Markenpsychologische Reflexion am Beispiel des VW Beetle

Der Konsument als integraler Bestandteil im Produktentwicklungsprozess


Bachelorarbeit, 2010

161 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Aufgabenstellung

2 Beetlemania
2.1 Vom Käfer zum New Beetle
2.2 Der New Beetle und sein Image
2.3 Trendsetter der Zukunft - Zeichen der Zeit

3 Psychologie der Ware und Marke
3.1 Begriff der Marke
3.2 Konstrukt der Markenidentität
3.3 Markenvertrauen
3.4 Markenpersönlichkeit

4 Persönlichkeit/ Lebensstile und Konsumentenverhalten
4.1 Persönlichkeit und Konsumentenverhalten
4.1.1 Definition und Relevanz des Begriffs Persönlichkeit
4.1.2 Perspektiven anwendungsbezogener Forschung
4.1.3 Kritische Würdigung
4.2 Lebensstilforschung
4.2.1 Beschreibungen zum Begriff Lebensstil
4.2.2 Perspektiven anwendungsbezogener Forschung
4.2.3 Kritische Würdigung
4.3 Lead User Konzept und Grenzen

5 Methodik
5.1 Qualitative Erhebungsmethoden
5.1.1 Qualitative Beobachtung
5.1.2 Qualitatives Interview
5.1.3 Gruppendiskussion
5.1.4 Kreativitätstechniken
5.2 Qualitative Auswertungsmethoden

6 Umsetzung am VW New Beetle
6.1 Planung und Durchführung einer Gruppendiskussion
6.1.1 Planung und Vorbereitung
6.1.2 Konzeption und Durchführung
6.1.3 Auswertung und Darstellung der Ergebnisse
6.2 Qualitatives Interview
6.2.1 Planung und Konzeption
6.2.2 Auswertung und Darstellung der Ergebnisse

7 Kritische Reflexion

8 Ergebnisse und Ausblick

9 Abbildungsverzeichnis

10 Tabellenverzeichnis

11 Abkürzungsverzeichnis

12 Literaturverzeichnis

13 Anhang

1 Einleitung

Der Käfer als Vorläufer des New Beetle hatte eine signifikante Markenidentität. Er galt als klassenlos, unkonventionell im Design, zuverlässig und erschwinglich für jeden. Das Auto fürs Volk. Die Eigenwilligkeit der Form machte den Markenkern aus und schuf eine visuelle Prägnanz sowie eine hohe Wiedererkennbarkeit. Die Markenpersönlichkeit besaß eine große Stabilität. Der Faktor der Robustheit und Langlebigkeit wurde geradezu sprichwörtlich „und läuft und läuft und läuft.“ Mit seiner einzigartigen Form und Zuverlässigkeit hat er Automobil- geschichte geschrieben. Die Markenbindung der Kunden war dementsprechend groß. Glaubwürdigkeit, Sicherheit und Vertrauen lautete die Markenbotschaft (vgl. Jockel & Lippert, 1999).

Der New Beetle sollte an diese starke, singuläre Markenidentität anknüpfen. Die Form kam gut an, jedoch nicht der Preis - zumindest bei den deutschen Kunden. Es fehlten Markenwer- te, die den Käfer prägten: erschwinglich für jeden zu sein - ein Auto für alle Fälle. Der Wan- del in der Markenpersönlichkeit, vom robusten Nutzfahrzeug zum trendigen Spaßauto, klapp- te nicht. Der New Beetle blieb auf dem deutschen Markt ein Nischenfahrzeug. „Das Design Team hatte sich zum Ziel gesetzt ein Auto zu entwerfen, das die Vergangenheit mit der Zu- kunft vereinen würde. Es sollte ein großartiges Design sein, ein Auto, zu dem die Menschen eine Beziehung aufbauen konnten und dem sie vertrauten“ (MacCutcheon, 1999, S. 22). Der New Beetle erinnert auf einer Landstraße eher an eine bewegliche Skulptur als an ein Fahr- zeug. Produktsprachlich hat der New Beetle auf psychologischer Ebene eine starke Aussa- gekraft, denn die formalästhetische Dominanz der Kreissegmente evoziert das Kindchen- schema: Pausbacken, große Augen, vorgewölbte Stirn, alles ist dick und rund mit einem freundlichen Lächeln. Die innere Kugelform vermittelt Schutz und Geborgenheit wie ein gro- ßes Spielzeugauto. Der New Beetle ist ohne Zweifel ein Sympathieträger. Er vermittelt ein Gefühl von Spaß und Freude. Weder Wirtschaftlichkeit, Praktikabilität, Platzangebot oder Agilität haben einen bedeutenden Stellenwert. Die emotionalisierende Formensprache kon- stituiert den dominanten Teil der Markenidentität - der Star ist die Form. Betrachtet man die Absatzzahlen, wird schnell deutlich, dass der New Beetle die Bedürfnisse vieler Konsumen- ten offenbar nicht erreicht. Aus Testberichten und Erfahrungen von Verbrauchern hört man immer wieder „Man muss ihn schon lieben, um ihn zu kaufen.“

Die Produktion des New Beetle soll im Jahr 2011 eingestellt und ein neues Modell entwickelt werden. Spekulationen und Gerüchte tummeln sich bei den Beetlefans. Auto Motor Bild spekuliert den „neuen“ Beetle als einen Sportler - weg von der Knutschkugel, der Blumenvase und dem „Kindchenschema."

1.1 Aufgabenstellung

Die Aufgabe, die es für das Management zu lösen gilt, ist herauszufinden wie viel Modifikation der New Beetle vertragen kann. Entscheidend dabei ist die Tiefenstruktur, also die Persönlichkeitsmerkmale der Ware zu betrachten, damit sie selbst wieder an Bedeutung gewinnt. Das Marketing darf keine Scheinwelt aufbauen, sondern muss die gesellschaftlichen Implikationen mit einbeziehen. Was erwartet der Konsument vom New Beetle? Welche Elemente werden positiv bewertet und was stört und verhindert eine positive Beziehung zu der Ware? Was muss verändert werden, damit der New Beetle erfolgreich wird und wie können weitere Zielgruppen gewonnen werden?

Ziel dieser Arbeit ist es Antworten auf die Frage zu finden, wie die Distanz zwischen Produktion und Konsumption reduziert werden kann. Unternehmen vertrauen überwiegend auf traditionelle Marktforschung, um die Kundenmeinung einzufangen. Erfolgreicher würde es sein die Verbraucher „mitmachen“ zu lassen und sie als integralen Bestandteil des Pro- duktionsprozesses im Sinne des Rapid Prototyping zu verstehen. Dabei wird der Lebensstil als Kopplung zu den Persönlichkeitsmerkmalen der Ware gesehen. Fingerspitzengefühl ist erforderlich, denn Details wie zum Beispiel sportive Elemente können den Konsumenten irri- tieren und lösen evtl. Persönlichkeitsmerkmale weg von der Ware. Die Lebensstilforschung sowie Persönlichkeitsmerkmale der Kunden sollen in dieser Arbeit im Fokus betrachtet wer- den, um auf Konsumentenverhalten schließen zu können und Möglichkeiten der Modifikation des New Beetle zu finden.

Hierzu werden Hinweise auf unterschiedliche Theoriekonzepte zu zentralen Begriffen (Mar- ke, Markenidentität, -vertrauen, -persönlichkeit, Persönlichkeitsmerkmale, Lebensstil) sowie auf qualitative Erhebungsmethoden gegeben, um Auswahl und Einsatz des im Rahmen die- ser Arbeit verwendeten empirischen Untersuchungskonzepts zu erläutern. Zunächst werden im folgenden Abschnitt der Gegenstand und seine Geschichte (VW Käfer, VW New Beetle) geschildert, um einen konkreten Bezug für die theoretischen und methodischen Hinweise zu schaffen.1

2 Beetlemania

Durchsucht man das Word Wide Web nach dem Begriff Beetle, stößt man immer wieder auf Titel und Schlagwörter wie zum Beispiel: „Von der Autolegende zum Designobjekt“, „Nostal- gie“ und „Mythos“. Wie entsteht ein Mythos? Waren es jahrhundertelang die Dämonen und Götter, die in Mythen besungen wurden, so werden sie heute eher in den profanen Welten von Gebrauchstechnologien und Medien geboren. Ein Mythos dieser Sorte ist der Käfer - ein Mythos, der zwischen dem wirtschaftlichen Aufstieg der Nachkriegsgesellschaft und der Medialisierung dieses Autos in Werbung, Medien und Kunst entstand. Ein Mythos, an dem der New Beetle anzuknüpfen versuchte.

