Der Veitsdom in Prag - Baugeschichte und Baubeschreibung


Seminararbeit, 2010

34 Seiten

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitendes

2. Geschichtlicher Hintergrund

3. Baugeschichte
3.1 Die Wenzelsrotunde
3.2 Die Romanische Basilika
3.3 Gotische Kathedrale
3.3.1 Baubeginn unter Baumeister Matthias von Arras
3.3.2 Der Beitrag der Parler-Hütte zum Dombau
3.3.3 Der weitere Verlauf in der Spätgotik
3.3.4 Maßnahmen in der Renaissance
3.3.5 Vollendungsversuche im Barock
3.3.6 Restaurierung und Domvollendung im 19./20. Jahrhundert

4. Baubeschreibung
4.1 Grundriss
4.2 Außenansicht
4.2.1 Alter Domteil
4.2.2 Neuer Domteil
4.3 Innenansicht
4.3.1 Alter Domteil
4.3.2 Sakristei
4.3.3 Wenzelskapelle
4.3.4 Vorhalle
4.3.5 Königliches Oratorium
4.3.6 Neuer Domteil

5. Abschließendes

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitendes

Der Veitsdom, der inmitten der Prager Burg auf dem Berg Hradschin steht, spielt in der tschechischen Geschichte eine herausragende Rolle[1] und prägt wesentlich das Bild der Stadt Prag. Über dem höchsten und breitesten Plateau des Burgberges, welcher von Kirchen und Palästen bedeckt ist, erhebt sich die dreitürmige, fialenreiche, langgestreckte Kathedrale.[2] Er stellt das größte Kirchengebäude Tschechiens dar, dessen Errichtung mit der Ausbreitung des Christentums in Böhmen sowie mit der staatsrechtlichen Entwicklung des Landes in einem sehr engen Zusammenhang steht.

Daneben handelt es sich beim Veitsdom aber auch um ein bedeutendes Denkmal, sowohl in architektonischer, künstlerischer und kunsthandwerklicher Hinsicht als auch als wertvollste Grabstätte Böhmens, in welcher die wichtigsten Landespatrone, weltlichen Herrscher, bedeutende Adelige und auch die beiden wichtigsten Baumeister des Domes – Matthias von Arras und Peter Parler – begraben sind.[3]

In der vorliegenden Arbeit wird zunächst der geschichtliche Hintergrund der Entstehung des Veitsdomes kurz beleuchtet, um im Anschluss dann näher auf die nahezu tausendjährige Bau- und Restaurierungsgeschichte, die verschiedenen Baumeister und die Architektur des Domes näher einzugehen.

2. Geschichtlicher Hintergrund

Die bedeutenden historischen Ereignisse zur Erbauung des Veitsdomes reichen bis ins 10. Jahrhundert zurück als der Premyslidenfürst Wenzel über Böhmen herrschte. Er war bestrebt, die Christianisierung Böhmens gleichzeitig auch mit einer Entfaltung des Bildungsgrades zu verbinden sowie auch das Prestige seines Landes zu steigern.[4] Von Kaiser Heinrich I. bekam er den Arm des Hl. Veit geschenkt, zu dessen Ehren er auf der Prager Burg in zentraler Lage um 926 eine Hofkirche errichten ließ.[5] Nach seiner Ermordung um 929 wurden seine Gebeine in diese Kirche – die sog. St. Veitsrotunde oder auch Wenzelsrotunde - überführt. Es kamen dann 1039 die Reliquien des Hl. Adalbert und der fünf heiligen Ordensmärtyrer aus Gnesen in Polen hinzu[6] und die ursprüngliche Weihe wurde nun auf die Heiligen Veit, Wenzel und Adalbert erweitert.[7]

