternehmen besonders gut umgesetzt werden. Demgegenüber steht aber oft die mangelnde Kapitalausstattung.[3]

Die Kreditvergaberichtlinien der Banken wie Basel 2 und in Zukunft auch Basel 3 erschweren Unternehmen den Zugang zu Fremdkapital.

Des Weiteren können auch keine Unternehmen ohne ausreichende, verwertbare Sicherheiten mit herkömmlichen Bankkrediten ausgestattet werden.

Dies betrifft insbesondere:

- Unternehmen in besonderen Situationen (z.B. Eigentümerwechsel oder Restrukturierung),
- innovative bzw. wachsende Unternehmen welche die Expansion steigern wollen,
- innovative Unternehmen, die sich in der Phase der Forschung und Entwicklung befinden und keine oder kaum Umsätze erwirtschaften und auch keine Gewinne ausweisen.

Um der Notwendigkeit für künftigen Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit Rechnung zu tragen, müssen diese Unternehmen mit ausreichend Kapital ausgestattet werden. Nur so kann Österreich wettbewerbsfähig bleiben und qualifizierte Arbeitsplätze können erhalten und ausgebaut werden. Alternative Finanzierungsquellen wie Venture Capital und Private Equity sind daher von hoher Relevanz für künftigen Wohlstand.

1.1.2.Aus Sicht der Kapitalbeschaffung

Die Märkte von VC und PE sind jedoch in Österreich im internationalen Vergleich sehr unterentwickelt.

Im Jahr 2011 wurden in österreichische Unternehmen in Bezug auf das nationale BIP lediglich 0,107% in PE und VC investiert. Im Vergleich zur gesamten EU mit durchschnittlich 0,326% des BIP herrscht hier ein großer Aufholbedarf.[4]

Dazu sind auf der einen Seite attraktive gesetzliche Rahmenbedingungen für VC- und PE-Investoren von hoher Relevanz, auf der anderen Seite ist aber auch ein breites Verständnis der Öffentlichkeit dafür erforderlich.

Folgende Grafik veranschaulicht, von welchen Quellen das im Jahr 2011 von in Österreich ansässigen VC- und PE-Gesellschaften gesammelte Kapital stammt:

Abbildung : PE- und VC-Investoren in Österreich 2011

Quelle: AVCO

Wie aus der Grafik ersichtlich, können lediglich 7% des gesammelten Kapitals Privatinvestoren zugeordnet werden. Die größten Blöcke bilden mit 36% die öffentliche Hand, mit 23% die Banken und mit 10% die Dachfonds. Natürlich ist auch der Block des nicht zuordenbaren Kapitals mit 22% sehr hoch und würde die vorgenannten Zahlen bei genauer Erhebung auch verändern.

1.1.3.Zusammenfassung

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sowohl die Europäische Union wie auch Österreich die Wichtigkeit von VC und PE schon lange erkannt haben.

In der Wachstumsstrategie „Europa 2020“ der EU wurden im Jahr 2010 die Ziele für das laufende Jahrzehnt definiert. Innovation wurde in den Mittelpunkt dieser Strategie gestellt. Innovation ist auch die beste Lösung, wenn es um die Bewältigung großer gesellschaftlicher Herausforderungen geht. Diese sind:

- Klimawandel
- Energie- und Ressourcenknappheit
- Fragen der Gesundheit und des Alterns

Dabei fehlt es Europa nicht an Potential. In einer Weltwirtschaft im raschen Wandel muss Europa auf die Stärken setzen und bei den Schwächen energisch Abhilfe schaffen:

- Die Wissensbasis ist unterfinanziert. Andere Länder wie die USA und Japan investieren mehr und auch China ist dabei stark aufzuholen.
- Die Rahmenbedingungen sind unzureichend: Der Zugang zu Finanzierungsmitteln ist schwer und die Kosten für Patente sind teuer. Das ist ein Nachteil, wenn Unternehmen bei Investitionen und Forschung zwischen vielen Teilen der Welt wählen können.

