Warteschlangen und ihre Behandlung als Phänomen des Marketings


Diplomarbeit, 2009

62 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit

2. Grundlagen
2.1 Die Warteschlange
2.2 Die Wartezeit
2.3 Kundenzufriedenheit und Kundenbindung

3. Die Warteschlange aus Kundensicht
3.1 Typologie der Wartenden
3.2 Die acht Grundsätze subjektiven Wartens nach Maister
3.3 Zusätzliche Einflussfaktoren

4. Konzepte zur Kundenzufriedenheit
4.1 Die Auswirkung von Wartezeit auf die Kundenzufriedenheit
4.2 Die Equity-Theorie
4.3 Die Attributionstheorie
4.4 Die Diskonfirmationstheorie
4.5 Bewertung der Konzepte zur Kundenzufriedenheit

5. Der Umgang des Anbieters mit Warteschlangen
5.1 Interne Effizienz des Anbieters
5.2 Das Operations-Management
5.3 Das Perceptions-Management
5.4 Bewertung: Operations- vs. Perceptionsmanagement

6. Schlussbetrachtung und Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Beispiele für die verschiedenen Arten von Warteschlangen

Abb. 2 Typologie der Wartenden

Abb. 2 Mitarbeiterorientierte Führung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Warten ist unangenehm, besonders in einer Warteschlange. Jeder dritte Deutsche ist über das Anstehen verärgert1. Mit zunehmender Wartezeit wird man meist immer ungeduldiger und verlässt eventuell die Warteschlange vor der Bedienung wieder. Dem Unternehmen entstehen dadurch Kosten, in Form eines entgangenen Gewinns bzw. Kunden. Zu langes Warten wirkt sich außerdem auch auf die Kundenzufriedenheit und damit auf die Kundenbindung aus. Schon 1989 wurde in einer Statistik festgestellt, dass Menschen durch- schnittlich fünf Jahre ihres Lebens in einer Warteschlange verbrin- gen2.

Bei Warteschlangen gilt es zwischen zwei Formen zu unterscheiden, der physischen und der virtuellen Warteschlange. Die physische Warteschlange ist beispielsweise vor einer Kasse im Supermarkt zu finden. Die virtuelle Warteschlange ist für den Kunden nicht sichtbar, beispielsweise in einer Warteschleife am Telefon. Hier hat die Dauer des Wartens eine große Bedeutung. Kunden reagieren ungeduldiger auf unbeantwortete Telefonate als auf Wartezeit während eines Tele- fonats. Das Hauptaugenmerk wird in dieser Arbeit jedoch auf die Be- handlung von physischen Warteschlangen gelegt.

Große Beachtung wird der Warteschlangentheorie in der Mathematik und Statistik geschenkt. Hierbei steht die mathematische Analyse von Systemen, in denen Aufträge von Bedienungsstationen bearbei- tet werden, im Mittelpunkt. Diese Sichtweise wird im Rahmen dieser Arbeit nicht benötigt und deshalb wird auf eine nähere Erläuterung verzichtet.

1.2 Zielsetzung

Das Ziel der Arbeit ist es, dem Anbieter3 Anregungen und Konzepte zu geben, wie er mit Warteschlangen kundenfreundlicher umgehen kann. Dafür wird der Stand der Literatur zu verschiedenen Themen aufgearbeitet und verschiedene empirische Studien vorgestellt. Die Warteschlange aus Kundensicht, die Kundenzufriedenheit und das Management von Warteschlangen aus Anbietersicht bilden die Schwerpunkte.

Ein zentrales Werk dieser Arbeit stellt hierbei der Aufsatz von Maister mit dem Titel „The Psychology of Waiting Lines“ dar4. Dieser behan- delt die verschiedenen Einflussfaktoren, die auf die Wahrnehmung des Kunden in einer Wartesituation wirken. Weitere Anregungen zu der vorliegenden Arbeit gingen von der prämierten Magisterarbeit von Raupold aus, welche an die Einflussfaktoren von Maister an- knüpft und die verschiedenen Möglichkeiten zur Beeinflussung der Wahrnehmung des Kunden darlegt5.

