Archäologie zwischen Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit: Archäologievermittlung in populären TV-Dokumentationen


Thesis (M.A.), 2012

345 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

I. TEXTTEIL
1. Einleitung
2. Beschreibung Datenbasis:
2.1. Kompilationsfilm und Hybride Dokumentation
2.2. Beschreibung der Filmbeispiele
2.2.1. „Karthagos geheime Kolonien“, ZDF
2.2.2. „Die Schlacht am Harzhorn“, NDR
2.2.3. „Rätsel Römerschlacht“, NDR
3. Analyse der Daten
3.1. Filmprotokolle
3.2. Komponenten der Sendungen
4. Auswertung der Daten
4.1. Darstellung des ‚Archäologischen‘
4.1.1. Darstellung von Tätigkeiten und Phasen
4.1.1.1. Grabung
4.1.1.2. Fundnachbearbeitung
4.1.1.3. Geländeprospektion
4.1.1.4. Konzeption und Reflexion
4.1.1.5. Interdisziplinäres Arbeiten
4.1.2. Darstellung des Fundes
4.1.3. Darstellung der Akteure
4.1.3.1. Archäologe
4.1.3.2. Grabungshelfer
4.1.3.3. Team
4.1.3.4. Weitere Beteiligte
4.2. Narrative Bausteine
4.2.1. Visuelle Bausteine
4.2.1.1. ‚Reenactment’
4.2.1.2. Integrierte Filmszenen
4.2.1.3. Rekonstruktionen
4.2.1.4. Bebauungs- und Geländemodellierungen
4.2.1.5. Filmische Umsetzung
4.2.2. Auditive Bausteine
4.2.2.1. Kommentar
4.2.2.2. Filmmusik
4.3. Klischees und Chiffren
4.4. Aktualisierungen von Vergangenheit
5. Verhältnis Wissenschaft - Medien - Öffentlichkeit
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis und Quellen

II. ANHANG
A. Filmprotokolle
a. „Karthagos geheime Kolonien“
b. „Die Schlacht am Harzhorn“
c. „Rätsel Römerschlacht“
B. Komponententabelle

I. TEXTTEIL

1. Einleitung

„Archaeology makes good storytelling“ [1] , Archäologie liegt im Trend der Medien und dabei handelt es sich nicht um eine vorübergehende Modeerscheinung. Ob die Wissenschaft selbst oder die von ihr erforschte Vergangenheit, das Thema Archäologie scheint die Gesellschaft aus einer fast intrinsischen Motivation heraus anzusprechen und zu begeistern. Archäologie im allgemeinsten Sinne ist „in“ und auf eine bestimmte Art und Weise fest verankert, nach wie vor ist von einem „Boom“ der Archäologie die Rede. Gut vermittelbar scheint Archäologie zu sein und sich der Antike bzw. der Vergangenheit in einer Weise anzunehmen, die sich medial gut umsetzen lässt[2] , um mangelndes Interesse in der Öffentlichkeit muss sie sich jedenfalls nicht sorgen. „Lust auf Archäologie muss bei einem Großteil der Bevölkerung nicht mehr geweckt werden [3] , was als Privileg verstanden werden sollte, denn kaum ein kulturwissenschaftliches Fach erzeugt so viel öffentliches Interesse und ist in den Medien in solcher Weise positiv besetzt wie die Archäologie.[4] Ob volle Sonderausstellungen, Spielfilme, Dokumentarfilme, Sachbücher, Romane, Zeitschriften, Internetforen oder Zeitungsartikel, der Archäologie wird insgesamt ein reges Interesse entgegengebracht.

Einen wesentlichen Beitrag zu der starken Präsenz von archäologischen Themen in der Öffentlichkeit liefert speziell das Medium Fernsehen. Dieses Segment räumt der Archäologie als Massenphänomen regelmäßig einen breiten Raum ein. Fernsehdokumentationen zu archäologisch-historischen Themen sind populär, sie laufen fast täglich und, wenn man den Quoten Glauben schenkt, erfolgreich auf den öffentlich-rechtlichen sowie den privaten Sendern und bestimmen so maßgeblich das öffentliche Bild von Archäologie. Ganz konkret scheint das Gros der Bevölkerung heute überwiegend über das Fernsehen mit Archäologie in Kontakt zu kommen.[5] Archäologische ‚Dauerbrenner‘ prägen unsere Fernsehlandschaft stark, unterschiedlichste Formate und Produktionen können zum Teil in zahlreichen Wiederholungen und zu allen Tages- und Nachtzeiten konsumiert werden. Formate wie Sphinx, Schliemanns Erben, Schätze der Welt - Erbe der Menschheit, Bauwunder der Antike u.v.m. decken das gesamte archäologische Spektrum ab und erreichen regelmäßig und stabil mehrere Millionen Zuschauer. Ihnen kommt damit eine wesentliche Vermittlerrolle von archäologischen Sachverhalten zu, unter Historikern wird teilweise vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen als dem „Leitmedium der Geschichtskultur in unserer Kommunikations- und Mediengesellschaft“ oder dem „Geschichtshauptlehrer der Deutschen“ [6] gesprochen. Ergebnisse einer empirischen Studie von Bonner Studenten der Klassischen Archäologie aus dem Jahr 2000 zeigen, dass sich rund 57 % der Befragten über das Medium Fernsehen zum Thema Archäologie informieren.[7]

Das Fernsehen stellt ein wichtiges Segment des weitverzweigten „Archäologiemarktes“ dar und hat besonders in seiner Eigenschaft als Massenmedium maßgeblichen Einfluss auf die Manifestierung von Bildern und Assoziationen zu Archäologie im öffentlichen Bewusstsein. Anbetracht dieser Tatsache scheint eine genauere Betrachtung dieses „Marktes“ nach archäologischen Gesichtspunkten sinnvoll bzw. notwendig, zumindest dann, wenn man eine Sensibilisierung der archäologischen Wissenschaft für ihre Öffentlichkeit für relevant erachtet. Dies tut diese Arbeit und widmet sich aus diesem Grund speziell einem Teilaspekt des öffentlichen Phänomens Archäologie: der archäologischen Fernsehdokumentation und der Frage, was diese für die Öffentlichkeit über Archäologie zu transportieren vermag. Eine Fernsehsendung ist grundsätzlich als Kommunikationsmedium zu verstehen und an ein Publikum gerichtet.[8] „Rekonstruierte“ Bilder und Geschichtsbilder von Archäologen gelangen auf unterschiedliche Weise an die Öffentlichkeit und prägen dort das öffentliche Geschichtsbild und -bewusstsein. Dies geschieht meist über die Medien, wobei der Film sicherlich das bildprägendste Medium ist, da er eine eigene spezifische Wirklichkeit schafft.[9] Den dokumentarischen Film kennzeichnet zudem das Moment des Nichtfiktionalen, was die Kommunikation dahingehend verändert, dass die Dokumentation behauptet, dass das Dargestellte so stattfinde oder so passiert sei, wie es gezeigt wird.

Das Forschungsinteresse dieser Arbeit besteht darin herauszuarbeiten, welches Bild von Archäologie in archäologischen Fernsehdokumentationen entworfen wird, und inwiefern die Darstellung in den Filmen das öffentliche Bewusstsein und die Vorstellungen zu Möglichkeiten, Methoden und Zielen der Archäologie prägt. Das konkrete Erkenntnisinteresse liegt dabei in folgenden Fragen, die für die Analyse leitend sein werden: Welches Bild wird von der Archäologie, dem Archäologen und dem Untersuchungsgegenstand Vergangenheit gezeichnet und in welchem Verhältnis steht die Darstellung zur archäologischen Realität? Wie werden der archäologische Arbeitsalltag und der trockene archäologische Befund narrativ „aufbereitet“ und medial umgesetzt, um für den Zuschauer interessant, verständlich und unterhaltend zu sein, kurz, was macht einen Haufen Steine zum Fernseherlebnis? Was für Aussagen werden durch das Dargestellte über die Archäologie getroffen, werden Klischees und Stereotypen tendenziell bedient oder aufgebrochen? Außerdem stellt sich die Frage nach der Bedeutung der Archäologie für die Allgemeinheit. Wird dem Rezipienten in der archäologischen Dokumentation vermittelt, warum archäologische Arbeit und die Beschäftigung mit der Vergangenheit grundsätzlich wichtig sind? Unabhängig von der konkreten Betrachtung der archäologischen Dokumentation stellt diese Untersuchung im Umkehrschluss auch die generelle Frage nach der Relevanz der Öffentlichkeit für die Archäologie bzw. nach der Bedeutung vergleichbarer Untersuchungen in zukünftigen Auseinandersetzungen des Wissenschaftsdiskurses und nach dem Spannungsverhältnis von Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit und daraus resultierenden Anforderungen für die archäologische Fachwelt.

Die vorliegende Arbeit versteht sich so gesehen als Beitrag zur systematischen Beschäftigung mit der archäologischen TV-Dokumentation als einer wichtigen Darstellungs- und Vermittlungsform von Archäologie in der Öffentlichkeit. Sie reagiert damit auf den Umstand einer relativ ‚verwaisten‘ Thematik, der sich aus archäologischer Perspektive kaum angenommen wurde, zumal die Beschäftigung mit diesem Thema voraussichtlich nicht exklusiver wird, sondern im Zuge einer notwendigen Beschäftigung mit den eigentlichen Neuen Medien sukzessive Konkurrenz erhält. Anbetracht einer Popularität von Archäologie, wie sie aufgezeigt wurde, ist es an der Zeit, vermehrt Verantwortung zu übernehmen und sich als archäologische Wissenschaft mit den alltäglichen Repräsentationen von Archäologie in der Öffentlichkeit noch intensiver auseinanderzusetzen, als dies bisher geschehen ist. Diese Arbeit soll dazu beitragen, die Möglichkeiten der Darbietung der Archäologie in der TV-Dokumentation und damit in der Öffentlichkeit auszuloten und zu optimieren, dadurch dass adäquater auf wissenschaftliche Prozesse und Darstellungsweisen eingegangen werden kann. Dabei soll nicht wieder in die gleiche Kerbe gehauen werden, sondern konstruktiv Kritik geübt werden, Kritik, die sowohl wissenschafts- als auch publikumsorientiert ausgerichtet ist und nach Alternativen sucht, nicht zuletzt auch um Anregung zu liefern, die Öffentlichkeit als wichtigen Resonanzboden und als Justierscheibe in die Forschung zu integrieren und sich ihr gegenüber stärker zu öffnen.

Zentraler methodischer Ansatz der vorliegenden Arbeit ist eine vergleichende Analyse und Bewertung diverser Filmbeispiele aus der Gattung der Fernsehdokumentation. Um bestimmte Darstellungsformen von Archäologie im Dokumentarfilm herauszufiltern, wird dieser hinsichtlich seiner Realitätsaneignung und -vermittlung analysiert. Dabei wird exemplarisch untersucht, mit welchen „Authentisierungsstrategien“[10] und mit welchen filmischen Mitteln gearbeitet wird bzw. welche Funktion diesen Strategien und Mitteln schließlich bei der Darstellung der Archäologie und ihres Untersuchungsgegenstandes zukommt. Anhand von drei Filmbeispielen sollen so bestimmte Eigenschaften und Topoi, die die Darstellung von Archäologie prägen, herausgearbeitet werden, um die Wirklichkeitsferne und –nähe der bestehenden Konnotationen sowie reale Vorlagen zu überprüfen. Dabei wird besonders darauf geachtet, welches Bild von den Archäologen, ihrer Arbeit und ihres Untersuchungsgegenstandes gezeichnet wird.

Generell ist festzuhalten, dass die Auseinandersetzung mit der Thematik „Archäologievermittlung in populären TV-Dokumentationen“ keiner medialen, sondern einer wissenschaftlichen Logik folgt. Diese Untersuchung befindet sich dabei in einer gewissen Grauzone zwischen Archäologie und Filmwissenschaft. Obgleich im Rahmen dieser Arbeit methodische Anleihen in der Filmanalyse gemacht werden, bewegt sie sich in diesem Bereich vorsichtig und relativ laienhaft und hat als archäologische Auseinandersetzung mit der Thematik auch gar nicht den Anspruch, diesen Bereich vollständig abzudecken. Grundlage kann hierbei nur das methodisch angereicherte Grundwissen eines ausgiebigen Filmkonsumenten sein, da keinerlei Ausbildung im medienwissenschaftlich-filmanalytischen Bereich auf Seiten der Autorin besteht. Da entsprechende Rezeptionsstudien zu dieser Thematik nicht vorliegen, können auch die Zuschauerseite und die Frage der Wahrnehmung – im übertragenen wie im wörtlichen Sinne – nur aus diesem Blickwinkel betrachtet werden. Die archäologische Perspektive wird teilweise unter Zuhilfenahme geschichtswissenschaftlicher Ansätze zu dieser Thematik ergänzt, zumindest dort, wo sich sinnvolle Schnittstellen ergeben und einzelne Aspekte sinnvoll von Analysen der zeitgeschichtlichen Dokumentation auf die archäologische zu übertragen sind.

Für einen exemplarischen Einblick in die deutsche archäologische Dokumentationslandschaft werden in dieser Arbeit drei deutsche Dokumentationen zugrunde gelegt. Ein Kriterium bei der Filmauswahl war es zunächst, Beispiele zu wählen, die jeweils aus unterschiedlichen analytisch erschließbaren Ebenen bestehen. Relevant sind dabei zum Beispiel dramaturgische oder metaphorische Funktionen von Archäologie in der Dokumentation, Schilderungen eines Archäologentypus in seinen unterschiedlichen Facetten oder auch mediale, rezeptionsbedingte Voraussetzungen für Gestaltungsprinzipien. Daneben galt es, mindestens ein Beispiel zu finden, das den momentanen Status quo der deutschen archäologischen Fernsehdokumentation wiedergibt.

Obwohl es d i e archäologische Dokumentation nicht gibt, ist der erste Beispielfilm ein zumindest sehr typischer Vertreter der deutschen archäologischen TV-Dokumentation. „Karthagos geheime Kolonien“ ist eine Sendung in der ZDF-Reihe ‚Schliemanns Erben‘, die zunächst, bis sie in Terra X umbenannt wurde, unter der Marke ZDF Expedition zu sehen war. Die Reihe läuft seit Jahren regelmäßig und sehr erfolgreich am Sonntagabend zur Primetime und prägt seit Jahrzehnten maßgeblich das Bild der Archäologie im deutschen Fernsehen. Hauptsächlich verantwortlich für den Erfolg der Reihe ist Gisela Graichen, sie ist auch Co-Autorin der Beispielsendung. „Ähnlich wie Guido Knopp für die Zeitgeschichtsdokumentation prägte sie ein überaus beliebtes Fernsehformat, das im deutschen Fernsehen – sei es öffentlich-rechtlich oder privat – seinesgleichen sucht.“ [11] Die Einzelproduktionen der Reihe werden zahlreich verkauft und nehmen ihren Lauf durch die Sender. Das erste Beispiel steht in diesem Sinne stellvertretend für dieses einflussreiche Format und den momentanen archäologischen Doku-Mainstream. Auswahlkriterien bei „Karthagos geheime Kolonien“ waren nicht zuletzt auch der enorme Erfolg der Einzelsendung[12] sowie der vergleichsweise hohe Anteil an Szenen mit im weitesten Sinne archäologischem Geschehen. Dies war notwendig, um ein Mindestmaß an archäologischen Szenen als Vergleichsbasis zu garantieren.[13] „Karthagos geheime Kolonien“ wurde 2004 erstmals im ZDF ausgestrahlt und wird seitdem in zahlreichen Wiederholungen und auf unterschiedlichen Sendern ausgestrahlt.[14]

Das zweite Beispiel ist eine Einzelsendung des NDR mit dem Namen „Die Schlacht am Harzhorn“. Diese Sendung steht für ein anderes dokumentarisches Konzept der Präsentation archäologischer Arbeit und stellt im Prinzip einen Gegenentwurf zur klassischen Dokumentation à la ‚Schliemanns Erben‘ & Co dar. Ohne dem Ergebnis vorausgreifen zu wollen, soll mit diesem deutlich verschiedenartigen Exemplar der archäologischen Fernsehlandschaft eine sinnvolle Vergleichsbasis hergestellt werden. Die Produktion „Die Schlacht am Harzhorn“ wurde 2009 erstmals gesendet[15] und im Rahmen des archäologischen Filmfestival Cinarchea 2010 mit dem ‚Spezialpreis für Grabung und Methoden‘ ausgezeichnet.[16]

Beispiel Nummer drei, „Rätsel Römerschlacht“, ist eine Sendung, die im Auftrag des NDR parallel zu „Die Schlacht am Harzhorn“ produziert wurde und sich derselben archäologischen Grabung widmet. Sie wurde 2010 erstmals gesendet und wurde seitdem mehrfach wiederholt.[17] Dieses Beispiel liefert eine interessante Vergleichsmöglichkeit zu der Parallelsendung, da auf der Basis des praktisch identischen archäologischen Befundes unterschiedliche Darstellungskonzepte analysiert werden können. „Rätsel Römerschlacht“ verfolgt zudem in Teilen eine Präsentationsform von Archäologie, welche zwischen den beiden anderen Beispielen einzuordnen ist. Trotz der großen Gemeinsamkeiten der beiden NDR-Sendungen bewegt sich die zweite Produktion wieder auf geläufigere Formate zu und stellt teilweise eine Art Mischform aus klassischer Darstellungskonvention und unkonventionellem Format dar.

Der Aufbau der vorliegenden Arbeit gliedert sich grob in vier Abschnitte. Der erste Teil bildet die Datenbasis und widmet sich der Beschreibung des Darstellungsformates und der drei Beispieldokumentationen, dabei werden jeweils Inhalt und Handlungsablauf deskriptiv erfasst (vgl. 2).

Der zweite Teil wendet sich der Analyse der Dokumentationen zu, dazu werden die Filme systematisch in ihre Einzelteile zerlegt. Dies geschieht zum einen in Form von detaillierten Filmprotokollen, einer Methode, die aus der Filmanalyse entliehen wurde, und zum anderen in Form einer vergleichenden Auflistung der Filmkomponenten, die relevant sein können für die Fragestellung dieser Arbeit (vgl. 3 und Anhang Filmprotokolle bzw. Komponententabelle).

Auf dieser Grundlage wird dann im eigentlichen Hauptteil die Auswertung der gewonnenen Daten vorgenommen. Die Filme werden dazu wieder zusammengesetzt und in ihren Spezifika zu den Ausgangsfragen der Analyse in Bezug gesetzt (vgl. 4). Der Hauptteil ist wiederum in mehrere Abschnitte aufgegliedert. Unterpunkt eins widmet sich der Darstellung des ‚Archäologischen‘, das bedeutet zunächst, dass die diversen dargestellten archäologischen Tätigkeiten und Phasen untersucht werden, von der eigentlichen Grabung, über die Fundnachbearbeitung, die Geländeprospektion, Phasen der Konzeption und der Reflexion bis hin zur Darstellung interdisziplinärer Arbeit (vgl. 4.1.1.). Anschließend widmet sich dieser Teil dem Fund bzw. dem archäologischen Objekt in seinen diversen Präsentationsformen (vgl. 4.1.2.) und drittens dem Bild der einzelnen Akteure im Kontext einer archäologischen Grabung (vgl. 4.1.3.). Dabei liegt der Fokus zwar in erster Linie auf der Figur des Archäologen und seiner narrativen Rolle im Filmgeschehen, es werden jedoch auch andere beteiligte Personen ins Visier genommen, zuerst weitere Mitarbeiter und die Beteiligten der Grabung als Team, daneben aber auch externe Personen, die mehr oder minder peripher von der Archäologie tangiert werden.

In Unterpunkt zwei werden die Dokumentationen dann aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, dieser Teil der Untersuchung geht vermehrt auf die Thematik Narration ein. Die Filmbeispiele werden auf narrative Bausteine hin untersucht, die jeweils in ihren Auswirkungen auf das vermittelte Archäologiebild eingeordnet und bewertet werden können, dabei wird unterschieden zwischen visuellen und auditiven Bestandteilen. Zu den visuellen Bausteinen (vgl. 4.2.1.) zählen zum Beispiel das ‚Reenactment‘, welches eine filmkonzeptionelle wie archäologische Einordnung erfährt, sowie eingesetzte Bebauungs- und Geländemodellierungen. Auf der auditiven Ebene werden schließlich Kommentar und Filmmusik in entsprechenden Bezug zu den Ausgangsfragen gesetzt.

Bei Unterpunkt drei und vier werden dann zwei Aspekte gezielt herausgegriffen und eingehender betrachtet. Zum einen werden gesondert verwendete Klischees und Chiffren herausgearbeitet und entsprechend in ihrer Bedeutung für das vermittelte Bild von Archäologie eingeordnet (vgl. 4.3.), zum anderen werden der Aspekt von Aktualisierungen von Vergangenheit und die Frage, in welcher Form für den Zuschauer Bezüge zwischen Vergangenheit und Gegenwart hergestellt werden, und inwiefern diese in der Lage sind, auf die Relevanz von Archäologie hinzuweisen (vgl. 4.4.), untersucht.

Im letzten Teil werden die getätigten Untersuchungen abschließend in den größeren Zusammenhang von Archäologie, Medien und Öffentlichkeit gestellt und in ihren Konsequenzen für die Archäologie hinterfragt (vgl. 5.).

Angesichts der Bedeutung des Fernsehens für die Vermittlung von Archäologie verhält sich die archäologische Fachwissenschaft - vor allem die Klassische Archäologie - dieser Thematik gegenüber weitestgehend unentschlossen bis abweisend. Als ein Bereich, der nicht genuiner Forschungsgegenstand des Faches ist, beschäftigte man sich wenig mit dieser Thematik, der größte archäologische Anstoß kommt aus Bereichen der Ur- und Frühgeschichte, ansonsten von Historikern durch die Auseinandersetzung mit dem Geschichtsfernsehen und aus dem Medienbereich.

Dennoch wird der Darstellung archäologischer Forschung in den Medien in Deutschland in jüngster Zeit vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt, der kürzlich erschienene Band „Geschichte, Archäologie, Öffentlichkeit“ herausgegeben von Hans-Joachim Gehrke und Miriam Sénécheau fasst zum Beispiel Ergebnisse einer Konferenz zusammen, die als Kooperationsprojekt des DAI und der DFG-Forschergruppe 875 Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen der Gegenwart ausgerichtet wurde.[18] Es erscheinen neue Reflexionsansätze im innerfachlichen Diskurs der deutschen Archäologie, Aufsätze und Monographien erscheinen zunehmend auch im deutschsprachigen Raum. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Spannungsverhältnis Archäologie und Öffentlichkeit speziell mit Blick auf die Rolle der Medien ist zumindest zunehmend, sie steht jedoch angesichts der Popularität von Archäologie immer noch in einem vergleichsweisen Missverhältnis[19] und sollte noch deutlich intensiver stattfinden als bisher.[20] Auf Seiten des Dokumentarfilmes bestehen seit Jahren mehrere Plattformen, die nur von einem sehr begrenzten Kreis von Archäologen genutzt werden, so zum Beispiel mehrere europäische Archäologiefilmfestivals wie Icronos in Bordeaux, Kineon in Belgien, das Festival du film d’Archéologie in Nyon[21] oder Cinarchea in Kiel. So hat die Cinarchea beispielsweise im letzten Jahr in Kooperation mit der Gerda Henkel Stiftung ein Symposium zum Thema ‚Archäologie im Film‘ ausgerichtet.[22] Angesichts der hohen Sehbeteiligung bei archäologischen Dokumentationen stellt sich jedenfalls die Frage, warum sich die archäologische Fachwissenschaft - insbesondere die Klassische Archäologie - so zögerlich zeigt.

An dieser Stelle noch eine letzte vorausgehende Bemerkung zur Einordnung der Arbeit. Bewusst werden die aufgeführten Filmbeispiele ganz konkret in kleinteiliger Detailarbeit seziert, um relevante Einzelbestandteile und dramaturgische Grundstrukturen herauszuarbeiten. Um den letztendlichen Inhalt der Sendungen geht es dabei nicht, im Vordergrund stehen die konkrete Inszenierung „Archäologie“ und die Methoden ihrer narrativen Aufbereitung. Da die dokumentarische Fernsehlandschaft über ein fast unüberschaubar großes und diverses Angebot zum Thema Archäologie verfügt, können mit den folgenden Beispielen und daraus resultierenden Ergebnissen nur Grundlinien und generelle Tendenzen aufgezeigt werden, der Einzelfall kann unter Umständen ein gänzlich divergierendes Bild ergeben.

