Anforderungen an eine moderne, zukunftsfähige Stadtentwässerung

Entscheidungshilfe für die kommunale Praxis


Masterarbeit, 2012

114 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Glossar

1. Einführung
1.1. Fragestellung
1.2. Zielsetzung und Vorgehensweise

2. Vorstellung der regionalen Bedingungen im Untersuchungsgebiet
2.1. Soziogeografische Ausgangssituation im Saarland
2.2. Entwässerungsspezifische Grundlagen in Saarbrücken

3. Gesetzliche Grundlagen
3.1. Klima- und Umweltgesetzgebung
3.1.1.Umweltvölkerrecht
3.1.2.Umweltrecht der Europäischen Union
3.1.3.Umweltrechtliche Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland
3.1.4.Wasserrecht im Saarland
3.1.5.Ortsrecht
3.2. Grundlagen der kommunalen Selbstverwaltung
3.3. Finanzierungsmöglichkeiten und Gebührenrecht im Saarland
3.3.1.Kommunales Abgabenrecht
3.3.2.Möglichkeiten der Finanzierung
3.4. Technische Regularien

4. Chancen für den Kanalnetzbetreiber
4.1. Grundsätze zur Hebung von Potenzialen im Energiebereich
4.2. Wirtschaftliche Aspekte
4.3. Vorgehensweise und Standortbestimmung
4.3.1.Solare Energie
4.3.2.Thermische Energie
4.3.3.Kinetische / Potenzielle Energie
4.4. Umfrage zur energetischen Nutzung in der Abwasserentsorgung
4.5. Zusammenfassung und Chancenbewertung

5. Risiken für den Kanalnetzbetreiber
5.1. Risikofaktor Klimaveränderung
5.1.1.Bestimmung der Vulnerabilitätsfaktoren
5.1.2.Kanalrück- und -überstau
5.1.3.Technische Möglichkeiten unter rechtlichen Aspekten
5.2. Risikofaktor Demografie
5.2.1.Auswirkungen auf die Kanalisation
5.2.2.Technische Möglichkeiten unter rechtlichen Aspekten
5.3. Umfrage zur Risikominimierung in der Abwasserentsorgung
5.4. Zusammenfassung der Risiken aus Klima- und Demografischem Wandel für eine Stadtentwässerung

6. Strategische Ziele der zukunftsorientierten Stadtentwässerung
6.1. Anforderungen an den Städtebau
6.1.1 Verantwortungsbereich der Stadtplanung
6.1.2 Beispiel: Bebauungsplan „Franzenbrunnen“
6.2. Folgen für die öffentliche Entwässerung
6.3. Private Möglichkeiten der Vorsorge
6.4. Finanzielle Auswirkungen

7. Bewertung und Ausblick
7.1. Technische Aspekte einer zukunftsfähigen Stadtentwässerung
7.2. Rechtliche Aspekte einer zukunftsfähigen Stadtentwässerung
7.2.1.Bundesgesetzliche Schwachstellenanalyse im Wasserrecht
7.2.2.Landeswassergesetze im Überblick
7.2.3.Wertung der bestehenden Governancestrukturen

Anhang

Literaturverzeichnis

Anhang

A. Anhang 1: Berechnung der Leistung eines Wärmetauschers

B. Anhang 2: Ergebnisaufstellung Städteumfrage - Energienutzung

C. Anhang 3: Risikobetrachtung im 100-jährigen Hochwasserfall über das Kanalnetz der Stadt Saarbrücken

D. Anhang 4: Gegenüberstellung der Methoden zur Regenwasserbewirtschaftung

E. Anhang 5: Umsetzungsprojekte der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung im Stadtgebiet von Saarbrücken

F. Anhang 6: Ergebnisaufstellung Städteumfrage - Klimawandel

G. Anhang 7: Informationsbroschüre zum Schutz vor Starkregen

H. Anhang 8: Gebührenmodellberechnung für die Kosten der Schmutzwasserentsorgung

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Vorgaben des WHG 2010

Tabelle 2: Vorgaben des SWG 2010

Tabelle 3: Liste zu beachtender technischer Regelwerke

Tabelle 4: Wirtschaftlichkeit Fotovoltaik gemäß EEG 2012

Tabelle 5: Leistungsdaten Fotovoltaikanlage Fahrzeughalle ZKE

Tabelle 6: Vulnerabilitätsmatrix zur Bestimmung der Exposition bei Starkregen

Tabelle 7: Maßnahmenkatalog - Regenwasserbewirtschaftung einer niederschlagssensiblen Stadt

Tabelle 8: Abwasserentsorgungsgebühren in Saarbrücken im Überblick

Tabelle 9: Anpassungs- und Vermeidungsstrategien - Zusammenfassung

Tabelle 10: Synopse ausgewählter Vorgaben des WHG im Ländervergleich

Tabelle 11: Energienutzung im Bereich der Abwasserableitung

Tabelle 12: Maßnahmenkatalog dezentraler Regenwasserbewirtschaftung

Tabelle 13: Berücksichtigung des Klimawandels bei der Abwasserableitung

Tabelle 14: Gebührenmodellberechnung "Basis- und Leistungsgebühr"

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Starkregen am 03.07.2009 im Fischbachtal

Abbildung 2: Bevölkerungsveränderung in Saarbrücken 2000 - 2010

Abbildung 3: Freiraumstrukturen in der Stadt Saarbrücken

Abbildung 4: Durchschnittliche Sonnenstunden Deutschlands

Abbildung 5: Stromverbrauch und solare Nutzbarkeit - Verwaltungsgebäude..

Abbildung 6: Auswertung: Energienutzung bei deutschen Abwasserentsorgern

Abbildung 7: Dokumentation der Niederschläge am 03. Juli 2009

Abbildung 8: Korrekter und fehlerhafter Einbau von Sicherungen gegen Rückstau

Abbildung 9: Grünflächenanteile innerhalb der Stadt Saarbrücken

Abbildung 10: Regionale demografische Entwicklung in der BRD bis 2025

Abbildung 11: Maßnahmenkatalog zur Minimierung von Folgen aus Starkregen in deutschen Städten

Abbildung 12: Bebauungsplan Entwurf „Franzenbrunnen“

Abbildung 13: Gebührenentwicklung bei verbrauchsabhängiger und kombinierter Berechnung der Kosten für die Schmutzwasserentsorgung

Abbildung 14: Ausdehnung eines Jahrhunderthochwassers in Saarbrücken über das Kanalnetz

Abbildung 15: Maßnahmen im Stadtgebiet von Saarbrücken

Abbildung 16: Bürgerinformation des ZKE zum Schutz vor Kanalrückstau

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Glossar

Abflussbeiwert

Der Abflussbeiwert ( ) gibt den Quotienten aus Regenabfluss zur Gesamtregenmenge an. Dieser ist abhängig von der Flächengestaltung und Oberflächenausbildung des zu untersuchenden Gebietes.

Adaptation

Anpassungsmöglichkeiten an den Klimawandel zur Vermeidung von Risiken unter den bereits existierenden klimatischen Bedingungen.

Allgemein anerkannte Regeln der Technik / Stand der Technik:

Als allgemein anerkannte Regeln der Technik (a.a.R.d.T) werden Regeln bezeichnet, die in der praktischen Anwendung ausgereift und anerkanntes Gedankengut der auf dem be- treffenden Fachgebiet tätigen Personen geworden sind. Der mindestens einzuhaltende Stand der Technik (St.d.T.) definiert sich gemäß §3 Abs. 11 WHG als der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Ma ß nahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus insgesamt gesichert erscheinen lässt.

Abwasseranlage:

Einrichtungen zur Abwassersammlung, Abwasserableitung, Abwasserbehandlung oder Abwasserbeseitigung (DIN 4045)

Bar:

Physikalische Einheit für Druck. 1 Meter Wassersäule verursacht vergleichsweise 0,1 Bar

Citizen Value:

Gemeinwohlorientiertes Handeln, um langfristig gültige Entscheidungen für einen bestmöglichen Service am Bürger, auf hohem ökologischem Niveau, unter sozialverträglichen Konditionen, zu erreichen.

Contracting:

Dienstleistungskonzept, bei dem ein externer Investor (Contractor) in Abhängigkeit von der Art des abgeschlossenen Vertrags Planung, Finanzierung, Bauausführung und / oder den laufenden Betrieb eines Projektes übernimmt.

