1813 - Ein Wendejahr deutscher Geschichte?


Magisterarbeit, 2010

127 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

1 Ein Befreiungskrieg der Fürsten?
1.1 Preußens zerstörtes Selbstbewusstsein
1.1.1 Wandel der Loyalität: Die Konvention von Tauroggen
1.1.2 Friedrich Wilhelm III. – Preußens zaudernder Monarch
1.2 Der umworbene Bündnispartner Österreich
1.3 Die neue Souveränität der Rheinbundstaaten von Napoleons Gnaden

2 Ein Freiheitskrieg der Patrioten?
2.1 Preußisch-Deutsche Patrioten
2.1.1 Konstruktion des deutschen Nationalcharakters
2.1.2 Die deutsche Öffentlichkeit
2.1.2.1 Propaganda und Presse
2.1.2.2 Das Komitee für deutsche Angelegenheiten und die Deutsche Legion
2.1.3 Das Militär – Die Schule der Nation
2.1.3.1 Demokratisierung des Heeres
2.1.3.2 Die Freiwilligenverbände
2.1.4 Patriotische Frauen
2.2 Das Volkstum der Deutsch-Österreicher
2.3 Bürgerlicher Rheinbundpatriotismus

3 Ein Volkskrieg der Armen?
3.1 Preußen und Norddeutschland
3.1.1 Wandel der bestehenden Ordnung und wirtschaftlicher Niedergang
3.1.2 Kollektive Spendenbereitschaft und Gotteserfahrung
3.2 Die süddeutschen Reformstaaten
3.3 Die napoleonischen Modellstaaten
3.4 Die Sozialdisziplinierung der linksrheinischen Gebiete

Schlussbetrachtung

Quellen- und Literaturverzeichnis
A (Gedruckte) Quellen
B Literaturverzeichnis
C Karten

Einleitung

Das Jahr 1813 wirkt wie ein Brennpunkt, in dem sich die epochalen Umbrüche der vorherigen Jahre sammeln und gebündelt auf die nachfolgenden Jahrzehnte weiterstrahlen. Während des Jahres 1813 wurden zum einen die Forderungen eines selbstbewussten Bürgertums reflektiert, die seit der französischen Revolution in den deutschen Staaten diskutiert worden sind, und immer wiederkehrend zum Programm der Liberalen im Vormärz gehörten. Zum anderen wurden die Grundlagen für die künftige Ordnung im deutschen Bund gelegt, einen lockeren Staatenbund, in dem der Versuch unternommen wurde, die dynastische Legitimität zu erhalten. Dennoch kann das Jahr 1813 als Geburtsstunde der deutschen Nationalgeschichte gesehen werden. Selbstverständlich handelte es sich in dieser Zeit um einen Prozess – sozusagen eher eine „Wende-Epoche“ – aber das Jahr 1813 war letztendlich das entscheidende Jahr, in dem sich die wichtigsten Umbrüche fokussierten.

Ende des 18. Jahrhunderts war die europäische Welt im Umbruch. Mit den Gedanken der Aufklärung und der beginnenden Industrialisierung ersehnten Teile des Bürgertums mehr Mitspracherecht in Staat und Gesellschaft. Im Jahr 1784 forderte Kant die Bürger auf, sich aus ihrer Unmündigkeit zu befreien. „Sapere aude – Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“ wird zum Leitspruch der Aufklärung. Freiheit und Gleichheit (vor dem Gesetz) waren nicht erst die Schlagwörter der französischen Revolution. Die Herausbildung eines gebildeten Unternehmerbürgertums, das dank der wissenschaftlich-technischen Entwicklung ökonomische Selbstständigkeit erlangte – während der Adel meist im Bereich der Landwirtschaft tätig blieb – bildete die Grundlage von politischen Forderungen. Die Gedanken der Aufklärung wurden durch die Verbreitung von Zeitungen und Flugschriften gefördert, sodass auch in Deutschland heftige Debatten hervorgerufen wurden.[1]

Der Reichsdeputationshauptschluss auf Druck Napoleons bildete 1803 die erste grundlegende Änderung des politischen Systems Mitteleuropas. Kirchengüter wurden säkularisiert und Reichsstädte sowie kleinere Fürstentümer mediatisiert, d. h. aufgehoben und größeren Territorialstaaten zugeschlagen. Nach dem Sieg bei Austerlitz (1805) gegen Österreich und Russland überführte Napoleon 16 deutsche Staaten in den Rheinbund, einem Zusammenschluss unter der Hegemonie Frankreichs. Der Rheinbund war in erster Linie ein Vertragswerk, das regelmäßige Aushebungen für die Kriege Napoleons garantierte. Mit Inkrafttreten der Rheinbundakte (1. August 1806) traten die Rheinbundstaaten aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation aus. Daraufhin legte der bisherige Deutsche Kaiser Franz II. seine Krone nieder. Das Deutsche Reich hörte formal auf zu bestehen (s. Abbildung 1). Mit Hilfe der Rheinbundtruppen konnte Napoleon im Oktober Preußen in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt (1806) besiegen. Nach der Niederlage Preußens, dem stärksten deutschen Militärstaat, stand das Imperium Napoleons auf seinem Höhepunkt. Bis 1808 traten weitere 20 deutsche Staaten dem Rheinbund bei (s. Abbildung 2). Um die Kontinentalsperre gegen England besser durchsetzen zu können, wurden 1810 die nordwestdeutschen Staaten unmittelbar dem französischen Kaiserreich einverleibt (s. Abbildung 3). „Unabhängige“ deutsche Staaten blieben nur noch Österreich und Preußen. Als sich der Bruch zwischen Frankreich und Russland abzeichnete – Russland wollte die Kontinentalsperre nicht weiterführen – rüstete Napoleon zum Krieg. Der Russlandfeldzug (1812) sollte den Anfang der Befreiungskriege einleiten.[2]

Das Jahr 1813 hatte einen eigentümlichen Doppelcharakter: die erste Hälfte war geprägt vom Freiheitskrieg der deutschen Patrioten. Eingeleitet von Yorcks (General des preußischen Hilfskorps innerhalb der Grande Armée) eigenmächtigem Entschluss, einen Waffenstillstand mit Russland abzuschließen (30. Dezember 1812), über einzelne Insurrektionen in Ostpreußen, begann die Freiheitsbewegung an Fahrt aufzunehmen. Inwieweit der Einfluss russischer (ehemals preußischer) Offiziere ging, ist nicht genau abmessbar. Aber es ist zu vermuten, dass sie die Freiheitsbewegung wesentlich befeuerten. Nachdem der preußische König Friedrich Wilhelm III. nach Breslau übergesiedelt war, genehmigte er viele Konzepte der preußischen Reformer. Als er sich nach einigem Zögern der Kriegspartei anschloss und Frankreich den Krieg erklärte, ging eine regelrechte Euphoriewelle durch das Land. Auch wenn der Volksaufstand ausblieb: gerade durch die propagandistische Wirkung der vielen Freiwilligen bekam man in Preußen das Gefühl einer wirklichen Volksbewegung.

Im zweiten Halbjahr übernahmen die angestammten Fürsten wieder die Initiative. Am 4. Juni kam es unter österreichischer Vermittlung zum Waffenstillstand zwischen den kriegsführenden Parteien. In dieser Zeit versuchte Metternich durch seine Kabinettspolitik den „geheiligten Krieg“ wieder unter geregelte dynastische Autoritäten zu bringen. Volksbewegungen und die Enthronung der napoleontreuen Fürsten, wie sie von Freiherr vom Stein (1757-1831) und Ernst Moritz Arndt (1769-1860) angedroht wurden, waren ihm unheimlich.[3] Am 12. August trat Österreich dem antinapoleonischen Bündnis Russlands, Preußens, Großbritanniens und Schwedens bei. Höhepunkt des Jahres war die Völkerschlacht bei Leipzig vom 16.-19. Oktober 1813. Nach der Niederlage der französischen Truppen musste Napoleon seine Ambitionen auf eine Hegemonie in Deutschland vorerst aufgeben. Die endgültige Niederlage Napoleons war absehbar.

Auf dem Wiener Kongress 1814/15 wurde Europa auf der Grundlage des Gleichgewichts der Mächte neu geordnet. Für Deutschland wurde der Deutsche Bund geschaffen, ein lockerer Staatenbund von 37 souveränen Staaten und 4 freien Städten (s. Abbildung 4). Viele Deutsche, allen voran politische Professoren und Studenten, hatten auf einen festeren Zusammenschluss der deutschen Staaten gehofft.