Diese Arbeit möchte herausstellen, dass der Anbieter die Zeit, in der seine Kunden in einer Warteschlange stehen müssen, zu seinem Vorteil nutzen und positiv auf die Kundenzufriedenheit einwirken kann. Denn zu langes Warten wirkt sich negativ auf Kundenzufrie- denheit und damit auch auf die Kundenbindung aus. Ein gutes War- teschlangen-Management kann sich darüber hinaus als Wettbe- werbsvorteil herausstellen, denn ein bekanntes Sprichwort sagt: „Zeit ist Geld.“ Oder mit den Worten von Davis/Heineke: „Firms should be forewarned, however, that in today’s highly competitive environment the ability to make customers wait extraordinarily long times will quickly result in market loss to those competitors who provide the same or similar product in a shorter amount of time“6.

1.3 Aufbau der Arbeit

Im ersten Kapitel der Arbeit, wurden die Problemstellung und die Zielsetzung erörtert und es wird ein Überblick über den Aufbau der Arbeit gegeben. Im zweiten Kapitel werden relevante Begriffe erläu- tert.

Das dritte Kapitel beschreibt die Warteschlange aus Kundensicht und geht auf die von Maister und anderen definierten Einflussfaktoren wahrgenommener Wartezeit ein.

Konzepte zur Kundenzufriedenheit werden im vierten Kapitel vorgestellt, sowie die Auswirkung des Wartens auf die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung.

Anschließend beschreibt das fünfte Kapitel den Umgang des Anbieters mit Warteschlangen und zeigt die verschiedenen Möglichkeiten des Warteschlangen-Managements auf.

Die Arbeit schließt im sechsten Kapitel mit der Schlussbetrachtung und dem Fazit ab.

2. Grundlagen

2.1 Die Warteschlange

Es ist eine anerzogene, soziale Charaktereigenschaft eine Warte- schlange zu bilden. In nordischen Ländern ist die Tendenz, aus einer Masse an Personen eine Schlange zu bilden, höher als in Regionen wie Südeuropa oder Lateinamerika. Als Grund dafür wird die Wert- schätzung gesehen, die eine Kultur der Gleichberechtigung und der sozialen Ordnung beimisst.7

Eine Warteschlange kann nach Zimmermann folgendermaßen definiert werden:

„Jedes System, sei es ein organisatorisches, physikalisches, elektri- sches oder ein Produktionssystem, in dem ankommende Elemente (Menschen, Aufträge, Autos, Telefonanrufe etc.) Anforderungen an knappe Ressourcen (Sitzplätze, Maschinen, freie Stellen, Zapfsälen etc.) stellen, kann man als ein Warteschlagen- oder Stauungssystem bezeichnen.“8

Wie schon erwähnt, steht in dieser Arbeit die physische Warte- schlange im Mittelpunkt; hier gilt es zwischen zwei Typen zu unter- scheiden:

In multiplen Warteschlangen oder Mehrschlangensystemen hat jede einzelne Kasse- oder Servicepunkt eine eigene War- teschlange.

In Schlangenlinien oder Einzelwarteschlangen wird jede einzelne Kasse oder Servicepunkt von einer einzigen Warteschlange bedient (z.B. durch Nummern ziehen).

Jede dieser Warteschlangen kann einstufig oder mehrstufig sein und somit aus einem oder mehreren Warteabschnitten bestehen (vgl. Abb. 1).9

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Beispiele für die verschiedenen Arten von Warteschlan- gen10

2.2 Die Wartezeit

Wenn von Warteschlangen die Rede ist, steht auch immer die War- tezeit im Kontext. Das geordnete Warten wird von den Kunden als Instrument erachtet, so schnell wie unter den Umständen möglich sein Ziel zu erreichen. Der Hang zur Schlangenbildung wird somit auch durch das Verabscheuen von Zeitverschwendung bedingt.11