2. Beschreibung Datenbasis:

So wie bei der Beschreibung archäologischer Kontexte und bei der Erfassung dreidimensionaler Befunde ein Transfer von Daten in andere Formate vorgenommen wird, welcher grundsätzliche Probleme mit sich bringt, so besteht ein strukturell ähnliches Problem auch bei der Beschreibung der zu untersuchenden Dokumentationen. Es gilt, bewegtes Bild in Schriftform zu fixieren, ohne dabei interpretierend oder gar wertend vorzugehen. Bevor zu diesem Zweck im Rahmen angefertigter Filmprotokolle detailliert eine Zerlegung des Films in seine Einzelteile vorgenommen wird, soll in diesem Kapitel eine Einordnung des Genres und eine grundsätzliche Beschreibung der Beispielfilme erfolgen. Diese stellt den Versuch dar, „als Übersetzung der Bilder in Sprache die audiovisuellen Texte zumindest auf dieser Ebene greifbar und zitierbar zu machen.[23] Konkret werden im Folgenden zu jedem Filmbeispiel jeweils Ablauf und Inhalt in Worte gefasst. Die Beschreibung orientiert sich dabei schon am Erkenntnisinteresse, denn es soll deutlich werden, welche „Sinnangebote“ gemacht werden, wie die Fernsehtexte Bedeutung bilden, sowohl in Bezug auf die Kohärenz der Erzählung als auch in Hinblick auf die Kommunikation mit dem Zuschauer.[24]

2.1. Kompilationsfilm und Hybride Dokumentation

Von den vielen unterschiedlichen dokumentarischen Formen der deutschen Fernsehlandschaft soll hier die klassische Dokumentation im Vordergrund stehen. Dabei handelt es sich bei allen ausgewählten Beispielfilmen um Kompilationsfilme. Aus geschichtsdidaktischer Sicht unternimmt Bodo von Borries folgende Definition des Begriffs ‚Kompilationsfilm‘, die sich auch auf die archäologische Dokumentation übertragen lässt:

„Hauptgattung der geschichtlichen Dokumentation ist der ‚Kompilationsfilm‘, eine Kombination aus ganz verschiedener Bild- und Tonspur. Die Bildspur besteht aus ‚Filmdokumenten‘, vereinzelt auch aus Standfotos, abgefilmten Originalschauplätzen, interviewten Personen, […] verdeutlichenden Karten usw. Der gesamte Name ‚Dokumentarfilm‘ beruht auf dem Vertrauen in die tragende Kraft der ‚Filmdokumente‘.[25]

Die Tonspur, so Bodo von Borries weiter, bestehe in der Regel aus einem durchlaufenden Kommentar im Off, womöglich unterstrichen durch Filmmusik aus dem Off. Dort hinein werden unterschiedliche andere Originaltöne eingefügt, Interviews, Gespräche, Geräusche, etc. „Alle diese Fragmente sollen gerade nicht ‚Kommentar‘ sein, sondern ebenfalls ‚Dokumente‘. Trotz des Kommentars auf der Tonspur, der ja ‚Darstellungscharakter‘ besitzt, werden deshalb die ‚dokumentarischen’ Teile für gattungsbestimmend gehalten – und dominieren tatsächlich die Rezeption.[26] Wie im weiteren Verlauf dargelegt werden wird, finden sich in allen drei Beispielproduktionen typische Bausteine des Kompilationsfilmes wieder.

Zwei der drei Dokumentationen, „Karthagos geheime Kolonien“ und „Rätsel Römerschlacht“, sind zudem den hybriden Dokuformaten zuzuordnen, wobei „Hybridisierung“ [27] eine schon seit längerem festzustellende Vermengung mit nachgespielten bzw. fiktiven Szenen bedeutet.[28] Diese Tendenz einer „Verspielfilmung“ des Genres Dokumentation wird in einer Expertise der Landesanstalt für Medien von dem Journalisten Fritz Wolf als graduelle Abstufungen und Versuch beschrieben, aus der „Bildsprache fiktionaler Genres Erzähl-Elemente zu entnehmen, um damit jene Emotionalisierung der Stoffe zu erreichen, die auch an dokumentarische Sendungen inzwischen häufig als Maßstab angelegt wird.“ [29] Diese Form ist mittlerweile allgegenwärtig im deutschen Fernsehen, hybride Erzählformen gehören inzwischen zum Standard, mit seiner Feststellung und Prognose des „unaufhaltsamen Aufstiegs der Hybriden“ [30] aus dem Jahr 2003 sollte der Autor recht behalten.

2.2. Beschreibung der Filmbeispiele

2.2.1. „Karthagos geheime Kolonien“, ZDF

„Karthagos geheime Kolonien“ ist im Auftrag des ZDF von der Cinecentrum produziert worden. Sie Autoren der Sendung sind Gisela Graichen und Peter Prestel. Die Dokumentation hat etwa eine Länge von 45 Min und wurde 2004 zum ersten Mal gesendet.[31]

In dieser Dokumentation werden die „Kolonien“ Karthagos, Mozia, Selinunt und Pantelleria, das antike Cossyra, vorgestellt. Anhand der archäologischen Reste dieser „Stützpunkte“ wird stellvertretend für Karthago selbst, wo die archäologischen Hinterlassenschaften schwer zu greifen sind, den „Rätseln des geheimnisvollen Seereiches[32] nachgegangen. Nach dem Intro der Reihe ‚Schliemanns Erben‘ wird zu Beginn des Filmes dem eigentlichen „archäologischen“ Teil der Sendung eine Art Rahmenhandlung bzw. ein Filmintro in Form einer Spielszene vorangestellt. Die jeweiligen Grabungsleiter führen anschließend durch das Grabungsareal und die historischen Ereignisse, die dort verortet werden. Begleitet werden sie dabei jeweils von Gisela Graichen, der Autorin der Reihe. Im Laufe der Sendung stellt sie vor Ort im Gelände in interviewartigen Szenen Fragen zum historischen Kontext und zu einzelnen Befunden, die von den Archäologen jeweils beantwortet werden, indem grob historische Zusammenhänge skizziert werden oder vor Ort anhand einzelner Befunde auf die Fragen eingegangen wird. Ansonsten führt durchgehend ein Kommentar durch die Sendung, er gibt der Produktion ihre letztendliche Form und bildet den Hauptbezugspunkt für den Zuschauer, indem er historische Zusammenhänge erklärt, Ergebnisse zusammenfasst und Hintergrundinformationen gibt.

In den archäologischen Arealen finden zeitgleich mit den Filmarbeiten Grabungen statt. Dabei wird dem Grabungsteam teilweise in kurzen Sequenzen über die Schulter geschaut. Den größten Teil des Filmes stellt die Begehung oder Präsentation der archäologischen Stätten dar, wobei einzelne Grabungs- und anderweitige Untersuchungsbereiche näher vorgestellt werden. Neben der Grabung und der Präsentation archäologischer Objekte wird am Rande Einblick gewährt in einige andere archäologische Tätigkeiten, auch zuarbeitende fachexterne Wissenschaftsdisziplinen werden präsentiert. Das Ganze wird effektreich aufgearbeitet durch zahlreiche Einschübe unterschiedlicher Materialien, die Erklärungen und Veranschaulichungen bieten, so beispielsweise Landkarten, Fotos, externes Filmmaterial und Spielszenen. Besondere Prägung erfährt die Dokumentation nicht zuletzt auch durch eine durchgehende musikalische Begleitung. Soweit ein erster grober Überblick, im Folgenden soll näher auf die Handlung der Produktion eingegangen werden.

Im Intro der Reihe ‚ Schliemanns Erben ‘, sitzt ein „Archäologe“ mit Laptop zwischen archäologischen Ruinen vor einem beeindruckenden Landschaftspanorama. Die Szenerie bietet im Anschluss den Hintergrund für die Einblendung des Namens der Reihe, des Filmtitels sowie der Autoren der Sendung Gisela Graichen und Peter Prestel.[33] Wie schon erwähnt, folgt dann als Einstimmung oder Hinführung zum Thema eine Art rahmende Erzählung, die vermeintliche „historische“ Ereignisse illustriert.[34] In dieser fiktiven Spielszene wird Bezug genommen auf Schilderungen in Tacitus‘ „Annalen“ von einer Expedition, die Nero nach Karthago geschickt haben soll, um den Goldschatz der phönizischen Königin Dido aufzuspüren. Der Kommentar leitet dann zu den eigentlichen archäologischen Stationen der Sendung über, indem der Versuch einer Relativierung des Realitätsgehaltes dieser Schilderungen unternommen wird, schließlich müsse selbst Nero von der vollständigen Zerstörung Karthagos im Dritten Punischen Krieg gewusst haben. Nach einer kurzen Szene nicht definierter Grabungsarbeiten in einem tiefen Schacht, die die schwierigen archäologischen Bedingungen in Karthago illustrieren soll, beginnt die eigentliche Dokumentation und die Suche nach Informationen in den karthagischen Stützpunkten, von denen man sich mehr über die Karthager zu erfahren hofft, als dies angesichts der schwierigen Bedingungen in Karthago selbst der Fall ist.

Die Szenerie beginnt mit einem Sonnenaufgang, der Zuschauer begleitet Thomas Schäfer, wie er mit einem Boot entlang des antiken Damms auf die Insel Mozia gefahren wird.[35] Dort beginnt die „Spurensuche“. Schäfer und der italienischen Grabungsleiter begehen zusammen das Gelände und „rekonstruieren“ angeblich die antiken Funde, die dort schon Schliemann und Whitaker gemacht haben, in einem Exkurs wird auf die Anfänge der Grabungsgeschichte kurz eingegangen.[36] Anschließend werden zahlreiche Funde von Mozia präsentiert, die aus vielen Bereichen des Mittelmeers stammen und illustrieren sollen, wie einflussreich und wohlhabend Karthago in damaliger Zeit gewesen sein muss.[37] In diesem Zusammenhang wird Thomas Schäfer zu Ursachen der Vernichtung Karthagos befragt, woraufhin er wirtschaftliche Stärke und Neid als wesentliche Faktoren benennt. Im Folgenden wird zu einem kultischen Thema übergegangen, wobei zum ersten Mal eine archäologische Grabungstätigkeit filmisch dokumentiert wird.[38] Im Bereich einer punischen Kultstätte werden an der Oberfläche sichtbare Urnen freigeputzt. Nachdem Hinweise auf weitere gefundene Urnen und Kindergrabsteine gegeben wurden, entspinnt sich eine Diskussion zur Frage punischer Kinderopfer. Danach wird kurz auf die Problematik der Bewertung antiker Schriftquellen eingegangen, bevor das Kamerateam eine „wissenschaftliche DNA-Untersuchung“ in einem Labor begleitet, um dort Genaueres zu erfahren.[39] Daraus ergeben sich vermeintliche Indizien, die gegen die Theorie von Kinderopfern sprechen. Unmittelbar im Anschluss wird - in scharfem Kontrast zur Thematik der Kinderopfer - der „Jüngling von Mozia“ präsentiert und als Gegenbild zu dem in den antiken Texten vermittelten Bild des „kulturlosen Barbaren“ aufgebaut.[40] Seine Benennung als Wagenlenker, geschaffen von Griechen, leitet über zum letzten Abschnitt vom Themenbereich Mozia, dem Untergang der Stadt im Kampf um Sizilien zwischen Selinunt und Segesta.[41] Parallel zu Schilderungen der kriegerischen Auseinandersetzungen werden Szenen von fahrenden Schiffen eingeblendet, dann im Wechsel Brandspuren im archäologischen Befund und angedeutete Kampfszenen. Mit den kriegerischen Auseinandersetzungen in Mozia und der Erwähnung des Dionysios wird schließlich zur zweiten Station der Dokumentation, Selinunt übergeleitet.[42] Einleitend werden u. a. Nachtaufnahmen des Heratempels und die Metope Europa mit Stier gezeigt, gleichzeitig wird Selinunt als „Bollwerk und letzter Vorposten Europas gegen den Orient[43] bezeichnet. Anschließend werden farbige Zeichnungen des Empedoklestempels und Bruchstücke farbiger Architekturornamente, die „uns zum ersten Mal die herrlich sinnlich bunte Farbigkeit der Antike enthüllten[44] präsentiert. Der Zuschauer findet sich dann in Grabungsarealen von Selinunt wieder, Dieter Mertens wird im Kran bei der „fotografischen Dokumentation“ des Gebietes begleitet, wobei man einen ersten Eindruck von der Größe der Ausgrabungsstätte und der geplanten Stadtanlage bekommt. Im weiteren Verlauf wird Gisela Graichen von ihm über die Akropolis geführt. In einem Interview werden Modellhaftigkeit und Modernität der Stadtanlage thematisiert.

In einem kleinen Exkurs zu Segesta, unterlegt mit eindrucksvollen Bildern des dorischen Tempels und der hellenistischen Theateranlage, werden vom Kommentar rudimentär Ursache, Ablauf und Ausgang der Auseinandersetzung zwischen Segesta und Selinunt skizziert[45] , um dann - nach einer weiteren Szene mit fahrenden Schiffen und Ruderern - einen neuen Tag auf der Grabung in Selinunt beginnen zu lassen und dem Zuschauer die historisch überlieferte Vernichtung Selinunts 409 v. Chr. archäologisch „greifbar“ zu machen.[46] Nachdem der Kommentar Schilderungen Diodors über Plünderungen, Vergewaltigungen etc. durch die Karthager wiedergegeben hat, bestätigt Dieter Mertens in einem weiteren Interview die Übereinstimmung von historischen Quellen und archäologischem Befund. Das „Schlachtfeld“ Selinunt wird dem Publikum durch entsprechende archäologische Funde, einschließlich eines Skelettfundes, auf der Agora vermittelt. Zur Illustration genannter „Fakten“ werden zudem Bilder einer schnellen Kamerafahrt durch die archäologischen Reste Selinunts teilweise mit Zeichnungen von Straßenschlachten transparent überlegt, hinzu kommen detaillierte Beschreibungen des „grausamen Gemetzels[47] durch den Kommentar. Danach zeugen noch weitere Waffenfunde vom Kampfgeschehen. Anschließend erklärt Dieter Mertens Baubefunde zur Verteidigungsanlage, die Dionysios danach erbauen ließ, und erklärt die neue Verteidigungsstrategie anhand archäologischer Reste. Der Veranschaulichung dienen ein Miniaturholzmodell der Verteidigungsanlage und Zeichnungen der Katapultanlagen.

Die Eroberung durch Dionysios hielt jedoch nicht lange an, „die Karthager kamen zurück, Selinunt wurde eine punische Stadt“[48] , entsprechend werden im Folgenden das Aufeinandertreffen und die Akkulturation zweier Kulturen im archäologischen Befund nachvollzogen. Dieter Mertens zeigt Gisela Graichen das Nebeneinander von punischer Zisterne und griechischem und punischem Mauerwerk, zudem werden „Keramikdetektive“[49] und ihre Ergebnisse zu den unterschiedlichsten Herkunftsorten der Funde vorgestellt. Schließlich begleitet der Zuschauer Dieter Mertens und seinen Kollegen Thomas Schäfer bei der Begehung einer punischen Kultstätte, die sich in einem ehemals griechischen Tempel befindet.[50] Der Besucher Thomas Schäfer leitet dann - in einem Gespräch der beiden Archäologen zum punischen Heiligtum - zur dritten und letzten Station der Dokumentation über, indem er auf vergleichbare punische Mosaikformen im archäologischen Befund von Pantelleria verweist.

Nach einer erneuten Zwischensequenz von Schiffsszenen wird in einem ausführlichen historischen Exkurs zunächst auf die Geschichte Pantellerias im Zweiten Weltkrieg eingegangen.[51] Historisches Foto- und Filmmaterial berichtet vom Beginn der alliierten Invasion Europas 1943, aktuelle Filmaufnahmen zeigen dann heutige Reste der italienischen Militäranlagen. Diesem Intro folgt ein Sprung 2000 Jahre zurück zu den Kämpfen Roms gegen Karthago. Durch einen Flug über das heutige Pantelleria bekommt der Zuschauer einen ersten Eindruck von dessen Akropolis - "Klein Karthago"[52] wird Cossyra genannt. Dort sind die Grabungen in vollem Gange und es werden Funde aus dem Zweiten Weltkrieg freigelegt und in Kisten gepackt. Kurz wird Massimo Osanna von der Universität Matera als Leiter des italienischen Teams der deutsch-italienischen Grabungen vorgestellt, im weiteren Verlauf übernimmt dann aber Thomas Schäfer als deutscher Grabungsleiter die Führung durch das archäologische Gelände, wobei zunächst auf die Zisternen im Gelände eingegangen wird. Während Thomas Schäfer Gisela Graichen die größte Zisterne auf der Spitze der Akropolis zeigt, berichtet er von „seiner“ These, dass diese sich auf Grund ihrer Größe vermutlich unter einem öffentlichen Gebäude befunden hat: „gemeinhin erwartet man hier ein Heiligtum, einen Tempel“.[53] Um unter anderem diesem Tempel auf die Spur zu kommen, wird im weiteren Verlauf eine Drachenkamera steigen gelassen, um möglichst detailgetreue topographische Aufnahmen des Geländes zu erstellen, mit denen dann eine Rekonstruktion der antiken Bebauung vorgenommen werden soll. Vermessungs- und Geomatikstudenten vermessen dazu das Gelände.[54] An dieser Stelle wird den Ereignissen vorgegriffen und es werden sensationelle Funde angekündigt, die sich später noch ereignen werden. Zunächst wird jedoch in „Nachtarbeit[55] im Grabungshaus das erste dreidimensionale Geländemodell erstellt. Hierzu werden laut Kommentar die topographischen Aufnahmen erfasst und an das Landeskoordinatensystem angepasst. Unmittelbar im Anschluss erlebt der Zuschauer dann einen ersten virtuellen Flug über Pantelleria und die Akropolis mit punischer Bebauung.

An dieser Stelle erfolgt ein Orts- und Themenwechsel, eine Unterwasserarchäologin bereitet ihren Tauchgang vor. Bevor der Zuschauer sie dann bei ihrer „Suche“ nach Amphoren begleitet, wird ein Schiffswrack eingeblendet, um kurz auf die Flüchtlingsproblematik im Mittelmeer hinzuweisen.[56] Während des Tauchgangs wird dann auf die historische Bedeutung von Pantelleria im Schnittpunkt der alten Seehandelsrouten hingewiesen, die sich besonders unter Wasser zeige. Benannt werden zahlreiche antike Wracks, die schon entdeckt wurden, mit Amphoren aus allen Bereichen des Mittelmeers. Des Weiteren wird eingegangen auf die wirtschaftliche Funktion Pantellerias im karthagischen Seereich und die Bedeutung des Handels mit Rohstoffen. Neben Aufnahmen der Unterwasserflora und -fauna werden auch Amphoren „gefunden“.

Im weiteren Verlauf begleitet der Zuschauer wieder das Geschehen auf der Grabung, unter anderem begleitet die Kamera eine Zisternenuntersuchung, bzw. den Versuch einer Untersuchung, denn die „Zisternenspezialistin“ wird von einer Wasserschlange „überrascht“ und unterbricht die Untersuchung.[57] Die nächste Filmszene fängt unterschiedliche Eindrücke einer Grabung auf: Eimer werden mit Erdreich gefüllt, ein Bagger räumt „Schutt[58] weg, Grabungshelfer beim Abkühlen, Vermessen o. ä., inmitten der Szenerie stehen Thomas Schäfer und Gisela Graichen sich angeregt unterhaltend. Der Sprecher berichtet von den Erwartungen des Ausgräbers und der Überraschung über den Befund einer karthagischen Stadt. Danach wird es wieder konkreter und der Zuschauer begleitet die Grabungen im Bereich des Haupttores der Stadtmauer, dabei wird ein Steinblock mühsam wegbewegt und in diesem Zusammenhang auf die historischen Ereignisse und die Einnahme Pantellerias durch Rom im späten 3. Jahrhundert eingegangen.[59]

Im nächsten Abschnitt sieht man den italienischen Archäologen Pierfrancesco Vecchio beim Vermessen mächtiger Torwangen. Er unterhält sich mit Thomas Schäfer bis Gisela Graichen hinzukommt und Thomas Schäfer zu der Mauer befragt, die sich mitten auf der Straße zum punischen Stadttor erhebt. Dieser macht daraufhin deutlich, wie exemplarisch in diesem Fall im Befund die Begegnung zweier Kulturen festzustellen ist: Die karthagische Straße diente als Fundament für eine römische Festungsmauer. Dabei wird von Thomas Schäfer bezüglich der Machtdemonstration einer solchen Mauer auf die Gefahr eingegangen, die Karthago seines Erachtens für Rom im 2. Jahrhundert immer noch dargestellt habe.[60]

Ein Zwischenruf unterbricht dann das Gespräch, in einer Zisterne wurde ein Marmorkopf gefunden und es herrscht allgemeine Aufregung ob des „Sensationsfundes“.[61] Schäfer übernimmt vor Ort und legt den Fund frei. Der Frauenkopf wird sofort Antonia Minor zugeordnet, im Folgenden werden Mutmaßungen angestellt, wie der Kopf einer Nichte des Augustus in eine punische Zisterne gelangt. Dazu gibt es einen kurzen Ortswechsel nach Rom und zu Filmszenen eines Triumphzuges, der für 254 dort zu Ehren der Konsuln überliefert ist, die das antike Cossyra erobert haben.[62] Der italienische Grabungsleiter Massimo Osanna betont, von welcher Bedeutung die Besetzung für Rom war. Cossyra wurde, so wird es vermutet, auf Grund seiner strategischen Lage in den Punischen Kriegen nicht zerstört, sondern von den Römern weiter benutzt.

In der darauf folgenden Szene wird auf die anfängliche Spielszene und die Expedition Neros Bezug genommen, denn es kommt ein kleines Stück Gold zum Vorschein, welches dann quasi als Beleg dafür präsentiert wird, dass in den sogenannten Kolonien tatsächlich viel mehr zu erforschen ist als in Karthago selbst.[63] Auf einem Ausflug mit dem Auto ins Landesinnere begleitet der Zuschauer Thomas Schäfer schließlich auf der „Suche“ nach punischen Siedlungen.[64] Er wird dabei gleich fündig, da die Keramik zum Teil an der Oberfläche liegt. Neben weiteren Formen der Akkulturation wird eine punische Kultstätte am See der Venus gezeigt, die auch von den Römern geehrt wurde. In ihrer Mittagspause sitzen Schäfer und Osanna dann in eben diesem See beim Schlammbad und unterhalten sich angeblich über die Doppelverehrung des Astarteheiligtums.[65]

Auf der Akropolis von Pantelleria gibt es derweil den zweiten Sensationsfund: In derselben Zisterne, in der auch der erste Kopf gefunden wurde, liegt eine Büste von Julius Cäsar.[66] Thomas Schäfer sitzt zusammen mit seinem Kollegen Massimo Osanna in der Zisterne und die beiden diskutieren den Fund. Vom Kommentar wird vermutet, dass er dort vor zwei Jahrtausenden mit Opferbeigaben deponiert wurde und wie der Kopf der Kaiserpriesterin zu einem Kaiserkult-Heiligtum in der römischen Festung gehörte. Zusätzlich wird der Zuschauer informiert, dass kurz nach den Filmarbeiten ein weiterer Kopf des Kaisers Titus gefunden wurde. An der Fundstelle herrscht helle Aufregung, alle kommen begeistert heran, um einen Blick auf den Kopf zu werfen. Schließlich wird er unter allgemeinem Jubel von Schäfer geborgen, dem Team präsentiert und verpackt. „Das erlebt man nur einmal, eine Sternstunde für Archäologen aber auch für die Filmemacher[67] .

Ein roter Faden ist schwierig festzumachen. Die einzige Frage, die aufgeworfen wird, ist die nach der angeblichen Grausamkeit der Karthager, die angesichts der beeindruckenden Kunstwerke, die sie schufen oder besaßen, wohl keine „Barbaren“ gewesen sein können. Die Akkulturation wird zwar häufig benannt und illustriert, das Thema wird jedoch nicht konsistent behandelt und die entsprechende Frage wird nicht formuliert. Die einzelnen Stationen werden gezeigt, jedoch unabhängig vom Ausgangspunkt, dass man sich in den „Kolonien“ Karthagos mehr Informationen erhofft, angesprochen. Das Thema der Sendung ist so ein Potpourri aus karthagischen, römischen und griechischen „Befunden“. Kurz vor dem finalen „Sensationsfund“ wird dann alles zusammengefasst mit einer künstlichen Wiederaufnahme der Expedition Neros durch den kleinen Goldfund, der als weiterer Beleg dafür stünde, dass die Karthager keine „Barbaren“ gewesen sein können.