Zwischen 1803 und 1819 fand in den deutschen Staaten ein Reformprozess statt. Die Überlegenheit der französischen Wirtschaft, der Verwaltung und des Militärs waren in den deutschen Staaten deutlich spürbar. Die Rheinbundstaaten entschlossen sich von selbst zu Reformen. Die frühe Einführung eines bürgerlichen Gesetzbuches (Code Civil) und die Übernahme der französischen Verwaltungsstruktur legten den Grundstein für weitere Reformen, wie z. B. eigene Verfassungen. In Preußen sah der König gezwungenermaßen ein, dass der Reformprozess eingeleitet werden musste. Vor allem die preußische Heeresreform legte den Grundstein der Befreiungskriege von 1813-1815. Der Übergang zur Wehrpflicht – und damit der ideelle Hintergrund, dass jeder Bürger für seinen Staat Verantwortung übernehmen muss, die er notfalls mit dem Leben verteidigt – war ein großer Umbruch innerhalb der Gesellschaft. Die Kabinettskriege der absolutistischen Fürsten waren vorbei, wo die Söldnerheere für Geld kämpften, ohne über den Grund des Krieges nachzudenken. Durch die Wehrpflicht war jeder Bürger verpflichtet, sich mit dem Gemeinwesen zu identifizieren.

Die deutschen Staaten hatten die Wahl zwischen Anpassung und Widerstand, die großen Reformen geschahen auf äußeren Druck – freiwillig oder unfreiwillig – mit gesellschaftlichen Umbrüchen und staatlichen Veränderungen, die nach der Ära Napoleons nicht wieder zurückgezogen werden konnten. Durch die sich überschlagenden Ereignisse des ersten Halbjahres 1813 konnten bedeutende Reformen durchgesetzt werden, die den Bürger am Staat partizipieren ließen. Die Errungenschaften eines mündigen Bürgertums konnten sich nach 1813 teilweise manifestieren.[4]

Nach der endgültigen Absetzung Napoleons 1815 führten mehrere deutsche Staaten den Reformprozess weiter. Artikel 13 der Bundesakte des Deutschen Bundes lautete, dass in allen Bundesstaaten eine landständische Verfassung eingeführt werden sollte. Vor allem die Klein- und Mittelstaaten erließen daraufhin Verfassungen. Nach der Ermordung Kotzebues durch Karl Ludwig Sand (23. März 1819) setzte sich das „Metternich'sche System“ durch, und der Reformprozess wurde durch die Karlsbader Beschlüsse vorerst gestoppt.

Das „Schicksalsjahr 1813“[5] wird von der Geschichtswissenschaft unterschiedlich beurteilt. Je nach politischer Ausrichtung versuchten Historiker die Befreiungskriege verschieden zu deuten.[6] Dies lässt sich schon anhand der unterschiedlichen Bezeichnungen der antinapoleonischen Kriege 1813/15 erklären: die konservative Deutung betonte den konventionellen Charakter des Krieges unter einer legitimen Autorität und bezeichneten die Kriege als „Befreiungskriege“ von der Fremdherrschaft Napoleons. Besonders die preußisch-deutschen Geschichtsschreiber versuchten die Rolle des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. als „vorausblickenden Monarchen“ besser darzustellen.[7] Historiker des liberalen Bildungsbürgertums bevorzugten die Bezeichnung „Freiheitskriege“, um damit den Freiheitswillen des Bürgertums gegenüber Napoleon, aber auch den deutschen Fürsten zu bekunden. In der Arbeit werden sie schematisch als Patrioten zusammengefasst. Mit den Patrioten sind hauptsächlich die emanzipierten Bürger gemeint, die Mitspracherecht im Staat und bürgerliche Grundrechte forderten.[8] Die später einsetzende marxistische Geschichtsschreibung stellte die Rolle der Bevölkerung heraus und spricht vom „Volkskrieg“ gegen den Imperator Napoleon.[9] Die Arbeit folgt den bestehenden Forschungslinien und versucht deren Objektivität zu beurteilen. Deshalb wird provokativ gefragt, ob es ein Befreiungskrieg der Fürsten war, ein Freiheitskrieg der Patrioten oder ein Volkskrieg der Armen? Wer waren die führenden Agitatoren in den Befreiungskriegen? Welche Rolle hatten die führenden deutschen Großmächte Preußen und Österreich inne? Welchen Einfluss hatten Adel, Bürgertum und Bevölkerung und wieviel trug ihr Handeln zur Herausbildung einer deutschen Nation bei? Dabei stehen Motive und Ziele der Protagonisten im Vordergrund sowie die Besonderheiten des Wendejahres 1813. Die zentrale Frage lautet, wer die künftige Trägerschicht einer deutschen Nationalbewegung bildete und ob sich diese bereits 1813 erkennen ließ?

Eine zusätzliche Unterteilung erfolgt territorial: neben der besonderen Betrachtung Preußens werden auch andere deutsche Regionen untersucht. Trotz Verklärung der Befreiungskriege, ist es nicht abstreitbar, dass in Preußen die Hoffnung auf nationale Einigung am stärksten vorherrschend war. Anhand des politischen und wirtschaftlichen Wandels lassen sich große regionale Unterschiede in Preußen und Norddeutschland, in den Rheinbundstaaten und in den von Frankreich annektierten linksrheinischen Gebieten aufweisen. Gerade in den letzten Jahren wurden viele regionale Arbeiten veröffentlicht, die ganz andere Sichtweisen auf die Befreiungskriege werfen.[10] Wie unterschiedlich ausgeprägt war die Akzeptanz der französischen Hegemonie in den deutschen Gebieten? Handelte es sich bei der Befreiung der „Deutschen“ um einen Mythos? Entstand die Abneigung der Bevölkerung gegenüber den Franzosen eher aus wirtschaftlichen oder aus nationalen Gründen?

Mit der Betrachtung der unterschiedlichen Trägerschichten und der Untersuchung verschiedener Regionen soll ein Querschnitt des „gesamten Deutschlands“ unternommen werden. Das Verständnis, sich als eine deutsche Nation zu sehen, hatte ihren Ursprung in den Befreiungskriegen. Offene Fragen blieben aber weiterhin, ob die Landesidentität höher als die nationale einzuschätzen war, ob ein Nationalstaat unter Preußens Führung möglich sei und wie weit die Verfassungsbemühungen gehen sollten. Das Wendejahr 1813 reflektierte alle diese Fragen in dem Spiegel einer Zeit, in der alles möglich schien.

1 Ein Befreiungskrieg der Fürsten?

1.1 Preußens zerstörtes Selbstbewusstsein

1.1.1 Wandel der Loyalität: Die Konvention von Tauroggen

König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) hatte unter der Regierung Hardenberg eine pro-französische diplomatische Ausrichtung eingenommen. Wenn auch nur widerwillig, mussten er und seine Berater sich eingestehen, dass das Königreich Preußen nur noch von Napoleons Gnaden existierte. Als sich abzeichnete, dass Napoleon die Kontinentalsperre gegen England notfalls durch einen Kriegszug gegen Russland durchsetzen wollte, stand Preußen vor der Entscheidung auf welcher Seite es stehen sollte. Friedrich Wilhelm III. entschloss sich für das vermeintlich kleinere Übel und wählte die Allianz mit Frankreich. Daraufhin quittierten etwa 500 preußische Offiziere – ungefähr ein Viertel – ihren Dienst und traten in fremde Dienste ein. Boyen und Clausewitz gingen nach Russland. Nipperdey spricht von einem umstürzenden „Wandel der Loyalität: nicht mehr König, sondern [...] Vaterland und Nation [...] bestimmte das Pflichtgefühl.“[11] Es kam zu einem Wechsel von der dynastischen zur nationalen Legitimation. Andere Offiziere, so z. B. General Yorck, verblieben im preußischen Dienst, waren jedoch antifranzösisch eingestellt. Mit der Konvention von Tauroggen vom 30. Dezember 1812 leitete General Yorck eigenmächtig den Bündnisbruch mit Frankreich ein.

General Johann David Graf Yorck von Wartenburg (1759-1830), der den Rückzug des preußischen Hilfskorps nach dem gescheitertern Russlandfeldzug organisierte, stand unter dem unmittelbaren Eindruck der Niederlage Napoleons. Als sich günstige Umstände anboten, nutzte er eigenmächtig die Chance, ein Abkommen mit Russland abzuschließen und das Bündnis mit Frankreich zu lösen. Die Konvention von Tauroggen leitete den Wechsel in der Diplomatie Preußens ein. Die Konvention sah eine Neutralisierung des preußischen Korps vor, bis der preußische König genaue Befehle erteilte. König Friedrich Wilhelm III. brachte diese Handlung zunächst in Verlegenheit. Weder traute er sich einen offenen Bruch mit Napoleon, noch konnte er die Stimmung im Heer und der Bevölkerung Preußens richtig einschätzen. General Yorck stellte den König vor vollendete Tatsachen, sodass es schien, dass der einmal eingeschlagene Weg nicht mehr rückgängig zu machen und die Kriegserklärung Preußens an Frankreich die letztendliche Konsequenz sei.