2.1 Vom Käfer zum New Beetle

Die Vorgeschichte des Käfers beginnt in den dreißiger Jahren als der „Reichsverband der Deutschen Automobilindustrie“ Ferdinand Porsche mit der Konstruktion eines Volkswagens beauftragt. Ferdinand Porsche gilt als Urheber des VW Käfer, der jedoch bei der Entwicklung maßgeblich auf Entwürfe des österreichischen Autokonstrukteurs Béla Barényi als Grundla- ge seiner Arbeit zurückgegriffen hat (vgl. Handelsblatt, 2007; Jockel & Lippert, 1999). Adolf Hitler, der 1933 zum deutschen Kanzler gewählt wurde und sich zum „Führer“ berief, forderte 1934 bei seiner Eröffnungsrede auf der Berliner Automobilausstellung „Ich möchte einen in Großserie hergestellten deutschen Wagen sehen, den sich jeder kaufen kann, der genug Geld für ein mittelgroßes Motorrad besitzt“ (Kubisch & Roeseler, 1999, S. 6). Im Januar 1934 trafen sich die Österreicher Hitler und Porsche zu einem Gespräch. Porsche erhielt von den Nationalsozialisten den Auftrag einen Volkswagen zu entwickeln, dessen Preis 1.000 Reichsmark nicht überschreiten sollte. Eine Serie von dreißig Fahrzeugen wurde gebaut, mit denen man im ganzen Deutschen Reich auf Testfahrten ging, die zugleich eine starke werb- liche Wirkung hatten. Hitler taufte den Volkswagen auf den Namen „KdF-Wagen“, abgleitet von „Kraft durch Freude.“2 Porsche fand diesen Namen unpassend, weil seine Bedeutung klar dem national-sozialistischen Deutschland zugeordnet war und nicht über die Grenzen hinaus verwendet werden konnte. Im Volksmund bezeichnete man das Fahrzeug bereits lie- bevoll als „Käfer“, abgeleitet von der Form des Marienkäfers. Der Spitzname Käfer wurde von der New York Times geprägt, die am 3. Juli 1938 in einem Artikel schrieb „... tausender dieser herrlichen kleinen Käfer werden bald die deutschen Autobahnen bevölkern“ (vgl. San- nia, 2008). Der KdF-Wagen wurde 1939 auf der Berliner Automobil-Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert und begeistert aufgenommen. Er war tatsächlich für 990 Reichs- mark zu erwerben. Der Kaufpreis war im Vergleich gering, lag aber dennoch außerhalb der Reichweite eines Durchschnittarbeiters. Daher wurde für die Markteinführung parallel ein Finanzierungsplan erstellt. Interessierte konnten wöchentlich Sparmarken im Wert von fünf Mark erwerben. Das Fahrzeug sollte bei Erreichen der Kaufsumme ausgeliefert werden. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde die Produktion der Großserienfertigung sofort gestoppt und auf Rüstungsproduktion umgestellt. Kein einziger Sparer erhielt seinen KdFWagen, statt dessen fuhren die deutschen Soldaten mit fast 65.000 Fahrzeugen in den Krieg, die als Kübelwagen, Schwimmwagen oder limousinenförmige Geländewagen auf dem Fahrgestell von Volkswagen aufgebaut waren.

Mit dem Kriegsende 1945 kam ein neuer Aufschwung. Die britische Militärregierung bestellte beim Volkswagenwerk 20.000 Volkswagen. Volkswagen konnte die Produktion schnell wie- der ankurbeln und feierte am 4. März 1950 die Produktion des 100.000 Käfers. Das Käfer- zeitalter begann. Mitte der fünfziger Jahre waren die Schrecken des Krieges zwar nicht ver- gessen, aber zumindest in die Ferne gerückt. Die Besitzer der Volkswagen waren in der Werbung glückliche, zufriedene Fahrer, die in ihrem Auto weder Traum- noch Statussymbol sahen, sondern ein liebenswertes Automobil - eine Art Partner (Die Zeit, 2001). Der Gardasee, die Adria und die Riviera wurden zu Traumzielen, die Alpen zur Bewährungspro- be aller mit Campingausrüstung, Kind und Kegel be- und überladenen Kleinwagen. Zur Verschönerung wurde der Käfer noch mit einer Blumenvase dekoriert. Stolz berichtete die Zeitschrift Gute Fahrt, dass auch für eine mehrwöchige Reise im Käfer für vier Personen ausreichendes Gepäck mitgeführt werden könne (vgl. Sannia, 2008). Der Volkswagen wurde in viele Länder exportiert und verkörperte symbolhaft das Deutsche Wirtschaftswunder. Die Käferproduktion erreichte in Wolfsburg und in zahlreichen Produktions- und Montagewerken in aller Welt ungeahnte Höhen. Der 1.000.000 Käfer wurde 1955 gebaut und erhielt eine spezielle Goldlackierung. Das Bild des eigenwilligen, friedfertigen Käfers entsprach dem Zeitgeist der Wohlstandsgesellschaft. Aber auch soziale Bewegungen, die sich über Protest formierten (z.B. Hippiebewegung, Frauenbewegung, Anti-Atomkraft) fanden ihren Nieder- schlag im Käfer wieder - durch gemalte Ornamente und witzige Sprüche, raffinierte Lackierungen oder rasante Zierstreifen. Die vom Werk angebotenen unterschiedlichen Modellversionen und -ausstattungen ließen nuancenreiche Differenzierungen nach Freizeit- vorlieben, Altersvorstellungen und Weltanschauungen zu. Der Käfer war zu einem Kultobjekt geworden. Auch vor der Kunst machte der Käfer nicht Halt: Künstler wie Tom Wesselmann, Christo, Don Eddy´s, Andy Warhol und viele mehr thematisierten den Volkswagen als Sym- bol einer Gesellschaft.

Anfang der sechziger Jahre erschienen in westdeutschen Zeitungen Anzeigen, die durch ihre verblüffende Andersartigkeit reichlich Aufsehen erregten. Kampagnen-Macher war die New Yorker Agentur Doyle Dane Bernbach (DDB), die speziell für den Volkswagen eine Depen- dance in Düsseldorf eröffnete. Eine der ersten Anzeigen zeigte ein Hühnerei, auf dessen Schale ein Käfer gezeichnet war. Die Headline dazu hieß: „Es gibt Formen, die man nicht verbessern kann.“ Ebenso beeindruckend war auch die Zeile: „Er läuft und läuft und läuft.“ Die Käfer Kampagne in Amerika hat mehr als jede andere die Werbung bis zum heutigen Tage beeinflusst. In einem Land, dessen populärster kategorischer Imperativ „Think big“ heißt, warb der Käfer im Kontrast dazu mit der Headline „Think small.“ Die Käfer Werbung (s. Anhang A) war so wie das Auto selbst: vertrauenswürdig, solide und unverwechselbar und gewann einen Eigenwert. “Forms follows function“, lautete die Devise (vgl. Die Zeit, 1998). Der Erfolg des Käfers veranlasste VW eine ähnliche Kampagne in Deutschland zu entwickeln. Viele Interessierte kamen mit den herausgerissen Anzeigen zu ihrem Händler, um eine Probefahrt zu machen. Die Volkswagen Werbung wurde in der ganzen Welt ebenso bedeutend wie die Form des Käfers selbst. Der Erfolg des Käfers ist in der Automobilge- schichte beispiellos. Der 10-millionste Käfer lief 1965 vom Band. 1967 tauchte in der Walt- Disney-Filmproduktion „ein toller Käfer“ (The Love Bug - wörtlich übersetzt „Der Liebeskäfer“) namens Herbie auf und begeisterte Millionen von Menschen in den Kinos. Bis heute ist er ei- ner der erfolgreichsten Filme aus dem Hause Disney. Herbie, ein perlweißer VW Käfer ist kein gewöhnliches Auto, sondern eine „Persönlichkeit“ mit eigenem Willen und atemberau- benden Fähigkeiten. Es folgten viele weitere Filmproduktionen. 2005 erschien nach 25 Jahren eine Fortsetzung für das Kino: “Herbie Fully Loaded“ (Ein toller Käfer startet durch) (www.herbie-derfilm.de).

1978 endete die Produktion des Käfers in Deutschland. Er wurde nur noch in Mexiko und Brasilien hergestellt. Im August 1985 erschien in deutschsprachigen Printmedien eine Anzeige, die den Abschied vom letzten Käfer ankündigte. Die Geschichte des Käfers hatte die Menschen über Jahrzehnte hinweg begleitet.

Im Jahr 1992 entwarfen die Designer Freeman Thomas und J. Carrol Mays in Kalifornien die Studie „VW Concept 1“ als moderne Interpretation des VW Käfers. Zunächst sah es nach dem ganz großen Comeback aus, als dieses „Concept 1“ auf der Detroit Motor Show der Öffentlichkeit vorgestellt und begeistert aufgenommen wurde (vgl. Pander, 2010). 1998 erschien der Volkswagen New Beetle. Er erinnerte an die Form des früheren Käfers. Mit dem „neuen Retrokäfer“ versuchte man an die Erfolgsgeschichte des Käfers anzuknüpfen, ein Versuch neue Techniken mit nostalgischen Elementen zu verbinden.

2.2 Der New Beetle und sein Image

Im Design Studio von Kalifornien lässt der New Beetle die alten Mythen wieder aufleben. Das Armaturenbrett beim Beetle zeigt Parallelen zu einem Wohnzimmer. Es ist gemütlich und auch die Blumenvase findet ihren Platz. Nach dem Kindchenschema von Konrad Lorenz ist alles rund und weich, kleine Nase, Ohren und Münder. Ecken und Kanten gibt es nicht.

Ein kleines liebes Auto. Der New Beetle gleicht einem Kinderspielzeug, einem Baby Käfer. Er teilt das Schicksal von Mickey Mouse und Teddy Bär, deren Köpfe und Augen immer größer und kindlicher werden.

Während die DDB Kampagne für bestimmte Merkmale des Volkswagens warb, griff die Arnold Kampagne3 Gefühle auf, der These folgend: „Nostalgie ist die Wiedergutmachung an Dingen, die uns in der Gegenwart befremden“ (vgl. Jockel & Lippert, 1999). Slogans lauten „Und plötzlich ist die Welt wieder rund“, “Less flower. More power“, „Sagen Sie ruhig Du zu ihm“ (s. Anhang B). In der Autozeitungsprosa heißt es, der New Beetle habe einen „knacki- gen Po“ und Kotflügel, die wie makellos durchtrainierte Schenkel aussehen (vgl. Jockel, Lip- pert, 1999).

Zurzeit ist der New Beetle in zwölf Farben zu einem Preis ab 17.300 EUR erhältlich. Empfoh- len wird er als Zweitwagen. Zur Zielgruppe gehören laut Aussagen von Hersteller und Händ- ler hauptsächlich Frauen und Männer im Alter von 25 bis 55 Jahren. Oftmals wird der New Beetle als Frauenauto subsumiert. Im amerikanischen Markt zählt der New Beetle zu den 25 beliebtesten Autos “which made a name for themselves You couldn´t see him without smiling“ (USA Today, June 25, 2008). Allerdings werden männliche Beetlefahrer in Amerika häufig als Homosexuelle bezeichnet.

