Kontinuierliches Wissensmanagement in IT-Dienstleistungsunternehmen

Eine kritische Bewertung von theoretischen Modellen und Entwicklung eines optimierten Konzeptes


Masterarbeit, 2010

88 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG
1.1. Ausgangssituation
1.2. Ziele
1.3. Vorgehensweise

2. GRUNDLAGEN DES WISSENSMANAGEMENTS
2.1. Begriffsdefinitionen und -Abgrenzungen
2.1.1. Information und Wissen
2.1.2. Management
2.1.3. Wissensmanagement
2.2. Wissen als kritischer Faktor für Unternehmen

3. KONZEPTE ZUR UMSETZUNG VON WISSENSMANAGEMENT
3.1. Auswahl der Konzepte
3.2. Kriterien zur Bewertung der Konzepte
3.2.1. Herleitung der anzuwendenden Kriterien
3.2.2. Beschreibung des Bewertungsverfahrens
3.3. Das Modell nach Nonaka und Takeuchi
3.3.1. Die Wissensspirale
3.3.2. Voraussetzungen zur Wissensschaffung in Unternehmen
3.3.3. Das Fünf-Phasen-Modell
3.3.4. Managementansatz und Organisationsstruktur
3.4. Das Modell nach Probst, Raub und Romhardt
3.4.1. Kernelemente des Konzeptes
3.4.2. Strategischer Ansatz zur Verankerung des Konzeptes
3.4.3. Operative Bausteine als Kern des Konzeptes
3.5. Bewertung der Konzepte

4. HERLEITEN EINES VERBESSERTEN KONZEPTES
4.1. Besondere Gegebenheiten im Umfeld von IT-Dienstleistern
4.2. Anforderungen an das zu entwickelnde Konzept
4.3. Entwicklung des erweiterten und verbesserten Konzeptes
4.3.1. Die Unternehmenskultur
4.3.2. Die Unternehmensstruktur
4.3.3. Anreize für den Mitarbeiter
4.3.4. Zusammenfassung in einem formalisierten Vorgehen

5. ANWENDUNG DER ENTWICKELTEN OPTIMIERUNGEN AN EINEM FALLBEISPIEL
5.1. Beschreibung des IT-Dienstleistungsunternehmens
5.2. Integration der Aspekte der Unternehmenskultur
5.3. Umsetzung der Unternehmensstruktur
5.4. Umsetzung des Anreizsystems
5.5. Umsetzung der Wissensbausteine
5.5.1. Umsetzung des strategischen Managementkreislaufes
5.5.2. Umsetzung der operativen Bausteine

6. BEWERTUNG DES ENTWICKELTEN KONZEPTES UND AUSBLICK

7. ZUSAMMENFASSUNG

LITERATURVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Modularer Aufbau der Arbeit

Abbildung 2: Von Zeichen zum Wissen

Abbildung 3: Aufgabenspektrum des Managements

Abbildung 4: Bereiche und Ebenen des Wissensmanagements

Abbildung 5: Bewertungsskala der Kriterien

Abbildung 6: Die Wissensspirale nach Nonaka/Takeuchi

Abbildung 7: Die Wissensspirale in zweidimensionaler Sichtweise

Abbildung 8: Fünf-Phasen-Modell der Wissensschaffung in Unternehmen

Abbildung 9: Einbettung der strategischen Bausteine in den Managementkreislauf

Abbildung 10: Bausteine des Wissensmanagements

Abbildung 11: Eigene Optimierungsansätze

Abbildung 12: Bausteine der Unternehmenskultur

Abbildung 13: Optimierte Unternehmensstruktur mit zwei Schichten

Abbildung 14: Anreizsystem als Teil der Optimierungen

Abbildung 15: Formalisiertes Vorgehensmodell zur Umsetzung der Optimierungsansätze

Abbildung 16: IST-Organisationsstruktur

Abbildung 17: Leitbild der „Knowledge of IT" zum Wissen der Mitarbeiter

Abbildung 18: Leitbild der „Knowledge of IT" zu Innovation und Fehlern

Abbildung 19: Leitbild der „Knowledge of IT" Aufgabe der Unternehmensführung

Abbildung 20: Zielbild der Unternehmensstruktur der "Knowledge of IT GmbH"

Abbildung 21: Materielles Anreizsystem in der "Knowledge of IT GmbH"

Abbildung 22: Wissensziele der "Knowledge of IT GmbH" in der ersten Iteration

Abbildung 23: Iterative Einführung der operativen Wissensbausteine

TABELLENVERZEICHNIS

TABELLE 1: VERGLEICH VON KRITERIEN ZUR BEWERTUNG VON KONZEPTEN UND MODELLEN

TABELLE 2: KRITERIEN ZUR BEWERTUNG DER AUSGEWÄHLTEN KONZEPTE

TABELLE 3: BEWERTUNGSSCHEMA DER BEIDEN AUSGEWÄHLTEN KONZEPTE

TABELLE 4: MOTIVATIONSARTEN UND MÖGLICHE ANREIZE

1. Einleitung

1.1. Ausgangssituation

„Wissen ist Macht!“ - so beschrieb es schon der englische Philosoph Francis Bacon im 16. Jahrhundert.

In der heutigen Zeit, geprägt durch den strukturellen Wandel, dem aus der Globali­sierung entstandenen „grenzenlosen“ Wettbewerb sowie dem Durchdringen der In­formations- und Telekommunikationstechnologie nahezu sämtlicher Märkte und Pro­dukte, tritt der Faktor „Wissen“ mehr und mehr in den Vordergrund. Dieses gerade in Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen knappe Gut wird zum signifikanten Er­folgskriterium. Wissensvorsprünge der Mitbewerber bedeuten zugleich eklatante Wettbewerbsnachteile für das eigene Unternehmen. Es ist daher notwendig, das Wissen gezielt zu steuern und zu nutzen - es zu managen.[1]