Die ersten geschichtlichen Auseinandersetzungen mit der Bedeutung der Konvention von Tauroggen wurden von den Zeitzeugen Yorcks niedergeschrieben. Eine maßgebliche Gesamtdarstellung über das Leben von Yorck gibt Johann Gustav Droysen, der in ihm einen dem Gewissen unterworfenen Offizier sieht, der in eigenmächtigem Handeln die Konvention abschloss. Spätere bürgerliche Historiker übernahmen die Ansicht, es handele sich um einen selbständigen Entschluss Yorcks, wobei die Bewertung des königlichen Einflusses je nach Autor einmal milder und einmal schwerer ausfällt.[12] Durch einen veröffentlichten Briefwechsel zwischen Theodor Schön, ebenfalls Zeitzeuge Yorcks, mit Pertz und Droysen wurden die Verdienste Yorcks für den Abschluss der Konvention neu interpretiert. Schön schrieb in seinen Erinnerungen, dass Yorck vom König Handlungsfreiheit bekommen habe. Diese These übernahmen Historiker wie Schultze und Blumenthal, ohne jedoch weitere zwingende Beweise zu bringen.[13] Allerdings stellte Max Lehmann kurze Zeit später dar, dass die Erinnerungen Schöns im Gegensatz zu den Aussagen standen, die er in den Jahren 1812/13 aufgezeichnet hatte.[14] Bezeichnenderweise kam es gerade zur Zeit des deutschen Imperialismus zu einer Uminterpretation der Rolle Yorcks. Der Verdacht der Subjektivität, die Rolle des Königs überzubewerten, weil es in den Zeitgeist passte, liegt nahe. Eine Steigerung der Rolle Friedrich Wilhelms III. wurde mit der Veröffentlichung von Aufzeichnungen Wrangels, des damaligen Flügeladjudanten des Königs, durch Friedrich Thimme erreicht. Thimme berief sich auf geheime Instruktionen Friedrich Wilhelms, die er durch seinen Adjutanten Wrangel an Yorck weiterleitete.[15] Einige Historiker widersprachen und sahen die Aussagen Wrangels als Fälschung an[16] ; eine inhaltliche Widerlegung geschieht in der Dissertation von Voss.[17] Wenn der König die treibende Kraft hinter einem Bündnisabfall von Frankreich gewesen wäre und Yorck bereits im August 1812 mit genügenden Vollmachten ausgestattet hätte, die es bei günstiger militärischer Lage erlaubt hätten sich von der französischen Armee zu trennen, dann hätte Yorck schon eher gehandelt. Beim Abschluss der Tauroggener Konvention war der militärisch günstigste Zeitpunkt bereits verstrichen. Die Gültigkeit der Konvention war außerdem noch an die Zustimmung des Königs gebunden, die Yorck bei entsprechenden Befehlen nicht hätte einzuholen brauchen.

General Yorck befehligte das preußische Hilfskorps, das der französischen Heeresgruppe unter Macdonald untergeordnet und im Baltikum eingesetzt war. Yorck bekam unmittelbar nach Eintreffen der Nachricht über den französischen Rückzug aus Moskau, am 18. Oktober 1812, von russischer Seite Offerten, die Seite zu wechseln.[18] Um sich alle Handlungsfreiheiten offen zu halten, ließ sich Yorck auf den Schriftwechsel mit dem russischen Unterhändler Paulucci ein, ohne jedoch feste Zusagen zu machen. Die Informationen leitete er an Friedrich Wilhelm III. weiter und betonte an Paulucci, dass er keine Entscheidungen ohne Zusage des Königs treffen könne.[19] Ab Dezember 1812 kamen immer größere Details über das Ausmaß der Niederlage Napoleons heraus, die von Paulucci mit dem dringenden Appell „le temps presse“ (Brief vom 1. Dezember an Yorck) unterstrichen wurden. Als Yorck am 3. Dezember den Brief Pauluccis erhielt, richtete er sofort alle Aufmerksamkeit auf die russischen Ereignisse. Am selben Tag sendete er seinen engsten Vertrauten, Major von Seydlitz, nach Berlin, um genaue Instruktionen vom König über ein weiteres Vorgehen einzuholen. Gleichzeitig ging ein Bote, Leutnant von Canitz, nach Wilna, ins diplomatische Hauptquartier der Franzosen, um sich über die genaue Lage der französischen Armee ein Bild zu machen. Wenn bis zum Dezember ein höflicher, diplomatischer Briefwechsel zwischen Yorck und Paulucci bestand, so wurde mit dem Bekanntwerden der Lage Napoleons der preußisch-russische Austausch intensiver und kann daher zu Recht als ein Wendepunkt in der Vorgeschichte der Konvention von Tauroggen gelten.[20]

Yorck handelte, solange ihm keine klaren Handlungsanweisungen vom König gegeben wurden, weiterhin nach der Notwendigkeit, die ihm die militärische Lage vorgab. Am 18. Dezember geriet die französische Heeresgruppe Macdonald bei Riga in starke Bedrängnis, weil der Rückzugsweg abgeschnitten zu werden drohte, weshalb der Abmarsch nach Tilsit befohlen wurde. Das preußische Hilfskorps unter Yorck, das als Nachhut der Heeresgruppe Macdonald zwei Tage hinter der Hauptgruppe lag, sollte sich bei Tauroggen mit der Hauptarmee vereinigen. Am 25. Dezember traf Yorck auf das russische Detachement unter Diebitsch, das dem Korps Wittgenstein angehörte. Yorck vereinbarte mit Diebitsch Scheinbewegungen, als ob er beabsichtigte, die russischen Truppen zu umgehen, die dann dem preußischen Hilfskorps wieder den Weg verlegen sollten. Damit wollte Yorck Zeit gewinnen, ehe er sich mit der französischen Heeresgruppe vereinigen konnte. Ein Ruhetag am 29. Dezember verzögerte die Vereinigung nochmals, sodass das französische Heer vorerst bis Tilsit weiterzog. Yorck hoffte immer noch auf eindeutige Anweisungen des Königs. Er hätte auf beide möglichen Befehle des Königs schnell gehorchen können: der Wechsel auf die russische Seite oder die Vereinigung mit der französischen Heeresgruppe, der er sich trotz der Absprachen mit Diebitsch genähert hatte.[21] Ob die russischen Soldaten einem gewaltsamen Durchbruch des preußischen Hilfskorps widerstanden hätten, ist eher zweifelhaft.[22]

Am Berliner Hof traf die Nachricht der Niederlage Napoleons mit Seydlitz am 13. Dezember ein. Am Tag zuvor hatte der König in einer Kabinettsodre an Yorck noch das gemeinsame Interesse Preußens mit Frankreich erklärt. Jetzt wurden die russischen Angebote eines Seitenwechsels nochmals ernsthafter geprüft.[23] Dennoch musste nach Prüfung der offiziellen Antwort Friedrich Wilhelms – sobald Yorck die Grenze zu Preußen überschreite, solle er die Fürsorge der Provinz Preußen übernehmen[24] – und der mündlichen Aussage des Königs an Seydlitz, der General solle „nach den Umständen“ operieren[25], für Yorck ersichtlich werden, dass der Berliner Hof zur Zeit keinen Seitenwechsel wünsche. In Berlin sehne man sich nach einem „annehmlichen Frieden“, wie der preußische Kriegsminister von Hake am 20. Dezember vertraulich an Yorck schrieb. Der Wunsch nach einem ehrenvollen Ausgange des Kampfes war gegen ein Bündnis mit Russland gerichtet.[26] Der Berliner Hof bevorzugte weiterhin das Bündnis mit Frankreich, welches die Sicherheit des Staates Preußen am ehesten zu gewährleisten schien. Ein Misstrauen gegenüber Russland und die Sorge russischer Gebietsvergrößerungen auf Kosten Ostpreußens, spielten dabei wohl eine nicht unwesentliche Rolle. Yorck, der die Nachrichten am 29. Dezember empfing, war über die vorsichtige Politik Friedrich Wilhelms und seiner Regierung sicherlich nicht glücklich, zumal er am 26. Dezember die Zusicherung vom russischen Zar Alexander erhielt, „daß ein Abfall des preußischen Korps dem Könige und dem Vaterlande keinen Schaden, sondern Ersatz für alle Opfer seit dem Tag von Jena bringen sollte.“[27] Friedrich Wilhelm III. war über diese Aussage und die weiteren Verhandlungen über eine Neutralitätskonvention noch nicht informiert. Mit einer Neutralitätskonvention, wie sie Yorck in einem Brief vom 26. Dezember 1812 an Friedrich Wilhelm beschrieb, wäre der König nicht abgeneigt gewesen, blieben ihm doch alle Optionen möglich. Im Falle der militärischen Unmöglichkeit zum französischen Heer zu stoßen, wollte Yorck die preußischen Truppen konservieren, ohne dass die königlichen Waffen kompromittiert wurden, damit sie möglichst schnell dem König wieder zur freien Disposition stehen würden.[28]