Die New Beetle Fans drängen sich nach hinten, quetschen sich und verzichten auf den Kof- ferraum als Ladefläche. Ein Blick in verschiedene Beetleforen lohnt sich. Diskutiert wird über Themen wie: „Wo schläft dein Baby, ist es eine Er oder eine Sie, wie heißt er, welchen Pullo- ver trägt er, was ist in eurer Blumenvase, wer darf mitfahren?“ (vgl. http://beetlefun.de, http://www.beetlebuzz.com). Eine Veränderung des Designs ist für viele Beetlefans eine Ka- tastrophe, andere hingegen erkennen Schwächen und diskutieren über Verbesserungen. Testberichte (z.B. autoplenum.de, ciao.de) hingegen klingen schon weitaus kritischer.

„Ein hoch emotionales Auto, welches man schon lieben muss.“ (vgl. http://www.ciao.de/Erfahrungsberichte/VW_New_Beetle_2_0__222129). Kritisiert wird vor allem das Preis-Leistungsverhältnis, der Mangel an Praktikabilität, fehlende Individuali- sierungsmöglichkeiten sowie die Unübersichtlichkeit beim Fahren. Einige Kritiker sprechen von einem Verschnitt (vgl. Die Zeit, 1998). Zwar kann man vorne großzügig sitzen, doch hin- ten ist der Kopfkontakt mit dem Dach kaum zu vermeiden und der Kofferraum findet keine Funktion, da er nur wenig Ladevolumen hat. „Wenn gutes Design für ein Produkt zur Voraussetzung hat, dessen inneren Charakter nach außen zu tragen, dann rollt der New Beetle mit einer Verkleidung dahin, die er sich beim Kostümverleih besorgt hat“ (Jockel & Lippert, 1999, S. 108). Der Käfer war in Europa ein zweckdienliches Beförderungsmittel für die Massen, in den USA war der Käfer für die Leute, die sich von den Massen unterscheiden wollten. Genau daran knüpft der New Beetle, das erste „fun car“ der Automobilgeschichte, an. Vom legendären Käfer hat er die Rundungen und die Blumenvase geerbt. Nach Meinung von Lippert und Jockel (1999) ist der New Beetle nicht zukunftsorientiert. Seine Form trägt keine Funktion, sondern will nur Emotionen wecken. Der New Beetle ist laut Sannia (2008) bewusst als modische Erscheinung konzipiert worden, der Käfer hingegen als ein ernsthaftes Auto. Die Form des Käfers stand für Solidität. Er wurde zum Symbol der Nachkriegszeit und des Wirtschaftswunders - das Original. Der New Beetle hingegen gehört nach Jockel und Lippert (1999) zu einer Generation, die mit den Originalen schon längst nichts mehr anzu- fangen weiß: Kühe sind riesig und lila geworden. Die Welt ist ein Videoclip und der New Beetle ist ein Teil dieser Unterhaltungsindustrie. Originell ist er nur, weil es das Original gab.

2.3 Trendsetter der Zukunft - Zeichen der Zeit

Die letzten Jahrzehnte haben erhebliche Veränderungen mit sich gebracht. Die Folgen der Industrialisierung und Globalisierung sind in den letzten Jahren stärker ins Bewusstsein ge- treten. Der Wettbewerb wird immer härter und die Konkurrenz nimmt stetig zu. Unternehmen müssen sich diesen Veränderungen anpassen. „Wer mit der Welle surfen will, muss die Wel- le miterfinden“ (Gerken, 1994, S. 347). Das Unternehmen Apple lebt Trends vor. Allein der Apple iPod, ein Schlüsselgerät für unbegrenzte Kommunikation zu jeder Zeit, ist mittlerweile zu einem „must-have“ geworden. Das Unternehmen Dell definiert Trendfarben für Laptops, kommuniziert u. a. durch den Werbespot „Lollipop“ (vgl. http://www.youtube.com/watch?v=- ijH3cRJ1BY). Selbst Kaffeemaschinen werden immer „stylischer“ - die Formen ändern sich und auch die Farbe ist individuell wählbar und Bananen werden Chiquitas genannt. Wie hat sich der New Beetle entwickelt? Hat das Management die „Zeichen der Zeit“ erkannt?

Mit der Markteinführung des New Beetle im Jahr 1998 versuchte man die Gegenwart mit der Vergangenheit zu vereinen. Der New Beetle war zu dieser Zeit nur in Amerika erhältlich und wurde nach Deutschland importiert. Im Jahr 1999 stiegen die Absatzzahlen in Deutschland erheblich an. Doch die Begeisterung nahm schnell ab und wurde erst mit der Einführung des New Beetle Cabriolet im Jahr 2003 wieder geweckt. „Hello Sunshine“ lautete die Kampagne (s. Anhang B).

Der New Beetle verlor laut den Aussagen von Experten stark an Interesse, als BMW den Mini im Jahre 2000 wieder einführte: Viele Beetlefahrer wechselten zum Mini. Vergleicht man diese beiden Fahrzeuge, fällt schnell auf, dass der Mini dem New Beetle offenbar überlegen ist: Der Mini besitzt ein ausgezeichnetes Customer Relationship Management. Das Vermark- tungskonzept ist stimmig, es gibt zahlreiche Werbespots und Zeitschriftenartikel, die Mini- Challenge, eine eigene Bekleidungsserie, interessante Sondermodelle und vieles mehr. BMW errichtete eigene Verkaufsräume nur für den Mini. Alles ist aufeinander abgestimmt, angefangen vom Personal, dem Design bis hin zur Musik im Verkaufsraum. Geht man in ein VW Autohaus, steht der New Beetle irgendwo zwischen Polo, Golf, Passat, Geländewagen etc.. Für den New Beetle gibt es weder Werbung im Fernsehen noch in Zeitschriften. Es gibt keine aktuellen Motoren, die sich viele Beetlefahrer wünschen und selbst die Modellautos werden nicht mehr überarbeitet. Seit 1998 gab es keine weiteren Modellaufwertungen. Sondermodelle gibt es selten und sind eher eine Fehlanzeige. Während es beim Beetle nur wenige Ausstattungsvarianten gibt, hat man beim Mini die Wahl zwischen unzähligen Far- ben, Motorisierungen etc.. Beim Beetle sind Individualisierungen, wenn überhaupt möglich, nur zu einem hohen Preis realisierbar. Die Einführung des VW Beetle RSi 2000, ein Sport- wagen mit 225 PS, war laut der Absatzzahlen ein absoluter Flop. Zurzeit gibt es den „New Beetle Freestyle“ und den „New Beetle Black Orange“, die etwas Farbe ins Trübe bringen sollen. Andere Modelle der Marke Volkswagen wie z.B. der Polo oder der Golf sind in sämtlichen Bonbonfarben erhältlich und lassen wesentlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu. Diese Modelle entwickeln sich ständig weiter, ohne dabei die Form zu verlieren. 2007 wurde der „neue“ Fiat 500 wieder eingeführt und ist zu einem weiteren großen Konkurrenten geworden. Beim Fiat 500 kann man bereits nach vier Jahren der Markteinführung zwischen 500 Kombinationen wählen, sogar der Autoschlüssel ist in jeder beliebigen Farbe erhältlich. Dabei ist er wesentlich preisgünstiger (ab 11.200 EUR). Die Absatzzahlen vom Beetle nahmen stetig ab und liegen heute auf einem bedrohlich niedrigen Niveau (vgl. Pander, 2010).

3 Psychologie der Ware und Marke

Googlet man nach dem Titel „Psychologie der Ware“ wird man selten fündig. Dies liegt daran, dass man heute lieber den Begriff der „Marke“ verwendet, obgleich er nicht identisch mit der Ware ist. Im Folgenden sollen die grundlegenden Begriffe skizziert werden.

3.1 Begriff der Marke

Die Stellung von Marken hat sich sowohl im unternehmerischen als auch generell im gesell- schaftlichen Kontext in den letzten Jahrzehnten deutlich erhöht und ist zum zentralen Begriff im Marketing avanciert. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass Erfolgsgeschichten im Marketing vielfach eng mit der Entwicklung und Durchsetzung starker Marken verbunden sind. Diese stehen für Vertrauen und Loyalität und gelten als zentrale immaterielle Wert- schöpfer im Unternehmen.

