Naturkatastrophen und –erscheinungen im 8. und 9. Jahrhundert und ihre Wahrnehmung in der fränkischen Geschichtsschreibung


Examensarbeit, 2008

147 Seiten, Note: 15


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Aktueller Forschungsstand

Inhalt und Gliederung

Quellengrundlage

1 Naturgefahren und ihre Darstellung in der fränkischen Historiographie
1.1 Meteorologische Naturgefahren
1.1.1 Extremtemperaturen
1.1.2 Sturmereignisse
1.1.3 Hagel
1.1.4 Extremniederschläge
1.1.5 Gewitter
1.2 Hydrologisch-glaziologischen Naturgefahren
1.2.1 Sturmfluten
1.2.2 Überschwemmungen
1.2.3 Eisgang und Schneeschmelze
1.2.4 Dürren
1.3 Geologisch-geomorphologische Naturgefahren
1.3.1 Erdbeben
1.3.2 Gravitative Massenbewegungen
1.3.3 Vulkanismus
1.4 Biologische Naturgefahren
1.4.1 Tierplagen
1.4.2 Epidemien und Massenvergiftungen
1.4.3 Hungersnöte
1.5 Anthropogen bedingte Naturgefahren
1.6 Extraterrestrische Naturgefahren

2 Naturerscheinungen und ihre Darstellung
2.1 Eklipsen
2.2 Kometen
2.3 Berichte von Lichterscheinungen
2.4 Außergewöhnliche Beobachtungen

3 Die Wahrnehmung von Naturgefahren und Katastrophen

4 Die Reaktionen der Obrigkeit

Fazit

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Verzeichnis der benutzten Homepages

Abkürzungsverzeichnis

Anhang

Eidesstattliche Erklärung

Vorwort

Beinahe täglich finden sich in den Medien Berichte von Katastrophen, bei denen Menschen zu Schaden kommen – sowohl unter physischen als auch ökonomischen Gesichtspunkten. Als aktuelles Beispiel Hurrikan Ike, der nach seinem zerstörerischen Weg über die Karibik auch Houston, die viertgrößte Metropole der Vereinigten Staaten bedrohte. Millionen Menschen wurden evakuiert, zahlreiche Todesopfer waren zu beklagen, die Infrastruktur Haitis war vollkommen vernichtet. Neben den enormen Windgeschwindigkeiten entfalteten unwetterartige Niederschläge ihre verheerende Wirkung, Sturmfluten bedrohten die Küsten­gebiete, Überschwemmungen das Binnenland. Nicht zu vergessen die sekundären Gefahren, wie Erdrutsche und Schlammlawinen, deren Schadens­potential bereits der Wirbelsturm Kathrina im August 2005 vor Augen geführt hat. Auch im europäischen Raum ist die Gesellschaft in den letzten Jahren nicht von den Gefahren der Natur verschont geblieben. Die katastrophalen Hochwasser an Oder und Elbe, der Orkan Kyrill, gefolgt vom Sturmtief Emma, an die zerstörte Waldgebiete heute noch erinnern, oder der Jahrhundert­sommer des Jahres 2003 – um nur einige Beispiele zu nennen – prägen das kollektive Gedächtnis. Die immerwährende Präsens dieser Naturkräfte und steigende Opferzahlen haben die globale Bevölkerung sensibilisiert und auch die Wissenschaft richtet ihr Augenmerk zunehmend auf die Erforschung solcher Extremereignisse, auch unter historischen Gesichtspunkten.

Aktueller Forschungsstand

Die Untersuchung der Ursachen solcher Naturgewalten und deren hohe Aktualität rückten Themen wie Treibhauseffekt und Klimawandel verstärkt in das Blickfeld der Wissenschaft, insbesondere der Klima- und Katastrophenforschung – ausgehend von Disziplinen mit überwiegend geophysischem Schwerpunkt. Durch die scheinbar zunehmende Zahl der Katastrophen in den 1970er und 1980er Jahren, besonders in Entwicklungsländern, erklärten die UN die 1990er Jahre zur „International Decade of Natural Disaster Reduction (IDNDR)“, mit dem Ziel der Schaffung eines globalen Netzwerks der gegenseitigen Unterstützung zur Reduktion von Katastrophen. Seit 1999 wurde das Projekt unter dem Titel „International Strategy for Disaster Reduction“ weitergeführt und 2005 auf der „World Conference on Disaster Risk Reduction (WCDR, Kobe, Japan)“, an der 168 Staaten beteiligt waren, ein Zehnjahresplan zur weiteren Katastrophen­prävention und -reduktion verabschiedet[1]. Im gleichen Jahr fand unter dem Thema „Natural Disasters and How They Have Been Dealt With” in Sydney der „20th International Congress for the Historical Sciences (CISH)“ statt, der die Etablierung der historischen Katastrophenforschung als eigen­ständige Sparte der Wissen­schaft belegt[2], die sich mit dem zeitgenössischen Fokus auf weltweite Extrem­ereignisse in Zusammenarbeit mit naturwissenschaftlichen Forschungs­­­­­­­­richtungen mit dem Ziel der Betrachtung von Kata­stro­phen unter historischen sowie soziokulturellen Aspekten entwickelt hat.

Ausgehend von der historischen Seismologie, deren Anfänge in Kompilationen historischer Beben aus dem 16. und 17. Jahrhundert liegen[3], entwickelten sich im letzten Jahrhundert weitere Subdiszipline der Geisteswissenschaften, welche zunächst geo­graphische Themenbereiche wie Klima oder eben Katastrophen aus der Perspektive des Historikers betrachteten, nachdem, wie es Jacques LeGoff formuliert, mit der Erforschung einer „nouvelle histoire“ im Rahmen einer umfassenden Geschichtswahrnehmung auch zunehmend die Geographie ins Blickfeld der Historie gerückt war und auch umgekehrt historische Ansätze geographische Untersuchungen beeinflussten[4]. Ein Vorreiter dieser Entwicklung war Fritz Curschmann, der in einer sehr ausführlichen Arbeit über mittelalterliche Hungersnöte akribisch deren zugrunde liegenden Naturereignisse, die in den historio­graphischen Werken zu ermitteln waren, zusammengetragen hat[5]. Auch die Monographie von Curt Weikinn[6] zur Witterungsgeschichte ist hervorzuheben, der ebenfalls mit einer umfassenden Quellenarbeit aufwartet. Beiden Autoren gemein ist jedoch die reine Kompilation der Quellenbelege, ohne quellenkritische Analyse respektive geo­physikalische Erklärungsansätze. Dennoch sind beide Werke aufgrund ihres umfassenden Fundus an Quellenstellen für die historische Klima- und Katastro­phen­forschung von großer Bedeutung.

Seit den 1980er Jahren ist ein verstärkter interdisziplinärer Zugang zu Natur­ereignissen zu erkennen, wodurch zunehmend die Erfahrungen und Ergebnisse von Geographen und Soziologen in die historische Katastrophenforschung mit einfließen. Innerhalb dieser Disziplin lassen sich zwei grundlegende Richtungen unterscheiden – nämlich die Erforschung der Geschichte der Katastrophe selbst und die Untersuchung des Rahmenwerks, in dem diese Erwähnung finden[7]. Auch zeigen sich neue Herangehensweise an die Thematik. Während der Fokus der frühen Forschung auf dem Schadenspotential von natürlich bedingten Vorfällen lag, werten spätere Studien Katastrophen eher als soziale Tatsache, zum einen, weil sie teilweise von der betroffenen Gesellschaft selbst verursacht sind, zum anderen, weil sie als sozial konstruiert angesehen werden[8], also eine Katastrophe erst durch den Einfluss auf eine Population zu einer solchen wird.

Innerhalb der Katastrophenforschung sind unterschiedliche Herangehensweisen an das Thema zu erkennen. Einen klima- und bevölkerungsgeschichtlichen Forschungs­ansatz verfolgt etwa Pierre Alexandre[9], dessen Arbeit über das mittelalterliche Klima neben den inhaltlichen Ausführungen einen immensen quellenkritischen Teil beinhaltet, was diesem Buch beinahe den Status eines Nachschlagewerkes verleiht. Ein mentalitätsgeschichtlicher Forschungs­hinter­grund findet sich dagegen in den Monographien von Jacques Berlioz oder Martina Lehnert[10], die sich der Wahrnehmung der Katastrophen in der mittelalterlichen Lebenswelt widmen, während die Untersuchungen des Freiburger Geographen Rüdiger Glaser[11] oder des Schweizer Historikers Christian Pfister[12] auf einer Rekonstruktion geographischer Phänomene anhand schriftlicher Quellen beruhen. Glaser betreut seit 1980 die online verfügbare „Historische Klima­daten­bank“ (HISKLID), die sich die Sammlung und Auswertung der in schriftlichen Quellen nachzuweisenden Klimadaten ab dem Jahre 1000 zur Aufgabe gemacht hat[13]. Ebenfalls historisch-geographisch geprägt ist das aktuelle Forschungsthema von Michael McCormick, der die Auswirkungen vulkanischer Eruptionen auf das Klima des 8. und 9. Jahrhunderts unter der Prämisse untersucht, ob außergewöhnlich kalte Jahreszeiten, die in den zeitgenössischen Quellen beschrieben werden, auf Vulkanismus, der in Eisbohrkernen nachzuweisen ist, zurückgeführt werden kann[14].

Neben den verschiedenen thematischen Ansätzen der historischen Katastrophen­forschung wird die neuere Literatur von einer Kontroverse geprägt, die sich mit der Begrifflichkeit der Naturkatastrophe selbst auseinandersetzt. Wie bereits angedeutet, wird zunehmend der soziale Aspekt der Katastrophe betont. Der Begriff der „Naturkatastrophe“ wird sogar als Fehlbezeichnung beschrieben, da weder das Unglück selbst noch die Bedingungen, die dazu führen, unbestreitbar natürlich sind[15], sondern auch anthropogen bedingt sein können. Die neusten Publikationen gehen sogar soweit, die Existenz von „Naturkatastrophen“ zu leugnen, mit der Argumentation, dass zwei Entitäten mit eigenen Abläufen existieren – Naturgefahren wie Erdbeben, Vulkanismus oder Wirbelstürme auf der einen Seite, die menschliche Gesellschaft mit ihrer soziokulturell bestimmten Organisation auf der anderen – und nur deren Zusammenwirken eine Katastrophe bedingen[16].

Der Fokus liegt hierbei eindeutig auf der Zivilisation oder wie Max Frisch anführt: „Naturkatastrophen kennt nur der Mensch, sofern er sie überlebt. Die Natur kennt keine Katastrophen.[17] “ Sie gelten damit nicht länger nur als das Ergebnis von geophysikalischen Prozessen, sondern als eine Funktion eines sozialen Systems, von Mensch-Umwelt-Beziehungen und einem größeren Rahmen von historischen und strukturellen Prozessen und können definiert werden als ein eingetretenes Schadensereignis, das zum Zusammenbruch der alltäglichen Funktionen einer Gesellschaft führt. Ein Wiederaufbau der soziokulturellen Ordnung ohne externe Hilfe ist nicht durchzuführen[18].

