Real oder Fake? Markenpiraterie und ihre Wirkung auf Konsumenten


Masterarbeit, 2009

86 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

II Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Ausgangslage
1.2. Problemstellung
1.3. Zielsetzung
1.4. Forschungsfragen
1.5. Vorgehen und Methodik

2. Theoretische Fundierung
2.1. Nachfrage- und Angebotsorientierte Überlegungen
2.1.1. Angebotsorientierte Überlegungen
2.1.2. Nachfrageorientierte Überlegungen
2.2. Kategorien der gefälschten Güter
2.3. Rechtliche Rahmenbedingungen in den USA und der Schweiz

3. Empirische Studien/Literaturüberblick
3.1. Wie kann zwischen echten und gefälschten Produkten unterscheiden werden?
3.2. Integratives Modell
3.3. Kaufentscheid
3.4. Produkt
3.4.1. Preis
3.4.2. Qualität
3.4.3. Herstellungsland
3.4.4. Risikopotenzial
3.5. Persönliches Wertesystem
3.5.1. Risikobereitschaft
3.5.2. Ethnozentrismus
3.5.3. Bewusstsein für soziale Konsequenzen
3.5.4. Demographische Aspekte
3.5.5. Materialismus
3.6. Umgebungsfaktoren
3.6.1. Das Risiko erwischt zu werden
3.6.2. Peer Pressure
3.6.3. Kulturelle Faktoren

4. Implikationen

5. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: The coexistence of the licit and illicit market (Staake, 2007, S. 88)

Abbildung 2: Integratives Modell (Eigene Darstellung)

Abbildung 3: Produkteigenschaften (Eigene Darstellung)

Abbildung 4: Willingness to buy counterfeit goods with respect to different products (Staake 2005, S. 94)

Abbildung 5: Willingness to buy different counterfeit products, given good price and good quality (nine-point scale where -4 means disagree completely and 4 is agree completely (Furnham/Valgeirsson 2007, S. 680).

Abbildung 6: Pers ö nliches Wertesystem (Eigene Darstellung)

Abbildung 7: Umgebungsfaktoren (Eigene Darstellung).

Abbildung 8: Individualismus Index (IDV) Values for 74 Countries and Regions (in Anlehnung an Hofstede 2005, S. 78f.).

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1. Ausgangslage

Produktfälschungen sind keine Erfindung der Neuzeit. Im alten Rom wurden die Korken auf den Weinamphoren mit dem Erkennungszeichen des Herstellers versehen. Findige Geschäfts- leute machten sich diese Eigenschaft zu Nutze und versahen ihre Amphoren, die mit minder- wertigem Wein befüllt waren, mit Korken, auf denen das Erkennungszeichen bekannter und guter Weine abgebildet war. Und auch die Wikinger des frühen Mittelalters waren vor Fäl- schungen nicht sicher. So fanden sich bei Ausgrabungen billige Kopien der legendären Ulf- berht-Schwerter die im Kampf nicht die gleiche Bruchfestigkeit aufwiesen (vgl. Abalos 1985, S.151, vgl. Franz 2009).

Doch obwohl Produktfälschungen seit Jahrtausenden existieren, begann ihre Blütezeit in den 1970er Jahren mit dem Fälschen von Luxuskleidern (Harvey/Ronkainen, 1985, S. 37). Seit- dem hat die Menge der Produktfälschungen stetig zugenommen. Es wird geschätzt, dass allein zwischen 1984 und 1994 der Wert an gefälschten Waren auf dem Weltmarkt um 1’100% zu- genommen hat (Blatt, 1993, S.32, Carty, 1994, S.44). Auch neuere Zahlen zeigen weiterhin steigende Absatzzahlen von Produktfälschungen (vgl. European Union 2008, vgl. IACC 2009a)

Es ist schwierig das Ausmass der gefälschten Ware auf dem Weltmarkt genau zu bestimmen. Deshalb existieren unterschiedliche Meinungen über die Grösse des Marktes an gefälschten Produkten. Die bekannteste Organisation, die dennoch eine solche Schätzung veröffentlicht, ist die International Chamber of Commerce (ICC), beziehungsweise deren Abteilung Coun- terfeiting Intelligence Bureau. Das ICC Counterfeiting Intelligence Bureau schätzt, dass fünf bis sieben Prozent des gesamten internationalen Warenhandels auf gefälschten Waren basiert. Dies entsprach im Jahre 2007 einem Warenwert von über USD 500 Milliarden (vgl. ICC 2008). Die Werte des ICC werden von vielen Autoren übernommen und als Grundlage ihrer Überlegungen verwendet. (vgl. Gentry/Putrevu/Shultz II 2006, S. 245, vgl. Grossman/Shapiro 1988, S. 79, vgl. Nill/Shultz 1996, S. 37, vgl. Rutter/Bryce 2008, S. 1148, vgl. Velout- sou/Bian 2008, S. 3). Staake zweifelt diese unkritische Verwendung der Daten des ICC in seiner Dissertation an, da er der Meinung ist, dass diese Schätzungen weder auf verlässlichen und aggregierten Daten, noch auf nachvollziehbaren Hypothesen beruhen. Mittels ausführli- chen Berechnungen1 kommt Staake zu der Annahme, dass die erwähnten 5 bis 7% Marktan- teil der gefälschten Produkte stark übertrieben sind. Gemäss Staake beläuft sich der Anteil auf 1 bis 2%. Diese Berechnungen von Staake sollen in seinen Augen auf keinen Fall das Problem negieren. Denn selbst 2% des internationalen Warenhandels beträgt in absoluten Werten im Jahre 2007 über USD 200 Milliarden. Unabhängig von der verwendeten Grösse bleibt festzuhalten, dass der Markt der Produktfälschungen nicht vernachlässigbar ist und einer Volkswirtschaft einen erheblichen Schaden zufügen kann.