Auch wenn diese Grundannahme allseits bekannt ist, wird Wissensmanagement in vielen Unternehmen nicht, nur partiell bzw. oberflächlich durchgeführt. Dies zeigen unter anderem auch bestehende Studien zu dieser Thematik, zum Beispiel die Stu­die „Wissen und Information 2005“ mit dem gleichen Erscheinungsjahr der Fraunho­fer-Wissensmanagement Community. Hierin wurde durch eine Befragung ermittelt, dass zwar über 90 Prozent der befragten Unternehmen (fast zur Hälfte aus der Dienstleistungsbranche) Wissensmanagement als „sehr bedeutsam“ einstufen - gleichermaßen sind aber über 75 Prozent der Ansicht, dass das Wissen unzurei­chend (befriedigend oder schlechter) im Unternehmen genutzt wird.[2]

Trotz der einschlägigen theoretischen Ausarbeitungen zu Inhalten und konzeptionel­ler Herangehensweise des Wissensmanagements in Unternehmungen bleibt die tat­sächliche Umsetzung anscheinend rückständig. Eine Ursache ist hierbei zumeist, dass die Theorie auf einer abstrakten und verallgemeinernden Ebene stattfindet. Die Unternehmensbranche, -große, -struktur und -kultur sowie die wirtschaftliche Verfas-
sung des Unternehmens verlangen jedoch spezifische Ansätze, Wissensmanage­ment umzusetzen. Die Diskrepanz zwischen den rein theoretischen Modellen des Wissensmanagements und der praktischen Anwendbarkeit ist deutlich.[3]

Gerade jedoch für Unternehmen wie (IT-)Dienstleister, deren hauptsächliches Kapital in dem Wissen ihrer Mitarbeiter liegt, ist eine Betrachtung des Faktors Wissen als strategisch entscheidende Ressource unabdingbar und erfolgsentscheidend.

1.2. Ziele

Die Zielsetzung dieser Master-Thesis ist die Entwicklung eines verbesserten, prakti­kablen Konzeptes zur Umsetzung eines Wissensmanagements speziell in typischen IT-Dienstleistungsunternehmen.

Dieses Finalziel soll durch die folgenden Modalziele unterstützt werden:

- Aufzeigen der Relevanz des Faktors Wissen für Unternehmen in der heutigen Zeit sowie der Notwendigkeit von Wissensmanagement.
- Identifikation von Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, welche not­wendig sind, um Wissensmanagement nachhaltig im Unternehmen umsetzen zu können.
- Identifikation von Schwachstellen existierender Referenzmodelle, um hierfür gezielte Optimierungspotentiale entwickeln zu können.
- Aufzeigen der Umsetzbarkeit des Konzeptes an einem Fallbeispiel.

Nicht Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines vollständigen Konzeptes in Form einer Checkliste oder Prozessbeschreibung zur Umsetzung eines Wissensmanage­ments in Unternehmen. Ebenfalls soll kein allgemeingültiges und auf jegliches Unter­nehmen verschiedenster Branchen übertragbares Konzept erarbeitet werden. Dies wird aufgrund der stark differierenden Besonderheiten jeder Branche als nicht erfolg­versprechend erachtet. Erkenntnisse und Inhalte der ausgewählten Modelle sollen gezielt kombiniert und weiterentwickelt werden, um in den Konzepten nicht beachtete Bereiche zu beleuchten und durch eigene Lösungsansätze Optimierungspotentiale zu nutzen.

1.3. Vorgehensweise

Die vorliegende Arbeit untergliedert sich neben dieser ersten Einleitung sowie den Schlussbetrachtungen in fünf Kapitel, welche sukzessive aufeinander aufbauen.

Im Anschluss an diese Einleitung werden die Grundlagen des Wissensmanagements bearbeitet. Diese umfassen zum einen eine Herleitung und Abgrenzung von Arbeits­definitionen der Begrifflichkeiten Information, Wissen, Management und Wissensma­nagement. Zum anderen wird der Wandel der Bedeutung von Wissen im zeitlichen Verlauf betrachtet sowie daran anknüpfend die Auswirkungen des Faktors Wissen auf Unternehmen. Dieses zweite Kapitel stellt das Fundament für die weiteren Kapi­tel dar.

Das dritte Kapitel behandelt zwei weit verbreitete Referenzmodelle zum Wissensma­nagement: die sogenannte Wissensspirale nach Nonaka und Takeuchi und die Bau­steine des Wissensmanagements nach Probst, Raub und Romhardt. Neben der Auswahlbegründung erfolgt die Beschreibung der beiden Modelle sowie die Entwick­lung von Kriterien, um diese Modelle danach zu vergleichen und zu bewerten.

Nach diesen theoretischen Betrachtungen erfolgt im anschließenden Kapitel zu­nächst ein Exkurs zu den Besonderheiten der IT-Branche. Hierauf aufbauend und mit den Erkenntnissen der kritischen Betrachtung der theoretischen Modelle aus dem dritten Kapitel werden die Anforderungen an ein optimiertes Konzept zur Einführung und Umsetzung eines Wissensmanagements in einem Unternehmen ermittelt und schließlich das Konzept entwickelt.

Das fünfte Kapitel umfasst die Anwendung des Konzeptes an einem Fallbeispiel. Für dieses Fallbeispiel wird ein fiktives Unternehmen der IT-Branche ins Leben gerufen und hieran die Kernpunkte des optimierten Konzeptes aufgezeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Modularer Aufbau der Arbeit[4]

Die Abbildung 1 fasst den Aufbau dieser Arbeit zusammen und verdeutlicht das bau­steinartige Zusammenspiel der Kapitel. Abgeschlossen wird die Arbeit nach einer kritischen Bewertung der entwickelten Optimierungen mit einer Zusammenfassung sowie einem Ausblick.

2. Grundlagen des Wissensmanagements

2.1. Begriffsdefinitionen und -abgrenzungen

2.1.1. Information und Wissen

Sowohl im alltäglichen Sprachgebrauch als auch in der Literatur werden die Begriff- lichkeiten Daten, Informationen und Wissen an vielen Stellen synonym verwendet. Um sich jedoch gezielt mit dem Bereich Wissensmanagement auseinandersetzen zu können, ist eine Differenzierung dieser Begriffe sinnvoll und notwendig.