Schwierig erweist sich die Anwendung des Begriffes Naturkatastrophe auf Ereignisse in der mittelalterlichen Historiographie, da in der damaligen religiösen Vorstellung Naturgefahren als gottgegeben angesehen waren, wodurch die Natur selbst als unabhängige Gefahrenquelle nicht mehr in Betracht gezogen wurde. Auch das im Mittelalter Katastrophen implizierte Gottes Zorn/Strafe – Modell ist eine Sichtweise, die menschliches Handeln in die Verantwortung für Schadens­ereignisse zieht und damit wieder den Blick auf die Gesellschaft lenkt. Daher wider­­spricht der Terminus „natürlich“ der religiösen Empfindung der mittel­alterlichen Welt und Eingang in die Quellen fand nicht, was natürlich, sondern auffallend war, was wider den Lauf der Dinge, also „unnatürlich“ erschien[19]. Diese Über­legungen führten im wissenschaftlichen Dialog dazu, die Verwendung des Begriffes der „Kulturkatastrophe“ gegenüber der „Natur­katastrophe“ zu präferieren[20]. In den folgenden Ausführungen soll daher, im Konsens mit der aktuellen Forschungsmeinung, der Begriff „Naturkatastrophe“ vermieden werden.

Inhalt und Gliederung

Diese Naturextreme und resultierende Katastrophen und ihre Darstellung in die fränkische Historiographie des 8. und 9. Jahrhunderts, sollen ein Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit sein. Die Differenzierung der Naturgefahren und damit auch die Gliederung der Untersuchung folgen einer geographischen Klassifizierung.

Zu unterscheiden sind hierbei:

I. - Meteorologische Naturgefahren, worunter die natürlichen Prozesse oder Phänomene der Atmosphäre, also der überwiegend gasförmigen Hülle der Erde, zu verstehen sind und zu denen Sturmereignisse, Hagel, Extremniederschläge, Gewitter sowie Extremtemperaturen gezählt werden.
II. - Hydrologisch-glaziologische Naturereignisse, die Prozesse der Hydro- und Kryo­sphäre, wie Sturmfluten, Überschwemmungen, Dürren, Lawinen, Eisgang oder Schneeschmelze umfassen.
III. - Geologisch-geomorphologische Aspekte, zu denen natürliche Prozesse oder Phänomene der Erdkruste, der Lithosphäre beziehungsweise der Erdoberfläche, der Reliefsphäre zu zählen sind. Dabei ist zwischen endogenen Prozessen wie Tektonik oder Magmatismus, zu deren Folgeerscheinungen Erdbeben, Tsunamis oder Vulkaneruptionen gehören und exogenen Prozessen, wie Niederschlags- oder Temperaturextreme, die verschiedene Erosionsformen bedingen, zu differenzieren. Gravitative Massenbewegungen sind je nach Ursache den einzelnen Gruppen zuzuordnen.
IV. - Biologische Naturgefahren beinhalten alle Prozesse der Biosphäre, die auf organischen Ursachen basieren oder durch biologische Pfade übertragen werden, einschließlich pathologischer Mikroorganismen, Gifte oder bioaktiver Substanzen. Weiterhin sind Prozesse der Interaktion biologischer Systeme, also auch des Menschen, mit dem natürlichen Umfeld dieser Gruppe zuzurechnen. Formen dieser Naturgefahren sind Epidemien, Tier- und Pflanzenkrankheiten, Seuchen, Insektenplagen oder Massenvergiftungen.
V. - Extraterrestrische Naturgefahren umfassen alle Meteoroidenbewegungen außerhalb der Atmosphäre, die als Meteoriteneinschlag auf der Erde zu Schäden führen können[21].

Eng verbunden mit den genannten natürlichen Ereignissen sind Natur­erscheinungen, wie sie in den Quellen zahlreich vertreten sind und oft von den Autoren als prodigium, als schlechtes Vorzeichen für nahendes Unheil, dargelegt werden. Zu diesen Phänomen zählen stellare Ereignisse wie Kometen oder auffällige Planetenkonstellationen, solare oder lunare Erscheinungen wie Eklipsen oder Halos, Lichtphänomene wie die Aurora borealis oder ein in der Historiographie erwähnter blutiger Himmel, aber ebenso außergewöhnliche Beobachtungen wie zum Beispiel Regen von Blut oder Tieren, Über­schwem­mungen ohne Niederschlag u. ä.

Ein zweiter Schwerpunkt der Arbeit stellt die Wahrnehmung solcher Naturschauspiele in der karolingischen Historiographie dar. Dabei ist neben der Darstellung der Ereignisse in den Schriften auch deren Deutung in Relation zum historischen Kontext näher zu untersuchen. Gemäß dem interdisziplinären Charakter der historischen Katastrophenforschung wird neben der quellen­kritischen Analyse der historischen Belege auch die Erklärung der geophysikalischen Bedingungen dieser Naturphänomene und -gefahren Eingang in die folgenden Ausführungen finden. Die Reaktionen der Obrigkeit im Angesicht von Naturgefahren und Katastrophen wird in einem weiteren Kapitel thematisiert. Ein weiteres Augenmerk der Analyse gilt der Frage, ob die Ereignisse nur konstatierend aufgelistet sind oder ob ihre Erwähnung einer bestimmten Intention der Autoren folgen könnte?

Quellengrundlage

Berichte über Naturereignisse finden sich in zahlreichen Quellengattungen der mittelalterlichen Historiographie, frühe Darstellungen bereits in den Annalen, die sich mit wachsendem Memorialbedürfnis aus den Marginalien der Ostertafeln, der tabulae paschalis, entwickelten und durch das verwendete Zeitgerüst auch eine Datierung erlauben. Daneben ermöglichen sie eine Lokalisierung der Begebenheiten, da oft nur das unmittelbare Umfeld der ausstellenden Institution erfasst wurde[22]. Schwieriger dagegen gestaltet sich die quellenkritische Analyse aufgrund der Anonymität der meisten Autoren, wodurch deren Intention schwer zu erfassen ist und auch der Zeitpunkt der Niederschrift durch den Kontext hergeleitet werden muss. Neben den Annalen beinhalten Diplome ebenfalls Berichte von Natur­ereignissen, da der Rechtsakt häufig verortet ist und die Dispositio Einblick in die naturräumlichen Gegebenheiten erlaubt[23]. Im Gegensatz zu einer eher punktuellen Betrachtung diplo­matischer Quellen beschreiben Chroniken umfassende zeitliche Abläufe und ermöglichen daher die Betrachtung längere Zeitabschnitte, was insbesondere die Untersuchung der Reaktionen einer Population auf eine Katastrophe vereinfacht. Auch hagiographische Schriften und Viten liefern ausreichend Hinweise auf Naturgefahren und -erscheinungen. Jedoch ergab die Recherche in den fränkischen Annalen, die in der Monumenta Germaniae Historica ediert sind, bereits einen so umfassenden Fundus an relevanten Vermerken, dass diese hauptsächlich die Quellengrundlage dieser Arbeit bilden. Es wäre für weitere Untersuchungen sehr interessant, die Darstellung von Naturereignissen und deren Auswirkung auf die mittelalterliche Gesellschaft in den verschiedenen Quellengattungen komparativ zu eruieren, was leider nicht Bestandteil dieser Untersuchung sein kann, da die in den Annalen zur Verfügung stehende umfassende Quellengrundlage die Beschränkung auf diese historio­graphischen Schriften erfordert, um eine tiefergehende Analyse zu ermöglichen.

1 Naturgefahren und ihre Darstellung in der fränkischen Historiographie

Bei der Interpretation der in den Quellen beschriebenen Katastrophen oder der zugrunde liegenden Naturextreme bedarf es der kritischen Reflexion der entsprechenden Textpassagen. Bereits die Niederschrift von selbst erlebten oder tradierten Ereignissen bedeutet eine erste Verarbeitung und Auslegung der Fakten durch den Autor und damit unter Umständen eine Veränderung des Wahrheitsgehaltes, zumal es für die Kompilatoren unerheblich gewesen zu sein scheint, ob das dargestellte Ereignis selbst erlebt oder von Augenzeugen berichtet wurde oder ob sie auf bereits existierende Schriften oder andere Formen der Überlieferung zurückgreifen mussten, zumal ein kritischer Umgang mit tradierten Fakten von Seiten der Historiographen nicht festzustellen ist[24].

Des Weiteren ist die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass die geschilderten Notlagen auf Fiktion beruhen und nur eine belehrende Intention des Werkes betonen sollen. Die oft kompilierende Vorgehensweise bei der Niederschrift der Annalen kann zur Verfälschung realer Abläufe katastrophaler Ereignisse[25] führen oder zieht Fehler in der angegebenen Datierung – wie etwa bei den Annales Xantenses für die Jahre 854-872[26] – oder in der Verortung nach sich. Begebenheiten, die dem Autor selbstverständlich erschienen oder solche, die dem jeweiligen Herrschenden unangenehm sein konnten, wurden verschwiegen, während sie in anderen Werken betont wurden. Eine derartige „Vertuschung“ von Tatsachen kann aber auch mit wachsender zeitlicher Distanz von den Ereignissen auf der Unwissenheit des Verfassers beruhen.

Hinweis auf eine Kompilation ist die parallele Erwähnung von Naturextremen in verschiedenen Annalen mit gleichem oder ähnlichem Wortlaut. Untersuchungen zu der Entstehungsgeschichte der Annalen, deren Benennung auf die Fundorten der Handschriften oder inhaltliche Bezüge der Schriften zu Institutionen, meist Klöster, zurückgeht, zeigten, dass ein Großteil der Annalen des 8. und 9. Jahrhunderts als Abschrift anzusprechen sind, die sich auf wenige Handschriften zurückführen lassen[27], darunter die Annales Sancti Amandi, die Annales Mosellani und Annales Laureshamenses[28], die wiederum die Vorlage für die Annales Petaviani bilden, welche in vielen weiteren Annalen verwendet worden sind.

Über den betrachteten Zeitraum des 8. und 9. Jahrhundert hinweg erfährt die Annalistik eine Veränderung in der Illustration von Katastrophen oder Natur­gefahren. Die Notizen, die das 8. Jahrhundert betreffen, sind überwiegend als stereotype Konstatierung der Begebenheiten zu beschreiben, die ohne Relation zum Kontext chronologisch erfasst werden, meist mit einem Satz pro Jahr, der auch oft nur ein Ereignis wiedergibt. Mit wachsender Macht der Karolinger und damit auch einer veränderten Gewichtung ihres politischen Handelns, insbesondere unter Karl dem Großen, werden die politischen Ereignisse zunehmend ausführlicher dargelegt und die Naturereignisse von den Autoren mehr und mehr einen Erzählkontext integriert. Außerdem wurde die Historiographie der Zeit von der „karolingischen Renaissance“ beeinflusst, die mit einer intensivierten Nutzung der Schriftlichkeit in allen gesellschaftlichen Bereichen einherging, was auch die Überarbeitung und Verbreitung historiographischer Werke mit einschloss[29]. Die Formulierung änderte sich vom nennenden Topos zu ausführlichen, auch intentionstragenden Berichten, was im Folgenden explizit an der Darstellung von Naturgefahren in den Annalen näher dargelegt werden soll. Bei der Untersuchung entsprechender Textstellen fällt auf, dass der Begriff catastropha, also die eindeutige Benennung eines Naturereignisses als Katastrophe, in den Quellen nicht vorkommt.

