Leni Riefenstahl - Die meisterhafte Regisseurin und Fotografin


Fachbuch, 2012

49 Seiten


Leseprobe


Ernst Probst

Leni Riefenstahl

Die meisterhafte Regisseurin und Fotografin

Deutschlands bedeutendste Regisseurin und Fotografin war Leni Riefenstahl (1902–2003). Ihr zweiteiliger Film über die „Olympischen Spiele 1936“ gilt als Meisterwerk der Filmgeschichte und der Montagetechnik und zählt in Hollywood als einer der zehn besten Streifen, die jemals gedreht wurden. Später machte sie sich mit Fotos, die in Bildbänden und Ausstellungen gezeigt wurden, international einen Namen.

Helene Bertha Amalia Riefenstahl kam am 22. August 1902 in Berlin-Wedding zur Welt. Ihr Vater Alfred Riefenstahl lernte zunächst den Beruf eines Zimmermanns. Später wurde er Installateur und betrieb eine Firma für Heizungs- und Lüftungsanlagen. Ihre Mutter hieß Bertha Ida Riefenstahl, geborene Scherlach. Zweieinhalb Jahre nach Leni wurde ihr jüngerer Bruder Heinz geboren.

Im Alter von fünf Jahren kam die kleine Leni 1907 zum Schwimmclub „Nixe“. Außerdem wurde sie Mitglied bei einem Turnverein und lernte Rollschuh- und Schlittschuhlaufen. Zudem erhielt sie fünf Jahre lang Klavierunterricht. Ihre Schulausbildung am „Kollmorgen’sche Lyzeum“ schloss sie 1918 mit der „Mittleren Reife“ ab.

Als 16-Jährige nahm Leni Riefenstahl mit Unterstützung ihrer Mutter, aber ohne Erlaubnis ihres sehr autoritären Vaters, monatelang Tanzunterricht an der „Helene-Grimm-Reiter-Schule“. Dort wurden Ausdruckstanz und Ballett gelehrt. Nach dem ersten öffentlichen Auftritt von Leni als Tänzerin gab es heftigen Streit mit ihrem Vater, der von seiner Ehefrau und seiner Tochter absoluten Gehorsam erwartete. Weil seine Gattin und seine Tochter lange Zeit den Tanzunterricht vor ihm verheimlicht hatten, entstand eine schwere Familienkrise.

Um zu verhindern, dass sie auf ein Internat musste, besuchte Leni Riefenstahl die „Staatliche Kunstgewerbeschule“ in Berlin und belegt dort Mal- und Zeichenkurse. Ungeachtet dessen schickte der Vater sie 1919 auf ein Pensionat in Thale im Harz. Dort übte die willensstarke und künstlerisch begabte Leni heimlich Tanzen, spielte Theater und besuchte die Aufführungen der Freilichtbühne Thale.

Nach einem Jahr durfte Leni Riefenstahl 1920 das Pensionat in Thale verlassen. Anschließend arbeitete sie bis 1923 als Sekretärin in der Firma ihres Vaters und lernte Schreibmaschine, Stenografie und Buchhaltung. In ihrer Freizeit konnte sie mit Wissen des Vaters offizielle Tanzstunden an der „Helene-Grimm-Reiter-Schule“ nehmen und in der Öffentlichkeit auftreten. Außerdem spielte sie Tennis.

Wegen unterschiedlicher Ansichten kam es erneut zum Streit zwischen Vater und Tochter. Diese Auseinandersetzungen hatten zur Folge, dass Leni Riefenstahl die elterliche Wohnung verließ.

In den Jahren 1921 bis 1923 genoss Leni Riefenstahl eine klassische Ballettausbildung bei der russischen Tänzerin Eugenie Eduardowa (1882–1960), die aus Sankt Petersburg nach Berlin gekommen war. Außerdem lernte sie Ausdruckstanz an der Tanzschule von Jutta Klamt (1890–1970). 1923 besuchte sie ein halbes Jahr lang in Dresden die Tanzschule von Mary Wigman (1886–1973).