Eine verbreitete Definition nach den Autoren Rehäuser und Krcmar aus dem Jahre 1996 unterteilt nicht nur zwischen den drei zuvor genannten Begriffen, sondern be­ginnt auf der Ebene der Zeichen selbst.[5] Aus einem einzelnen oder mehreren Zei­chen entstehen Daten. Unter dem Begriff Daten werden somit einzelne und objektive Zahlen, Quantitäten, Variablen oder Fakten verstanden, welche jedoch auf dieser Ebene noch zusammenhanglos betrachtet und verwendet werden.[6] Wenn Daten miteinander verknüpft und in einen Sinnzusammenhang gebracht werden, entstehen Informationen. Die Daten stehen nunmehr in einer Abhängigkeit: Ist zum Beispiel nach einer Gewichtsangabe gefragt, ist die alleinige Angabe einer Zahl unbrauchbar. Erst mit dem Zusatz, in welcher Maßeinheit das Gewicht angegeben wird, ergibt die Angabe einen Sinn. Informationen enthalten somit immer eine spezifische Bedeu­tung, was in der Bedeutungslehre als semantisches Phänomen bezeichnet wird.[7] Eine weitere Herangehensweise an den Begriff Information ist die Verknüpfung mit einer „Nachricht“. Informationen dienen somit der Kommunikation und der Übertra­gung von Fakten. Was diese Informationen jedoch beim Empfänger bewirken, bleibt ungewiss, da Sender und Empfänger differierende Meinungen mit den Informationen verbinden können.[8]

Bei der Interpretation von Informationen entsteht schließlich Wissen, welches direkt an die Person gebunden ist und immer in einem spezifischen Kontext steht. Für die­se Transformation muss der Mensch relevante Informationen selektieren, verglei­chen, bewerten und vernetzen, um hieraus Rückschlüsse auf die eigentliche Prob­lemstellung ziehen zu können. Wissen basiert daher immer auf persönlichen Erfah­rungen und Wertvorstellungen, welche größtenteils intuitiv und daher schwer in Wor­te zu fassen sind. Die Vernetzung von Informationen, bestehenden Kenntnissen und Erfahrungen vermittelt einem schließlich die Fähigkeit, zielorientiert zu handeln und in fremden Umgebungen Probleme lösen zu können.[9] Charakterisierend bleibt hin­zuzufügen, dass Wissen grundsätzlich nichts Beständiges ist und durch die Bindung an ein Individuum von intersubjektiver Wahrnehmung geprägt ist.[10] Abbildung 2 ver­deutlicht die verschiedenen Ebenen anhand eines Beispiels. Hierbei wird aufgezeigt, welche Schritte notwendig sind, um von zusammenhanglosen Zeichen zu Wissen zu gelangen. Für das Wissensmanagement ist daher insbesondere der letzte Schritt, das Vernetzen von verschiedenen Informationen, von elementarer Bedeutung. Hie­rauf wird in späteren Kapiteln zurückgegriffen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Von Zeichen zum Wissen[11]

Um den Begriff Wissen noch weiter zu spezifizieren und gegenüber der Begrifflichkeit Information abzugrenzen, wird er im Allgemeinen noch in implizites und explizites Wissen unterteilt. Das explizite Wissen lässt sich in formaler Sprache ausdrücken und festhalten. Dieses Wissen kann somit in Schriftstücken „abgelegt“ werden. Hier findet sich die Überleitung zur Information. Es wird aber auch deutlich, dass ein Schriftstück zwar Wissen enthält, dieses aber nur von denjenigen genutzt werden kann, die aufgrund ihres Erfahrungsschatzes die Informationen „verstehen“. Das ex­
plizite Wissen (zum Beispiel Patente, Prozessbeschreibungen, aber auch jegliche Fachliteratur) kann somit prinzipiell von einer Person an andere weiter vermittelt werden. Demgegenüber steht das implizite Wissen, welches auf Intuitionen basiert und nicht eindeutig artikulierbar ist. Dieses Wissen kann nur schwer von einer Per­son (oder auch Personengruppe) gelöst und übertragen werden. Implizites Wissen findet sich zum Beispiel in sämtlichen Bewegungsabläufen (wie der Aufschlag beim Tennis), analytischen Denkprozessen und unbewussten Verhaltenssteuerungen, welche kaum eindeutig verbalisiert werden können.[12]

Abschließend kann daher gesagt werden, dass Menschen grundsätzlich mehr wis­sen, als ihnen bewusst ist und als sie jemals in Worte fassen können.[13]

2.1.2. Management

Um im nächsten Kapitel für den für diese Arbeit zentralen Begriff Wissensmanage­ment eine Arbeitsdefinition herleiten zu können, wird an dieser Stelle der zweite Teil­begriff Management definiert. Zurückgehend auf die deutsche Übersetzung des Bu­ches „The Managerial Revolution“ von James Burnham unter Beibehaltung bzw. Übernahme der Begriffe Management und Manager haben sich diese englischen Begriffe auch in Deutschland durchgesetzt.[14] In der Managementlehre als Teil der Betriebswirtschaftslehre existiert jedoch eine Vielzahl von Übersetzungen des Begrif­fes (zu nennen sind hier unter anderem Unternehmensführung und -leitung).

Im Laufe der Zeit kristallisierten sich schließlich zwei Ansätze zur inhaltlichen Be­schreibung von Management heraus: die institutionale Sicht (Personen, Gruppen, Tätigkeiten und Rollen) sowie die funktionale Sicht (Planung, Organisation, Führung und Kontrolle). Die zuletzt genannte Sichtweise umfasst sämtliche zur Steuerung einer Unternehmung notwendigen Aufgaben, das heißt alle Aufgaben, die nicht rein ausführender Natur sind.[15]

Aus der Fülle von verschiedenen Detailierungsstufen wurde schließlich ein Fünferka­non von Harold Koontz und Cyril O’Donnel aus dem Jahre 1955 zum verbreiteten Standard.[16] Abbildung 3 verdeutlicht die fünf Bausteine des Managements nach die­sem Ansatz.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Aufgabenspektrum des Managements [17]

Anzumerken ist hierbei, dass unter Kontrolle im eigentlichen Sinne „Steuerung“ (vom englischen „to control“) verstanden wird. Gerade im Bereich der Unternehmensfüh­rung kann diese Übersetzung von Controlling zu Kontrolle kritisch betrachtet werden, da sich mit dem Begriff Kontrolle überwiegend negative Aspekte assoziieren lassen.