In der wissenschaftlichen Diskussion zeigt sich ein sehr heterogenes Bild bezüglich der Defi- nition des Begriffs Marke4. Marken sind keine Erfindungen der Neuzeit, denn bereits in der Antike kennzeichneten Töpfer ihre Tonkrüge, um ihre Herkunft zu signalisieren. Als die per- sönliche Beziehung zwischen dem Warenhersteller und seinem Kunden durch die Massen- produktion aufgelöst wurde, sahen die Hersteller die Notwendigkeit die Waren zu markieren, um so die eigenen Produkte von denen der Konkurrenz abzugrenzen und erfolgreich zu ver- kaufen. (Esch, 2008; Bruhn, 2004). Mit zunehmendem Erfolg wuchs das Bedürfnis der Mar- kenbildung und das Verständnis von Marken entwickelte sich zum Schlüsselthema der marktorientierten Unternehmensführung (Meffert, Burmann & Koers, 2002, S. 4). Trotz oder auch wegen dieser zentralen Bedeutung entstanden in den letzten Jahren viele Definitionen. Domizlaff definierte in seiner ersten Auflage „Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens“ (1939) den Markenartikel als eine Fertigware, die mithilfe eines Zeichens markiert ist und dem Konsumenten mit konstantem Auftritt und Preis in einem größeren Verarbeitungsraum dargeboten wird. Der konstante Auftritt des Käfers, verstärkt durch den Slogan „und läuft und läuft und läuft“, bildete den Ursprung der Marke Volkswagen sowie des heutigen Volkswa- genkonzerns mit dem Zeichen: „Das Auto, ein Auto fürs Volk.“ Nach Meinung von Kapferer (1992) soll die Marke das Angebot differenzieren und für den Verbraucher übersichtlich strukturieren. Für Gerken (1994, S. 142) ist die „neue Marke eine Mixtur zwischen Singulari- tät und Kollektivität.“ Der zukünftige Markenartikel benötigt „eine Stabilität sowie Vibrationen des Zeitgeistes, also die evolutionäre Energie von Kontingenz sowie die Kraft von kollektiven Mythen.“ Im Jahre 1992 unternahmen die Designer bei der Entwicklung des Concept 1 (vgl. Kap. 2) den Versuch den Mythos Käfer wieder aufleben zu lassen. Berekoven thematisiert 1995 den Aspekt der Markenidentität: Die Marke hängt nicht von der Selbsteinschätzung ab, sondern allein von entsprechend positiven Bewertungen bzw. Einstellungen der potenziellen Abnehmer. Aaker (2002) behauptet “A brand is more than a product“ und Meffert definiert die Marke „als ein in der Psyche des Konsumenten und sonstiger Bezugsgruppen verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung“ (vgl. Mef- fert, Burmann & Koers, 2002, S.6). Das deutsche Patentamt definiert eine Marke als Kenn- zeichnung von Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens. Marken sind Zeichen, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Das können z.B. Wörter, Buchstaben, Zahlen, Abbildungen aber auch Farben und Hörzeichen sein. Laut markenlexikon.com gilt eine Marke als Zeichensystem und damit originär als kommunikatives Phänomen, das aus einem oder mehreren Markenelementen, wie z.B. Begriff, Symbol etc. besteht. Bruhn (2007) kritisiert die große Anzahl unterschiedlicher, zum Teil sogar widersprüchlicher Definitionen und Auffassungen hinsichtlich des Begriffs der Marke und der damit in Verbindung stehender Begriffe wie z.B. dem Markenartikel in der Literatur. Als Marke bezeichnet er Leistungen, die bei der relevanten Zielgruppe in der Erfüllung der Kundenerwartungen einen nachhaltigen Erfolg im Markt realisieren bzw. realisieren können.

Die Bildung einer jeweils neuen Definition des Begriffs Marke ist an wirtschaftliche Veränderungen gekoppelt, die eine neue Einstellung der Hersteller gegenüber ihren Produkten und Kunden bedingt (Meffert & Burmann 2002, S. 19).

In der Literatur wird zwischen Einzel- und Mehrmarken, Familien- und Dachmarkenstrategien unterschieden. Zum Beispiel führt die Konzernmarke Volkswagen verschiedene Dachmarken, die sich wiederum in Einzel- und Familienmarken untergliedern. Unter der Dachmarke Volkswagen wird die Familienmarke Golf geführt und die Einzelmarke Golf VI. Derzeit gehören neun Dachmarken aus sieben europäischen Ländern zum Volkswagenkonzern, darunter zählen Volkswagen, Audi, Bentley, Bugatti, Lamborghini, Scania, SEAT, Skoda und Volkswagen Nutzfahrzeuge. Jede Marke operiert selbstständig im Markt.

Brown, Kozinets und Sherry (2003) unterscheiden in ihrer Studie „Markenwiederbelebung“ zwischen “retro brands“ und “nostalgic brands“. Nostalgie Marken sind Produkte, die in ihren Eigenschaften unverändert wiederbelebt werden, wohingegen retro brands, also Retro Marken auf den neuesten Stand der Technologie gebracht werden und nur in ihrem Design oder ihrer Formgebung der alten Marke ähneln. Nach der vorgestellten Definition gehören die wiederbelebten Automarken VW Beetle, BMW Mini und Fiat 500 somit jeweils in die Kategorie Repro Nova, Produkte im Retrodesign oder nach Brown et al „retro brands“. Reine Nostalgie Marken sind häufig in der Lebensmittelindustrie vertreten. In der Automobil- industrie schließt sich diese Art von Wiederbelebung jedoch praktisch aus, da sich die Bran- che durch Technologieentwicklungen und Innovationen auszeichnet.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts werden laut Meffert und Burmann (2002) sechs Markenansätze unterschieden: der instrumentelle Ansatz, der funktionsorientierte Ansatz, der verhaltens- und imageorientierte Ansatz, der technokratische, strategieorientierte Ansatz, der fraktale Ansatz und der identitätsorientierte Ansatz unterschieden. Die folgende Abbil- dung illustriert den Verlauf:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Ansätze der Markenführung (Meffert & Burmann, 2002a)

Einige der Ansätze sind heute nicht mehr aktuell und werden deshalb auch nicht detailliert erläutert. Der instrumentelle Ansatz entstand Anfang des 20. Jahrhundert bis Mitte der sech- ziger Jahre. Das Markenverständnis bezog sich auf die Ware, und die Marke wurde als Merkmalskatalog betrachtet. Durch den Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt bildete sich Mitte der sechziger Jahre der funktionsorientierte Ansatz heraus. Der Fokus lag auf der Produktions- und Vertriebsmethode. Aufgrund der Weiterentwicklung der Märkte, einem wachsenden Informationsangebot, kritischen und preisbewussten Konsumenten konkurrierte bis Ende der achtziger Jahre der verhaltens- und imageorientierte Ansatz mit dem strategie- orientierten Ansatz, zwei Konzepte mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Während Vertreter des verhaltensorientierten Ansatzes die Bedeutung des Markenimages und zugleich die Imagewirkung aller Marketingbemühungen betonen, wird beim technokratisch- strategieorientierten Ansatz eher eine umfassende Unternehmensführungsperspektive ein- genommen, bei der integrativ Planungs-, Steuerungs- und Koordinationsaspekte im Mittel- punkt stehen. Diese beiden Ansätze sind bis heute noch aktuell. Seit Beginn der neunziger Jahre konkurrieren nach Meinung von Meffert und Burmann wieder zwei unterschiedliche Markenführungsansätze miteinander und zwar der fraktale Ansatz, der höchst umstritten ist und in der Wissenschaft kaum mehr Bedeutung erfährt und der identitätsorientierte Ansatz. Eine Marke im fraktalen Sinn bildet nach Meffert einen Anker für die Zielgruppe, indem sie sich ständig verändert und immer neue Spannungen aufbaut. Damit trennt sich der fraktale Ansatz von allen Prinzipien der Markenführung wie Nutzenversprechen, Vertrauen, Positio- nierung und Kontinuität. Der identitätsorientierte Markenführungsansatz legt einen deutlichen Schwerpunkt auf die Beziehung zwischen dem Konsumenten und der Marke und folgt der Überlegung, dass diese Bindung durch eine kontinuierliche und damit einschätzbare und ver- lässliche Marke entsteht. Der Konsument verbindet mit der Marke Sicherheit und Vertrauen.

Die Markenidentität spielt für den Volkswagenkonzern eine entscheidende Rolle, denn eine Vielzahl von Marken und Gesellschaften mit individuellen Eigenschaften und Schwerpunkten unter einem Dach zu vereinen ist eine anspruchsvolle Aufgabe, da sie im Volkswagenkon- zern gleichzeitig ihre Identität bewahren sollen. Nur so können sie mit ihrem Beitrag zur ge- meinsamen Wertschöpfung wichtige Stützpfeiler für den gesamten Konzern darstellen.

3.2 Konstrukt der Markenidentität

Verschiedene wissenschaftliche Disziplinen wie Psychologie, Soziologie, Philosophie, Psychiatrie und Wirtschaftswissenschaften verwenden den Begriff unterschiedlich. Die Erkenntnis, dass die Beziehung zwischen Produzent und Konsument ein relevanter Faktor für den Markterfolg ist, war der Auslöser für die Wirtschaftswissenschaften, sich mit dem Begriff der Markenidentität zu beschäftigen. Die Wurzeln des Begriffes Identität rühren vom lateinischen Wort „idem“ her, was „dasselbe“ bedeutet (Duden, 2009, S. 559). In der Forschung wird der Begriff abhängig vom jeweiligen Forschungszweck sehr heterogen definiert und verwendet (vgl. Meffert & Burmann, 2002).

Domizlaff (2005) erkannte bereits in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, dass jede Marke über ein „eigenes Gesicht“ verfügt. Damit verweist er auf eine Analogie zur menschlichen Identität, die sich aus verschiedenen, im Zeitverlauf konstanten Merkmalen konstituiert und für jeden Menschen einzigartig ist. Laut Erikson (1994) bildet eine Person oder auch eine Gruppe ihre Identität, indem sie interpretiert wie sie sich selber wahrnimmt (Selbstbild) und wie sie annimmt, dass sie von der Umwelt wahrgenommen wird (Fremdbild). So wie die Identität eines Menschen wird auch die Markenidentität ganzheitlich wahrgenom- men. Aus der Perspektive des identitätsbasierten Markenmanagements setzt sich eine Mar- ke ebenfalls aus verschiedenen Komponenten zusammen und unterscheidet auch zwischen dem Selbstbild und dem Fremdbild der Marke, die zusammen eine Markenidentität formen. Das Selbstbild der Marke entsteht aus Sicht der internen Anspruchsgruppen (z.B. Eigentü- mer, Führungskräfte und insbesondere Mitarbeiter). Das sogenannte Fremdbild einer Marke entsteht aus Sicht der externen Anspruchsgruppen (z.B. Lieferanten, Verbraucherverbände und insbesondere Kunden) und bildet das Markenimage. Kapferer (1992, S.145) betont, dass zunächst die Konzeption der Marke zu erfolgen hat, bevor sich ein entsprechendes Markenimage bilden kann, denn „bevor man weiß, wie man wahrgenommen wird, muß man wissen wer man ist“. Kapferer (2008) fordert, dass nicht der Konsument, sondern das Unter- nehmen die Marke und ihre Inhalte definieren muss. Er bezeichnet das Selbstbild der Marke als so genanntes „Aussagekonzept“, weil es die Aussage der Marke an seine internen Be- zugsgruppen enthält, und das Fremdbild der Marke als so genanntes „Akzeptanzkonzept“, weil es den Grad der Akzeptanz der Aussage der Marke bei den externen Bezugsgruppen darstellt. Laut Kapferer (1992, S.50) gleicht das Markenimage einer flüchtigen und ständig wechselnden Vision, denn es beschäftigt sich zu sehr mit dem „Schein der Marke und zu wenig mit ihrem Wesen.“ Aaker (2002) wendet sich nicht mit der gleichen Radikalität vom Imagekonstrukt ab wie Kapferer. Er definiert die Markenidentität als “… a unique set of brand associations that the brand strategist aspires to create or maintain. These associations represent what the brand stands for and imply a promise to customers from the organization members” (S. 99). Nach Esch (2008, S. 22) sind „Marken Vorstellungsbilder in den Köpfen der Konsumenten, die eine Identifikations- und Differenzierungsfunktion übernehmen und das Wahlverhalten prägen.“ Es geht also auch bei der Markenidentität nach Esch um eine Innensicht, für deren Ableitung zwar auf die externe Wahrnehmung zurückgegriffen wird, diese aber explizit intern definiert ist.