Der Vater von Leni Riefenstahl hielt Tanz und Schauspielerei für halbseiden und erklärte, er werde ausspucken, wenn er jemals den Namen seiner Tochter an einer Litfasssäule lesen sollte. Ungeachtet dessen hatte Leni am 23. Oktober 1923 ihren ersten öffentlichen Solo-Auftritt in München. Bis 1924 unternahm sie eine Tournee als Solo-Tänzerin mit Auftritten in Berlin, Frankfurt am Main, Leipzig, Düsseldorf, Köln, Dresden, Kiel, Stettin, Zürich, Innsbruck und Prag. Doch bereits nach einem halben Jahr beendete eine Bänderzerrung am Knie vorläufig ihre tänzerische Bühnenkarriere.

Die damals noch unbekannte Leni Riefenstahl war in dem Film „Wege zu Kraft und Schönheit“ (1925) erstmals auf der Kinoleinwand zu sehen. Dieser 104-minütige Streifen zeigt – laut Online-Lexikon „Wikipedia“ – „Sport- und Gymnastikszenarien und andere Formen der Körperertüchtigung wie Tanz, aber auch Szenen aus der Badekultur, um einen gesunderen Umgang mit dem eigenen Körper im Einklang mit der Natur zu propagieren“. Das „Lexikon des internationalen Films“ urteilte hierüber: „Historischer Dokumentarfilm über die Entstehung der rhythmischen Gymnastik als Massensprort, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen so grundlegenden Wandel des Bewegungsverhaltens markierte, daß sie Auslöser einer neuen Körperkultur mit teilweise irrationaler Vergötterung des Leibes wurde ...“

Besonders fasziniert war Leni Riefenstahl von „Der Berg des Schicksals“ (1924), dem ersten Film des deutschen Regisseurs Arnold Fanck (1889–1974). Als Hauptdarsteller fungierte der aus Tirol stammende Bergsteiger Luis Trenker (1892–1990). Letzterer war zunächst nur als Bergführer engagiert, durfte aber später den Hauptdarsteller ersetzen, als man bei den Dreharbeiten feststellte, dass dieser nicht Bergsteigen konnte.

Leni reiste in die Berge, traf sich mit Trenker und übergab ihm einen an Fanck adressierten Brief. Fanck und Riefenstahl trafen sich 1925 erstmals in Berlin. Während Leni am Meniskus operiert wurde, schrieb Fanck das Drehbuch für „Der heilige Berg“ (1926). Als Leni wieder gesund war, begannen die Filmaufnahmen in den Dolomiten. Hierfür lernte sie Skilaufen und Bergsteigen. In „Der heilige Berg“ spielte Leni die Tänzerin Diotima. Zudem begeisterte sie sich für das Filmhandwerk und erwarb Kenntnisse über die Funktionen der Filmkamera. Am 17. Dezember 1926 feierte der Film „Der heilige Berg“ im „UFA“-Palast am Zoo in Berlin seine Premiere. Vorher tanzte Leni zum letzten Mal auf der Bühne.

Nach „Der heilige Berg“ machte Leni Riefenstahl als Hauptdarstellerin in den Fanck-Filmen „Der große Sprung“ (1927), „Die weiße Hölle vom Piz Palü“ (1929), „Stürme über dem Mont Blanc“ (1930) sowie in dem Skisportfilm „Der weiße Rausch“ (1931) Karriere. In „Der große Sprung“ lernte Leni den Kameramann und Hauptdarsteller Hans Schneeberger (1895–1970) kennen und hatte mit ihm eine dreijährige Liebesbeziehung. „Die weiße Hölle vom Piz Palü“ gilt als einer der letzten großen Stummfilme. In „Der weiße Rausch“ waren Hannes Schneider und Rudi Matt, die Leiter der berühmten „Arlberger Skischule“ in St. Anton, ihre Partner.

1931 folgte die Gründung der „Leni Riefenstahl Studio Film“, deren alleinige Gesellschafterin Leni Riefenstahl war. Als Produzentin, Regisseurin und Hauptdarstellerin zugleich betätigte sie sich in dem Film „Das blaue Licht“ (1932), der Adolf Hitler (1889–1945) besonders beeindruckt haben soll.

