Haftung für Kapitalmarktinformationen


Diplomarbeit, 2011

93 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Kapitalmarkt Allgemein
2.1. Organisation des Kapitalmarkts
2.2. Bedeutung des Kapitalmarkts
2.3. Funktionen des Kapitalmarkts

3. Informationspflichten
3.1. Primärmarkt
3.2. Sekundärmarkt

4. Haftungsbestände
4.1. Zivilrechtliche Haftung
4.2. Das Kapitalmarktgesetz
4.2.1. Prospektbegriff
4.2.2. Prospektmängel
4.2.3. Haftungsträger
4.3. Aktienrechtliche Haftung
4.4. Schadenersatz nach UWG
4.5. Irreführende Werbung

5. Potentielle Haftungsträger
5.1. Emittent
5.1.1. Prospekthaftung
5.1.2. Sonderbestimmungen für die Zusammenfassung
5.1.3. Verletzung der Ad-hoc-Publizität
5.1.3.1. Deliktische Schadenersatzpflicht
5.1.3.2. Verletzung eines Schutzgesetzes
5.1.3.3. Verletzung eines Sonderverhältnisses
5.1.4. Verletzung der Regelpublizität
5.1.5. Haftung für Gehilfen
5.1.6. Konflikt der Emittentenhaftung und der Kapitalerhaltung bei der AG
5.1.6.1. Der Kapitalerhaltungsgrundsatz
5.1.6.2. Prospekthaftung als zulässiger Erwerb eigener Aktien?.
5.1.6.3. Unterscheidung nach derivativem und originärem Aktienerwerb
5.1.6.4. Argumente für den Vorrang der Prospekthaftung
5.1.6.5. Argumente gegen den Vorrang der Prospekthaftung
5.2. Organmitglieder
5.2.1. Falsche oder fehlende Finanzinformationen
5.2.2. Unterlassung der Ad-hoc-Publizitätspflicht
5.2.3. Vorteile und Nachteile der Organaußenhaftung
5.3. Emissionsbegleiter
5.3.1. Aufklärungspflichten
5.3.2. Prospekthaftung nach dem KMG und dem allgemeinem Zivilrecht
5.4. Prospektkontrollore, die FMA und die Wiener Börse AG
5.5. Abschlussprüfer
5.5.1. Prospekthaftungstatbestände
5.5.2. Vertragliche Schadensersatzhaftung gegenüber dem Anleger
5.6. Vermittler/Berater
5.6.1. Aufklärungspflichten des Vermittlers/Beraters
5.6.2. Wohlverhaltensregeln nach dem WAG
5.6.3. Haftung nach ABGB
5.6.4. Haftung nach KMG
5.6.5. Haftung für ausländische Emittenten
5.7. Analysten und Rating-Agenturen
5.7.1. Haftungstatbestände nach dem BörseG
5.7.2. Haftungstatbestände nach dem ABGB
5.8. Sachverständige
5.8.1. Objektiv-rechtliche Sorgfaltspflichten
5.8.2. Pflichten nach dem WAG
5.9. Garantiegeber
5.10. Amtshaftung

6. Anspruchsgrundlagen für Schadenersatz
6.1. Verschuldensmaßstab
6.2. Kausalität
6.3. Beweislast
6.4. Schaden
6.5. Schadensminderungspflicht
6.6. Präklusion

7. Zusammenfassung

8. Abkürzungsverzeichnis

9. Abbildungsverzeichnis

10. Literaturverzeichnis

- Haftung des Emittenten/Anbieters für fehlerhafte Primärmarktpublizität
- Emittentenhaftung für fehlerhafte Sekundärmarktpublizität
- Bieterhaftung für fehlerhafte Angebotsunterlage
- Haftung des Emittenten/Anbieters für fehlerhafte Primärmarktpublizität
- Emittentenhaftung für fehlerhafte Sekundärmarktpublizität
- Bieterhaftung für fehlerhafte Angebotsunterlage
- Haftung des Emittenten/Anbieters für fehlerhafte Primärmarktpublizität
- Emittentenhaftung für fehlerhafte Sekundärmarktpublizität
- Bieterhaftung für fehlerhafte Angebotsunterlage

1. Einleitung

Im 21. Jahrhundert ist die wirtschaftliche Bedeutung der Kapitalmärkte für die gesamte Volkswirtschaft enorm groß. Ein Zusammenbruch des Kapitalmarkts kann verheerende Folgen für die Wirtschaft eines Landes haben. Im Falle größerer und international bedeutender Länder kann ein solcher Zusammenbruch, wie wir es in den letzten Jahren mitverfolgen konnten, die gesamte Weltwirtschaft beeinflussen. Auf Grund der Globalisierung sind die Kapitalmärkte der Staaten immer mehr miteinander verbunden und von einander abhängig. Heutzutage ist der Kapitalmarkt ein enorm wichtiger Marktplatz nicht nur für Banken und Finanzinstitutionen, sondern auch für Staaten, Unternehmen aus allen Branchen und für private Anleger.

