Einlagensicherung bei Kreditinstituten - Rechtsgrundlagen und Ausgestaltungsformen im Hinblick auf die Bankinsolvenz


Diplomarbeit, 2011

77 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG

2 RECHTSGRUNDLAGEN UND SYSTEME DER EINLAGENSICHERUNG BEI KREDITINSTITUTEN
2.1 GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG DER EINLAGENSICHERUNG:
2.2 ZIELE UND FUNKTIONEN DER EINLAGENSICHERUNG
2.2.1 BEGRIFF EINLAGEN:
EINLAGEARTEN
2.2.2 BEGRIFF EINLAGENSICHERUNG:

3 INSTITUTIONEN UND GRUNDLAGEN DER EINLAGENSICHERUNG UND DER BANKENAUFSICHT,
3.1 EUROPÄISCHES SYSTEM DER ZENTRALBANKEN (ESZB)
3.2 BESTIMMUNGEN DES KWG ZUR EINLAGENSICHERUNG
3.3 BUNDESANSTALT FÜR FINANZDIENSTLEISTUNGSAUFSICHT (BAFIN)
3.3.1 GRUNDSÄTZE DES BUNDESAUFSICHTSAMTES FÜR DAS KREDITWESEN (BAK)
3.3.2 DAS BUNDESAUFSICHTSAMT FÜR DEN WERTPAPIERHANDEL (BAWE)
3.4 EINLAGENSICHERUNGS- UND ANLEGERENTSCHÄDIGUNGSGESETZ (EAEG)
3.4.1 RICHTLINIE ZUR EINLAGENSICHERUNG
3.4.2 RICHTLINIE ZUR ANLEGERENTSCHÄDIGUNG
3.5 BESTIMMUNGEN DES HGB
3.6 LIQUIDITÄTS-KONSORTIALBANK
3.7 FINANZMARKT STABILISIERUNGSFONDSGESETZ (FMSTFG)
3.8 BASEL III (BUNDESBANK)

4 BANKEN UND BANKENSYSTEME
4.1 SPARKASSEN UND GIROZENTRALEN
4.2 EINLAGENSICHERUNGSFONDS DER VOLKS- UND RAIFFEISENBANKEN ...
4.3 PRIVAT- BZW. KREDITBANKEN

5 TRÄGER DER EINLAGENSICHERUNG UND AUSGESTALTUNGSFORMEN ...
5.1 GESETZLICHE EINLAGENSICHERUNG
5.1.1 ENTSCHÄDIGUNGSEINRICHTUNG DEUTSCHER BANKEN GMBH (EDB)
5.1.2 ENTSCHÄDIGUNGSEINRICHTUNG DES BUNDESVERBANDES ÖFFENTLICHER BANKEN (EDÖ)
5.1.3 ENTSCHÄDIGUNGSEINRICHTUNG FÜR WERTPAPIERHANDELSUNTERNEHMEN (EDW)
5.2 INSTITUTSSICHERUNG UND FREIWILLIGE EINLAGENSICHERUNG
5.2.1 EINLAGENSICHERUNG DES BUNDESVERBANDES ÖFFENTLICHER BANKEN (VÖB)
5.2.2 EINLAGENSICHERUNG DES BUNDESVERBANDES DEUTSCHER BANKEN (BDB)

6 MAßNAHMEN IN BESONDEREN FÄLLEN
6.1 MAßNAHMEN ZUR VERMEIDUNG VON INSOLVENZGEFAHR
6.1.1 MAßNAHMEN BEI UNZUREICHENDEN EIGENMITTELN ODER UNZUREICHENDER LIQUIDITÄT §45 KWG
6.1.2 MAßNAHMEN BEI GEFAHR §46 KWG
6.1.3 MAßNAHMEN BEI INSOLVENZGEFAHR §46A KWG
6.1.4 INSOLVENZANTRAG §46B KWG
6.1.5 MORATORIUM, EINSTELLUNG DES BANK- UND BÖRSENVERKEHRS §47 KWG
6.1.6 INSOLVENZRECHTLICHE EINGRIFFSTATBESTÄNDE UND ANTRAGSTELLUNG DURCH DIE AUFSICHT §§17-19 INSO UND IHRE BEDEUTUNG FÜR DIE BANKINSOLVENZ