2.1.3. Wissensmanagement

Mit den Erkenntnissen und Arbeitsdefinitionen aus den beiden vorhergehenden Ab­schnitten wird im Folgenden der zentrale Begriff Wissensmanagement beschrieben und abgegrenzt.

Übergreifend umfasst Wissensmanagement die systematische Gestaltung und Steu­erung sämtlicher Wissensprozesse in einem Unternehmen. Diese strategische Auf­gabe zielt darauf ab, eine wissensorientierte Unternehmenskultur und -struktur zu erzeugen.[18] Hier wird sofort deutlich, dass Wissensmanagement eine Querschnittsfunktion im Unternehmen darstellt und verschiedenste Bereiche tangiert. Wissensmanagement steht dabei in einem Spannungsfeld zwischen Disziplinen wie Ökonomie, Soziologie, Informatik und auch der Psychologie. Auf den niedrigeren Betrachtungsebenen von Wissensmanagementaktivitäten ist das primäre Ziel die Generierung und Verteilung von (neuem) Wissen und damit das Verfügbarmachen des in den Unternehmensprozessen notwendigen Wissens in erforderlicher Qualität und Quantität sowie zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort.[19] Aufgrund der Tatsache, dass ein großer Einflussfaktor durch das Individuum selbst besteht, kann Wissensmanagement nur bedingt ein formalisierter Prozess sein. Vielmehr muss ein gezieltes Wissensmanagement viele Faktoren integrieren und an mehreren Punkten ansetzen, um die unternehmensspezifisch gesetzten Ziele zu erreichen.[20]

Darüber hinaus kann Wissensmanagement auch auf einer noch höheren Ebene be­trachtet werden. Neben den zuvor beschriebenen Ebenen Unternehmen und Indivi­duum können auf globaler Ebene Wissensprozesse in der Gesellschaft bzw. in spe­ziellen Teilen der Gesellschaft beobachtet werden.[21] Für diese Arbeit stehen jedoch das Unternehmen und der Mitarbeiter im Unternehmen im Fokus.

Grundsätzlich kann zwischen drei Ansätzen im Wissensmanagement differenziert werden: dem technologieorientieren, dem humanorientierten und dem integrativen Ansatz. Der technologieorientierte Ansatz ist auf die Informations- und Kommunikati­onstechnologie konzentriert, um Wissen bereitzustellen. Für die vorliegende Arbeit wird dieser Ansatz jedoch nicht als eigentliches Wissensmanagement verstanden. Wie zuvor ausgeführt ist das Wissen personengebunden, somit bietet Technologie keine alleinige Basis für einen Wissenstransfer, sondern kann nur unterstützend wir­ken. Um in den folgenden Kapiteln eine klare Abgrenzung aufrecht zu erhalten, wird dieser technologieorientierte Ansatz als Informationsmanagement bezeichnet, da der Fokus auf der schnellen Bereitstellung von Informationen an jedem notwendigen Ort liegt. Der gegensätzliche Ansatz wird als humanorientiert bezeichnet. Hierbei steht das Individuum als Wissensträger im Mittelpunkt. Schwerpunkt sind psychologische und soziologische Erkenntnisse und Ansatzpunkte, um das Individuum dazu zu be­wegen, sein Wissen zu erweitern und zu teilen. Der dritte Ansatz ist schließlich die Kombination der beiden zuvor skizzierten zu einem integrativen bzw. ganzheitlichen Wissensmanagementansatz.[22]

Für diese Arbeit gilt, dass der Begriff Wissensmanagement in jedem Fall eine ganz­heitliche Sichtweise umfasst und sowohl die human- als auch die technologieorien­tierten Aspekte vereint. Das Informationsmanagement, welches den technologieori­entierten Teil abdeckt, ist nur ein Baustein des Wissensmanagements.

Die Abbildung 4 fasst die zuvor ausgeführten Erkenntnisse und die Ebenen des Wis­sensmanagements zusammen. Hierbei wird einerseits deutlich, dass Wissensmana­gement mehrere Teilbereiche tangiert und andererseits auf verschiedenen Ebenen betrachtet werden kann. Am umfassendsten stellt sich hierbei die übergreifende Ebene der gesamten Gesellschaft dar. Ein Unternehmen ist Teil der Gesellschaft und das Individuum wiederum Teil des Unternehmens. Dieser Gedanke, das heißt insbe­sondere die differenzierte Betrachtung von Wissensmanagementprozessen auf Un­ternehmens- und Individuumsebene wird später in Kapitel 4 aufgegriffen und berück­sichtigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Bereiche und Ebenen des Wissensmanagements[23]

2.2. Wissen als kritischer Faktor für Unternehmen

Beim Betrachten des vorherigen Kapitels kann zu Recht die Frage gestellt werden, ob Unternehmen nicht schon immer kontinuierlich Wissen generiert haben. Dies ist eindeutig zu bejahen. Die Begründung liegt allein schon in der zumindest seit der Industrialisierung stetig stattfindenden Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern und der Integration unternehmensfremder Innovationen und Erfindungen in das eigene Unternehmen, um diese dann in gleicher Art und Weise anzuwenden oder sogar wei­terzuentwickeln. Allerdings erfolgt die Schaffung neuen Wissens oft unsystematisch und zufällig.[24] Dieses Kapitel soll aufzeigen, warum heutzutage ein gezieltes Wis­sensmanagement an Bedeutung gewinnt und durch welche Einflüsse der Faktor Wissen zur strategischen Ressource wird.