2.2.2. „Die Schlacht am Harzhorn“, NDR

„Die Schlacht am Harzhorn“ ist eine NDR-Dokumentation der Regisseurin Angela Sonntag, sie wurde Dezember 2009 erstmals ausgestrahlt und ist circa 30 Minuten lang.[68] Im Rahmen des Archäologiefilmfestivals Cinarchea wurde sie 2010 mit dem ‚Spezialpreis Grabung und Methoden‘ ausgezeichnet.[69]

In dieser Fernsehdokumentation werden die archäologischen Grabungen am Harzhorn in Niedersachsen begleitet, die dort 2009 eingeleitet wurden, nachdem Sondengänger römische Funde gemacht hatten. Die Dokumentation steigt in einem relativ frühen Stadium der Grabungen ein und begleitet sie in ihrer weiteren Entwicklung. In Rückgriffen werden jeweils zurückliegende Funde, Ereignisse und schon gewonnene Ergebnisse geschildert, die für das Verständnis und den Ablauf der Sendung relevant sind. Die Produktion folgt dabei den archäologischen Grundfragen: Wie kommen römische Funde in den Harz? Handelt es sich am Harzhorn um den Ort eines Schlachtgeschehens? Wann haben diese Ereignisse stattgefunden? Da keine historischen Texte vorliegen, ist der Befund gegenständlicher Ausgangspunkt der Forschungen und des Filmes. Die Lokalisierung einer Schlacht wird von frühen archäologischen Hinweisen über konkretere Belege bis hin zu ersten Theorien zum Schlachtablauf verfolgt. Das Filmteam ist dazu auf der Grabung unterwegs und beobachtet genau und detailreich die jeweils anfallenden archäologischen Tätigkeiten. Immer wieder werden zwischendurch Arbeitsweisen fachexterner Wissenschaftler vorgestellt und teilweise werden Nebenschauplätze besucht, um historische Hintergründe zu beleuchten. In Statements vieler Beteiligter werden Informationen zu unterschiedlichen Arbeitsmethoden und Verfahren einer archäologischen Grabung vermittelt, Grundcharakteristika der archäologischen Forschung skizziert, archäologische Zusammenhänge erklärt und Arbeitsthesen formuliert. Die beteiligten Archäologen geben zudem Zusatzinformationen zum historischen Hintergrund. In den meisten Fällen sind die Mitarbeiter dabei vor Ort bei der Ausführung ihrer jeweiligen Arbeiten zu sehen. Durch die Dokumentation führt auch in dieser Dokumentation ein Kommentar, der Zusammenhänge erklärt, für eine gewisse Grundorientierung sorgt und bestimmte Einordnungen vornimmt. Zusatzinfos und Veranschaulichungen werden sehr gezielt gegeben, Nachspielszenen bzw. ‚Reenactmentszenen‘ werden nicht eingesetzt, es existiert keine fiktive Rahmenhandlung, in die Befunde eingebettet werden. Gefilmt wird, was tatsächlich gerade bei der Grabung und an den jeweiligen Arbeitsplätzen geschieht, es werden keine Szenen aufwendig nachgestellt. Zusätzliche film- oder tontechnische Effekte werden gezielt und sparsam eingesetzt, auf Filmmusik wird praktisch komplett verzichtet.

Gleich im Intro der Dokumentation kommen als Einführung in die Thematik Archäologie unterschiedliche Beteiligte auf der Grabung zu Wort und beschreiben in wenigen Worten deren unterschiedliche Aspekte: Spannung, Sensation, wissenschaftliches Arbeiten unter Hochdruck im Dreck, die Problematik vieler Deutungsmöglichkeiten, die Bedeutung des Fundes als Mosaiksteinchen in einem Bild und das Ausgraben einer Geschichte von Angst und Blut und Tod. Gleichzeitig werden unterschiedliche Arbeiten im Zusammenhang einer archäologischen Ausgrabung gezeigt. Nach Einblendung des Filmtitels „Schlacht am Harzhorn. Roms vergessener Feldzug“ wird zunächst ein Überblick gegeben über Lage, Bedeutung und Beginn der Grabungen, bevor der Zuschauer die erste wichtige Fundfreilegung verfolgen kann.[70] Ein Student präpariert den Knochen eines Pferdes, Maultieres oder Esels frei, der unter Umständen wesentliche Erkenntnisse zur zeitlichen Einordnung der Ereignisse liefern kann, dafür jedoch erst datiert werden muss. Erst am Schluss der Sendung, wenn die Ergebnisse vorliegen, wird auf die Bedeutung dieses Fundes wieder eingegangen. Da solche Fundfreilegungen bei dieser Grabung jedoch eher selten sind, wird zunächst die Prospektion mit Metalldetektoren vorgestellt, bei der zwei Grabungstechniker das Gelände nach Metallfunden sondieren.[71] Der Zuschauer erfährt, dass schon 1000 Teile römischer Herkunft gefunden wurden. Ursprünglich waren es jedoch nur einige wenige römische Waffen und Ausrüstungsteile, die den Ausschlag gaben, 2008 schließlich die Grabungen einzuleiten. Während sie gezeigt werden, wird von den ersten skeptischen Reaktionen der Ämter berichtet, da man bisher davon ausging, dass keine antiken Quellen Römer am Harzhorn belegen, und die Varusschlacht bisher als letztes Ereignis römischer Militärgeschichte in Germanien galt. Folgende Grundfragen bestimmen im weiteren Verlauf die archäologische Forschung und fungieren gleichzeitig als dramaturgische Richtschnur: „Wie kamen die Römer in den Harz? Warum und gegen wen haben sie gekämpft? Wie ist die vermutete Schlacht abgelaufen? Wer hat gesiegt und schließlich wann war diese Schlacht am Harzhorn?“ [72]

In der nun folgenden Szene werden Münzfunde gezeigt, die von einer Restauratorin untersucht werden.[73] Sie wurden schon 2009 am Harzhorn von den Sondengängern entdeckt und sind mindestens 200 Jahre nach Varus geprägt worden. Auf Grund der Münzfunde wird eine Verbindung zu Maximinus Thrax hergestellt, zu dessen Funktion und Fähigkeit sich Günther Moosbauer als Römerexperte äußert.[74] Maximinus Thrax führt dann zunächst nach Mainz bzw. Mogontiacum, einem ehemaligen militärischen Großstützpunkt, und zu einem rekonstruierten Teilstück des Limes bei der Saalburg. Darauf folgt ein Abriss über die historischen Ereignisse und die Bedrohungen am Limes im Verlauf der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts, die bis zur letztendlichen Ermordung Severus Alexanders durch seine Soldaten und die Ausrufung Maximinus Thrax zum neuen Kaiser führten. Anschließend wird wieder ein Bogen nach Mainz gemacht, um dort die archäologischen Reste der römischen Militäranlage zu zeigen. Über dazu eingespielte Geräusche marschierender Soldaten und Bilder rekonstruierter römischer Stiefeln mit genagelten Schuhsohlen wird wieder übergeleitet zur Grabung und weiteren wichtigen Funden, die bei der Geländeprospektion gerade gemacht werden. Es handelt sich um Nägel von römischen Ausrüstungsteilen,[75] sie stecken überall im Boden und werden als unmittelbare Indizien für die Anwesenheit von Legionären am Harzhorn präsentiert.

In einem Exkurs zum rekonstruierten Kastell Saalburg wird anschließend veranschaulicht, wie ein Auxiliarlager des 3. Jahrhunderts aussah,[76] daneben werden Vermutungen angestellt über einen möglichen Zug des Maximinus Thrax von dort aus nach Germanien. Günther Moosbauer stellt nun die These auf, dass es sich bei den historischen Quellen, die von einem Feldzug des Maximinus Thrax 30 Meilen weit nach Germanien hinein berichten, um einen Übersetzungsfehler handelt. In alten Texten sei von sehr viel mehr Wegstrecke die Rede gewesen, so dass auch das Harzhorn unter Umständen in der Reichweite dieses Feldzuges gelegen haben könnte.

Anschließend werden zu Wald- und Landschaftsaufnahmen bekannte Probleme der römischen Legionen mit den dichten Wäldern Germaniens und einem schwer fassbaren Feind benannt.[77] Nach weiterführenden Erklärungen zu germanischen Lebens- und Wirtschaftsweisen, Bündnistaktik etc. wird schließlich die Frage nach germanischen Spuren am Harzhorn beantwortet. Der Zuschauer bekommt eine restaurierte germanische Speerspitze gezeigt.[78] Diesem ersten Hinweis auf germanische Anwesenheit nachfolgend zeichnet Grabungsleiter Michael Meyer ein differenziertes Bild, wie man sich die germanischen Truppen vorzustellen habe, die im 3. Jahrhundert viele erfolgreiche Überfälle ins Römische Reich führten. Es wird eine „Arbeitshypothese“[79] aufgestellt, wie das Aufeinandertreffen von Germanen und Römern am Harzhorn stattgefunden haben könnte. Die Archäologen gehen davon aus, dass eine relativ schlagkräftige germanische Truppe, die mit dem Gelände vertraut war, an einer Engstelle zwischen zwei Harzausläufern irgendwie ein Weiterkommen verhinderte und die Römer zwang, über das Harzhorn und hinein in den Wald und in den Hinterhalt zu manövrieren. Zurück auf der Grabung sollen nun Antworten gefunden werden. In der anschließenden Sequenz werden zunächst jedoch grundsätzliche Dinge einer Grabung, wie bestimmte Arbeitscharakteristika aber auch konkrete Tätigkeiten benannt und gezeigt. Diese Bilder und Erklärungen werden durch Erfahrungsberichte von StudentInnen ergänzt.[80]

Im Anschluss werden geomagnetische Messungen gezeigt und das Verfahren des Airborne Laserscannings vorgestellt, mit welchem ein virtuelles Modell des Harzhorns ohne Bewuchs erstellt werden konnte.[81] An diesem virtuellen Modell wird schließlich von den Archäologen für den Zuschauer eine These zum Schlachtablauf visualisiert, die besagt, dass die Römer von Norden kamen und vermutlich auf dem Rückzug ins Winterlager waren. Eingeblendete archäologische Funde[82] illustrieren den hohen Materialaufwand beim Erklimmen des Harzhorns.

Im Rahmen eines Gespräches zwischen zwei Archäologen zu einem gefundenen, römischen Katapultbolzen und anderen Waffengattungen werden vorsichtig weitere Vermutungen zur Anzahl der römischen Kampfeinheiten geäußert.[83] In der darauf folgenden Szene wird dem Zuschauer die massive Durchschlagskraft eines Katapultbolzens mit Hilfe eines nachgebauten Katapultes nahe gebracht.[84]

Anhand des virtuellen Modells des 3D-Scans werden weitere mögliche Rekonstruktionen des Geschehens am Harzhorn durchgespielt und dabei die These vertreten, dass die Römer als Sieger aus dem Gefecht hervorgingen. Ein kleiner Hohlweg hätte ihnen den Vorteil verschaffen können, sich auf dem Harzhorn neu aufzustellen, um dann übermächtig gegen die Germanen vorzugehen.[85] Im Folgenden werden die bisherigen Ergebnisse zusammengefasst und weitere mögliche Fragen zum Geschehen formuliert.[86] Auch wenn man bis dato vermutet, dass die Römer siegreich aus dem Kampf hervorgingen, bleibt fraglich, was das mögliche Ziel der Germanen beim Vorgehen gegen die Römer war und in welcher Form die Auseinandersetzungen verliefen: Rückzugsgefecht, Scharmützel oder pure Machtdemonstration? Es wird vermutet, dass die Römer keine Zeit mehr hatten, das Schlachtfeld abzuräumen, da sie zurück ins Winterlager mussten. Dennoch sind bis auf ein Fragment eines Kettenhemdes, das gezeigt wird, weder Teile der persönlichen Ausrüstung gefunden worden, noch wurden menschliche Opfer der Schlacht nachgewiesen.

Nach einem Vergleich zwischen der archäologischen Situation in Kalkriese, wo eine römische Armee vernichtet wurde und viele Teile der persönlichen Ausrüstung zutage kamen[87] , und der Situation am Harzhorn, wo Nahkampfwaffen, Teile der Schutzwaffen und der persönlichen Ausrüstung der Legionäre etc. fast komplett fehlen, wird schließlich der vorläufige Schluss gezogen, dass vermutlich kein Nahkampf stattgefunden hat.[88] Eine lange Spur von Nägeln über den Rücken des Harzhornes wird als mögliche Abmarschrichtung nach Wesen interpretiert und spräche so für einen geregelten Abzug. Drehe man, so Michael Meyer, die Koordinaten jedoch um und die Römer kamen aus der anderen Richtung, ergäbe sich wieder ein ganz anderes Bild.[89] Nach einer letzten Szene der Geländeprospektion am Bergrücken, über den sich die fünf Kilometer lange Spur der römischen Schuhnägel zieht[90] , stellt der Kommentar schließlich fest, dass die Grabung noch Jahre dauern wird, bis alle Funde dem Boden entlockt sein werden.

Als Letztes werden die vorliegenden Ergebnisse zu dem Tierknochenfund vom Anfang der Sendung präsentiert.[91] Es handelt sich um den Knochen eines Pferdes, welches ins Zeitschema des 3. Jahrhunderts passt, und damit möglicherweise um das erste gefundene Lebewesen der Schlacht am Harzhorn. An dieser Stelle wird schließlich als mögliche historische Einordnung der Ereignisse am Harzhorn ein historischer Bericht der Rückkehr des Maximinus Thrax als Germanicus von einem erfolgreichen Feldzug gegen Germanien erwähnt, bei dem die Germanen in einem Moorgebiet geschlagen worden seien. So bleibt am Ende der Dokumentation neben einigen offenen Fragen eine vage Hoffnung, dass die weiteren Forschungen am Harzhorn irgendwann vielleicht zu diesem Ort führen werden.

2.2.3. „Rätsel Römerschlacht“, NDR

Die dritte Dokumentation „Rätsel Römerschlacht“ ist von Regisseur Florian Dedio und den Looks Medienproduktionen im Auftrag des NDR produziert worden. Die Sendung ist circa 45 Minuten lang, wurde im August 2010 erstausgestrahlt und seitdem in mehreren Wiederholungen gesendet.[92]

Die Sendung spielt am gleichen Ort des Geschehens und wirkt im Prinzip wie eine Überarbeitung von „Die Schlacht am Harzhorn“, ist jedoch parallel entstanden. Beiden Regisseuren wurde der Programmvorschlag vom NDR unterbreitet, zu den Befunden am Harzhorn einen Film zu drehen, schließlich kamen zwei unterschiedliche Filme dabei heraus, die beide gesendet wurden. Der Regisseur betont, dass es sich um kein Konkurrenzunternehmen gehandelt hat, sondern im Gegenteil eine enge Zusammenarbeit stattfand, vereinzelt wurde sogar auf das gleiche Filmmaterial zurückgegriffen, „Rätsel Römerschlacht“ war in der Postproduktion jedoch deutlich aufwendiger und wurde deshalb zu einem späteren Sendetermin gezeigt.[93] Die grundsätzlichen Ereignisse unterscheiden sich dabei nicht groß von „Die Schlacht am Harzhorn“. Der Hauptunterschied liegt in der anderen dramaturgischen Struktur der Handlungsabläufe, in Unterschieden bei bestimmten Darstellungsformen und in der Aufnahme von Elementen, die in der anderen Produktion nicht vorkommen. Somit ist „Rätsel Römerschlacht“ mit knapp 45 Minuten letztendlich auch deutlich länger.

Wie in der anderen Produktion begleitet das Filmteam wieder die archäologischen Grabungen am Harzhorn und beobachtet ähnlich genau und detailreich die archäologischen Arbeiten. Neben der Grabung werden auch in diesem Fall andere Tätigkeiten, Arbeitsplätze und fachexterne Wissenschaftler vorgestellt. Statements beteiligter Personen entstammen zwar einem kleineren Kreis leitender Personen, sie werden jedoch sehr häufig eingesetzt, um Eindrücke und Informationen zu unterschiedlichen Arbeitsmethoden und Verfahren im Umfeld einer archäologischen Grabung zu vermitteln. Die beteiligten Archäologen skizzieren auch den jeweiligen historischen Hintergrund, sie werden dabei jedoch anders in Szene gesetzt, als dies in „Die Schlacht am Harzhorn“ geschieht. Durch die Dokumentation führt auch in diesem Fall ein Kommentar. Zusatz- und Hintergrundinformationen werden ähnlich gezielt wie im anderen Film in Form von Landkarten und virtuellen Modellen gegeben, allerdings findet in diesem Fall eine gänzlich andere Form der Veranschaulichung der Befunde für den Zuschauer statt. In regelmäßigen Abständen werden sogenannte ‚Reenactmentszenen‘ zwischengeschaltet, die formulierte Theorien durch die Rekonstruktion von Kampfhandlungen und Befunden visualisieren sollen. Eine durchgehende Filmmusik steht ebenfalls im Kontrast zur Umsetzung in der anderen Harzhorndokumentation.

Diese Fernsehsendung arbeitet wie „Die Schlacht am Harzhorn“ mit einem Spannungsbogen, in dessen Verlauf nach wissenschaftlichen Erklärungen für römische Funde am Harzhorn gesucht wird, findet jedoch einen anderen narrativen Einstieg in die Ereignisse am Harzhorn. Der Film beginnt mit einer Illustration der impulsgebenden Ereignisse und Funde, die schließlich zu den archäologischen Grabungen am Harzhorn führten.[94] Die archäologische Arbeit wird in der Folge wie eine kriminalistische Ermittlung aufgebaut, die Bilder erzählen dem Zuschauer in chronologischer Reihenfolge - ausgehend von der Auffindung der ersten „Amateur“-Funde bis zum Ende der Grabungssaison - die archäologischen Untersuchungen zum Schlachtgeschehen am Harzhorn. Dieses „Tatort-Syndrom“[95] prägt die gesamte Sendung und wird dramaturgisch in einem geschichteten Spannungsaufbau umgesetzt. Ausgangspunkt der Erzählung sind mittelalterliche Legenden, nach denen am Harzhorn eine Burg gestanden haben muss. „Hobbyarchäologen“ machten sich daraufhin auf die Suche und wurden fündig, 2008 baten sie schließlich um Mithilfe bei der Identifizierung eines vermeintlichen „Kerzenständers“, soweit das Intro zum Film.

Nach einer ‚Reenactmentszene‘ mit Schlachtengetümmel beginnt der eigentliche Teil der Dokumentation, denn die Sondengänger liefern den Fund schließlich bei den Behörden ab und bringen die professionellen archäologischen „Ermittlungen“ zu den Ereignissen am Harzhorn ins Rollen. Der Zuschauer sieht zunächst Restauratoren bei der Untersuchung dieses Fundes, im Anschluss beschäftigen sich ein Landesarchäologe und der „Römerexperte“ Günther Moosbauer damit und identifizieren ihn als römische Hipposandale. In einem Interview äußert sich Moosbauer zur Einzigartigkeit dieses Stückes und zum Sensationsgehalt eines römischen Fundes so weit im germanischen Gebiet.

Nach der Beschreibung der Lage des Harzhorns tief in den germanischen Wäldern und einer ‚Reenactmentszene‘ römischer Soldaten beim Marsch durch den Wald wird erstmals das Grabungsgebiet gezeigt und die Tätigkeit zweier Grabungstechniker vorgestellt, die als erstes das spätere Grabungsgelände einer Prospektion mit Metalldetektoren unterziehen. Nachdem allgemeine Informationen zu ihrer Tätigkeit, zur Größe des abzusuchenden Areals und zu den Sondenfunden gegeben wurden, wird das erste Fundstück der Prospektion präsentiert.[96] Benannt wird es noch nicht genau, die Rede ist nur von Beschlag und Bronze, erst im Anschluss äußert sich Günther Moosbauer im Interview zu dem Fund und vermutet, dass es sich um eine römische Zügelführung handelt. Er verweist dabei auf den Grabungskontext des Fundes, in dem sich weitere Teile eines römischen Wagens befanden. Da es sich jedoch um ein Unikat handelt, kann eine sichere Zuordnung nicht stattfinden. In der anschließenden ‚Reenactmentszene‘ wird die Nutzung einer Zügelführung illustriert.[97]

Um der Frage nachzugehen, wo am Harzhorn eine römische Armee entlangmarschiert sein kann, muss die Beschaffenheit des Geländes untersucht werden und in diesem Zuge wird das Airborne Laserscanning vorgestellt.[98] Am daraus entstandenen virtuellen Modell des Harzhornes wird illustriert, dass sich alle bisherigen Funde auf dem Rücken desselben befinden. Die direkte Anschlussfrage, warum die Römer diesen Weg gewählt haben und nicht den leichteren, an der Anhöhe vorbei, leitet schließlich über zur Grabung.

Präsentiert wird der Beginn der Grabungskampagne im Jahr 2008, Michael Meyer führt das Team erstmals durch das Waldstück und stellt ihnen das zukünftige Grabungsareal vor.[99] In einem anschließenden Statement berichtet er von der Teamzusammenstellung. Wieder auf der Grabung werden detailliert einzelne Phasen und Tätigkeiten der Grabungsvorbereitung und der laufenden Grabung gezeigt und generell grundlegende Eigenschaften der Arbeit benannt.[100]

Im weiteren Verlauf werden wiederum Prospektionen im Gelände gezeigt und es steht die Frage im Raum, ob es sich bei den Funden vielleicht nur um Abfälle einer römischen Truppe handelt, denn germanische Relikte wurden noch nicht gefunden. Zwangen die Germanen die Römer zu einem beschwerlichen Umweg? Der nächste Fund liefert Antworten, denn es wird eine zerbrochene Lanzenspitze gefunden,[101] die sich in anschließender Restaurierung im Labor und in einem Gespräch zweier Archäologen als eindeutig germanisch identifiziert lässt, der bisher einzige germanische Fund am Harzhorn. In einem Statement äußert sich Michael Meyer zu diesem Fund, der nun als erster Beleg für die Anwesenheit von Germanen am Harzhorn gilt. Während der Kommentar in der Folge auf das Barbarenklischee bei den Römern eingeht, sieht der Zuschauer Germanen mit ihren Waffen am Feuer sitzen, u. a. ist auch eine Lanzenspitze sichtbar.[102] Ein archäologischer Beweis für einen römisch-germanischen Kampf steht jedoch noch aus.

Weiterführend wird nun auf alte Verkehrs- und Handelswege eingegangen, von denen einer durch das Tal am Harzhorn führte. Auch die Römer könnten diesen genutzt haben. In einer weiteren Spielszene werden römische Legionäre entsprechend beim Marschieren durch Wald gezeigt. Michael Meyer stellt im anschließenden Statement die Vermutung an, dass die Germanen sich den Römern aus strategischen Gründen vermutlich nicht in einer offenen Feldschlacht entgegenstellten, sondern eher den Kampf in unwegsamem Gelände oder aus dem Hinterhalt heraus suchten und sie die Römer deshalb in den Wald lockten. In der entsprechenden ‚Reenactmentszene‘ beobachtet ein germanischer Späher im Wald versteckt die römischen Legionäre, um schließlich ins eigene Lager zu eilen.[103] Michael Meyer äußert sich weiter zu der Frage der Blockade und spricht von einem denkbaren Wall, Graben oder ähnlichem, nach dem noch gesucht würde. Das ‚Reenactment‘ wird daraufhin fortgesetzt und es folgt ein germanischer Angriff auf die römische Truppe.[104]

Im nächsten Abschnitt wird der Frage des relevanten Zeitraumes der Ereignisse nachgegangen. Der Zuschauer begleitet wieder die Grabungstechniker mit dem Detektor, diesmal bei Prospektionen im Tal am Harzhorn[105] , und er wird Zeuge eines weiteren wichtigen Fundes. Dieser stellt sich als römischer Messerscheidenbeschlag heraus, der auf Grund seiner stilistischen Eigenschaften als Mittel der Datierung der Ereignisse am Harzhorn in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts fungiert. An dieser Stelle erinnert ein Exkurs zur Varusschlacht daran, dass man bisher von einem letzten römischen Feldzug im beginnenden 1. Jahrhundert ausging. Präsentiert werden in diesem Zusammenhang das Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald, eine ‚Reenactmentszene‘ zum Angriff des Arminius, die sogenannte Maske des Arminius und Schädelfunde aus dem Museum in Kalkriese.[106] Die Messerscheide vom Harzhorn dient nun als Beweisstück dafür, dass die Römer noch sehr viel später und wesentlich tiefer in germanisches Gebiet vorgedrungen sind. An dieser Stelle finden historische Quellen Erwähnung, die von römischen Feldzügen im 3. Jahrhundert berichten, deren Angaben aber bisher als Übertreibungen angesehen wurden.

Und ein weiterer Fund bringt neue Hinweise für eine Datierung der Ereignisse am Harzhorn: Bei der Prospektion wird eine Silbermünze gefunden, die nach der Reinigung im Labor das Konterfei Alexander Severus‘ zeigt.[107] Daraufhin wird auf seine Lebenszeit und seine Stationierung in Mainz eingegangen, von wo ein Handelsweg Ausgang nahm, an dem auch das Harzhorn lag. Eine kurze Zusammenfassung der historischen Abläufe, von den Germaneneinfällen zur Zeit des Alexander Severus, über die folgenden Ereignisse, die schließlich zu seiner Ermordung führten und zur Kaiserernennung des Maximinus Thrax durch meuternde Soldaten, wird bildlich untermalt, unter anderem durch eine ‚Reenactmentszene‘ römischen Lagerlebens, durch Bilder der Saalburg, sowie durch die Einblendung von Porträtköpfen Alexander Severus‘ und Maximinus Thrax.[108] Im weiteren Verlauf wird der Frage nachgegangen, wie weit die Vorstöße des Maximinus Thrax in das germanische Gebiet hingereicht haben könnten. Passend zu allgemeinen Informationen zu römischen Feldzügen und Marschlagern werden Funde der Grabung am Harzhorn präsentiert, ein Pioniergerät und ein Zelthering[109] , deren Verwendung in entsprechenden ‚Reenactmentszenen‘ zum Lageraufbau wiederum veranschaulicht wird.[110]

Zurück bei der Prospektion am Harzhorn wird man wieder Zuschauer bei der mühsamen Suche nach den Abfällen der römischen Legionäre und es werden wie in „Die Schlacht am Harzhorn“ zahlreich Schuhnägel von römischer Ausrüstung präsentiert.[111] In einer Nachspielszene wird dies visualisiert und im weiteren Verlauf in seiner Bedeutung für die Rekonstruktion von Bewegungsmustern betont. Auf Grund unerwartet vieler Nagelfunde bei der Prospektion kann nun verfolgt werden, wie ein neuer Schnitt angelegt wird.[112]

Am Kamm des Harzhorns werden jetzt Funde gemacht, die weitere wichtige Hinweise zu den Ereignissen, ihrer Datierung und zur Größe der römischen Truppe liefern. Nach der Restaurierung und weiteren Untersuchungen entpuppt sich ein Fund als Katapultbolzen, der auf Grund seiner Gebrauchspuren auch zum Einsatz gekommen sein muss und eine kriegerische Auseinandersetzung belegt.[113] Nach der Präsentation weiterer Bolzen wird der Katapultansatz im Gefecht in einer ‚Reenactmentszene‘ visualisiert. Bei dem anderen wichtigen Fund handelt es sich um die Pferdeknochen, sie werden freigelegt[114] und nach einer Erklärung zur Methode der C14-Datierung begleitet der Zuschauer wissenschaftliche Untersuchungen in einem Labor für Radiokarbonmessungen in Poznan, an deren Anschluss er die Ergebnisse erhält und den Beleg für eine Datierung der Ereignisse in die 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts. Nach weiteren Funden bei der Prospektion, die auf die Anwesenheit von Kavallerie hindeuten, unter anderem ein römischer Reitersporn[115] , gibt es weitere Hinweise zum genaueren Ablauf der vermuteten Schlacht.