Wartezeit wird jedoch unterschiedlich wahrgenommen. Es gilt, zwi- schen zwei Arten von Wartezeit zu unterscheiden: der objektiven und der subjektiven Wartezeit. Bei der objektiven Wartezeit handelt es sich um die tatsächlich messbare Zeit in Stunden, Minuten und Se- kunden, vom Betreten einer Warteschlange bis zum Erreichen des Servicepunkts. Die empfundene Dauer des Wartens durch den Kon- sumenten wird als subjektive Wartezeit bezeichnet. Subjektiv kann also die Zeit länger oder kürzer empfunden werden, als sie tatsäch- lich ist. Dies ist situations- und personenabhängig und hängt auch von der Erwartungshaltung des Einzelnen ab. Ein hungriger Restau- rantbesucher empfindet beispielsweise die Zeit, bis sein Essen ge- bracht wird, als länger im Vergleich zu einem nicht so hungrigen Be- sucher12. Handelt es sich dann auch noch um ein Fast-Food- Restaurant, wo die Erwartungshaltung des Kunden schnell bedient zu werden hoch ist, dann kann die empfundene Wartezeit als noch länger empfunden werden.

Ein besonderer Aspekt in der subjektiven Wahrnehmung des Kunden bildet die passive und die aktive Wartezeit. Unter passiver Wartezeit versteht man eine nicht ausgefüllte Wartezeit. Die Person wartet ein- fach nur darauf, dass die Zeit vergeht. Im Gegensatz dazu steht die aktive Wartezeit. Hier wird die Wartezeit nicht wahrgenommen, da andere Aktivitäten davon ablenken. Forschungsergebnisse zeigen, dass Menschen dazu neigen, passive Wartezeit zu überschätzen und aktive, unterhaltsame Wartezeit eher zu unterschätzen13. Daher sollte es im Sinne der Anbieter sein, die Wartezeit für den Kunden aktiv zu gestalten. Diese Ergebnisse werden durch eine Studie von Feinberg/ Smith bestätigt und in Kapitel 5 näher beleuchtet14.

2.3 Kundenzufriedenheit und Kundenbindung

Eine zentrale Zielsetzung für Unternehmen sind die Kundenzufrie- denheit und die daraus resultierende Kundenbindung. Deshalb ha- ben Unternehmen im Laufe der Zeit beträchtliche Ressourcen in die systematische Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit investiert. Grund hierfür ist die einfache Erkenntnis, dass durch zu- friedene Kunden der Erfolg des Unternehmens langfristig gesichert werden kann. In zahlreichen Untersuchungen konnte belegt werden, dass Kundenzufriedenheit

- die Kundenloyalität erhöht,
- die Abwanderung der Kunden reduziert,
- die Effizienz der Marketingaktivitäten erhöht,
- die Preisbereitschaft der Kunden erhöht bzw. deren Preissensitivität reduziert und
- die Profitabilität des Unternehmens steigert.15

Die Kundenbindung umfasst sowohl das bisherige, wie auch das zu- künftige Verhalten des Kunden gegenüber dem Anbieter oder des- sen Leistung. Dies zeigt sich durch das Wiederkauf- und Weiteremp- fehlungsverhalten des Kunden und durch die Absicht, Wiederkäufe, Zusatzkäufe (Cross-Selling) zu tätigen und den Anbieter auch wei- terhin zu empfehlen.16

Einfach gesagt: Je zufriedener ein Kunde ist, desto höher ist seine Bindung an das Unternehmen.

3. Die Warteschlange aus Kundensicht

3.1 Typologie der Wartenden

Nach Seemann ist jede Person in einer Warteschlange sowohl Opfer eines Hindernisses als auch Subjekt seiner Vervielfältigung17. In Anlehnung an Seemann beschreibt die Abbildung 1 verschiedene Charaktere, die in Wartesituationen beobachtet werden können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Typologie der Wartenden18

Diese Typologie basiert auf den eigenen Erfahrungen und Beobachtungen von Seemann und stellt seiner Ansicht nach Extreme dar, welche in der Realität selten vorkommen. Seemann betont, dass eine Person zu verschiedenen Zeitpunkten des Wartens in verschiedene Rollen schlüpfen kann.19

Eine andere Einteilung nimmt Bennett vor. Er unterscheidet zwei Verhaltensmuster von Menschen in Warteschlangen. Seiner Auffas- sung nach gibt es die Typ A und Typ B Persönlichkeit. Typ A zeich- net sich durch Zeitdruck, Undgeduld, Aggressivität und Feindseligkeit aus und steht im andauernden Wettbewerb. Typ B hingegen ist ent- spannter, weniger aggressiv und nicht ständig mit seiner Umwelt im Konkurrenzkampf. Bei Bennetts Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Typ A Persönlichkeiten mit Warteschlangen weniger gut zurechtkommen und deshalb eine größere Abneigung gegen das Warten haben als Personen des Typus B. Da zu beobachten ist, dass die Typ A Persönlichkeiten in der Gesellschaft zunehmen, steigt auch ständig die Abneigung gegenüber Warteschlangen.20