Düker:

Querung zur Durchleitung flüssiger Medien unter Hindernissen - z. B. zur Unterquerung von Gewässern. Die Durchleitung erfolgt unter Vollfüllung.

Einheitsgebühr:

Bei der Gebührenerhebung der Abwassergebühren nach dem Frischwassermaßstab dient der über Wasserzähler nachgewiesene Wasserverbrauch als Berechnungsbasis. Es erfolgt keine getrennte Berücksichtigung der Kosten für Schmutzwasser- oder Regenwasserableitung.

Einstau:

In den Schächten der Kanalisation liegt der Wasserspiegel oberhalb des Kanalscheitels. Ein Austritt aus dem Gelände findet nicht statt.

Elektrische Arbeit

Energieumsatz elektrischer Energie, gemessen in Kilowattstunden (kWh)

Energie:

Energie ist die Fähigkeit eines Systems Arbeit zu verrichten. Erscheinungsformen:

a) mechanische Energie als Bewegungs- oder kinetischer Energie sowie als potenzielle Energie der Lage,
b) thermische Energie,
c) chemische Bindungsenergie,
d) elektrische Energie,
e) elektromagnetische Strahlungsenergie,
f) Kernenergie

Erneuerbare Energien:

Energieträger, die sich auf natürliche Weise erneuern bzw. nachwachsen und somit - im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen - als unerschöpflich zu bezeichnen sind. Hierzu zählen:

a) Strahlungsenergie,
b) Bioenergie,
c) Windenergie,
d) Wasserkraft,
e) Gezeitenenergie,
f) Geothermie

Fossile Brennstoffe:

Zu den fossilen Brennstoffen gehören Erdgas, Erdöl, Braun- und Steinkohle. Bei der Verbrennung dieser Stoffe wird eine große Menge Kohlendioxid (CO2) freigesetzt, welches neben dem ebenfalls frei werdenden Kohlenmonoxid (CO) und Stickoxid (NOx) einen großen Anteil an der Klimaveränderung trägt. Ferner müssen diese Brennstoffe als endlich angesehen werden, so dass die Suche nach Alternativen zwingend ist.

Fotovoltaik:

Unter Fotovoltaik versteht man die Nutzbarmachung solarer Strahlungsenergie. Durch die Absorption von Sonnenlicht entsteht eine elektrische Spannung. Es erfolgt eine Umwandlung in elektrische Energie.

Freispiegelabfluss:

In der Hydrodynamik bezeichnet der Freispiegelabfluss, im Vergleich zum Druckabfluss, ein Fließverhalten bei freier Flüssigkeitsoberfläche.

Getrennter / gesplitteter Gebührenmaßstab:

Bei der Berechnung der Abwassergebühren nach dem getrennten / gesplitteten Gebührenmaßstab erfolgt eine Schmutzwasserkostenberechnung auf Basis des Trinkwasserverbrauchs sowie eine Niederschlagswasserkostenberechnung auf Basis der (versiegelten und an die Kanalisation angeschlossenen) Grundstücksfläche.

Gewässer:

Fließendes oder stehendes Wasser, das im Zusammenhang mit dem Wasserkreislauf steht, einschließlich Gewässerbett und Grundwasserleiter (DIN 4045)

Governance:

Regierungshandeln im weitesten Sinn

Grundgebühr:

Bei der Gebührenerhebung nach dem Modell der Grund- und Leistungsgebühr wird mit der Grundgebühr ein Anteil der fixen Vorhaltekosten einer Einrichtung nach dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab aber trotzdem unabhängig von dem Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme berechnet.

Hochdruckspülverfahren (HD-Spülverfahren)

Verfahren zur Kanalreinigung. Durch Druckwasserstrahlen werden hierbei Ablagerungen bis zu einem gewissen Verfestigungsgrad von den Rohrwandungen gelöst und einem Arbeitsschacht zur Absaugung zugeführt.

Hochwasser (HW):

Zustand in einem oberirdischen Gewässer, bei welchem der Wasserstand oder der Durchfluss einen bestimmten Schwellenwert erreicht oder überschreitet (DIN 4049-T 3).

Inliner-Sanierung:

Grabenlose Möglichkeit der Kanalsanierung. Beim Schlauchlining wird z. B. ein harzgetränkter Filz mittels Wasser oder Luft in das bestehende Rohr eingestülpt - dabei verbindet sich dieser mit dem bestehenden Rohrmaterial. Die Aushärtung erfolgt mittels Wasser, Wasserdampf oder Licht.

Kilowatt peak:

Die Spitzenleistung von Solarstrommodulen bzw. -anlagen wird als Kilowatt peak bezeichnet. Diese Angabe bezieht sich auf eine Lichtstärke von 1.000 W/m² bei einer Temperatur von 25°C.

Kolmation:

Temporäre oder dauerhafte Verringerung des Porenvolumens in einem Bodengerüst durch über Fließ- oder Grundwasser eingetragene Schwebstoffe.

Kritische Infrastrukturen:

Dies sind Organisationen und Einrichtungen mit weitreichender Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen (z. B. Anlagen der Ver- und Entsorgung, Zivilschutz, Krankenhäuser, Rettungswege etc.) deren Ausfall die öffentliche Sicherheit sowie die Versorgung der Bevölkerung gefährdet.

Leistungsgebühr:

Bei der Erhebung von Grund- und Leistungsgebühren werden über die Leistungsgebühren, die nicht in der Grundgebühr enthaltenen restlichen Benutzungsgebühren verbrauchsabhängig erhoben.

Mischkanalisation:

Im Mischsystem erfolgt die Ableitung von häuslichem und betrieblichem Abwasser zusammen mit dem Niederschlagwasserabfluss über einen gemeinsamen Kanal. Vor der Einleitung in eine Kläranlage ist dieses Mischwasser mengenmäßig zu entlasten, um die Reinigungsleistung nicht zu gefährden. Hierfür werden Regenentlastungsanlagen eingebaut. Diese haben die Aufgabe, bei starken Niederschlägen das Mischwasser zu speichern und zeitversetzt dem Klärwerk zuzuleiten. Wenn die Speicherkapazitäten bei Starkregen erschöpft sind, wird Mischwasser jedoch auch in angrenzende Vorfluter abgeleitet, was zu erheblichen Gewässerverunreinigungen führen kann.

Mitigation:

Maßnahmen zur Reduzierung des Klimawandels. Es gilt CO2 - Emissionen zu reduzieren und die verstärkte Nutzung regenerativer Energiequellen voran zu treiben.

Modifiziertes Entwässerungssystem:

Nicht schädlich verunreinigtes Niederschlags- und austretendes Grundwasser ist soweit wie möglich von der Kanalisation fernzuhalten und über dezentrale Maßnahmen zu entsorgen. Verbleibende Abflüsse sollen getrennt und wenn möglich in offenen Gerinnen Vorflutern oder dem Grundwasser zugeführt werden. Hierdurch können insbesondere bestehende Mischwasserkanäle entlastet werden.

Nachhaltigkeit:

Beschreibung der Nutzung natürlicher Systeme, so dass deren Charakteristiken langfris- tig erhalten bleiben. Gemäß der Definition der Enquete-Kommission umfasst nachhal- tiges Handeln eine Konzeption von ökologischem, ökonomischem und sozialem Umfang.

No-Regret-Maßnahmen:

Unter No-Regret-Maßnahmen versteht man planerische Strategien, die so auszulegen sind, dass sie auch unter veränderten Rahmenbedingungen keine negativen Auswirkungen verursachen.

Oberlieger:

Begriff des Wasserrechts für einen an einem Punkt Gebietsberechtigen. Vgl. Anwohner an einem Gewässer: flussaufwärts = Oberlieger

Primärenergie:

Hierunter versteht man den rechnerisch nutzbaren Energiegehalt von Energieträgern, die noch keiner Umwandlung unterzogen wurden.

Regenrückhaltebecken (RRB):

Speicherraum für Regenabflussspitzen im Misch- oder Trennsystem (DIN 4045)

Regenüberlaufbecken (RÜB):

Speicher- und / oder Absetzraum im Mischsystem mit Becken und / oder Klärüberlauf (DIN 4045)

Regenüberlauf (RÜ):

Einrichtungen in Mischsystemen, modifizierten Trennsystemen oder in Kläranlagen zur hydraulischen Entlastung der Entwässerungseinrichtung (DIN EN 1085)

Regenwasserbewirtschaftung

Alle Maßnahmen, welche im Zusammenhang mit einer ökologischen und vorschrifts- mäßigen Regenentwässerung stehen. Diese können technisch oder naturnah ausgebaut werden.