Es werden Pfeilspitzen gefunden[116] , eine germanische, blattförmige direkt neben vielen dreiflügeligen Spitzen, zu denen erklärt wird, dass orientalische Bogenschützen sie verwendeten, welche Maximinus Thrax gegen die Germanen eingesetzt haben soll. Nach weiteren Untersuchungen dieser Pfeilspitzen werden parallel zu entsprechenden Nachspielszenen strategische Überlegungen angestellt, dass die orientalischen Bogenschützen den Vormarsch der Infanterie am Hang deckten und die germanische Spitze je nach Positionierung Hinweis dafür ist, dass es einen germanischen Auxiliar gab.

Immer mehr Funde verdichten schließlich das Bild zum Kampfgeschehen, so werden an einem Punkt am Kamm des Harzhorns auf kleinstem Raum viele Katapultbolzen gefunden.[117] Visualisiert wird diese Fundkonzentration am dreidimensionalen Geländemodell, woraufhin ein Archäologe eventuelle Positionen für die Katapulte festlegt. Michael Meyer nimmt an, dass an dieser Stelle der höchsten Funddichte eine germanische Stellung zu erwarten sei. In Bilder umgesetzt wird diese These wiederum vom entsprechenden ‚Reenactment‘.

Auch die Problematik von Negativbefunden wird angesprochen.[118] Es finden sich bisher nur Fernwaffen am Harzhorn, was entgegen der Aussagen in „Die Schlacht am Harzhorn“ jedoch nicht zu dem Schluss führt, dass kein Nahkampf stattgefunden habe. Ein Archäologe erklärt, dass Nahkampfwaffen beispielsweise im Gegensatz zu Projektilen nach der Schlacht noch auffindbar waren und häufig wieder eingesammelt wurden.

Schließlich gilt es auch in dieser Produktion herauszufinden, wer als Sieger aus der Schlacht hervorging. Dafür werden die Nagelfunde wieder wichtig, die unterhalb der Katapultansammlung gemacht wurden. Der Grabungstechniker stößt zwischen diesen beiden Fundpositionen auf eine römische Speerspitze[119] , also zwischen römischen Schuhnägeln und vermuteter germanischer Stellung am Kamm. Diese Position wird dann als Indiz dafür gewertet, dass die Römer, die wegen der Blockade im Tal durch den Wald mussten, die Germanenstellung am Kamm des Harzhornes mit ihrem Katapultbeschuss zermürbten und so durchbrechen konnten. Die Grundzüge dieses vermuteten Schlachtablaufes werden anschließend am pfeilanimierten Geländemodell mit Einblendung der realen Geländesituation am Harzhorn und einer finalen ‚Reenactmentszene‘ noch einmal nachempfunden und zusammengefasst.[120]

Letztendlich wird nochmals die große Bedeutung der kleinsten Funde der Grabung unterstrichen, im Bild sind dazu die unzähligen Markierungen der Nagelfunde im Waldboden zu sehen.[121] Michael Meyer äußert sich abschließend zum Schlachtausgang, wenn auch weniger differenziert als in „Die Schlacht am Harzhorn“, und hält sich dabei bedeckt: Wenn die lange Spur der römischen Nägel nach Westen als geordneter Abmarsch der Römer belegt werden könne, dann bedeute dies einen siegreichen Ausgang der Schlacht für die Legionäre.

Günther Moosbauer geht in diesem Zusammenhang noch einmal auf den Feldzug des Maximinus Thrax und seine Biographie ein, bevor ein Ausblick auf die nun folgenden Krisenzeiten des Römischen Reiches gegeben wird. Während noch von der Bedeutung der Grabungen am Harzhorn für einen Teil dieser Geschichte des Imperiums gesprochen wird, decken Grabungshelfer die Schnitte mit Planen ab, um sie winterfest zu verpacken und im nächsten Jahr weitergraben zu können und die „Theorien und Vermutungen[122] , wie Michael Meyer sagt, mit weiterem Material zu unterfüttern, um so „Stück für Stück“ das „Rätsel Römerschlacht“ zu lösen, dass so lange verborgen war und mit dessen Entdeckung wohl auch die Geschichte Norddeutschlands umgeschrieben werden muss.

3. Analyse der Daten

3.1. Filmprotokolle

Für eine systematische Analyse der drei Beispieldokumentationen wird eine Zergliederung der Filme in ihre Einzelsegmente unternommen. Diese Segmente können auf verschiedenen Einheiten beruhen, in diesem Fall ist die Grundeinheit der Segmentierung die einzelne Sequenz bzw. Szene.[123] Grundsätzlich wird dabei versucht, jede auditive und jede visuelle Information tabellarisch schriftlich festzuhalten. Dabei werden Bild- und Tonspur zunächst voneinander getrennt, und dann nochmals aufgeteilt in äußere Handlung, Geräusche, Musik, Kommentar und andere Äußerungen. Diese detaillierte Aufschlüsselung in alle Einzelteile dient dazu, ihre Funktion und Wirkung in der Gesamtstruktur des Filmes besser zu erfassen. Besonders bei eher passiv wahrgenommenen Filmbestandteilen wie Geräuschen und Musik kann die Protokollierung Klarheit über Methoden des Szenen- und Filmaufbaus schaffen. Aus praktischen Gründen sind die Protokolle Teil des Anhangs.

3.2. Komponenten der Sendungen

An dieser Stelle werden die einzelnen Komponenten der unterschiedlichen Sendungen in Bild und Ton aufgeschlüsselt und in ihrer Dauer und Häufigkeit tabellarisch festgehalten. Alle Dokumentationen verfügen über unterschiedlichste Methoden, ihren Film aufzubereiten. Durch diese tabellarische Auflistung der einzelnen Szenen im direkten Vergleich sollen unterschiedliche Grundtendenzen in Inhalt und Form der Dokumentation veranschaulicht werden. Zum Beispiel wird so genau ersichtlich, wie viele Szenen sich jeweils vergleichsweise der Grabung, den Funden oder anderen Tätigkeiten widmen, welche Funddarstellung überwiegt, Funde in situ oder restaurierte Funde, welche Expertenäußerungen bevorzugt werden, Interviews, Statements oder Gespräche, wie oft Modelle oder Landkarten eingesetzt etc.

Generell ist zu beachten, dass die Werte der aufgeschlüsselten Filmkomponenten im Einzelnen nur bedingt zu vergleichen sind. Zu berücksichtigen ist vor allem die unterschiedliche Länge der Dokumentationen. Die tabellarische Aufstellung soll allerdings einen Überblick geben und veranschaulichen, welche grundsätzlichen Unterschiede und Schwerpunkte in der Darstellung archäologischer Themen festzustellen sind. Es soll beleuchtet werden, welche Bereiche der archäologischen Arbeit mehr oder weniger thematisiert werden und ob und mit welchen Mitteln Informationen vermittelt werden. Zu erwähnen ist, dass einzelne Szenen zu unterschiedlichen Kategorien gezählt werden können, beispielsweise werden bestimmte Szenen gleichzeitig der Restaurierung wie auch der Fundnachbearbeitung zugeordnet. Bei den archäologischen Befunden wird unterschieden zwischen mobilen „Funden“ von der aktuellen Grabung, „archäologischen Objekten allgemein“ z. B. Museumsobjekten und festen architektonischen Strukturen, wobei letztere in der Kategorie „Archäologisches Gelände“ oder bei „Einzeluntersuchung“ eingeordnet sind. „Archäologisches Gelände“ meint im Unterschied zur Grabung Areale in denen zur Zeit der Filmaufnahmen keine Grabung stattfinden, „Einzeluntersuchung“, dass archäologische Untersuchungen gezeigt werden, z. B. Die Untersuchung von Zisternen.

Bezüglich der unterschiedlichen Interviewformen ist Folgendes zu sagen. Sind beide Gesprächspartner im Bild zu sehen, wird von „Experteninterview“ gesprochen, ist der Interviewer weder zu hören noch zu sehen, sondern wird nur vom Zuschauer assoziiert, handelt es sich um ein „Expertenstatement“. Sind mehrere Experten im Gespräch zu sehen ist von einem „Expertengespräch“ die Rede, wobei Experten alle beteiligten Wissenschaftler genannt werden aber auch Mitarbeiter anderer Disziplinen und die Mitglieder des Grabungsteams.

Die normale Geländeprospektion und Standardvermessungsarbeiten werden in „Die Schlacht am Harzhorn“ und in „Rätsel Römerschlacht“ als Teil der archäologischen Tätigkeiten aufgeführt, da die Grabungstechniker im Rahmen dieser Grabung eng mit dem Team verbunden sind, teilweise übernehmen auch Archäologiestudenten diese Arbeit. Werden jedoch speziellere Techniken oder ausgezeichnete Spezialisten und Spezialgerät hinzugezogen, fallen diese Arbeiten in die Kategorie „Interdisziplinäres Arbeiten“, bzw. „Geomatik“ und „Geophysik“.

4. Auswertung der Daten

Nun gilt es die isolierten Komponenten zusammen zusetzten und eine Interpretation der Analysedaten in ihrer Funktion für die Grundfrage der Arbeit vorzunehmen. Die Bausteine werden in ihren Beziehungen und unter Berücksichtigung ihrer gegenseitigen Abhängigkeiten wieder zu einem systematischen Ganzen und in die Kontexte gefügt . [124] Das heißt, die Bedeutung einzelner struktureller Komponenten der Sendungen werden bestimmt, dabei ist jedoch darauf zu achten eine Balance zwischen Theorie und Interpretation zu finden und sich vor Überinterpretationen in acht zu nehmen.

„Entscheidend ist, dass die Interpretation der Strukturelemente im Hinblick auf die Bedeutungsbildung und das kommunikative Verhältnis mit den Zuschauern plausibel bleibt. […] Wenn Fernsehtexte zum Wissen, zu den Emotionen, zu den Aneignungen hin geöffnet sind, können lediglich mögliche Bedeutungsbildungen und mögliche kommunikative Verhältnisse herausgearbeitet werden.“ [125]

4.1. Darstellung des ‚Archäologischen‘

4.1.1. Darstellung von Tätigkeiten und Phasen
4.1.1.1. Grabung

In diesem Kapitel werden exemplarisch die filmtypischen Charakteristika bei der Darstellung der archäologischen Grabung herausgearbeitet. Die eigentliche Grabung, das Grabungsareal selbst oder spezielle Einzeluntersuchungen im Bereich des archäologischen Areals bilden in allen drei Sendungen einen wichtigen Schwerpunkt der Darstellung (vgl. Komponententabelle Kategorien: „Grabung“, „Einzeluntersuchungen“, „Randgeschehen“ und „Archäologisches Gelände“). Wiederholt begleitet der Zuschauer Grabungsarbeiten, Untersuchungen oder Begehungen spezieller archäologischer Bereiche. Im Rahmen dieses Kapitels steht die Darstellung der eigentlichen Grabungstätigkeit und ihres sogenannten Randgeschehens (Vor- und Nachbereitung etc.) im Vordergrund, spezielle archäologische Untersuchungen einzelner Bereiche werden, so sie stattfinden, jedoch ebenfalls mit einfließen. Im direkten Vergleich der Filmkomponenten liegt „Karthagos geheime Kolonien“ in der Kategorie „Grabung“ - unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Filmlängen - knapp hinter „Die Schlacht am Harzhorn“, deutlich weniger Grabungsszenen finden sich in der Dokumentation „Rätsel Römerschlacht“.[126] Neben der quantitativen Verteilung soll nun jedoch in erster Linie die Form und die Qualität der Darstellungen analysiert werden. In allen drei Filmen werden sowohl allgemeine überblicksartige Totalen größerer Grabungsareale oder Schnitte gezeigt als auch detaillierte Aufnahmen einzelner Arbeitsschritte und Verfahren der Freilegung.

Schon die ersten Filmsequenzen, im Prinzip die Intros der Sendungen „Karthagos geheime Kolonien“[127] und „Die Schlacht am Harzhorn“, vermitteln, auf welch unterschiedliche Art und Weise filmisch an die Darstellung archäologischer Arbeit herangegangen werden kann. In der ersten Produktion erscheinen Archäologen in unmittelbarem Anschluss an eine längere fiktive „Rahmenhandlung“ einer „römischen Expedition“ wenige Sekunden lang in einem nicht weiter definierten Schacht bei der Arbeit,[128] welche in der Kürze der Zeit jedoch nicht weiter erfasst werden kann. Diese Szene fungiert vermutlich als Illustration dessen, was der Kommentar zu den schwierigen Grabungsbedingungen in Karthago selbst sagt, und als narrative Überleitung zum eigentlichen Beginn der Reise in die „Kolonien“ Karthagos.

In „Die Schlacht am Harzhorn“ ist die archäologische Arbeit das eigentliche Thema des Intros. In sechs kurzen Sequenzen eines Splitscreens werden steckbriefartig einige Arbeiten und Grundcharakteristika archäologischer Arbeit dargestellt. Gezeigt werden die Funduntersuchung eines Katapultbolzens, Arbeiten am Schnitt, die Geländeprospektion mit Detektor und die Vermessung des Geländes.[129] Die einzelnen Statements der Beteiligten skizzieren relevante Punkte der im Folgenden vorgestellten Grabung und grundsätzliche Eigenschaften archäologischer Arbeit: „Das ist eines der spannendsten Projekte, an denen ich bisher gearbeitet hab.“ [Archäologe, externer Berater] - „Es ist ein spektakulärer Fundplatz, also ich glaube es würden sich einige dann doch die Finger lecken hier bei sein zu dürfen.“ [Studentin] - „Man muss unter Hochdruck Wissenschaft machen und vor allen Dingen Wissenschaft im Dreck.“ [Grabungstechniker] - „Das ist halt alles tausendfach deutbar, es gibt tausend Möglichkeiten und mehr, was hier passiert sein könnte.“ [Student] - „Jeder einzelne Fund ist wie so ’n kleines Mosaiksteinchen und nur in der Gesamtheit gibt das Ganze ein Bild.“ [Kreisarchäologin] - „Das ist schon auch eine Geschichte von Angst und Blut und Tod, die hier in diesem Wald verborgen ist und die wir hier auch ausgraben.“ [Grabungsleiter].[130] Dies soll jedoch nur einführend illustrieren, wie unterschiedlich diese beiden Filme an das Filmthema heranführen. Wie unschwer zu erkennen ist, liegen den beiden Filmen völlig unterschiedliche Filmkonzepte zugrunde, die einen Vergleich einzelner Szenen im Grunde genommen erschweren. Da die dritte Dokumentation, „Rätsel Römerschlacht“, jedoch wiederum ein anderes narratives Konzept verfolgt und im Intro primär mittelalterliche Legenden zum Harzhorn und die Vorgeschichte der Grabung thematisiert, werden an dieser Stelle in Kürze jeweils die ersten wirklichen Grabungsszenen der eigentlichen Dokumentationen einander gegenübergestellt. Im Anschluss gilt es, die Produktionen dann jeweils nacheinander zu analysieren und die einzelnen Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Bezug auf die Darstellung der Grabungstätigkeit darzulegen.

In „Karthagos geheime Kolonien“ wird dem Zuschauer auf Mozia erstmals die Gelegenheit gegeben, die ersten Grabungstätigkeiten zu beobachten. Eingeführt wird die Szene mit einem Hinweis auf fehlende schriftliche Zeugnisse in Karthago selbst, stattdessen sollen die archäologischen Quellen weiterführen. „Direkt an Mozias Küste im Bereich des Tophet, ihrer geheimnisvollen Kultstätte, werden Urnen aus punischer Zeit freigeputzt. Sie liegen einfach an der Oberfläche.“[131] Etwa 30 Sekunden lang kann der Zuschauer dabei verfolgen, wie Archäologen an der Oberfläche sichtbare Tongefäße mit dem Besen freiputzen, detailliertere Informationen zur Grabungstätigkeit werden nicht gegeben. Stattdessen wird Thomas Schäfer eingeblendet, wie er beim Arbeiten zusieht, und der Kommentar spricht angesichts der frei zugänglichen Funde von einem „Dorado für jeden Phönizierforscher“. Eine Detailaufnahme des Urneninneren, aus dem ein Kleinstteil herausgearbeitet wird, findet keine weitere Kommentierung. Ersatzweise leitet der Kommentar zu einer Diskussion um punische Kinderopfer über, weitere Bilder zur Grabungssituation folgen nicht. Archäologisch relevante Informationen lassen sich im Grunde genommen wie folgt plakativ zusammenfassen: Erstens, dort, wo schriftliche Quellen zerstört sind, geben archäologische Quellen weitere Informationen und zweitens liegen Urnen, einem Dorado gleich, an der Erdoberfläche und müssen nur freigeputzt werden.

Die erste relevante Szene in „Die Schlacht am Harzhorn“ vermittelt hingegen ein anderes Bild.[132] In zwei dicht aufeinanderfolgenden Sequenzen wird ein Knochen freigelegt. Mit diesem Ereignis wird die Dokumentation quasi eröffnet, denn der Fund könnte archäologisch sehr bedeutend sein. Zunächst wird gezeigt, wie ein Student vorsichtig mit einem Spatel das Umfeld des Knochens freilegt. Der Kommentar informiert den Zuschauer, um was für einen Knochen es sich handelt und wo und in welcher Fundtiefe er sich befindet. Nachdem sowohl der Student wie auch der Grabungsleiter Michael Meyer auf die Wichtigkeit des Fundes eingegangen sind und erklärt haben, welche seiner Eigenschaften von großer Bedeutung für die Grabung sein könnten, beobachtet der Zuschauer weiter, wie der Fund freipräpariert wird. Der Sprecher beschreibt das Geschehen, er benennt Werkzeuge und erklärt die Methodik. Außerdem ordnet er den Fund entsprechend ein: „Die Knochen wurden bei dieser zentimeterweisen Abschabung in der Erde entdeckt. Eine Ausnahme in den Monaten dieses Grabungsprojektes, nur wenige Funde wurden mit Kelle und Scharpelmesser gemacht. Die Suche am Harzhorn ist vor allem ein Fall für die Metallsondengänger“ [133]

Hingegen beschreibt die erste im weiteren Sinne als Grabung zu bezeichnende Szene in „Rätsel Römerschlacht“ chronologisch den Beginn der Grabungsaktivitäten am Harzhorn, die einzelnen Areale werden für die eigentliche Grabung vorbereitet.[134] Der Einstellung geht eine Geländebegehung des Grabungsleiters mit dem Team voran, im Anschluss beobachtet das Publikum, wie das Gelände vermessen, Bewuchs beseitigt und Werkzeug präpariert wird. Dabei wird der Begriff des Schnittes erklärt, als diejenige Stelle, welche markiert wird, weil dort die meisten Funde erwartet werden, und an der später die eigentlichen Ausgrabungen stattfinden. Im weiteren Verlauf werden Grabungshelfer beim Abtragen von Erde und beim Beseitigen von Wurzeln gezeigt, unter anderem werden Bodenradar und Metalldetektor eingesetzt[135] . Der Kommentar weist zeitgleich auf die Technik der zentimeterweisen Abtragung des Bodens hin und betont: „Jeder Stein, jedes noch so kleine Stück Metall, ob es römisch scheint oder nicht, wird genau inspiziert. Jeder Fundort wird genau vermessen, jedes Fundstück fotografiert und dokumentiert. Diese Arbeit ist extrem zeitintensiv.“ Unterdessen wird ein Kleinstfund fotografisch dokumentiert, während der Archäologe unterstreicht, mit welcher Vorsicht man bei verrosteten Kleinfunden vorgehen muss, da sie mit bloßem Auge kaum zu erkennen sind.

Angesichts dieser Szenen lassen sich prinzipielle Unterschiede bei der Darstellung der archäologischen Grabungstätigkeiten schon relativ deutlich festmachen. Anhand der folgenden Fragen sollen die Unterschiede nun weiter herausgearbeitet und präzisiert werden. Eine wichtige Frage besteht darin, ob Bild und Kommentar in der Beschreibung archäologischer Arbeiten zusammenarbeiten. Erklärt der Ton, was im Bild zu sehen ist bzw. umgekehrt, illustriert das Bild, was dem Ton isoliert betrachtet zum Verständnis fehlt? Zugegeben, das Zusammenspiel von Bild und Kommentar ist häufig eine ästhetisch-gestalterische Frage, die hier nicht Thema sein kann, eine massive Bild-Ton-Schere kann jedoch die Verständlichkeit beeinträchtigen und erscheint insofern relevant.[136] Häufig laufen Bilder auch Gefahr, nur als eine Art Bebilderung eines irgendwie gestalteten Handlungsrahmens zu fungieren. Darüber ergibt sich unmittelbar die Frage des Fokus. Welcher Intention folgen die Beispielfilme, bzw. warum werden Grabungsszenen gezeigt? Geht es tatsächlich um die Tätigkeit selbst und um d i e Archäologie, was das auch heißen mag, oder dienen Bilder von Grabungen etc. nur als Staffage, um eine passende Grundstimmung zu evozieren? Nicht zuletzt gilt es, nach dem Realitätsgehalt der Bilder und Äußerungen zu fragen. Entspricht die Darstellung der alltäglichen archäologischen Grabungsarbeit und bekommt der Außenstehende einen wirklichkeitsgetreuen Einblick in wesentliche Eigenschaften archäologischer Arbeit?

Bei obengenannter „Urnen-Szene“ in „Karthagos geheime Kolonien“ wird auf das eigentliche archäologische Geschehen nur wenig eingegangen, der Zuschauer erfährt lediglich, dass Urnen freigeputzt werden.[137] Die archäologische „Feinarbeit“ und die Frage des Umgangs mit dem Urneninneren werden nicht angesprochen. Die Grabungsszene wirkt wie eine Einstimmung und Überleitung zur eigentlichen Frage punischer Kinderopfer, die im Anschluss relativ breit thematisiert wird. Allein die Kürze der Szene prägt ihren Einleitungscharakter maßgeblich, hierbei geht es nicht um die Darstellung der eigentlichen archäologischen Arbeit, die Urnen und ihre Freilegung fungieren vielmehr als kurze Visualisierungen der vorhandenen Überreste und ihrer Freilegung durch Wissenschaftler und damit quasi als narrative Grundlage und Ausgangspunkt für weitere Ausführungen. Dies mag per se vertretbar sein, es birgt jedoch tendenziell die Gefahr, dass auf der Basis vermeintlich objektiver - weil wissenschaftlicher - Tätigkeiten krude Theorien oder fragwürdige Geschichtsbilder präsentiert werden (s. u.) und die Archäologie als verifizierende Kulisse fungiert. Nicht zuletzt wird mit dem „Dorado“-Vergleich und der zusammenhanglosen Bemerkung, die Funde lägen an der Oberfläche, der Eindruck eines sehr leichten und kurzweiligen Arbeitsprozesses erweckt, der zumindest einer Einordnung bedarf.

In „Die Schlacht am Harzhorn“ wird mit der Auswahl obengenannter Knochenfreilegung ebenfalls ein Element ausgesucht, welches die Narration vorantreibt, jedoch steht neben dem Fund, auf dessen Datierung man bis zum Ende der Sendung warten muss und der damit einen wichtigen Erzählstrang bildet, die archäologische Arbeit im Zentrum des Interesses. Entsprechendes gilt für die Szene der Vorbereitung des Grabungsareals in „Rätsel Römerschlacht“. Die Szenen haben beide eine klare narrative Funktion und sind Teil der Gesamtdramaturgie, der inhaltliche Schwerpunkt liegt in beiden Fällen jeweils auf der archäologischen Arbeit. Das Zusammenspiel von Bild und Ton ist klar und verständlich, die Bild-Ton-Schere ist sehr gering, bei beiden Sequenzen zum Harzhorn wird meist jeweils gleichzeitig oder kurz versetzt im Ton beschrieben oder erklärt, was im Bild passiert. In „Rätsel Römerschlacht“ sind Bild und Ton zum Teil leicht verschoben, so fehlen der Definition des Schnittes zunächst die entsprechenden Bilder. Insgesamt wird dem Zuschauer jedoch relativ verständlich erklärt, was die Archäologen im Bild tun und wozu sie es tun. Die beobachtenden Bilder und die instruktiven Kommentare sorgen für einen informativen Charakter, beide Szenen bewegen sich entsprechend nah an Realitäten des geschilderten Grabungsalltages. Es werden sowohl unterschiedliche Tätigkeiten auf der Grabung, zum Beispiel die (Foto-) Dokumentation, die Vermessung und die Suche nach Kleinstfunden aus Metall mit Hilfe des Detektors, vermittelt als auch unterschiedliche Phasen der Grabung, wie Flächenvorbereitung und das Putzen von Oberflächen, das Freilegen von Funden etc. Nicht zuletzt wird in beiden Fällen auf den zeitaufwendigen und kleinteiligen Charakter der archäologischen Grabung hingewiesen.