Beim Besuch einer Veranstaltung der Nationalsozialisten im Berliner „Sportpalast“ am 27. Februar 1932 erfolgte das erste Aufeinandertreffen von Leni Riefenstahl mit Hitler. Laut Online-Lexikon „Wikipedia“ war Leni fortan „von der Intensität und Kraft seiner Sprache fasziniert und nach eigener Aussage infiziert von seiner Art“. Hitler gefiel ihr so gut, dass sie ihn am 18. Mai 1932 brieflich um ein persönliches Treffen bat. Erste private Begegnungen zwischen den Beiden erfolgten am 22. und 23. Mai 1932 in Horumersiel bei Wilhelmshaven. Damals versprach Hitler: „Wenn wir an der Macht sind, müssen sie unsere Filme machen“. Die beiderseitige Zuneigung von Riefenstahl und Hitler führte zu zahlreichen privaten Treffen. Leni war aber nie die Geliebte von Hitler, obwohl sie spürte, dass dieser sie „als Frau begehrte“. Von 1932 bis 1945 fungierte sie als Reichsfilmregisseurin.

Für den Grönlandfilm „SOS Eisberg“ (1933) unter der Regie von Arnold Fanck übernahm Leni Riefenstahl die weibliche Hauptrolle. Hierfür fungierte der dänische Polarforscher Knud Rasmussen (1879–1933) als Berater. Aus Artikeln über Erlebnisse in Grönland und aus Vorträgen über den Film entstand das Riefenstahl-Buch „Kampf in Schnee und Eis“ (1933).

1934 drehte Leni Riefenstahl den Auftragsfilm „Triumph des Willens“ über den Nürnberger Reichsparteitag der „Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei“ („NSDAP“). Die Wehrmacht, die 1934 nach dem Tod von Paul von Hindenburg (1847–1934) erstmals an einem Reichsparteitag teilnahm, fühlte sich in diesem Film zu wenig präsentiert. Deswegen drehte Leni den 28 Minuten langen Kurzfilm „Tag der Freiheit! – Unsere Wehrmacht“ über den Reichsparteitag von 1935. Von 1936 bis 1938 stellte sie auf Wunsch des „Internationalen Olympischen Komitees“ („IOC“) einen zweiteiligen Film über die „Olympischen Spiele 1936“ in Berlin mit den Titeln „Olympia – Fest der Völker“ und „Olympia – Fest der Schönheit“ her.

1944 heiratete Leni Riefenstahl den Major Peter Jacob, von dem sie 1946 geschieden wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg warf man ihr vor, „mit politischer Naivität“ dem „Dritten Reich“ ihre Kunst geliehen zu haben, um ihre künstlerisch-ästhetischen Idealisierungen verwirklichen zu können.

Leni Riefenstahl selbst stritt den Propagandacharakter ihrer Dokumentarfilme immer ab und berief sich auf die vielen Preise, die ihre Filme international erhalten haben. Ihr Werk „Triumph des Willens“ wurde 1935 in Venedig und 1937 mit der Goldmedaille in Frankreich ausgezeichnet. Die Streifen „Olympia – Fest der Völker“ und „Olympia – Fest der Schönheit“ sind 1939 nachträglich mit der olympischen Goldmedaille des „Inter-nationalen Olympischen Komitees“ („IOK“) ausgezeichnet worden.

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Details

Titel
Leni Riefenstahl - Die meisterhafte Regisseurin und Fotografin
Autor
Jahr
2012
Seiten
49
Katalognummer
V192778
ISBN (eBook)
9783656179689
ISBN (Buch)
9783656180159
Dateigröße
3460 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Leni Riefenstahl, Film, Filmschauspielerinnen, Filmregisseurinnen, Fotografinnen, Frauenbiografien, Biografien, Schauspielerinnen
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2012, Leni Riefenstahl - Die meisterhafte Regisseurin und Fotografin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192778

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