In der deutschsprachigen Marketingtheorie ist es besonders Meffert, der das Markenidenti- tätskonstrukt vertritt. Meffert und Burmann (2002b, S. 47) definieren die Markenidentität „als in sich widerspruchsfreie, geschlossene Ganzheit von den Merkmalen einer Marke, die diese von anderen Marken dauerhaft unterscheidet.“ Die Markenidentität entsteht erst in der wechselseitigen Beziehung zwischen internen und externen Bezugsgruppen der Marke und bringt die spezifische Persönlichkeit einer Marke zum Ausdruck. Aufgrund der Wechselsei- tigkeit muss bei der Markenidentität zwischen dem Selbstbild und dem Fremdbild der Identität unterschieden werden. Das Ausmaß der Übereinstimmung von Selbst- und Fremdbild ist entscheidend für die Stärke der Markenidentität. Dieses Konzept spiegelt sowohl die interne Betrachtung sowie die externe Betrachtung wieder und wird den derzeitigen wirtschaftlichen Herausforderungen am ehesten gerecht. Auf der Grundlage der sozialwissenschaftlichen und psychologischen Forschung kann die Markenidentität laut Burmann (2003) durch sechs aggregierte Markenkomponenten erfasst werden. Die Komponenten der Markenidentität und des Markenimages werden in der folgenden Ab- bildung dargestellt.

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Abb. 2: Komponenten der Markenidentität und des Markenimages (Burmann, 2003)

Das Fundament der Markenidentität bildet die Herkunft der Marke, dabei spielt die regionale, die kulturelle sowie die institutionelle Herkunft eine Rolle. Die Marke Volkswagen wird welt- weit mit der deutschen Herkunft assoziiert. Die Markenherkunft ist eng verbunden mit der Historie einer Marke. Die Historie des VW Käfers ist ein elementarer Bestandteil der Marke Volkswagen. Die Markenkompetenz, welche auf den Ressourcen und organisationalen Fähigkeiten einer Unternehmung beruht, begründet den spezifischen Wettbewerbsvorteil einer Marke und sichert diesen ab. Die Markenleistungen determinieren grundsätzlich, wie eine Marke für den Nachfrager nutzbar wird. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil ist die Markenvision, denn sie dient als Inspirationsquelle und legt die in „die Zukunft gerichtete Idee und den Inhalt einer Marke in Form eines Leitbildes fest“ (Meffert & Burmann, 2002b, S. 52). Die Markenvision spiegelt einen Identifikationsanker wieder, der die Identität einer Marke für die internen und externen Bezugsgruppen erfassbarer macht. Die Markenwerte stellen die Essenz der Markenidentität dar und repräsentieren die Grundüberzeugungen von Management und Mitarbeitern hinsichtlich der Positionierung der Marke. Sie sagt aus, wofür die Marke steht. Die Markenpers ö nlichkeit wird durch den typischen Repräsentanten der Marke und den Markenverwender geprägt. Vor allem über die Markenpersönlichkeit und die Markenwerte kann die Beziehung zwischen der Marke und den Nachfragern emotional auf- geladen und dadurch emotional gefestigt werden. Laut Moser (2003) beeinflusst die Marken- persönlichkeit in starkem Maße, ob die Marke von den Zielgruppen gemocht wird. Zum Beispiel hat Mini als Lifestyle-Marke eine junge, moderne Persönlichkeit, die unkonventionell auftritt und versucht, in ihrer Kommunikation die Zielgruppen mit Witz zu überraschen.

Das Markenimage kann laut Trommsdorff (2009, S. 155) als „mehrdimensionales Einstel- lungskonstrukt“5 interpretiert werden (vgl. Kroeber Riel, 2008), welches das in der Psyche relevanter externer Zielgruppen fest verankerte, verdichtete, wertende Vorstellungsbild von einer Marke wiedergibt. Grundvoraussetzung für die Bildung dieses Images ist die Bekannt- heit einer Marke beim Konsumenten. Laut Trommsdorff (2009) setzt sich das Image aus einzelnen wertenden Eindrücken zusammen, die vom Konsumenten zu einem ganzheitlichen Vorstellungsbild verbunden werden. Daher ist ein Markenimage immer subjektiv geprägt. Darauf aufbauend beinhaltet es die Kenntnis von Marktattributen, d.h. zentralen Eigenschaften der Produkte, Dienstleistungen und/ oder Verwendern der Marke. Der funktionale Nutzen der Marke beschreibt, welche Basisbedürfnisse durch die unter dem Markennamen angebotenen Produkte und Dienstleistungen erfüllt werden, d.h. es werden sämtliche Nutzungsdimensionen, die sich aus den physikalisch-funktionellen Merkmalen der markierten Leistung sowie aus der Informationsfunktion und der Vertrauensfunktion der Marke ergeben. Der symbolische Nutzen einer Marke umfasst den direkt oder indirekt wahrgenommenen Nutzen. Dieser entsteht immer dann, wenn eine Marke neben ihren funk- tionalen Nutzen dem Nachfrager einen zusätzlichen Nutzen stiftet, beispielsweise das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit, die Vermittlung von Prestige und die Wahrnehmung der Marke als Selbstverwirklichung. Über das Feedback der externen Anspruchsgruppen beeinflusst das Markenimage einzelne Identitätskomponenten und so die Identität als Ganzes. Die Identität formt sich daher erst aufgrund dieser wechselseitigen Beziehung.

Die Ausgestaltung der Markenpersönlichkeit, der Markenwerte und der Markenvision determiniert primär die Wahrnehmung des symbolischen Markennutzens wohingegen die Ausgestaltung von Form und Art der Markenleistungen die Wahrnehmung des funktionalen Nutzens der Marke bestimmt. Der Fit dieser vier Komponenten mit den Kernkompetenzen und der Herkunft der Marke determiniert die Glaubwürdigkeit der Marke. Für die Markenidentität ist der Grad der Übereinstimmung von Selbst- und Fremdbild von entschei- dender Bedeutung. Eine starke Markenidentität entsteht nach diesem Markenverständnis, wenn sich Selbst- und Fremdbild über einen längeren Zeitraum hinweg austauschen können und möglichst deckungsgleich sind. Relativ häufig werden Identität und Image nur ungenau voneinander abgegrenzt. Der Imagebegriff umfasst die Fremdwahrnehmung, hingegen die Identität die Fremd- und die Eigenwahrnehmung. Eine starke Markenidentität ist eine Voraussetzung für das Ausbilden von Vertrauen der Konsumenten gegenüber der Marke und Markenvertrauen ist wiederum eine notwendige Voraussetzung für den Kauf und Wiederkauf einer Marke.

3.3 Markenvertrauen

„Auch bei der Marke gilt, nur wem man vertrauen kann, bleibt man treu“ (Meffert, Burmann & Koers, 2002a, S. 28). Der Begriff „Vertrauen“ gehört laut Petermann (1996, S. 11) zu einer Gruppe von psychologischen bzw. sozialwissenschaftlichen Fachausdrücken, die mit unter- schiedlichen Bedeutungen verwendet werden. Petermann (1996, S. 117) entwickelte ein Drei-Phasen Modell des Vertrauensaufbaus: In der ersten Phase geht es um das Herstellen einer verständlichen Kommunikation, darauf folgt der Abbau bedrohlicher Handlungen und erst in der letzten Phase erfolgt ein gezielter Aufbau von Vertrauen durch systematisch herbeigeführte Handlungen. Laut Meffert und Burmann setzt Vertrauen Identität voraus, demnach entsteht Vertrauen erst, wenn bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden, die es möglich machen, dass sich die Außenwelt auf ein Individuum verlassen kann. Voraussetzungen hierfür sind die konstitutiven Merkmale: Wechselseitigkeit, Kontinuität, Konsistenz und Individualität.