Nach aktuellem Stand musste Yorck der soldatischen Disziplin gehorchen und er traf Maßnahmen, sich mit der französischen Heeresgruppe zu vereinigen. Die Verhandlungen mit den Russen wurden abgebrochen. Russische Parlamentäre durften nicht mehr ins Lager gelassen werden. Dessen ungeachtet kam am Abend des 29. Dezembers der in russischen Diensten stehende Oberst Clausewitz mit Briefen ins preußische Quartier, um die ausweglose Lage des französischen Heeres darzulegen. Dazu gab er die Marschdispositionen der russischen Armee Wittgenstein an, um zu zeigen, wie der Rückzug der französischen Heeresgruppe Macdonald nach Königsberg abgeschnitten wurde. Die aussichtslose Gesamtlage der französischen Heeresgruppe überzeugte Yorck nun doch, entgegen den Befehlen des Königs zu handeln. Am Morgen des 30. Dezember 1812 unterzeichnete er in der Poscheruner Mühle bei Tauroggen die Neutralitätskonvention. Das preußische Hilfskorps sollte neutral bleiben, bis König Friedrich Wilhelm III. seine Zustimmung gegeben hatte. Bei diesem Treffen wurde ein wesentlicher Punkt im ursprünglichen Entwurf hinzugefügt: falls sich Friedrich Wilhelm gegen einen Abfall vom Bündnis mit Frankreich entschied, wollte Yorck bis zum 1. März 1813 die Neutralität wahren.[29] Bei der Unterzeichnung waren nur geborene Preußen dabei: die Verhandlungsführer auf russischer Seite General Diebitsch, Oberst Clausewitz und Oberstleutnant Graf Dohna (die beiden letzteren sind 1812 aus preußischen Diensten getreten und waren mit Yorck eng vertraut) sowie die preußischen Verhandlungsführer General Yorck mit seinem Adjutanten Major von Seydlitz.[30] Das persönliche Vertrauen der Preußen untereinander, war für den Vertragsabschluss sicherlich förderlich. Yorck sagte bereits am 25. Dezember 1812 zu Diebitsch: „Ihr habt ja so viele ehemals preußische Offiziere bei Euch, schickt mir doch künftig einen solchen, ich habe dann doch mehr Zutrauen.“[31]

Die ostpreußische Bevölkerung betrachtete die Konvention als einen Seitenwechsel. Es häuften sich die Übergriffe seitens der Bevölkerung gegen die zurückziehende französische Heeresgruppe. Preußische Berichte an die Staatskanzlei Hardenberg sprachen davon, dass die Stimmung „ganz für die Russen“[32] sei. Für die französische Armee ergaben sich sofortige militärische Nachteile. Eine denkbare französische Verteidigungslinie in Ostpreußen ließe sich nur aufbauen, wenn sich das Hilfskorps Yorcks wieder anschlösse. Außerdem wurden Truppenteile für das immer unsicherer werdende Hinterland benötigt.[33] Wenn Yorck mit seinem Hilfskorps von 10.000 Mann nicht von Macdonald abgefallen wäre, so beurteilte Clausewitz später, und das französische Heer sich mit 30.000 Mann hinter dem Njemen oder auch hinter dem Pregel zurückgezogen und verschanzt hätte, so wäre es „höchste Wahrscheinlichkeit, daß der russische Feldzug vorderhand an der preußischen Grenze sein Ziel gehabt hätte.“[34]

Zur historischen Würdigung der Konvention von Tauroggen schreibt Schiemann – in einem pathetischen Schlusswort, welches zu seiner ansonsten sachlichen Behandlung des Forschungsthemas unpassend erscheint – dass Yorck „in entscheidender Stunde die Fackel der Freiheitskriege entzündet [... habe], auf die Gefahr hin, ein Opfer seines Patriotismus zu werden.“[35] In der Tat ist die Konvention von Tauroggen eine der „kühnsten Handlungen“[36] in der deutschen Militärgeschichte gewesen. Yorck handelte ohne Absprache mit König und Regierung. Zweimal überschreitet er seine Befugnisse wesentlich. Im Entwurf der Tauroggener Konvention, am Abend des 29. Dezember, war die Option noch beachtet, jederzeit dem Befehl des Königs Folge zu leisten. Im endgültigen Vertrag aber, der am Morgen des 30. Dezembers unterschrieben worden ist, verpflichtete sich Yorck zu einer zweimonatigen Untätigkeit, falls Friedrich Wilhelm III. die Konvention nicht billigte. Als Yorck mit der Unterzeichnung seinen Entschluss gefasst hatte, ging er – trotz eigener Zweifel an der Legitimität seiner Entscheidung – umso entschiedener den eingeschlagenen Weg weiter. Nach seiner Beurteilung war ein Abfall von Frankreich das Beste für Preußen. Er dachte, den Entschluss des Königs nur vorauszunehmen. Noch ehe eine Antwort des Königs kam, führte er mit den Russen Gespräche über ein Zusammenwirken der russischen Armee mit dem preußischen Hilfskorps. Yorck wollte die ganze Provinz zur Erhebung bringen.[37] Yorck blieb weiterhin ohne genaue Instruktionen. Vielleicht konnte der König im französisch besetzten Berlin nicht eindeutiger handeln. Deshalb entschied Yorck sich, Friedrich Wilhelm vor vollendete Tatsachen zu stellen. Ohne eine offizielle Bestätigung der Konvention ging Yorck einen Schritt weiter und handelte die Voraussetzungen eines Übertritts zu Russland aus. Er bot Zar Alexander eine sofortige Vereinigung an, wie aus einem Schreiben Alexanders an Wittgenstein erkenntlich wird. Das hätte das Eingehen eines offiziellen Bündnisses mit Russland bedeutet, hätte Alexander nicht auf eventuelle Befindlichkeiten Friedrich Wilhelms hingewiesen.[38] Jedoch nach einer kurzen Anstandsfrist nahm der Zar nach einigen Tagen, am 20. Januar 1813, den Zusammenschluss mit „Genugthuung“ auf. Am 21. Januar ließ Yorck sein Korps gegen Frankreich, in die Stellung von Elbing einrücken, was „einer Kriegserklärung gleich“ kam.[39]

Wieviel persönliche Politik spielte bei Yorck eine Rolle? Er war ein General „altpreußischer Manneszucht“, der wie kein anderer den „Stolz des alten Offizierscorps“ verkörperte, mit ausgeprägter Abneigung gegen die Franzosen. Dennoch ging die soldatische Pflichterfüllung bei ihm über alles.[40] Doch war es noch die Pflichterfüllung gegenüber der Dynastie? Oder handelte es sich bei Yorck um eine bewusste Missachtung königlicher Anordnungen, um die „Fackel der Freiheitskriege“ zu entzünden? Bei nüchterner Betrachtung fällt auf, dass sich Yorck zwar des Argumentes „der militärischen Notwendigkeit“ bediente, diese aber selbst geschaffen hatte, indem er die Vereinigung mit der Heeresgruppe Macdonald verzögerte und eine militärische Auseinandersetzung mit den Russen nicht durchführen wollte. Selbst am Abend des 29. Dezember war die militärische Ausgangslage für das preußische Korps nicht hoffnungslos. Tilsit war nicht in den Händen der Russen; ein Rückzug des preußischen Hilfskorps also noch möglich. Im Rücken der Preußen war der russische „Feind“ noch nicht in Sicht; von Bedrückung also keine Spur. Es bleibt die vage Zusicherung Clausewitz' an Yorck, dass die Rückzugslinie des Macdonald'schen Heeres durch die russischen Vorstöße der Wittgensteinischen Armee nach Schillupischken und Sommerau gefährdet seien.[41] Der Grund für Yorck, die Konvention endgültig abzuschließen, kann also nicht mit einer militärischen Notwendigkeit erklärt werden, die er zur Begründung gegenüber dem König vorschob, sondern mit dem selbstständigen Entschluss eines dem Gewissen unterworfenen Offiziers. Yorck suchte seine Legitimation in der Verantwortung gegenüber dem Vaterland. Nach abgeschlossener Konvention berichtete Yorck in zwei Briefen (30. Dezember 1812/ 3. Januar 1813[42] ) an Friedrich Wilhelm III. über die militärischen und politischen Umstände, die ihn bewogen hatten, mit den russischen Truppen diese Übereinkunft zu treffen und bat um nachträgliche Zustimmung. Während der erste Brief nur die militärische Notwendigkeit erklärt, so ist der zweite Brief mehr als eine soldatische Einschätzung; es ist ein patriotisches Bekenntnis: der preußischen Monarchie sei es jetzt vorbehalten, der Erlöser und Beschützer aller deutschen Völker zu werden. „Jetzt oder nie ist der Moment der Freiheit, Unabhängigkeit und Größe wieder zu erlangen ohne zu große und zu blutige Opfer bringen zu müssen.“[43] Die Monarchie als oberstes Haupt des Vaterlandes ist für ihn dabei selbstverständlich. Die Loyalität zum Monarchen bleibt vorhanden, wird aber mit der Loyalität zum Vaterland verbunden. Wobei es sich bei Yorck eher um Preußen als Vaterland handelte, aber mit dem Ansatz alle deutschen Völker zu befreien. Die Wiedererlangung der Größe Preußens war für den erzkonservativen Offizier Ehrensache. Yorck nutzte eigenmächtig die sich bietende Chance einen Seitenwechsel vorzubereiten, der die französische Fremdherrschaft abschütteln sollte. Er glaubte damit im Sinne des Königs und im Sinne Preußens zu handeln. Yorck war sich des eigenen Risikos bewusst. Er wusste, dass er seine Entscheidung ohne genaue Kenntnisse der politischen Lage in Berlin traf. Der Schritt, das preußische Hilfskorps mit den russischen Truppen zu vereinigen, kam einem Bündniswechsel gleich, der weit über seine Befugnisse hinaus ging. Für sein eigenmächtiges Verhalten konnte er vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Dass er sich der letztendlichen Konsequenz seines Handels voll bewusst war – nämlich seine standrechtliche Erschießung wegen Hochverrats – bewies er am Ende des Briefes vom 3. Januar 1813, als er schrieb, dass er „auf dem Sandhaufen ebenso ruhig wie auf dem Schlachtfelde [...] die Kugeln erwarten werde“.[44]