1.2. Problemstellung

Neben diesen messbaren monetären Kosten, verursachen Fälschungen Kosten, die kaum quantifizierbar sind oder bei denen solche Studien nicht möglich sind. Diese tragen auf der einen Seite die Hersteller. Sie müssen zum Beispiel das Führen und Einrichten von Stellen, die sich speziell mit dem Problem der Produktfälschungen beschäftigen, bezahlen. Eine Art von indirekten Kosten ist der Wertverlust ihrer Marke wegen der Verwässerung durch Pro- duktfälschungen. So gehen Schätzungen davon aus, dass die Fortune 500 Firmen im Durch- schnitt 2-4 Millionen US-Dollar für die Bekämpfung von Produktfälschungen ausgeben (vgl. Berman 2008, S. 194). Auf der anderen Seite sind es die Konsumenten, die bei Produktfäl- schungen einem möglichen Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass fehlerhafte Produktfälschungen zu Verletzungen oder im schlimmsten Fall gar zum Tode des Konsumenten2 führen können. Die Liste solcher Unfälle ist lang und betrifft unzählige Produktkategorien. So wurden beispielsweise fehlerhafte, gefälschte Ersatzteile als Ursache für Autounfälle in verschiedenen Fällen identifiziert. Auch der Absturz eines norwe- gischen Flugzeuges im Jahre 1989 ist auf ein gefälschtes Produkt zurückzuführen. Ein Bolzen an der Heckflügelaufhängung löste sich und das Flugzeug stürzte als Folge davon in die Nordsee. Alle 55 Passagiere an Bord kamen ums Leben (vgl. Chaudhry/Walsh 1996, S.36). Solche Unfälle beschränken sich jedoch bei weitem nicht nur auf technische Produkte, auch Medizinalprodukte werden für Verletzungen und Todesfälle verantwortlich gemacht. So sind Fälle bekannt, in denen gefälschte „Amphetamine“ zu Herzstillstand, oder Anti-Baby-Pillen zu inneren Blutungen führten. Ebenso wurden Patienten schon gefälschte Herzschrittmacher verpflanzt, die im entscheidenden Moment ihren Dienst verweigerten (vgl. Shultz II/Saporito 1996, S. 19).

Privatpersonen in den westlichen Industrienationen sind jedoch nicht nur als Konsumenten von Fälschungen betroffen, sondern auch als Arbeitnehmer. Schätzungen gehen davon aus, dass alleine in den USA etwa eine Million und in der EU 300'000 Stellen aufgrund der Fertigung von Fälschungen in anderen Ländern verloren gingen (vgl. Delener 2000, S. 18, vgl. Eisend/Schuchert-Güler 2005, S. 1).

Die hier aufgeführten Beispiele von fehlerhaften Produktfälschungen zeigen deutlich, dass sich Fälschungen längst nicht nur auf bekannte Produkte wie Lacoste T-Shirts oder Gucci Handtaschen beschränken. Es existieren kaum noch Produktkategorien, die von Fälschungen verschont bleiben (vgl. Berman 2008, S. 191, vgl. Rutter/Bryce 2008, S. 1147, vgl. Velout- sou/Bian 2008, S. 3). Selbst Produkte wie Tierfutter sind davon betroffen (vgl. Bloch/Bush/Campbell 1993, S. 27). Der Grossteil aller Fälschungen betrifft aber eindeutig Produkte, die ein hohes Markenimage aufweisen und mit relativ einfachen Produktionstech- nologien hergestellt werden können. Dazu gehören beispielsweise Kleider und Bekleidungs- accessoires wie Sonnenbrillen und Handtaschen (vgl. Nill/Shultz II 1996, S. 37).

Zudem gilt es festzuhalten, dass entgegen weit verbreiteter Meinung, Produktfälschungen nicht nur auf Märkten und Basaren von 3.-Welt oder Entwicklungsländern zu finden sind. Auch in Industriestaaten können Fälschungen mittlerweile erworben werden. So stellte das Magazin Business Week fest, dass in den USA jedes Jahr gefälschte Golf-equipments im Ge- genwert von mehreren Milliarden USD verkauft werden (vgl. Business Week 1999, S. 8). Gentry/Putrevu/Shultz möchten dieses Problem aber nicht auf die USA beschränkt sehen. In den meisten Ländern dieser Welt werden Fälschungen angeboten und verkauft (vgl. Gentry/Putrevu/Shultz II 2006, S. 246).

Nicht immer ist es auf Anhieb möglich festzustellen, wohin der Ertrag im Endeffekt hin- fliesst. Auf den ersten Blick scheinen vor allem kleine Unternehmens- oder Kriminellenorga- nisationen in Entwicklungsländern davon zu profitieren. Genauere Untersuchungen des Phä- nomens zeigen jedoch, dass das Fälschertum viel wichtiger zu sein scheint. Paramilitärische Gruppierungen sowie Organisationen wie die Mafia und Al-Kaida verdienen am Handel mit Produktfälschungen. Es wurden in den letzten fünf Jahren sogar Verbindungen zu so unter- schiedlichen Organisationen wie der Hisbollah, der baskischen ETA, den chinesischen Triad- Gangs, den japanischen Yakuza oder auch der russischen Mafia gefunden. Gefälschte Produk- te scheinen indirekt oder direkt jede grössere Kriminellenorganisation oder Terroristengrup- pierungen zu Teilen zu finanzieren (vgl. Bryce/Rutter 2005, S. 27, vgl. Furnham/Valgeirsson 2007, S. 678, vgl. Maier 2003, vgl. Thomas 2005, S. 14). Auch Staaten wie die Demokratische Republik Korea (Nordkorea) profitieren direkt von gefälschter Ware. Schätzungen zufolge verdient Nordkorea $100'000'000.- pro Jahr durch Gebühren, die ihnen Produzenten von gefälschten Zigaretten als Gegenleistung für die Nicht-Verfolgung des Nordkoreanischen Staates bezahlen. (vgl. Balfour 2005, S. 5)

Die hier aufgeführten Zahlen (USD 100-500 Milliarden) und exemplarischen Beispiele bieten einen ersten Einblick über das Ausmass der Problematik. Unternehmen aller Branchen sind täglich mit Produktfälschungen und deren Bekämpfung betroffen. Die Unternehmen investie- ren in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Behörden einerseits grosse Summen in die Aufde- ckung von Fälschungen und betreiben andererseits intensive Forschung, um ihre Produkte fälschungssicherer zu machen. Sei dies durch spezielle Kennzeichnungen der Produkte, wie z. B. Hologramme oder durch die Verwendung von sogenannten Radio Frequency Identification oder kurz RFID-Transpondern, mittels derer die Produkte zweifelsfrei einem Hersteller zuge- ordnet werden können. Trotz dieser Anstrengungen scheinen die Unternehmen die von Fäl- schungen betroffen sind, Mühe zu haben, das Problem in den Griff zu bekommen. Dies zei- gen die Wachstumsraten des Fälschermarktes. (vgl. Bloch/Bush/Campbell 1993, S. 28, vgl. Staake 2007, S. 145ff.).

Nicht nur die Praxis, sondern auch die Forschung beschäftigt sich intensiv mit der Fäl- schungsproblematik. Bisherige Untersuchungen haben sich in erster Linie mit der Angebots- seite des Fälschermarktes beschäftigt. Fragestellungen wie, aus welchem Grund Fälschungen hergestellt werden, oder wie gefälschte Produkte entdeckt und vernichtet werden können, bevor sie den Konsumenten erreichen, standen und stehen immer noch im Zentrum (vgl. Chakraborty et al. 1997, S. 345, vgl. Jenner/Artun 2005, S. 142, vgl. Nia/Zaichkowsky 2000, S. 485, vgl. Penz/Stöttinger 2005, S. 568). Die Nachfrageseite jedoch spielt in der Forschungsliteratur eine untergeordnete Rolle (vgl. Bian/Veloutsou 2007, S. 211).