Aufgrund der Vielzahl der Quellenfunde können die Ergebnisse zu einzelnen Naturereignissen nur exemplarisch aufgeführt werden. Eine chronologische Auflistung der Natur­phänomene des entsprechenden Untersuchungszeitraums ist der Arbeit im Anhang beigefügt, wobei hier aufgrund der, im Gegensatz zur Meinung mancher Historiker, sehr ergiebigen Quellengrundlage allein in den fränkischen Annalen, kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden kann, da Mehrfachnennungen und Kompilationen zu der Menge an Schriftgut eine vollständige Auflistung erschweren. Auch der quellenkritische Abgleich paralleler Einträge in den Annalen kann aufgrund der Datenmenge nur punktuell erfolgen.

1.1 Meteorologische Naturgefahren – Prozesse oder Phänomene der Atmosphäre

1.1.1 Extremtemperaturen

Die komplexen Zusammenhänge kurzfristiger Klimaschwankungen und damit auch Veränderungen der Temperaturverläufe sind auf ein Zusammenspiel verschiedener geophysikalischer Prozesse zurückzuführen, womit für Witterungs­ereignisse oder außergewöhnliche Temperaturen verschiedene Konstel­­lationen dieser natürlichen Vorgänge als Ursache in Betracht zu ziehen sind. Involviert in diesen Kanon natürlicher Vorgänge sind Faktoren wie etwa das zyklische Auftreten verstärkter Sonnenaktivität oder Vulkanismus, die vorrangig den Temperaturhaushalt und damit indirekt auch den Niederschlag beeinflussen, worauf an späterer Stelle noch eingegangen werden soll. Da für das Mittelalter keine gemessenen Werte zu Temperatur oder Niederschlag vorliegen, müssen Proxydaten zu Rate gezogen werden, deren Auswertung nach dem Prinzip des Aktualismus erfolgt, was bedeutet, dass Quellenangaben, die eine entsprechende Ableitung der benötigten Daten erlauben, in Relation zu heutigen Erkenntnissen gesetzt werden[30]. So kann anhand von Notizen zur Witterung selbst, von Ernteangaben oder auch der Weinqualität und -menge, die sich in den Quellen finden lassen, auf das mittelalterliche Klima und die herrschende Witterung geschlossen werden. Auch dargestellte „Merk“würdigkeiten – zu verstehen im wörtlichen Sinn – wie Notizen zu himmlischen Schlachtreihen und Blutregen liefern entsprechende Hinweise auf Naturereignisse.

Die Erwähnung von ungewöhnlichen Temperaturen gibt eine Vorstellung von deren Verlauf über den untersuchten Zeitraum und zählt daneben zu den am häufigsten genannten Anomalien, die in den Annalen zu finden sind. Zum einen, weil es sich um ein überregionales Phänomen handelt, was entsprechende Jahresnotizen in verschiedenen Annalen bedingt, wobei natürlich von den Abschriften abgesehen werden muss, und zum anderen aufgrund der oft massiven Konsequenzen für die Bevölkerung, die aus solchen Temperatur­extremen resultieren, wovon besonders Hungersnöte zu betonen sind. Aufgrund der Vielzahl der Einträge in den Annalen können nur sehr prägnante Schilderungen eingehender behandelt werden. Für die einzelnen Ereignisse ist daher auf den Anhang zu verweisen. Eine Übersicht liefern nachstehende grafische Darstellungen.

Die Erwähnungen von Klimaextremen können grundlegend in vier Kategorien unterteilt werden, nämlich in feucht-milde respektive trocken-kalte Winter und feucht-kühle beziehungsweise trocken-heiße Sommer, wobei trocken nicht bedeutet, dass keine Niederschläge fallen, sondern sich diese meist auf singuläre Niederschlags­ereignisse konzentrieren und nicht auf mehrwöchige Perioden ausgedehnt sind. Die prozentuale Verteilung der Witterungen, ausgehend von den insgesamt erwähnten Extremen, stellt sich wie folgt dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Prozentuale Verteilung der genannten Temperaturextreme

Wie die Grafik verdeutlicht, nehmen die Ausführungen über trocken-kalte Winter über 2/3 der Vermerke ein, was auch die Gewichtung durch die Annalisten wiedergibt, da lang andauernde Winter mit niedrigen Temperaturen häufige Ursache für im entsprechenden Kontext aufgeführte Hungersnöte der Folgejahre sind, zumal durch die Vereisung der Verkehrswege die Nahrungs­mittel­versorgung durch den erschwerten Transport einbrechen konnte. Kalte Extrem­winter, bei denen niedrige Temperaturen mit starken Schneefällen einhergehen, sind auch die einzige Wetterlage, bei der die Bevölkerung direkt durch die Temperaturen zu Schaden kommt. Die Annales Fuldenses berichten dahingehend, dass es 874 den Menschen durch den Schneefall unmöglich war, im Wald Brennholz zu besorgen, wodurch viele erfroren[31]. In anderen beschriebenen Fällen sind indessen eher die Folgen der Witterung für die Notlage der Bevölkerung verantwortlich.

Feuchte, milde Winter gehen besonders im kontinentalen Raum häufig mit Regen, Fluten und Unwettern einher und scheinen für verschiedene Formen von Krankheiten verantwortlich zu sein, die in den Annalen als pestilentia umschrieben werden. Ein weiteres Problem milder Winter stellte das verfrühte Blühen der Vegetation dar, wodurch späte Kälteeinbrüche zur Schädigung der Feldfrüchte führen konnten und damit wiederum zu Hungernöten beitrugen. In feuchten Sommern ruinierten Überflutungen häufig die Ernte, während trockene Sommer durch ausgedörrte Böden und ausgetrocknete Flüsse gekennzeichnet waren, die Ernten aber nicht beeinflusst wurden, solange ausreichend Grund­wasser vorhanden war[32]. Auch konnten für das Mittelalter Getreidetransporte nach­­gewiesen werden, über die bei lokalen Missernten im Sommer der Getreidebedarf ausgeglichen und Hungersnöte verhindert werden konnten. Konrad Elmshäuser und Andreas Hedwig entwickelten anhand der Bezeichnung caballi pastum für Spelzweizen die These, dass die karolingischen villae als Relaisstation für Getreidetransporte fungierten, wodurch dort ein überproportionaler Futterbedarf für die Transportgespanne entstand[33], was voraussetzt, dass ein solcher Transport stattgefunden hat.

Die chronologische Abfolge der Temperaturextreme soll anhand der folgenden Grafik verdeutlicht werden, wobei die Werte bis ±10 für genannte Extremwerte stehen, Angaben von ±5 für solche Jahreszeiten, die lediglich auffällige Temperaturverläufe aufwiesen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Chronologische Abfolge der in den Annalen genannten Temperaturextreme

Ausgehend von dieser Darstellung ist ab 772 und 850 ein Anstieg trocken-heißer Sommer festzustellen, während zwischen 800 und 846 eher kühlere Temperaturen vorzuherrschen scheinen. In den 760er Jahren ist eine auffällige Konzentration von extrem kalten Wintern zu verzeichnen, ebenso eine Zunahme trocken-kalter Jahreszeiten ab 804.

Der Verlauf der Temperaturen für diesen Zeitraum kann anhand der Analyse von Sauerstoffisotopenanomalien rekonstruiert werden, die bei Eiskernbohrungen in Nordgrönland gewonnen werden konnten und deren Konzentration in den Eiskernen temperaturabhängig ist. In dem daraus entwickelten Diagramm[34] sind positive Werte als Temperaturanstieg anzusprechen, während negative auf eine Abkühlung hindeuten. Allerdings ist anzumerken, dass eine Isotopenkurve trotz ihrer Temperatur­abhängigkeit nicht problemlos zur Ermittlung genauer Werte auf Temperaturverläufe zu übertragen ist, da hier komplexe Abläufen einwirken, die es zu berücksichtigen gilt[35], deren Ausführungen an dieser Stelle aber nicht von Relevanz sind. Die Sauer­stoff­isotopen­kurve ist jedoch als Trendanzeiger und damit zur Verifizierung der Angaben in den Annalen ausreichend, zumal die Isotopenwerte wiederum durch ebenfalls vorliegende Daten der Schneeakkumulation in Grönland[36], die ebenfalls in Relation zur Temperatur stehen, bestätigt werden können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Darstellung der Sauerstoffisotopenanomalien im 8. und 9. Jahrhundert (nach Andersen (2006)).

Der Vergleich mit den Annalen zeigt, dass insbesondere die dargelegten Extremwinter häufig mit Minimalwerten der Isotopenkonzentration zusammen­fallen, wodurch die Darstellungen in den Quellen verifiziert werden können. Einzige Schwierigkeit stellt sich bei der Interpretation des teilweise gefrorenen Mittelmeers 762 und der Extremwinter 763 und 764. Obwohl in diesen Jahren die Isotopenwerte von Jahr zu Jahr sprunghaft abnehmen, weisen sie keine negativen Werte auf, was auf einen eher normalen Winter hindeutet. Die Eisdecke in Gallien, Illyricum und Thrakien im Jahre 762, wo durch die Kälte Oliven- und Feigenbäume ebenso wie die geernteten Samen vernichtet wurden, was im Folgejahr eine Hungersnot auslöste, ist im Chronicon Moissiacense[37] überliefert. Da aber im gleichen Absatz auch der Tod König Pippins I. erwähnt wird, der 768 gestorben war, kann die genannte Vereisung innerhalb dieses Zeitfensters stattgefunden haben. Die Chronik beruht für diesen Zeitraum im Wesentlichen auf den Annales Laureshamenses und den Reichsannalen[38], die lediglich – wie übrigens alle anderen Annalen, die sich zu diesem Extremwinter äußern – stereotyp Et facta est hiemps valida notieren. Auch ist die in dem Chronicon Moissiacense vermerkte, der Kälte folgende Hungersnot durch keine andere Quelle zu belegen. Folglich muss diese Anmerkung der Chronik auf einer anderen Quelle beruhen.

Ähnliche Notizen in der Chronographia des Theophanes Confessor könnten eine Vereisung des Mittelmeers für 762 belegen – hier datiert auf 6255 anno mundi[39] –, so dass von einem realen Ereignis ausgegangen werden könnte oder beiden Quellen die gleiche Vorlage benutzten. Theophanes als Urheber dieser Aussage wäre ebenfalls denkbar, da er um 760 in Konstantinopel geboren wurde[40] und daher bei der Niederschrift seiner Chronik auf Augenzeugenberichte zurückgegriffen haben könnte. Die Edition der Chrono­graphia von Johannes Classen datiert den Extremwinter allerdings auf das Jahr 755 n. Chr. ausgehend von einer byzantinischen Ära ab der Erschaffung der Welt 5500 v. Chr. Michael McCormick, der Theophanes zur Bestätigung der Aussage des Chronicon Moissiacense heranzieht[41], legt dagegen die Alexandrinische Weltära zugrunde, deren Epoche auf den 29. August 5493 fällt, was, ausgehend von der Angabe des Confessors, die Vereisung tatsächlich auf 762 datieren lässt. Die meist angewandte byzantinische Ära beginnt jedoch 5509 v. Chr. und wurde ebenso wie die Alexandrinische Rechnung von Theophanes in seinem Werk benutzt[42]. Damit ist die Vereisung sowohl 746, 755 und 762 n. Chr. denkbar, womit eine Bestätigung des Chronicon Moissiacense durch Theophanes Confessor und eine Festlegung auf das Jahr 762 zunächst unsicher ist, wenn auch viele Indizien dafür sprechen.