Retention:

(Lat. retinere = zurückhalten) Rückhalten von Wasser auf Flächen oder in Stauräumen. Führt zu zeitverzögerten Abflussspitzen und dämpft somit Abflüsse im Kanal und Hochwasser im Vorfluter.

Rückstau:

Rückstau liegt immer dann vor, wenn das Abwasser im Kanal aufgrund gestörter Abfluss- verhältnisse nicht so schnell abfließen kann, wie dies im ungestörten Zustand möglich wäre. In extremen Situationen kann es dadurch bedingt zu einem Rückstau in Hausan- schlusskanälen kommen. Dies wiederum kann Schäden an privatem Sachvermögen mit sich bringen, sofern der gemäß DIN EN 13564 geforderte Rückstauverschluss nicht vor- handen ist.

Rückstauebene:

In der DIN EN 12056 T 1 festgelegte Höhe, bis zu welcher das Wasser im Kanal planmäßig ansteigen darf. Diese liegt in Höhe der Straßenoberfläche, wenn durch Ortssatzung keine abweichenden Regelungen getroffen werden.

Rückstauschleife:

Möglichkeit der Sicherung von tief liegenden Entwässerungseinrichtungen gegen das Zurückfließen von Abwasser bei eingetretenem Rückstau. Hierbei wird das Abwasser mittels einer Hebeanlage über die Rückstauebene gehoben, so dass ein Zufließen von eingestautem Abwasser in Gebäude im Freispiegel nicht stattfinden kann.

Rückstauverschluss:

Möglichkeit der Sicherung von tief liegenden Entwässerungseinrichtungen gegen das Zurückfließen von Abwasser bei eingetretenem Rückstau. Hierbei wird der Rückfluss in Gebäude durch technische Einbauten verhindert.

Sielhaut:

Als Sielhaut bezeichnet man eine Biofilmschicht, welche sich auf der Innenfläche der Schmutz- und Mischwasserkanalisation einstellen kann. Diese besteht - je nach Zusammensetzung des Abwassers - aus sich ablagernder Biomasse und anorganischen Bestandteilen.

Sonderbauwerke:

Bestandteile der Kanalisation mit Ausnahme von Haltungen und Schächten (Pumpwerke, Regenrückhaltebecken, -entlastung etc.)

Trennsystem:

Der Schmutz- und Regenwassertransport erfolgt über zwei getrennte Kanäle. Schmutzwasser wird dabei der Kläranlage zugeführt - Regenwasser einem Gewässer. Als problematisch ist zu erwähnen, dass die Niederschläge auf dem Weg in die Kanalisation oberflächliche Verunreinigungen abspülen. Auf diesem Weg können Reifen- und Bremsabrieb, Öle aber auch Feststoffe in die Vorfluter gelangen.

Überflutung:

Zustand, bei dem Schmutz- und/oder Regenwasser aus einem Entwässerungssystem entweichen oder nicht in dies gelangen kann und entweder auf der Oberfläche verbleibt oder in Gebäude eindringt (DIN EN 752). Dies kann infolge eines Überstaus geschehen.

Überstau:

Bei einem Überstau tritt das Wasser aus den Regeneinläufen oder Schachtabdeckungen aus und fließt oberflächlich ab.

Unterlieger:

Begriff des Wasserrechts für einen an einem Punkt Gebietsberechtigen. Vgl. Anwohner an einem Gewässer: flussabwärts = Unterlieger

Vorfluter:

Aus hydrologischer Sicht ist ein Vorfluter ein natürliches oder künstliches Gerinne, über welches Wasser abfließen kann.

Vulnerabilität:

Verwundbarkeit u.a. des Mensch-Umwelt-Systems

Wasserkraft:

Die Nutzbarmachung von Wasserkraft erfolgt über Turbinen, Wasserräder oder -schnecken, mittels derer das Medium Wasser zur Stromerzeugung verwendet wird.

Wärmepumpe:

Wärmepumpen entziehen einem Medium (z. B. Grundwasser, Abwasser, Luft oder Erdreich) unter Zuhilfenahme eines Kältemittels Wärme. Diese lässt das Kältemittel verdampfen. Mit der Komprimierung dieses Dampfes steigt die Temperatur des Kältemittels an. Frei werdende Energie wird über Wärmetauscher an Heiz- oder Brauchwasser weiter geben und erwärmt dies.

Wärmerückgewinnung:

Sammelbegriff für Verfahren zur Nutzbarmachung bereits abgeleiteter Wärmeenergie. Ziel ist die Reduzierung des Verbrauchs an Primärenergien.

1. Einführung

I

n den vergangenen Jahren ist der Stellenwert kommunaler Klimaschutzpolitik in Deutschland stetig angestiegen. Neben medialer Berichterstattung bezüglich

der zu befürchtenden weltweit möglichen Risiken des Klimawandels sowie der Darstellung des zähen Ringens der Staatengemeinschaften zur Vereinbarung von Schutzzielen stellen Bürger zwischenzeitlich bereits direkt vor ihrer Haustür fest, dass sich die klimabedingten Gegebenheiten nicht nur in verschiedenen wissenschaftlichen Modellen, sondern tatsächlich vor Ort, gravierend ändern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Starkregen am 03.07.2009 im Fischbachtal

Quelle: Gemeinde Quierschied

Wo auf der einen Seite, je nach geografischer Lage, für zukünftige klimatische Bedingungen unterschiedliche Werte der Erwärmung prognostiziert werden, hat die Häufigkeit und Intensität von Starkregen deutschlandweit bereits heute merk- lich zugenommen. Aufgrund des damit immer häufiger einhergehenden Ver- sagens von Entwässerungseinrichtungen wird es unausweichlich, dass sich gerade Kanalnetzbetreiber zukünftig verstärkt um die Berücksichtigung dieser geänderten klimatischen Parameter bemühen. Hierbei ist zu klären, ob und wie eine Kanalisation1 zur Schadensminderung im Sinne von Mensch, Umwelt und kommunalen Infrastrukturelementen eingebunden werden kann.

Dieser Themenkomplex ist vom Grundsatz her bereits sehr vielschichtig und kompliziert. Er stellt aber, wie sich herausstellen wird, nur einen Teilbereich zukünftiger Entwässerungsstrategien dar. Vielmehr muss gleichzeitig analysiert werden, wie sich die völlig gegenläufig entwickelnden Anforderungen des re- gionalen Strukturwandels auf die Auslegung von Entwässerungseinrichtungen auswirken. Denn nicht nur kurzzeitig auftretende Starkregenereignisse und Tem- peraturverschiebungen, sondern auch der kontinuierliche Rückgang des privaten und gewerblichen Wasserverbrauchs, ergeben im 21. Jahrhundert weitreichende Anpassungserfordernisse für die Belange einer zukunftsfähigen Stadtent- wässerung.

Neben der Erarbeitung dieser v. g. reaktiven Maßnahmen (Adaptation) stellt sich zudem die Frage, ob sich eine Stadtentwässerung möglicherweise auch aktiv am Klimaschutz (Mitigation) beteiligen kann? Zur Vervollständigung des zu diskutierenden Anforderungskatalogs an die moderne Abwasserentsorgung ist in Folge dessen der Energiesektor auch gerade im Kontext zum Atomunfall von Fukushima (Japan - März 2011) und dem dadurch in der Folge eingeleiteten Weg des bundesdeutschen Atomausstiegs bzw. dem dadurch bedingten Vorrang regenerativer Energien zu analysieren.

All diese genannten Faktoren machen deutlich, dass die Erarbeitung geeigneter Anpassungsstrategien für eine auch in der Zukunft funktionierende und umwelt- schonende Abwasserentsorgung dringend erforderlich ist. Die Zieldefinitionen werden sich hinsichtlich der technischen aber auch rechtlichen Anforderungen gravierend ändern, so dass die Beschäftigung mit der Zukunft trotz einiger noch unsicherer Szenarien bereits heute einen hohen Stellenwert einnehmen muss. Denn es gilt sowohl Zeit als auch Ressourcen effektiv und nachhaltig zu nutzen.