Innerhalb der letzten 100 Jahre verloren die traditionellen Produktionsfaktoren Bo­den, Arbeit(-skraft) und Kapital zunehmend an Bedeutung. Insbesondere der Faktor Boden war in früheren Zeiten als Grundlage für die Landwirtschaft ausschlaggebend für Wohlstand. Heute liegt der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt noch nicht einmal mehr bei einem Prozent; der Anteil von Dienstleistungen jedoch bei über 70 Prozent. Seit der Industrialisierung tritt das Wissen als vierter Faktor, auch geprägt durch den stetigen Anstieg der Nachfrage reiner Beratungsleistungen, mehr und mehr in den Vordergrund.[25]

Dieses Phänomen der Veränderung der Arbeitsgesellschaft von einer Industrie zur Wissensgesellschaft kann an drei Punkten verdeutlicht werden:[26]

1. Strukturelle Verlagerung der Arbeitsschwerpunkte von der Landwirtschaft über die Industrie in den tertiären Dienstleistungssektor.
2. Veränderung der Infrastruktur, welche gerade im Telekommunikationsbereich auf zunehmend kabellosen, schnellen und kostengünstigen Transport umfas­sender Informationsmengen ausgerichtet wird.
3. Durchdringung der Produkte mit Wissen; nahezu jedes elektronische Produkt basiert heutzutage auf Mikrochips.

Diese drei Tatsachen sowie der Einfluss der Globalisierung und dem damit verbun­denen „grenzenlosen“ Wettbewerb führen dazu, dass ein immer bewussterer und systematischerer Umgang mit Informationen erfolgt und hierdurch eine „Materialisie­rung“ des Informationsgebrauchs entsteht.[27]

Hinzu kommt, dass durch den globalen und schnelllebigeren Wettbewerb eine Öko­nomisierung der Unternehmenskultur erfolgt, das heißt vielfach stehen Kosten und Zahlen im alleinigen Fokus der Unternehmensführung. Hierdurch kann eine Entfrem­dung des Managements erfolgen und zudem eine Entsicherung des Arbeitsplatzes selbst bei hochqualifizierten Mitarbeitern. Nicht mehr langfristige Produktivitätspla­nung, sondern vielmehr kurzlebige Innovationen bestimmen den Erfolg von Unter­nehmen.[28]

Der Faktor Wissen hat zudem direkten Einfluss auf den Unternehmenswert. Offen­sichtlich wird dies bei Aktiengesellschaften durch die Differenz zwischen dem Buch­wert und dem Marktwert. Eine aktuelle Untersuchung ergab, dass rund 40 Prozent des Unternehmenswertes durch nicht-materielle Faktoren bestimmt werden. Hier­unter fallen sowohl das Image, die soziale Kompetenz als auch das intellektuelle Ka­pital, was dem Wissen des Unternehmens entspricht.[29] Trotzdem ergab eine Studie, dass noch 2008 nur die Minderheit deutscher Unternehmen (vier Prozent der befrag­ten) systematisch das intellektuelle Kapital in Form einer Wissensbilanz erfasst.[30]

Ein Wissensvorsprung gegenüber Mitbewerbern ermöglicht grundsätzlich einen Wettbewerbsvorteil.[31] Mit einem Wissensvorsprung kann eine Erzeugung von Pro­dukten mit besserer Qualität bzw. Seltenheit und Nicht-Imitierbarkeit erzielt werden. Durch eine bessere Erfüllung der Kundenwünsche und -erwartungen als durch ande­re Anbieter können Absatzzahlen sowie insbesondere auch das eigene Image erhöht
werden. Das Wissen beeinflusst aber nicht nur durch Innovation, Weiterentwicklung und Kenntnisse über die Veränderungen am Markt die Produkte bzw. Dienstleistun­gen des Unternehmens, sondern mindestens genauso die Effizienzsteigerung der Prozesse zu deren Erstellung, sprich eine Kosten- oder Zeitreduktion.[32] Gerade die Steigerung der Kompetenz bezogen auf die Wertschöpfungskette spielt in Zeiten ei­nes oft vorherrschenden Angebotsüberhangs eine große Rolle, da bei vergleichbarer Qualität verschiedener Anbieter die Kosten und Lieferzeiten entscheidend werden.

Neben diesem auf die Erzeugnisse des Unternehmens gerichteten Wissensvor­sprung ist Wissen auch deswegen ein kritischer Faktor, da es immateriell, intangibel und nicht leicht zu ersetzen bzw. zu „beschaffen“ ist.[33] Umfragen aus den vergange­nen Jahren zeigen, dass beim Ausscheiden eines Mitarbeiters aus dem Unterneh­men über ein Drittel seines Wissens im Unternehmen „verloren“ geht.[34] Diese Gefahr der fehlenden Kompensation des Wissensverlustes ist zwar den Unternehmensfüh­rungen bekannt, jedoch wird überwiegend noch auf informale Strukturen und Selbst­regulierung vertraut.[35]

Gerade in einer Zeit, in der häufige Arbeitsplatzwechsel keine Seltenheit sind und zudem die Menge, Widersprüchlichkeit und Verfallsanfälligkeit von Informationen durch verbreitete Informationstechnologie stetig zunehmen, birgt dieses Vertrauen auf eine Selbstregulierung jedoch ein hohes Risiko. Besonders kritisch ist dieses Phänomen in Unternehmen, deren Hauptaugenmerk auf der Schaffung von Wissen liegt bzw. die mit Wissen „handeln“.[36]

Um diesem Risiko zu begegnen, ist ein kontinuierliches Steuern der Wissensprozes­se zur Generierung und vor allem auch zum Transfer des Wissens im Unternehmen notwendig.

3. Konzepte zur Umsetzung von Wissensmanagement

3.1. Auswahl der Konzepte

Für diese Arbeit werden zwei Konzepte, die eine Umsetzung von Wissensmanage­ment beschreiben, vorgestellt und bewertet. Der eigene Anspruch ist hierbei, einer­seits möglichst verschiedenartige und gegensätzliche Konzepte auszuwählen, um unterschiedliche Schwerpunkte zu erhalten und hieraus durch Kombination Syner­gieeffekte erarbeiten zu können. Andererseits sollen die Konzepte verbreitet bekannt und idealerweise bereits in Unternehmen erprobt sein.