In den folgenden Kapiteln sollen auf Grundlage der Eingangs dargelegten Überlegungen einerseits die Zielsetzungen dieser Masterarbeit behandelt werden und anderseits die daraus resultierenden Forschungsfragen dargelegt werden.

1.3. Zielsetzung

Diese Masterarbeit beinhaltet schwerpunktmässig die Aufarbeitung der vorhandenen Literatur zur Thematik der Produktfälschungen. Dabei ist das Hauptaugenmerk auf die Nachfrageseite des Fälschermarktes gerichtet. Es soll folglich eine Konsumentensicht eingenommen werden. Zwecks Vollständigkeit und zum besseren Verständnis soll die Arbeit aber auch einen informativen Überblick der Angebotsseite des Fälschermarktes bieten.

Das Ziel dieser Aufarbeitung der Literatur ist zweigeteilt. Auf der einen Seite sollen alle rele- vanten Einflussfaktoren, Moderatoren und Folgen, die bei der Entscheidung des Konsumenten ob er ein gefälschtes Produkt kauft oder nicht eine Rolle spielen, übersichtlich dargestellt werden. Aufgrund dieser aus der Literatur gewonnenen Erkenntnisse wird der Verfasser ein integratives Modell der Faktoren des Entscheidungsfindungsprozesses beim Kaufentscheid von gefälschten versus originalen Markenprodukten erstellen. Auf der anderen Seite sollen die Überlegungen, die hinter diesem integrativen Modell stecken dazu verwendet werden, den Herstellern von Markenprodukten Handlungsempfehlungen zu geben, wie die Herausforde- rungen der Produktfälschungen und deren negative Einfluss auf den Geschäftsgang auf der Nachfrageseite - sprich Konsumentenseite - angegangen werden können. Denn bislang sind die Anstrengungen der Unternehmen vornehmlich auf die Angebotsseite des Produktfäl- schungsmarktes ausgerichtet. Ob dies zu Recht geschieht oder nicht, wird sich im Verlaufe dieser Masterarbeit zeigen. (vgl. Amine/Magnusson 2007, S. 81, vgl. Jenner/Artur 2005, S. 148f.).

1.4. Forschungsfragen

Der Verfasser wird sich sowohl mit forschungs- als auch praxisorientierten Fragestellungen beschäftigen.

- Forschungsorientierte Fragestellungen: In der vorliegenden Arbeit soll die Frage be- antwortet werden, welche Einflussfaktoren bei Kaufentscheiden von gefälschten oder originalen Produkten eine Rolle spielen und wie stark der jeweilige Einfluss der ein- zelnen Faktoren auf diese Entscheidung ist. Weiter soll untersucht werden, ob Mode- ratoren zwischen den Einflussfaktoren und dem Kaufentscheid existieren

- Praxisorientierte Fragestellungen: Neben der theoretischen Aufarbeitung der Literatur, soll diese Arbeit auch Handlungsansätze für von Fälschungen betroffene Hersteller von Originalprodukten bieten. Was können betroffene Hersteller tun, um Konsumen- ten davon abzuhalten, in Zukunft Produktfälschungen zu kaufen? Eine auf lange Sicht reduzierte Nachfrage nach Produktfälschungen, würde automatisch das Angebot an solcher Ware verringern (vgl. Hung 2003, S. 76, vgl. Jenner/Artur 2005, S. 148, vgl. Penz/Stöttinger 2008b, S. 158).

1.5. Vorgehen und Methodik

Die Tatsache, dass die Nachfrageseite der Fälscherthematik, die in dieser Arbeit behandelt wird, bis jetzt wenig Resonanz in Forscherkreisen gefunden hat, erschwert es, entsprechende Literatur zu finden. Der Grossteil der publizierten Beiträge zu diesem Thema findet sich in einschlägigen Fachmagazinen. Entsprechend wird sich die Literatursuche für die Arbeit auf Online-Kataloge von Datenbanken konzentrieren.

Im ersten Teil der Arbeit werden anhand einer Literaturanalyse die theoretischen Grundlagen der Thematik aufbereitet. In diesem Kapitel werden die Unterscheidungen zwischen Nachfra- ge- und Angebotsorientierten Überlegungen bezüglich Produktfälschungen aufgezeigt. Weiter werden Begriffe, die für diese Arbeit wichtig sind, erklärt sowie die rechtlichen Rahmenbe- dingungen der Fälschungsthematik, die in der Schweiz und der USA existieren, dargestellt.

Im nächsten Kapitel soll der Fokus auf bestehenden Studien zur Thematik liegen und Fragen, wie der Konsument zwischen echten und gefälschten Produkten unterscheiden kann, welche Faktoren die Entscheidung des Konsumenten beeinflussen und welche Moderatoren bei dieser Entscheidung eine Rolle spielen, beantwortet werden.

Das folgende Kapitel hat das erwähnte selbsterstellte integrative Modell des Entscheidungsprozesses von Konsumenten zum Inhalt.

Anschliessend soll versucht werden, den Herstellern von Originalprodukten Ansätze zur Bekämpfung der Nachfrage nach Fälschungen ihrer Originalprodukte zu geben, sowie ein Ausblick und ein zusammenfassendes Fazit gemacht werden.

2. Theoretische Fundierung

In diesem Kapitel werden die theoretischen Grundlagen der Thematik der Produktfälschungen geliefert, auf die im weiteren Verlauf der Arbeit aufgebaut wird. Nachfrage- und Angebotsorientierte Überlegungen, eine Kategorisierung der gefälschten Güter sowie rechtliche Rahmenbedingungen in den USA und der Schweiz werden hier diskutiert.

2.1. Nachfrage- und Angebotsorientierteüberlegungen

Dieses Kapitel behandelt auf der einen Seite die Angebotsseite und auf der anderen Seite die Nachfrageseite des Fälschermarktes. Dies geschieht mit dem Gedanken im Hintergrund, dass der mit gefälschten Produkten erwirtschaftete Umsatz entweder mit Massnahmen beim Ange- bot oder bei der Nachfrage verringert werden kann (vgl. Chakraborty/Allred/Bristol 1996, S. 379).