1.1. Fragestellung

Die heute existierenden Infrastrukturbestände der Stadtentwässerung wurden in der Vergangenheit unter der Annahme eines konstanten Bevölkerungs- und Wirt- schaftswachstums errichtet. So war die Siedlungswasserwirtschaft seit ihrem Entstehen vornehmlich von Leitbildern der schnellen Wasserableitung und der Verbesserung hygienischer Bedingungen geprägt. Aus diesem Grund wurden bereits in der Antike Schwemmkanalisationen als zentrale Entwässerungs- systeme errichtet, um große Flächen zu erschließen und diese für menschliche Zwecke nutzbar zu machen2. Die Auslegung der Kanalrohre erfolgt seit Beginn des 18. Jahrhunderts unter der Annahme einer zeitlich konstanten Ausnutzung der Kanalvolumina zur Ableitung eines vereinheitlichten Bemessungsregens sowie eines gleichbleibenden Wasserverbrauchs von Gewerbe oder Privatper- sonen. Dieses Vorgehen stellt sich jedoch in der heutigen Zeit bei genauer Be- trachtung als nicht mehr zukunftsfähig bzw. sogar Problem verursachend dar.

Zurückzuführen ist diese These zum einen auf die bereits im Vorfeld erwähnte steigende Anzahl von konvektiven Starkregenereignissen. Verursacht durch eine Kanalisation, deren Leistungsfähigkeit bei solchen Extremereignissen völlig ver- sagt, entstehen dadurch teilweise katastrophale Schäden an privatem und öffent- lichem Sachvermögen. Ferner gefährden solche Ereignisse die öffentliche Sicherheit und sind demnach zu vermeiden oder zumindest in ihrer Wirkung zu mildern.

Gleichzeitig gilt, dass durch den sorgsamen Umgang mit den Wasserressourcen und der damit verstärkt einhergehenden Substitution von Trinkwasser durch Regenwasser zwischenzeitlich ein erheblicher Rückgang des Frischwasser-Pro- Kopf-Verbrauchs zu verzeichnen ist.3 Verschärft wird diese Entwicklung durch demografische Prozesse und dem damit verbundenen Bevölkerungsschwund in Deutschland von durchschnittlich ca. 2 % bis zum Jahr 2020 [Bundesministerium für Bauwesen und Raumordnung, 2009]4. Die Folgen sind zurückgehende Abwassermengen und überdimensionierte Kanäle, welche das Schwemmgut nicht zuverlässig abtransportieren können, so dass zukünftig, in einer solchen nicht ausgelasteten Kanalisation, verstärkt Sedimente, Abflusshindernisse, Faulungsprozesse und Geruchsbelästigungen auftreten, die wiederum ein Handeln des Kanalnetzbetreibers nötig machen. Hier gilt es zum einen auf Bürgerbeschwerden zu reagieren aber auch weiterführende Schäden an der Kanalisation zu vermeiden sowie Schadensersatzforderungen abzuwehren. Letztere können entstehen, wenn die Entwässerung, bedingt durch solche bekannten Faktoren, nachweislich dauerhaft in ihrer Funktion gestört ist.

Aus diesen Schilderungen ist abzuleiten, dass sich Problemlösungen zur Behe- bung der Auswirkungen von Starkregenereignissen und einem sich parallel ein- stellenden rückläufigen Wasserverbrauch grundsätzlich widersprechen. Die Ver- größerung von Kanälen mag zur schadlosen Ableitung von Starkregen in be- grenztem Maße geeignet sein. Aber wie kann man in einem bestehenden Netz den Forderungen gerecht werden, gleichzeitig die Folgen des Demografischen Wandels in Bezug auf die Betriebssicherheit der Kanalisation abzumildern?

Bei der Suche nach Lösungen für diesen Konflikt ist anzumerken, dass neben der Erarbeitung technischer Konzepte zusätzlich eine Umsetzbarkeit in Bezug auf die bestehende Gesetzeslage zu überprüfen ist und sich eine solche Planung letztendlich auch als bezahlbar darstellen muss. Denn egal, ob kommunale Investitionen über Steuern oder Gebühren finanziert werden, hat diese Last der Bürger zu tragen, so dass jede Kommunalverwaltung gut daran tut diesen Bogen nicht zu überspannen, will sie die Attraktivität ihrer Gemeinde als Wohnraum und Wirtschaftsstandort nicht aufs Spiel setzen. Ohne an dieser Stelle ein Fazit vorwegnehmen zu wollen, ist die Lösung einer solchen äußerst komplexen Problemstellung nur dann möglich, wenn sich unter Berücksichtigung dieser erheblich geänderten Umfeldbedingungen ein Paradigmenwechsel einstellt.

Denn offensichtlich ist bereits an dieser Stelle der Ausarbeitung, dass die bestehenden Konzepte alles in allem nicht mehr den zukünftigen Anforderungen genügen, dauerhaft zu teuer sind und dem Gedanken der Nachhaltigkeit5 nicht in ausreichendem Maße gerecht werden. Die Herausforderungen, vor welchen sich sowohl Technik, Wissenschaft, Forschung und letztendlich die gesetzgebende Politik sowie kommunale Gremien befinden, sind demnach vielfältig - einfache Problemlösungen und Patentrezepte existieren kaum.

1.2. Zielsetzung und Vorgehensweise

Das Ziel der vorliegenden Masterarbeit ist die Erarbeitung von Entwässerungs- strategien, welche an die zukünftig vorherrschenden Umfeldbedingungen ange- passt sind. Hierbei sollen Chancen und Risiken aus Sicht des Klima- aber auch des Demografischen Wandels beleuchtet werden, denn diese Faktoren sind im Zusammenhang mit der Stadtentwässerung zukünftig von großer Relevanz.

Im vorliegenden Text wird im Saarland stellvertretend die Stadtentwässerung von Saarbrücken mit ihren Anlagen zur Abwassersammlung und Regenwasserbe- handlung untersucht. Hierbei sind ökologisch verträgliche Potenziale auszuloten, um den instationären Abflusszuständen zu begegnen und die dadurch entstehenden Probleme in Kanalnetz und Vorflutern zu reduzieren. Gleichzeitig bietet eine Entwässerungsanlage über die Nutzbarmachung von thermischer, so- larer und kinetischer Energie Möglichkeiten der CO2-Einsparung. Diese gilt es hinsichtlich ihrer klimaschonenden sowie monetären Chancen zu untersuchen.

Die Ausarbeitung erfolgt neben der Betrachtung bestehender politischer Instrumente der Landesregierung auch in Bezug auf die dazugehörenden saarländischen Governancestrukturen. Sie berücksichtigt die Aspekte der kommunalen Daseinsvorsorge und der damit von kommunaler Seite einzu- haltenden gesetzlichen Erfordernisse des Umwelt- und Verwaltungsrechts. Als weiteres Vorgehen werden Erfahrungen verschiedener Stadt- und Kommunalver- waltungen analysiert, um in einer abschließenden Gegenüberstellung s. g. „Best- Practice-Empfehlungen“ auszusprechen. Als Schwerpunkt sind hierbei die Potenziale des kommunalen Handelns in Bezug auf die in der Agenda 216 geforderte Nachhaltigkeit auszuloten, mit dem Ziel die Umsetzung ökologischer, ökonomischer aber auch sozial verträglicher - im Sinne von bezahlbarer - Investitionen zu ermöglichen.

2. Vorstellung der regionalen Bedingungen im Untersuchungsgebiet

D

er Hauptuntersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Zukunfts- fähigkeit der Entwässerung im Saarland unter Berücksichtigung bestehender rechtlicher Grundlagen. Als größte Stadtentwässerung im Saarland bietet sich das Kanalnetz der Stadt Saarbrücken als Untersuchungsobjekt an.