Bei Katz, Larson, Larson werden die Wartenden hingegen in drei Gruppen eingeteilt. Die Beobachter, die Ungeduldigen und die Indifferenten. Die Beobachter nehmen alle Vorgänge und Personen in einem Geschäft mit Interesse wahr. Als äußerst langweilig wird das Schlangestehen von den Ungeduldigen wahrgenommen. Zwischen diesen beiden Kategorien liegt der Indifferente.21

Die Typologisierung Seemans erscheint sehr zugespitzt und plakativ. Katz, Larson, Larson nehmen eine eher undifferenzierte und ober- flächliche Einteilung ein. Die Einordnung von Bennet nimmt dagegen Bezug auf gesellschaftliche Entwicklungen und zieht Rückschlüsse auf beobachtete Verhaltensmuster. Mit der Feststellung, dass die Typ A Persönlichkeiten zunehmen, erklärt sich auch die steigende Abneigung gegenüber Warteschlangen und untermauert somit den wachsenden Handlungsbedarf der Anbieter im Umgang mit Warteschlangen.

3.2 Die acht Grundsätze subjektiven Wartens nach Maister

Eingangs wurde schon eine Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Wartezeit getroffen. In diesem Kapitel soll die subjektive Wartezeit näher betrachtet werden. Die in der Literatur bedeutendsten Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung der Wartezeit gehen auf die acht Grundsätze von Maister22 zurück:

1. Die Wahrnehmung von unerfüllter Zeit erscheint länger als von erfüllter Zeit.
2. Die Wartezeit vor der Leistung wirkt länger als die Wartezeit während der Leistung.
3. Angst und Unbehagen verlängern die subjektive Wartezeit.
4. Unbestimmte Wartezeit wird länger empfunden als zeitlich be- grenzte Wartezeit.
5. Unerklärte Wartezeit dauert subjektiv länger als erklärte War- tezeit.
6. Ungerechte Wartezeit wird länger empfunden als gerechte.
7. Je wertvoller die Leistung, desto höher ist die Wartebereit- schaft.
8. Einsames warten erscheint einem subjektiv länger als warten in Gruppen.

Wartesituationen sind häufig durch inhaltslos vergehende Zeit ge- kennzeichnet (unerfüllte Wartezeit). Der Wartende konzentriert sich ausschließlich auf den Zeitablauf und wartet auf neue Geschehnisse. Treten diese nicht ein, entsteht leere Zeit. Solche unaufhörlich wie- derkehrenden leeren Zeiten verlangsamen den subjektiven Zeitver- lauf.23

Diese entstehende Langeweile des Kunden ist für Unternehmen von großer Bedeutung. Eine Studie von Katz/ Larson/ Larson in einer Bank zeigt, dass die in der Warteschlange verbrachte Zeit von Kun- den umso kürzer eingeschätzt wurde, je mehr Ablenkung geboten wird. Ohne Ablenkung wurde die Zeit in der Warteschlange von Kun- den um durchschnittlich eine Minute überschätzt. Wartezeiten von unter einer Minute wurden von Kunden oft gar nicht wahrgenommen. Darüber hinaus wurden die Testpersonen befragt, welche Wartezeit sie noch als annehmbar empfinden. Der Großteil der Befragten gab an, dass es abhängig vom Zeitpunkt des Bankbesuches ist. An Zahl- tagen oder über die Mittagszeit sind Kunden eher bereit, längere Wartezeiten in Kauf zu nehmen.24

Hier deutet sich schon an, dass die subjektive Wartezeit beeinflusst wird durch die Befindlichkeit und Erwartungshaltung des Kunden sowie durch die erlebte Wartesituation.