7 DIE AUFSICHTSRECHTLICHE BEDEUTUNG DES EIGENKAPITALS
7.1 DEFINITION DES HAFTENDEN EIGENKAPITALS
7.2 KERNKAPITAL
7.2.1 RECHTSFORMSPEZIFISCHES KERNKAPITAL
7.2.2 RECHTSFORMUNABHÄNGIGES KERNKAPITAL
7.2.3 WEITERE KERNKAPITALBESTANDTEILE
7.3 ERGÄNZUNGSKAPITAL

8 DIE ALLGEMEINEN GESCHÄFTSBEDINGUNGEN
8.1 ALLGEMEINE GESCHÄFTSBEDINGUNGEN DER BANKEN (AGB-BANKEN)
8.1.1 STATUT DES EINLAGENSICHERUNGSFONDS
8.2 ALLGEMEINE GESCHÄFTSBEDINGUNGEN DER SPARKASSEN (AGBSP) ..

9 ZUSAMMENFASSUNG

10 ANHANG
10.1 DEFINITIONEN
10.2 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
10.3 INHALTSVERZEICHNIS INTERNET-SEITEN
10.5 INHALTSVERZEICHNIS LITERATUR

1 Einleitung

Es ist Januar 2008 in Kiew, der ukrainischen Hauptstadt. Die kleinen Verkaufs- stände, die noch vor ein paar Monaten ihr Geschäft betrieben hatten, sind ge- schlossen. An vielen ist ein Verkaufsschild angebracht. Nach einigen Minuten Weiterfahrt sehe ich vor einer mit einem großen Schloss verriegelten Tür min- destens 15 Menschen Schlange stehen. Diese Szene sehe ich wiederholt im Laufe einiger Tage an unterschiedlichen Türen. Dann stelle ich laut denkend die Frage: „Worauf warten denn diese Menschen da?“. Die Antwort klingt verwir- rend. Die Menschen würden vor ihrer Bank stehen und warten, bis sie eventuell öffnet. „Warum?“ Damit sie noch das Geld, welches auf ihrem Konto oder Spar- buch ist, abheben können. „Und wenn die Bank nicht öffnet?“ - „Dann ist sie insolvent und hat kein Geld mehr. Dann gibt es nichts zu holen. Pech gehabt.“

Diese Antworten lassen mich für einige Minuten nachdenken. Ich realisiere, dass ich in der Ukraine bin. Hier ist alles etwas anders. Und wie ist es in Deutschland? Sind meine Einlagen in Deutschland vor solchen Krisen sicher? Wie werden die Einleger von unserem System geschützt? Welchen Anspruch haben sie?

Bankgeschäfte sind Vertrauensgeschäfte. Die Bankkunden vertrauen ihre Ersparnisse und ihr Geld den Banken an. Doch welches Risiko ist damit verbunden wenn das Geld einer Bank anvertraut wird?

Die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung sind wesentliche Bestandteile für die Stabilität eines auf Vertrauensbasis gestützten Finanzmarktes. Im Wettbewerb um die Einleger ist diejenige Bank im Vorteil, der die Einleger bezüglich der vollständigen und fristgerechten Rückzahlung ihrer Einlagen das Vertrauen entgegen bringen. Das Vertrauen in eine Bank kann gefördert werden, indem die Sicherheit der Einlagen erhöht wird.

Die immer wieder auftretenden Krisenfälle im Finanzsystem führen dazu, dass immer mehr Kontrolle der Banken und des finanziellen Sektors eingeführt wird. Das Bankenaufsichtsrecht ist in die Schlagzeilen gerückt, wie schon lange nicht mehr. Die Begriffe Finanzmarkt- bzw. Bankenkrisen dominierten noch vor einigen Monaten in den Medien und in der Politik.

Europa machte kürzlich wirtschaftlich schwierige Zeiten durch. Die europäische Krise findet ihre Ursache tausende Kilometer entfernt. Was als ein paar unkluge Kreditvergabeentscheidungen in den USA begann, breitete sich über den Glo- bus aus und versetzte viele Länder in eine große Depression. Insbesondere die bedrohlichen Liquiditätsprobleme der Hypo Real Estate machten Kopfzerbrechen. Sämtliche Länder überlegten sich, wie solche Fälle reguliert werden können und den Einlegern Schutz geboten werden kann.