2.1. Soziogeografische Ausgangssituation im Saarland

Das Saarland liegt im Südwesten Deutschlands. Es besteht aus 52 Städten / Ge- meinden und ist heute mit etwas über einer Million Einwohnern und einer Fläche von rund 2.600 km² der kleinste aber mit 398 Einwohnern pro km², nach Nord- rhein-Westfalen, dichtest besiedelte Flächenstaat Deutschlands (Bundesdurch- schnitts: 229 EW)7. Saarbrücken ist als Landeshauptstadt die größte Stadt des Saarlandes mit derzeit 178.194 Einwohnern [LHS, 2011]8,9 und erstreckt sich auf einer Fläche von ca. 160 km². Sie ist in 20 Stadtteile untergliedert. Die Entwicklung der Einwohnerzahl verläuft gemäß statistischen Prognosen negativ. So erwarten Statistiker bis zum Jahr 2030 einen Rückgang der Bevölkerung um ca. 12,4 % auf zukünftig ca.154.000 Einwohner. Die bisherige Entwicklung zeigt dabei eine unterschiedliche Ausprägung in den einzelnen Stadtteilen. Die Kernstadt (Bezirk Mitte) hat mit deutlich geringeren Abnahmen zu rechnen als die im Außenbereich befindlichen Stadtteile. Den Spitzenreiter bei den Abwanderungen bildet der Stadtteil Brebach-Fechingen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2:

Bevölkerungsveränderung in Saarbrücken 2000 - 2010

Quelle: Landeshauptstadt Saarbrücken

Die Gefahr, die sich hieraus ergibt, ist, dass die abwasserentsorgungspflichtige Körperschaft in solchen Stadtteilen zukünftig tendenziell ein überdimensioniertes, bisher auf Zuwächse ausgerichtetes Kanalnetz zu betreiben hat. Immobilienleer- stände bergen aufgrund des regionalen Bevölkerungsrückgangs zudem die Gefahr, dass die Kosten der Infrastrukturen auf den verbleibenden Rest der Bevölkerung umgelegt werden müssen und dies zu erheblichen Verteuerungen pro Kopf führen wird. Die hohen Fixkosten der Abwasserentsorgung10 von durchschnittlich 80 %, in Verbindung mit ihren langen Nutzungsdauern und dadurch bedingten Abschreibungszeiträumen von 60 bis 100 Jahren, erfordern ein durchdachtes Vorgehen, um die spezifischen Kosten pro Leistungseinheit und Nutzer auch zukünftig im bezahlbaren Rahmen zu halten.

2.2. Entwässerungsspezifische Grundlagen in Saarbrücken

Die topografische und naturräumliche Basis der Stadt Saarbrücken bildet das Saartal als zentrale Achse. Entlang der Saar findet man eine Vielzahl offener Wiesenflächen aber auch steile Hänge und eine große Anzahl von wasserführen- den Seitentälern. Diese Gewässer entspringen größtenteils in Nachbargemein- den und transportieren das Wasser großer Einzugsgebiete in die bebaute City- lage. Dies verschärft im Hochwasserfall die Situation in den dicht besiedelten Flächen des Stadtzentrums. Von besonderer Bedeutung ist, dass sich ein großer

Teil der Innenstadt innerhalb der statistisch hundertjährlichen

Überschwemmungszone befindet.

Zurück zu führen ist diese Situation darauf, dass in der Vergangenheit der Indus- trialisierung und der Erschließung für Wohnzwecke Rechnung getragen werden musste und hierfür eine Vielzahl von Flächen stark anthropogen geprägt und Ge- wässer kanalisiert wurden. Die Folgen sind fehlende Überschwemmungsflächen und Bäche, deren künstlichen Fließgerinne weder den ökologischen Ansprüchen noch den Anforderungen an den Hochwasserschutz gerecht werden können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3:

Freiraumstrukturen in der Stadt Saarbrücken

Quelle: Freiraumentwicklungs- programm

Stadt Saarbrücken 2010

Das Klima im Saarland ist aufgrund seiner westlichen Lage deutlich ozeanisch beeinflusst. Aus dem Grund ist es grundsätzlich als mild und niederschlagsreich zu bezeichnen. Hinsichtlich der klimatischen Veränderung muss im Saarland, unter Berücksichtigung der Ankündigungen unterschiedlicher Szenarien, gemäß Deutschem Wetterdienst (DWD) bis zum Jahr 2050 zusätzlich mit einer weiteren Temperaturerhöhung von bis zu 2°C, einer stärkeren Sonneneinstrahlung und dadurch bedingt mit längeren Sommern, kürzeren Frostperioden und einer Zunahme der Starkregenereignisse gerechnet werden.11

„ Die Jahresniederschlagsmenge wird im Jahr 2009 mit 886 mm angegeben. Im Frühjahr 2009 belegt Saarbrücken bei der Regenmenge den zweiten Platz der SPIEGEL-ONLINE-Rangliste, im Winter gar den Ersten. “

Bojanowski, Axel, 2010: Deutschlands wahres Wetter - Teil 15 Saarland - Spiegel online Der Transport von jährlich ca. 9 Mio. m³ Schmutzwasser und bis zu geschätzten 20 Mio. m³ Niederschlagswasser12 [ZKE, 2011] erfolgt in Saarbrücken über ein Kanalnetz von rund 1.000 km. Hierbei ist von besonderer Bedeutung, dass im Citybereich ein Trennsystem vorhanden ist, wohingegen in den außerhalb liegenden Stadtteilen, historisch bedingt, der Transport über eine Mischkanalisa- tion erfolgt. Das Kanalnetz wird von dem städtischen Zentralen Kommunalen Entsorgungsbetrieb (ZKE) verwaltet - die Abwasserreinigung erfolgt in Klärwerken, die von dem Saarland weit tätigen Entsorgungsverband Saar (EVS) betrieben werden.

3. Gesetzliche Grundlagen

Z

ur Darstellung der bestehenden kommunalen Verpflichtungen eignet sich zu Beginn ein Blick auf die Aufgaben, welche Städte und Gemeinden im Rahmen ihrer Daseinsvorsorge zu erbringen haben.

Unter dem Begriff der Daseinsvorsorge versteht man im Allgemeinen einen „ klassischen, wenig operablen Begriff zur Kennzeichnung der Tätigkeit von Staat, Gemeinden zur Versorgung der Bev ö lkerung und der Wirtschaft mit lebenswichtigen Gütern, v.a. Strom, Gas und Wasser. “

Gabler Wirtschaftslexikon: Stichwort - Daseinsvorsorge

Die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge verkörpert also das Ziel, den Bürgern Einrichtungen und Dienstleistungen bereitzustellen, welche für eine Grundversorgung erforderlich sind. Aber nicht nur die Verpflichtung zur örtlichen Erbringung von Versorgungsleistungen sondern z. B. auch die Aufgaben der Hausmüll- und Abwasserentsorgung obliegen den Gemeinden als Pflichtaufgabe. Diese können in eigener Regie oder, wie es sich zumeist im Bereich der Versor- gung ergibt, durch einen privatrechtlichen Dritten operativ durchgeführt werden.

Innerhalb welcher gesetzlicher Regularien sich das Verwaltungshandeln in seiner Gesamtheit definiert und welche Möglichkeiten der Gestaltung sich hieraus speziell im Saarland ergeben, erläutert das folgende Kapitel.

3.1. Klima- und Umweltgesetzgebung

Seit den 70 iger Jahren des letzten Jahrhunderts hat sich, mit dem damals stei- genden ökologischen Bewusstsein, aus zuvor erlassenen Einzelvorschriften das Rechtsgebiet der Umweltgesetzgebung entwickelt. Nach 40 Jahren ist heute vor allem das politische Scheitern13 eines Umweltgesetzbuchs im Jahr 2009 zu er- wähnen, welches die verschiedenen Gesetzeswerke im Umweltbereich zu- sammenfassen und Genehmigungsverfahren hätte straffen können.

Trotz dieser fehlenden Vereinheitlichung sind bezüglich des Umweltrechts folgende bundesweit allgemeingültigen Charakteristika festzuhalten:

- Der Schwerpunkt des Umweltrechts liegt im Öffentlichen Recht, denn es regelt die Beziehungen des Einzelnen zum Staat.
- Es handelt sich um ein Maßnahmen- und Planungsrecht. Demnach muss es die Flexibilität besitzen bei Bekanntwerden eines Problems sowohl direkte Gegenmaßnahmen einleiten zu können, als auch für die Zukunft über entsprechende rechtliche Vorgaben solche kritischen Zustände zu vermeiden.
- Umweltrecht ist ein technisches Recht, da die meisten Umweltgesetze auf einem technisch-naturwissenschaftlichen Hintergrund aufbauen und hier- über Anleitungen für eine praxistaugliche Umsetzung zu kommunizieren sind.
- Die Vorgaben des Umweltrechts wirken sich, teilweise in einem nicht unerheblichen Maß, auf die Wirtschaftlichkeit von betrieblichen Abläufen und baulichen Umsetzungen aus.
- Die Bundesregierung folgt dem Prinzip des integrativen Umweltschutzes. Dies verlangt eine ganzheitliche Sichtweise, um nachhaltig negative Aus- wirkungen auf die Umweltmedien (Luft, Boden, Wasser) zu vermeiden.