Eine genaue Datumsangabe für die Extremkälte des Folgejahres liefern die Annales St. Amandi[43], welche eine Dauer von den 19. Cal. Ianuarii, also dem 14. Dezember 763, bis zu den 17. Cal. Aprilis, dem 16. März 764, angeben. Die Annalenwerke, die bereits 763 einen Extremwinter erwähnen, notieren diesen Vermerk auch direkt vor der Angabe des Winterquartiers Pippins, also am Ende der Jahresereignisse. Daher ist von nur einem kalten Winter zwischen den Jahren 763/764 auszugehen und es im lag Ermessen der Historiographen, in welchem Jahr dieser dargelegt wurde. Für das Jahr 767 sind allerdings Spitzenwerte der Sulfatablagerungen in den grönländischen Eiskernen ebenso wie ein Minimum der Sauer­stoff­isotopen­werte nachzuweisen, woraus sich auf eine Vulkaneruption vor 767 schließen lässt und so die für 762/3 und das Folgejahr in Mitteleuropa überlieferten Extremwinter als vulkanische Winter anzusprechen wären[44], auf deren Ursache im Kapitel Vulkanismus näher eingegangen werden soll. Unter dieser Prämisse können die Darstellungen des Chronicon Moissiacense und der Chronographia dem Jahr 762 zugeordnet werden.

Auch bei den Sommerextremen sind Übereinstimmungen zwischen den natur­wissenschaftlichen Ergebnissen und den historischen Auslegungen zu ermitteln. Allerdings fallen hier Jahre mit Beschreibungen von heißen Sommern auf, die den Daten der Isotopenanalyse völlig widersprechen. Dies ist besonders in den Jahren 850, 852 und 874 der Fall, wo von Trockenheit und Hitze berichtet wird, während die geophysischen Daten Negativwerte aufweisen, also kühle Jahreszeiten zu erwarten wären. Die Beschreibung der Umstände der Jahre 850/52 erinnern sehr an Auszüge aus der Offenbahrung des Johannes[45], denn zu dieser Zeit war das Frankenreich von Beutezügen einfallender Heiden bedroht, wodurch die Kompilatoren scheinbar geneigt waren, apokalyptische Szenarien nieder­zu­schreiben, um die prekäre Situation der Karolinger zu verdeutlichen, wozu sie sich auch in Anlehnung an die Bibel der Schilderung von durch Hitze verbrannter Erde bedienten. Damit könnte es sich auch ein normaler Sommer gehandelt haben, wofür die Isotopenwerte sprechen würden, dessen Beschreibung von den Autoren gemäß ihrer Intention modifiziert wurde. Zieht man allerdings als eine Ursache für sommerliche Extrem­temperaturen die Sonnenfleckenaktivität in die Betrachtung mit ein, die einem etwa elfjährigen Zyklus folgt und deren Maximum auf eine erhöhte Insolation hinweist, woraus höhere globale Temperaturwerte resultieren[46], so zeigt sich ein anderes Bild. Ausgehend von dem Jahr der ersten Nennung eines Extremsommers 772, auf den etwa alle elf Jahre entweder heiße Sommer oder Polarlichter, ebenfalls ein Zeichen erhöhter Sonnenaktivität, in den Annalen nachzuweisen sind, ist um 850 ein heißer Sommer zu erwarten. Ob die Historiographen die sommerliche Hitze lediglich für die Unterstreichung ihrer Darstellungen einsetzten oder von einer wahren Begebenheit berichten, die trotz anders lautender naturwissenschaftlicher Ergebnisse doch stattgefunden hat, kann aufgrund der vorliegenden Datengrundlage nicht eindeutig geklärt werden.

Für den Sommer 874, der nach den Isotopenwerten ebenso als kühl eingestuft werden müsste, geben schon die Annalen widersprüchliche Angaben. Die Annales Bertiniani berichten von einem langen Sommer, der durch die Dürre Mangel an Heu und Getreide verursachte[47], während die Gesta Folcwini[48], die ebenfalls dem Kloster St. Bertin zuzuordnen ist, für dieses Jahr von einer übermäßigen Weinernte schreibt, was als önologischer Parameter für ausreichende Sonnen­ein­strahlung und Niederschlag zu werten ist, was eine Dürre eigentlich ausschließt. Daraus ist abzuleiten, dass der Sommer als warm mit gemäßigtem Niederschlag bewertet werden kann und der Nahrungsmangel eher auf eine Heu­schrecken­plage des Vorjahres und den folgenden strengen Winter zurückzuführen ist.

Wie die vorangegangenen Ausführungen belegen, erlauben die Erwähnungen von Extremtemperaturen eine Ableitung des Temperaturverlaufs des 8. und 9. Jahrhunderts. Dennoch müssen zur Verifizierung der Abgaben und um intentionale Interpretation seitens der Kompilatoren weitgehend auszuschließen, zugrunde liegende Proxydaten mit wissenschaftlichen Ergebnissen abgeglichen werden, um einen möglichst realen Temperaturverlauf ermitteln zu können.

Die Häufung von warmen Sommern im 9. Jahrhundert ist teilweise auf ein Phänomen zurückzuführen, das als Mittelalterliches Wärmeoptimum beschrieben wird, charakterisiert durch eine Durchschnittstemperatur von etwa 1,4° C über der des 20. Jahrhunderts und einer geringeren Klimavariabilität[49]. Dabei scheint es sich um eine globale Veränderung gehandelt zu haben, da Gletscher­veränderungen in den Alpen ebenso damit erklärt werden[50], wie der Untergang der Tang-Dynastie in China oder der Hochkultur der Maya in Mittelamerika[51]. Auch wenn vereinzelt Forscher diesem widersprechen[52], scheint eine erhöhte Durch­schnitts­temperatur für diese Zeit unbestritten. Als Ursachen für das Klimaoptimum werden verstärkte Sonnenaktivität und räumliche und zeitliche Änderungen atmo­sphärischer Zirkulationsmuster angenommen[53], die in diesem Zeitraum zusammenfielen und damit die Erwärmung auslösten. Die damit zusammenhängenden Auswirkungen auf die Natur bedingen auch einen Anstieg von auftretenden Naturgefahren mit katastrophalen Folgen für die Menschen. Neben den direkten thermischen Auswirkungen wie die Extrem­sommer und daraus folgende Dürren oder verstärkte Gewitteraktivität, sind auch intensivere Sturm- und Niederschlagsereignisse und daraus resultierend Fluten und Überschwemmungen, wie sich im Folgenden zeigen wird, durch die Erwärmung mitverursacht.

1.1.2 Sturmereignisse

Stürme werden in den Quellen meist im Zusammenhang mit anderen Naturgefahren beschrieben, wie etwa Fluten oder Unwettereignissen. Als Folge extremer Luftdruckgegensätze benachbarter Areale können als Ursache die atmosphärische Konstellation dynamischer Luftdruckgebiete oder eher lokal begrenzte thermische Tiefdruckzellen aufgrund starker Insolation während den Sommermonaten angeführt werden. Wind dient generell dem Ausgleich solcher Luftdruck­differenzen, wobei mit steigendem Druckgefälle in Relation zur Distanz die Windstärke zunimmt. Ausschlaggebend für die Intensität von Sturm­ereignissen, die das europäische Festland betreffen, ist die Luftdruckverteilung zwischen dem subtropisch-randtropischen Azorenhoch und dem subpolaren Islandtief. Sturmzyklone, die in Mitteleuropa Schäden verursachen können, sind intensive Tiefdruckgebiete, die als Randzyklone des zentralen Islandtiefs beschrieben werden können, über dem Nordatlantik an der Polarfront entstehen[54] und mit der Westwinddrift nach Europa gelangen.

Mit der sich von der Polarregion hin zum Äquator ändernden solaren Strahlungs­intensität, die vom Einstrahlungswinkel der Sonne abhängt, welcher mit abnehmendem Sonnen­höchst­stand in den Wintermonaten sein Minimum erreicht, variieren jährlich die atmosphärischen Temperatur- und Luftdruckdifferenzen zwischen den zyklonalen Tiefdruckgebieten über Island – nahe des Polarkreises mit wenig Sonnen­ein­strahlung in der kalten Jahreszeit und damit einer Verstärkung des Islandtiefs – und dem antizyklonalen Hochdrucksystem über den Azoren, nahe dem 40. Breitengrad mit entsprechend höherer Insolation. Daher ist im Winter der Luftdruckunterschied zwischen dem bereits abgekühlten Norden und den noch warmen gemäßigten Breiten im Winter größer als im Sommer, weswegen Sturmzyklonen überwiegend auf das Winterhalbjahr beschränkt sind. Durch das Mittelalterliche Wärmeoptimum wird dieser Temperaturgegensatz weiter verschärft. Das verstärkte Auftreten von Stürmen in den Wintermonaten ist auch in den Quellen zu belegen, wo insbesondere die Meldungen von Sturmfluten in den kalten Jahreszeiten gehäuft auftreten[55].

Beeinflusst wird die Sturmhäufigkeit neben den jahreszeitlichen Strahlungs­schwankungen durch Phasen dekadischer Variabilität des Bodenluftdrucks im nördlichen Atlantik, die als die Nordatlantische Oszillation (NAO) bezeichnet wird und ebenfalls in den Wintermonaten am stärksten ausgeprägt ist. Unter Oszillation ist hierbei die meridionale Verlagerung des Azorenhochs und des Islandtiefs zu verstehen, deren Lage zueinander – neben der bereits erwähnten Größe der Luftdruckdifferenz – maßgeblich das Wettergeschehen Mitteleuropas beeinflusst. Bei vorherrschender Zirkulation über dem Nordatlantik, in der zwischen dem subtropischen Hoch und dem subpolaren Tief hohe Luftdruckdifferenzen vorherrschen und infolge dessen auch eine stärkere Westwindströmung über dem Atlantik in Richtung Nordwesteuropa zu verzeichnen ist, steigt die Zahl der nach Europa ziehenden Zyklone, aus denen sich Sturmtiefs entwickeln können. Solche Westwetterlagen charakterisieren häufig den Zeitraum vor Stark­sturm­ereignissen. Die Positionierung von Azorenhoch und Islandtief zueinander, beeinflusst auch auf dem europäischen Festland das Auftreten milder, regenreicher Winter, da hierdurch ebenso die Überquerung des Ärmelkanals von feucht-warmen Luftmassen beeinflusst wird, die insbesondere vor Sturm­ereignissen Extremwerte aufweisen und in Mitteleuropa für ergiebige Niederschläge sorgen können. Ist die NAO dagegen durch einen geringen Luftdruckgegensatz zwischen den Azoren und Island geprägt, ist für Mitteleuropa mit einem kalten, trockenen und auch sturmarmen Winter zu rechnen, weil dadurch das Vordringen von Kaltluft aus dem Norden ermöglicht wird, die wiederum den Einzug warm-feuchter Luft nach Mitteleuropa blockiert[56].