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Tabelle 1: Konstitutive Merkmale (Meffert & Burmann, 2002a)

Ein namhafter Vertreter des Vertrauenskonstrukts ist Niklas Luhmann: Vertrauen ist „ein Mechanismus zur Reduktion von Komplexität“ und kann als riskante Vorleistung verstanden werden, da Vertrauen auf der Überziehung von Informationen aus der Vergangenheit beruht und linear in die Zukunft übertragen wird. Damit kann Vertrauen auch enttäuscht werden, wenn sich die Person in der Zukunft anders verhält, als ihr Verhalten in der Vergangenheit hätte vermuten lassen (Luhmann, 2000, S.8). Luhmann befasst sich im achten Kapitel mit Vertrauen als „Chance und als Fessel“ und erläutert hierzu „taktische Erwägungen“, die sich auf die Frage beziehen, ob Vertrauen eher dadurch erworben wird, dass „Personen oder Sozialsysteme starr und unbeweglich bleiben“ oder eher dadurch, dass die „Selbstdarstel- lung bewusster und auf komplexere Bedingungen einstellbar (wird)“ (S. 69). Hierzu heißt es u.a.: „„In einer beweglichen Umwelt, deren Komplexität besonders auch in sozialer Hinsicht bewusst wird, impliziert diese Einstellung Gefahren für den Bestand des Systems und damit auch für die Fortsetzbarkeit des Vertrauens. Elastischer, komplexer, bestandsfähiger sind Systeme, die das Vertrauen, das sie in ihrer Umwelt genießen, als Problem erleben und sich darum bemühen können. Sie verlieren an Spontaneität und gewinnen an Reflexivität. Ihre Selbstdarstellung wird bewusster und auf komplexere Bedingungen eingestellt. Das Vertrauen, das in sie gesetzt wird, muss nun ebenfalls diese Ebene der Reflexivität erklimmen, sonst fühlte es sich laufend getäuscht. Es bezieht sich dann nicht mehr darauf, dass der andere bleibt, was er ist, sondern darauf, dass er seine Selbstdarstellung fortsetzt und sich durch seine Selbstdarstellungsgeschichte gebunden fühlt Erst Vertrauen in die Reflektiertheit der Selbstdarstellung enthält die Gewähr für angepasste Verhaltenskontinuität unter schwierigen, wechselnden Bedingungen.““

Bezieht man diese theoretischen Erwägungen nicht auf Personen (oder Sozialsysteme), sondern auf ein Produkt wie ein Auto und dessen Selbstdarstellung bzw. „Selbstdarstel- lungsgeschichte“, kann man durch diese Analogie möglicherweise wichtige allgemeine An- haltspunkte für die Erklärung von Erfolg und Misserfolg der Selbstdarstellung von „VW Käfer“ im Vergleich zu „VW New Beetle“ gewinnen: So ließe sich die These vertreten, dass die Selbstdarstellung des VW Käfer sich erfolgreich auf veränderte komplexe Bedingungen ein- gestellt hat und das in es gesetzte Vertrauen nicht enttäuscht wurde, die Selbstdarstellung des Beetle hingegen relativ statisch an einem Formprinzip (Käferform) festgehalten hat, aber im übrigen sich zu wenig auf veränderte bzw. sich verändernde Bedingungen eingestellt hat und deshalb Vertrauen verloren und enttäuscht hat.

Der Vertrauensbegriff wird auch in der Wirtschaftswissenschaft diskutiert. Kotler und Keller (2008) beispielsweise sprechen vom "Vertrauenskapital“ eines Unternehmens. Nehmen die positiven Erfahrungen der Kunden zu, kann gleichzeitig immer mehr Vertrauenskapital gebildet werden, bis schließlich an einem bestimmten Punkt so viel Vertrauen gewonnen worden ist, dass weitere positive Erfahrungen kein zusätzliches Vertrauenskapital mehr auslösen können. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Marken und Unternehmen ge- nau wie Personen und Gruppen Vertrauen erzeugen können. Viele deutsche Kunden waren enttäuscht, dass der „neue Käfer“ nicht in Deutschland, sondern in Mexiko produziert wurde. Auch der überzogene Preis ab 34.950 Mark schreckte offenbar viele deutsche Kunden ab. In Prospekten wirbt der New Beetle mit Slogans wie „Du kannst ruhig Du zu ihm sagen.“ Der Versuch den alten Herbie mit dem VW Beetle RSi wieder ins Spiel zu bringen floppte. Die Transposition zu einem Sportler passte nicht zum Image des New Beetle und sorgte für Un- ruhe und Misstrauen. Viele Käferfans sprechen von einer Wiedergeburt des Autos aus dem Geist des Fitnessstudios und bezeichnen den „neuen Käfer“ als eine Mogelpackung. Ausgerechnet im Mutterland des VW Käfers konnte sich der New Beetle nie richtig durchsetzen (vgl. Pander, 2010).

3.4 Markenpersönlichkeit

Die Idee, dass Marken wie Menschen eine Persönlichkeit besitzen, stammt nicht aus der jüngsten Zeit, sondern reicht zurück bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts. Laut Aaker (1997, S.347) ist die Markenpersönlichkeit „the set of human characteristics associated with a brand.” Azoulay und Kapferer (2003) definieren die Markenpersönlichkeit als “the set of human personality traits that are both applicable and relevant for brands”. Diese Auffassungen der Markenpersönlichkeit werden durch Gilmores „Theorie des Animismus“ aus dem Jahre 1919 gestützt. Sie besagt, dass der Mensch nicht lebende Objekte durch die Verleihung von menschlichen Zügen zu „beseelen“ versucht, um auf diesem Wege eine Vereinfachung der Interaktion mit Objekten zu erreichen.

Hellmuth Benesch definierte bereits im Jahre 1962 Wareneigenschaften (s. Abb. 3). Er benutzt den Begriff der Ware, der sich stärker mit der Tiefenstruktur des angebotenen Gegenstands befasst, die Marke hingegen reflektiert stärker die Oberflächenstruktur. Benesch bezeichnet die Ware als Produkt mit einer Seele. Generell ist eine Tendenz zur Integration von Eigenschaften zu konstituieren, zugespitzt in der Personifizierung der Waren. Die Warenbeschaffenheit (Sichtbarmachung) beinhaltet nach Benesch (1992) Eigenschaften wie die Farbe, denn sie verleiht der Ware eine Vielzahl von Merkmalen, v.a. auch psychische Farbwerte, Farbtemperatur und Synästhetizität. Der Geruch von Kunstleder, Parfüm oder auch der saubere Geruch bei Waschmitteln verleiht der Ware spezifische Merkmale. Unter der Warendienlichkei t (Zwecksetzungen) versteht Benesch u.a. den Gebrauch und Ver- brauch, die Brauchbarkeitsdauer, die Nutzungsformen sowie den Besitz einer Ware. Produkte werden auch gekauft, um sie „einfach zu besitzen“ oder auch wegen des zeremo- nischen Aktes. Die Warenbezogenheit (Vertrauenshintergrund) umfasst u.a. den Bekannt- heitsgrad, die Vertrautheit, die psychische Sättigung, äußere Einflüsse wie z.B. Werbung (Güteeindruck) sowie die Bindungsfähigkeit. Die Warendarstellung erfolgt zum einen durch die Verpackung, ein Begleitschreiben, ein Siegel oder Verzierungen (Einrahmung) oder auch durch das persönliche Preislimit. Waren haben Gestaltqualitäten und grenzen sich damit von Produkten ab. Die Warendarstellung beinhaltet aber auch affektive Eigenschaften wie die Regressionsgeneigtheit. Der New Beetle war der Versuch auf frühere Zeiten (z.B. die „Hip- piezeit“) zurückzugreifen und Erinnerungen zu aktualisieren. Manche Waren besitzen die Fähigkeit, den Status der Konsumenten zu festigen bzw. zu erweitern und „heben“ den Kon- sumenten über seine Lage hinaus (Enthebungsqualität). Das New Beetle Cabriolet wird u.a. mit Freiheit und Lifestyle assoziiert, ein Mercedes beispielsweise mit Prestige, Erfolg, Macht und Anerkennung. Je mehr Darstellungsformen die Ware besitzt, desto leichter gelingt die angestrebte Personifizierung. Der Grad der Vergegenständlichung ist entscheidend, denn erst eine Ware mit hoher Vergegenständlichung ist zur Personifizierung fähig. Die Spitze der Personifizierung bildet der Bindungsstil. Menschen geben dem Produkt einen Namen und die eigene Persönlichkeit kann dadurch verlängert werden. Beispielsweise gibt es Konsumenten, die sich den Arm mit dem „Harley-Davidson-Logo“ tätowieren lassen. In einem Forum lautet es: „Deine Harley verliert kein Öl, sie markiert nur ihr Revier“ (vgl. http://www.motor- talk.de/forum/harley-davidson-b34.html). Damit ist die Spitze der Personifizierung erreicht.

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Abb. 3: Wareneigenschaften nach Helmut Benesch

Marken sind Produktpersönlichkeiten und wie die Persönlichkeit des Menschen ist auch die Produktpersönlichkeit durch verschiedene Werte gekennzeichnet. Die Kernbotschaften von Benesch sind bis heute noch aktuell.