3.1.1. Umweltvölkerrecht

Aufgrund ihrer grenzüberschreitenden und meist globalen Dimension können Umweltgefahren, wenn überhaupt, nur durch einheitliche Vorgaben und ein koordiniertes Handeln auf internationaler Ebene erfolgreich bekämpft werden. Der Schutz der Umwelt gehört aus diesem Grund zu den zentralen Aufgaben des Völkerrechts. Von globaler Bedeutung sind verschiedene multi- und bilaterale Übereinkommen zur Verhütung von Meeresverschmutzung, die sich hinsichtlich ihrer Vorgaben bis in den Bereich nationaler Binnengewässer auswirken sowie zum Themenkomplex des Klimaschutzes Bezug nehmen.

In diesem Zusammenhang ist die im Jahre 1992 in Rio de Janeiro unterzeichnete Klimarahmenkonvention von ausschlaggebender Bedeutung. Die Unterzeichner- staaten verpflichten sich hierin erstmals das Weltklima vor anthropogenen Beein- flussungen zu schützen sowie die globale Erwärmung zu verlangsamen und in ihrer Auswirkung zu mildern. Diese Vorgaben wurden in der Folge durch eine Reihe von Industriestaaten sowie die Europäische Union 1997 im Kyotoprotokoll

(KP) bezüglich der anzustrebenden Reduzierung von Treibhausgasen konkretisiert. Obwohl die Nationen, verursacht durch die unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten, hierbei keine einheitlichen Zielwerte festlegen konnten, hat sich Deutschland zu einer ambitionierten Reduzierung des CO2 - Ausstoßes verpflichtet und dies auf dem Klimagipfel 2010 in Cancun erneut bestätigt, so dass es dies auf nationaler Ebene nun umzusetzen gilt.14

3.1.2. Umweltrecht der Europäischen Union

Grundlegend für die europäischen Regelungen zum Umweltrecht ist der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)15. Art. 191 ff regeln die Belange des Umweltschutzes: Art. 191 Abs. 1 AEUV definiert an dieser Stelle die europäischen Schutzziele16 ; Art. 191 Abs. 2 AEUV gibt die anzuwendenden Grundsätze17 vor. Art. 192 AEUV überträgt ferner die Kompetenzgrundlage hinsichtlich der Regelungsbefugnis des Europäischen Parlamentes im Bereich des Umweltrechts. Für die EU bedeutet dies, dass gestützt auf diese Kompetenzgrundlage Verordnungen und Richtlinien zu erlassen sind (Art. 288 AEUV). Es werden verbindliche und zwingende Vorgaben gemacht, von welchen die Mitgliedsstaaten keine abweichenden Regelungen treffen oder ehemalige Regelungen mit abweichenden Vorgaben aufrecht erhalten dürfen. Aus der Vielzahl europäischer Richtlinien im Bereich des Umweltschutzes werden nachfolgend die aufgegriffen, die für die kommunale Abwasserentsorgung von Bedeutung sind und inzwischen in nationales Recht überführt wurden:

Als einer der in der zeitlichen Abfolge ersten für die Abwasserentsorgung rele- vanten europäischen Vorgaben ist die Kommunale Abwasserrichtlinie zu nen- nen.18 Hierin werden u.a. verschiedene Begriffe aus dem Bereich der Abwasser- entsorgung und -reinigung zur vereinheitlichten Verwendung definiert. Neben der Nennung von Fristen, bis zu welchem Zeitpunkt das Abwasser aus Siedlungsge- bieten in Abhängigkeit von deren Gemeindegröße über Kanalisationen und min- destens biologische Abwasserbehandlungsanlagen zu entsorgen ist, findet sich im Anhang I A die Forderung Gewässerverschmutzungen aus einer Kanalisation über Regenüberläufe zu begrenzen. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, ist es zielführend den Anteil an Niederschlagswasser im kommunalen Abwasser zu reduzieren und den Abfluss im Gesamten zeitlich zu verzögern. Ortsnahe Regenwasserbewirtschaftungskonzepte bieten hierzu ein geeignetes Mittel, bevor man dazu übergeht in einer Kanalisation vermehrt kostenintensiven Stauraum schaffen zu wollen.

Von besonderer Bedeutung ist zudem die EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)19 in Verbindung mit der EG-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie (HWRL)20, über welche seitens der EU ein weiteres Bemühen um einen verbesserten Schutz von Natur und Umwelt vorgegeben wird. Ein umfassender Handlungsbedarf für die Betreiber von Kanalisationen ergibt sich durch die integrale Vernetzung der Belange von Oberflächengewässer und Grundwasserkörper mit den Anforderungen des natürlichen Wasserkreislaufs.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein konkretes Ziel der EU-Hochwasserschutzrichtlinie ist demnach der Grenzen übergreifend abgestimmte Hochwasserschutz zur Reduzierung von Hochwasser- risiken in den Flussgebietseinheiten. Diese Vorgaben finden sich in den §§ 73 bis 75 des in Kapitel 3.1.3 erläuterten Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) umgesetzt. So ist bis Ende 2011 von den Landeswasserbehörden eine vorläufige Hochwasserrisikobewertung (vgl. § 73 WHG) durchzuführen. Hierauf aufbauend schließt sich bis 22.12.2013 die Erstellung von Hochwasserrisiko-Karten an (vgl. §74 WHG). Abschließend sind hieraus bis zum 22.12.2015 wiederum Hochwasserrisikomanagement-Pläne (vgl. § 75 WHG) abzuleiten.

Entgegen der direkten Betroffenheit der kommunalen Abwasserentsorgung durch die WRRL, scheinen diese Regularien der HWRL für den Inhalt der vorliegenden Arbeit keine unmittelbare Wirkung zu entfalten. Da jedoch die HochwasserrisikoKarte für den Bereich der Saar bereits vorliegt, wird in Punkt 5.1.2 deren Bedeutung für einen noch zu erarbeitenden Risikomanagement-Plan für die Ortslage von Saarbrücken erläutert.

3.1.3. Umweltrechtliche Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland

Zur Verdeutlichung der Systematik des deutschen Umweltrechts muss mit einem Blick auf das Grundgesetz (GG) begonnen werden. Art. 20 a GG gibt das grund- sätzliche Staatsziel des Umweltschutzes vor. Durch diese Festlegung der gesetz- lichen Verantwortung sind alle Bereiche der öffentlichen Gewalt zur dauerhaften Achtung der natürlichen Lebensgrundlagen verpflichtet. Konkrete Vorgaben zur Umsetzung sucht man an dieser Stelle vergeblich, da diese Festlegungen nach- folgend in die Zuständigkeit der jeweiligen Bundes- und Landesumweltbehörden fallen.

Bei Themen des Naturschutzes in Verbindung mit der Landschaftspflege und dem Wasserhaushalt gilt die konkurrierende Gesetzgebung21 (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 29 und 32 GG). Damit steht dem Bund seit der Föderalismusreform im Jahr 200622 und der damit verbundenen Abschaffung der Rahmengesetzgebungs- kompetenz des Bundes in einigen Bereichen eine grundsätzliche Vollregelungs- befugnis zu. Die Bundesländer können im Bereich der Öffnungsklauseln23 von ihrer sachlich beschränkten Abweichungskompetenz Gebrauch machen und unter gewissen Bedingungen länderspezifisch höhere Schutzziele definieren (vgl. Art. 72 Abs. 1 GG). Erfolgt dies nicht, ist man bezüglich der Umsetzung in den Bundesländern an die bundesrechtlichen Vorgaben gebunden.

a) Abwasserentsorgung und Bodenschutz

Die Umsetzung der europäischen Vorgaben, in Verbindung mit der Vollregelungskompetenz des Bundes, im Bereich des Gewässerschutzes und der Wasserbewirtschaftung stellt das Wasserhaushaltsgesetz 2010 (WHG)24 dar. Dieses Gesetz definiert den Handlungsrahmen der Abwasserentsorgung.