Das erste Sturmgeschehen für den beobachteten Zeitraum wird im Jahre 700 geschildert, welches den Erzbischof Willibrord mehrere Tage auf der Insel Helgoland festhielt, wodurch hierbei aber eher die Mühen bei Missionierung der heidnischen Dänen und Friesen betont werden, als dass auf die Darstellung des Sturmes eingegangen wird. Für Sturmereignisse lassen sich drei Darstellungs­formen ausmachen. Einmal die Interpretation des Orkans als Vorzeichen für drohendes Unheil, die Beschreibung von Wirbelstürmen und daneben die Darstellung des Sturms als Zeichen der göttlichen Gnade beziehungsweise Strafe. Da für Stürme im Verlauf des 8. Jahrhunderts keine Vermerke in den Annalen zu finden waren, sind die für die frühen Annalen typischen Kurznotizen zu nicht nach­zu­weisen. Konstatierungen, wie etwa in den Annales Hildesheimenses in der Formulierung ventus ingens[57], sind bereits durch die Erwähnung zerstörter Gebäude und ungewöhnlicher Effekte ergänzt, auch wenn auf die Schäden nicht näher eingegangen wird, und stellen ein Zwischenform zwischen den frühen Kurzvermerken und den umfassenden Beschreibungen der Annalenwerke der 9. Jahrhunderts dar. Hier ist allerdings anzumerken, dass es sich bei den Hildesheimer Annalen um eine Kompilation des frühen 11. Jahrhunderts handelt und die Schilderung des Sturmes eine Abschrift aus älteren Annalen darstellt, die nicht genau zugeordnet werden konnte, wodurch jedoch die Form der Kurznotiz zu erklären wäre[58].

Zunächst scheint die Anmerkung nur der chronologischen Auflistung zu dienen und eine Kontextualisierung durch den Autor ist ebenfalls nicht direkt erkennbar. In der Chronologie folgt allerdings als nächster Eintrag der Tod des Kaisers Ludwig des Frommen im Jahre 840, womit das Sturmereignis des Vorjahres, in Kombination mit den erwähnten ungewöhnlichen Effekten, als Vorzeichen für den nahenden Tod des Herrschers interpretiert werden kann. Der Umstand, dass ein Sturm Eingang in die Annalen gefunden hat, kann außerdem auf dessen ungewöhnliche Stärke hinweisen, da davon ausgegangen werden kann, dass insbesondere außergewöhnliche Natur­phänomene aufgezeichnet wurden. Andererseits finden sich Erwähnungen von Naturgefahren häufig unmittelbar vor Einträgen von Todesfällen, was nahe legt, dass mit der Nennung der Naturereignisse, Vorzeichen für das nahende Ableben konstruiert wurden.

Die Beschreibung von Wirbelstürmen bedient sich in der Regel dem Terminus turbo. Dabei ist jedoch zu beachten, dass dieser Begriff neben „Wirbel“ auch nur einen einfachen Sturm bezeichnen kann. So berichten die Annales Fuldenses für das Jahr 855 von turbinibus ac tempestatibus[59], womit die Umschreibung eines Wirbelsturms, aber auch eines Unwetters mit Sturm denkbar ist. Deutlicher ist da die Formulierung der Annales Xantenses, die in den Jahren 837 und 838 einen turbo ventorum/venti[60] erwähnen, womit eindeutig eine Windhose umschrieben wird. Die Annales Fuldenses überliefern wiederum für das Jahr 889[61] ein Naturschauspiel, bei dem Regenfälle aus dem Himmel gefallen seien, aber nicht in Tropfen, sondern wie ein Wildbach, der in drei Ortschaften in Thüringen die Häuser niedergerissen und 300 Menschen getötet haben soll. Der Vergleich des Gesehenen mit einem reißenden Bach und die destruktive Wirkung dieses angeblichen Regens, lässt eher an einen Tornado oder eine Windhose als an eine Form von Niederschlag denken, zumal der Rüssel eines solchen Wirbels durchaus auf die dargelegte Weise umschrieben werden kann.

Sowohl in den Darstellungen der Annales Xantenses zu den Jahren 837 und 838 als auch der Annales Fuldenses zu 889 sind im umgebenden Text Schilderungen von Todesfällen zu finden[62], womit den Wirbelstürmen wieder der Vorzeichencharakter impliziert wird, zumal die Fuldaer Annalen den Sturm in eine Aufzählung von Naturereignissen einreiht, die auch im Text als execrabile prodigium bezeichnet werden.

Als ein Zeichen göttlichen Handelns ist ein Sturm gesehen worden, welcher 847 die Flotte der „gotteslästernden“ Sarazenen auf dem Meer vernichtet haben soll. Hier wird die Strafe Gottes besonders deutlich, da die Heiden zuvor eine dem Heiligen Apostel Paulus geweihte Kirche ausgeraubt hatten und letztendlich blasphemische Äußerungen während der Überfahrt den Wirbelsturm auslösten. Betont wird das Eingreifen Gottes auch dadurch, dass die geraubten sakralen Schätze in den Kleidern der toten Sarazenen an die Küste gespült wurden und dadurch in den Besitz der Kirche zurückgelangten[63]. Die Verwüstung Marseilles im Jahre 838 durch die Sarazenen, bei der ebenfalls Kirchen ausgeraubt und auch Kleriker verschleppt worden waren, blieb jedoch ohne Konsequenzen. Auch zeigt ein Sturm im gleichen Jahr, der eine Flotte dänischer Seeräuber versenkt hatte, der ebenfalls in den Annales Bertiniani beschrieben wird, kein direktes Eingreifen Gottes[64]. Es kann zwar durch den Kontext geschlossen werden, dass vorangegangene Überfälle auf die Küsten des fränkischen Reiches die Zerstörung durch den Sturm bedingt hatten, aber explizit eine Bestrafung durch Gott ist nicht auszumachen. Die Änderung in der Darstellungsweise könnte durch einen Blick auf den Autor der Annales Bertiniani, der für diesen Zeitraum bekannt ist, erklärt werden.

Mit der Titelergänzung auctore Prudentio ist der Heilige Prudentius Galindo gemeint, der seit 835 mit der Abfassung des historiographischen Werkes betraut war. Ab 843/846 Erzbischof von Troyes, vertrat er die Auffassung, dass die Vorbestimmung des Bösen zur Strafe die Folge göttlichen Vorwissens darstellte[65]. Daher ist anzunehmen, dass sich diese Ansicht in dieser gleichnishaft anmutende Erzählung niederschlug und der Ermahnung dienen sollte, von Blasphemie und Heidentum Abstand zu wahren und dass Sünde die Strafe Gottes nach sich zieht. Da andere Annalen für diesen Zeitraum ebenso wie die Annales Bertiniani von Übergriffen auf das fränkische Reich berichten, ist anzunehmen, dass den Ausführungen des Prudentius dennoch eine wahre Begebenheit zugrunde liegt.

1.1.3 Hagel

Hagel, in den Quellen als grando bezeichnet, ist ein Naturschauspiel, das überwiegend im Sommer, oft in Kombination mit Gewittern vorkommt. Für die mittelalterlichen Autoren war es das seltsame Vorkommen von Eis im Sommer und auch die durch Hagel verursachten Schäden, die zu einer Erwähnung in den Quellen führten. Die Notizen in den Annalen verzeichnen Hagel hauptsächlich zwischen Juni und August, oft unter dem Aspekt, dass durch den Hagel die Feldfrüchte zerstört worden sind. Durch die geringe räumliche Ausdehnung führt Hagel jedoch in den seltensten Fällen zu Hungersnöten, da Ernteausfälle durch Importe ausgeglichen werden konnten. Lediglich die Annales Alamannici und die Annales Laubacenses berichten für das Jahr 895 von fames et grando[66], wobei die beinahe wortwörtliche Übereinstimmung der Textstellen auf eine gemeinsame Vorlage, vermutlich ein verlorenes Reichenauer Annalenwerk[67] hindeutet. Der Hinweis auf Hungersnöte ist aber auch in den Annales Fuldenses[68] nachzulesen, hier jedoch ohne den Hinweis auf ein Hagelereignis, sodass von einer überregionalen Hungersnot im fränkischen Reich ausgegangen werden kann, die nicht auf ein Unwetter mit Hagel zurückzuführen ist und der Hagelsturm nur zufällig mit dem Nahrungsmangel zusammenfiel.

Von außergewöhnlichen Beobachtungen berichten die Annales regni Francorum für die Jahre 823 und 824 sowie die Annales Fuldenses für 882[69]. Für 824 ist überliefert, dass wenige Tage vor der Sommer­sonnen­wende im Gebiet von Augustodunum[70] bei einem Sturm unter dem Hagel ein ungeheures Stück Eis herab fiel, das fünfzehn Fuß lang, zehn breit und zwei dick gewesen sein soll. Ausgehend vom karolingischen Fuß mit einer Länge von 33,3 cm[71] wäre dieser Eisblock etwa fünf Meter lang, 3,6 m breit und etwa 60 cm hoch, was etwa 12 m³ Eis und einer Masse von ungefähr 12t entspräche. Dass ein solcher Eisblock von Himmel fällt, ist unwahrscheinlich. Extraterrestrische Eiskörper schmelzen beim Durchgang durch die Atmosphäre und meteorologische Prozesse produzieren keine Massen dieses Ausmaßes. Vielmehr lässt die Beschreibung eines rechteckigen, flachen Eiskörpers auf Reste eines äußerst niederschlagsreichen Hagelschauers schließen, die in einer Schattenlage noch nicht abgeschmolzen waren. Die Entstehung von Hagel war im Mittelalter bereits bekannt und eine Erklärung dafür den gebildeten Kreisen etwa durch die Schriften von Beda Venerabilis zugänglich, der unter anderem die Beobachtungen von Plinius und Aristoteles weiterführt. In seinem Werk De natura rerum[72] beschreibt er die Hagelkörner als gefrorenen Niederschlag und liefert eine natürliche Begründung für das Vorkommen von Eis im Sommer. Dies könnte erklären, warum Hagel, obwohl in der Bibel als eine Strafe Gottes und Vorbote der Apokalypse genannt[73], in den Annalen nicht in dieser Richtung interpretiert wird.

Die Ereignisse von 823 und 882 dagegen beschreiben Steine, die als Hagel auf die Erde gefallen seien. Da keine meteorologische Ursache für diese Erscheinungen in Frage kommen kann, soll an entsprechender Stelle darauf zurückgekommen werden.

1.1.4 Extremniederschläge

Extremniederschläge werden meist im Kontext oder als Ursache anderer Naturereignisse angeführt. In den Quellen sind Berichte darüber erst gegen Ende des 8. Jahrhunderts auszumachen, als zunehmend umfassendere Beschrei­bungen der Ereignisse die an die Marginalien der Ostertafeln anschließenden kurzen jährlichen Notizen in den Annalen ablösten. Da Starkniederschläge oft zu Überschwemmungen führen, sind sie auch meist in diesem Zusammenhang zu finden. Neben Überflutungen können auch durch lange Regenphasen die Nahrungs­mittelversorgung der Bevölkerung durch die Vernichtung der Ernte oder eine Verzögerung der Aussaat gefährdet werden, wie in den Annales regni Francorum und anderen Quellen[74] geschildert wird. Hier sind es demzufolge die sekundären Schäden, welche eine Katastrophe ausmachen, da durch den Niederschlag selbst kaum Einbußen zu beklagen sind.