2.1.1. Angebotsorientierte Überlegungen

Wird über die Angebotsseite des Fälschermarktes gesprochen, führt kein Weg an China vor- bei. China hat sich in den letzten Jahren nicht nur zur Fabrik der Welt entwickelt, sondern auch zu DER Fälscherwerkstatt dieser Welt. Schätzungen gehen davon aus, dass China für 2/3 aller weltweit hergestellten Produktfälschungen verantwortlich ist. Beispiele für weitere Staaten in denen die Produktion von gefälschter Ware floriert sind Pakistan und Russland (gefälschte Arzneimittel), Italien (Designerkleider), Bulgarien (Schnäpse für den US- Amerikanischen Markt) oder im Iguaçu 3-Ländereck von Paraguay, Brasilien und Argenti- nien (Kosmetika und Designerjeans), welches insbesondere in den letzten Jahren einen un- rühmlichen Aufschwung als Brutstätte von Fälscherwerkstätten und anderen illegalen Aktivi- täten wie Drogenanbau erlebt hat (vgl. Amine/Magnusson 2007, S. 70, vgl. Balfour 2005, S. 5, vgl. IIPA 2005, S. 64f.). Doch wieso ist China für 2/3 aller hergestellten Produktfälschun- gen verantwortlich? Die Zeitschrift Business Week hat diesbezüglich eine interessante Über- legung präsentiert. Sie ist der Ansicht, dass die Fälscherbranche dank der Globalisierung der Märkte einen solchen Aufschwung erlebt hat. Globalisierung ist im Endeffekt nichts anderes als die Verbreitung von Kapital und Wissen auf neue Märkte, welche ihrerseits geringe Ar- beitskosten bieten können und so in der Lage sind, die Waren billiger als in anderen Staaten zu produzieren. Dies beschreibt exakt die Entwicklung in Südostasien im generellen und in China im speziellen. Nun verwendet China sein im Prozess der Globalisierung gewonnenes Wissen bezüglich guter Logistik und billiger Produktionsmethoden zur Produktion von Fäl- schungen, ohne dabei Punkte wie teure Forschung oder den Aufbau bestimmter Marken be- achten zu müssen (vgl. Balfour 2005, S. 2, vgl. Gentry/Putrevu/Shultz II 2006, S. 254).

Nicht nur bei legal produzierten Gütern spielt die Logistik eine entscheidende Rolle, das glei- che ist naturgemäss auch bei Produktfälschungen der Fall. Denn der Herstellungsort (China, Iguaçu 3-Ländereck) liegt wie bei legal produzierten Produkten auch, oftmals an einem ande- ren Ort als der Endverkaufspunkt. Ausgenommen davon sind natürlich diejenigen Produkte, die direkt im Herstellungsland verkauft werden, sei es an Touristen oder Einheimische. Schät- zungen gehen davon aus, dass ca. 50% der Fälschungen die in Europa in Gebrauch sind, im Ausland erworben werden. Bezüglich der in China hergestellten Produktgütern meint Busi- ness Week: „Once those goods leave China, they can sneak into the legitimate supply chain just about anywhere.“ (Balfour, 2005, S. 3). Das Ziel der Hersteller von Originalprodukten muss also sein, die Durchlässigkeit ihrer Beschaffungskette so gering wie möglich zu halten, ansonsten laufen sie ständig Gefahr, dass sich ihre Originalprodukte mit Fälschungen vermi- schen. Staake hat zu dieser Thematik eine gute Grafik entwickelt (siehe Abbildung 1), die aufzeigt, dass an jedem Punkt der Beschaffungskette die Gefahr besteht, dass sich Produktfäl- schungen in die reguläre Lieferkette einschleichen können.

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Abbildung 1: The coexistence of the licit and illicit market (Staake, 2007, S. 88)

Wer aber sind die Fälscher? Ist dies eine homogene Gruppe oder sind Unterschiede bezüglich der Art der Fälschungen die sie produzieren festzustellen? Staake schlägt eine einleuchtende Aufteilung in fünf Gruppen vor, die im Folgenden kurz betrachtet werden. Er nennt die Gruppen „disaggregators“, „imitators“, „fraudsters“, „desperados“ und „counterfeit smugglers“ (vgl. Staake 2007, S. 79f.).

- „Disaggregators“: Diese Fälscher produzieren vorwiegend Produkte mit tiefer Qualität und investieren wenig finanzielle Mittel in Maschinen und Fabrikgebäude. Dementsprechend liegt der Fokus dieser Gruppe auf leicht herzustellende Güter wie Kleider und Accessoires. Produkte die von „disaggregators“ produziert werden, sind von den Konsumenten leicht als Fälschungen zu erkennen („non-deceptive“) und dementsprechend kann auch nur ein sehr geringer Preis verlangt werden.
- „Imitators“: Diese Gruppe produziert Produktfälschungen mit einer relativ hohen vi- suellen und teilweise auch funktionellen Qualität. Insbesondere die funktionelle Quali- tät hält jedoch einem gründlichen Vergleich mit dem Original nicht stand. „Imitators“ produzieren in erster Linie für den heimischen Markt. Diese Gruppe ist vor allem in aufstrebenden Volkswirtschaften zu finden, in denen die Entwicklung des Immaterial- güterrechtes noch nicht mit der ökonomischen Entwicklung Schritt halten konnte. Die illegale Verwendung von Marken verringert für diese Produzenten die Kosten und die Gefahr der Produktlancierung. Es ist davon auszugehen, dass diese Produzenten auf die legale Seite wechseln, sobald das Immaterialgüterrecht weiter entwickelt ist und strikter angewendet wird.
- „Fraudsters“: Diese Gruppe produziert typischerweise Produkte mit hohen visuellen und tiefen bis nicht existenten funktionellen Qualitäten. Das Ziel dabei ist es, dem Konsumenten glaubhaft zu machen, er kaufe ein Original („deceptive counterfei- ting“3 ). Dadurch können „fraudsters“ Preise verlangen die nahe beim Originalpreis liegen und dadurch drohende Beschlagnahmungen wettmachen. Diese Gruppe ver- sucht auch oft, in die Logistikkette der Originalhersteller einzudringen und es so so- wohl für den Verkäufer als auch den Endkunden zusätzlich zu erschweren einen Un- terschied zu erkennen.
- „Desperados“: „Desperados“ sind den „fraudsters“ ziemlich ähnlich. Im Unterschied zu diesen produzieren sie jedoch hauptsächlich einfach zu kopierende aber sehr teure Produkte wie Pharmazeutika oder Autoersatzteile. Dadurch geht von dieser Gruppe auch eine weitaus grössere Gesundheitsgefährdung für den Konsumenten aus. Falls sie erwischt werden, muss diese Gruppe normalerweise mit höheren Strafen als die Anderen rechnen. Die höheren Preise der Produkte und der damit zusammenhängende Gewinn macht dieses Risiko teilweise wett.
- „Counterfeit Smugglers“: Dies ist eine Spezialgruppe, da sie ihr Geld nicht mit Fäl- schungen sondern durch die Vermeidung von Steuerabgaben verdient. Die prominentesten Produktbeispiele sind Alkohol und Tabakwaren. Da diese Gruppe keine Produkte fälscht, ist sie für die vorliegende Masterarbeit auch nicht von Interesse und wird nicht weiter betrachtet.