Im 11. Jahrhundert erhielt Fürst Spytihnew II. im letzten Jahr seiner Herrschaft vom Papst das Privilegium die Bischofsmitra zu tragen, vermutlich als Kompensation für den Königstitel, dessen Erteilung die Römischen Kaiser hinauszögerten. 1060 fasste der Fürst dann den Beschluss, eine geräumigere Kirche anstelle der Veitsrotunde zu bauen, da diese die vielen Pilger nicht mehr aufnehmen konnte.[8] Die romanische Basilika war dann auch der Ort der ersten Krönung in Böhmen: 1085 wurde der Premyslidenfürst Vratislav II. unter der Schutzherrschaft des Erzbischofs von Trier gekrönt. Im Jahr 1311 wurde dann Johann von Luxemburg vom Mainzer Erzbischof gekrönt und im Jahr 1347 fand die Krönung Karls IV. statt.[9] Vor seiner Krönung erfolgte im Jahr 1344 die von Karl angestrebte Erhebung Prags zur selbständigen Erzdiözese.[10] Karl, der dann auch deutscher König und römischer Kaiser wurde, war immer bestrebt, seine königliche Machtposition zu festigen und in diesem Sinne auch der Initiator für den Bau eines prachtvollen Domes auf Grund der Erhebung Prags zum Erzbistum.[11] Mit der Grundsteinlegung 1344 beginnt die Geschichte des heutigen Veitsdomes, welcher dann auch Ort für die Krönungen der Habsburger war, die seit Ferdinand I. im Jahr 1526 lange Zeit den böhmischen Thron für sich beanspruchten. Die letzte Krönung eines Habsburgers – Ferdinand V. - fand 1836 im Veitsdom statt.[12]

Der Veitsdom war Schauplatz wichtiger Zeremonien im Leben und in der Tätigkeit des jeweiligen Herrschers. So fanden neben Krönungsfeierlichkeiten auch Begräbnisse, Hochzeiten und Taufen der Fürsten und hohen Adeligen statt.[13]

3. Baugeschichte

Der Veitsdom in seiner heutigen Gestalt einer gotischen Kathedrale stellt bereits den dritten Sakralbau an diesem Ort dar. Die Baugeschichte beginnt mit dem Rundbau von Fürst Wenzel im Jahr 926, welcher ab 1060 von einer romanischen Basilika unter Fürst Spythinew II. ersetzt wurde und schließlich 1344 als gotische Kathedrale neu konzipiert wurde. Die nicht ganz fertig gestellte gotische Kathedrale erfuhr dann in Renaissance und Barock einige Veränderungen und Zubauten sowie zahlreiche Restaurierungen und Anbauten in der Neuzeit, die sich bis zur endgültigen Vollendung des Doms im Jahr 1929 hinzogen.

3.1 Die Wenzelsrotunde

Fürst Wenzel – der später kanonisierte Schutzheilige des Premyslidengeschlechts und Landesschirmherr[14] - errichtete in den Jahren 926-929[15] eine Kirche zu Ehren des Hl. Veit, dessen Arm er von Kaiser Heinrich I. geschenkt bekommen hatte. Es handelte sich dabei um einen Rundbau, welcher von vier hufeisenförmigen Apsiden umgeben war. Der Durchmesser betrug 12,98m, die Apsiden hatten eine Größe von jeweils 4,62 x 5,25m und die Mauern waren 1,44m stark.[16] Josef Cibulka nimmt an, dass die Wenzelsrotunde von einer Kuppel überspannt und mit einem Umgang versehen war, welcher von Pfeilern getragen wurde.[17]

Das Gemäuer bestand aus heimischen Plänerwerksteinen, welche mit einer rötlichen Putzschicht überzogen waren.[18] Lisenenreste, durch welche die Fassade gegliedert war, haben sich im Fundament der Südapsis erhalten.[19] Es wurden auch zwei Arten der Bodenpflasterung, welche ursprünglich 110cm tiefer als das Niveau des heutigen Doms gelegen war[20], gefunden. Die eine war aus geglättetem Schmierlehm und Kalk, die andere als ein Mosaikpflaster aus Kieselsteinen gestaltet.[21]

In der östlichen Apsis befand sich der Hauptaltar und nach der Gründung des Bistums stand auch der bischöfliche Thron dort. Nach dem Tod Wenzels wurde sein Grab in der Südapsis eingerichtet.[22]

Im Jahr 930 wurde die Kirche geweiht[23] und im Jahr 973 zur Bischofskirche erhoben.[24] Die Rotunde diente noch bis zu Beginn der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts als Hofkirche der Premyslidenfürsten sowie als Kathedrale der Prager Bischöfe.[25]