Die nächste Grabungsszene zeigt die Grabungen in Selinunt, früh morgens werden die Abdeckungen der Grabungsflächen weggeräumt, Dieter Mertens erscheint und läuft entlang der Schnitte durch das Bild, der Kommentar stellt ihn vor. Unmittelbar im Anschluss erscheinen zahlreiche Grundmauern im Bild und Arbeiter bei der Arbeit.[138] Im Kommentar wird auf die archäologischen Arbeiten jedoch nicht eingegangen, diese Szenerie dient als Hintergrund, vor dem der Grabungsleiter vorgestellt wird, und als Einleitung zu einer langen Szene, die sich eingehender mit den Beschreibungen Diodors zu den angeblichen karthagischen Gräueltaten in Selinunt beschäftigt. In diesem Sinne lassen sich weitere Sequenzen anführen, in denen Grabungsaktivitäten kurz gezeigt jedoch nicht weiter thematisiert werden. Die Kamera verweilt wenn überhaupt, dann nur auf einzelnen Funden, der Prozess des Freilegens zum Beispiel oder andere Tätigkeiten am Schnitt erscheinen jeweils wie eine Kulisse.

In einer anderen Szene auf Pantelleria werden in Form eines Tableaus unterschiedliche Eindrücke der Grabung wiedergegeben: Abraumarbeiten eines Baggers, ein Arbeiter beim Abkühlen mit Wasser aus der Zisterne und Thomas Schäfer mit Gisela Graichen in die Ferne blickend im Gespräch.[139] Eine Kommentierung finden diese Bilder in den Worten: „ Dem Schutt der Jahrtausende wird mit Baggern zu Leibe gerückt, das kühle Wasser der punischen Zisternen erfrischt die Arbeiter und der Professor erklärt die Lage.“ Neben einer fast humoresken Beschreibung des „Professors“, deren Konnotation im späteren Verlauf Thema sein soll, und der Sequenz des sich abkühlenden Arbeiters, die ein bisschen das Randgeschehen der Grabung einfängt (mehr dazu s. u.), geht es an dieser Stelle jedoch primär um den Kommentar zum Bagger. Denn dieser trägt ohne eine weitere Einordnung zu einer groben Verzerrung des archäologischen Grabungsprozesses bei. Diese Sequenz vermittelt genau das Gegenteil dessen, was archäologische Grabungsarbeit ausmacht, und gerade weil sonst an keiner Stelle der Dokumentation auf den kleinteiligen, diffizilen und langwierigen Prozess der archäologischen Grabung eingegangen wird, wäre es an dieser Stelle dringend angebracht, differenzierter darauf hinzuweisen, was hier weggeräumt wird. Die Bezeichnung „Schutt der Jahrtausende“ oder einige Minuten zuvor „Müll der Jahrhunderte[140] lässt sich je nach Kenntnisstand unterschiedlich interpretieren und vermittelt unter Umständen ein im archäologischen Sinne völlig falsches Bild. Wie dieses Thema differenziert und unter Berücksichtigung der archäologischen Relevanz Aufnahme finden kann, zeigt im Vergleich „Rätsel Römerschlacht“: „ Wenn ein so großes Heer marschiert, hinterlässt es eine stetige Spur von Schrott und Abfällen. Was für die Römer Müll war, ist heute für die Archäologen sehr aufschlussreich. Doch wie sieht römischer Müll aus?“ [141]

Die folgende Grabungsszene wird zunächst vielversprechend eingeführt. Anhand eines virtuellen Modells der Akropolis von Cossyra (s. u.) wird die Position des Grabungsareals in der Gesamtanlage veranschaulicht und der Zuschauer kann nachvollziehen, wo sich die Kamera befindet: bei Grabungen im Bereich der Toranlage.[142] Die weitere Angabe im Kommentar, dass man sich nun bei Schnitt 3 befindet, klingt zwar zunächst gut, ist allerdings für den Zuschauer in diesem Zusammenhang völlig wertlos, wenn man bedenkt, dass im bisherigen Filmverlauf der ‚Schnitt‘ weder definiert, noch an anderer Stelle die genauere Benennung eines Schnittes vorgenommen wird. Nach dieser vollmundigen Ankündigung und Vorbereitung der Szene erscheinen die folgenden archäologischen Tätigkeiten allerdings relativ unscheinbar. Das Publikum beobachtet Grabungshelfer, wie sie gemeinsam mit Stricken und Rampen einen schweren Steinblock fortbewegen. Zu dem, was dort passiert, erklärt der Kommentar, dass der Torbereich aufgedeckt wird. „Auch die zentnerschweren Steinblöcke halfen nicht, als die Römer im Ersten Punischen Krieg den karthagischen Stützpunkt einnahmen.“ Statt auf antike Hebetechniken, die im Bild angedeutet werden, oder ähnliches einzugehen, dient diese Szene wiederum nur als Aufhänger, um weiter auf die historischen Hintergründe einzugehen.

Eine weitere kurze aber dramaturgisch wichtige Szene zeigt den italienischen Grabungsleiter von Pantelleria und eine unbekannte Archäologin (?) an unbestimmtem Ort im archäologischen Gelände, die Szene steht in keinerlei konkretem Zusammenhang zu Vorangehendem.[143] Mit der Kelle bewegt sie Erdreich hin und her und stößt dabei auf ein winziges Goldstück, welches Massimo Osanna voller Begeisterung („fantastico!“) gut sichtbar für den Zuschauer in die Sonne hält. Der entsprechende Kommentar formuliert bedeutungsschwanger: „Und sogar Gold kommt zum Vorschein“. Im Anschluss nimmt er Bezug zu der anfangs thematisierten Expedition Neros auf der Suche nach dem karthagischen Gold. Um den narrativen Kreis der „Schatzsuche“ zu schließen, wird für das Publikum an unbekanntem Ort, kontext- und zusammenhanglos Erdreich hin und her bewegt, um schließlich einen kleinen Goldfund präsentieren zu können.

Abschließend soll noch die Auffindung zweier wichtiger Marmorköpfe betrachtet werden, die tatsächlich während der Filmarbeiten freigelegt wurden. Die Szenen sind dementsprechend nicht nachgestellt, was unschwer auch an der Begeisterung des beteiligten Teams abzulesen ist.[144] Während eines Interviews mit Thomas Schäfer hört man Rufe, die den ersten Fund ankündigen. Die nächste Einstellung zeigt eine Studentin in der Zisterne, wie sie mit den Händen vorsichtig beginnt, das Gesicht freizulegen. Der deutsche Grabungsleiter steigt in die Zisterne und übernimmt die weitere Freilegung mit Pinsel und Kelle. Er betont, wie bewegend dieser Fund sei, der Studentin ist die Freude ins Gesicht geschrieben und die umstehenden Zuschauer verfolgen an der Zisternenöffnung begeistert die Freilegung. Im weiteren Verlauf wird der Kopf Antonia Minor zugeordnet und das Diadem wird als Kennzeichen für eine Kaiserpriesterin benannt.[145] Am Schluss der Szene wird nach dem Grund einer solchen Deponierung in einer Zisterne gefragt, jedoch erst in der zweiten Szene einige Minuten später beantwortet.

Der zweite Marmorkopf wenig später übertrifft dann ersteren noch an Bedeutung. Er wird gefunden, während die beiden Grabungsleiter ihre „Mittagspause“ noch beim Schlammbad im Vulkansee verbringen. In der nächsten Szene sieht man die Archäologen schon in der Zisterne knien bei Diskussionen über einen Caesarkopf, der noch zur Hälfte in der Erde steckt. Die allgemeine Begeisterung der Umstehenden ist entsprechend groß, Mitglieder des Teams steigen hinab, um sich den Fund anzusehen. Schließlich wird der Fund von Thomas Schäfer unter Jubel angehoben, aus der Zisterne heraus befördert und in einer gepolsterten Kiste deponiert.

Positiv ist hervorzuheben, wie die Kamera die vorsichtige Freilegung des Frauenkopfes beobachtet, von den ersten Gesichtspartien, die sichtbar werden, bis hin zur weitergehenden Freilegung des ganzen Gesichtes und der Frisur. Auch das langsame Vortasten von Grabungsleiter Thomas Schäfer vermittelt das prozesshafte dieser Arbeit und eignet sich natürlich für Filmaufnahmen. Bei dem Caesarkopf, der laut Kommentar zwei Meter tiefer gefunden wurde, wird dann die Bergung des Kopfes begleitet. Des Weiteren werden in dieser Szene echte Emotionen sichtbar, die Begeisterung des Grabungsteams ist authentisch und vermittelt dem Zuschauer unmittelbar den emotionalen Aspekt einer bedeutenden Fundbergung. Entgegen dieser beobachtenden Kamerarolle, die das Freilegen der Funde begleitet, deckt der Kommentar vieles davon wieder zu. So werden unmittelbar nach Auffindung der Köpfe dem Ausgräber quasi die Worte in den Mund gelegt und Zuschreibungen an bestimmte Personen gemacht. Die wissenschaftliche Arbeit und Nachbereitung, die nach der eigentlichen Fundbergung erfolgt und in deren Rahmen Zuordnungen meist erst wirklich unternommen werden können, fällt bei dieser Form der Zuschauerinformation unter den Tisch. Es würde reichen, solche Aussagen als Vermutungen stehenzulassen, nicht zuletzt, um dem Eindruck eines allwissenden Archäologen zuvorzukommen, der kurz nach Auffindung eines Fundes immer abrufbar weiß, was er vor sich hat. Tom Stern und Thomas Tode bezeichnen die „ad hoc Bestimmung“ als eine Erfindung des Archäologie-Films.[146] Ohne Stilübungen zu betreiben, ließe sich zum Beispiel kurz für den Zuschauer darstellen, was die Zuordnung von Frauenköpfen schwierig macht. Auch auf die Bedeutung einer solchen Deponierung in einer ehemaligen Zisterne wird nicht verständlich eingegangen. Laut Kommentar wurden die Köpfe mit Opferbeigaben platziert, es handele sich vermutlich um ein Kaiserkultheiligtum. Dabei sind weder Bilder der Opferbeigaben zu sehen noch wird erklärt, was ein Kaiserkultheiligtum ist, bzw. was für eine Bedeutung dieser Befund hat, nicht zuletzt auch in Bezug auf das Thema der Sendung.

Ein anderes Problem entsteht an der Schnittstelle zwischen der Schlammbadszene und der Bergung des Caesarkopfes auf der Grabung. Unmittelbar bevor die beiden Grabungsleiter über den Fund gebeugt in der Zisterne knien sitzen sie noch im Vulkansee. Der Kommentar dazu lautet: „Allerdings wissen sie noch nicht, was sich nach der Mittagspause auf ihrer Akropolis erwartet“. Diese Szenenaneinanderreihung in Kombination mit dem Kommentar suggerieren, der Arbeitsalltag eines Archäologen bestehe darin, den ganzen Tag von Entdeckung zu Entdeckung zu springen, er könne nicht mal kurz Mittagspause machen, ohne dass gleich der nächste Sensationsfund auf seine Freilegung warte.

Auf die Bewertung der Darstellung der eigentlichen Funde und ihre Positionierung als fulminanter Höhe- bzw. Schlusspunkt des Filmes wird im weiteren Verlauf noch eingegangen. Aus dramaturgischer Sicht funktioniert diese Anordnung ohne Zweifel, zumindest im Sinne eines klassischen Happy Ends. Obendrein kann so getreu dem Motto „bleiben sie dran“ im Laufe des Filmes schon auf einen kommenden Höhepunkt hingewiesen werden.[147]

Abschließend sollen zu „Karthagos geheime Kolonien“ noch kurz zwei Einzeluntersuchungen vorgestellt werden, die der Zuschauer auf Pantelleria verfolgen kann. Bei Ersterer wird eine Unterwasserarchäologin bei einem Tauchgang begleitet.[148] Nach einer Sequenz, in der sie sich vorbereitet und ankleidet, springt sie ins Wasser und der Zuschauer begleitet sie eine Weile auf ihrem Tauchgang. Zu sehen sind neben zahlreichen, farbigen Aufnahmen der Unterwasserwelt Amphoren, die sie zum Teil anhebt und näher betrachtet. Schließlich ist sie im Keller des Museums von Pantelleria zu sehen, wie sie die „gefundenen“ Amphoren verstaut. Hier wird der Eindruck erweckt, man begleite eine Archäologin auf einem wissenschaftlichen Tauchgang, von dem sie mit Funden zurückkehrt. Deutlich zu sehen ist auf den Bildern, dass die archäologischen Arbeiten mindestens teilweise schon stattgefunden haben (Markierungen und Fundtafeln sind am Meeresgrund zu erkennen). Statt einer wirklichen unterwasserarchäologischen Untersuchung handelt es sich hier um einen Tauchgang für die Kamera, der praktisch nichts mit dem tatsächlichen Aufwand entsprechender Untersuchungen zu tun hat. Da jedoch offensichtlich der Anschein erweckt werden soll, entsteht eine massiv und verharmlosend verzerrte Darstellung archäologischer Arbeit, entbunden von jeglicher archäologischer Realität.

Bei der zweiten Szene beobachtet der Zuschauer eine „Zisternenspezialistin“, wie sie sich in eine Zisterne unter der ehemaligen Agora abseilt, um diese zu untersuchen.[149] Um das Loch der Zisterne herum stehen Helfer, die sie an einem Seil hinunterlassen. Mit einer Lampe ausgerüstet taucht sie bis zur Brust in das Wasser ein. Der Kommentar gibt einige Informationen, so zur kleinen Öffnung, zu den Deckplatten, die von unten zu sehen sind und zum Putz, mit dem die Zisterne ausgekleidet ist. Zur weiteren Untersuchung kommt es dann jedoch nicht, da eine Wasserschlange die Archäologin in die Flucht schlägt und den „Grusel im Dienste der Wissenschaft“ beendet.[150] Im Zentrum dieser Szene steht der Nervenkitzel und keine wissenschaftliche Untersuchung durch eine „Zisternenspezialistin“, dennoch erhält der Zuschauer einige Informationen zum Bau von Zisternen.

In diesem Abschnitt sollen nun vergleichsweise weitere Szenen aus dem Film „Die Schlacht am Harzhorn“ vorgestellt werden. Den Grabungsszenen wird in dieser Dokumentation mit über sechs Minuten mehr Platz eingeräumt, als in der ZDF-Produktion mit gleicher Minutenzahl bei deutlich längerer Filmdauer (vgl. Komponententabelle). Nach der anfangs beschriebenen Szene, in der vergleichsweise sehr ausführlich zu Tätigkeiten und Methoden bei der Grabung informiert wurde, wird bei den folgenden Szenen nur noch auf Abläufe eingegangen, die der Zuschauer noch nicht kennt. Ansonsten werden weiter Eigenschaften der Grabung allgemein, aber auch der speziellen Situation am Harzhorn thematisiert. Daneben begleitet der Kommentar die Grabungsszenen mit entsprechenden Informationen zu neuen Ergebnissen, die sich durch neue Befunde ergeben, oder zu „Fragen, auf die der Boden noch Antworten liefern muss“. Dabei besteht immer ein direkter oder indirekter Zusammenhang zwischen Bild und Ton. So wird zum Beispiel gegen Mitte der Dokumentation mit Blick auf Grabungshelfer am Schnitt darauf hingewiesen, dass der Boden bis auf einen germanischen bisher nur römische Funde zutage gebracht hat. Im weiteren Verlauf einer langen Grabungsszene, in der nichts Spektakuläres passiert, wird vom Kommentar zunächst kritisch auf das römische Germanenbild eingegangen, bevor der Archäologe dann aus dem Off auf Kampftaktiken der Germanen eingeht.[151]

In der längsten Grabungsszene der Dokumentation wird zwei Minuten lang archäologisches Arbeiten gezeigt.[152] Die Kamera gibt zunächst einen Gesamtüberblick über einen Schnitt, an dem Grabungshelfer Erde abtragen, dazu wird im Kommentar ein wesentliches Merkmal dieser Grabung formuliert: „Antworten gibt der Fundort. Am Harzhorn betreten die Wissenschaftler Neuland. Sie untersuchen ein Schlachtfeld, zu dem es keine schriftlichen Belege gibt. Hier müssen die Funde Geschichte schreiben . “ Damit wird ein Hauptcharakteristikum dieser Grabung benannt, das außerdem mit der Erzählweise des Filmes übereinstimmt. Von den Befunden ausgehend lassen sich Stück für Stück neue Theorien ableiten, deren Entwicklung die Kamera im Prinzip einfach verfolgt. Im weiteren Verlauf der Szene werden dann detailliert unterschiedliche Tätigkeiten gezeigt, zum Beispiel ein Grabungshelfer mit Detektor, die Bergung und Verstauung eines Kleinfundes, die Markierung und Dokumentation von Funden und nicht zuletzt die Vermessung und die photographische Dokumentation. Der Sprecher fasst übereinstimmend zeitgleich Prinzipien und Charakteristika der gezeigten Arbeiten zusammen: „Die archäologischen Ausgrabungen, eine langwierige und fummelige Arbeit. Geduldig und genau müssen die Studentinnen und Studenten jeden Fund beschreiben und dokumentieren.“ Ansonsten wird auf die studentischen Grabungshelfer eingegangen, die in kurzen Statements die Möglichkeit haben, persönliche Vorstellung zu formulieren oder ihre Arbeit zu skizzieren, zum Beispiel die Schichtenbeschreibung als wichtige Dokumentationsmethode, auf die auch der Kommentar nochmals eingeht: „ Die abgetragene Erde ist ein Schwerpunkt der archäologischen Untersuchungen. Ihre Schichten, ihre Beschaffenheit und Farbe, das alles berichtet von vergangenen Zeiten und wird akribisch notiert. Vor allem an Fundstellen erzählt die Erde.“

Mit der letzten Grabungsszene dieser Harzhornproduktion wird dann der Bezug zur Eröffnungsszene hergestellt und der Kreis geschlossen.[153] Während der Zuschauer verfolgt, wie die Tierknochen freipräpariert und vorsichtig in Kisten gepackt werden, liefert der Kommentar die gewonnen Erkenntnisse zu Tierart und Alter des Knochens. Diese beiden Rahmenszenen des Filmes vermitteln exemplarisch einen Eindruck von der Prozesshaftigkeit archäologischer Grabungsarbeit und stehen in hartem Kontrast zu zwei vorangehenden Beispielszenen aus „Karthagos geheime Kolonien“. Zum einen zur Szene mit dem kleinen Goldfund, in der der Versuch unternommen wird, durch einen Rückbezug auf die fiktive Rahmenhandlung den großen Zusammenhang zu konstruieren, zum anderen zur Freilegung der beiden Marmorköpfe, bei der die Ergebnisse sofort präsentiert werden, ohne dass der im verborgenen ablaufende Arbeitsprozess Eingang in die Darstellung findet. In „Rätsel Römerschlacht“ wird damit wiederum verschieden umgegangen, indem die C14-Datierung im Labor begleitet wird (s. u.).

Im letzten Abschnitt werden nun Beispiele aus „Rätsel Römerschlacht“ analysiert. Insgesamt verfügt diese Sendung mit knapp drei Minuten und entsprechend niedriger Szenenzahl mit Abstand über die wenigsten Grabungseindrücke (vgl. Komponententabelle). Der Schwerpunkt liegt in diesem Falle eindeutig bei der Geländeprospektion, in deren Verlauf bis dato die meisten Funde am Harzhorn gemacht wurden.

Neben der schon thematisierten einleitenden Beobachtung, die zunächst auf die Vorbereitung der Grabungsareale und dann weiter auf bestimmte Techniken und Charakteristika einging, wird in der zweiten relevanten Szene ein neuer Grabungsschnitt angelegt.[154] Es werden Bodenproben genommen, Markierungen gesetzt, Metallfunde gesucht, Kleinfunde geborgen und Oberflächen abgetragen. Nur bei den Bodenproben ist für den Laien nicht zu erkennen, was dargestellt wird, ansonsten erklärt der Sprecher, warum an dieser Stelle ein neuer Schnitt angelegt wird, der eigentlich nicht vorgesehen war und jetzt auf Grund vieler Funde bei der Prospektion eingehender archäologisch untersucht werden muss. Zum Schluss der Szene wird wie in „Die Schlacht am Harzhorn“ vom Grabungsleiter auf die Erhaltungsbedingungen für Eisen am Harzhorn hingewiesen. Und auch in dieser Dokumentation verfolgt der Zuschauer, wenn auch mit viel weniger Zeit, die Freilegung der Tierknochen.[155] Mit feinem Werkzeug wird in Großaufnahme gezeigt, wie die Knochenteile geborgen werden. Im entsprechenden Kommentar werden Informationen darüber gegeben, welche Reit- und Lasttiere die Römer und Germanen mit sich führten, und im Anschluss mit einiger Verzögerung auch die ersten Ergebnisse mitgeteilt: „Bald ist klar, dass es sich um Pferdeknochen handelt“. Der Zeitspanne von der Fundauffindung bis zur konkreten Datierung wird auch in „Rätsel Römerschlacht“ versucht beizukommen. Erst zögerlich und nach einem Ausflug in ein spezialisiertes Labor werden dem Zuschauer die Ergebnisse der C14-Datierung genannt. Auf diese Weise werden Eigenschaften archäologischer Arbeit mit dem narrativen Motiv einer schrittweisen „Ermittlung“ kombiniert.

Zum Schluss der Dokumentation wird noch eine Szene herausgegriffen, die eher das Randgeschehen der Grabung beleuchtet und damit sinnbildlich für den zeitintensiven Charakter archäologischer Grabungen steht.[156] Der Winter kommt, die Grabung muss unterbrochen werden und das Grabungsteam deckt die entsprechenden Areale mit Planen ab. Erst im nächsten Jahr kann es weitergehen, der Grabungsprozess ist dem Wandel der Jahreszeiten unterworfen.

4.1.1.2. Fundnachbearbeitung

Die wissenschaftlichen Bearbeitungen und Untersuchungen, die nach der eigentlichen Fundfreilegung stattfinden, bilden ein fundamentales Element des archäologischen Erkenntnisprozesses und werden daher vorwegnehmend auch im Rahmen der archäologischen Tätigkeiten kurz angesprochen, im Kapitel zur Darstellung des Fundes wird dann noch weiterführend auf die interpretativen Aspekte dieses Prozesses und die unterschiedlichen Präsentations- und Aggregatszustände eingegangen. Die Überlegung, ob man dem Zuschauer diesen grundlegenden Aspekt des archäologischen Prozesses im Rahmen einer Dokumentation näher bringt oder nicht, entscheidet maßgeblich darüber, wie realistisch und vollständig das Bild der archäologischen Arbeit gezeichnet wird. Nicht die Fundfreilegung entscheidet über die Bedeutung des Fundes, sondern seine weitere Interpretation. Eindeutige Aussagen entstehen dementsprechend bei der Betrachtung der drei Dokumentationen. Während „Karthagos geheime Kolonien“ diesen Bereich fast komplett ausspart, wird er in „Die Schlacht am Harzhorn“ hin und wieder, am häufigsten aber in „Rätsel Römerschlacht“ dargestellt (vgl. Komponententabelle). Die Szenen, in denen eine nachträgliche Bearbeitung und Untersuchung der Grabungsfunde im Rahmen der Harzhornfilme eine Rolle spielt, sind meist Fundbearbeitungen durch Restauratoren oder Gespräche unter Archäologen, bei denen einzelne Funde untersucht und zugeordnet werden. Bei „Karthagos geheime Kolonien“ findet sich nur eine Sequenz, die diese Phase nach der Grabung thematisiert. In Selinunt werden, nach einer Szene der Beschreibung und Veranschaulichung unterschiedlicher griechischer und punischer Mauertechniken, Keramikuntersuchungen vorgestellt.[157] Der Kommentar bemerkt dazu: „Auch die Keramikdetektive sind Karthagern und Griechen auf der Spur.“ Auf langen Tischen im Freien ist Keramik ausgelegt, die von Wissenschaftlern untersucht wird. Der Kommentar erklärt, dass über chemische Analysen des Tons Aussagen über die Herkunft gemacht werden können. „Schon die ersten Ergebnisse zeigen: Einige sind von weit her importiert. Viele stammen aus Nordafrika.“ Zunächst ist positiv zu bewerten, dass die Keramikbearbeitung, ein wenig fotogener Prozess, überhaupt Eingang in die Darstellung findet. Dem Zuschauer wird vermittelt, dass sich über die Keramikanalyse wichtige Informationen zur Herkunft von Funden ergeben können. Die „Keramikdetektive“ liefern jedoch entgegen den Versprechungen keine neuen Hinweise, um Karthagern und Griechen „auf die Spur zu kommen.“

Der Zuschauer wird mit einem vorbeiziehenden Bilderteppich zu Wissenschaftlern, Untersuchungsgeräten, Zahlenkolonnen und Keramikfunden versorgt, entsprechende Informationen, um diesen Prozess als Zuschauer sinnvoll zu erfassen, fehlen jedoch. Weder Kommentar noch Wissenschaftler im O-Ton geben Auskünfte, stattdessen werden im Stile amerikanischer Ermittlerserien wie „CSI“ und Co nur einzelne Spots gesetzt.[158] Ein „Biochemiker“ untersucht etwas mit dem Vergrößerungsglas, eine Frau mit Mundschutz entnimmt Keramikproben mit Hilfe einer Bohrmaschine, ein Geologenhammer liegt auf Kartenmaterial, der „Biochemiker“ vergleicht Zahlenkolonnen, die Frau fährt Keramiktabellen mit der Lupe ab. Keines dieser Bilder wird erklärt oder eingeordnet, weiterführende Informationen, die über die nordafrikanische Herkunft einiger Funde hinausgehen, werden nicht vermittelt, die Szene lebt einzig von der investigativen Atmosphäre. Bis auf diese Szene wird in „Karthagos geheime Kolonien“ die Darstellung der Fundbearbeitung nach der eigentlichen Grabung nicht thematisiert und gerät somit im Vergleich zu den Grabungsszenen völlig in den Hintergrund. Umso gravierender erscheint es, wenn die einzige Szene des Filmes, die darauf eingeht, ein so unscharfes und wenig informatives Bild zeichnet.