1.1.2 Friedrich Wilhelm III. – Preußens zaudernder Monarch

Als die Nachricht der abgeschlossenen Konvention in Berlin ankam, brachte sie den preußischen Hof in große Verlegenheit. Wenn man Yorcks Handeln billigte, würde dies den sofortigen Abfall von Frankreich zur Folge haben. Wenn nicht, würde der General bloßgestellt werden. Dennoch entschied sich Berlin für das letztere. Die Hoffnung war zu groß, dass Preußen in einer Vermittlerrolle zwischen den kriegsführenden Parteien gestärkt hervorgehen könnte. Friedrich Wilhelm III. betrieb eine Doppelpolitik: es wurde ein Bote an die Franzosen geschickt, der die eigenhändige Tat Yorcks verurteilen und seine Verhaftung in Aussicht stellen sollte. Mit dieser Geste wurde das Bündnis zu Frankreich beschworen. Ein zweiter Bote gab geheime Instruktionen an General Yorck, dass dieser sich unter den Schutz des Zaren stellen sollte.[45] Dass sich beide Missionen widersprachen lag an der Politik des Königs, sich bis zum Schluss alle Optionen zu erhalten. „Der Melancholiker auf dem Thron“, wie Stamm-Kuhlmann den preußischen König benennt, wirkte in den Befreiungskriegen eher hemmend als fördernd.[46] Er betrieb keine eigene Politik, sondern reagierte auf die Ereignisse.

Der König und seine Regierung waren über Bündnispartner und realistische Kriegsziele unentschlossen. Nicht einmal das Argument, dass Preußen zum Schauplatz eines langen und blutigen Krieges werden könne, wenn die Trümmer der Grande Armée über die Elbe entkämen, konnten Friedrich Wilhelm überzeugen, den Franzosen in den Rücken zu fallen.[47] Einzig und allein war „die Überzeugung, daß die Regierung handeln müsse, wolle sie nicht die Initiative aus der Hand geben.“[48] Um im zukünftigen Mächtesystem eine bedeutendere Rolle zu spielen, mussten Maßnahmen zur Aufrüstung getroffen werden. Zur Durchführung dieser Maßnahmen wurde Scharnhorst zurückgerufen, der preußische Heeresreformer der Jahre 1807-1810, der aus politischer Rücksichtnahme auf Napoleon zurückgetreten war. In kurzen Abständen wurden die Aufrufe zur Bildung freiwilliger Jägerdetachements[49] und zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht[50] veröffentlicht.

Die Erhebung in Ostpreußen begann, durch das Wirken deutscher Patrioten (teilweise in russischen Diensten), eine gewisse Eigendynamik zu entwickeln. Auf einem außerordentlichen Landtag am 7. Februar, auf dem Yorck eine mitreißende Rede hielt, wurde beschlossen eine Landwehr aufzustellen, die gegen die Franzosen kämpfen sollte.[51] Die Bestätigung des Landtags gegen die Franzosen vorzugehen war kühn, denn es bestand noch kein offizielles Bündnis zwischen Preußen und Russland. Die allgemeine Stimmung in Preußen war für einen Krieg gegen die Franzosen, sodass Berater des Königs rieten, sich dem Enthusiasmus der Bevölkerung nicht zu verschließen. Der bevorstehende Krieg sei ein nationaler Krieg, in dem es um alles gehe, was dem Volk am liebsten und heiligsten sei. Der Monarch müsse sich als natürliches und legitimes Objekt an die Spitze dieser Bewegung stellen, ansonsten werde er hinweggespült.[52] Yorck setzte Friedrich Wilhelm noch weiter unter Zugzwang, indem er bis zur Oder vorrückte. Am 28. Februar war es soweit, dass Preußen mit Russland – unter starker Mitwirkung Steins, der 1812 in russische Dienste gewechselt war – einen Bündnisvertrag schloss. Nach beendetem Krieg sollte Preußen in den Verhältnissen von 1806 wiederhergestellt werden, mit Ausnahme des Herzogtums Warschau, das unter russische Verwaltung kommen sollte. Dafür wurden Preußen Gebiete in Norddeutschland als Entschädigung versprochen. Der Bündnisvertrag, der führend von russischer Seite ausgearbeitet worden ist, wurde von Friedrich Wilhelm ohne Änderung genehmigt. Die Initiative eines Seitenwechsels kam also wieder nicht von ihm. Er schien so, als fügte er sich in das Schicksal. Seine Zweifel offenbarten sich, als er in den ersten Märztagen Weisungen an seine Generäle gab, die Oder nicht vor dem 11. März zu überschreiten, weil dies in politischer Hinsicht wichtig wäre. Er hatte Angst, der Abfall von Frankreich käme zu früh.[53]

Am 16. März erklärte Preußen Frankreich den Krieg. Gleich darauf veröffentlichte Friedrich Wilhelm III. die Aufrufe „An mein Kriegsheer“[54] und „An mein Volk“[55]. Die Aufrufe wurden nicht auf Anregung des Königs betrieben, sondern von seiner Regierung, die bemüht war, den König als gerechte Autorität an die Spitze der nationalen Bewegung zu stellen. Erstmals erklärte ein preußischer König die Ursachen des Krieges und rechtfertigte ihn gegenüber seinen Untertanen! Am Ende des Aufrufes spricht er sein Volk als „Preußen und als Deutsche“ an. Die Aufrufe forderten die Opferbereitschaft jedes Einzelnen für den Kampf um die Unabhängigkeit und die Ehre Preußens. Voll Pathos spricht Friedrich Wilhelm von „heiliger Pflicht“ und der „gerechten Sache“. Es schien, als ob er sich von der allgemeinen Begeisterung anstecken ließe. Die Sammlung der ersten freiwilligen Jäger in Breslau muss auf den König einen überwältigen Eindruck gemacht haben, sodass er für einen Augenblick seine Zweifel zerstreute und sich von der Einsatzbereitschaft des Volkes überzeugen ließ. Der Höhepunkt des Vertrauens in das eigene Volk bezeichnete den 21. April 1813, an dem Friedrich Wilhelm der Verordnung über den Landsturm zustimmte.[56] Der Landsturm, bestehend aus Jünglingen und alten Männern die nicht in die regulären Truppen eingereiht werden konnten, sollte Züge eines Volksaufstandes tragen, wie in Tirol 1809 oder beim spanischen Guerillakrieg. Die Bewaffnung des Volkes war aber dem König selbst nicht geheuer, weshalb der Landsturm nur eingeschränkt in Preußen zur Geltung kam und mit dem Eintritt Österreichs in die Koalition aufgehoben wurde.[57]