Mit der „Innovationsunion“ wird seitens der EU ein strategisches Gesamtkonzept vorgestellt. Ziel ist es, unsere Stärken auf neue und produktive Art zu nutzen und dadurch die wirtschaftliche Basis für unsere Lebensqualität zu erhalten, auch wenn die Bevölkerung älter wird. Weiterzumachen wie bisher würde bedeuten, den allmählichen Verlust der Wettbewerbsvorteile und den stetigen Niedergang Europas hinzunehmen.[5]

Im Zuge der „Innovationsunion“ wurden folgende Selbstverpflichtungen in Bezug auf VC und PE definiert:

- Bis zum Jahr 2014 soll die EU Finanzierungsinstrumente einführen, um deutlich mehr privates Beteiligungskapital anzulocken um die Lücke bei Forschung und Innovation zu schließen.
- Bis 2012 wird die Kommission sicherstellen, dass Risikokapitalfonds aus den Mitgliedsstaaten ungehindert in der ganzen EU investieren können. Ungünstige steuerliche Regelungen bei grenzüberschreitenden Investitionen sollen dabei beseitigt werden.
-Die Kommission wird dafür sorgen, dass innovative Unternehmen leichter über Grenzen hinweg mit passenden Investoren zusammengebracht werden können. Im Rahmen des KMU- Finanzforums wird sich die Kommission besonders auf die Finanzierungsprobleme von kleinen, innovativen Unternehmen konzentrieren.[6]

Diese Ziele sind von den Mitgliedsstaaten je nach Situation und Gegebenheiten in nationale Ziele umzuwandeln.

Auch Österreich beschäftigt sich schon länger mit dem Thema Innovation und VC- und PE Investoren. Dies macht auch die im Jahr 2006 in Auftrag gegebene Studie (vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und der Wirtschaftskammer Österreich) „Der Einfluss von Private Equity und Venture Capital auf Wachstum und Innovationsleistung österreichischer Unternehmen“ deutlich. Die positive Wirkung von PE und VC auf Innovation und Beschäftigung der Unternehmen wurde dabei vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) bestätigt. Die Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO) hat in der Studie den wirtschaftspolitischen Maßnahmenkatalog zur Stärkung des heimischen PE-Marktes erstellt.[7]

Der volkswirtschaftliche Nutzen von PE und VC und auch die Notwendigkeit der Stärkung dieser Finanzierungsart sind für Europa und Österreich somit unumstritten.

1.2.ZIELVORGABE

Im vorhergehenden Kapitel wurde aufgezeigt, dass sowohl in Europa wie auch in Österreich mehr privates Eigenkapital dringend benötigt wird.

Da in Österreich der Beteiligungskapitalmarkt noch relativ jung und stark unterentwickelt ist, herrscht auch noch kein breites öffentliches Verständnis über die Anlagearten PE und VC. Der Autor hat während mehrjähriger Praxiserfahrung im Fundraising für eine VC-Gesellschaft festgestellt, dass diese Thematik einem Großteil der Bevölkerung völlig unbekannt ist. Diejenigen, welche die Finanzierungsart des privaten Beteiligungskapitals kennen, wissen meist nicht, dass man auch als Privatinvestor über Fonds bereits mit geringen Einstiegssummen (oft wenige Tausend Euro) vom Wachstum innovativer Unternehmen profitieren kann.

Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, dem interessierten Kapitalanleger aber auch dem interessierten Anlageberater die Anlageart Venture Capital und Private Equity auf verständliche Art und Weise näherzubringen. So kann ein Anleger, aber auch ein Anlageberater, im Idealfall für sich die Entscheidung treffen, ob er sich mit dieser Anlageform identifizieren kann und sich näher mit der Thematik auseinandersetzt.

Ein weiteres Ziel liegt aber auch darin das Bewusstsein zu schaffen, dass:

- Jeder Anleger und Anlageberater mit den Investitionen bzw. Investitionsvorschlägen auch eine Verantwortung trägt. Schließlich liegt es an jedem selbst zu entscheiden, ob man mit einer Investition das Wachstum in anderen Volkswirtschaften stärkt oder das der heimischen Wirtschaft fördert und zum künftigen Wohlstand beiträgt.
- Langfristiger Wohlstand, Wachstum und Arbeitsplätze nur durch Unternehmen geschaffen werden kann und nicht durch Festgeld auf Sparbüchern, Sparkonten oder derivative Anlageinstrumente.
- Ein Teil des zur Veranlagung stehenden Kapitals auch dorthin investiert gehört, wo Wertschöpfung entsteht, in Unternehmen.