Da die Szenen der nachträglichen Fundbearbeitung in den Harzhornfilmen auf Grund der dramaturgischen Gestaltung unmittelbar mit der Auffindung der Objekte und deren Präsentation zusammenhängen, wird darauf im Kapitel zu den Funden detailliert eingegangen, der Beschäftigung mit dem Fund im Rahmen der Restaurierung widmet sich das Kapitel zum interdisziplinären Arbeiten. Beide Dokumentationen räumen der „Postgrabungsphase“ der archäologischen Arbeit einen deutlich größeren Raum ein. In mehreren Sequenzen wird auf diesen Prozess eingegangen. Zu sehen sind die fotografische Dokumentation von Funden, die Untersuchungen und Bearbeitungen durch Restauratoren und die anschließende Zuordnung, Einordnung und Bewertung der restaurierten Funde durch die Archäologen. Diese Darstellung illustriert einen größeren Abschnitt der Bearbeitungen, denen Funde im Laufe ihrer wissenschaftlichen Laufbahn unterzogen werden, und vermittelt insofern ein vollständigeres und realistischeres Bild der Arbeit des Archäologen, als dies „Karthagos geheime Kolonien“ vermag. Der Archäologe oder Grabungstechniker kann bei der Fundbergung zunächst nur Arbeitshypothesen abgeben, die erst im Laufe weiterer Untersuchungen ein konkreteres Bild ergeben. Dieser Tatsache widmen sich beide Harzhornfilme, jedoch mit einer unterschiedlichen Gewichtung. Während „Die Schlacht am Harzhorn“ noch mehr Grabungsszenen als Szenen der Fundnachbearbeitung zeigt, dreht sich das Verhältnis in „Rätsel Römerschlacht“ eindeutig um. In Ergänzung des Ermittlungsstils der Sendung ist eine Verlagerung zu erkennen, weg von der Illustration der Grabungsabläufe, hin zu einer stärker ergebnisorientierten Dramaturgie und der Beleuchtung des Erkenntnisprozesses, die Fundnachbereitung nimmt doppelt so viel Raum ein wie die eigentlichen Grabungsszenen.

4.1.1.3. Geländeprospektion

Eine vergleichbare quantitative Verteilung ergibt sich bei der Untersuchung der Darstellung der archäologischen Geländeprospektion. Während in „Karthagos geheime Kolonien“ nur zwei Sequenzen im weitesten Sinne dieser Kategorie zugeordnet werden können, wird die Geländeprospektion in den beiden Dokumentationen zum Harzhorn relativ häufig gezeigt. Ein Vergleich auf dieser Ebene erübrigt sich jedoch, da sowohl andere Grabungsbedingungen als auch andere Phasen der Grabung vorliegen. Im direkten Vergleich der beiden NDR-Produktionen untereinander räumt die Dokumentation „Rätsel Römerschlacht“ dieser Arbeitsphase fast doppelt so viel Raum ein wie „Die Schlacht am Harzhorn“ und zeigt auch hier eine Verlagerung, die sich von den Grabungsszenen weg und hin zu anderen Prozessen bewegt (vgl. Komponententabelle). Auf Grund der schwierigen Vergleichsbasis zu „Karthagos geheime Kolonien“ werden zu allen drei Filmen nun einzelne Beispiele herausgegriffen, die spezielle Formen des Umgangs mit diesem Thema widerspiegeln, konkret miteinander verglichen werden aber nur die Darstellungen der beiden Harzhornfilme.

Zunächst zur ZDF-Produktion und einer Szene auf Pantelleria, die im Prinzip keine Geländeprospektion darstellt, deren Inszenierung jedoch den Eindruck erwecken könnte. Gegen Ende der Sendung verlässt Archäologe Schäfer die Grabung und fährt ins unbewohnte Landesinnere der Insel.[159] Dort angekommen begleitet ihn der Zuschauer auf einem kleinen Pfad querfeldein durch Felsen und Gestrüpp. Er ist zunächst relativ flott unterwegs, erst die letzten Meter läuft er den Oberkörper leicht gebeugt nach etwas suchend durch das Gelände und findet auf Anhieb an der Oberfläche liegende Keramikscherben. Die Sequenz ist nachgestellt worden und die Kamera erwartet ihn schon am Ort der Auffindung. Insgesamt dauert diese Szene gerade so lange wie die vorangehende Fahrt ins Landesinnere. Was wird hier dargestellt? Es wird nicht behauptet, es handle sich um eine Geländeprospektion oder irgendeine andere konkrete archäologische Arbeitsphase, der Kommentar sagt lediglich: „Schäfer unterwegs ins Landesinnere, auf der Suche nach punischen Siedlungen“ und „wie in Mozia liegen auch hier die Funde offen an der Oberfläche.“ Wenn hier archäologische Arbeit dargestellt werden soll, vermittelt diese Szene einen völlig falschen Eindruck. Die Kombination von Kommentar und Bild führt dazu, dass die Szene in der Luft hängt, archäologischer Inhalt und Bedeutung sind nicht zu erfassen. Entweder der Archäologe ist tatsächlich auf der Suche, dann stimmen Kommentar und Bild nicht, oder er kennt bereits bestimmte Orte, an denen Streufunde an der Erdoberfläche liegen und führt die Zuschauer dorthin, um diese zu präsentieren, dann wird der Zuschauer im Prinzip vorgeführt. So wird künstlich der Eindruck eines zufälligen Fundes im Verlauf einer Geländebegehung erweckt, allein um zu illustrieren, worauf der Kommentar am Schluss der Szene hinweist, nämlich dass die Insel vermutlich vor 2000 Jahren stärker besiedelt war als heute.

Nun zu den Darstellungen der eigentlichen Geländeprospektion in den beiden Harzhorndokumentationen. Ein Beispiel soll jeweils genügen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu verdeutlichen. Gezeigt wird in beiden Fällen die invasive Prospektionsmethode der Geländebegehung mit Metalldetektoren.[160] Zu sehen sind Grabungstechniker, die mit Detektoren im Wald am Harzhorn unterwegs sind, um das Gelände auf Metallfunde hin zu untersuchen, die wiederum Anhaltspunkte liefern sollen für relevante Grabungsareale. Die Szenen sind nicht nachgestellt und die Grabungstechniker werden sowohl beim Ablaufen des Harzhornes als auch beim Freilegen von Funden von der Kamera begleitet. Im Folgenden werden die beiden langen Sequenzen mit Grabungstechnikern im Gelände verglichen.[161] In „Die Schlacht am Harzhorn“ wird in der vorangehenden Szene die Freilegung von Knochenfunden am Schnitt gezeigt. Es wird inhaltlich übergeleitet mit dem Hinweis, die Suche am Harzhorn sei vor allem etwas für die Metallsondengänger. „Rätsel Römerschlacht“ bettet die Geländeprospektion anders in die dramaturgische Erzählung ein und stellt sie chronologisch an den Anfang der archäologischen Untersuchungen. Die Grabungstechniker suchen nach weiteren römischen Funden, um damit die Amateurfunde erklären zu können, mit denen Film und Grabung ihren Anfang nehmen. In beiden Szenen wird zum Teil dasselbe Filmmaterial verwendet, gewisse Unterschiede sind in erster Linie bei den Kommentaren des Sprechers und der Beteiligten festzustellen. „Die Schlacht am Harzhorn“ geht zunächst präziser auf den Zeitraum und den tatsächlichen Ablauf einer Prospektion mit Metallsonden ein, so wird kommentiert:

Seit einem Jahr sind die beiden Grabungstechniker des niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege unterwegs, auf Prospektion. Schritt für Schritt suchen sie den Boden mit ihren Sonden ab, zwischen den Bäumen, unter dornigen Sträuchern, im Unterholz. Jeder Quadratmeter des Waldes wurde nach Metall abgetastet, mit Erfolg. Tausende von Funden wurden aufgespürt, im Boden geortet und gesichert. Viel Schrott war dabei.“[162]

Ergänzend fügt der Grabungstechniker hinzu, dass in mehr als 95 % der 15.000 Löcher, die bisher gemacht wurden, „Schrott“ enthalten war. Im Vergleich dazu ist die Darstellung in „Rätsel Römerschlacht“ weniger präzise in der Beschreibung der Arbeitsweise, der Begriff der „Prospektion“ wird ebenfalls nicht genannt, jedoch wird der Arbeitsaufwand der Geländeprospektion metaphorisch und aus einer etwas veränderten Perspektive veranschaulicht, die Beschreibungen sind subjektiver.

„Sie [die Archäologen B.W.] lassen das Harzhorn weiträumig absperren und schicken zwei Männer, sie sind Experten im Umgang mit dem Metalldetektor: die beiden Grabungstechniker Michael Brangs und Thorsten Schwarz. Das Harzhorn ist mehr als vier Quadratkilometer groß, ein riesiger Laubhaufen, in dem vielleicht einige römische Nadeln stecken. Wo fängt man da mit dem Suchen an?“ - „Intuition ist das schon, ja. Man muss sich auch schon ein bisschen reindenken, wie das hier früher ungefähr abgelaufen ist. Da kann man so teilweise zielstrebig auf Punkte zugehen, wo einem wirklich das Gefühl sagt, da ist was und da kommt dann auch häufig was.“ [163]

Die Menge an Schrott, die bei der Metallsuche anfällt, wird in beiden Produktionen gleichermaßen benannt und mit einer „neuzeitlichen“ Schere auch vorgeführt. In den folgenden Sequenzen werden dann antike Funde präsentiert, wobei die Funddichte bei der Dokumentation „Die Schlacht am Harzhorn“ viel geringer ausfällt, als bei der anderen Produktion mit zahlreichen römischen und einem germanischen Fund. Von den Fundauffindungen in „Rätsel Römerschlacht“ erfolgen jedoch nicht alle „live“ für den Zuschauer sichtbar. In einigen Fällen wird nur der Eindruck erweckt, indem jeweils Fundfotos der eigentlichen Funde in die Filmaufnahmen der Prospektion eingeblendet werden (s. u.).[164]

Generell wird in der Gesamtheit der relevanten Szenen, trotz teilweise unterschiedlicher dramaturgischer Inszenierung, in beiden Filmen detailliert auf die Prospektion eingegangen. Mit Blick auf „Rätsel Römerschlacht“ geschieht dies öfter und etwas vielseitiger in den einzelnen Phasen der Geländeprospektion, dafür in Teilen durch die Fundnachstellung weniger authentisch in der Darstellung. Gezeigt werden in dieser Produktion bis auf konzeptionelle Dinge alle Phasen der Geländeprospektion mit dem Metalldetektor: die Suche mit dem Detektor, die Auffindung von Metallfunden mit Fundpositionierung und Dokumentation[165] , die Freilegung von Funden und die Markierung von Fundorten.[166] In „Die Schlacht am Harzhorn“ wird hingegen mit der geomagnetischen Messung noch eine weitere, nicht invasive Prospektionsmethode vorgestellt. Der Zuschauer begleitet in einer kurzen Sequenz Geophysiker bei ihren Messungen, wie sie mit geschulterten Messapparaturen das Gelände untersuchen.[167] Obwohl in „Die Schlacht am Harzhorn“ die Betonung eher auf dem langwierigen Prozess und in „Rätsel Römerschlacht“ auf den einzelnen Schritten liegt, wird in beiden Dokumentationen vermittelt, um was für einen enormen Arbeitsaufwand es sich handelt und mit welcher Geduld diese Untersuchungen betrieben werden müssen, die später richtungsweisend für die Grabung sind.

4.1.1.4. Konzeption und Reflexion

Im Rahmen dieses Kapitels soll einem Aspekt wissenschaftlicher Arbeit nachgegangen werden, der der Öffentlichkeit in Dokumentationen tendenziell eher nicht präsentiert wird aber integraler Bestandteil jeder wissenschaftlichen Erkenntnis ist. Konzeptionsphasen und Phasen des Reflektierens bzw. der Analyse und der Interpretation sollten in die Darstellung bei Dokumentationen mit aufgenommen werden, wenn die Intention besteht, ein möglichst realistisches und umfassendes Bild der Archäologie zu zeichnen. Bei dieser Betrachtung ergeben sich insbesondere in Bezug auf Analyse- und Interpretationsphasen teilweise Schnittmengen zu anderen Kapiteln, auf Grund ihrer Bedeutung werden diese im Rahmen dieses Kapitels jedoch gesondert aufgenommen.

Zunächst die Frage nach Phasen der Konzeption bzw. der Organisation einer archäologischen Grabung. Gibt es etwa Informationen zu Anlass und Ausgangssituationen der Grabung? Werden Zeiträume der Grabung abgesteckt oder wird der Zuschauer eingeführt in vorangehende organisatorische Notwendigkeiten wie bürokratische Wege und Genehmigungsverfahren? Werden archäologische Erwartungen und Ziele skizziert oder grundsätzliche methodische Prinzipien und Herangehensweisen thematisiert?

Außerdem stellt sich die Frage nach Darstellungen reflektierender Phasen archäologischen Arbeitens. Werden analytische Phasen und Erkenntnisprozesse veranschaulicht? Bekommt der Zuschauer ausschließlich oder tendenziell mehr endgültige Ergebnisse und monokausale Erklärungen präsentiert oder auch Phasen des Reflektierens, in denen die Beteiligten Befunde analysieren und interpretieren, Wissenschaftler sich beratschlagen, flexibel auf Unvorhersehbares eingehen, Befunde kontrovers diskutieren oder Probleme benennen? Werden Gedankengänge für den Zuschauer nachvollziehbar? Bleiben plurale Interpretationsmöglichkeiten oder Arbeitshypothesen als solche stehen oder werden sie zugunsten einer griffigen und einheitlichen Grundaussage abgeschliffen oder zurechtgebogen?

Nun zu „Karthagos geheime Kolonien“: Bezüglich der Grabungen auf Mozia werden weder konkrete Angaben zum Initiator oder Träger der Grabung noch zu den Gründen noch zum Zeitraum gemacht. Mit dem Intro der Reihe ‚Schliemanns Erben‘ - „100 Jahre nach Schliemann versuchen deutsche Archäologen, den Nachrichtencode vergangener Zeiten zu knacken, rund um die Welt.“[168] - könnte der Eindruck entstehen, es handle sich auf Mozia um eine deutsche Grabung. Dass Thomas Schäfer auf der Insel nur seinen italienischen Kollegen begleitet, gerät in den Hintergrund, nicht zuletzt auch durch dessen vorausgegangene Inszenierung, wie er früh morgens alleine auf die Insel hinausgefahren wird. Dieser Eindruck wird noch durch den folgenden Verweis auf den jungen „Selfmademan“ Heinrich Schliemann, der auf Mozia archäologische Forschungen unternommen hatte, verstärkt. Da nur in Bezug auf Mozia kurz auf die „Grabungsgeschichte“ eingegangen wird, lag die Intention für diese Szene wohl primär darin, auf den Namensgeber der ZDF-Reihe zu verweisen.

In Selinunt wird zunächst lediglich der Träger der Grabung, das Deutsche Archäologische Institut, Abteilung Rom, und der deutsche Leiter der Grabung vorgestellt und ebenfalls von einer Begründung der Grabungen oder Angaben zur langjährigen Grabungsgeschichte für den Zuschauer abgesehen. Ebenso werden möglicherweise interessante Fragen nach Gründen einer deutschen Beteiligung auf einer italienischen Grabung und nach der Zusammenarbeit nicht gestellt.[169]

Auf Pantelleria wird zunächst eine oberflächliche Begründung für die Grabungen gegeben: „Die oberirdisch sichtbaren antiken Mauern und Streufunde hatten ihn [Thomas Schäfer, B.W.] angeregt, hier zu graben“. Wie auch zuvor ist jedoch keine Rede von den eigentlichen wissenschaftlichen Gründen, dort zu forschen, zum Beispiel die Frage der „Akkulturation am Übergang der punischen Siedlung zum römischen Municipium“ [170] . Stattdessen stehen über allem als allgemeine Begründungen die Zerstörung Karthagos, welche historische Quellen zunichtegemacht hätte[171] , und die schwierigen Grabungsbedingungen in Karthago selbst. „Bi s zu 9 Meter tief müssen die Archäologen graben, um auf karge Zeugnisse einer Weltmacht zu stoßen, die uns als grausam und barbarisch beschrieben wird. Doch in Karthagos vergessenen Stützpunkten stoßen wir auf die Spuren, die das Rätsel des geheimnisvollen Seereichs lösen helfen.[172] Im weiteren Verlauf der Produktion wird dann zwar mehrfach auf Formen der Akkulturation hingewiesen, dieser Aspekt wird jedoch nie im Sinne eines roten Fadens behandelt, sondern beliebig eingestreut, sodass er ohne konkrete Benennung im Konzept des Filmes untergeht. Hier stellt sich die Frage, warum dieses gesellschaftlich relevante Thema nicht als Grundfrage der Sendung zu Beginn gestellt wird. Stattdessen wird der Begriff ‚Akkulturation‘ eingeführt, ohne dass dieser für den Zuschauer eingeordnet wird, und das, obwohl die konkreten Bilder, dies zu veranschaulichen, zahlreich vorhanden sind. Auf alle anderen genannten Fragen zur Konzeption bzw. Organisation wird in „Karthagos geheime Kolonien“ nicht eingegangen.

In „Die Schlacht am Harzhorn“ und „Rätsel Römerschlacht“ wird jeweils im Laufe der ersten Minuten auf die Anfänge der Grabung eingegangen. Mit römischen Amateurfunden werden Gründe und darauf folgend erste Schritte benannt, die zum Beginn der wissenschaftlichen Untersuchungen führten.[173] Dann werden Vorbereitungen vor Ort, wie die Absperrungen des Untersuchungsgebietes gegen Raubgräber, thematisiert[174] und außerdem die Teamzusammenstellung beschrieben.[175] Des Weiteren wird auf bestimmte, zuständige Behörden hingewiesen, in einem Fall wird konkret benannt, dass Kreis- , Bezirks- und Landesbehörden im Fall dieser Grabung zusammenarbeiten, obwohl sie zunächst skeptisch waren ob der römischen Amateurfunde[176] , im anderen Fall ist die Rede vom Landesdenkmalamt in Hannover, dem die Hobbyarchäologen ihre Funde schließlich übergaben.[177]

Die Grundfragen der archäologischen Untersuchungen stehen in beiden Produktionen von Anfang an fest: wie kommen römische Funde in den Harz und handelt es sich dabei um den Ort eines Schlachtgeschehens? Auf methodische Vorgehensweisen wird wenn überhaupt nur sehr allgemein eingegangen, indem in beiden Dokumentationen zunächst die Prospektion des Geländes vorgestellt wird: „Die Suche am Harzhorn ist vor allem ein Fall für die Metallsondengänger“ [178] - „Wo fängt man da mit dem Suchen an?[179]

Ein Bereich, der in allen drei Filmen ausgespart wird, ist der finanzielle Aspekt der Grabung. Nach dem Motto „über Geld spricht man nicht“, werden solche Fragen ausgeblendet.

Nun zum zweiten Punkt, der Darstellung von Phasen wissenschaftlichen Reflektierens. Ein grundsätzliches Problem in „Karthagos geheime Kolonien“ liegt in der dramaturgischen Konzeption, denn diese sieht wie es scheint nicht vor, den Zuschauer am wissenschaftlichen Diskurs teilhaben zu lassen. Der Zuschauer wird nicht „mitgenommen“ und kann nicht beobachten, stattdessen laufen alle Informationen gesteuert über den Kommentar und Interviewszenen, in denen einstudierte Fragen beantwortet werden. An kaum einer Stelle im Film kann der Zuschauer in Bild und Ton tatsächlich „live“ nachempfinden, was getan und jeweils dazu geäußert wird. Von Gesprächen der Archäologen untereinander etwa wird er ausgeschlossen, indem ein Kommentar darüber gelegt wird, so zum Beispiel bei der ersten Begehung des archäologischen Geländes auf Mozia durch die Archäologen Vecchio und Schäfer[180] oder beim Schlammbad im Vulkansee auf Pantelleria, bei dem die Grabungsleiter laut Kommentar die Doppelverehrung des Astarteheiligtums diskutieren[181] . Wird ein Gespräch in Bild u n d Ton wiedergegeben, wie beim Besuch des punischen Heiligtums in Selinunt durch Mertens und Schäfer, wirkt die Szene nachgestellt und gibt kaum eine analytische, wissenschaftliche Auseinandersetzung wieder. Im Gegenteil, es findet eine vermeintliche Anpassung des Gespräches an den Wissensstand des Betrachters statt, der zu einer so starken Vereinfachung führt, dass auch von einer für das Verständnis nicht notwendigen detaillierten Erklärung eines Stierkopfes - „und in der Mitte den Stierkopf halt drin mit den Hörnern und den Ohren da“ - nicht abgesehen wird, obgleich selbst Dieter Mertens mit seiner Formulierung auszudrücken scheint, dieses für überflüssig zu halten.[182] Diese Form der Inszenierung prägt die komplette Sendung und verhindert, dass der Zuschauer Gedankengänge nachvollziehen kann, geschweige denn Zeuge wird von Diskussionen oder Untersuchungen wissenschaftlicher Befunde. An vielen Stellen des Filmes werden Funde gezeigt und Fakten geliefert, die gleich in entsprechende Rahmenhandlung integriert werden, an fast keiner Stelle wird jedoch vom Befund ausgehend analysiert und ein ergebnisoffener Erkenntnisprozess dargestellt. In einigen Fällen verursacht die Bild-Ton-Schere sogar verwirrende Aussagen in Bezug auf angeblich gewonnene Ergebnisse. Zu Beginn auf Mozia etwa weist der Kommentar zu obengenannter Begehung des Geländes durch die beiden Archäologen darauf hin, dass „Schäfer und Vecchio versuchen, aus den Aufzeichnungen Schliemanns zu rekonstruieren, wo er die beschriebenen Funde machte. Sie stoßen auf die Kasernen, die Heiligtümer und die Warenlager des punischen Stützpunkts .[183] Dabei wird der Zuschauer Zeuge einer Kamerafahrt, bei der lediglich punisches Mauerwerk zu sehen ist, jedoch nichts von zeitgleich erwähnten Heiligtümern oder Warenlagern.