3.2 Die Romanische Basilika

Aufgrund von Platzproblemen – die Rotunde konnte bei weitem nicht mehr die Pilgerscharen am Jahrestag des Todes des Hl. Wenzel aufnehmen[26] – musste der Rundbau dann der Basilika des Fürsten Spythinew II. weichen. Im Jahr 1060 wurde der Grundstein gelegt und 1096 wurde die Basilika unter Spythinews Nachfolger Vratislav geweiht. Während des Baus blieb das Grab des Hl. Wenzel aus Pietätsgründen unberührt. Daher fiel auch das Südschiff etwas unsymmetrisch aus.[27]

Die Basilika hatte drei Schiffe, ohne Emporen über den Seitenschiffen mit zwei Chören im Osten und im Westen. Im Westen befand sich ein Querhaus mit zwei Türmen in den Ecken des Querschiffs zum Langhaus, welche zusammen das sogenannte Westwerk bildeten.[28] Die romanische Basilika schloss sich somit dem Vorbild doppelchoriger deutscher Großkirchen, wie beispielsweise des romanischen Doms in Augsburg, an.[29]

Unter den beiden Chören waren Krypten angelegt: im Osten die Krypta der Heiligen Kosmas und Damian, mit der die kleinere Krypta des Hl. Gaudentius zusammenhing, und im Westen die fünfschiffige Krypta des Hl. Martin. Aufgrund der archäologischen Funde während des Ausbaus des Doms im 19. und 20. Jahrhundert, wurde es ermöglicht, den Grundriss der Basilika (70m lang und 24,5m breit sowie 36,5m Querschifflänge) und auch den architektonischen Dekor der Krypten, deren Säulen mit Bandornamenten verziert waren, relativ genau nachzuvollziehen. Es handelte sich wahrlich um einen Monumentalbau entsprechend der Bedeutung die bischöfliche und fürstliche Macht zu repräsentieren.[30]

Die Basilika war wie zuvor die Rotunde aus gehauenem Plänerstein erbaut worden. Das Langhaus trug vermutlich eine flache Balkendecke, während die Seitenschiffe wahrscheinlich gewölbt waren aufgrund der mit Kämpferbasen versehenen Pfeiler.[31]

Im Osten wurde die Basilika durch drei Apsiden abgeschlossen. Im südlichen Seitenschiff wurde auch die Südapsis der ehemaligen Rotunde mit dem Grab des Hl. Wenzel integriert, weshalb sich eine gewisse Unregelmäßigkeit ergeben hat.[32]

Für 250 Jahre lang bestand dann die von Fürst Spythinew II. begründete Basilika in unveränderter Form.[33]

3.3 Gotische Kathedrale

3.3.1 Baubeginn unter Baumeister Matthias von Arras

Karl IV. hatte im 14. Jahrhundert im Sinn, durch eine großartigen Stadterweiterung Prag zur Weltstadt neben Paris und Rom zu erheben. Damit verbunden war dann auch jener Plan des Baus einer Kathedrale, „die es an Größe und Würde mit den französischen aufnehmen konnte“.[34]

Am 21. November 1344 wurde von Johann von Luxemburg und seinen Söhnen Karl (dieser war zu der Zeit noch Markgraf von Mähren) und Johann Heinrich der Grundstein zum Neubau des Veitsdomes gelegt. Es war gleichzeitig auch der Tag, an dem der erste Prager Erzbischof Ernst von Pardubitz in sein Amt eingeführt wurde.[35]

Als ersten Baumeister des Domes wurde Matthias von Arras aus Avignon nach Prag bestellt. Er beschränkte sich zunächst beim Bau auf die östliche Hälfte des Presbyteriums, da die romanische Basilika noch existent und in Benutzung war und aufgrund der Nutzung die Niederlegung des Vorgängerbaus so lange wie möglich hinausgezögert werden sollte.[36]

Bis zur Ankunft des neuen Baumeisters Peter Parler im Jahr 1356 erbaute die Arras-Hütte neun Pfeiler des Hauptschiffes (wobei sechs davon die Abschlusspfeiler darstellen), den Rundgang mit den fünf Abschlusskapellen und ihren äußeren Strebepfeilern sowie eine Kapelle im Nordgang und zweieinhalb auf der Südseite. Die Abschlusswand über den Spitzbogenarkaden des Hauptschiffes wurde noch bis zur Triforiumsgalerie hinauf gezogen.[37]