Da die beiden Gruppen „desperados“ und „fraudsters“ die Täuschung des Kunden („deceptive counterfeiting“) als eines ihrer Hauptziele haben, werden diese Fälle im Folgenden nur soweit es zum Verständnis der Thematik nötig ist behandelt.4 Die Kategorien „disaggregators“ und „imitators“ werden hingegen im Zentrum der Arbeit stehen, auch wenn diese beiden Gruppen im weiteren Verlauf nicht immer getrennt beachtet werden.

Das folgende Kapitel wird sich mit den Nachfrageorientierten Fragestellungen auseinander- setzen.

2.1.2. Nachfrageorientierte Überlegungen

Im Unterschied zum vorherigen Kapitel bei der die Produzenten von Produktfälschungen und die Logistik im Zentrum standen, widmet sich dieser Abschnitt der Konsumentenseite des Handels mit Fälschungen. Der Konsument kann beim Kauf von Produktfälschungen eine der folgenden zwei Rollen einnehmen (vgl. Bloch/Bush/Campbell 1993, S. 28, vgl. Amine/Magnusson 2007, S. 67):

- Ablehnende Verbraucher: Diese Konsumenten versuchen es zu vermeiden, eine Pro- duktfälschung zu erwerben, da sie befürchten, Opfer schlechter Ware zu werden, die nur eine kurze Lebensdauer aufweist, oder im schlimmsten Fall sogar eine Gesund- heitsgefährdung darstellt.
- Kollaborateure: Der Konsument weiss zum Zeitpunkt des Kaufes dass er eine Fäl- schung erwirbt und kauft diese auch bewusst. Er unterstützt demzufolge willentlich den Handel mit gefälschter Ware.

Die Rolle der „Resistors“ ist für diese Arbeit weniger von Interesse, da in diesem Fall keine Transaktion mit gefälschter Ware stattgefunden hat und demzufolge eine der zentralen Frage- stellungen dieser Masterarbeit nicht beinhaltet. Hingegen stellt sich die Frage, wieso Kollabo- rateure bei der Wahl zwischen dem Original und der Fälschung sich für das gefälschte Pro- dukt entscheiden (Penz/Stöttinger 2005, S. 568). Die Strafverfolgungsbehörden und mit ihnen die betroffenen Unternehmen dieser Welt scheinen diese Frage grösstenteils ausgeblendet zu haben. Ihr Fokus lag und liegt immer noch auf der Verfolgung der Hersteller und den Vertrei- bern von gefälschten Produkten. Der Konsument dieser Fälschungen spielt in deren Überle- gungen eine nebensächliche Rolle. Doch nicht nur die Strafverfolgungsbehörden vernachläs- sigen den Konsumenten, auch in der wissenschaftlichen Literatur wird die Bekämpfung von Produktfälschungen primär auf der Angebotsseite erforscht. Die Frage, welche Möglichkeiten sich bieten um die Produktion und den Vertrieb dieser Waren zu verhindern, steht im Zentrum (vgl. Bian/Veloutsou 2007, S. 211, S. 345, vgl. Gentry/Putrevu/Shultz II 2006, S. 245, vgl. Veloutsou/Bian 2008, S. 4).

Wenn bedacht wird, dass die Fälscherproblematik auf zwei Seiten bekämpft werden kann - einerseits auf der Angebotsseite und andererseits auf der Nachfrageseite - erstaunt diese Fo- kussierung sowohl der Behörden und produzierenden Firmen als auch der Wissenschaft auf die Angebotsseite. Denn die Aussage, dass es so lange ein Angebot geben wird, wie es eine Nachfrage nach einem Produkt gibt, ist bekannt (vgl. Chakraborty/Allred/Bristol 1996, S. 379). Die Bekämpfung der Angebotsseite wird mit anderen Worten auch bei hohem Mit- teleinsatz der Behörden und betroffenen Unternehmen erfolglos bleiben, solange sich ein Konsument findet, der bereit ist, die Produktfälschung zu kaufen. Wird dieser Gedankengang weitergeführt, ergibt sich folgende Überlegung: Könnte die Nachfrage nach gefälschten Pro- dukten komplett zum Erliegen gebracht werden, führte dies zum automatischen Verschwin- den der Produktfälschungen auf dem Markt (vgl. Chakraborty et al. 1997, S. 345, vgl. Penz/Stöttinger 2005, S. 572).

Basierend auf dieser Überlegung und der Tatsache, dass die Nachfrageseite der Fälscherprob- lematik sowohl bei den Unternehmen als auch in der Forschung bislang nicht den Stellenwert bekommen hat, den es verdient, liegt der Fokus dieser Arbeit auf Überlegungen der Nachfra- geseite, also der Frage: wieso die Konsumenten sich für oder gegen eine Produktfälschung entscheiden, wenn sie die Möglichkeit haben sich zwischen einer Fälschung und dem Original zu entscheiden.

2.2. Kategorien der gef ä lschten Güter

Die Verletzung des Rechts an geistigem Eigentum (wie beispielsweise Fälschungen) wird in der Literatur in verschiedene Kategorien eingeteilt. Es wird eine lange Liste an Synonymen für die Beschreibung dieser Verletzung verwendet (vgl. Amine/Magnusson 2007, S. 66). Der Verfasser hält sich in dieser Arbeit an die Überlegungen von Berman, Gentry et al., sowie Lai/Zaichkowsky (vgl. Berman 2008 S. 191f., vgl. Gentry et al. 2006, S. 246, vgl. Lai/Zaichkowsky 1999, S. 180). Diese Autoren unterscheiden 4, bzw. 5, Kategorien der Ver- letzung des Rechts an geistigem Eigentum. Es sind dies „counterfeiting“, „piracy“, „imitation brands“, Güter die via Graumärkte verkauft werden sowie „custom-made copies“.

- „Counterfeiting“: Unter „counterfeiting“ wird die Kopie eines Originalproduktes, wel- ches bereits auf dem Markt existiert und einen grossen Markenwert besitzt, verstan- den. Diese Fälschung wird anschliessend auf dem Markt billiger als das Original ver- kauft. Das kopierte Produkt soll dem Original möglichst ähnlich sein - mit dem Ziel, dass der Konsument die Kopie nicht vom Original unterscheiden kann. Der Konsu- ment ist sich jedoch dieses Unterschiedes oftmals durchaus bewusst, sei es durch den Verkaufsort, der Qualität der Fälschung, den Preis oder weiterer Faktoren5 (vgl. Ei- send/Schuchert-Güler 2006, S. 1,).