Demnach ist es hilfreich verschiedene Gesetzesbezüge im Überblick aufzulisten, welche in nachfolgenden Kapiteln erläutert und verwendet werden. Die Reihenfolge der Nennung ergibt sich aus dem Gesetzestext:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Vorgaben des WHG 2010

Neben den wasserrechtlichen Vorgaben sind gleichzeitig verschiedene Anfor- derungen des Bodenschutzes zu berücksichtigen. Das Bundesbodenschutz- gesetz (BBodSchG)25 definiert das Ziel nachhaltig die Funktion des Bodens zu sichern oder wieder herzustellen: „ Schädliche Verunreinigungen sind demnach abzuwehren und die Auswirkungen durch ein Ausspülen von Schadstoffen in Gewässer bzw. das Grundwasser zu vermeiden.“ (§ 1 Abs. 1 BBodSchG).

Ferner regelt § 5 BBodSchG die Entsiegelung von dauerhaft nicht weiter genutzten Siedlungsflächen. Hier kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates von den jeweiligen Grundstückseigentümern einen Rückbau fordern, um die Flächen in ihrer natürlichen Leistungsfähigkeit zu erhalten oder diese zu verbessern.

Das Raumordnungsgesetz (ROG)26 verlangt in diesem Zusammenhang einen generell sparsamen Flächenverbrauch bei Erstansiedlungen. Ansiedlungen sind räumlich zu konzentrieren und auf bestehende Infrastrukturen sowie zentrale Orte auszurichten. § 2 Abs. 2 ROG gibt vor Siedlungsstrukturen durch eine über- greifende Siedlungs-, Freiraum- und Fachplanung in ihrer natürlichen Qualität zu schützen.

Auf kommunaler Ebene ist besonders die Bedeutung des Abwasserabgaben- gesetzes (AbwAG)27 zu erwähnen. Dieses bestimmt, dass für die genehmigte Einleiten von Abwasser in ein Gewässer eine Abgabe zu entrichten ist, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden. Die Höhe richtet sich nach der Menge und spezifischen Schädlichkeit des eingeleiteten Abwassers. Da das Abwasserabgabengesetz als Rahmengesetzt des Bundes einer Konkretisierung auf Landesebene bedarf, bestimmen die jeweiligen Landeswassergesetze entsprechende Details.

b) Klimaschutz

Neben diesen rechtlichen Grundlagen von Raumordnungsbelangen sowie von (Grund-) Wasser- und Bodenschutz existieren auf Bundesebene diverse gesetzliche Vorgaben zur Energiewende und damit zum Klimaschutz im übertragenen Sinne. Als besonders bemerkenswert ist festzuhalten, dass im Bundesrat am 08.07.2011 einem Maßnahmenpaket von sieben Gesetzen / Gesetzesänderungen zur verstärkten Implementierung erneuerbarer Energien ohne einer weiteren Einberufung des Vermittlungsausschusses zugestimmt wurde.28 Die Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Bundesrahmens zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 30.06.201129 sowie die Novelle des Bundesbaugesetzes vom 22.07.201130 und die des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes vom 28.07.201131 werden im späteren Verlauf der Ausarbeitung aufgrund ihrer Relevanz an verschiedenen Stellen auf- gegriffen und in ihrer Bedeutung vertieft. Aus dieser bereits eingetretenen bzw. sich ankündigende Veränderung der gesamten gesetzlichen Landschaft im Energiesektor wird deutlich, dass die Bundesregierung den beschleunigten Aus- stieg aus der Kernenergie bis 2022 fortschreibt und den Weg zur Energiewende dementsprechend ebnet.

3.1.4. Wasserrecht im Saarland

Gemäß den Vorgaben des Grundgesetzes obliegt der Vollzug des Umweltrechts weitgehend den Bundesländern (vgl. Art. 30, 83 ff. GG). Im Bereich der Abwasserentsorgung fällt dies im Saarland in die Zuständigkeit der obersten Wasserbehörde (angesiedelt beim Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr - MfUEV) oder der unteren Wasserbehörde (Landesamtes für Umweltschutz und Arbeitssicherheit - LUA). Details der Zuständigkeit regelt das Saarländische Wassergesetz (SWG)32 in §§ 102-106 SWG.

Die Abwasserbeseitigungspflicht regelt das SWG in §§ 49 bis 54. Hier existiert eine Zweiteilung der Zuständigkeiten dahin gehend, dass der Ent- sorgungsverband Saar (EVS) für die überörtliche Abwasserableitung und behandlung verantwortlich ist (vgl. § 50 Abs. 1 SWG). Den Gemeinden kommt im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung u.a. die Aufgabe der innerörtlichen Abwassersammlung, -ableitung und der Niederschlagswasserbehandlung zu (vgl. § 50 a SWG).

Ein Überblick über praxisrelevante Gesetzesbezüge findet sich in Tabelle 2:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Vorgaben des SWG 2010

Aus § 49a SWG ist abzuleiten, dass Kommunen als Adressaten für die Umsetzung von Niederschlagswasserbewirtschaftungskonzepten angesprochen sind, da von kommunaler Seite entsprechende satzungsrechtliche oder bau- polizeiliche Vorkehrungen zu treffen sind, um diesen Forderungen zu genügen.

Hierbei ist gemäß § 48 Abs. 3 Satz 3 von ausschlaggebender Bedeutung, dass die sonst grundsätzlich geltende Genehmigungspflicht für Abwasseranlagen im Falle von Anlagen zur Beseitigung und Verwertung von Regenwasser im Saarland entfällt.

§§ 127 - 140 SWG regelt ferner die Festsetzung und Erhebung der Abwasserab- gabe. Im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung gibt § 130 SWG vor, dass Niederschlagswasser als abgabefrei einzustufen ist, wenn

- bei einer Mischkanalisation die Kläranlage und Regenentlastungs- anlagen
- bei getrennter Ableitung des Niederschlagswassers dieses nicht durch Schmutzwasser aus Fehlanschlüssen verunreinigt ist und die Regenwasserrückhaltung und -behandlung

den dafür in Betracht kommenden Regeln der Technik im Sinne des § 60 Abs. 1 WHG entsprechen.

Bei der Analyse der aktuell gültigen saarländischen Gegebenheiten zum Wasserrecht ist als besonders bemerkenswert festzuhalten, dass das SWG mit einem Gültigkeitsdatum bis 31.12.2015 versehen ist. Dies ist laut Aussage des ehemaligen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) ein Resultat der seit 1999 durchgeführte Verwaltungsmodernisierung im Saarland. Zur Begründung gibt Müller an, dass bei einer generellen Befristung der Gültigkeit von Gesetzen auf 5 Jahre im Falle eines Regierungswechsels die neu gefundenen politischen Mehrheiten über die Verlängerung oder Änderung einer Gesetzesgrundlage befinden mögen.33

Geltende Rechtsverordnungen zur Abwasserentsorgung

Landesgesetze können Ermächtigungen für den Erlass von Rechtsverordnungen durch die Landesregierung beinhalten. Diese dienen der Rechtskonkretisierung und Verwaltungsvereinfachung. Im Zusammenhang mit der kommunalen Entwässerung ist auf verschiedene Verordnungen des Saarlandes hinzuweisen, welche gemäß § 23 SWG vonseiten des Gesetzgebers zur Ausübung des Gemeingebrauchs erlassen wurden. Sie greifen die Anforderungen der Bundesregierung auf und setzen diese um.

Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang zum einen die Existenz verschiedener Wasserschutzgebiete, für welche von der obersten Wasserbehörde jeweils Schutzgebietsverordnungen zum Schutz des Grundwassers erlassen werden. In Abhängigkeit von der Schutzgebietszone34 bestehen Regelungen, welche Handlungen oder Anlagen verboten bzw. unter Genehmigungsvorbehalt gestellt sind (vgl. § 37 SWG).

Die in § 48 Abs. 2 SWG angesprochene Genehmigung für Produkte mit Bauart- zulassung wird durch die Verordnung zur Feststellung der wasserrechtlichen Eig- nung von Bauprodukten und Bauarten durch Nachweise nach der Bauordnung des Saarlandes (WasBauPV) konkretisiert.35 In dieser Verordnung sind verschie- dene Anlagentypen und Bauprodukte festgelegt, für welche im Zusammenhang explizit die Eignung bei einem geplanten Einsatz darzulegen ist (vgl. §1 Abs. 1, 2 WasBauPV).