Der Zeitpunkt des Wartens wirkt sich auch auf die wahrgenomme- ne Wartezeit aus. Dies gilt speziell für mehrstufige Warteschlangen. Wartet ein Kunde auf eine Serviceleistung, dauert es subjektiv länger als die Zeit während des Services. Kunden sind vor dem Service un- geduldiger als währenddessen. Der Kunde fühlt sich während des Services innerhalb des Leistungsablaufs, jedoch bei vorgelagerter Wartezeit außerhalb des Leistungsablaufs. Eine ordnungsgemäße Abwicklung wird vom Kunden erwartet. Gleichgültig ob es sich um einen telefonischen oder einen persönlichen Kontakt handelt, lange Wartezeiten im Leistungsablauf, sind für den Kunden nicht akzepta- bel.25

Die Länge einer Warteschlange ist in einem einstufigen Prozess leicht festzustellen. „When what you see is what you get, the feed- back mechanism in a system will be working perfectly“26. Jedoch liegt die Geschwindigkeit des Vorankommens außerhalb der Kontrolle des Kunden und lässt somit häufig die Wartezeit unerträglich lang er- scheinen27. In einem mehrstufigen Prozess, bei dem oft nur kleine Teile der Warteschlange sichtbar sind, wird es für den Kunden schwieriger, die Länge einzuschätzen. In Freizeitparks sind solche mehrstufigen Prozesse häufiger zu beobachten. Der erste Teil der Warteschlange befindet sich oft außerhalb des Fahrgeschäfts. Betritt man nach einer Weile endlich das Fahrgeschäft, erwartet einen meistens eine weitere Schlange. Auch in Restaurants sind mindes- tens drei verschiedene Warteabschnitte zu beobachten: Als erstes gibt es die Personen, die darauf warten zu bestellen. An zweiter Stel- le kommen die Personen, die auf ihre Bestellung warten und an drit- ter Stelle kommen die Personen, welche auf ihre Rechnung warten28. In manchen Restaurants sind es sogar vier Warteabschnitte. Es kommen die Personen hinzu, die auf einen freien Tisch warten.

Frustration und Ungeduld sind typische Gefühle, welche bei Angst und Unbehagen in Wartesituationen entstehen. Durch physiologische Größen wie z.B. die Herzfrequenz, Blutdruck, Atmung oder Transpiration kann dies gemessen werden.29

Bei vielen Kunden ist auch das Angstniveau erhöht, weil sie fürchten, nicht bedient bzw. vergessen zu werden. Dadurch wird die gefühlte Zeit verlängert. Kunden fühlen sich erst sicher, wenn sie an der Rei- he sind.30 Dies ist beispielsweise häufig in Arztpraxen oder Restau- rants zu beobachten.

Nicht nur die Angst, vergessen zu werden, kann in Wartesituationen beobachtet werden. Eine weitere Quelle der Angst liegt in der Wahl der richtigen Warteschlange. Man kennt dieses Gefühl aus dem Su- permarkt: Jeder musste sich schon öfter zwischen mehreren Kassen entscheiden. Man weiß nicht, welche Schlange die schnellere sein wird und stellt sich meistens in der „falschen Schlange“, sprich länge- ren oder langsameren, an. Dieses Phänomen ist auch als „Erma Bombeck law of lines“31 bekannt. Diese Ungewissheit löst bei vielen Menschen Angst und Unbehagen aus32.

Bestimmte Arten von Leistungen, wie beispielsweise ein Besuch beim Zahnarzt, können schon im Voraus Angst vor der Leistung selbst auslösen. Dienstleistungsunternehmen sollten diese Angst und die Unbehaglichkeit der Kunden während der Wartezeit ernst nehmen. Davis und Heineke sind der Meinung, dass es nicht möglich ist diese Ängste vollständig zu beseitigen, aber es können Maßnah- men getroffen werden, die mit Angst verbundene Wartezeit ange- nehmer zu gestalten.33

Ein weiterer Aspekt im Zusammenhang mit der Befindlichkeit des Kunden ist sein Erfahrungshorizont: Untersuchungen von Jones und Peppiatt zeigen, dass Stammkundschaft oder häufige Nutzer weniger von Angst und Unbehagen betroffen sind als Gelegenheits- oder Erstkäufer. Stammkunden kennen bereits den Ablauf und eventuelle Gründe für längere Wartezeiten.34