- „Piracy“: „Piracy“ ist ähnlich wie „counterfeiting“, nur sind andere Produktkategorien betroffen. Während bei „counterfeits“ in erster Linie Banknoten, Kleider, Schmuck, Uhren und weitere physische Produkte gefälscht werden, versteht man unter „piracy“ in erster Linie Fälschungen von CDs, Computerspielen oder Software. In Teilen Chi- nas und anderen asiatischen Staaten, besitzen Fälschungen dieser Art einen Marktan- teil von gegen 100% (Lai/Zaichkowsky 1999, S. 180). Eine in den Augen des Verfas- sers einleuchtendere Definition der Unterscheidung von „counterfeited goods“ und „pirated goods“ liefert Staake. Er folgt in seiner Argumentation dem „Agreement on Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights, kurz TRIPS-Vereinbarung6. Hier werden „counterfeit goods“ als all jene Fälschungen bezeichnet, die eine Schutzmarke („Trademark“) verletzen und als „pirated goods“ diejenigen Produkte bei denen eine Urheberrechtsverletzung vorliegt („Copyright“). (vgl. Staake 2005, S.20, vgl. TRIPS 1994).

- „Imitation brands“ oder knock-offs: Wenn Fälscherringe versuchen eines ihrer Pro- dukte dem Originalprodukt möglichst ähnlich aber nicht identisch zu machen und da- mit von der Markenreputation eines Originalherstellers zu profitieren, wird von „imi- tation brands“ gesprochen. Im Unterschied zu „counterfeits“, die den Eindruck erwe- cken sollen gleich wie das Original zu sein, haben „imitations“ das Ziel, dass der Kon- sument aufgrund des ähnlichen Aussehens und vergleichbaren Eigenschaften der bei- den Produkte an das Original denken soll. Beispiele hierfür ist der Taschentuchherstel- ler Tempo, der sich im asiatischen Markt mit Produktnamen wie Tango, Tinpo oder Temgo konfrontiert sieht. In der Schweiz ist die Migros dafür bekannt, Imitationen von Originalprodukten in Eigenregie oder auf Auftrag zu produzieren. Ein Beispiel hierfür ist die Rivella - Imitation Mivella, die aber ebenfalls von Rivella produziert wird. Das Rivella Beispiel zeigt, dass Imitationen nicht per se illegal sind. Dies zeigt sich auch bei Generika - Medikamente, die mit dem konkreten Ziel der Imitation von Markenprodukten produziert werden und günstiger verkauft werden. Denn solange keine Verletzung des Rechtes am geistigen Eigentum vorliegt, sind solche Imitationen unproblematisch.7 Schwierig wird es hingegen bei Produkten, die das geistige Eigen- tum berühren. Die betroffenen Firmen haben oftmals Mühe solche Imitationen aufzu- spüren und Schwierigkeiten zu beweisen, dass damit ihr Recht auf geistiges Eigentum verletzt wurde.

- Güter die via Graumärkte verkauft werden: Davon wird gesprochen, wenn Hersteller die in Lizenz Originalprodukte herstellen, mehr produzieren als vom Auftraggeber verlangt wurde. Diese Überproduktion wird anschliessend auf alternativen Märkten verkauft. Diese Produkte sind demzufolge absolut identisch gegenüber den Original- produkten. Dennoch sind sie vom Markengeber unerwünscht, da sie auf der einen Seite nicht vom Verkauf dieser Produkte profitieren und andererseits Mühe dabei haben, die von ihnen errechneten Preise auf dem Markt aufrechtzuerhalten, wenn eine höhere Quantität an Produkten auf den Markt gebracht wird.

- „Custom-made copies“: Dies sind Kopien eines unter einer Schutzmarke stehenden Produktes, welche von legitimierten Handwerkern erstellt werden. Im Unterschied zum Original fehlt das Emblem oder der Markenname. Weit verbreitet ist diese Art von Kopien in der Kunstwelt. Beispielsweise Museen die aus Furcht vor Diebstahl nur eine Kopie des wertvollen Gemäldes in ihren Ausstellungsräumlichkeiten der Öffent- lichkeit präsentieren.

Die vorliegende Arbeit wird sich vorrangig mit den „counterfeit goods“ beziehungsweise „counterfeiting“ (im weiteren Verlauf der Arbeit als Fälschungen oder Produktfälschungen beziehungsweise Produktpiraterie (vgl. Staake 2007, S. 21) bezeichnet beschäftigen. Die restlichen Kategorien werden aus folgenden Gründen nur am Rande betrachtet:

- „Piracy“: Es ist wichtig eine klare Trennung zwischen „counterfeited goods“ respekti- ve Produktfälschungen und „piracy“ zu erreichen. Dies wird einerseits auch in der Li- teratur so dargestellt (vgl. Penz/Stöttinger 2008a, S. 378), andererseits sind die Fakto- ren, die Kunden in diesen 2 Kategorien in ihrer Kaufentscheidung beeinflussen, ande- rer Art. Dennoch ist es angebracht, diese Kategorie in der vorliegenden Masterarbeit nicht völlig ausser Acht zu lassen. Denn in der Literatur zum Thema „piracy“ finden sich verschiedene Aspekte, die für die Thematik der Produktfälschungen neue Ideen und Blickwinkel bieten können, die so noch nicht untersucht worden sind.
- „Imitation brands“: Die Illegalität dieser Kategorie ist wie erwähnt nicht immer gege- ben, beziehungsweise schwierig nachzuweisen.
- Güter die via Graumärkte verkauft werden: Das Problem ist anders gelagert. Denn diese Produkte sind im Endeffekt Originalprodukte. Deshalb sind die Gründe wieso diese Produkte gekauft werden und die Bekämpfungsmassnahmen durch die Unter- nehmen andere. Durch die illegalen Aktivitäten der Lizenznehmer entstehen dem Markengeber aber dennoch Verluste. Diese Kategorie hier ausführlich zu betrachten würde jedoch zu weit führen.

- „Custom-made copies“: Da Produkte die unter diese Kategorie fallen nicht illegal sind, sind sie für die vorliegende Arbeit weder relevant noch interessant.

Das folgende Kapitel wird einen Überblick der in der Schweiz und der USA vorherrschenden rechtlichen Rahmenbedingungen geben. Zusätzlich werden aktuelle Diskussionsthemen und Entwicklungen in Bereich Produktfälschungen aus diesen zwei Ländern und weiteren Staaten betrachtet.