Des Weiteren nimmt § 54 SWG Bezug auf die Verordnung über die Eigenkon- trolle von Abwasserbehandlungsanlagen (EKVO)36. Diese legt fest, dass die „Unternehmer von Abwasseranlagen“ ihre Anlagen daraufhin zu überprüfen haben, dass die dem Stand der Technik entsprechende Reinigungsleistung er- bracht wird.

[...]


1 Die Abwasserreinigung wird aus der Betrachtung in allen Bereichen ausgenommen, da die dort vorherrschenden Gegebenheiten in diesem Kontext nur in einem geringen Bezug zur Abwasserableitung stehen.

2 Die ältesten archäologischen Funde zu einer Schwemmkanalisation für den Transport von Abwasser und Abfall finden sich in Mohenjo-Daro/Pakistan, im Euphrattal sowie in Babylon (ca. 3000 v.Chr.)

3 Wasserverbrauch 2011 gemäß Statistischem Bundesamt : ca. 125 l / E*d - in 1990 waren es zum Vergleich ca. 144 l / E*d

4 Wenn das Bundesamt für Raumordnung bis zum Jahr 2020 einen bundesweiten Rückgang von 2% prognostiziert, handelt es sich hierbei um einen statistischen Mittelwert, der sich jedoch regional sehr unter- schiedlich auswirken wird - Vgl. http://www.baulinks.de/webplugin/2009/1016.php4

5 Nachhaltigkeit = ökologische, ökonomische und soziale Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft - Rat für Nachhaltige Entwicklung - Vgl. http://www.nachhaltigkeitsrat.de/nachhaltigkeit/

6 Strategiepapier aus dem Jahr 1992 zur nachhaltigen Entwicklung (sustainable development). In Rio de Janeiro auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen von 172 Staaten ratifiziert.

7 Statistische Ämter des Bundes und der Länder; Stand 31. Dezember 2009 - Vgl. http://www.statistikportal.de/Statistik-portal/de_jb01_jahrtab1.asp

8 Wovon es sich bei ca. 25.000 um Personen mit Zweitwohnsitz handelt. Dieser Anteil verläuft seit dem Jahr 2000 nahezu konstant.

9 Vgl. Landeshauptstadt Saarbrücken; Amt für Entwicklungsplanung, Statistik und Wahlen - Stat.info 1/11;

10 Vgl. DWA-Politikmemorandum 2011

11 Deutscher Wetterdienst: www.dwd.de

12 ½ x (160.000.000 m² x 886l/m²a x 28,26%) = 20.030.688 m³ / a bei angenommener 50% iger Versiegelung der Siedlungen

13 Gabriel, Sigmar (Bundesumweltminister a.D), 2009: Umweltgesetzbuch ist am Widerstand Bayerns und der Union gescheitert - Pressemitteilung Nr. 033/09 des BMU

14 Gemäß Kyoto-Protokoll hat sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 21 Prozent unter das Niveau von 1990 zu reduzieren.

15 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ABl. L83 vom 30.03.2010, S.1

16 Schutzziele der EU gemäß Art. 191 Abs. 1 AEUV: „ Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität; Schutz der menschlichen Gesundheit; umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen; F ö rderung von Ma ß nahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler Umweltprobleme und insbesondere zur Bekämpfung des Klimawandels. “

17 Die Umweltpolitik der Europäischen Gemeinschaft beruht laut Art. 191 Abs. 2 AEUV auf den „ Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip. “

18 EG-Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser 91/271/EWG vom 21.05.1991 - ABl. L 135 vom 30.05.1991, S. 40; geändert durch Richtlinie 98/15/EG vom 27.02.1998 - ABl. L 67 vom 07.03.1998, S. 29

19 EG-Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG vom 23.10.2000 - ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2008/105EG (ABI. L 348 vom 24.12.2008, S. 84)

20 EG-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie 2007/60/EG vom 23.10.2007 - ABl. L 288 vom 6.11.2007, S. 27

21 Definition gemäß Bundestag_online: „ Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Gesetzgebungsbefugnis, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.“

22 Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.08.2006 (BGBl. 41, S. 2034) vom 31.08.2006

23 Öffnungsklauseln der Bundesländer existieren im Bereich des Jagdwesens, des Naturschutzes und der Landschaftspflege, der Bodenverteilung, der Raumordnung, des Wasserhaushalts und des Hochschulwesens.

24 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts - Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 31.07.2009 (BGBl. I S. 2585), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 11.08.2010 (BGBl. I S. 1163)

25 Gesetz zum Schutz des Bodens vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten - Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) vom 17.03.1998 (BGBl. I S. 502) zuletzt geändert durch Art. 3 des Ge- setzes vom 09.12.2004 (BGBl. I S.3214) i.V.m. Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) vom 12.07.1999 (BGBl. I S.1554) zuletzt geändert durch Art. 16 der Verordnung vom 31.07.2007 (BGBl. I S.2585)

26 Raumordnungsgesetz (ROG) vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585)

27 Gesetz über Abgaben für das Einleiten von Abwasser in Gewässer - Abwasserabgabengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2005 (BGBl. I S.114), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. August 2010 (BGBl. I S.1163)

28 Hierzu zählen neben den im Text erwähnten: „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens Energie- und Klimafonds“, „Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze“, „Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften“, „Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden“ Vgl.: zfk August 2011: „Die Arbeit kann beginnen“-Energiepolitik

29 Gültigkeit ab 01.01.2012

30 Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.2004 (BGBl. I S. 2414) zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.07.2011 (BGBl. I S. 1509) m.W.v. 30.07.2011

31 Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz vom 7. August 2008 (BGBl. I S. 1658), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S. 1634)

32 Saarländisches Wassergesetz (SHG) vom 28.06.1960 in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Juli 2004 (Amtsbl. I S. 1994) zuletzt geändert am 18.11.2010 (Amtsbl.I S. 2588)

33 Müller, Peter - Ministerpräsident des Saarlandes von 1999 bis 2011: Ein attraktiver Standort hat wenig bürokratische Hürden, Innovative Verwaltung 7-8/2006, Seite 12 - 15

34 Definition gemäß Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr - http://www.saarland.de/37854.htm Zone I Fassungsbereich einer Bohrung, Quellfassung Zone II Die Abgrenzung erfolgt nach der aus den hydrogeologischen Bedingungen berechneten Fließdauer des Grundwassers von 50 Tagen bis zur Förderanlage. Diese Zone ist besonders vor Belastungen durch pathogene Keime und Parasiten zu schützen, da diese in die Förderanlage gelangen können. Zone III Hierbei handelt es sich um den nach hydrogeologischen Gesichtspunkten abgegrenzten Einzugsbereich der Förderanlage. Verunreinigungen durch langlebige chemische Stoffe innerhalb dieses Gebietes können im Laufe der Zeit in die Förderanlage gelangen, so dass besondere Schutzmaßnahmen gegen das Eindringen dieser Stoffe erforderlich sind.“

35 Verordnung zur Feststellung der wasserrechtlichen Eignung von Bauprodukten und Bauarten durch Nachweise nach der Bauordnung des Saarlandes vom 07.12.1999 (Amtsbl. 2000, S. 214) (WasBauPV) zuletzt geändert durch das Gesetz vom 18. Februar 2004 (Amtsbl. S. 822)

36 Verordnung über die Eigenkontrolle von Abwasserbehandlungsanlagen (EKVO) vom 18.03. 1994 (Amtsbl. S. 638) zuletzt geändert durch die Verordnung vom 24.01.2006 (Amtsbl. S.174)

Ende der Leseprobe aus 114 Seiten

Details

Titel
Anforderungen an eine moderne, zukunftsfähige Stadtentwässerung
Untertitel
Entscheidungshilfe für die kommunale Praxis
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Infernum - Umweltwissenschaften)
Note
1,5
Autor
Jahr
2012
Seiten
114
Katalognummer
V193416
ISBN (eBook)
9783656185574
ISBN (Buch)
9783656187646
Dateigröße
1619 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Entwässerung, Starkregen, Demografie, Energie, Kanalisation, Klimawandel
Arbeit zitieren
Dipl. Ing. (FH) Simone Stoehr (Autor:in), 2012, Anforderungen an eine moderne, zukunftsfähige Stadtentwässerung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193416

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