Die Politik Friedrich Wilhelm III. und Hardenbergs war reagierend, nicht agierend. Den besten Zeitpunkt, die napoleonischen Truppen zu schwächen, hätte er ohne Zweifel verpasst. Am 31.12.1812 bemerkt Marwitz, ein brandenburgischer Junker, der den König zum sofortigen Losschlagen gegen die Franzosen bewegen wollte: „Es ist gewiß und wird mit Trauer am Schlusse vermerkt, daß des Königs Persönlichkeit dem, was hier von ihm gefordert wird, so entgegen ist, daß durchaus gar keine Hoffnung für die Möglichkeit eines solchen Unternehmens in ihm liegt.“[58] Auch General Yorck ärgerte sich über die Zögerlichkeit seines Souveräns und entschied letztendlich selbst der Konvention von Tauroggen zuzustimmen und den Bündnisbruch vorzubereiten. Die Insurrektion der Bevölkerung in einzelnen Provinzen Preußens gegen französische Truppen, vor allem in Ostpreußen, setzte schon vor der offiziellen Kriegserklärung ein. Die entscheidenden Vertragspunkte wurden von russischer Seite erstellt und vom König abgezeichnet. Das alles deutet auf einen zutiefst verunsicherten Monarchen hin, der miterleben musste, wie das zu Ruhm und Ehren erlangte Preußen innerhalb nur einer Generation vor der eigenen Existenzfrage stand. Als es zur Frage über den Oberbefehl der Koalitionstruppen kam, überwiegte in Friedrich Wilhelm wieder der Zweifel. Entgegen den Ratschlägen, sich an die militärische Spitze der Befreiungsbewegung zu stellen, überließ er erst den Russen und später den Österreichern die Führung.[59] Weder in der Vorbereitung noch in der Durchführung der Befreiungskriege zeigte er Führungsstärke, weshalb er weder der treibende Faktor im Kampf gegen Napoleon, noch der zukünftige Träger einer deutschen Nationalbewegung war.

1.2 Der umworbene Bündnispartner Österreich

Österreich spielte im Frühjahr 1813 eine verhaltene Rolle. Die Erfahrungen aus dem Krieg gegen Napoleon im Jahre 1809, wo sie vergeblich auf die Unterstützung deutscher Staaten – besonders Preußens – warteten, ließen die Führungskräfte an der Entschiedenheit der Koalition Russland-Preußen zweifeln. Nach dem Krieg von 1809 war eine gesamtdeutsche Befreiungsbewegung, wie sie Außenminister Philipp Stadion und Freiherr vom Stein in vielen gemeinsamen Gesprächen vorgeschwebt hatte, geschwächt. Der Versuch eines nationalen Volksaufstandes war mit der Niederlage der Tiroler Schützen und der Hinrichtung Andreas Hofers gescheitert. Nach dem Frieden von Schönbrunn wurde Klemens Wenzel Lothar von Metternich (1773-1859) zum Außenminister Österreichs berufen. Franz I., Kaiser von Österreich, vertraute ihm und ließ ihm freie Hand.[60] Metternich versuchte Österreich aus den Kampfhandlungen zwischen Frankreich und Russland möglichst herauszuhalten. Insgeheim hoffte er auf eine Stärkung der eigenen Position, da ein Krieg zwischen den größten Kontinentalmächten zweifellos beide schwächen würde. Metternich scheute eine Übermacht Frankreichs genauso wie eine Russlands. Vor allem die Konkurrenz mit Russland in Südosteuropa ließ Metternich lange zögern, auf die russische Seite zu wechseln. Österreichs ureigenstes Interesse, als Staat in der Mitte Europas gelegen, war ein europäisches Mächtegleichgewicht. Deshalb war es sein Ziel, Frankreich als Großmacht zu erhalten.

An einem Sieg Napoleons zweifelte weder Kaiser Franz noch Metternich, weshalb sie auch den Bündnisverpflichtungen nachkamen und Truppenkontigente stellten. Kaiser Franz I. und Metternich waren sich lange Zeit unschlüssig, ob sie das Bündnis mit Frankreich brechen sollten, da doch gerade „Österreichs ganze Existenz auf der 'Heiligkeit' von Verträgen beruhte.“[61] Außerdem war es 1810 gelungen, durch die Heirat zwischen Napoleon und Marie-Luise von Habsburg, die älteste Tochter Franz I., sich dauerhaft mit Frankreich zu verbinden. Getreu dem habsburgischen Motto „Bella gerant alii, tu felix Austria nube“.

Als sich für Napoleon eine Niederlage abzeichnete, schloss Karl Philipp zu Schwarzenberg, Anführer des österreichischen Hilfskorps in der Grande Armée, am 30. Januar 1813 einen unbefristeten Waffenstillstand mit Russland. Österreich fiel fast von selbst eine Schlüsselrolle zu. Die Fortsetzung und das Ausmaß des Krieges gegen Frankreich wurde von Russland noch nicht genau definiert. Immer wieder gab es Offerten an Österreich, sich gegen Napoleon zu verbünden. Friedrich Wilhelm III. wagte es nicht ohne Teilnahme Österreichs auf Seiten Russlands zu kämpfen. Nur auf Drängen der preußischen Patrioten erklärte er Frankreich den Krieg. Der ins Stocken geratene Vormarsch der Koalitionstruppen lieferte auch kein überzeugendes Argument für Österreich, das Bündnis mit Frankreich zu verlassen. Napoleon unternahm ebenfalls viel, um seinen Schwiegervater Kaiser Franz I. zu überzeugen, wieder aktiv in die Kampfhandlungen auf Seiten der Franzosen einzutreten. Metternich versuchte so lange wie möglich Österreich neutral zu halten, um ungestört seine Kabinettspolitik voranzutreiben und sich alle Optionen offen zu halten. Jeder Tag brachte Zeitgewinn für die Aufrüstung der österreichischen Armee. Zwischen dem 4. Juni und dem 10. August kam es zu Friedensverhandlungen der kriegsführenden Mächte unter Vermittlung Österreichs. Metternich „beherrschte meisterlich die Kunst, Österreich der gesamten Umwelt als politisch und militärisch unentbehrlich erscheinen zu lassen und gerade dadurch es auch wirklich unentbehrlich zu machen: indem er die bloße Vorstellung schon verhinderte, es könne in Europa Kombinationen ohne Österreich geben, verhinderte er in der Tat Kombinationen gegen Österreich.“[62]. Nach dem Waffenstillstand war aus der geschwächten Habsburgermonarchie, ein umworbener Partner geworden, der über eine rasch ausgehobene, ausgeruhte Armee von knapp 100.000 Mann verfügte. Da beide Parteien versuchten, Österreich auf ihre Seite zu ziehen, waren beide zu Zugeständnissen bereit. Das Ziel Metternichs war es, das Tempo und die Richtung der Verhandlungen selbst zu bestimmen. Er kannte den Bündnisvertrag von Kalisch zwischen Russland und Preußen vom 28. Februar, in dem Russland sich Polen einverleiben wollte und Sachsen an Preußen zugeschlagen werden würde. Dies hätte die Gefahr geborgen, dass Russland nach Europa gerückt wäre und als Kontinentalmacht die Hegemonie übernehmen könnte. Im Bündnis mit einem noch stärkeren Preußen wären sie unbesiegbar gewesen. Für den Mitteleuropastaat Österreich war dies eine ebenso beunruhigende Lage wie ein zu starkes Frankreich im Westen. Metternich kam auf seine immer wieder geäußerte Überzeugung zurück, das Gleichgewicht der europäischen Mächte wiederherzustellen. An Frankreich stellte er die Forderung, das Großherzogtum Warschau, Illyrien und Nordwestdeutschland abzutreten. Die linksrheinischen Gebiete sollte Frankreich behalten.[63] Die entscheidende Unterredung zwischen Metternich und Napoleon ergab sich am 26. Juni in Dresden. Napoleon erklärte, er könne nicht als geschlagener Mann nach Frankreich zurückkehren. Zu Metternichs Kabinettspolitik gehörten auch die Verhandlungen mit den Rheinbundstaaten, vor allem Bayern. Metternich wusste, dass er die Zeit nicht zurückdrehen konnte. Bayern war ein von Napoleons Gnaden einflussreicher Mittelstaat geworden. Die bayerische Armee belief sich im Sommer 1813 auf über 20.000 Mann. Es war also kein Wunder, dass Metternich sein Augenmerk auch auf den Nachbarstaat geworfen hatte. Getreu seiner Politik, ein europäisches Gleichgewicht nach der Napoleon-Ära zu schaffen, war Metternich zu Zugeständnissen bereit. In langwierigen Verhandlungen schuf er ein Vertragswerk, dass Bayern den territorialen Besitzstand und volle Souveränität garantierte. Am 8. Oktober unterzeichneten Österreich und Bayern den Vertrag zu Ried. Wenn man bedenkt, dass der russische Zar – von Stein beeinflusst – noch im März den deutschen Fürsten drohte, ihre Besitztümer zu nehmen, wenn sie sich nicht der antifranzösischen Koalition anschlössen, so ist die Diplomatie Metternichs als großer Schritt in Richtung einer friedlichen Nachkriegsordnung zu werten. Schließlich ließ sich auch der Zar überzeugen und trat dem Vertragswerk bei. Bis zum 24. November folgten alle Rheinbundstaaten bis auf Sachsen. Die Verträge bildeten die Grundlage des Wiener Kongresses, bei dem die neugebildeten Staaten mit voller Souveränität bestehen blieben.