Neben dem volkswirtschaftlichen Nutzen von PE und VC hat der Anleger mit dieser Anlageart auchhohe Renditechancenund kann seinPortfolio optimieren. Hohe Renditen zu erwirtschaften und gleichzeitig einen Mehrwert für die Volkswirtschaft zu liefern, lässt sich durchaus kombinieren. Diese Punkte werden im Zuge der Arbeit verdeutlicht.

Dass in Österreich enormes Anlagepotenzial vorhanden ist, veranschaulicht folgende Grafik:

Abbildung : Struktur des Geldvermögens privater Haushalte in AUT

Quelle: OeKB, OeNB

Wie bereits im vorherigen Kapitel dargestellt, wurden im Jahr 2011 von dem in Österreich gesammelten Volumen für PE und VC von den 249 Mio. € lediglich 7% von privaten Investoren investiert- das sind 17,43 Mio. €. In Bezug auf das Geldvermögen der Österreicher in der Höhe von ca. 500 Mrd. € sind das gerade einmal 0,00003%. Diese Zahl lässt nicht nur erkennen, welches enorme Potential seitens Privatanleger zur Steigerung vorhanden ist, sondern auch welche Marktnische PE und VC in Österreich noch darstellen.

2.GRUNDLAGEN ZU VENTURE CAPITAL UND PRIVATE EQUITY

In diesem Kapitel werden die Begriffe Private Equity und Venture Capital definiert und ihre Charakteristika beschrieben, soweit dies für den weiteren Aufbau der Arbeit relevant ist. Auch die verschiedenen Entwicklungs- und Finanzierungsphasen von Unternehmen und die dazu passenden Investoren werden überschaubar dargestellt und beschrieben.

2.1.DEFINITORISCHE ABGRENZUNG

Für die Begriffe Venture Capital und Private Equity gibt es bis dato keine einheitliche Definition und sie werden international unterschiedlich verwendet.

Mittlerweile unterscheidet man in den USA zwischen Private Equity als Oberbegriff und Private Equity i.e.S./Spätphasenfinanzierung. Venture Capital/Frühphasenfinanzierung wird dabei als Subkategorie von Private Equity i.w.S. angesehen.[8] Auch die EVCA schließt sich der Definition, dass VC eine Teilmenge von PE darstellt an.[9] Folgende Grafik soll dies veranschaulichen:

Abbildung : Definitorische Abgrenzung VC und PE

eigene Darstellung

Im wirtschaftlichen Sinn versteht man unter Private Equity i.w.S. den Erwerb von Eigenkapitalanteilen oder eigenkapitalähnlichen Titeln an nicht börsennotierten Unternehmen. Im Gegensatz dazu steht das Public Equity (öffentliches Beteiligungskapital). Diese Anteile können am organisierten Markt (der Börse) gehandelt werden.[10]

2.1.1.Definition und Charakteristika von Venture Capital

Der Begriff Venture Capital ist der jüngere Begriff und kommt wie die Finanzierungsform selbst aus den USA. Dort wurde die erste Venture Capital Gesellschaft im Jahr 1946 gegründet.[11] Übersetzt man Venture wörtlich vom Englischen ins Deutsche, bedeutet es so viel wie: Projekt, Risiko, unternehmerisches Vorhaben oder Wagnis. Erfahrungsgemäß wird Venture Capital neben den Begriffen „Risikokapital“ oder „Wagniskapital“ auch mit dem Begriff „Chancenkapital“ übersetzt.