Auf europäischer Ebene zeichnen sich neue Aufsichtsstrukturen ab. Neue Ge- setze gelten ab 2011 und die entsprechende Literatur befindet sich im Druck.

Denn Bankeninsolvenzen sind kein „Normalfall“ einer Insolvenz. Wenn eine Bank insolvenzhalber schließt, so wird es in den Zeitungen laut diskutiert. Bei einer Bankschließung kommen den Einlegern, anders als bei einem vergleichbaren Unternehmen, Sorgen um die Existenz auf. Über das Scheitern wird öffentlich spekuliert und berichtet und vieles diskutiert.

Von besonderem Interesse ist die Bankeninsolvenz für Juristen. Die Banken, die als Kreditversorger der Wirtschaft, Verwalter der Ersparnisse der Bevölkerung und Gewährleister des Zahlungsverkehrs gelten, nehmen eine Sonderstellung ein. Es gilt die Annahme, dass eine Bank nicht als einzige ausfällt, und mit sich andere ins Chaos stürzt.

Die Gefahr von Bankeninsolvenzen nimmt trotz wirtschaftspolitischer Regelun- gen und Gesetzgebungen stetig zu. Die Wahrscheinlichkeit von Bankeninsol venzen wächst, der internationale Wettbewerb wird aggressiver, schärfere Regelungen für Bankeninsolvenzen in Deutschland werden nötig.

Im Regelfall müssen wir akzeptieren, dass Bankeninsolvenzen, in erster Linie auf die Fehler der Geschäftsleitung und deren Fehlverhalten und Fehleinschätzung am Markt, zurückzuführen sind.

Die rechtliche Behandlung von Bankeninsolvenzen ist kaum im allgemeinen Insolvenzrecht verwurzelt. Diese Regulierung ist eher im besonderen Ordnungsrahmen für die staatliche Regulierung des Kreditwesens zu finden.

Mit der vorliegenden Arbeit möchte ich einen Einblick in den Finanzsektor geben, der für mich bisher völlig fremd war. Von einem Bank-Laien für Bank-Laien sollen die Einlagensicherungsstrukturen und Mechanismen aufgeführt werden. Insgesamt soll ein Überblick über die aktuelle Regelungen, Sicherungsbeträge und das Gesamtsystem dargestellt werden. Basierend auf diesen Grundlagen soll die Insolvenzrechtliche Regelung dargestellt werden.

2 Rechtsgrundlagen und Systeme der Einlagensicherung bei Kreditinstituten

2.1 Geschichtliche Entwicklung der Einlagensicherung:

Manchmal können Bankzusammenbrüche auch durch eine noch so strenge Aufsicht nicht vermieden werden. Um solche Krisen zu bewältigen sind in Deutschland verschiedene Sicherungseinrichtungen geschaffen worden. In Deutschland finden sich die frühesten Ansätze zu einer Absicherung der Einleger im Falle der Insolvenz ihrer Bank.1

Die Diskussion um die Einlagensicherung begann bereits im 19. Jahrhundert nach einer ersten Welle von Bankeninsolvenzen. Damals unterlag das Betrei- ben von Bankgeschäften noch keiner staatlichen Regelung.2 Wohl noch unter dem Eindruck der Ereignisse der gerade überstandenen Banken- und Wirtschaftskrise wurden von den Genossenschaften die ersten Garantiefonds eingerichtet.

Der Zusammenbruch der „Darmstädter und Nationalbank“ (Danatbank) in 1931 ist ausschlaggebend für die Entwicklung des Bankenaufsichts- und Bankenin- solvenzrechts.3 Infolge dieses Zusammenbruchs kollabierte das deutsche Bankwesen fast vollständig, da es bereits durch die Weltwirtschaftskrise und die seit Ende des 1. Weltkrieges lastenden Reparationsverpflichtungen stark ge- schwächt war. Nur mit massiver staatlicher Unterstützung konnte es wieder aufgerichtet werden. Die Reichsregierung griff bereits in der Krise durch Anord- nung allgemeiner „Bankfeiertage“, um Ruhe in den Markt zu bringen und die „Flucht ins Bargeld“ zu stoppen, ein. 1934 gab es das erste deutsche Kreditwe- sengesetz. Dieses führte - teilweise zurückgehend auf die 1931 erlassenen Notverordnungen - erstmals im Wege formeller Gesetzgebung Regelungen für die Einrichtung einer Aufsichtsbehörde ein: Das Aufsichtsamt für das Kreditwe- sen als zuständige Behörde mit Richtlinienkompetenz (Vgl. §§30, 32 IV KWG 1934).

Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland und Ende des 2. Weltkrieges war das deutsche Kreditwesen von lang anhaltender Stabilität geprägt. Oftmals wurden Fehler der Geschäftsführung in Verbindung mit Größenrisiken die Hauptursache für die Insolvenzen. Auch wurden nicht alle insolventen Institute liquidiert. Häufig wurde eine „stille“ Liquidation durchgeführt.

Das neue Kreditwesengesetz, welches in seinen Grundzügen noch bis heute gilt, trat 1961 in Kraft. Die Bundesregierung hatte zu prüfen, inwieweit die Schaffung allgemeiner Sicherungseinrichtungen einen besseren Schutz für die Einleger bietet und die Unterschiede im Wettbewerb zwischen den Kreditinsti- tuten abschafft.4

Die Bankenverbände bauten ihre Sicherungseinrichtungen aus, um eine allge- meine, staatlich verordnete Einlagensicherung zu verhindern. Zunächst hatte das private Bankgewerbe als einzige Institutsgruppe auf eine gesetzliche Re- gelung gedrungen, wodurch sich 1969 die Verbände auf ein System freiwilliger Einlagensicherungen einigten. Sparkassen, die bis dahin über keine institutio- nellen Sicherungseinrichtungen verfügten, schufen ebenfalls 1969 ein System von Stützungsfonds auf Regionalebene. Die Kreditgenossenschaften verstärk- ten ihre Einrichtungen ebenfalls.5 In Anbetracht der freiwilligen Maßnahmen der deutschen Kreditwirtschaft verzichtete der Gesetzgeber auf eine gesetzliche Regelung.

Als 1974 die Herstatt-Bank geschlossen wurde, waren die Einleger durch die Sicherungseinrichtung des Bundesverbands deutscher Banken e. V. nur bis zum Betrag von 20.000 DM geschützt.6 Der Fonds wurde Anfang 1974 (kurz vor dem Herstatt-Zusammenbruch) aufgrund des Vergleichsantrages des Ham- burger Bankhauses Mertz & Co, nochmals verbessert. Die Entschädigungs- grenze wurde von 10.000 DM auf 20.000 DM angehoben. Außerdem wurde der Einlagenschutz auf alle Sicht- und Termineinlagen natürlicher Personen ausge- dehnt.7

Die Frage nach einer ausreichenden Sicherung von Einlagen wurde erneut dis- kutiert. Der Fall Herstatt führte vor allem zu einer wirtschaftspolitischen Debatte über die Ausgestaltung der Bankenaufsicht in Deutschland und führte somit zur Ausweitung der bestehenden Einlagensicherungsmechanismen. Auch eine umfassende Verstaatlichung des Kreditwesens wurde erwogen. Mit der KWG- Novelle 1976 sollte nicht nur das öffentliche Vertrauen wieder hergestellt wer- den. Dem Bundesaufsichtsamt wurden neue Kompetenzen eingeräumt. Dieses hatte bei drohender Insolvenz, das Recht, die Eröffnung eines Konkursverfah- rens über Kreditinstitute zu beantragen.8 Eine „Liquiditäts-Konsortialbank“ wurde durch die Deutsche Bundesbank zusammen mit allen Gruppen der Kre- ditwirtschaft gegründet. Gegenstand der sog. „Likobank“ sind Bankgeschäfte mit Kreditinstituten zur Sicherung ihrer Liquidität mit gesamtwirtschaftlicher Ziel- setzung, die bankmäßige Abwicklung des Zahlungsverkehrs zu gewährleisten.