In Deutschland gilt das Konzept der Autoren Probst, Raub und Romhardt als eines der bekanntesten Modelle zum Wissensmanagement. Dieses Konzept wurde in vie­len Unternehmen als Vorlage benutzt, um ein Wissensmanagementmodell zu etab­lieren.[37] Zudem wurde es unter Einbeziehung eines Forums aus mehreren Firmen­vertretern entwickelt, was auf einen hohen Praxisbezug schließen lässt. Auch des­halb wird es vor allem für „Neueinsteiger“ im Bereich des Wissensmanagements als besonders geeignet angesehen.[38]

Im Gegensatz dazu steht das Mitte der 1990er Jahre von Nonaka und Takeuchi ent­wickelte Modell, das als eines der ersten konkreten Konzepte zum Wissensmana­gement veröffentlicht wurde. Dieses Modell wird genauso wie das zuvor genannte Konzept verbreitet in der Literatur als Referenz herangezogen, sodass es als Anstoß für viele andere Methoden und Einfluss auf später entwickelte Konzepte gesehen werden kann. Konträr zum Modell der Autoren Probst, Raub und Romhardt spiegelt es allerdings die japanische Denkweise im Bezug zum Wissen wider und bietet da­her eine völlig differierende Herangehensweise an diese Thematik.[39]

Aufgrund der Bekanntheit, der Erprobung in Unternehmen bzw. Weiterentwicklung in darauf aufbauenden Konzepten sowie der grundlegend unterschiedlichen Vorge­hensweisen werden diese beiden genannten Konzepte als theoretische Grundlage der Bewertung und Basis für die spätere Entwicklung von Optimierungen gewählt.

3.2. Kriterien zur Bewertung der Konzepte

3.2.1. Herleitung der anzuwendenden Kriterien

Allgemeingültige Grundlagen der Bewertung von Modellen und Konzepten oder so­gar standardisierte Bewertungsmethoden sind sowohl in der Fachliteratur als auch in der Praxis eher selten zu finden. Das Problem hierbei ist, dass die Kriterien stark vom Inhalt und den Zielen des Konzeptes abhängig sind. Der Einsatzbereich hat ebenfalls maßgeblichen Einfluss auf das Vorgehen einer Bewertung. Trotz dessen existieren Ansätze, Kriterien in übergeordnete Bereiche zu gruppieren und somit ver­allgemeinernd für ein Bewertungsvorgehen zu definieren - zumindest für die Bewer­tung von Konzepten und Modellen einer spezifischen Richtung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Vergleich von Kriterien zur Bewertung von Konzepten und Modellen[40] [41] [42] [43]

Die Tabelle 1 benennt Kriterien von vier unterschiedlichen Ansätzen. Die ersten drei Ansätze nach Schwendt/Funck, Riemenschneider und Liesegang/Pischon beziehen sich auf die Bewertung von integrierten Managementkonzepten. Die in der Tabelle zuletzt aufgeführten Kriterien nach Bossel entstammen einem Bewertungsansatz von mathematischen Modellen.

Auch wenn auf den ersten Blick mathematische Modelle weit entfernt von Manage­mentkonzepten zu liegen scheinen, ergeben sich bei näherer Betrachtung charakte­ristische Gemeinsamkeiten. Beide, sowohl ein Modell als auch ein Konzept, zielen durch Vereinfachung und Abstraktion auf die Abbildung eines Ausschnittes der rea­len Welt ab. Mit beiden Mitteln wird versucht, Annahmen über das Verhalten und Re­aktion auf Veränderungen der Umwelt zu beschreiben. Grundlegend können diese Bewertungskriterien daher in die Betrachtungen mit einbezogen werden.

Die verschiedenen Ansätze enthalten in vielen Punkten Überschneidungen. So legen Schwendt/Funck, Riemenschneider und Bossel einen Schwerpunkt auf die Struktur und inhaltliche Konsistenz des Konzeptes (jeweils das erste Kriterium). Das im pli­ziert, dass bewertet werden muss, inwieweit das Konzept die realen Gegebenheiten im Unternehmen wiedergibt. Dieser Realitätsbezug wird auch bei der Bewertung der beiden noch folgenden Konzepte zum Wissensmanagement berücksichtigt. Insbe­sondere muss begutachtet werden, für welche Unternehmen das Konzept hinsicht­lich der verwendeten Annahmen über Strukturen und Größe gültig ist, ob wichtige Einflussbereiche außen vor bleiben und inwieweit das Modell in bestehende Abläufe und Prozesslandschaften integrierbar ist (Riemenschneider).

Ein weiterer übergreifender Bewertungsschwerpunkt ist die Anwendbarkeit. Dies spiegelt sich wider in der Berücksichtigung von unternehmensspezifischen Voraus­setzungen (Schwendt/Funck) und in der Anwendungsgültigkeit (Bossel). Die zuletzt genannte Anwendungsgültigkeit gibt wieder, ob die im Konzept genannten Methoden überhaupt anwendbar und umsetzbar sind und nicht lediglich auf hypothetischen, unerfüllbaren Annahmen beruhen. Aber auch Aspekte wie die Relation von Aufwand und Nutzen (Schwendt/Funck und Liesegang/Pischon) und die Möglichkeiten der

Einführung - Steuerbarkeit, Managementaspekte - des Konzeptes spielen hierbei eine Rolle. Darüber hinaus sind klare Gestaltungsprinzipien (Riemenschneider) wie Verständlichkeit, Modularität und eine ganzheitliche Betrachtung förderlich für die Umsetzbarkeit und Kommunikationsfähigkeit des Konzeptes im Unternehmen.

Das dritte Kriterium für die in dieser Arbeit noch folgende Bewertung ist die Zu­kunftsfähigkeit des Konzeptes. Wissensmanagement muss als kontinuierlicher Pro­zess etabliert werden und bedarf somit einer langfristigen Ausrichtung. Flexibilität, Akzeptanz der Mitarbeiter (Liesegang/Pischon) und fortwährende Verbesserung (Schwendt/Funck) sind hierbei Indizien für die Erfüllung des zuvor genannten Kriteri­ums.