Ein weiteres Problem von Feuchteperioden ist das verstärkte Auftreten epi­de­mischer Erkrankungen, die in den Quellen meist als pestilentia bezeichnet werden und daher schwer zu bestimmen sind. Die Häufung der erwähnten Anmerkungen im 9. Jahrhundert ist neben der veränderten Darstellung natürlicher Ereignisse gegen Ende des 8. Jahrhunderts auch auf die allgemeine Klima­erwärmung zurückzuführen. Mit steigenden atmosphärischen Temperaturen verdunstet mehr Oberflächen­wasser und die Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen, ehe der Sättigungspunkt erreicht wird.

Damit stehen bei Niederschlagsereignissen auch größere Wassermengen zur Verfügung, wodurch Starkregen entsprechend heftiger ausfallen und mehr Schaden verursachen können.

Bei den Angaben über mittelalterliche Regenereignisse zeigen neuere Unter­suchungen, dass diese nicht unbedingt nur der Darstellung des Naturphänomens dienten, sondern auch ganz andere Intentionen verfolgen konnten. Die Annales q. d. Einhardi überliefern zu 793, dass ein Kanalbauprojekt Karls des Großen zwischen den Flüssen Rednitz und Altmühl – als Verbindung zwischen Rhein und Donau – dadurch verzögert worden sei, dass starker Regen den täglichen Aushub zurück in den Graben schwemmen würde[75]. Zum gleichen Jahr berichten aber die Annales regni Francorum und die Chronik Reginos von Prüm, wobei dieser aufgrund des ähnlichen Wortlauts die Reichsannalen als Vorlage verwendet haben dürfte, dass Karl der Große mit dem Schiff zu dem großen Kanal zwischen den genannten Flüssen gefahren sei, was bedeutet, dass dieser Wasserweg fertig gestellt war[76]. Auch haben neue dendrochronologische Untersuchungen gezeigt, dass die Niederschlagshäufigkeit 793 eher rückläufig war, das Jahr also trocken gewesen sein muss. Konrad Spindler vermutet, dass diese verfälschten Aussagen des Autors von Ludwig dem Frommen veranlasst wurden, der durch die versuchte Darstellung der Inkompetenz seines Vaters sein eigens Ansehen steigern wollte[77], dass unter den Konflikten mit seinen Söhnen gelitten hatte.

Neben dem Regen sind auch Niederschläge in Form von Schnee überliefert, die meist weniger wegen der Intensität des einzelnen Schauers, sondern eher wegen einer langen Schneebedeckung oder sehr späten Schneefällen erwähnt werden, die, wie im Jahre 868 in Burgund am 21. März, die Feldfrüchte und damit die Ernährungsgrundlage der Bevölkerung vernichteten und eine Hungersnot auslösten[78]. Ebenfalls verursachte 873 eine geschlossene Schneedecke vom November 873 bis zur Sexagesima 874 eine Hungersnot[79]. Ähnlich auch eine Notiz von einer eingeschneiten Siedlung, welche in den Annales Fuldenses vermerkt sind. Den gleichen Extremwinter der Jahre 873/874 beschreibend, dauert hier der Schneefall bis zu den Frühlings­äquinoktien, also bis etwa zum 21. März. Wie bereits erwähnt, erreicht die Schneedecke dabei eine solche Höhe, dass es unmöglich wurde, Brennholz zu sammeln, was den Tod von Mensch und Tier nach sich zog[80]. Während sich die Fuldaer Annalen lediglich auf die Beschreibung des Ereignisses beschränken, ordnen die Xantener Quellen den starken Schnee in eine Reihe von Katastrophen des Jahres 873 ein, mit denen Dominus assidue populum suum afflixit et visitavit in virga iniquitates eorum et in verberibus peccata eorum[81].

Eine weitere Anmerkung, die einem Schreiber namens Einhard zugeschrieben wird, der jedoch nicht mit dem Verfasser der Karlsvita identisch ist, steht ebenfalls in den Fuldaer Schriften, jetzt zum Jahre 838, wo vom Fest den Hl. Maurizius (22. Sept.) bis Ostern des Folgejahres (6. April) Schnee gefallen sein soll, also über einen Zeitraum von 29 Wochen, wie auch Einhard anmerkt. Aber neben der ungewöhnlich langen Schneebedeckung, die hier angegeben ist und Anlass zur kritischen Hinterfragung liefert, berichten die Xantener Annalen für diesen Zeitraum von einem regenreichen Winter, was der Schilderung Einhards widerspricht, zumal die räumliche Distanz keine so extremen Witterungs­gegensätze erwarten lässt. Da weitere Belege dazu fehlen, ist die Verifizierung einer Aussage nicht möglich und daher müssen beide Darstellungen als möglich angenommen werden.

Bei den aufgezeichneten Extremniederschlägen ist demnach festzustellen, dass sie als Naturgegebenheiten aufgrund ihrer außer­gewöhnlichen Intensität oder Dauer in den Annalen vermerkt wurden. Eine Intention der Autoren, die nicht der reinen Konstatierung dient, ist lediglich für das Jahr 873 nachzuweisen.

1.1.5 Gewitter

Ebenso wie Niederschlagsereignissen werden Gewitter in den Quellen oft im Zusammenhang mit anderen Naturbegebenheiten geschildert, häufig als Begleit­erscheinung von Erdbeben, was zum Teil auch auf die bei Erdbeben auftretende grollende Geräusche zurückzuführen ist. Die Gewitterneigung in der Luft ist, so wie die meisten Naturphänomene der Atmosphäre und Hydro- beziehungsweise Kryosphäre temperaturabhängig und unterliegt somit auch dem Einfluss des Mittelalterlichen Wärmeoptimums. Durch höhere solare Strahlungsintensität und einen höheren Wasserdampfgehalt in der Luft sind entstehende Gewitterzellen energiereicher und verursachen somit intensivere Entladungsprozesse – die auftretenden Gewitter sind folglich stärker, mit den entsprechenden Folgeerscheinungen. Neben diesen Extrem­ereignissen finden Unwetter Eingang in die Annalen, die wider den natürlichen Lauf der Dinge zu sein scheinen, wozu Wintergewitter gehören und solche, mit denen nicht erklärbare Phänomene einhergehen.

Wintergewitter schildern für die Jahre 848 und 850 die Annales Xantenses, ein Hinweis für 849 findet sich in dem Fragmentum Chronici Fontanellensis[82]. Jedoch scheint es, dass – ausgehend von den Quellenberichten – nur in diesem Zeitraum Historiographen Gewittern in der kalten Jahreszeit registriert haben. Es ist aber unwahrscheinlich, dass Wintergewitter nur in diesen Jahren aufgetreten sein sollen. Vielmehr sind im Kontext für diesen Zeitraum verstärkte Einfälle normannischer Heiden ins Frankenreich aufgeführt, in deren Zusammenhang häufig Gewitter – darunter auch die winterlichen – Erwähnung finden. Gegenmaßnahmen der fränkischen Herrscher gegen die Invasionen fanden nicht statt oder scheiterten. Die Stimmung der Zeit ist sehr deutlich in den Annales Xantenses ausgedrückt, wo sich der Autor zu den Begebenheiten von 849 dahingehend äußert, dass es widerwärtig sei, weiterhin von den Niederlagen der Franken und den Heideneinfällen ausführlicher zu berichten[83]. Es scheint, dass auch hier, wie bei den Darstellungen der Extremsommer, Vorzeichen für die nahende Apokalypse konstruiert wurden. Denn für das Folgejahr berichten die Annalen von einem Gewitter am 1. Januar, auf das eine Überschwemmung folgte und im darauf folgenden Sommer wurde die Erde von der Sonne verbrannt.

Das Datum der Kalenden des Januar, also der erste Tag des Monats, wurde im Mittelalter zu den dies aegyptiaci gezählt – zu den Unglückstagen, die im Jahresablauf verdammt sein sollen[84], womit an diesem Datum stattfindende Naturereignisse negativ besetzt sind. Die genannten Naturereignisse finden sich in der Bibel in den Ausführungen der Evangelisten zur Ankündigung des Jüngsten Gericht ebenso wie in der Offenbahrung des Johannes[85]. Da die Vermittlung der mittelalterlichen Lateinkenntnisse anhand der Bibel erfolgte, war die Deutung eines Naturereignisses als gottgegebene Strafe nahe liegend, zumal die Autoren sich bei Schilderungen ungewöhnlicher Naturphänomene häufiger der Bibel bedienten. Somit dürfte die Anlehnung der Xantener Annalen an die Apokalypse dem Leser die Gefahr eines nahenden Endes der Karolinger oder zumindest deren Krise verdeutlicht haben.

Einen Nachweis für die Entstehung solcher Wintergewitter liefert das bereits erwähnte Chronicon Fontanellensis. Darin ist für den 6. Januar 849 vermerkt, dass die Seine so stark zugefroren war, dass das Volk darüber gehen konnte wie über eine Brücke[86]. Am 3. Januar dagegen wird von einem Gewitter und starken Regenfällen berichtet. Hier liegt ein Phänomen vor, das als Weihnachtstauwetter[87] bezeichnet wird. Es handelt sich hierbei um einen signifikanten Wärmeeinbruch in den letzten Tagen des Jahres, der mit zonalen Westlagen und maritimen, milden Luftmassen verbunden ist, also feucht-warme Luftmassen nach Mitteleuropa führt, welche die nötige Luftfeuchte und milden Temperaturen für die Starkregen des 3. Januar liefern konnte. Die nachfolgende Kaltfront, die für die geschilderte Vereisung der Flüsse verantwortlich war, zwang als Einbruchsfront diese Warmluftmassen zum schnellen Aufsteigen, indem sie sich, da spezifisch schwerer und in der Fortbewegung schneller, unter die leichtere Warmluft schob, wodurch konvektive Prozesse ausgelöst wurden, aus welchen die unwetterartigen Gewitter resultierten. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass auch hier reale Naturphänomene gemäß einer Intention der Kompilatoren in den Annalen Erwähnung finden.

Die zweite Form der Gewitteraufzeichnungen beschäftigt sich mit solchen Unwettern, bei denen Menschen durch Blitzschlag zu Schaden gekommen sind beziehungsweise die zusammen mit außergewöhnlichen Naturbeobachtungen einhergehen. Als Ursache für Blitze wurden nach der mittelalterlichen Vorstellung Teufel und Dämonen oder der Sünde-Gottesstrafe-Konnex herangezogen, besonders deutlich in den Xantener Annalen, wo der Herr auch als der höchste Donnerer bezeichnet wird[88]. Denn neben der apokalyptischen Auslegung oder jener als Strafe Gottes, liefert die Bibel auch eine Interpretations­muster für Blitze als diabolisches Zeichen. Lukas zitiert dahingehend einen Dialog Jesu, welcher Satan in Form eines Blitzes zur Erde fahren gesehen zu hatte[89]. Die Reaktion der Bevölkerung auf Gewitter als Teufelswerk erkennt man unter anderem daran, dass man Blitzen mit Bittgesängen, Gebeten und dem Aufstellen von Kreuzen begegnete, um so Unheil abzuwenden[90].