Die Erwartungshaltung des Kunden spielt eine große Rolle, denn die größte Angst in Wartesituationen begründet sich in der subjektiv wahrgenommenen Dauer des Wartens. Unbestimmte Wartezeit fühlt sich immer länger an als bestimmte Wartezeit35. Erfährt ein Patient im Wartezimmer, dass sich der Arzt eine halbe Stunde ver- spätet, ist er zunächst verärgert, wird aber die unvermeidbare Warte- zeit akzeptieren. Erzählt man jedoch dem gleichen Patienten in der- selben Situation, der Arzt habe bald für ihn Zeit, wird der Patient die gesamte Zeit in einem angespannten und nervösen Zustand verbrin- gen. Das Ganze führt zu einem unzufriedenen Patienten, der auf- grund der falschen Information und der unbestimmten Wartezeit in eine unangenehme Situation gebracht wurde. Ein ähnliches Phäno- men ist auch bei Verabredungen zu beobachten. Kommt man zu früh zu einem Treffen, wird die Wartezeit bis zum Beginn des Termins akzeptiert: Diese Zeit ist begrenzt.

[...]


1 Vgl. MSPA Europe 2005.

2 Vgl. US News & World Report 1989, S. 81.

3 Im Sinne des Konsumgüter-Marketings, vermarktet der Anbieter Güter (Sach- und Dienstleistungen) an den Konsumenten (Letztverwender).

4 Vgl. Maister 1985, S. 113-123.

5 Vgl. Raupold 2007.

6 Davis/ Heineke 1994, S.31.

7 Vgl. Kostecki 1996, S. 301.

8 Zimmermann 2008, S. 397.

9 Vgl. Kostecki 1996, S. 301.

10 In Anlehnung an Kostecki 1996.

11 Vgl. Kostecki 1996, S. 301.

12 Vgl. Tom/ Lucey 1997, S. 655.

13 Vgl. Hornik 1984, S. 617.

14 Vgl. Feinberg/ Smith 1989, S. 56 f.

15 Vgl. Stock 2003, S. 1.

16 Vgl. Meyer/ Overmann 1995, S. 1341 ff..

17 Vgl. Seemann 1988, S. 42.

18 In Anlehnung an Seemann 1988, S. 42 ff..

19 Vgl. Seemann 1988, S. 42 ff..

20 Vgl. Bennett 1998 S. 80 ff..

21 Vgl. Katz/ Larson/ Larson 1991, S 24.

22 Vgl. Maister 1985, Kap. 8 S. 113-123.

23 Vgl. James 1890, S. 626.

24 Vgl. Katz, Larson, Larson 1991, S. 22 ff..

25 Vgl. Davis/ Heineke 1994, S. 29 f..

26 Fung 2001, S. 333.

27 Vgl. Haynes 1990, S. 23.

28 Vgl. Fung 2001, S. 333.

29 Vgl. Denuit/ Genest 2001, S. 115.

30 Vgl. Maister 1985, S. 116 f..

31 Vgl. Haynes 1990, S. 23.

32 Vgl. Maister 1985, S. 117 f..

33 Vgl. Davis/ Heineke 1994, S. 30.

34 Vgl. Jones/ Peppiatt 1996, S. 58.

35 Vgl. Maister 1985, S. 118.

Ende der Leseprobe aus 62 Seiten

Details

Titel
Warteschlangen und ihre Behandlung als Phänomen des Marketings
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Note
3,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
62
Katalognummer
V174952
ISBN (eBook)
9783640957064
ISBN (Buch)
9783640957125
Dateigröße
628 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Warteschlangen, Warteschlangenmanagement, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Operations-Management, Perceptions-Management
Arbeit zitieren
Manuel Maurer (Autor:in), 2009, Warteschlangen und ihre Behandlung als Phänomen des Marketings, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/174952

Kommentare

  • Gast am 17.2.2012

    Kennt irgendjemand den Titel des Buches von Seemann, aus dem hier die Typologie der Wartenden zitiert wird? Benötige das Buch dringend, kann es aber ohne Titelangabe nicht finden!

    Vielen Dank im Voraus!
    Manuel

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Titel: Warteschlangen und ihre Behandlung als Phänomen des Marketings



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