Österreichs umworbene Lage nutzte Metternich, um Charakter und Ziel des Krieges zu bestimmen. Er wollte weg vom Volkskrieg, der die monarchische Ordnung in Frage stellte, zu einem eingehegten und übersichtlichen dynastischen Krieg. Sein Ziel war ein dauerhafter Friedensschluss, den nur ein Mächtegleichgewicht der europäischen Großmächte herbeiführen konnte. Die Koalitionsmächte Russland, Preußen, Schweden und Großbritannien mussten sich diesen Forderungen fügen. Metternich kam die Position Großbritanniens zugute, das seit jeher an einem Gleichgewicht auf dem europäischen Kontinent interessiert war. Zwei Tage nach Ablauf des Waffenstillstandes, am 12. August, trat Österreich dem antifranzösischen Bündnis bei. Österreich wurde nicht nur Mitglied der Koalition, sondern ihr Anführer. Den militärischen Oberbefehl führte Schwarzenberg und den diplomatischen Metternich.

Metternich hatte Angst, nationale Kräfte zu entfesseln, wie sie sich beispielsweise in Freiwilligenverbänden und Landwehr andeuteten. Zum einen stellte die nationale Begeisterung die legitime dynastische Ordnung in Frage. Zum anderen bedeutete jede Stärkung nationaler Kräfte, eine Stärkung der Partikularinteressen der einzelnen Völker des Donaustaates. Für Metternich bestand die Existenz des österreichischen Vielvölkerstaates in einem Ausgleich der nationalen Interessen auf der gemeinsamen Basis der Habsburger Monarchie.[64]

[...]


[1] Einen guten Überblick bietet der bibliographische Anhang bei RAUMER, KURT VON/ BOTZENHART, MANFRED, Deutschland um 1800: Krise und Neugestaltung. Von 1789 bis 1815 (= Handbuch der Deutschen Geschichte), Bd. 1, 1. Teil, Konstanz 1980; Vgl. TREUE, WILHELM, Deutsche Geschichte. Von den Germanen bis zu Napoleon, Bd. 1, 6. Aufl., Augsburg 1990, S. 444-457. Des Weiteren vgl. BRANDT, PETER (Hrsg.), An der Schwelle zur Moderne. Deutschland um 1800, Historisches Forschungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung, Electronic ed. FES Library, Bonn 2000.

[2] Vgl. NIPPERDEY, THOMAS, Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat, Bd. 1, München 1994, 11-31.

[3] Vgl. JACOB, STEFAN, Arndt und Stein. Über das politische Verhältnis zwischen den geistigen Führern der Deutschen Erhebung von 1807-1813/15, Rügen u. a. 1993, S. 65-69.

[4] Vgl. NIPPERDEY, Geschichte, S. 11-82.

[5] Rede Georg Ledebours vom 18.02.1913 auszugsweise abgedruckt in: SCHWEITZER, CARL CHRISTOPH (Hrsg.), Die deutsche Nation. Aussagen von Bismarck bis Honecker, 2. Aufl., Köln 1988, S. 89; Vgl. BRANDT, PETER, Die Befreiungskriege von 1813 bis 1815 in der deutschen Geschichte, in: Grüttner, Michael (Hrsg.), Geschichte und Emanzipation. Festschrift für Reinhard Rürup, Frankfurt am Main/ New York 1999, S. 17-57.

[6] Der Autor schließt sich der Argumentation Peter Brandts an, der den Begriff der Befreiungskriege verwendet, weil sich dieser in der Geschichtsschreibung stärker durchgesetzt habe, aber auch aufgrund des faktischen Ergebnis der Kriege als Befreiung von der Fremdherrschaft Napoleons, welches das verbindende Motiv aller Kriegsteilnehmer gewesen sei. Vgl. BRANDT, PETER, Die Befreiungskriege von 1813 bis 1815 in der deutschen Geschichte. Anmerkungen, in: Grüttner, Michael (Hrsg.), Geschichte und Emanzipation. Festschrift für Reinhard Rürup, Frankfurt am Main/ New York 1999, S. 43.

[7] Vgl. ONCKEN, WILHELM, Das Zeitalter der Revolution, des Kaiserreichs und der Befreiungskriege. 1789-1815, 2 Bde., Berlin 1886; RANKE, LEOPOLD VON, Weltgeschichte. Zeiten des Uebergangs zur modernen Welt, Theil 9, Leipzig 1888; TREITSCHKE, HEINRICH VON, Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Erster Theil: Bis zum zweiten Pariser Frieden, 3. Aufl., Leipzig 1882.

[8] Vgl. BEITZKE, HEINRICH, Geschichte der deutschen Freiheitskriege in den Jahren 1813 und 1814, 3 Bde., Berlin 1854/ 1855; FÖRSTER, FRIEDRICH, Die Geschichte der Befreiungskriege 1813, 1814, 1815, 3 Bde., 7. Aufl., Berlin 1864/ 1866/ 1866; LEHMANN, MAX, Knesebeck und Schön. Beiträge zur Geschichte der Freiheitskriege, Leipzig 1875; DERS., Scharnhorst und die preußische Heeresreform, Berlin 1935; DERS., Stein, Scharnhorst und Schön. Eine Schutzschrift, Leipzig 1877; MEINECKE, FRIEDRICH, Das Zeitalter der deutschen Erhebung (1795-1815), 7. Aufl., Göttingen 1963; ROTTECK, CARL VON, Allgemeine Geschichte vom Anfang der historischen Kentniss bis auf unsere Zeiten, Bd. 9, 8. Aufl., Freiburg i. Br. 1832; SCHNABEL, FRANZ, Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert, 4 Bde., unveränderter Nachdruck von 1929, München 1987.

[9] Vgl. MEHRING, FRANZ, 1807 bis 1812. Von Tilsit bis Tauroggen, 2. Aufl., Stuttgart 1913; abgeschwächt auch BERDING, HELMUT u. a. (Hrsg.), Soziale Unruhen in Deutschland während der Französischen Revolution (= Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 12), Göttingen 1988.

[10] Ein ausführlicher bibliographischer Anhang findet sich bei PLANERT, UTE, Der Mythos vom Befreiungskrieg. Frankreichs Kriege und der deutsche Süden. Alltag – Wahrnehmung – Deutung 1792-1841, Paderborn u. a. 2007, S. 424-437.

[11] NIPPERDEY, Geschichte, S. 27.

[12] Vgl. DROYSEN, JOHANN GUSTAV, Das Leben des Feldmarschalls Grafen Yorck von Wartenburg, 3 Bde, Berlin 1851/ 1852; DUNCKER, MAXIMILIAN WOLFGANG, Aus der Zeit Friedrichs des Großen und Friedrich Wilhelms III. Abhandlungen zur preußischen Geschichte, Leipzig 1876; GROBBEL, THEODOR, Die Konvention von Tauroggen, Köln 1894; RANKE, LEOPOLD VON, Weltgeschichte. Zeiten des Uebergangs zur modernen Welt, Theil 9, Leipzig 1888; TREITSCHKE, HEINRICH VON, Geschichte. Erster Theil.

[13] Vgl. BLUMENTHAL, MAXIMILIAN, Die Konvention von Tauroggen, in: Bausteine zur preußischen Geschichte, Bd. 1, Berlin 1902; RÜHL, FRANZ (Hrsg.), Briefwechsel des Ministers und Burggrafen von Marienburg Theodor von Schön mit G.H. Pertz und J.G. Droysen, Leipzig 1896; SCHULTZE, MAXIMILIAN, Zur Geschichte der Konvention von Tauroggen, Berlin 1898:

[14] Vgl. LEHMANN, MAX, Knesebeck.

[15] Vgl. THIMME, FRIEDRICH, Zur Vorgeschichte der Konvention von Tauroggen, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Bd. 13, Leipzig 1900, 246 ff.; DERS., Nochmals die Konvention von Tauroggen, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Bd. 15, Leipzig 1902, 194 ff.; DERS., Friedrich Wilhelm III. Sein Anteil an der Konvention von Tauroggen, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Bd. 18, Leipzig 1905, 1 ff.; DERS., Das Seydlitzsche Tagebuch des Yorckschen Korps im Feldzuge von 1812, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Bd. 20, Leipzig 1907, 201 ff.; DERS., Die geheime Mission des Flügeladjutanten Wrangel, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Bd. 21, Leipzig 1908, 199 ff.; DERS., Freiherr Ludwig von Wrangel und die Konvention von Tauroggen, in: Historische Zeitschrift, Bd. 100, 1908, 112 ff.; DERS., Hat General Yorck die Konvention von Tauroggen auf Grund einer geheimen Instruktion vollzogen oder nicht?, in: Jahrbücher für deutsche Armee und Marine 1908, 254 ff.