Die früheste Darstellung, die einen Blitzeinschlag schildert, ist in der Karlsvita von Einhard[91] zu finden, der im Rahmen der Aufzählung der Prodigien, die auf den Tod Karls des Großen hindeuten, von einem Einschlag in die Aachener Pfalzkirche berichtet. Mit einem noch stärkeren Bezug zur Apokalypse, da entsprechend neben den Gewittern auch Beben, verbrannte Erde und Feuererscheinungen im Himmel genannt werden, schildern die Annales Xantenses[92] die Ereignisse des Jahres 838 und liefern auch gleich den Hinweis auf die Ursache des Übels mit der Notiz, dass in diesem Jahr eine ketzerische Verkommenheit ausgebrochen sei. Damit spielen die Annalen auf Amalarius von Metz an, einen der einflussreichsten Liturgiker der Karolingerzeit, der, nachdem Agobard von Lyon 835 auf der Synode von Thionville abgesetzt worden war, dessen Amt als Bischof von Lyon übernahm[93]. Seine Versuche, die kirchliche Liturgie zu reformieren, führten zum Widerstand des Diakons von Lyon namens Florus, der mit Unterstützung Agobards auf der Synode von Quierzy im September 838 die Absetzung des Bischofs wegen Ketzerei durchsetzte, was auch den Verbot einiger seiner Schriften veranlasste[94]. Der Wortlaut der Xantener Schriften verdeutlicht die ablehnende Haltung des Autors gegenüber der Person und der Lehre des Amalarius.

[...]


[1] Nähere Informationen unter http://www.unisdr.org/, (Zugriff am 15.09.2008).

[2] Juneja, Monica, Mauelshagen, Franz, Disasters and Pre-industrial Societies: Historiographic Trends and Comparative Perspectives, in: The Medieval History Journal 10 (2007), S. 9.

[3] Vgl. Beuther, Michael, Compendium terrae motum, Straßburg 1601; Rasch, Johann, Erdbidem Chronik / Nach art eines Calenders / sambt einem kurtzen bericht und Catalogo Autorum. Darinn allerley Erdbiden und Erdkluefften / vor Christi Geburt 1569 und sovil deren biss auff diss 1591. Jar her beschrieben, München, 1591.

[4] LeGoff, Jacques, Neue Geschichtswissenschaft, in: Ders., Chartier, Roger, Revel, Jacques (Hg.), Die Rückeroberung des historischen Denkens. Grundlagen der Neuen Geschichtswissenschaft, übers. v. Kaiser, Wolfgang, Frankfurt a. M. 1990, S. 11-17; vgl. dazu auch Rohr, Christian, Naturkatastrophen als Gegenstand einer kulturgeschichtlich orientierten Umweltgeschichte, in: Historische Sozialkunde 2 (2008), S. 3.

[5] Curschmann, Fritz, Hungersnöte im Mittelalter. Ein Beitrag zur deutschen Wirtschaftsgeschichte des 8.-13. Jahrhunderts, 1900, ND 1970.

[6] Weikinn, Curt, Quellentexte zur Witterungsgeschichte Europas von der Zeitenwende bis zum Jahre 1850, 4 Bd., Berlin 1958-63.

[7] Dazu auch Juneja, Mauelshagen, Disasters and societies (2007), S. 2.

[8] Helbling, Jürg, Coping with ‘Natural’ Disasters in Pre-industrial Societies: Some Comments, in: The Medieval History Journal 10 (2007), S. 430.

[9] Alexandre, Pierre, Le climat en Europe au Moyen Âge. Contribution à l’histoire des variations climatiques de 1000 à 1425, d’après les sources narratives de l’Europe occidentale, Paris 1987. Zu den Forschungsansätzen siehe auch: Rohr, Christian, Mensch und Naturkatastrophe. Tendenzen und Probleme einer mentalitätsbezogenen Umweltgeschichte des Mittelalters, in: Hahn, Sylvia, Reith, Reinhold (Hg.), Umweltgeschichte. Arbeitsfelder – Forschungsansätze – Perspektiven, Wien, München 2001 (=Querschnitte. Einführungstexte zur Sozial-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte 8), S. 13-31.

[10] Berlioz, Jacques, Catastrophes naturelles et calamités au Moyen Age, Turnhout 1998; Lehner, Martina, Und das Unglück ist von Gott gemacht… - Geschichte der Naturkatastrophen in Österreich, Wien 1995.

[11] Glaser, Rüdiger, Klimageschichte Mitteleuropas. 1200 Jahre Wetter, Klima und Katastrophen, Darmstadt 2001.

[12] Pfister, Christian (Hg.), Am Tag danach. Zur Bewältigung von Naturkatastrophen in der Schweiz 1500 – 2000, Bern, Stuttgart u. a. 2002; Pfister, Christian, Summermatter, Stephanie (Hg.), Katastrophen und ihre Bewältigung. Perspektiven und Positionen, Bern 2004.

[13] Hier deutet sich ein Faktum an, das trotz der scheinbaren Fülle der Literatur zum Thema „Naturkatastrophen im Mittelalter“ die für diese Arbeit zu Verfügung stehenden Forschungsgrundlagen limitiert. Aufgrund der zur Verfügung stehenden mittelalterlichen Quellen, deren Aussagekraft von vielen Autoren als zu gering eingeschätzt wird, beginnen viele Untersuchungen frühestens mit dem Jahr 1000 und sind daher für die nachfolgenden Ausführungen nicht oder marginal von Bedeutung.

[14] McCormick, Michael, Dutton, Paul Edward, Mayewski, Paul A., Volcanoes and the Climate Forcing of Carolingian Europe, a. d. 750–950, in: Speculum 82 (2007), S. 865-895.

[15] Alexander, David, The Study of Natural Disasters, 1977–97. Some Reflections on a Changing Field of Knowledge, in: Disasters 21, 4 (1997), S. 289.

[16] Bankoff, Greg, Comparing Vulnerabilities: Toward Charting an Historical Trajectory of Disasters, in: Historical Social Research 33 (Special Issue: Historische Erforschung von Katastrophen: Perspektiven der Forschung) (2008), erscheint in Kürze, zitiert in: Juneja, Mauelshagen, Disasters and societies (2007), S. 14.

[17] Frisch, Max, Der Mensch erscheint im Holozän, Frankfurt a. M. 1979, S. 271.

[18] Torrence, Robin, Grattan, John, The archaeology of disasters: past and future trends, in: Dies. (Hg.), Natural Disasters and Cultural Change, London, New York 2002, S. 5.

[19] Juneja, Mauelshagen, Disasters and societies (2007), S. 16f.

[20] Meier, Thomas, Archäologie und Naturereignis, in: Schenk, Winfried, Dix, Andreas (Hg.), Naturkatastrophen und Naturrisiken in der vorindustriellen Zeit und ihre Auswirkungen auf Siedlungen und Naturlandschaften, Bonn 2005 (=Siedlungsforschung. Archäologie-Geschichte-Geographie 23. Schwerpunktthema: Naturkatastrophen und Naturrisiken), S. 268.

[21] Dikau, Richard, Pohl, Jürgen, „Hazards“: Naturgefahren und Naturrisiken, in: Gebhardt, Hans u. a. (Hg.), Geographie. Physische Geographie und Humangeographie, München 2007, S. 1035.

[22] Boeselager, Elke Freifrau von, Die Erwähnung von Naturkatastrophen in mittelalterlichen Chroniken, in: Schenk, Winfried, Dix, Andreas (Hg.), Naturkatastrophen und Naturrisiken in der vorindustriellen Zeit und ihre Auswirkungen auf Siedlungen und Naturlandschaften, Bonn 2005 (=Siedlungsforschung. Archäologie-Geschichte-Geographie 23. Schwerpunktthema: Naturkatastrophen und Naturrisiken), S. 75.

[23] Hlaváček, Ivan, Diplomatische Quellen und ihr Beitrag zur Erkenntnis der Natur, in: Zimmermann, Albert, Speer, Andreas (Hg.), Mensch und Natur im Mittelalter, Bd. 2, Berlin, New York 1991 (=Miscellanea Medievalia 21), S. 851.

[24] Kaschke, Sören. Die karolingische Reichsteilung bis 831. Herrschaftspraxis und Normvorstellungen in zeitgenössischer Sicht, Hamburg 2006, S. 30.

[25] Jankrift, Kay Peter, Brände, Stürme, Hungersnöte. Katastrophen in der mittelalterlichen Lebenswelt, Ostfildern 2003, S. 14.

[26] Annales Xantenses et Annales Vedastini, hg. v. Simson, Bernhard von, Hannover 1909, ND 1979 (MGH SS rer. Germ. XII), S. VII und 18-32.

[27] Vgl. dazu Kaschke, Reichsteilungen, 2006; Schröer, Norbert, Die Annales S. Amandi und ihre Verwandten. Untersuchungen zu einer Gruppe karolingischer Annalen des 8. und frühen 9. Jahrhunderts (=Göppinger akademische Beiträge 85), Göppingen 1975; Wattenbach, Wilhelm, Levison, Wilhelm, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Bd. 1-7, Weimar 1952-1990.

[28] Annales Laureshamenses, in: Pertz, Georg Heinrich (Hg.), Annales et chronica aevi Carolini, Hannover 1826, ND 1976 (MGH SS I), S. 22-39; Annales Mosellani, in: Pertz, Georg Heinrich (Hg.), Annales aevi Suevici, Stuttgart u. a. 1859, ND 1994 (MGH SS XVI), S. 494-499; Annales Sancti Amandi, in: Pertz, Georg Heinrich (Hg.), Annales et chronica aevi Carolini, Hannover 1826, ND 1976 (MGH SS I), S. 6-14.

[29] Kaschke, Reichsteilungen (2006), S. 303.

[30] Glaser, Klimageschichte (2001), S. 44.

[31] Ann. Fuld., S. 81.

[32] Lamb, Hubert H., Climate, Present, Past and Future. Bd. 2, Climatic history and the future, London 1977, S. 31.

[33] Elmshäuser, Konrad, Hedwig, Andreas, Studien zum Polyptychon von Saint-Germain-de-Prés, Köln, Weimar, Wien 1993, S. 344.

[34] Die der Kurve zugrunde liegenden Werte sind in Andersen, Katrine Krogh, u. a., Retrieving a common accumulation record from Greenland ice cores for the past 1800 years, Journal of Geophysical Research 111 (2006) publiziert und unter http://www.gfy.ku.dk/~www-glac/data/Common_Grl_Acc_d18O.txt einzusehen.

[35] Hughes, Malcolm K., Diaz, Henry, F., Was there a medieval warm period, and if so, where and when?, in: Climate Change 26 (1994), S. 126.

[36] Vgl. dazu Meese, Debra A. u. a., The accumulation record from the GISP 2 Core as an Indicator of climate change throughout the Holocene, in: Science 266 (1994), S. 1680-1682.

[37] Chronicon Moissiacense, in: Pertz, Georg Heinrich (Hg.), Annales et chronica aevi Carolini, Hannover 1826, ND 1976 (MGH SS I), S. 294.

[38] Wattenbach, Levison, Geschichtsquellen, 1953, II. Heft, S. 265.

[39] Theophanes Confessor, Chronographia, hg. v. Classen, Johannes, 2 Bde., Bonn 1839, 1841 (=Corpus scriptorum historiae Byzantinae 37), S. 669f.

[40] Trapp, Erich, Art. Theophanes Homologetes, in: LThK 9 (2000), Sp. 1466f.