Für die Bewertung werden auf erster Ebene demnach die drei Kriterien Realitätsbe­zug, Anwendbarkeit und Zukunftsfähigkeit verwendet. Um die Bewertung differen­zierter durchführen zu können, werden jeweils zwei Unterkriterien zugeordnet, wel­che das übergeordnete Merkmal näher beschreiben. Die Tabelle 2 veranschaulicht zusammengefasst die ermittelten Bewertungskriterien.

Eine detaillierte Beschreibung der Unterkriterien entfällt an dieser Stelle. Dies wird bei der eigentlichen Bewertung der beiden Konzepte im Kapitel 3.5 erfolgen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Kriterien zur Bewertung der ausgewählten Konzepte

3.2.2. Beschreibung des Bewertungsverfahrens

Es existieren verschiedenste kalkulatorische und grafische Analyse- und Bewer­tungsmethoden. Für die hier vorzunehmende Bewertung wird ein allgemeines Sco- ringverfahren angewendet. Mittels eines Scoringverfahrens (oder auch Nutzwertana­lyse bzw. Punktwertanalyse genannt) soll eine Entscheidungsgrundlage gefunden werden.[44] Auch wenn an dieser Stelle keine Entscheidung im eigentlichen Sinne ge­troffen wird, so soll dennoch ermittelt werden, in welchen Bereichen die beiden Kon­zepte Schwachstellen besitzen. Für die Bewertung erfolgt allerdings keine Gewich­tung der Kriterien, da dies hauptsächlich für Nutzwertanalysen notwendig ist, bei de­nen zwischen verschiedenen das beste Verfahren ermittelt werden soll.[45] Da ein Ziel dieser Arbeit die Optimierung ausgewählter Schwerpunkte zur Schließung erkannter Lücken bestehender Konzepte ist, entfällt diese Entscheidung, weil in jedem Fall eine Weiterentwicklung der Konzepte als Lösung betrachtet wird.

Um die Bewertung differenziert je Kriterium vornehmen zu können, wird eine Bewer­tungsskala mit drei Stufen angewendet. Dies hat den Vorteil, dass der Vergleich übersichtlich bleibt. Die Kriterien werden einheitlich mit einem Punktesystem gemäß ihres Erfüllungsgrades von 2 (Kriterium ist erfüllt), 1 (teilweise erfüllt) und 0 (Kriterium ist nicht erfüllt bzw. bleibt unbeachtet) bewertet. Ein höheres Bewertungsergebnis impliziert somit eine bessere Erfüllung der ausgewählten Kriterien.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Bewertungsskala der Kriterien[46]

Die Abbildung 5 veranschaulicht die Bewertungsskala inklusive der Symbole, welche bei der Bewertung verwendet werden.

3.3. Das Modell nach Nonaka und Takeuchi

3.3.1. Die Wissensspirale

Der Kern des von Ikujiro Nonaka und Hirotaka Takeuchi Mitte der 1990er Jahre ent­wickelten Konzeptes liegt in der Mobilisierung und mehreren Umwandlungen von implizitem und explizitem Wissen (vergleiche hierzu Kapitel 2.1.1). Dieser „Motor“ der Wissensschaffung erfolgt grundlegend auf zwei Ebenen: zum einen in der epistemo- logischen Dimension, das heißt im Kontext eines einzelnen Individuums, und zum anderen in der ontologischen Dimension - der Wissensschaffung vom Individuum, über Gruppen bis hin zum gesamten Unternehmen und darüber hinaus. Grundsätz­lich kann Wissen nur von einzelnen Individuen geschaffen werden. Durch einen itera­tiven Prozess der Übertragung von Wissen von einer zu einer oder mehreren ande­ren Personen kann jedoch auch Wissen über die individuelle Grenze hinweg erzeugt werden.[47]

Dieser spiralförmige und sich wiederholende Prozess wird in diesem Modell durch vier Formen der Wissensumwandlung gekennzeichnet.

Ausgangspunkt der Wissensspirale ist das implizite Wissen. Durch Erfahrungsaus­tausch, Beobachtung und Nachahmung findet hier ein Transferprozess zwischen Individuen statt. Diese Sozialisation beruht auf der persönlichen Erfahrung, und ohne eine gemeinsame Basis (zum Beispiel fachliche Ausbildung) ist ein Wissenstransfer zumeist nicht möglich. Charakteristisch für diese Umwandlungsform ist, dass sie oh­ne verbalisierte Sprache auskommt.[48]

Die nächste Stufe wird als Externalisierung bezeichnet. Diese Phase beinhaltet die Umwandlung von implizitem zu explizitem Wissen. Zwingend erforderlich ist hierbei die Artikulation impliziten Wissens in Form von Hypothesen, Modellen, Konzepten oder Metaphern. Vielfach wird dieser Schritt als eigentliche Schaffung von Wissen bezeichnet.[49] Im Hinblick auf die vorherigen Kapitel findet durch Externalisierung je­doch im Sinne dieser Arbeit nur eine Übertragung von Wissen in niedergeschriebene oder verbalisierte Informationen statt.

[...]


[1] Vgl. North (2005), S. 12f.; Oelsnitz / Hahmann (2003), S. 15f.; Willke (2001), S. 295.

[2] Vgl. Fraunhofer-Wissensmanagement Community (2005), S. 24ff. Die Studie wurde durch die Fraunhofer-Wissensmanagement Community - ein Netzwerk von 55 Vertretern aus 17 Fraunho­fer-Instituten - Ende 2004 durchgeführt. An der Befragung in Form eines Online-Fragebogens beteiligten sich 540 Unterneh­men im deutschsprachigen Raum.

[3] Vgl. North (2005), S. 189.

[4] Eigene Abbildung.

[5] Vgl. Kusterer (2008), S. 16; Masberg (2004), S. 13f.; Schreyögg/Conrad (1996), S. 3ff.

[6] Vgl. Wilkesmann/Rascher (2005), S. 13; Wilkesmann/Rascher (2003), S. 19f.; Davenport/Prusak (1998), S. 27.

[7] Vgl. Budrevicius (2006), S. 6; Wilkesmann/Rascher (2005), S. 13; Oelsnitz/Hahmann (2003), S. 37.