Die Persönlichkeiten von Menschen und Produkten haben viele Gemeinsamkeiten (vgl. Herbst, 2003). Man bezeichnet einen Menschen als Marke, um zu signalisieren, dass dieser markante Persönlichkeitsmerkmale hat. Konsumenten beschreiben Marken mit menschli- chen Eigenschaften, beispielsweise ist Coca Cola cool und amerikanisch, Pepsi ist jung und aufregend und Bluna ist unkonventionell und lustig. Die Begriffsbestimmung umfasst alle Merkmale, die zur Beschreibung einer menschlichen Persönlichkeit genutzt werden können, wie z. B. nett, herzlich, sentimental. Auch demographische Kriterien wie Alter, Geschlecht und soziale Klasse werden eingesetzt. Konsumenten können angeben, welches Geschlecht und welches Alter die Marke hat und woher sie kommt. Der Marke kann eine menschenähn- liche Beziehung zum Konsumenten zugerechnet werden, z. B. als Freund („Jeder sollte ei- nen Freund wie Apple haben“, oder Henkel- „a brand like a friend“), als Mentor (Microsoft), als Berater (Morgan Stanley) oder auch als Experte (Ariel). Produkte sehen wie Menschen oder Tiere aus, beispielsweise steht die Barbie-Puppe für einen Menschen. Der Volkswagen sah aus wie ein Käfer und wurde auch so genannt. Eine interessante Studie zeigt Ähnlichkei- ten von Tier und Automobil. Zum Beispiel wird der Blick des New Beetle mit einer Augen- spinnerraupe verglichen (s. Anhang C). Werbefiguren symbolisieren Markenwerte, beispielsweise die Waschkraft durch den weißen Riesen oder die kräftigen Reifen durch das Michelin-Männchen. Menschen geben Produkten ein Gesicht und die Marke wird dadurch lebendig. Thomas Gottschalk „macht Kinder froh und Erwachsene ebenso“, Claus Hipp hingegen steht für die Qualität seiner Babynahrungsprodukte. Die psychologische Produkt- differenzierung ist zu einem marktbestimmenden Gestaltungsfaktor geworden. Kaloff (vgl. 1986, S. 194) spricht von einer so genannten „Gefühlsmarke“, bei der nicht der rational technische Produktnutzen im Vordergrund steht sondern der emotionale Zusatznutzen. Auch J. Aaker (1997, S. 347) betont “… brand personality tends to serve a symbolic or self- expressive function.” Der VW New Beetle ist ein Beispiel dafür, dass Lebensfreude und Spaß als emotionaler Zusatznutzen in den Vordergrund gerückt werden. Saatchi & Saatchi Advertising (http://www.saatchi.com) sprechen von Lovemarks, die uns besonders stark ins Herz treffen. Dazu zählen Marken wie Disney, Apple, Harley Davidson und Mini. Auch der Käfer war eine Lovemark und im amerikanischen Markt gehört auch der New Beetle zu dieser Gruppe. Jede Gestaltungsvariation verändert die „Ganzheit der Ware“. Manche Details irritieren den Konsumenten und lösen Persönlichkeitsmerkmale weg von der Ware (Beispiel VW Beetle RSi).

4 Persönlichkeit/ Lebensstile und Konsumentenverhalten

Aus psychologischer Sicht stellt Konsumentenverhalten einen dynamischen, fortlaufenden Prozess dar, der sich wiederum aus mehreren Teilprozessen zusammensetzt. Das marketingrelevante Konstrukt Lebensstil wurzelt in der Psychologie der Persönlichkeit, die sich u.a. mit den „traits“ befasst, die zur Typologisierung von Menschen geeignet sind (Differentielle Psychologie). In diesem Kapitel soll der Stand der Forschung skizziert werden.

4.1 Persönlichkeit und Konsumentenverhalten

Auf der Suche nach relevanten Determinanten des Konsumentenverhaltens wurden Persönlichkeitsmerkmale als beschreibende Faktoren herangezogen, als sich abzuzeichnen begann, dass die Unterscheidung von Konsumenten durch klassische Differenzierungskriterien wie geographische, biologische und sozio-demographische Variablen nicht erfolgreich war (Mayer & Illmann, 2000).

4.1.1 Definition und Relevanz des Begriffs Persönlichkeit

Eine allgemeine Definition des Konstrukts Persönlichkeit gibt es in der wissenschaftlichen Literatur nicht und ist auch unwahrscheinlich. Laut Trommsdorff (2009) hängt der Begriff der Persönlichkeit stark von den weit gefächerten wissenschaftlichen Grundpositionen der Forscher ab. Eine Vielzahl verschiedenster Definitionsversuche dokumentiert dies (Amelang, Bartussek, Stemmler, Hagemann, 2006; Fisseni, 2003). Vielen dieser Definitionen ist jedoch gemeinsam, dass mit dem Begriff Persönlichkeit die Einzigartigkeit und die relative Stabilität von Strukturen und Prozessen angesprochen wird. Laut Mayer und Illmann (2000, S. 105) handelt es sich nicht nur um ein einziges psychographisches Merkmal eines Individuums, sondern es werden „ein Bündel oder eine Kombination aus mehreren Merkmalen eines Individuums damit verbunden.“ Die Forschung geht davon aus, dass Merkmals- kombinationen im Erwachsenenalter in zeitlicher Hinsicht und situationsspezifisch betrachtet, relativ stabil sind, d.h. nur geringe intraindividuelle Variationen aufweisen. Theo Hermann (1991, S. 25), der in seinem „Lehrbuch der empirischen Persönlichkeitsforschung“ viele unterschiedliche Definitionen von Persönlichkeit miteinander vergleicht, fasst zusammen: „Einigkeit besteht darüber, dass die Persönlichkeit ein bei jedem Menschen einzigartiges, relativ überdauerndes und stabiles Verhaltenskorrelat ist.“ Innerhalb dieses definitorischen Rahmens lassen sich viele verschiedene Richtungen und Strömungen unterscheiden. Es gibt eine Vielzahl von psychologischen Persönlichkeitstheorien. Drei faktorenanalytische Ansätze haben die wissenschaftliche Forschung stark beeinflusst. Zu nennen ist die Theorie von Catell, die Theorie von Eysenck sowie die Big Five von Costa und McCrae. Kapitel drei zeigte, das Konsumenten bestimmte Marken wählen und kaufen, weil sie sich mit ihnen identifizieren können (Bsp. Harley Davidson). Dabei spielt das Image und die Persönlichkeit der Marke eine entscheidende Rolle. Jennifer L. Aaker (1997) entwickelte erstmalig ein Kon- zept und validierte es, in ihm werden Parallelen zwischen den Markenpersönlichkeits- dimensionen und den „Big Five“ der menschlichen Persönlichkeitsmerkmale gezogen. Sie wies in ihrer Studie nach, dass die Persönlichkeitsdimensionen Sincerity, Exitement, Competence, Sophistication, Rudgedness auf Marken angewandt werden können und diese vollständig beschreiben.

Die Relevanz der Persönlichkeit zeigt sich z.B. darin, dass in den unterschiedlichsten Berei- chen auf die Bedeutung hingewiesen wird. Die Persönlichkeit einer Marke (vgl. Kap. 3.4) ist zu einem elementaren Begriff in der Markenpsychologie avanciert. Im Bereich der Personal- auswahl ist zu beobachten, dass zunehmend Persönlichkeitsmerkmale für die erfolgreiche Besetzung einer Stelle herangezogen werden. Auch im Bereich der Existenzgründung oder dem Anlageverhalten wird auf die Bedeutung von Persönlichkeitsmerkmalen hingewiesen. Selbst Jury Mitglied Dieter Bohlen sucht in der RTL Casting Show „Deutschland sucht den Superstar“ Kandidaten mit Persönlichkeit. Casting Shows wie DSDS oder auch „Das Super- talent“ wären ohne die Bezugnahme auf den Lebensstil der Kandidaten (Kap. 4) gar nicht in dieser kommerziellen Form möglich.

Außerdem spielt die Persönlichkeit in verschiedenen Modellen des Konsumentenverhaltens eine Rolle: Beispielsweise das Modell von Nicosia, Howard & Sheth (1969) als auch neuere Modelle, wie das von Engel, Blackwell & Miniard. Letzteres verdeutlicht die Komplexität des Konsumentenverhaltens sowie die zu beachtenden Zusammenhänge und Einflussgrößen. Die Persönlichkeit und der Lebensstil (Kap. 4.2) sind dabei zwei von vielen Einflussgrößen. Es ist von zentraler Bedeutung, in welchem Ausmaß das Verhalten von diesen Merkmalen bestimmt wird und welche Persönlichkeitsmerkmale für das Verhalten relevant sind. Das wichtigste Moment ist nach Mayer und Illmann (2000), dass vom jeweiligen Individuum kon- sistente Antworten oder Reaktionen auf Umweltreize erwartet werden.

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Abb. 4: Modell des Konsumentenverhaltens (Engel, Blackwell & Miniard, 2006)

Im nächsten Kapitel soll auf die Bedeutung des Zusammenhangs zwischen Persönlichkeitsvariablen und Konsumentenverhalten eingegangen werden.

4.1.2 Perspektiven anwendungsbezogener Forschung

Eine Vielzahl von Studien hat sich bereits mit der Analyse des Einflusses von verschiedenen Persönlichkeitsmerkmalen des Konsumenten (z.B. Dominanzstreben, Ängstlichkeit, Extra- /Introversion, Maskulinität/ Femininität etc.) auf sein Kaufverhalten beschäftigt. Diese Forschungsrichtung wird auch als Trait-Ansatz bezeichnet. In der Praxis ist der sogenannte Trait-Ansatz sehr beliebt, denn er bietet Erklärungsmuster, die sich vergleichsweise eindeu- tig auf Werbestrategien anwenden lassen. Dieser Ansatz geht von einem Persönlichkeits- modell aus, in dem jedes Individuum durch „ein System fester, latenter und spezifischer Eigenschaften (sog. Traits) definiert und beschrieben werden kann“ (Mayer & Illmann, 2000, S. 110). Die Autoren Mayer und Illmann erklären den Trait-Ansatz wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Trait-Ansatz (Mayer & Illmann, 2000)

Der Trait-Ansatz fokussiert sich zum einem auf die Feststellung des jeweiligen Verhaltens und zum anderen auf die Erfassung der Traits.6 Die Maßzahlen beider Variablen werden mit- einander korreliert. Anhand der Größe des korrelativen Zusammenhangs wird der Anteil der gemeinsamen Varianz geschätzt und der Betrag wird dann als derjenige Teil am Konsumentenverhalten interpretiert, der auf den mit ihm korrelierten Teil zurückzuführen ist.

Der Trait-Ansatz überzeugte nicht, sodass viele Forscher Alternativkonzepte entwickelten. Dazu zählen beispielsweise der Soziale Charakter als „Traitmerkmal“, der zwischen dem traditionsgeleiteten, dem innengeleiteten und dem außengeleiteten Individuum differenziert; Kaufmotive wie die Selbstbelohnung, die Suche nach Zerstreuung; der Ansatz der Informationsverarbeitung, in dem das Individuum als ein Informationen verarbeitendes Sys- tem aufgefasst wird, sowie den Faktor Need for cognition, also das Bedürfnis, sich kognitiv mit Meinungsgegenständen zu befassen, als einen zentralen Einflussfaktor für das Konsumentenverhalten (vgl. Kroeber-Riel, 2008; Mayer & Illmann, 2000). Doch ganz gleich, für welchen Ansatz man sich entscheidet, muss betont werden, dass die Erklärung und Vor- hersage nur unter sehr „artifiziellen“ Randbedingungen erfolgreich ist und das Vorgehen oft atheoretisch erfolgt (vgl. Kap. 4.1.3).