[41] McCormick, Michael, Dutton, Paul Edward, Mayewski, Paul A., Volcanoes (2007), S. 879.

[42] Brinkmeier, Eduard, Praktisches Handbuch der historischen Chronologie aller Zeiten und Völker, besonders des Mittelalters, Berlin 1882, S. 22-25.

[43] Ann. S. Amandi, S. 10.

[44] McCormick, Michael, Dutton, Paul Edward, Mayewski, Paul A., Volcanoes (2007), S. 880f.

[45] Off. 8, 8.

[46] Vgl. dazu Lauer, Wilhelm, Bendix, Jörg, Klimatologie, 2. neu bearb. Aufl., Braunschweig 2004, S. 292 sowie Schlegel, Christian, Vom Regenbogen zum Polarlicht, Heidelberg, Berlin 1995, hier ²2001, S. 156f.

[47] Ann. Bert., S. 125.

[48] Folcwini Gesta Abbatum Sancti Bertini Sithiensium, in: Waitz, Georg (Hg.), Supplementum tomorum I-XII, pars I., Hannover 1881, ND 1985 (MGH SS XIII), S. 621.

[49] Schwager, Matthias Eisbohrkernuntersuchungen zur räumlichen und zeitlichen Variabilität von Temperatur und Niederschlagsrate im Spätholozän in Nordgrönland, Bremen 2000 (=Berichte zur Polarforschung 362), S. 7 und 59.

[50] Grove, John M., Switsur, Roy, Glacial geological evidence for the medieval warm period, in: Climate Change 26 (1994), S. 143-169.

[51] Vgl. dazu DeMenocal, Peter B., Cultural Responses to climate changes during the late Holcene, in: Science 292 (2001), S. 667-673; Haug, Gerald H. u. a., Climate and the collaps of the Maya civilisation, in: Science 299 (2003), S. 1731-1736; Yancheva, Gergana u. a., Influence of the intertropical convergence zone on the East Asian monsoon, in: Nature 445 (2007), S. 74-77.

[52] Hughes, Diaz, Medieval warm period? (1994).

[53] Schwager, Eisbohrkernuntersuchungen (2000), S. 59.

[54] Dikau, Pohl, Hazards, 2007, S. 235.

[55] Etwa am 7. November 798 - Scharl, Okko van, Vlytarp, Johannes, Cornelius, Andreas, Chroniike ende warachtige beschrijvinghe van Frieslant, Leuwaarden, 1597, S. 59; 26. Dezember 839 - Annales Bertiniani, hg. v. Waitz, Georg, Hannover 1883 (MGH SS rer. Germ. V), S. 18; vgl. dazu auch Boeselager, Elke, Freifrau von, Sturmfluten an der norddeutschen Küste im Mittelalter – Erlebnis und Konzeption, in: Dilg, Peter (Hg.), Natur im Mittelalter. Konzeptionen – Erfahrungen – Wirkungen. Akten des 9. Symposiums des -Mediävistenverbandes, Marburg 14. – 17. März 2001, Berlin 2003, S. 227-242.

[56] Klawa, Matthias, Extreme Sturmereignisse in Deutschland: Entwicklung, Zusammenhang mit der Nordatlantischen Oszillation und Auswirkungen auf die Versicherungswirtschaft, Köln 2001, S. 1-4 und S. 87-97.

[57] 2. November oder 2. Oktober 839 - Annales Hildesheimenses, hg. v. Waitz, Georg, Hannover 1878, ND 1990 (MGH SS rer. Germ. VIII), S. 17. Hier liegt ein Fehler in der Datierung vor, da dieser Sturm am VI. Non. Novembris gewesen sein soll, womit ein nicht existierendes Datum gemeint wäre, da die Kalenden des Novembers überschritten wären. Entweder war der Sturm am IV. Non. Novembris, also am 2. November oder am VI. Non. Octobris, dem 2. Oktober, wobei erstere die wahrscheinlichere Datierung sein dürfte.

[58] Wattenbach Wilhelm, Holtzmann Robert, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Die Zeit der Sachsen und Salier. Erster Teil: Das Zeitalter des Ottonischen Staates (900 - 1050), hg. v. Schmale, Hans-Josef, Darmstadt 1967, S. 43.

[59] Annales Fuldenses sive Annales regni Francorum orientalis, hg. v. Kurze, Friedrich, Hannover 1891, ND 1993 (MGH SS rer. Germ. VII), S. 45.

[60] Ann. Xant., S. 10.

[61] Ann. Fuld., S. 118.

[62] Ann. Xant. weisen auf den Tod Ludwig des Frommen 840 hin, die Ann. Fuld. benennen das Ableben des Erzbischofs Liutbert von Mainz 889.

[63] Ann. Bert., S. 35.

[64] Ebd., S. 15.

[65] Berthold, Heinz, Art. Prudentius, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft 5 (1961), Sp. 671.

[66] Annales Alamannici continuatio Sangallensis prima, in: Pertz, Georg Heinrich (Hg.), Annales et chronica aevi Carolini, Hannover 1826, ND 1976 (MGH SS I), S. 53; Annales Laubacenses Continuatio, in: Pertz, Georg Heinrich (Hg.), Annales et chronica aevi Carolini, Hannover 1826, ND 1976 (MGH SS I), S. 53.

[67] Wattenbach, Levison, Geschichtsquellen, 1990, VI. Heft, S. 789.

[68] Ann. Fuld., S. 125.

[69] Annales regni Francorum inde ab a. 741 usque ad a. 829, qui dicuntur Annales Laurissenses maiores et Einhardi, hg. v. Kurze, Friedrich, Hannover 1895, ND 1950 (MGH SS rer. Germ. VI), S. 163 und 166; Ann. Fuld., S. 108.

[70] Autun, Frankreich.

[71] Witthöft, Harald, Art. Fuß, in: LexMa 4 (1989), Sp. 1059.

[72] Venerabilis Bedae, Opera omnia, hg. v. Jacques-Paul Migne, Patrologia Latina 90, Paris 1850, Sp. 254, c. XXXIV.

[73] Ex. 9, 17-34; Off. 8, 6.

[74] Ann. reg. Franc., S. 153f.; Ann., Fuld. S. 22; Herimanni Augienses Chronicon, in: Pertz, Georg Heinrich (Hg.), Annales et chronica aevi Salici, Hannover 1844, ND 1980 (MGH SS VI), S. 102; Annales Sithienses, in: Waitz, Georg, (Hg.), Supplementum tomorum I-XII, pars I., Hannover 1881, ND 1985 (MGH SS XIII), S. 38.

[75] Annales qui dicuntur Einhardi, in: Pertz, Georg Heinrich (Hg.), Annales et chronica aevi Carolini, Hannover 1826, ND 1976 (MGH SS I), S. 93.

[76] Ann. reg. Franc. S. 92f.; Reginonis chronicon, in: Pertz, Georg Heinrich (Hg.), Annales et chronica aevi Carolini, Hannover 1826, ND 1976 (MGH SS I), S. 561.

[77] Spindler, Konrad, Der Kanalbau Karls des Großen. Seine Reflexion in den mittelalterlichen Quellen und der aktuelle archäologische Forschungsstand, in: Ders., Mensch und Natur im mittelalterlichen Europa. Archäologische, historische und naturwissenschaftliche Befunde, Klagenfurt 1998 (=Schriftenreihe der Akademie Friesach 4), S. 58.

[78] Annales Lausannenses, in: Waitz, Georg (Hg.), Annales aevi Suevici (Supplementa tomorum XVI et XVII)., Hannover 1879, ND 1975 (MGH SS XXIV), S. 779.

[79] Ann. Xant., S. 33.; Sexagesima ist der achte Sonntag vor Ostern, hier also der 14. Februar 874.

[80] Ann. Fuld., S. 83.

[81] Ebd.: „…der Herr beständig sein Volk schlug und mit der Rute ihre Ungerechtigkeit und mit Schlägen ihre Missetat heimsuchte.“

[82] 4. Februar 848 und 1. Januar 850 - Ann. Xant., S. 16f.; 3. Januar 849 - Fragmentum Chronici Fontanellensis, in: Pertz, Georg Heinrich (Hg.) Scriptores rerum Sangallensium. Annales, chronica et historiae aevi Saxonici, Hannover 1829, ND 1976 (MGH SS II), S. 302.

[83] Ann. Xant., S. 17: Anno DCCCXLVIIII. Infirmante Ludewico rege, hostis illius de Beioaria iter arripuit in Boemmanos; sed multis ex eis ibidem interfectis, valde humiliati reversi sunt in patriam. Gentilitas vero consueto ab aquilone Christianitatem nocuit, magis magisque convaluit; sed fastidiosum est enarrare.

[84] Les manuscrits latins de médecine du haut moyen âge dans les bibliothèques de France, hg. v Wickersheimer E., Paris 1966, Nr. XLVIII, S. 58f., in: Nonn, Ulrich, Quellen zur Alltagsgeschichte im Früh- und Hochmittelalter. Erster Teil, Darmstadt 2007, S. 22f.

[85] Mt. 24, 7; Mk 13, 8; Lk. 21, 11; Off. 6, 12 und 8, 7-12.

[86] Frag. Chron. Font., S. 302.

[87] Dikau, Pohl, Hazards, 2007, S. 236.

[88] Ann. Xant., S. 25, vgl. auch Ps. 18,14.

[89] Lk. 10, 18.

[90] Berlioz, Jacques, La foudre au Moyen Âge. L’ apport des exempla homilétiques, in: Bennassar, Bartolomé (Hg.), Les catastrophes naturelles dans l’Europe médievale et moderne, Actes des XVes Journées Internationales d’Histoire de l’Abbaye de Flaran 10., 11. et 12. septembre 1993, Toulouse 1996, S.168.

[91] Einhardi Vita Karoli Magni , hg. v. Holder-Egger, Oswald, Hannover 1911, ND 1965, S. 37.

[92] Ann. Xant., S. 10.

[93] Fischer, Balthasar, Art. Amalarius, in: NdB 1 (1953), S. 236f.

[94] Concilium Carisiacense, in: Werminghoff, Albert (Hg.), Concilia aevi Karolini (742-842), Teil 2, Hannover 1908, ND 2003, S. 768.

Ende der Leseprobe aus 147 Seiten

Details

Titel
Naturkatastrophen und –erscheinungen im 8. und 9. Jahrhundert und ihre Wahrnehmung in der fränkischen Geschichtsschreibung
Hochschule
Universität des Saarlandes  (Fakultät 3 - Philosophische Fakultät I, Fachrichtung 3.4 Geschichte des Mittelalters)
Note
15
Autor
Jahr
2008
Seiten
147
Katalognummer
V175842
ISBN (eBook)
9783640970001
ISBN (Buch)
9783640970452
Dateigröße
1097 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Annalen, Naturerscheinungen, Geschichte, Geschichsschreibung, 8. Jahrhundert, 9.Jahrhundert, Krankheiten, Katastrophen, Wetter, Schwarz, Eric, Mittelalter, Middle Ages, Hazards, Historiographie, Examensarbeit
Arbeit zitieren
Eric Schwarz (Autor:in), 2008, Naturkatastrophen und –erscheinungen im 8. und 9. Jahrhundert und ihre Wahrnehmung in der fränkischen Geschichtsschreibung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175842

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