Die Likobank gewährt nur Liquiditäts-, nicht jedoch Bonitätshilfe und greift somit nur ein, wenn die Liquiditätskrise nicht aus einer Überschuldung resultiert.9

Seit 1994 bestand eine Empfehlung der EU-Kommission zu einer gesetzlichen Verpflichtung von Banken zur Teilnahme an Sicherungssystemen10, die 1997 durch eine verbindliche Richtlinie abgelöst wurde.11

Diese Richtlinie wurde in Deutschland durch das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG) umgesetzt. Aufgrund einer Novelle der EUEinlagensicherungsrichtlinie im Zusammenhang mit der Bankenkrise 2008 wurde das EAEG grundlegend überarbeitet. (EAEG-neu)

2.2 Ziele und Funktionen der Einlagensicherung

„A deposit insurance system generally has two separate but complementary objectives within the overall framework of the financial safety net. The first is to contribute to the stability of the financial system as an adjunct to the central bank’s lender of last resort function. The second is to provide a minimum level of protection to the wealth of the average household in the event of a bank fail- ure.”12 Entsprechende Ziele finden sich in der EG-Einlagensicherungsrichtlinie, die die “Stabilität des Bankensystems und den Schutz der Sparer” nennt.13

Die Einlagensicherung soll demnach einerseits die „Runs“ im Krisenfall zurück- halten und somit vor einem Umsturz des gesamten Bankensektors und des Vertrauensverlustes schützen. Zeitgleich sollen die Folgen einer Insolvenz ge- mildert werden, deren Eintritt für Privatleute oft aufgrund mangelnder Einsicht in die finanzielle Situation des jeweiligen Kreditinstituts, nicht vorhersehbar ist.14

In unserer marktwirtschaftlich organisierten Geldwirtschaft besteht für rechtlich haftende wirtschaftliche Entscheidungsträger die Notwendigkeit, jederzeit zah- lungsfähig zu sein. Nur unter der Voraussetzung der Bereitstellung entspre- chender Zahlungsmittel können eingegangene Leistungsversprechen vertrags- treu (nach Leistungsumfang, Leistungsobjekt und Leistungstermin) erfüllt wer- den. Und dennoch zeigt die Geschichte, dass Bankinsolvenzen nicht gänzlich vermeidbar waren. Sowohl menschliches Fehlverhalten und Fehleinschätzun- gen als auch Wettbewerbsgründe waren Auslöser für diese Ausfälle.

Die Ausgestaltung von Einlagensicherungssystemen gehört insbesondere in Deutschland zu den besterforschten Aspekten von Bankeninsolvenzen.

Die Einlagensicherung in der BRD ist entsprechend der drei wesentlichen Sek- toren des Bankgewerbes und basiert auf einem gruppenspezifischen Fondsys- tem auf freiwilliger Basis. Sie setzt sich aus den Sicherungseinrichtungen der privaten Banken, des Sparkassenbereichs und der Kreditgenossenschaften zusammen, die bei ihren jeweiligen Verbänden eingerichtet sind.15 Obwohl diese Sicherungseinrichtungen teilweise freiwillige Einrichtungen sind, ist dieses Sicherungssystem auch gesetzlich im Kreditwesen verankert.16

Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschland ist mit der Schaffung ei- nes Einlagensicherungssystems seiner besonderen Verantwortung für ein um- fassendes deutsches Sicherungssystem nachgekommen. Es bietet die optimale Sicherheit für den Kunden und stärkt ihr Vertrauen in ihre Bank und in das System insgesamt.17

Bevor jedoch auf die Grundzüge der Einlagensicherung und die einzelnen Systeme und Instrumente der Einlagensicherung näher eingegangen wird, sollen zuvor einige Grundbegriffe erläutert werden:

2.2.1 Begriff Einlagen:

Trotz vieler Untersuchungen und Maßnahmen zur Sicherung von Einlagen fehlt eine genaue Definition des Begriffs „Einlagen“ bzw. „Einlagen bei Kreditinstituten“. Zusammenfassend wird der Begriff Einlagen aus verschiedenen Blickwinkeln unterschiedlich definiert.

So heißt es im Handelsrecht: Die Bar- oder Sachleistungen, mit welchen sich ein Gesellschafter an einer Handelsgesellschaft (Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft) beteiligt. Im Steuerrecht: Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb zuführt. Und im Bankwesen wird der Begriff als Zahlungsmittel aus dem Nichtbankenbereich, die bei Banken deponiert werden, verwendet.18

Exkurs Definition Nichtbanken:

In der Volkswirtschaftslehre versteht man unter einer Nichtbank allgemein einen Geldnachfrager aller realwirtschaftlichen Sektoren, also insbesondere die privaten Haushalte, Unternehmen, den Staat und das Ausland.