3.3.2 Der Beitrag der Parler-Hütte zum Dombau

Im Frühjahr 1356 traf dann der neue Baumeister Peter Parler aus Schwäbisch Gmünd in Prag ein. Er war bis zu seinem Tod 1399 für den Weiterbau am Veitsdom verantwortlich. Sein Werk beinhaltete die Fertigstellung des von seinem Vorgänger begonnenen Chores mit den Kapellen, darunter auch die wichtigste: die Kapelle des Hl. Wenzel. Ebenfalls begann er mit dem Bau des Südturms, welcher dann nach seinem Tod von seinen Söhnen Wenzel und Johann weiter errichtet und bis zum oberen Umgang vollendet wurde.[38]

3.3.3 Der weitere Verlauf in der Spätgotik

Die Arbeiten am Veitsdom wurden 1419 mit dem Tod König Wenzels IV. und dem Ausbruch der Hussitenkriege eingestellt.[39] Der bis dahin im Chor fertig gestellte Dom wurde mit einer provisorischen Wand abgeschlossen und blieb in dieser Gestalt dann mehrere Jahrhunderte lang.[40] Unter der Herrschaft des Jagiellonen Wladislaw II. wurden umfangreiche Baumaßnahmen zur Renovierung und Modernisierung der Prager Burg in Auftrag gegeben. Und auch die Arbeiten am Dom sollten wieder aufgenommen werden.[41]

[...]


[1] Ivan Muchka, St.-Veits-Dom Prag, Regensburg 1994, S. 2

[2] Hans Werner Hegemann, Der Veitsdom in Prag, Königstein im Taunus 1954, S. 2

[3] Muchka, 1994, S. 3

[4] Jiri Burian, Der Veitsdom, Prag 1980, S. XI

[5] Jakub Pavel, Der St.-Veits-Dom in Prag, Prag 1968, S. 7

[6] Muchka, 1994, S. 4

[7] Burian, 1980, S. XIII

[8] Burian, 1980, S. XIII

[9] Muchka, 1994, S. 4

[10] Burian, 1980, S. XVII

[11] Marcel Carel Schurr, Die Baukunst Peter Parlers. Der Veitsdom, das Heiligkreuzmünster in Schwäbisch Gmünd und die Bartholomäuskirche zu Kolin im Spannungsfeld von Kunst und Geschichte. Ostfildern 2003, S. 78

[12] Muchka, 1994, S. 4

[13] Burian, 1980, S. VII

[14] Burian, 1980, S. XI

[15] Otto von Simson, Propyläen Kunstgeschichte, Bd. 6, Das Mittelalter II, 1972, S. 214

[16] Pavel, 1968, S. 9

[17] Burian, 1980, S. XI

[18] Muchka, 1994, S. 4

[19] Pavel, 1968, S. 9

[20] Muchka, 1994, S. 4

[21] Pavel, 1968, S. 9

[22] Pavel, 1968, S. 10

[23] Muchka, 1994, S. 4

[24] von Simson, 1972, S. 214

[25] Pavel, 1968, S. 10

[26] Pavel, 1968, S. 11

[27] Muchka, 1994, S. 5

[28] Muchka, 1994, S. 6

[29] Hegemann, 1954, S. 3

[30] Muchka, 1994, S. 6

[31] Pavel, 1968, S. 12

[32] Pavel, 1968, S. 12

[33] Burian, 1980, S. XV

[34] Hegemann, 1954, S. 3f.

[35] Muchka, 1994, S. 6

[36] Schurr, 2003, S. 53

[37] Pavel, 1968, S. 22, 24

[38] Muchka, 1994, S. 6

[39] Burian, 1980, S. XXIV

[40] Muchka, 1994, S. 6

[41] Burian, 1980, S. XXV

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Der Veitsdom in Prag - Baugeschichte und Baubeschreibung
Jahr
2010
Seiten
34
Katalognummer
V203599
ISBN (eBook)
9783656303381
ISBN (Buch)
9783656303961
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sakralbau
Arbeit zitieren
Anonym, 2010, Der Veitsdom in Prag - Baugeschichte und Baubeschreibung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203599

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