Unter Venture Capital versteht man die Finanzierung von jungen Unternehmen mit hohem Wachstumspotential in der Seed-, Start-Up- und Expansionsphase mit Eigenkapital. Um das damit verbundene Risiko zu begrenzen, bedienen sich VC-Gesellschaften häufig folgender Mechanismen:

- Gemeinsame Investition mit anderen Gesellschaften
- Nach Ermittlung des Kapitalbedarfes werden Meilensteine vereinbart, mit deren Erreichen „Teilzahlungen“ ausgelöst werden
- Häufig wird eine Minderheitsbeteiligung (kleiner 50%) eingegangen, um die Motivation der Unternehmer hoch zu halten

Venture Capital wird auch als „Smart Money“ (kluges Kapital) bezeichnet. Das liegt daran, dass die VC-Gesellschaften all ihr Wissen und ihre Managementerfahrungen sowie ihr Netzwerk in das Unternehmen einbringen. Das Ziel ist es, das finanzierte Unternehmen nach vorne zu bringen um so den Wert des Beteiligungsunternehmens zu erhöhen.[12]

2.1.2.Definition und Charakteristika von Private Equity

Der Begriff Private Equity tauchte im deutschsprachigen Raum erst später auf. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre löste zum Beispiel in Deutschland der Begriff „Private Equity Fonds“ den der „Kapitalbeteiligungsgesellschaft“ ab. [13] Auch die Tatsache, dass sowohl die EVCA wie auch die AVCO ursprünglich auf den Begriff „Private Equity“ verzichtet haben beweist, dass der Begriff noch relativ „jung“ ist. Wörtlich vom Englischen übersetzt bedeutet Private Equity „privates Eigenkapital“.

Private Equity i.e.S. bezeichnet Beteiligungen an bereits etablierten Unternehmen. Die Beteiligung kann mittels Eigen- oder Mezzanine-Kapital [14] erfolgen. In der Regel strebt die PE- Gesellschaft eine Mehrheitsbeteiligung am erworbenen Unternehmen an (Buyout). Diese haben in der Regel bereits anerkannte Produkte und somit sind die zukünftige Entwicklung und der freie Cashflow besser prognostizierbar. Da diese Finanzierung oft ein wesentlich geringeres Risiko aufweist, ist auch ein hoher Fremdkapitalanteil möglich. Beim Einsatz von einem hohen Fremdkapitalanteil zum Firmenkauf spricht man von einem Leveraged Buyout (LBO). Gründe für einen Unternehmensverkauf kann es viele geben, wie z.B.:

- Die Regelung der Unternehmensnachfolge bei Familienunternehmen
- Den Verkauf eines Konzernteiles aus strategischen Überlegungen
- Die Restrukturierung bei drohender Insolvenz [15]

Anzumerken ist hier ebenfalls, dass die Finanzierung der Entwicklungsphase bzw. Expansionsphase von Unternehmen in der wissenschaftlichen und praxisorientierten Literatur uneinheitlich verwendet wird. In der Praxis begleiten VC-Gesellschaften die Unternehmen häufig in der Expansionsphase, aber auch PE- Gesellschaften bieten Entwicklungsfinanzierungen an.

Somit ist auch keine eindeutige Zuordnung von Entwicklungsfinanzierungen zu VC oder PE i.e.S. möglich.[16]

2.1.3.Definition für diese Arbeit

Um Missverständnisse zu vermeiden, werden an dieser Stelle die Begriffe für den weiteren Verlauf der Arbeit definiert. Kommt das Wort Beteiligungskapital vor, so ist Private Equity i.w.S. damit gemeint. Für Frühphasenfinanzierungen wird auch der Begriff Venture Capital verwendet und für die Spätphasenfinanzierung auch der Begriff Private Equity.

2.2.GENERELLE VORAUSSETZUNGEN FÜR BETEILIGUNGSKAPITAL

Das Unternehmen sollte sich in einer Veränderungs- oder Wachstumsphase befinden. Bei deren positiver Bewältigung muss eine signifikante Wertsteigerung für alle Anteilsinhaber realisierbar sein. Diese Wachstums- oder Veränderungsschübe sind i.d.R. nicht aus dem Cashflow finanzierbar und die Bereitstellung von herkömmlichem Fremdkapital ist aufgrund weiterer oder unzureichender Sicherheiten nicht oder nur eingeschränkt möglich.