Der Begriff dient der Abgrenzung vom finanziellen Sektor, also den Kreditinstituten einschließlich Zentralbank.19

Exkurs Ende

2.2.1.1 Einlagen im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG):

Das KWG setzt für den Begriff Einlagen folgende Bedingung voraus:

(1) Es muss sich um „Gelder“ handeln, (2) die Gelder müssen „fremd“ sein. Es ist erforderlich, dass ein unbedingter Rückzahlungsanspruch besteht, (3) Die „Annahme“ der Gelder ist erforderlich und (4) die Gelder müssen als „Einlage“ angenommen werden.20 Das Bankgeschäft im Sinne des §1 S. 1 Nr. 1 des KWG ist also das Einlagengeschäft, welches die Annahme fremder Gelder als verzinsliche oder unverzinsliche Einlagen durch Annahme von Sichteinlagen und Termineinlagen (Depositen) voraussetzt.

Oft gibt es keine Präzisierung dessen, was unter „Einlagen bei Kreditinstituten“ zu verstehen ist. Da im Mittelpunkt dieses Beitrags die bankrechtliche Situation näher betrachtet werden soll, soll hier auf die Definition III aus dem Bankwesen eingegangen werden.

Begriff: Zahlungsmittel aus dem Nichtbankenbereich, die bei Banken deponiert werden. Die Begründung einer Einlage, deren Begriff gesetzlich nicht definiert ist, setzt einen schuldrechtlichten Vertrag in Form eines Darlehensvertrags gemäß § 488 BGB oder eines unregelmäßigen Verwahrungsvertrages gemäß §§ 607 und 700 BGB (auch als „Summenverwahrung” oder „depositum irregulare” bezeichnet) voraus.21

2.2.1.2 Einlagen im Sinne des Einlagensicherungs- und

Anlegerentschädigungsgesetzes (EAEG)

§1 Abs. 2 EAEG - Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz definiert: „Einlagen-Guthaben, die sich aus auf einem Konto verbliebenen Beträgen oder aus Zwischenpositionen im Rahmen der Geschäftsfähigkeit eines Instituts … ergeben und von diesem auf Grund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen zurückzuzahlen sind…“

2.2.1.3 Einlagen im Sinne der Bundesanstalt für

Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht liefert folgende Beschrei- bung: Einlagen sind Kontoguthaben (Giroeinlagen, Sparguthaben, Tages- oder Termingelder, auf den Namen lautende Sparbriefe und ähnliches) sowie Forde- rungen, die das Institut durch Ausstellung einer Urkunde verbrieft hat (Namens- schuldverschreibungen und ähnliches), jedoch zum Beispiel nicht Inhaber- und Orderschuldverschreibungen, Genussrechtsverbindlichkeiten oder Verbindlich- keiten aus eigenen Wechseln.

Kundenanforderungen aus Wertpapiergeschäften sind Gelder, die Anlegern im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften geschuldet werden, zum Beispiel Dividenden, Ausschüttungen, Verkaufserlöse. Wertpapiere (auch Investmentfondsanteile) sind keine Einlagen.22

Einlagearten

Die Einlagearten werden unterschieden nach

- den Einlegern - Nichtbankeneinlagen und Bankeneinlagen und
- nach Art der Einlagen:

1. Sichteinlagen

Sichteinlagen sind Bankguthaben, über die bei Sicht, d.h. jederzeit, verfügt werden kann. Für Sichteinlagen werden gelegentlich auch die Begriffe Giroeinlagen oder Sichtdepositen sowie täglich fälliges Geld verwendet. Sichteinlagen sind die Basis für den bargeldlosen Zahlungsverkehr.

2. Termineinlagen

Termineinlagen, auch befristete Einlagen genannt, sind Bankguthaben, die den Kreditinstituten für einen bestimmten Zeitraum überlassen werden. Die Einleger können über diese Guthaben also nicht jederzeit verfügen. Zwei Arten von Termineinlagen sind zu unterscheiden: Festgelder oder feste Gelder einerseits und Kündigungsgelder andererseits.