Eine wirkliche Analyse archäologischer Befunde findet nicht statt, so fehlen Prozesse, die veranschaulichen, wie bestimmte Befunde erst im Laufe der Forschungsarbeit Gestalt annehmen, erste Thesen geäußert und wieder verworfen werden etc., entsprechend fehlt ein bewusster Umgang mit Unsicherheiten oder Problemen. Dieser Aspekt wird nur im Sinne einer risikoreichen Archäologie präsentiert, so zum Beispiel beim Zusammentreffen der „Zisternenspezialistin“ mit einer Wasserschlange.[184] Abgesehen von solchen externen „Bedrohungen“ für den Wissenschaftler als Person, werden innerfachliche Unsicherheiten wie Probleme in der Interpretation von Befunden ausgeblendet.[185]

In „Die Schlacht am Harzhorn“ und „Rätsel Römerschlacht“ werden Phasen der Analyse und des Reflektierens hingegen bewusst beleuchtet. Die Konzeption der dramaturgischen Grundlinien der Sendungen, welche den wissenschaftlichen Prozess begleiten und in seinen einzelnen Erkenntnisphasen darstellen, ermöglicht dem Zuschauer, die Analyse von Befunden nachzuvollziehen. In beiden Dokumentationen laufen der narrative Strang des Filmes und der wissenschaftliche Erkenntnisfortschritt parallel auf dasselbe Ziel zu, die Beantwortung anfänglich gestellter Grundfragen. Anhand zahlreicher Befundanalysen lassen sich die Gedankengänge der Wissenschaftler und bestimmte Interpretationen in Ihrer Entstehung nachvollziehen. Ein filigraner Eisenbügel, der bei der Prospektion freigelegt wurde, findet erst im Verlauf von Fotodokumentation, Röntgenuntersuchungen und Restaurierung seine Zuordnung als römischer Sporn und kann erst dann als Hinweis auf römische Kavallerie gedeutet werden.[186] Der Einsatz hochentwickelter Messverfahren wie des Airborne Laserscannings wird nicht nur rein technisch erklärt, sondern in beiden Filmen zum Harzhorn in seiner Relevanz für die archäologische Arbeit visualisiert.[187]

Im Rahmen der wissenschaftlichen Interpretation werden auch konkret Unsicherheiten in der Fundzuschreibung benannt und erste Ergebnisse nicht absolut gesetzt, sondern als „Arbeitshypothesen[188] formuliert. „Am so gewonnen 3D-Modell kann der Schlachtablauf plausibel durchgespielt werden. Immer wieder analysieren und diskutieren die Wissenschaftler hier ihre Hypothesen vom Kampfgeschehen. Ideen werden geboren und wieder verworfen.[189] Auch der Grabungsleiter berichtet vom „ständigen Gesprächsthema“ Schlachtablauf und den dazu wechselnden Interpretationen[190] , die Rede ist wiederholt von „vielleicht“ und „Theorien und Vermutungen[191] . Neben Unsicherheiten werden vereinzelt auch Uneinigkeit und Nichtwissen benannt. In „Die Schlacht am Harzhorn“ diskutieren „Römerexperte“ Günther Moosbauer und Bezirksarchäologe Michael Geschwinde zum Beispiel kontrovers über einen Bolzenfund[192] und Günther Moosbauer antwortet anschließend auf Fragen nach der vermuteten Truppengröße der Römer mit Zahlen, die er jedoch einordnend relativiert: „Ich würde das eher multiplizieren wollen, aber dazu fehlen mir einfach die Belege“. Ebenso handelt der Grabungsleiter, der sich zu Theorien des Schlachtgeschehens äußert: „ Wie die Germanen diesen Engpass zugemacht haben, das wissen wir nicht. Anzunehmen wäre, dass vielleicht ein Wall aufgeschüttet wurde, dass Gräben gegraben wurden und danach suchen wir.“ [193] Gegenfragen werden gestellt, um bestimmte Annahmen zu hinterfragen,[194] und gleich zu Beginn wird im Intro des Filmes „Die Schlacht am Harzhorn“ von den vielfachen Deutungsmöglichkeiten des Befundes gesprochen. Es wird deutlich, dass flexibel auf Unvorhersehbares eingegangen werden muss und dass sich die Perspektiven verändern können. So müssen neue Areale für die Grabung vorbereitet werden, weil sich eine unvorhergesehen hohe Funddichte bei der Geländeprospektion ergibt.[195]

Ein reflektierter Umgang mit dem Befund geschieht nicht zuletzt auch durch die Benennung von Erwartungen, die nicht erfüllt werden. „Die Ausgrabungen und Untersuchungen am Harzhorn verraten viel über die an der Schlacht beteiligten Römer, aber nur wenig über die germanischen Gegner. Eine einzige Speerspitze wurde gefunden, die eindeutig germanischer Herkunft ist.“ [196] Ebenso halten Benennungen von Negativbefunden die filmische Darstellung auf dem Boden der Tatsachen: „Außer diesem winzigen Fragment eines Kettenhemdes sind kaum Teile der persönlichen Ausrüstung ans Licht gekommen. Es fehlen Hinweise auf menschliche Opfer. Auch Nichtfunde erzählen eine Geschichte.“[197]

Generell lässt sich feststellen, dass durchaus reflektiert mit dem Fund und der eigenen Tätigkeit umgegangen wird. Eine geradezu vorbildliche Äußerung eines Grabungstechnikers fängt das Filmteam in „Rätsel Römerschlacht“ ein: „Also nur finden reicht beileibe nicht. Wir sind nichts quasi, ohne dass die Sachen restauriert werden, ohne dass das fachlich angesprochen wird. Alle Leute, die da mitarbeiten, spinnen quasi diese Geschichte dieses Fundes zusammen.“ [198] In beiden Harzhornfilmen werden bewusst Einblicke in analytische Vorgehensweisen und Arbeitsprozesse des archäologischen Alltags auf und am Rande einer Grabung gegeben. Die Gedankengänge können nachvollzogen werden, nicht zuletzt dadurch, dass nicht nur konkrete Fakten und fertige Ergebnisse präsentiert werden, sondern der Weg dahin, inklusive Umwegen, Unsicherheiten und Problemen. Am Ende stehen zumindest in „Die Schlacht am Harzhorn“ Arbeitshypothesen und keine Tatsachen. Obwohl genannte Grundzüge im Gegensatz zu „Karthagos geheime Kolonien“ in beiden Sendungen zum Harzhorn in ähnlicher Form zu finden sind, ist in „Rätsel Römerschlacht“ zum Schluss der Sendung eine gewisse dramaturgische Abrundung der archäologischen Konstanten festzustellen. Auf diese Wende wird weiterführend mit Blick auf die Funddarstellung eingegangen, sie steht jedenfalls im Widerspruch zum reflektierten Umgang im Verlauf der Sendung.

4.1.1.5. Interdisziplinäres Arbeiten

In allen drei Produktionen wird die Zusammenarbeit mit und die Zuarbeit von externen Disziplinen thematisiert. Dieses Kapitel widmet sich dabei weniger der Frage, wie die jeweiligen Wissenschaftler charakterisiert werden, sondern der Zusammenarbeit und der Art und Weise, wie auf die archäologische Relevanz der Ergebnisse eingegangen wird. Steht diese im Vordergrund oder werden primär Theorien verifizierend Technikapparate eingesetzt? In „Karthagos geheime Kolonien“ werden molekularbiologische Forschungen und ein Teilbereich der Geomatik thematisiert, in „Die Schlacht am Harzhorn“ das Airborne Laserscanning, die Radiokohlenstoffdatierung, Laborarbeiten von Restauratoren und geomagnetische Messungen. Abgesehen von geomagnetischen Messungen werden entsprechende Disziplinen auch in „Rätsel Römerschlacht“ in die Erzählung integriert.

In der ZDF-Produktion untersuchen britische Forscher die DNA von Kinderknochen aus Urnen, um Hinweise auf eventuelle punische Kinderopfer auf Mozia zu erhalten und Klarheit in den „Gelehrtenstreit“ zu bringen. Dabei ist zunächst ein Wissenschaftler in weißem Kittel mit einer Urne in der Hand vor einem Regal zu sehen. In der nächsten Einstellung werden Knochensplitter ausgeschüttet, zu sehen ist jetzt noch eine zweite Wissenschaftlerin, beide mit Atemschutzmaske, die einen Splitter in eine Tüte verpackt.[199] Im Anschluss daran wird eine Computeranimation bewegter Zellen und DNA Strukturen oder ähnlichem eingefügt und der Kommentar verkündet ein Ergebnis, das als Argument gegen die Vermutung von Kinderopfer ausgelegt wird, ein Knochenteil stammt von einem Mädchen. Unabhängig von der Gültigkeit dieses Argumentes werden hier mit relativem Aufwand - das Labor befindet sich in Jerusalem[200] - Wissenschaftler gezeigt, allerdings nicht bei mikrobiologischen Untersuchungen, sondern höchstens in einer Vorbereitungsphase. Im Vordergrund steht offenbar nicht die Darstellung der Knochenanalyse, sondern der Wissenschaftler an sich oder die Kinderknochen, etwas anderes geben die Bilder nicht her. Auch unter Berücksichtigung der gestalterischen Herausforderung, molekulare Forschungen bildlich ansprechend aufzubereiten, - „die Darstellung von Wissenschaft überschreitet die Möglichkeiten des Bildes[201] - wird diese Szene hier bewusst eingesetzt und deshalb auch mit Blick auf ihre Bedeutung für das Archäologiebild hinterfragt. Die Darstellung des wissenschaftlichen Prozesses ist durch die musikalische Kommentierung spannend, jedoch weder faktisch noch komplett inszeniert. Es handelt sich eher um eine Visualisierung des Wissenschaftlers als um eine „Informationsvisualisierung“ [202] . Hauptsächlich untermauert die Bild-Ton-Schere aber ein archäologisch stark vereinfachtes und fragwürdiges Argument. Im Buch zur Sendung finden beispielsweise weitere Forschungsergebnisse, teilweise mit konträren Aussagen, Erwähnung, ebenso wie ein Hinweis darauf, dass die Untersuchungen erst am Anfang stehen und großangelegte Untersuchungsreihen anstehen[203] , auf deren Grundlage Aussagen erst Gültigkeit erlangen. Hier werden selektiv einzelne Aspekte vielschichtiger und diverser Forschungsergebnisse isoliert und als vermeintliche Belege präsentiert. Es findet nicht nur eine Vereinfachung und Reduzierung von naturwissenschaftlichen Ergebnissen zum Zweck der Vermittlung an ein breites Publikum satt, sondern eine Verfremdung des Sachverhaltes. „Die Filmemacher lösen ein Detail, das sie als „spannend“ erachten, aus dem Zusammenhang und bereiten es fernsehgerecht auf. Unter fernsehgerechter Aufbereitung verstehe ich Bild- und Tonsequenzen, die den Zuschauer an den Bildschirm binden und zum Weiterbetrachten des Filmes animieren“.[204]

Eine andere Szene zeigt Studenten der Fachhochschule Karlsruhe, die das Gelände vermessen und mit einer Drachenkamera eine Luftbilddokumentation durchführen.[205] Im Anschluss werden „nachts“ die Ergebnisse zusammengeführt, um ein virtuelles Gelände- und Bebauungsmodell von Pantelleria zu erstellen. Dieser Szene wird viel Zeit eingeräumt, sie ist bestimmt von zahlreichen Aufnahmen unterschiedlicher Gerätschaften und beteiligter Wissenschaftler. In diversen Einstellungen und Perspektiven werden Tachymeter, Kamera, die Drachenkonstruktion, Steuergerät, Bedienerdisplay und Aufstieg der Kamera in Szene gesetzt. Dem Zuschauer wird zwar grundsätzlich vermittelt, welche Daten benötigt werden, um ein Geländemodell zu entwickeln, er kann (s. Kapitel Modellierungen) jedoch nicht nachvollziehen, wie und wozu. Die Intention des Gezeigten ist eine andere. Diese lange Szene bestimmen hauptsächlich Aufnahmen vom Technikapparat und der Drachenkamera, hier wird bewusst Filmmaterial investiert, obwohl die Ausführlichkeit dieser Szene im Verhältnis zum Erkenntniswert ungleich gewichtet ist.

Nun zur Disziplin der Restaurierung und den Harzhornfilmen. In „Die Schlacht am Harzhorn“ wird sie zweimal thematisiert.[206] Zu sehen ist jeweils die Restauratorin Lehmann mit Münz- oder Nagelfunden. Sie geht dabei auf die Bedeutung der Funde als Bindeglied zwischen Vergangenheit und Gegenwart sowie die „Geschichte“ ein, die hinter jedem Fund steht und zum Teil entziffert werden kann. Bei der Restaurierung von Funden ist sie nicht zu sehen. In „Rätsel Römerschlacht“ nimmt die Restaurierung einen größeren Platz ein (vgl. Komponententabelle). Gezeigt werden in diesem Fall unterschiedliche Phasen der Untersuchungen: Fotodokumentation, Röntgen, aber auch die eigentliche Restaurierung.[207] Die Restauratoren kommen in diesem Fall nicht zu Worte, im Zentrum steht die Bearbeitung der einzelnen Funde mit dem Zweck der „Entschlüsselung“ ihrer archäologischen Bedeutung.

Das Airborne Laserscanning wird in beiden Produktionen zum Harzhorn erklärt und im Anschluss in seiner Funktion für die Archäologie auch veranschaulicht. Die eigentliche Messapparatur wird in beiden Filmen nicht gezeigt, das Prozedere aber durch die entsprechenden Bilder des Fluges über das Harzhorn visualisiert[208] , Ergebnisse werden anschließend gezeigt. In „Die Schlacht am Harzhorn“ wird außerdem die Geomagnetik kurz skizziert. Zu sehen sind Geophysiker beim Durchlaufen des Waldes am Harzhorn mit ihren Messapparaturen auf den Schultern. Der Kommentar erklärt kurz, dass Störungen im Erdmagnetfeld gemessen werden, entsprechende Messungen werden jedoch nicht gezeigt.

In allen Beispielsendungen werden fachexterne Disziplinen vorgestellt, doch nur in „Die Schlacht am Harzhorn“ wird explizit auf die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen, die über eine reine Zuarbeit hinausgeht, hingewiesen:

Am Harzhorn arbeiten alle zusammen, Kreis-, Bezirks- und Landesbehörden, verschiedene Fachbereiche und Wissenschaften. Jeder liefert seinen Baustein für das Gesamtbild des antiken Ereignisses.“[209] -Das macht ja den Reiz aus, dass es so interdisziplinär ist und dass da so Fragestellungen von Geisteswissenschaftlern, also die ganz anders funktionieren, auch im Kopf, dann, ja mit uns so Lösungen diskutieren oder uns da überhaupt auch anfordern mit diesen Sachen.“ [210]

Eine genauere Betrachtung bietet sich mit Blick auf die Darstellung der C14-Datierung an. In „Rätsel Römerschlacht“ wird diese Methode in Verbindung mit Knochenfunden vorgestellt. Der Grabungsleiter erklärt dem Zuschauer auf verständliche Art und Weise das Grundprinzip der Radiokohlenstoffdatierung.[211] Im Anschluss werden Szenen aus einem Labor in Poznan gezeigt.[212] In zahlreichen Einstellungen werden Laboraufbauten, Messapparaturen und Wissenschaftler gezeigt. Im Vergleich zu zahlreichen anderen Filmdarstellungen solcher Laboraufnahmen fällt eine relativ neutrale Gestaltung positiv auf. Die Ausleuchtung der Szene verzichtet bewusst auf künstliche Effekte, wie zum Beispiel eine starke Abdunkelung von Laborräumen und nur vereinzelt gesetzte Lichtquellen.

Pieter de Grootes, Physiker und ehemaliger Direktor am Leibnitz-Institut in Kiel, hat sich auf Grund der vermehrten Anfrage von Filmteams im dortigen AMS-Labor und einer immer häufigeren Präsentation der Radiokarbondatierung in Dokumentationen mit den unterschiedlichen Darstellungsformen der C-14 Methode im Dokumentarfilm beschäftigt. Er unterscheidet dabei zwischen rein faktischen Darstellungen von Wissenschaft auf der einen Seite und geheimnisvollen „Ermittlungen“ am anderen Ende der Skala. Diesen Spagat zwischen seriös und spannend gilt es zu meistern. De Grootes belegt in zahlreichen Beispielen, wie die korrekte wissenschaftliche Darstellung des nüchternen Zählens und Messens je nach Filmemacher variiert, „von einer faktischen Präsentation und Erklärung der Vorgänge bis zu Stimmungsbildern, wobei die Apparatur und/ oder Beleuchtung die naturwissenschaftliche Altersbestimmung vor allem als geheimnisvoll zeigt.[213] Letztere Darstellung wird in „Rätsel Römerschlacht“ nicht umgesetzt, es fehlen aber Erklärungen dessen, was im Bild zu sehen ist, und eine kritische Einordnung der Bedeutung der Untersuchungen für den archäologischen Befund. Es werden jeweils die effektvollsten fotogenen Phasen der Radiokohlenstoffdatierung - wie das Verbrennen des gereinigten Materials zu Kohlendioxid oder die Reduktion des Kohlendioxids mit Stickstoff zu reinem Kohlenstoff – gezeigt. Dem Außenstehenden werden diese Prozeduren allerdings nicht erklärt. Ohne für eine exakte Erklärung der chemisch-physikalischen Abläufe plädieren zu wollen, stellt sich die Frage nach dem Sinn und Zweck der Darstellung. Es wäre zumindest sinnvoll, darauf hinzuweisen, dass die C14-Methode keine festen Belege und Datierungen für bestimmte archäologische Befunde liefern kann. Die Datierung des Knochens in das 3. Jahrhundert nach Christus impliziert isoliert betrachtet im Prinzip noch nicht, dass es sich auch um ein Tier aus genau diesem Schlachtgeschehen handelt, auch wenn alles darauf hinweist. Erst im Zusammenhang und in Kombination mit anderen Hinweisen ergibt sich dieses Bild.

Gerade weil die Kontrastwirkung eines aufwendigen apparativen Einsatzes zur Unterstützung geisteswissenschaftlicher Kopfarbeit auf das Publikum eine magnetische Wirkung ausübt[214] , besteht die Gefahr, dass Hightech und Wissenschaftler vereinnahmt werden, um vermeintliche Fakten zu zementieren. Darstellungen von Laboren und Wissenschaftlern haben häufig eine beglaubigende Funktion, umso wichtiger ist es, sich der Wirkung solcher Szenen bewusst zu werden. Es besteht eine Verantwortung darin, wie am Monitor bzw. im Labor visualisierte Prozesse oder Ergebnisse an den Laien weitergegeben werden.[215] Das Ziel solcher Darstellungen sollte gerade in der Archäologie nicht in der Vereinfachung von Mehrdeutigkeiten im Sinne eines eindeutigen Endergebnisses liegen. Doch wie sehen alternative Präsentationsformen aus, die reflektiert auf offene Ergebnisse eingehen und dabei gleichzeitig für den Zuschauer reizvoll sind?

4.1.2. Darstellung des Fundes

Auch in der archäologischen Wissenschaft können Funde kaum als Fakten gehandelt werden - ihre Deutung ist stets eine Konstruktion. Ausgehend von der Quelle, die an sich ein authentisches Zeugnis der Vergangenheit darstellt, ergeben sich […] durch angewandte Quellenkritik und Untersuchungsmöglichkeiten plurale Wege der Interpretation.“ [216]

Mit diesem Appell schließt Miriam Sénécheau ihren Text zur Rolle und Funktion archäologischer Funde in Dokumentarfilmen. Vor diesem Hintergrund soll auch die folgende Untersuchung der Darstellungsformen des Fundes in den drei TV-Dokumentationen stattfinden. Wie werden die Funde dargestellt und welche Aussagen zur Funktion der Funde werden dadurch getroffen? Wird die Darstellung ihrem konstruktiven Charakter gerecht und zu welchem Archäologiebild trägt die Präsentation und Charakterisierung der Funde bei?

Den Funden kommt in allen drei Filmen eine wesentliche, wenn nicht sogar die Hauptrolle zu, jedoch gibt es quantitative wie qualitative Unterschiede zwischen den einzelnen Funddarstellungen. Es gilt nachzuvollziehen, wie mit dem amorphen archäologischen Material umgegangen wird, damit es sich für eine filmische Erzählung eignet. In welchem Zustand bzw. in welcher Phase befindet sich der gezeigte Fund jeweils und wie wird er dabei zusätzlich gestalterisch in Szene gesetzt? Welche narrative Profilierung erhält der Fund und wie wird der eigentliche Charakter des Fundes dabei erhalten? Archäologische Objekte erwecken den Eindruck unverfälschter Zeugnisse menschlichen Handelns und scheinen einen unmittelbaren Kontakt zu vergangenen Zeiten zu ermöglichen. Aus dieser scheinbaren Garantie von Authentizität und Unmittelbarkeit scheint ihre wichtige Rolle in Dokumentarfilmen zu resultieren, sie fungieren als Verbindungsglied zwischen Gegenwart und Vergangenheit. „Hinweis, Indiz oder Beweis, bekräftigendes Element, Antwort auf eine Frage – die Rolle, die archäologischen Funden in der Dramaturgie des zu übermittelnden Berichtes zugeteilt wird, umfasst verschiedene Spielarten[217] und soll nun im Folgenden untersucht werden: Wie erfüllt der Fund die Funktion eines narrativen Filmbausteins?

Auf Basis der Komponentenaufschlüsselung werden zunächst die unterschiedlichen „Aggregatszustände“ beleuchtet, in denen die Funde bevorzugt präsentiert werden. Zu diesem Zweck wird unterschieden zwischen einerseits Funden in situ, nicht restaurierten und restaurierten Funden, die ersichtlich während bzw. vermutlich zeitnah vor den Dreharbeiten auf den jeweiligen Grabungen gemacht wurden, und andererseits archäologischen Objekten bzw. Museumsobjekten. Dabei handelt es sich um Objekte, die entweder zu einem deutlich früheren Zeitpunkt auf der Grabung gemacht wurden, inzwischen aber aus Museumsbeständen o. ä. kommen, oder aus einem anderen Grabungskontext stammen, der auf irgendeine andere Art für die Erzählung des Filmes relevant ist, beispielsweise als Vergleich oder als Veranschaulichung bestimmter historischer Hintergründe.[218]

Bezüglich der Funde aus dem aktuellen Grabungskontext liegt der Schwerpunkt in „Karthagos geheime Kolonien“ auf der Darstellung von Funden in situ (vgl. Komponententabelle). Funde, die sich nicht mehr an ihrem Ort der Freilegung befinden, restauriert oder nicht restauriert, werden kaum dargestellt. Insgesamt betrachtet liegt der Schwerpunkt der Sendung jedoch auf den archäologischen Objekten und Museumsobjekten aus dem weiteren Kontext. Sie nehmen fast den gleichen Raum ein wie alle Grabungsfunde zusammengefasst. In beiden Filmen zum Harzhorn findet dahingehend eine entgegengesetzte Verteilung statt, während archäologische Objekte aus dem weiteren Kontext kaum eine Rolle spielen, stehen in diesen Filmen eindeutig die Funde der aktuellen Grabung im Zentrum des Interesses. In „Die Schlacht am Harzhorn“, dem Film mit den wenigsten Funddarstellungen, nehmen restaurierte Funde mit zehn relevanten Sequenzen den meisten Raum ein, danach folgen die nicht restaurierten und solche in situ. Ein deutlicher Unterschied liegt diesbezüglich zu „Rätsel Römerschlacht“ vor. Hier liegen restaurierte und nicht restaurierte Funde mit großem Abstand vor den Funden in situ und auch insgesamt verfügt „Rätsel Römerschlacht“ vergleichsweise über die mit Abstand meisten Funddarstellungen.

Die Funddarstellungen in „Karthagos geheime Kolonien“

Funde in situ werden wie eben aufgezeigt relativ häufig gezeigt: Urnen auf Mozia, ein Skelett in Selinunt, Funde aus dem Zweiten Weltkrieg, Amphoren, eine Katapultkugel, Keramikscherben und zwei Marmorköpfe auf Pantelleria. Ein gewisses Grundthema, das die Fundauswahl in dieser Produktion zu bestimmen scheint, deutet sich bei dieser Zusammenstellung schon an, kommt aber noch verstärkt im weiteren Verlauf zutage: Die Funde stehen oft in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit der Thematik Krieg, Zerstörung und Gewalt oder werden zumindest häufig in diesen gestellt. Ein vergleichbarer Schwerpunkt ist bei den Untersuchungen am Harzhorn naheliegend, bedarf in „Karthagos geheime Kolonien“ jedoch einer Erklärung, da es sich bei den drei Stationen keineswegs ausschließlich um Schauplätze militärischen Auseinandersetzungen handelt. Funde in situ werden meist bei der Fundfreilegung gezeigt[219] , die nicht restaurierten Funde jeweils in unmittelbarer Nähe der Areale, aus denen sie stammen, und die wenigen restaurierten Funde „rekontextualisiert“ am Ort ihrer ursprünglichen Auffindung[220] oder in magazinierter Form.[221]

Die archäologischen Objekte bzw. Museumsobjekte aus dem weiteren Kontext machen daneben fast die Hälfte aller präsentierten Funddarstellungen aus. Der Fokus liegt entsprechend weniger auf der Darstellung archäologischer Artefakte, die sich in mittel- oder unmittelbarem Bezug zur aktuellen Grabungstätigkeit befinden, sondern offenbar in der Präsentation möglichst eindrucksvoller und kunstvoller Objekte, wie sie im Museum zu finden sind. Bei der Zusammenstellung dieser Objekte kommt wieder obengenannter Themenschwerpunkt zum Tragen, entweder sind die Objekte eindeutig diesem Themenkreis zuzuordnen oder die Form der Kommentierung bzw. die musikalische Untermalung (s. u.) rufen entsprechende Assoziationen hervor. Einige der folgenden Beispiele illustrieren dies und vermitteln außerdem einen Eindruck von der Art der Präsentation und deren Auswirkung auf die Funktion des Fundes als stützendes Element der narrativen Grundstruktur.