[16] Vgl. ANDREES, HANS, Der Einfluß des Flügeladjudanten Freiherrn Ludwig von Wrangel auf die Konvention von Tauroggen, Diss. Berlin 1907; LEHMANN, MAX, Major von Wrangel. Der angebliche Urheber der Konvention von Tauroggen, in: Preußische Jahrbücher 131 (1908), S. 436; WILKENS, THIES, Friedrich Wilhelm III. Und die Konvention von Tauroggen, Berlin Diss. 1909.

[17] Vgl. VOSS, WERNER, Die Konvention von Tauroggen, Königsberg Diss. 1910.

[18] Vgl. VOSS, Konvention, S. 27 f.

[19] Vgl. ebd., S. 30.

[20] Vgl. ebd., S. 37 ff.

[21] Vgl. VOSS, Konvention, S. 49-59.

[22] Clausewitz berichtet von einer Mannschaftsstärke des Yorck'schen Korps von 10.000 Mann gegenüber 1.400 Mann russischer Truppen unter Diebitsch, in: CLAUSEWITZ, CARL VON, Der Feldzug 1812 in Rußland und die Befreiungskriege von 1813-15. Hinterlassenes Werk des General Carl von Clausewitz, 3. Aufl., Berlin 1906, S. 163.

[23] Vgl. VOSS, Konvention, S. 60.

[24] Kabinettsordre Friedrich Wilhelm III. vom 20. Dezember 1812, in: VOSS, WERNER, Konvention, S. 62.

[25] Mündliche Überlieferung, in: VOSS, WERNER, Konvention, S. 62.

[26] Vgl. SCHIEMANN, THEODOR, Zur Würdigung der Konvention von Tauroggen, in: HZ, 84. Bd. 1, 1900, S. 221/ 242 f.

[27] VOSS, Konvention, S. 48.

[28] Vgl. VOSS, Konvention, S. 54.

[29] Konvention von Tauroggen, geschlossen zwischen dem russischen Generalmajor von Diebitsch und dem preußischen Generalleutnant Yorck. Poscheruner Mühle, den 18./30. Dezember 1812, in: MÜSEBECK, ERNST, Gold gab ich für Eisen. Deutschlands Schmach und Erhebung in zeitgenössischen Dokumenten, Briefen, Tagebüchern aus den Jahren 1806-1815, Berlin u. a. 1913, S. 183 f.

[30] Vgl. CLAUSEWITZ, CARL VON, Der Feldzug 1812 in Rußland und die Befreiungskriege von 1813-15. Hinterlassenes Werk des General Carl von Clausewitz, 3. Aufl., Berlin 1906, S.170-174.

[31] Ebd., S.168.

[32] RÖDER, REINHOLD, Zur Geschichte der Konvention von Tauroggen, in: Straube, Fritz, Das Jahr 1813, Studien zur Geschichte und Wirkung der Befreiungskriege, Berlin (Ost) 1963, S. 111.

[33] Vgl. ebd., S. 111.

[34] CLAUSEWITZ, Feldzug, S. 180.

[35] SCHIEMANN, THEODOR, Zur Würdigung der Konvention von Tauroggen, in: HZ, 84. Bd. 1, 1900, S. 229.

[36] CLAUSEWITZ, Feldzug, S. 167.

[37] Vgl. Brief Wittgensteins an Zar Alexander vom 11. Januar 1813, in: SCHIEMANN, Würdigung, S. 221 ff.

[38] Vgl. Brief Zar Alexanders an Wittgenstein vom 12. Januar 1813, in: ebd., S. 223 f./ Anlage VI, S. 238 f.

[39] Eigenhändiges Concept des General Yorck, in: ebd., Anlage 1, S. 226 f.

[40] Vgl. CLAUSEWITZ, Feldzug, S. 164 ff.; TREITSCHKE, Geschichte. Erster Theil, S. 402 f.

[41] Vgl. Bericht Carl von Clausewitz', in: KLESSMANN, ECKART (Hrsg.), Deutschland unter Napoleon in Augenzeugenberichten, 2. Aufl., Düsseldorf 1964, S. 364 f.

[42] Vgl. HÄCKEL, MANFRED/ STEINER, GERHARD (Hrsg.), 1813. Ein Lesebuch für unsere Zeit, Weimar 1959, S. 199/ 201 f.

[43] Eigenhändiges Concept des General Yorck, in: SCHIEMANN, Würdigung, Anlage 1, S. 230 f.

[44] Eigenhändiges Concept des General Yorck, in: SCHIEMANN, Würdigung, Anlage 1, S. 231.

[45] Vgl. VOSS, Konvention, S. 85 f.

[46] Vgl. STAMM-KUHLMANN, THOMAS, König in Preußens großer Zeit. Friedrich Wilhelm III., der Melancholiker auf dem Thron, Berlin 1992.

[47] Vgl. MÜNCHOW-POHL, BERND VON, Zwischen Reform und Krieg. Untersuchungen zur Bewußtseinslage in Preußen 1809-1812, Göttingen 1987, S. 381.

[48] STAMM-KUHLMANN, König, S. 370.

[49] Vgl. Erlass wegen freiwilliger Gestellung der Eximirten zu den Jäger-Detachements, 3. Februar 1813, in: PFLUGK-HARTUNG, JULIUS VON (Hrsg.), Das Befreiungsjahr 1813, aus den Akten des Geheimen Staatsarchiv, Berlin 1913, S. 8 ff.

[50] Vgl. Verordnung über die Aufhebung der bisherigen Exemtion von der Kantonspflichtigkeit für die Dauer des Krieges, 9. Februar 1813, in: ebd., S. 22 f.

[51] Vgl. Droysen, Yorck, Bd. 2, S. 93.

[52] Vgl. Immediatbericht Ancillons an Friedrich Wilhelm III., Breslau 22. Februar 1813, in: STAMM-KUHLMANN, König, S. 371.

[53] Vgl. STAMM-KUHLMANN, König, S. 371 f.

[54] Vgl. Handschriftlicher Entwurf des Königs für einen Aufruf An sein Kriegsheer, 16. März 1813, in: PFLUGK-HARTUNG, Befreiungsjahr, S. 57 f.

[55] Die Schrift geht auf den preußischen Beamten Theodor Gottlieb von Hippel zurück. Vgl. Aufruf an mein Volk, 17 März 1813, in: ebd., S. 59 f.

[56] Vgl. STAMM-KUHLMANN, König, S. 372 f.

[57] Im Juli 1811 schrieb Friedrich Wilhelm III. über den Volksaufstand: „Der mir zugeschickte Aufsatz, enthält höchst tolle Projekte. So sind aber alle die beschaffen die nur das Wohl der Welt in einem revolutionairen Volkskrieg der alles übereinander und durcheinander stürzt, darstellen und dazu vorbereiten sollen. Mir schwindelt bey solchen Tollhäuselein, die nur eine bis zur Raserey erhitzte Einbildungskraft bilden kann, und die sich Ideale und Vollkommenheit träumt, da wo keine denkbar sind, nie existiert haben und schwerlich je existieren werden.““ In: STAMM-KUHLMANN, König, S. 331.

[58] Friedrich August Ludwig von der Marwitz in seiner Denkschrift „Von dem gegenwärtigen Interesse des Königs von Preußen“, in: MÜNCHOW-POHL, Reform, S. 226.

[59] Vgl. STAMM-KUHLMANN, König, S. 375.

[60] Der römisch-deutsche Kaiser Franz II. legte sich am 11. August 1804 den Titel Kaiser von Österreich zu. Am 6. August 1806 legte er, auf Druck Napoleons, die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation nieder und führte fortan nur noch den Namen Franz I., Kaiser von Österreich.

[61] NIPPERDEY, Geschichte, S. 86.

[62] BERGLAR, PETER, Metternich. Kutscher Europas – Arzt der Revolutionen, Göttingen/ Zürich/ Frankfurt am Main 1973, S. 35.

[63] SEWARD, DESMOND, Metternich. Der erste Europäer. Eine Biographie, aus dem Englischen von Reinhard Tiffert, Zürich 1993, S. 77-89.

[64] Vgl. BERGLAR, Metternich, S. 33 f.

Ende der Leseprobe aus 127 Seiten

Details

Titel
1813 - Ein Wendejahr deutscher Geschichte?
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Historisches Institut)
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
127
Katalognummer
V175769
ISBN (eBook)
9783640968961
ISBN (Buch)
9783640969418
Dateigröße
6450 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wendejahr, geschichte
Arbeit zitieren
Heiko Ziemer (Autor:in), 2010, 1813 - Ein Wendejahr deutscher Geschichte?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175769

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