[8] Vgl. Sveiby (1998), S. 69f.; Davenport/Prusak (1998), S. 29.

[9] Vgl. Binner (2007), S. 16; Wilkesmann/Rascher (2003), S. 19f. ; Mandl/Reinmann-Rothmeier (2000), S. 5f.; Sveiby (1998), S. 65ff.; Davenport/Prusak (1998), S. 32.

[10] Vgl. Wilkesmann/Rascher (2005), S. 13; Probst/Büchel (1998), S. 26.

[11] Eigene Abbildung in Anlehnung an Oelsnitz/Hahmann (2003), S. 37.

[12] Vgl. Wilkesmann/Rascher (2005), S. 15; Oelsnitz/Hahmann (2003), S. 41f.; Thobe (2003), S. 24f.; Wilkesmann/Rascher (2003), S. 20f.; Probst/Büchel (1998), S. 26.

[13] Vgl. Sveiby (1998), S. 69.

[14] Vgl. Staehle (1999), S. 71f.

[15] Vgl. Schierenbeck/Wöhle (2008), S. 113f.

[16] Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005), S. 6ff.

[17] Eigene Abbildung.

[18] Vgl. Lehner (2009), S. 34; Bea/Haas (2005), S. 343; Willke (2001), S. 41.

[19] Vgl. o.V. (2010); Amelingmeyer (2002), S. 28; Wilkesmann/Rascher (2003), S. 71; Oelsnitz/Hahmann (2003), S. 44f.

[20] Vgl. Albrecht/Lembke (2002), S. 55; Davenport/Prusak (1998), S. 183.

[21] Vgl. Mandl/Reinmann-Rothmeier (2000), S. 7f.

[22] Vgl. Lehner (2009), S. 35f.; Binner (2007), S. 90; Mandl/Reinmann-Rothmeier (2000), S. 9.

[23] Eigene Abbildung.

[24] Vgl. Wilkesmann/Rascher (2003), S. 17; Mandl/Reinmann-Rothmeier (2000), S. 6ff.

[25] Statistisches Bundesamt Deutschland (2010); North (2005), S. 58; Oelsnitz/Hahmann (2003), S. 16f.; Willke (2001), S. 295f.

[26] Vgl. Oelsnitz/Hahmann (2003), S. 15f.; Willke (2001), S. 305f.

[27] Vgl. Kämpf (2008), S. 23ff.; North (2005), S. 12f.

[28] Vgl. Kämpf (2008), S. 389ff.; Winter/Lindemann (2003), S. 24.

[29] Vgl. o.V. (2010); Mandl/Reinmann-Rothmeier (2000), S. 22f.

[30] Vgl. Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. (2008), S. 4; Die Studie wurde durch den Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. von November 2007 bis Februar 2008 durchgeführt. An der Befragung in Form eines Online-Fragebogens beteiligten sich 101 Unternehmen im baden- württembergischen Raum mit mehr als 50 Beschäftigten.

[31] Vgl. Bea/Haas (2005), S. 343.

[32] Vgl. Binner (2007), S. 18; Oelsnitz/Hahmann (2003), S. 30f.; Krüger/Homp (1997), S. 219.

[33] Vgl. Oelsnitz/Hahmann (2003), S. 23.

[34] Vgl. o.V. (2006).

[35] Vgl. o.V. (2008).

[36] Vgl. Mulavecz (2009), S. 7; Davenport/Prusak (1998), S. 183.

[37] Vgl. Jung/Bruck/Quarg (2008), S. 496.

[38] Vgl. Lehner (2009), S. 73.

[39] Vgl. Lehner (2009), S. 67f.

[40] Vgl. Schwendt/Funck (2002), S. 182ff.

[41] Vgl. Riemenschneider (2001), S. 22ff.

[42] Vgl. Liesegang/Pischon (1999), S. 120.

[43] Vgl. Bossel (2004), S. 61f.

[44] Vgl. Bruhn / Michalski (2005), S. 48f.

[45] Vgl. Winkelhofer (2005), S. 140f.

[46] Eigene Abbildung.

[47] Vgl. Nonaka/Takeuchi (1997), S. 68ff.

[48] Vgl. Nonaka/Takeuchi (1997), S. 75f.

[49] Vgl. Nonaka/Takeuchi (1997), S. 77ff.

Ende der Leseprobe aus 88 Seiten

Details

Titel
Kontinuierliches Wissensmanagement in IT-Dienstleistungsunternehmen
Untertitel
Eine kritische Bewertung von theoretischen Modellen und Entwicklung eines optimierten Konzeptes
Hochschule
AKAD-Fachhochschule Pinneberg (ehem. Rendsburg)
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
88
Katalognummer
V174259
ISBN (eBook)
9783640946624
ISBN (Buch)
9783640946365
Dateigröße
2291 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
"Die Arbeit zeigt eine gelungene Verschmelzung von theoretischen Überlegungen mit einer praktischen Konzeption. Sie besticht durch ihre klare gedankliche Linie, streng an den fundamentalen wissenschaftlichen Begriffen orientiert. Hinsichtlich Anspruch, Darstellung und Umsetzung liegt eine überdurchschnittliche Arbeit vor.“ „Ralf Möckel hat sich engagiert mit dem Thema beschäftigt und eine Arbeit verfasst, die formal sehr gut gelungen ist. Die Arbeit erfüllt auch inhaltlich in jeder Beziehung die Anforderungen, die an eine als sehr gut zu bewertende Master-Thesis zu stellen sind.“
Schlagworte
Wirtschaftsinformatik, Wissensmanagement, IT-Dienstleistung, IT-Dienstleister, Anreizsystem, Wissensspirale, Wissensbausteine, Nonaka, Takeuchi, Probst, Romhardt, Raub, Kultur, Struktur, Management, Unternehmensführung, Betriebswirtschaftslehre, Knowledge-Management, Wissenstransfer
Arbeit zitieren
Ralf Möckel (Autor:in), 2010, Kontinuierliches Wissensmanagement in IT-Dienstleistungsunternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/174259

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