2.3. Rechtliche Rahmenbedingungen in den USA und der Schweiz

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Schweiz und den USA. Mit der Schweiz befasst sich das Kapitel aus dem nahe liegenden Grund, dass diese Arbeit an einer Schweizer Universität verfasst wird und mit den USA aus dem Grund, da dieses Land immer noch als der grösste und wichtigste Konsumgütermarkt dieser Welt gilt (vgl. PWC 2008). Entsprechend gross ist auch die Verlockung für Fälscher, diesen Markt als Ziel ihrer Produktfälschungen auszuwäh- len. Weiter bezieht sich ein Grossteil der Literatur zum Thema Produktfälschungen auf die USA (vgl. Eisend/Schuchert-Güler 2005, S. 1). Die rechtlichen Rahmenbedingungen anderer Länder wie beispielsweise China werden im Verlaufe dieser Arbeit ebenfalls diskutiert. Dies jeweils soweit, als es für das Verständnis der Arbeit verlangt wird. Der Rahmen dieser Mas- terarbeit würde jedoch gesprengt werden, wenn die rechtlichen Grundlagen jedes einzelnen Landes ausführlich beschrieben würden.

In den USA existieren zwei primäre Rechtsquellen, die auf der einen Seite die Handhabung mit „counterfeits“ und auf der anderen Seite mit „trademarks“ regeln8. Titel 15 des United States Code (U.S.C)9 trägt als Überschrift den Namen Urheberrecht („Copyrights“). Diese Überschrift ist in den Augen des Verfassers dieser Arbeit jedoch irreführend, da sich nur Ka- pitel 1 bis 8 und 10 bis 12 explizit auf das Urheberrecht beziehen. Kapitel 9 und 13 beinhalten den gesetzlichen Schutz eines Designs. Dieser Schutz gilt unabhängig vom Urheberrechts- schutz. Die Kapitel, die sich spezifisch auf das Urheberrecht beziehen, werden im allgemei- nen Sprachgebrauch als „Copyright Act“ bezeichnet, welcher 1976 eingeführt und seitdem mehrmals überarbeitet wurde. In diesem „Act“ wird ausführlich geregelt, was ein Urheberrecht ist, wie ein solches geltend gemacht werden kann, was eine Urheberrechtsverletzung ist und wie diese bestraft werden kann (vgl. Copyright Act 2007).

Für die vorliegende Arbeit sind jedoch die Regeln in Bezug auf Schutzmarken oder eben „tra- demarks“ interessanter. Die Handhabung der Schutzmarken wird in den USA mittels des so- genannten „Trademark Act“, oder auch „Lanham Act“, geregelt. Der „Trademark Act“ aus dem Jahre 1946 (mit zahlreichen Überarbeitungen bis zum heutigen Tage) ist im U.S.C. unter Titel 15 „Commerce and Trade“ im Kapitel 22 „Trademarks“ zu finden. Dieses Kapitel ist ähnlich aufgebaut wie die Kapitel zum Urheberrecht. Es finden sich die folgenden Punkte in diesem Kapitel wieder: Eine ausführliche Definition des Begriffes „Trademark“, wann und wie eine Handelsmarke in den USA beim „United States Patent and Trademark Office“ (USPTO) angemeldet werden kann, wie die Rechte einer beim USPTO gemeldeten Schutz- marke gegenüber anderen geltend gemacht werden kann und welche Bestrafungsmöglichkei- ten gegenüber Personen und Organisationen bestehen, die solche Schutzmarken verletzen. Die letzten beiden Punkte (Geltendmachung einer Schutzmarke sowie Bestrafungsmöglichkeiten) werden insbesondere in Unterkapitel III des Kapitels 22 behandelt (vgl. Berman 2008, S. 196, vgl Mittelstaedt/Mittelstaedt 1997, S. 16ff., vgl. Trademark Act 2005).

Nebst dem „Trademark Act“ und dem „Copyright Act“ bietet das Recht der USA dem Besit- zer einer Schutzmarke oder eines Urheberrechtes zwei weitere Möglichkeiten, allfälligen Missbrauch beim Gesetzgeber geltend zu machen. Diese sind im Titel 18 „Crimes and Crimi- nal Procedure“, also dem Strafrecht, unter § 2318 und § 2320 zu finden. Während im „Copy- right Act“, respektive im „Trademark Act“, Fälschungen und illegale Kopien jeglicher Art im Generellen behandelt werden, kommen hier zwei Spezialfälle zum Tragen. In § 2318 wird der Handel mit gefälschter Software geregelt. Wie besprochen ist dies für die vorliegende Arbeit weniger von Interesse. § 2320 regelt hingegen den Handel mit Produkten, welche Urheber- rechte oder Schutzmarken verletzen. Handelt eine Person mit solchen Produkten, ist dies strafbar. Wichtige Voraussetzung für eine Bestrafung ist, dass dieser Handel wissentlich ge- schehen muss, d.h. dass der Händler wissen muss, dass die gehandelten Waren Urheberrechte oder Schutzmarken verletzen (vgl. Crimes and Criminal Procedure 2004a, vgl. Crimes and Criminal Procedure 2004b, vgl Mittelstaedt/Mittelstaedt 1997, S. 16f.).

Diese beiden Paragraphen ermöglichen es den Behörden, nicht nur gegen Hersteller von Pro- duktfälschungen oder gefälschter Software vorzugehen, die bekanntlich in der Regel ausser- halb der USA beheimatet sind und deshalb vor Verfolgung durch die US-Behörden sicher sind, sondern auch die in den USA ansässigen Zwischenhändler und Endverkäufer strafrecht- lich zu verfolgen und so den Nachschub an Produktfälschungen zumindest zu reduzieren.