Die bestehenden Gesellschafter stehen damit vor folgender Entscheidung:

1 Verzicht auf privates Eigenkapital mit folgenden Konsequenzen: Verzicht auf Unternehmenswachstum und/oder Abgabe von Marktanteilen in einem stark wachsenden Markt. Damit können erhebliche Wertsteigerungspotentiale des Unternehmens nicht genutzt werden.
2 Einholen von privatem Eigenkapital über eine teilweise Abgabe von Unternehmensanteilen: Somit kann die Chance auf eine überproportionale Wertsteigerung der Anteile sowohl für den Alt-, als auch für den Neugesellschafter aktiv wahrgenommen werden.[17]

2.3.UNTERNEHMENSENTWICKLUNGSMODELL UND PHASEN

Die Beteiligungsunternehmen werden üblicherweise, je nach aktuellem Entwicklungszustand, in Phasen eingeteilt. Für jede Entwicklungsphase gibt es die dazu passenden Investoren. In der folgenden Abbildung wird der akademische Idealtypus eines Wachstumsunternehmens von der Idee bis zur erstmaligen Börsenemission von Aktien (IPO = Initial Public Offering), unterteilt in Phasen, schematisch dargestellt.

Abbildung : Unternehmensentwicklungsmodell

Quelle: Grabherr O.

Laut Grabherr können die einzelnen Phasen wie folgt definiert werden:18

2.3.1.Die Wachstumsphasen – Early Stages und Expansion

2.3.1.1.„FRÜHPHASEN“ ODER „EARLY STAGES“

Seed:

Das ist die Vorgründungsphase. Ideen werden entwickelt und Vorbereitungen getroffen. Viel Arbeitszeit des Gründer(team)s fließt hier ein. Diese Phase ist ein entscheidender Schritt für den späteren erfolgreichen Start. Sowohl das Investitionsvolumen wie auch die erforderliche Zeit variieren stark. Im Internetbereich kann diese Phase oft wenige Wochen, im Biotechnologiebereich oft Jahre dauern (erfahrungsgemäß z.B. Forschung auf Universitätskliniken und spätere Ausgründung).

Investitionsvolumen: wird generell mit bis zu 150.000 € angesetzt

Investoren: überwiegend eigene Mittel und öffentliche Hand

Start-Up:

Diese Phase ist die Gründungsphase. Hier sollte sich der Unternehmer rasch nach einem branchenversierten Businessangel umsehen, der die weitere Entwicklung stark unterstützt und bei möglichen Referenzkunden oder Partnern als Vertrauensperson Türen öffnen kann.

Investitionsvolumen: durchschnittlich 500.000 €

Investoren: öffentliche Hand, eigene Mittel, Family and Friends, Inkubatoren, Businessangel, evt. Venture Capital Fonds

First oder Early Stage:

Diese Phase ist durch die Kernproduktentwicklung gekennzeichnet. Die Marktrelevanz wird getestet (Testinstallation, Pilotanlagen,…). Sollte das Produkt Pilotkunden zulassen, werden diese vorbildhaft betreut und Probleme im Alltagsbetrieb können ermittelt und behoben werden.

So können Pilotkunden mit maßgeschneiderten Lösungen am Ende der Phase eine Benchmark für künftige Kunden darstellen.

Investitionsvolumen: ca. 1.500.000 €

Investoren: VC-Gesellschaften (lösen i.d.R. den Businessangel als Leadinvestor ab)

2.3.1.2.„SPÄTERE PHASEN“ ODER „LATER STAGES“ BZW. „EXPANSION STAGES“

Second Stage oder Expansion 1:

In dieser Phase sollte die Produktentwicklung abgeschlossen und die (technologische) Führerschaft im relevanten Markt erreicht werden. Das Ziel ist ein vermarktbares und ausgereiftes Produkt, das auf einen stark wachsenden Markt trifft.

Investitionsvolumen: bis zu 5.000.000 €

Investoren: VC-Gesellschaften aber auch auf Expansion spezialisierte PE-Gesellschaften

Third Stage oder Expansion 2:

In dieser zweiten Expansionsphase werden üblicherweise die ersten Internationalisierungsschritte gesetzt. Bei heimischen Unternehmen bietet sich hier in Zeiten des EU-Binnenmarktes vor allem die Expansion in benachbarte EU-Staaten an. Erfahrungsgemäß kann hier aber auch auf andere Kontinente expandiert werden, insbesondere dann, wenn Co-Investoren „mit an Board sind“ die diese Märkte kennen und entsprechend verstehen.