3. Spargelder

Spareinlagen

Spareinlagen sind Mittel, die von Nichtbanken den Kreditinstituten als Vermö- gensanlage überlassen werden. Ob eingezahlte Beträge einem Sparguthaben gutgeschrieben werden können, hängt vom Motiv des Einlegers ab. Typische Sparmotive sind die Alterssicherung oder die Ansammlung von Beträgen, um später größere Anschaffungen vornehmen zu können. Mittel, die nicht diesen Motiven zugeordnet werden können, werden allerdings nicht einem Sparguthaben gutgeschrieben ebenso Beträge, die später im Produktionsprozess oder für den laufenden Zahlungsverkehr verwendet werden. Die Entscheidung liegt beim Kreditinstitut. Dieses ist verpflichtet, über jede Spareinlage eine Urkunde auszufertigen. (i.d.R. Sparbuch, KWG §21) Das Motiv der Vermögensbildung gibt Spareinlagen den Charakter längerfristiger Mittel.

Sparbriefe

Eine besondere Form der Spargelder sind die Sparbriefe. Durch die Emission solcher Sparbriefe nehmen Kreditinstitute Spargelder auf. Die Entgegennahme dieser Spargelder wird hier nicht durch ein Sparbuch beurkundet, sondern durch Ausstellung einer Namensschuldverschreibung.

Bankguthaben (auch Bankeinlagen oder Depositen) ist der nicht feststehende Sammelbegriff für Forderungen von Nichtbanken gegenüber Kreditinstituten. Es handelt sich um Buchgeld auf Bankkonten, das jederzeit in Bargeld umgewan- delt oder für Geldanlage- oder Zahlungsverkehrszwecke verwendet werden kann.

2.2.2 Begriff Einlagensicherung:

Einlagensicherung im weiteren Sinne umfasst alle rechtlich und faktisch bestehenden Vorkehrungen zur Sicherung der Bankgläubiger vor einem Total- oder Teilverlust ihrer den Kreditinstituten zur Verfügung gestellten Mittel.23

Einlagensicherung im engeren Sinne ist die Bezeichnung für die gesetzlichen und freiwilligen Maßnahmen zum Schutz der Einlagen (Bankguthaben) von Kunden bei Kreditinstituten im Falle der Insolvenz.

Bankguthaben (auch Bankeinlagen oder Depositen) ist der nicht feststehende Sammelbegriff für Forderungen von Nichtbanken gegenüber Kreditinstituten. Es handelt sich um Buchgeld auf Bankkonten, das jederzeit in Bargeld umgewan- delt oder für Geldanlage- oder Zahlungsverkehrszwecke verwendet werden kann.

„Einlagensicherung“ bezieht sich allein auf den Schutz der Gläubiger von Bank- einlagen.

Die Einlagensicherungsrichtlinie versteht unter einem „Einlagensicherungssystem“ nur eine Einrichtung, die im Falle des Zusammenbruchs einer Bank direkt die Einleger entschädigt.

3 Institutionen und Grundlagen der Einlagensicherung und der Bankenaufsicht,

Die heutige Struktur der Einlagensicherung in Deutschland ist Ergebnis einer langen Entwicklung.

Die Aufsicht über die Institute wird durch die Bundesanstalt für Finanzdienst- leistungsaufsicht (BaFin) ausgeübt. §6 Abs. 3 KWG weist der BaFin die hoheit- lichen Befugnisse zu, die im Einzelfall geeigneten und erforderlichen Maßnah- men gegenüber Kreditinstituten zu ergreifen.24 An der Seite der BaFin steht die Deutsche Bundesbank, die nach §7 KWG zur Zusammenarbeit mit der BaFin verpflichtet wird. Die Bundesbank ist für die laufende Überwachung der Institute zuständig. Die laufende Überwachung besteht aus der Auswertung der von den Instituten eingereichten Unterlagen, der Prüfungsberichte, der Jahresab- schlussunterlagen sowie die Durchführung und Auswertung der bankgeschäftli- chen Prüfungen zur Beurteilung der angemessenen Eigenkapitalausstattung und Risikosteuerungsverfahren. (§7 Abs. 1 S. 3 KWG)25

Die Funktionsfähigkeit der Kreditinstitute und der Gläubigerschutz in der BRD werden durch folgende gesetzliche Regelungen und Einlagensicherungssys- teme erreicht:

- Europäisches System der Zentralbanken (ESZB)
- Bestimmungen des Kreditwesengesetzes (KWG) zur Einlagensicherung
- Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
- Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG)
- Vorschriften des HGB
- Liquiditäts-Konsortialbank
- Finanzmarkt Stabilisierungsgesetz
- Basel III

3.1 Europäisches System der Zentralbanken (ESZB)

Seit Beginn der Europäischen Währungsunion bestehen die Regulierung durch das ESZB, an dem die Deutsche Bundesbank beteiligt ist, und die Aufsicht über Kreditwirtschaft durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), nach Maßgabe des Gesetzes über das Kreditwesen und des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG). Zusätzlich tritt eine Aufsicht durch die Bundesländer hinzu wenn der Sparkassensektor betroffen ist. Das ESZB besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit und besteht aus der Europäischen Zentral- bank (EZB) und den Zentralbanken der Mitgliedsstaaten des Systems. Das ESZB trägt die Verantwortung für die Geldpolitik der Währungsunion. Der EZB Rat hat die Einführung von Mindestreserven beschlossen.26 Diese sind in der Verordnung der Europäischen Zentralbank (EZB-VO) geregelt. §4 EZB-VO.

[...]


1 Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld, Duncker & Humblot, Berlin, 2005, S. 462

2 Einlagensicherung und Wettbewerb, Nomos Verlagsgesellschaft, 1997, S. 48

3 Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld, Duncker & Humblot Berlin, 2005, S. 53

4 Einlagensicherung und Wettbewerb, Nomos Verlagsgesellschaft, 1997, S. 50

5 Der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken im Lichte des Versicherungsrechts, VVW Karlsruhe, 1990, S. 18

6 Einlagensicherung und Wettbewerb, Nomos Verlagsgesellschaft, 1997, S. 52

7 Der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken im Lichte des Versicherungsrechts, VVW Karlsruhe, 1990, S. 19

8 Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, Duncker & Humblot Berlin, 2005, S. 59

9 Der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken im Lichte des Versicherungsrechts, VVW Karlsruhe, 1990, S. 24

10 Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme

11 Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3.März 1997 über Anlegerentschädigungssysteme

12 The Design and Implementation of Deposit Insurance Systems, International Monetary Fund, 2006, S. 5

13 Richtlinie 94/19/EG

14 Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, Duncker & Humblot, 2005, S. 452

15 Der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken im Lichte des Versicherungsrechts, VVW Karlsruhe, 1990, S. 27

16 Gesetzestexte, Beck-Texte im dtv, 36. Auflage 2009, §26a, §§46ff KWG

17 Einlagensicherung, Bundesverband öffentlicher Banken Deutschlands, Ausgabe Juli 2009, S. 10

18 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/einlagen.html

19 www.wikipedia.org/wiki/Volkswirtschaftslehre

20 KWG, Kreditwesengesetz, Kommentar, Verlag C.H. Beck München, 2009, S. 27 (Auszug im Anhang)

21 http://www.economia48.com/deu/d/einlagen/einlagen.htm

22 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, www.bafin.de

23 Der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken im Lichte des Versicherungsrechts, VVW Karlsruhe, 1990, S. 7

24 Bankrecht, Beck-Texte im dtv, 36 Auflage 2009, §6 KWG

25 Bankaufsichtsrecht, Frankfurt School Verlag, 1. Auflage 2010, S. 41

26 EG Verordnung Nr. 1745/2003 der EZB über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht (EZB/2003/9)

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Details

Titel
Einlagensicherung bei Kreditinstituten - Rechtsgrundlagen und Ausgestaltungsformen im Hinblick auf die Bankinsolvenz
Hochschule
DIPLOMA Fachhochschule Friedrichshafen
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
77
Katalognummer
V188050
ISBN (eBook)
9783656118992
ISBN (Buch)
9783656132059
Dateigröße
729 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Einlagensicherung, Anlegerentschädigung
Arbeit zitieren
Elena Novik (Autor:in), 2011, Einlagensicherung bei Kreditinstituten - Rechtsgrundlagen und Ausgestaltungsformen im Hinblick auf die Bankinsolvenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/188050

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