Das Immaterialg üterrecht in der Schweiz ist ein unübersichtliches Rechtsgebiet, da es von unzähligen Spezialerlassen geregelt wird. Dennoch sind, ähnlich wie in den USA, in den Ge- setzestexten der Eidgenossenschaft zwei primäre Rechtsquellen ausfindig zu machen, die für diese Arbeit von Bedeutung sind. Der Schutz der Urheberrechte ist in der Schweiz im Bun- desgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, dem sogenannten Urheber- rechtsgesetz URG (vgl. URG,SR 231.1 200810 ), zu finden. Das Urheberrechtsgesetz der Schweiz kann mit dem „Copyright Act“ der USA verglichen werden. Auch im Urheber- rechtsgesetz findet sich eine Definition davon, was unter einem Urheberrecht zu verstehen ist, wie dieses geltend gemacht werden kann und welches die strafrechtlichen Konsequenzen ei- ner Urheberrechtsverletzung sind. Viel interessanter ist jedoch auch hier, wie der Schutz von Marken aussieht. In der Schweiz ist dies im Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben geregelt, dem sogenannten Markenschutzgesetz MSchG (vgl. MSchG,SR 232.11 2008). Das Markenschutzgesetz weist Ähnlichkeiten mit dem „Trademark Act“ der USA auf. Das Markenschutzgesetz regelt, was in der Schweiz unter einer Marke verstanden wird. Daraus lässt sich das Recht des Markeninhabers ableiten, seine Marke im Markenregis- ter des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) eintragen zu lassen. Erst ab dem Zeitpunkt der Eintragung kann der Markeninhaber sein Exklusivrecht an dieser Marke gegenüber Dritten geltend machen. Es gilt jedoch zu beachten, die Eintragung der Marke alle 10 Jahre beim IGE zu verlängern, ansonsten erlischt sein Exklusivrecht an der Marke. Weiter enthält das Markenschutzgesetz ebenfalls Strafbestimmungen für den Fall einer Verletzung des Exklusivrechtes. Bei einer vorsätzlichen aber nicht gewerbsmässigen Verletzung des Markenrechtes eines anderen und auf Antrag des Geschädigten (kein Offizialdelikt!), muss der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe rech- nen. Handelt der Täter hingegen gewerbsmässig, geschieht die Verfolgung von Amtes wegen. Auch ist das Strafmass in diesem Fall höher. Der Täter hat mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe zu rechnen. Im Unterschied zu den USA wird der Handel mit gefälschten Produkten nicht in einem speziellen Gesetz abgehandelt.

Eine interessante Gesetzestextstelle des Markenschutzgesetzes ist im 6. Abschnitt, Artikel 20, Absatz 2 zu finden. Dort steht: „Gewähren für die Schweiz verbindliche völkerrechtliche Ver- träge weitergehende Rechte als dieses Gesetz, so gelten diese auch für schweizerische Staats- angehörige“. Diese Stelle zeigt, dass die Gesetze in der Schweiz hinsichtlich Schutzmarken („Trademarks“) Bezug auf internationale Abkommen nehmen. Das wichtigste Abkommen hierzu ist das Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken oder Madrider Markenabkommen (MMA). Die Registrierung der Marken wird von der Weltorga- nisation für geistiges Eigentum (WIPO11 ) mit Sitz in Genf verwaltet. Das MMA wurde bereits im Jahre 1891 von den ersten Staaten unterzeichnet. Dies zeigt, dass Probleme mit dem Schutz von Marken schon sehr lange existieren. Dieses Abkommen erlaubt es, national ge- schützte Marken auch international (zumindest in den Staaten in denen das MMA ratifiziert wurde) geltend zu machen. Dadurch müssen die Inhaber von schützenswerten Marken ihre Marken nicht mehr in jedem Land eintragen lassen, was eine administrative Erleichterung bedeutet. Auch ist die Verfolgung von Verletzungen ihres Exklusivrechts an der Marke inter- national möglich. Die Schweiz hat das Abkommen 1981 unterzeichnet und bereits am 15. Juli 1892 ratifiziert und gehört damit zu den Gründungsländern dieses Abkommen. Erst viel spä- ter sind die USA beigetreten. Sie haben das Abkommen am 2. November 2003 unterzeichnet (vgl. WIPO 2009).

Da in den Augen vieler Staaten die WIPO nur mässige Erfolge bei der Bekämpfung von Fäl- schungsaktivitäten aufweisen konnte, wurde im Rahmen der Uruguay Runde der World Trade Organisation (WTO12 ) von 1986-1994 die Problematik der Produktfälschungen besprochen. Diese Diskussionen führten zum TRIPS-Abkommen. Das TRIPS-Abkommen ist in Annex 1C des Marrakesch Abkommen, welches die Gründung der WTO festlegte und am 15. April 1994 unterzeichnet wurde, zu finden. Die Unterzeichnung und Ratifizierung des TRIPS- Abkommen ist ein integraler Bestandteil der Mitgliedschaft in der WTO. Demzufolge haben sowohl die Schweiz als auch die USA das Abkommen ratifiziert. Das TRIPS-Abkommen verlangt Mindeststandards, unter anderem betreffend des Schutzes von Urheberrechten und Marken (vgl. TRIPS 1994). Viele Industrienationen gehen in ihren nationalen Gesetzgebun- gen weiter, als dies im TRIPS-Abkommen gefordert wird, so auch die Schweiz und die USA.

[...]


1 Für genauere Informationen hierzu verweist der Autor auf das Kapitel III „A model to estimate the market share of counterfeit articles“ im Buch von Staake.

2 Um die Lesbarkeit des Textes zu erhöhen wird im Folgenden nur die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist selbstverständlich mit eingeschlossen.

3 Siehe Kapitel 3.1.

4 Die Erklärungen zu was „deceptive“ und „non-deceptive counterfeiting“ ist und wieso sich die vorliegende Masterarbeit in erster Linie mit „non-deceptive counterfeiting“ beschäftigt, kann in Kapitel 3.1. nachgelesen werden.

5 Mehr zur Unterscheidung von deceptive und non-deceptive counterfeits kann in Kapitel 3.1 „ Wie kann der Konsument zwischen echten und gefälschten Produkten unterscheiden?“ gefunden werden.

6 Genauere Ausführungen zur TRIPS-Vereinbarung finden sich im nächsten Kapitel.

7 In der Schweiz läuft der Patentschutz - und damit die Periode in der keine Generika des entsprechenden Produktes produziert werden dürfen, nach 15 Jahren ab.

8 Siehe dazu auch Kapitel 2.2

9 Der United States Code U.S.C. ist das allgemeine und permanente Bundesrecht der USA welches im U.S.C. in gesammelter und kodifizierter Version vorliegt.

10 SR ist die Systematische Sammlung des Bundesrechts der Schweizerischen Eidgenossenschaft und damit analog dem U.S.C. der USA zu verstehen.

11 Die WIPO wurde 1967 gegründet und im Jahre 1974 als Teilorganisation in die Vereinten Nationen (UN) aufgenommen.

12 Die WTO ist die Nachfolgeorganisation des GATT.

Ende der Leseprobe aus 86 Seiten

Details

Titel
Real oder Fake? Markenpiraterie und ihre Wirkung auf Konsumenten
Hochschule
Universität Bern  (Insitut für Marketing und Unternehmensführung)
Note
2
Autor
Jahr
2009
Seiten
86
Katalognummer
V172747
ISBN (eBook)
9783640927685
ISBN (Buch)
9783640927371
Dateigröße
1416 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Markenpiraterie, Counterfeit, Fälschung, Nachfrageorientierung, Brand, Marke
Arbeit zitieren
Stephan Schori (Autor:in), 2009, Real oder Fake? Markenpiraterie und ihre Wirkung auf Konsumenten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172747

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