Ein erfolgversprechenderer Ansatz für die Marketingforschung wird in der Literatur darin gesehen, den Einfluss des Selbstkonzepts des Konsumenten auf seine Verhaltensweisen zu betrachten (vgl. Trommsdorff, 2009; Kroeber-Riel, 2008). Die sogenannte Selbstkonzept- theorie (s. Abb. 6) kommt für eine theoretische Untermauerung der Lebensstilforschung in Betracht (Banning, 1987) und soll an dieser Stelle kurz erläutert werden. Die Selbstkonzept- theorie gehört zu den einflussreichsten sozialpsychologischen Persönlichkeitstheorien und beschreibt, wie der Mensch mit seiner subjektiven Erfahrung des eigenen Selbst bzw. der eigenen Identität umgeht. Laut Banning (1987) gelten individuelle Determinanten sowie die soziokulturelle Umwelt als verhaltensbeeinflussend, die im Zusammenspiel die Persönlich- keit eines Individuums formen und somit in entscheidendem Maße auf das Selbstbild (Sum- me aller Vorstellungen in Bezug auf die Person), das Weltbild (Summe aller Vorstellungen über die Umwelt, was erlerntes Wissen, gemachte Erfahrungen, politische Meinungen oder Markenimages umfasst) und das Selbstkonzept (die kognitiv geprägte Ausgestaltung der Persönlichkeit versucht das Weltbild und das Selbstbild aufeinander abzustimmen und strebt grundsätzlich nach Kontinuität und Konsistenz) des jeweiligen Individuums einwirken. Dies nimmt wiederum Einfluss auf den Entscheidungsprozess des Konsumenten. Es wird dabei zwischen dem bisher realisierten, bisher nicht realisierten sowie dem erwünschten Lebensstil differenziert (vgl. Mayer & Illmann, 2000). Bezüglich der Konzeptualisierung des Selbst- konzepts herrscht jedoch eine Uneinigkeit in der Literatur.

Laut Zimbardo und Gering (2007) umfasst das Selbstkonzept mehrere Komponenten, dazu gehören zum Beispiel persönliche Erinnerungen, Überzeugungen zu Traits, Annahmen über Eigenschaften, Werte, Motive und Fähigkeiten, ein persönliches Idealbild (das ideale Selbst), die Vorwegnahme der Veränderungen in den Vorstellungen (mögliches Selbst), die positive und negative eigene Bewertung (Selbstwert) sowie Bezeugungen über das Fremdbild. Andere Wissenschaftler differenzieren zwischen dem tatsächlichem und dem idealen Selbstkonzept (vgl. Bauer, Mäder & Huber, 2002).

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Abb. 6: Selbstkonzepttheorie nach Banning (Trommsdorff, 2009, S. 217)

Laut Mayer und Illmann (2000, S. 119) stellt das Selbstkonzept ein „Orientierungs- und Steuerungssystem“ des Verhaltens dar. Der Konsument verhält sich so, dass die eigene Wahrnehmung seines Verhaltens zum Selbstbild konsistent ist und dieses möglichst noch verstärkt. Daher wählt er Produkte, die zu seinem Selbstbild passen: „Gleich und Gleich ge- sellt sich gern.“ Ist die Korrelation zwischen Kaufabsicht und Selbstimage besonders hoch ausgeprägt, führt die Identifikation mit dem Produkt möglicherweise zur Selbstverwirklichung (vgl. Mayer, Illmann 2000). Dies trifft laut Trommsdorff (2009) allerdings nur für High Involvement Produkte, wie beispielsweise einem Auto zu. In einer Studie von Hong und Zinkhan (1995) stehen die Übereinstimmung (congruence) zwischen Selbstkonzept und der Art der verwendeten Appelle (kongruente vs. inkongruente) und deren Effekte auf die Markenerinnerung, Markenpräferenz und die Kaufabsicht im Mittelpunkt des Interesses. Graeff (1996) als auch Solomon et al. (2006) beschäftigten sich hingegen mit der Frage inwieweit die Imagekongruenz für die Produktbewertung eine Rolle spielt, ob das Produkt öffentlich oder privat konsumiert wird (vgl. Mayer, Illmann 2000, S. 122). Die Bewertung von Produkten, die in der Öffentlichkeit konsumiert werden, wie beispielsweise ein Auto oder auch ein Parfüm zeigen erhebliche Effekte, denn laut Solomon (2006, p. 212) gilt “you are what you consume.“ Die Idee, dass sich mit zunehmender Übereinstimmung zwischen einer Markenpersönlichkeit und der Persönlichkeit eines Konsumenten eine Valenz zum Produkt einstellt, wird als Kongruenzhypothese bezeichnet. Eine Vielzahl von Autoren hat die Kon- gruenzhypothese überprüft und in Studien verschiedene Aspekte des Selbstbildes und des Konsumentenverhaltens betrachtet. Die Selbstkongruenzforschung untersucht die Konse- quenzen einer Übereinstimmung der Persönlichkeit von Konsumenten mit korrespondieren- den Imagebestandteilen von markierten Produkten, der Markenpersönlichkeit (Bauer, Mäder & Wagner, 2006). In der englischsprachigen Literatur sind insbesondere die Arbeiten von Levy (1959), Sirgy (1982), Belch (1978), Claiborne und Sirgy (1990), Sirgy et al. (1997) und Sirgy und Su (2000) zu nennen. Auch in der deutschsprachigen Literatur wird der Kongru- enzhypothese große Aufmerksamkeit gewidmet. Zu nennen sind die Arbeiten von Huber, Hermann und Weis (2001), Bauer, Mäder und Huber (2002), Gierl und Blitz (2004), Henkel und Huber (2005), Gierl (2006) sowie Bauer, Mäder und Wagner (2006). Eine Ausführung der Ergebnisse würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Hier nur der Hinweis, dass Bauer, Mäder und Huber (2002) die Gültigkeit der Kongruenzhypothese für den deutschen Automobilmarkt untersucht haben und diese bestätigen konnten. Dabei zeigten sie, dass die Übereinstimmung von Markenpersönlichkeit mit zentralen Ausprägungen der Konsumenten- persönlichkeit einen hohen Stellenwert für das Unternehmen hat. Die Übereinstimmung von Markenpersönlichkeit und Selbstkonzept begründet in erheblichem Maße die Identifikation mit einer Marke.

4.1.3 Kritische Würdigung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Versuch mittels Merkmalen der klassischen Persönlichkeitspsychologie Konsumenten zu typologisieren, nur unter sehr „artifiziellen“ Randbedingungen erfolgreich ist. Im Mittelpunkt der Bemühungen steht der Trait-Ansatz. Mayer und Galinat (1979) bezeichnen den Ansatz als unzureichend, denn es gibt keine Faktoren, die sich konsistent als diskriminierungsstark erweisen (vgl. Trommsdorff (2009), Kroeber Riel (2008), Mayer und Illmann (2000), Papastefanou (2007), Felser (2007)). Das Vorgehen erfolgt überwiegend atheoretisch. Prädiktoren werden nach dem Prinzip des Ver- suchs und Irrtums ausgewählt. Merkmale wie z.B. Ängstlichkeit, Dominanzstreben etc. bilden neben vielen anderen die unabhängige Variable oder den Prädiktor des in der Regel korrelativen Designs der Untersuchungen. Mayer und Illmann kritisieren die mangelnde theo- retische Fundierung der Beziehungen zwischen den abhängigen und unabhängigen Variab-len.

[...]


1 Die Ausführungen dieser Arbeit beziehen sich auf den deutschen Markt. Es werden lediglich Hinweise auf den amerikanischen Markt gegeben.

2 Am 1. Juli 1938 wurde eine neue Stadt mit dem Namen „Stadt des KdF-Wagens“ bei Fallersleben gegründet, die 1945 in Wolfsburg umbenannt wurde.

3 Die Werbeagentur Arnold Communications, Boston hat die Kampagne für den New Beetle entwi- ckelt.

4 Es gibt eine Vielzahl von wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit der Marke beschäftigen, u.a. die Psychologie, die Betriebswirtschaft, die Volkswirtschaft, die Rechtswissenschaften, die Soziologie, die Kommunikationswissenschaften, die Naturwissenschaften, die Semiotik sowie auch praktische Anwendungen z.B. im Design.

5 Rosenstil und Kirsch (1996) benutzen den Begriff Image und Einstellungen synonym und sprechen von Einstellungsdimensionen, die Elemente einer Einstellung seien.

6 Traits sind mittels entsprechender Testverfahren meßbar, jedoch nicht immer sehr valide. 26

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Titel
Markenpsychologische Reflexion am Beispiel des VW Beetle
Untertitel
Der Konsument als integraler Bestandteil im Produktentwicklungsprozess
Hochschule
Business and Information Technology School - Die Unternehmer Hochschule Iserlohn
Veranstaltung
Business Psychology (B.Sc.)
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
161
Katalognummer
V189957
ISBN (eBook)
9783656143468
ISBN (Buch)
9783656377856
Dateigröße
33888 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Marketing, Consumer Psychology, Wirtschaftspsychologie, Markenpsychologie, Konsumentenverhalten, New Beetle, Business Psychology, Markenpsychologische Reflexion, Marktpsychologie, Werbepsychologie, Selbstbild, Fremdbild, Markenidentität, Selbstkonzept, Persönlichkeit, Markenimage, Markenbeziehungen, Kongruenz
Arbeit zitieren
Anna Nauen (Autor:in), 2010, Markenpsychologische Reflexion am Beispiel des VW Beetle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189957

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