Investitionsvolumen: bis zu 7.500.000 €

Investoren: PE-Fonds oft in Kombination mit Mezzaninekapital aber erfahrungsgemäß auch VC-Gesellschaften

Fourth Stage oder Pre-Exit oder Pre-IPO:

In dieser Phase geht es um die Zusammenfassung des bisherigen Geschäftes in ein großes Ganzes aber auch vor allem um die „Story-Bildung“ Richtung Investment Bank. Wichtig sind hier die sorgfältige Aufbereitung der Unterlagen und die Auswahl der richtigen Investment Bank.

Die Pre-IPO Phase entscheidet über den späteren Misserfolg oder wahren Erfolg eines Börsenganges. Durch den Brückencharakter dieser Finanzierungsrunde ist sie oft nicht so groß, wie die Vorhergehende.

Investitionsvolumen: ca. 5.000.000 €

Investoren: typischerweise PE-Fonds

[...]


[1] Vgl. Statistik Austria,

http://www.statistik.at/web_de/services/wirtschaftsatlas_oesterreich/aussenhandel/index.html (07.10.2012)

[2] Vgl. KMU Forschung Austria,

http://www.kmuforschung.ac.at/index.php?option=com_content&view=article&id=108&Itemid=102&lang=de (07.10.2012)

[3] Vgl. Schefczyk, S. 17 f

[4] Vgl. EVCA Yearbook (Kurzfassung) 2012,

http://www.evca.eu/uploadedfiles/home/press_room/Yearbook_2012_Presentation_all.pdf (07.10.2012) S.31

[5] Vgl. Europäische Kommission,

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2010:0546:FIN:DE:PDF (14.10.2012), S. 2

[6] Vgl. Europäische Kommission,

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2010:0546:FIN:DE:PDF (14.10.2012), S. 17

[7] Vgl. AVCO,

http://www.avco.at/upload/medialibrary/Impact_von_PE_VC_-_Endbericht_Okt._2006.pdf (14.10.2012), S. 1 ff

[8] Vgl. Kaserer/Achleitner/Einem/Schiereck, S.13 f

[9] Vgl. EVCA,

http://www.evca.eu/entrepreneur/default.aspx?id=3218 (26.10.2012)

[10] Vgl. Kaserer/Achleitner/Einem/Schiereck, S.14

[11] Vgl. Volkmann/Tokarski, S. 326

[12] Vgl. Kaserer/Achleitner/Einem/Schiereck, S.14f

[13] Vgl. Schefczyk, S. 8

[14] Mezzanine-Kapital hat Charakteristika von Eigen- wie auch von Fremdkapital (z.B. nachrangiges Darlehen in Verbindung mit Optionen auf Eigenkapital)

[15] Vgl. Kaserer/Achleitner/Einem/Schiereck, S.15f

[16] Vgl. Kaserer/Achleitner/Einem/Schiereck, S.15

[17] Vgl. Grabherr in Kofler/Polster-Grüll, S. 222

[18] Vgl. Grabherr,in Kofler/Polster-Grüll S. 230ff

Ende der Leseprobe aus 90 Seiten

Details

Titel
Venture Capital und Private Equity - Eine Chance für Privatinvestoren?
Untertitel
Unter besonderer Berücksichtigung des österreichischen Marktes
Note
12 von 13
Autor
Jahr
2012
Seiten
90
Katalognummer
V207346
ISBN (eBook)
9783656345848
ISBN (Buch)
9783656346463
Dateigröße
3793 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass die Arbeit keine Anlageempfehlung darstellt! Sie soll dem Leser lediglich einen Überblick über Venture Capital und Private Equity verschaffen.
Schlagworte
venture, capital, private, equity, chance, privatinvestoren, unter, berücksichtigung, marktes
Arbeit zitieren
Albert Sacher (Autor:in), 2012, Venture Capital und Private Equity - Eine Chance für Privatinvestoren?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207346

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