Gleich zu Beginn fällt der Blick auf eine der ersten Szenen der Dokumentation, die Inszenierung der fiktiven Rahmenhandlung einer römischen Expedition, die von mehreren Einschüben diverser, kaum zu differenzierender punischer Goldfunde unterbrochen wird.[222] Die Form der Inszenierung des punischen Goldschmucks mit verschwimmenden Überblendungen und starkem Weichzeichner, die die Sequenz in ein diffuses, goldgelbes Licht tauchen, bekommt spätestens in der Kombination mit Einstellungen Fackel tragender Soldaten im Dunkeln einer Höhle eine eindeutige Konnotation. Die punischen Funde, deren Herkunft völlig unklar ist, dienen als Visualisierung des punischen Schatzes, den zu finden Nero angeblich seine Soldaten beauftragt hatte. Als Illustration eines fiktiven Schatzes stehen diese archäologischen Objekte, wie sich zeigen wird, sinnbildlich für die weitere Darstellung von Funden und die Rolle, die diesen zugedacht wird. Die Rahmenhandlung kündigt die Suche bzw. die Entdeckung spektakulärer Funde an und erweckt damit große Erwartungen auch in Bezug auf Ausgrabungen in den „geheimen Kolonien“. Es besteht die Frage, wie mit diesem „Leistungsdruck“ umgegangen und den Zuschauererwartungen im weiteren Verlauf der Dokumentation entsprochen wird. In einer frühen Sequenz werden punische Funde präsentiert, die in Mozia freigelegt wurden und aus unterschiedlichen Bereichen des Mittelmeeres stammen.[223] Diese Szene folgt unmittelbar auf eine Präsentation der Überreste des punischen Hafens auf Mozia und Ausführungen zu „Handelsfahrten, die sie sogar rund um Afrika führten und die sie reich machten“, im Anschluss folgt ein Interview, in dem Thomas Schäfer Macht und Einfluss als wichtige Faktoren für die Vernichtung Karthagos anführt. In der eigentlichen Szene werden punische Funde nacheinander auf einem Felsen präsentiert, wobei sie jeweils mit der Hand dort abgelegt werden. Es handelt sich um restaurierte, kunstvolle Objekte, die meisten in auffälligen Farben: eine korinthische Tasse, ein Glasaryballos, eine etruskische Schale, zwei Flakons aus Ägypten, zwei Glasperlenketten etc. Isoliert betrachtet stellt die Form der Präsentation - auf einem profanen Untergrund und ohne Handschuhe gehalten - die Objekte in einen alltäglichen Zusammenhang und ermöglicht es dem Zuschauer, sich die Benutzung der Objekte vorzustellen. Durch die abschließende Kommentierung des Sprechers zu den Funden - „Reichtum, der Neid hervorrief“ - und die anschließende Interviewszene zu den Gründen der Vernichtung Karthagos erhalten die Funde eine einseitige Konnotation, indem gezielt bestimmte Assoziationen geweckt werden. Die musikalische Gestaltung rundet dieses Bild schließlich noch ab (s. Kapitel Filmmusik). Statt den Zuschauer zu einer Auswahl von Funden einen eigenen Standpunkt entwickeln zu lassen, wird er durch die einseitige, vorgegebene Interpretation einer Auswahl besonders schön anmutender Stücke determiniert. In dieser Gesamtkonzeption fungieren die Objekte als vermeintliche Belege für eine Theorie zum Untergang Karthagos, sie werden zu Anschauungsobjekten des punischen Reichtums stilisiert.

Im weiteren Verlauf wird auch der „Jüngling von Mozia“ in ähnlicher Art und Weise vereinnahmt.[224] Die Statue wird von unten beginnend gefilmt und in mehrfachen Kameraumfahrungen und zahlreichen Überblendungen von Bildern des Gewandes und einzelner Körperformen dem Zuschauer präsentiert. Den Abschluss der Szene bildet ein Schwenk auf den Kopf der Statue und deren Gesicht. Die Skulptur wurde dazu aus ihrem Museumskontext herausgeschnitten und erscheint in einer gleißend weißen Umgebung. Obwohl die musikalische Gestaltung (s. u.) dieser Szene erst ihren wirkungstechnisch krönenden Abschluss verschafft, bestimmen sowohl Kameraführung und Perspektive als auch die Beleuchtung des Objektes entscheidend seine Charakterisierung mit. Der Zuschauer wird in seiner Betrachtung und Interpretation fremdgesteuert, die Bilder sind stark aufgeladen und übertünchen das eigentliche Objekt. Die archäologische Relevanz spielt in dieser Präsentation keine Rolle, im Vordergrund stehen ästhetische Aspekte. Die Form der Präsentation bedingt eine distanzierte Wirkung, denn das Objekt wird als extrem stilisiert gezeigt und getreu der eigenen Benennung „Prachtstück Mozias[225] überhöht und den anderen Funden an Bedeutung bzw. vielmehr an Schönheit überlegen dargestellt. Noch dazu wird der „Jüngling“ als zentrales Glied in einer Art Beweisführung instrumentalisiert. Der Szene geht eine DNA-Untersuchung voraus, in der, wie es heißt, Indizien gefunden wurden, die gegen die Theorie punischer Kinderopfer sprechen. Dem „Jüngling“ werden dabei zwei Rollen zugedacht, er fungiert gleichermaßen als Pro- und Kontraargument. Entsprechend der Aussage des Kommentars - „k ulturlose Barbaren waren die Karthager auf keinen Fall, wie dieser schöne Jüngling beweist“ - ist er kraft seiner Schönheit gleichzeitig Argument gegen das Bild des karthagischen Barbaren und implizit Beweis für die Richtigkeit der wissenschaftlichen Untersuchungen.

[...]


[1] Redakteurin BBC4 zitiert in SCHERZLER 2005: 154.

[2] Vgl. GEHRKE 2010: 9.

[3] SAMIDA 2010b: 33.

[4] Vgl. HOLTORF 2005: 234.

[5] Vgl. SAMIDA 2010b: 32.

[6] QUANDT 2007: 181f. und LANGEWIESCHE 2008: 11 zitiert in SAMIDA 2010a: 220, 221.

[7] Vgl. BOHNE – HEINRICH 2000: 25, nur das Museum wurde als Informationsmedium noch bevorzugt; zu Untersuchungen in anderen Ländern, die ähnliche Zahlen ergeben, vgl. HOLTORF 2007b: 51- 54.

[8] Vgl. MIKOS 2008: 21.

[9] Vgl. STERN 1994: 9.

[10] Vgl. SAMIDA 2010a: 221.

[11] SAMIDA 2010a: 221.

[12] Mit knapp 5,4 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 15, 6 % gehörte diese Sendung zu den

erfolgreichsten Produktionen sowohl der Reihe als auch des kompletten Formates Expedition bzw. Terra X, zu der auch Quotenhits wie Universum der Ozeane mit Frank Schätzing, oder Supertiere mit Dirk Steffens zählen.

[13] Häufig wird nicht explizit unterschieden zwischen archäologischer und historischer Thematik und es handelt sich um Mischformen, in denen Archäologie häufig nur einen kleinen Bereich ausmacht.

[14] Erstausstrahlung 25. 1. 2004 ZDF, Wiederholungen gab es z. B. in 3Sat am 8. 7. 2007 und 15.10.2008 oder bei Phoenix am 16. 8. 2011.

[15] Erstausstrahlung am 19.12.2009 im NDR.

[16] Siehe <http://www.uni-kiel.de/cinarchea/ruck/2010-winner-d.htm>.

[17] Erstausstrahlung am 31.08.2010 im NDR Magazin 45 Min, Wiederholungen gab es z. B. am 8.1.2011 im NDR oder bei 3Sat am 2. 4. 2011.

[18] GEHRKE – SÉNÉCHEAU 2010.

[19] So u. a. GEHRKE – SÉNÉCHEAU 2010: 10 und SAMIDA 2010a: 220.

[20] Veröffentlichungen zur Thematik der Repräsentation von Archäologie und Geschichte in der Öffentlichkeit vgl. u. a.: ARENS 2006: 122- 124; BOHNE – HEINRICH 2000:1- 34; DENZER 2000, 2003; FELDER u. a. 2003: 161- 182; FISCHER – WIRTZ 2008; GEHRKE – SÉNÉCHEAU 2010; HOLTORF 2003: 531- 544, 2004: 306- 324, 2005: 234- 243, 2007a: 69- 86, 2007b; JENSEN 2002; KORTE – PALLETSCHEK 2009; OMPHALIUS 2002: 99- 103; RIECHE 1996: 152- 159; SAMIDA 2006b: 215- 229, 2010a: 219- 233, 2010b: 31- 48; SCHERZLER 2005: 153- 159, 2007: 111- 120, 2008: 127- 135; SCHLANSTEIN 2008: 205- 225, 2010: 63- 68; SCHMIDT 1994: 15- 24, 2000: 240- 270; SÉNÉCHEAU 2010: 93- 121; STERN 1994: 9- 13, STERN – TODE 1998: Beitrag 9, 2002: 71- 80, 2003: 145- 189, 2011; STUTTERHEIM 2006, 2011; TODE 2009: 206- 221 (Der kleinste Teil entstammt dabei aus der Feder klassischer Archäologen).

[21] Vgl. <http://www.icronos.org/ (Bordeaux), http://www.kineon.be/ (Brüssel); http://www.mrn.ch/FFA/>

(Nyon).

[22] Siehe <http://www.uni-kiel.de/cinarchea/index.htm>.

[23] MIKOS 2008: 90.

[24] Vgl. MIKOS 2008:90.

[25] VON BORRIES 2001: 220.

[26] Ebd.

[27] SAMIDA 2010a: 220.

[28] Weitere hybride Formate sind zum Beispiel ‚Doku-Soaps‘, ‚Doku-Dramen‘ etc.

[29] WOLF 2003: 74.

[30] WOLF 2003: 69.

[31] Erstausstrahlung 25. 1. 2004 im ZDF, Wiederholungen s. o. zuletzt bei Phoenix am 16. 8. 2011.

[32] KGK TC ~ 00:02:30.

[33] Gisela Graichen ist quasi die Erfinderin der Archäologie-Dokumentationen im ZDF und verantwortlich für den Erfolg der außerordentlich beliebten Reihe „Schliemanns Erben“. 2002 erhielt sie den Bayerischen Fernsehpreis für die Reihe.

[34] KGK ab TC ~ 00:01:00.

[35] KGK ab TC ~ 00:02:50.

[36] KGK ab TC ~ 00:04:40.

[37] KGK ab TC ~ 00:05:50.

[38] KGK ab TC ~ 00:06:50.

[39] KGK ab TC ~ 00:08:00.

[40] KGK ab TC ~ 00:08:30.

[41] KGK ab TC ~ 00:09:10.

[42] KGK ab TC ~ 00:10:00.

[43] KGK Kommentar TC ~ 00:10:15.

[44] KGK Kommentar TC ~ 00:10:20.

[45] KGK ab TC ~ 00:12:00.

[46] KGK ab TC ~ 00:13:20.

[47] KGK Kommentar TC ab ~ 00:14:50.

[48] KGK Kommentar TC ~ 00:17:00.

[49] KGK Kommentar TC ~ 00:17:30.

[50] KGK TC ~ 00:18:10.

[51] KGK TC ~ 00:19:30.

[52] KGK Kommentar TC ~ 00:22:00.

[53] KGK Archäologe TC ~ 00:23:00.

[54] KGK ab Kommentar TC ~ 00:23:30.

[55] KGK Kommentar TC ~ 00:24:50.

[56] KGK TC ~ 00:26:15.

[57] KGK TC ~ 00:29:30.

[58] KGK Kommentar TC ~ 00:31:40.

[59] KGK ab TC ~ 00:33:00.

[60] KGK ab TC ~ 00:34:30.

[61] KGK TC ~ 00:35:10.

[62] KGK TC ~ 00:36:20.

[63] KGK TC ~ 00:37:15.

[64] KGK TC ~ 00:38:30.

[65] KGK TC ~ 00:39:50.

[66] KGK TC ~ 00:40:30.

[67] KGK Kommentar TC ~ 00:42:15.

[68] Die Einschaltquote lag bei der Sendung vom 19.12.2009, 17:30 Uhr bei 160.000 Zuschauern im NDR Gebiet und 4,8 % Marktanteil, Quelle: NDR Redaktion.

[69] Siehe <http://www.uni-kiel.de/cinarchea/ruck/2010-winner-d.htm>.

[70] SH TC ab ~ 00:01:20.

[71] SH TC ab ~ 00:02:45.

[72] SH Kommentar ab TC ~ 00:05:00.

[73] SH TC ~ 00:05:40.

[74] SH ab TC ~ 00:06:20.

[75] SH ab TC ~ 00:09:50.

[76] SH ab TC ~ 00:11:10.

[77] SH ab TC ~ 00:12:50.

[78] SH ab TC ~ 00:15:40.

[79] SH ab TC ~ 00:17:15.

[80] SH ab TC ~ 00:18:45.

[81] SH ab TC ~ 00:21:20.

[82] SH ab TC ~ 00:23:00.

[83] SH ab TC ~ 00:23:45.

[84] SH ab TC ~ 00:25:00.

[85] SH ab TC ~ 00:25:40.

[86] SH ab TC ~ 00:26:00.

[87] SH ab TC ~ 00:27:00.

[88] SH Kommentar ab TC ~ 00:27:30.

[89] SH ab TC ~ 00:27:35.

[90] SH ab TC ~ 00:28:15.

[91] SH ab TC ~ 00:28:30.

[92] Die Erstausstrahlung am 31.08.2010, 22:45 Uhr im NDR Magazin 45 Min hatte im NDR Gebiet 240.000 Zuschauer bei einem Marktanteil von 8,3 % (Quelle: NDR Redaktion). Weitere Wiederholungen gab es z. B. am 08.01.11 im NDR oder bei 3Sat am 2.04.2011.

[93] Die Informationen entstammen einem Gespräch mit Regisseur Florian Dedio im Juli 2011.

[94] RR TC ~ 00:00:30.

[95] So KAESER 2010: 54, dazu mehr im Kapitel Klischees und Chiffren.

[96] RR TC ~ 00:06:20.

[97] RR ab TC ~ 00:06:50.

[98] RR ab TC ~ 00:07:30.

[99] RR ab TC ~ 00:08:15.

[100] RR ab TC ~ 00:09:00.

[101] RR ab TC ~ 00:11:05.

[102] RR ab TC ~ 00:12:40.

[103] RR TC ~ 00:14:30.

[104] RR TC ~ 00:16:05.

[105] RR ab TC ~ 00:16:30.

[106] RR ab TC ~ 00:18:25.

[107] RR TC ~ 00:19:50.

[108] RR ab TC ~ 00:23:25.

[109] RR TC ~ 00:22:40.

[110] RR ab TC ~ 00:23:25.

[111] RR ab TC ~ 00:24:50.

[112] RR ab TC ~ 00:27:30.

[113] RR ab TC ~ 00:28:35.

[114] RR ab TC ~ 00:30:30.

[115] RR ab TC ~ 00:32:30.

[116] RR ab TC ~ 00:34:50.

[117] RR ab TC ~ 00:36:40.

[118] RR ab TC ~ 00:38:10.

[119] RR ab TC ~ 00:39:20.

[120] RR ab TC ~ 00:39:50.

[121] RR ab TC ~ 00:40:50.

[122] RR TC ~ 00:42:30.

[123] Vgl. MIKOS 2008: 92, Sequenz und Szene wird in der Filmwissenschaft häufig synonym verwendet.

[124] Vgl. MIKOS 2004: 95.

[125] MIKOS 2004: 100.

[126] An dieser Stelle muss jedoch berücksichtigt werden, dass am Harzhorn ein frühes Stadium der Grabung dokumentiert wird und zudem Grabungsbedingungen vorliegen, bei denen viele Funde während der Geländeprospektion gemacht wurden. Entsprechend liegt der Fokus in RR auch anders (Vgl. Komponententabelle: Kategorie „Geländeprospektion“). Auf diesen Bereich wird jedoch gesondert eingegangen.

[127] Die Rede ist nicht vom Intro der Reihe ‚Schliemanns Erben‘. In dieser eingangs beschriebenen Szene besteht die Arbeit des Archäologen darin, auf Ruinen sitzend vor spektakulärer landschaftlicher Kulisse Daten in einen Laptop einzugeben. KGK ab TC ~ 00:00:32.

[128] KGK TC ~ 00:02:14- 00:02:24.

[129] SH Intro

[130] SH TC ~ 00:01- 01:08.

[131] KGK TC ~ 00:07:05.

[132] SH TC 00:01:20- 00:01:50 und 00:02:20- 00:02:40.

[133] Kommentar SH TC ~ 00:02:20.

[134] RR TC ~ 00:09:00- 10:00.

[135] Bodenradar allerdings ohne Benennung durch den Kommentar und für den Laien nicht zu erkennen.

[136] Begriff aus dem Filmschnitt: wenn Bild und Ton auseinanderlaufen ist von Bild-Ton-Schere die Rede.

[137] Es wird neben dieser Szene an keiner weiteren Stelle in der Dokumentation detaillierter zu Methoden oder Eigenschaften der Arbeit informiert.

[138] KGK TC ~ 00:13:25- 00:13:55.

[139] KGK TC ~ 00:31:35- 00:32:35.

[140] KGK Kommentar TC ~ 00:29:30.

[141] RR Kommentar TC ~ 00:24:50.

[142] KGK TC ~ 00:33:00- 00:33:30.

[143] KGK TC ~ 00:37:15- 00:37:40.

[144] KGK TC ~ 00:35:10- 00:36:15 (erste Szene); TC ~ 00:40:30- Ende (zweite Szene).

[145] Darauf weist der Kommentar hin, erklärt wird der Begriff ‚Kaiserpriesterin‘ jedoch nicht.

[146] Vgl. STERN – TODE 2002: 73.

[147] KGK Kommentar TC ~ 00:24:40: „Keiner von uns konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, was wir zwei Tage später genau hier, wo jetzt der Drachenlenker steht, entdecken würden. Funde, die alles Bisherige in den Schatten stellen würden“.

[148] KGK TC ~ 00:26:15- 00:28:15.

[149] KGK TC ~ 00:29:30- 00:31:35.

[150] Die Szene ist dabei gestellt, während die Archäologin abgeseilt wird hört man eine Person mit der Ankündigung: „Jetzt kommt die Schlange.“

[151] SH TC ~ 00:15:40- 00:16:50.

[152] SH TC ~ 00:18:45- 00:21:00.

[153] SH TC ~ 00:28:30- 00:28:45.

[154] RR TC ~ 00:27:25- 00:28:05.

[155] RR TC ~ 00:30:30- 00:31:00.

[156] RR TC ~ 00:42:15.

[157] KGK TC ~ 00:17:30- 00:18:10.

[158] Auf dem International Archaeological Filmfestival – Lake of Constance 2011 wurde „AEI: CONSTANCE“ als bester Kurzfilm ausgezeichnet, er parodiert genau diesen Stil in archäologischen Filmen, siehe: <http://www.arc-film.com/>.

[159] KGK TC ~ 00:38:30- 00:39:20.

[160] SH stellt zusätzlich die nichtinvasive Methode der Magnetfeldmessung vor.

[161] SH TC ~ 00:02:45- 00:04:40, RR TC ~ 00:04:05- 00:06:20.

[162] Kommentar SH ab TC ~ 00:02:45.

[163] Kommentar und Grabungstechniker RR ab TC ~ 00:04:00.

[164] Z. B. RR TC ~ 00:06:20.

[165] RR TC ~ 00:11:00.

[166] RR TC ~ 00:40:50.

[167] SH TC ~ 00:20:45.

[168] KGK Kommentar TC ~ 00:00:30.

[169] Vgl. GRAICHEN 2003: 38, im Gegensatz zum Film geschieht das im Buch zur Sendung, so antwortet Dieter Mertens etwa auf die Frage, warum italienische Behörden deutschen Archäologen die Erlaubnis geben, ihre Geschichte auszugraben: „Weil die Archäologie eine internationale Wissenschaft ist und nicht viel mit Nationalismus zu tun hat, wie das früher teilweise war. Außerdem ist es eine ganz enge Zusammenarbeit mit den italienischen Kollegen, die in den vielen Jahren zu Freunden geworden sind. […] Wir ergänzen uns. Die italienische Wissenschaft ist mehr historisch orientiert, wir sind eher sachzugewandt.“

[170] Siehe <http://www.klassarch.uni-tuebingen.de/forschung/pantelleria.html>.

[171] KGK Kommentar TC ~ 00:07:00.

[172] KGK Kommentar TC ~ 00:02:15.

[173] SH Kommentar TC ~ 00:04:20 und RR Kommentar 00:00:20- 00:01:05.

[174] RR Kommentar TC ~ 00:04:00.

[175] RR Kommentar TC ~ 00:08:50.

[176] SH Kommentar TC ~ 00:04:30.

[177] RR Kommentar TC ~ 00:01:40.

[178] SH Kommentar TC ~ 00:02:40.

[179] RR Kommentar TC ~ 00:04:15.

[180] KGK ab TC ~ 00.05:00.

[181] KGK ab TC ~ 00:39:50.

[182] KGK Archäologen ab TC ~ 00:18:30.

[183] KGK ab TC ~ 00:05:15.

[184] Eine Szene, die zudem den Eindruck macht, nachgestellt worden zu sein.

[185] Nur an einer Stelle der Sendung werden in Bezug auf ein virtuelles Modell die Begriffe ‚Arbeitshypothese‘ und ‚Rekonstruktionsversuch‘ verwendet.

[186] RR TC ~ 00:32:25- 00:33:50.

[187] SH TC ~ 00:21:20, RR TC ~ 00:07:30.

[188] SH Kommentar TC ~ 00:17:50.

[189] SH Kommentar TC ~ 00:21:55.

[190] SH Archäologe ab TC ~ 00:18:20.

[191] RR Archäologe ab TC ~ 00:42:40.

[192] SH Archäologen ab TC ~ 00:23:45.

[193] RR Archäologe ab TC ~ 00:15:40.

[194] RR Kommentar TC 00:10:25, „Sind es vielleicht nur die Abfälle einer vorbeiziehenden römischen Armee? Aber warum wählten die Römer dann den beschwerlichen Weg über das Harzhorn?“

[195] RR Kommentar TC ~ 00:27:25.

[196] SH Kommentar TC ~ 00:15:40.

[197] SH Kommentar TC ~ 00:26:24 oder entsprechend: „Was uns fehlt, weitgehend fehlt, sind Nahkampf-waffen, sind Teile der Schutzwaffen, der persönlichen Ausrüstung, gerade der römischen Legionäre oder Soldaten, Panzerteile, so was, da haben wir einzelne Funde aber sehr, sehr wenig“ Archäologe TC ~ 00:27:14.

[198] RR Grabungstechniker TC ~ 00:17:20.

[199] KGK TC ~ 00:08:00- 00:08:30.

[200] Vgl. GRAICHEN 2003: 54.

[201] HÜPPAUF – WEINGARTEN 2009:12.

[202] Vgl. HÜPPAUF – WEINGARTEN 2009:13.

[203] Vgl. GRAICHEN 2003: 54.

[204] STERN 1994: 10.

[205] KGK TC ~ 00:23:25- 00:25:40.

[206] SH TC ~ 00:05:40- 00:06:10, TC ~ 00:10:20- 00:11:00.

[207] RR TC ~ 00:11:30 Sandstrahler, TC ~ 00:20:00 Reinigung Münze.

[208] Z. B. RR TC ~ 00:07:30.

[209] SH Kommentar TC ~ 00:20:40.

[210] SH Geophysiker TC ~ 00:21:05.

[211] RR ab TC ~ 00:31:10, „Und mit der C14-Methode kann dann relativ exakt bestimmt werden, wie alt sie sind. Jedes Lebewesen hat diesen radioaktiven Kohlenstoff in sich drin und nach dem Tod beginnt dieser radioaktive Kohlenstoff zu zerfallen. In ganz regelmäßigen Abständen zerfällt dieser Kohlenstoff und im Labor kann dann gemessen werden, wie viel Kohlenstoff ist denn noch da? Und das ist die Altersangabe. Das zeigt uns jetzt an, aha, so viel hat sich noch erhalten, also: so und so alt.“

[212] RR TC ~ 00:31:40- 00:32:10.

[213] DE GROOTES 2011: Vortrag Cinarchea Symposium.

[214] Vgl. so ALTEKAMP 2001: 20.

[215] STERN – TODE 2002: 76f.

[216] SÉNÉCHEAU 2010 : 117.

[217] Vgl. SÉNÉCHEAU 2010: 93.

[218] Im Fall von „Karthagos geheime Kolonien“ besteht häufig Unklarheit über die Herkunft der Objekte.

[219] Z. B. Urnen KGK TC ~ 00:07:00, Marmorfrauenkopf KGK TC ~ 00:35:00.

[220] Z. B. Lanzenspitzen und Geschossspitzen vor Skelettfund in situ KGK TC ~ 00:14:30.

[221] Z. B. Amphoren im Magazin KGK TC ~ 00:28:30.

[222] KGK TC ~ 00:01:30.

[223] KGK TC ~ 00:05:50- 00:06:20.

[224] KGK TC ~ 00:08:30- 00:09:15.

[225] KGK Kommentar TC ~ 00:08:30.

Excerpt out of 345 pages

Details

Title
Archäologie zwischen Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit: Archäologievermittlung in populären TV-Dokumentationen
College
Humboldt-University of Berlin
Course
Klassische Archäologie
Grade
1,0
Author
Year
2012
Pages
345
Catalog Number
V201368
ISBN (eBook)
9783656292098
ISBN (Book)
9783656293422
File size
2103 KB
Language
German
Keywords
archäologievermittlung, tv-dokumentationen
Quote paper
Barbara Winkelmann (Author), 2012, Archäologie zwischen Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit: Archäologievermittlung in populären TV-Dokumentationen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201368

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