Die einzelnen Staaten und Unternehmen versuchen unter möglichst günstigen Bedingungen Geld aufzunehmen und die Investoren möchten ihr Geld gewinnbringend anlegen. Damit dies möglich ist müssen die Beteiligten, vor allem die Investoren, Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts haben. Daher ist es unerlässlich, dass der Kapitalmarkt durch diverse Vorschriften, Regeln und Pflichten reguliert wird.

Das Vertrauen der Investoren in den Kapitalmarkt wurde in letzter Zeit durch diverse Skandale schwer erschüttert. Weltweit kann man hier vor allem den Enron-Skandal[1], sowie aus jüngster Zeit das Beispiel von Goldman Sachs[2] anführen. Aus österreichischer Sicht kann man hier die Beispiele von AWD, Meinl und Immofinanz erwähnen.[3]

Die Emission und der Handel von Wertpapieren von Aktiengesellschaften auf dem Kapitalmarkt stellt eine wichtige Funktion des Kapitalmarkts dar. Aus diesem Grund möchte ich die umfangreichen Aufklärungs-, Informations- und Beratungspflichten der Unternehmen, deren Wertpapiere auf den geregelten Märkten gehandelt werden, sowie anderer beteiligter Institutionen und Einzelpersonen aufarbeiten. Mein Hauptaugenmerk wird sich dabei auf den Emittenten und auf den Anlageberater richten, da diese in der Praxis am ehesten zur Haftung herangezogen werden.

Ich habe meine Arbeit auf der Basis von diversen Publikationen in angesehenen Zeitschriften, Büchern, EU- Richtlinien und Verordnungen, sowie Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes aufgebaut.

In der vorliegenden Arbeit werde ich mit einer kurzen Darstellung des Kapitalmarkts anfangen. Hier werde ich besonders auf seine Bedeutung, Organisation und Funktionsweise näher eingehen. Außerdem werde ich seine Unterscheidungskriterien und wichtigsten Aufgaben sowie schließlich dessen bedeutendste Akteure beschreiben.

Der zweite Teil behandelt die Informationspflichten des Primärmarktes und des Sekundärmarktes. Diese ergeben sich hauptsächlich aus dem Börse- und Aktiengesetz sowie aus dem Kapitalmarktrecht, wobei das Hauptaugenmerk auf die Vorschriften gerichtet werden soll, die die Verbreitung von Informationen an die breite Öffentlichkeit vorschreiben. Hier wäre als Beispiel die Ad-hoc-Publizitätspflicht zu nennen.

Im dritten Teil möchte ich die einzelnen Haftungsbestimmungen hervorheben. Dabei soll hauptsächlich die Prospekthaftung von Emittenten nach dem Kapitalmarktgesetz (KMG) und darüber hinaus die zivilrechtliche sowie aktienrechtliche Haftung näher erörtert werden. Der Schadenersatz nach dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und die Irreführende Werbung spielen hier eher eine untergeordnete Rolle.

Der vierte Teil soll den Kernbereich meiner Arbeit bilden. In diesem werde ich versuchen die Haftung der potentiellen Haftungsträger gegliedert auszuarbeiten. Hier gibt es eine Reihe von möglichen Personen und Unternehmen, wie Vermittler, Rating-Agenturen, Kontrollore oder Organmitglieder, sowie auch die Republik Österreich und die Börse selbst, die in Anspruch genommen werden können. Den Emittenten treffen hier naturgemäß die umfangreichsten Vorschriften, sowohl bei der Emission von Aktien auf dem Primärmarkt, als auch hinsichtlich seiner Schutz- und Informationspflichten auf dem Sekundärmarkt betreffen. Außerdem stellen neben dem Emittenten auch der Emissionsbegleiter und der Anlageberater mögliche wichtige Haftungsträger dar. Dabei werde ich neben der Haftung auch die Pflichten der Haftungsträger gegenüber dem Anleger erwähnen. Ich werde nicht nur auf die Anspruchsvoraussetzungen aus der vertraglichen Haftung oder aus culpa in contrahendo eingehen, sondern auch die Haftung gegenüber Dritten aufarbeiten.

Im abschließenden Teil werde ich die Anspruchsgrundlagen für Schadenersatz, die sich aus den kapitalmarktrechtlichen Gesetzen und aus dem allgemeinen Zivilrecht ergeben, skizzieren.

2. Kapitalmarkt Allgemein

Der Kapitalmarkt soll die Nachfrage und das Angebot nach Kapital zusammenführen und dient daher als Handelsplatz für die Kapitalgeber und die Kapitalnehmer.

„Der Kapitalmarkt besteht aus der Gesamtheit aller Institutionen und Transaktionen, die der Zusammenführung von Angebot und Nachfrage nach mittel- und langfristigem (Finanz-)Kapital dienen.“[4]

Grundsätzlich wird er in einen organisierten und einen nicht organisierten Kapitalmarkt gegliedert. Der nicht organisierte weist einen geringen Grad an Organisation auf, findet meistens außerhalb der Börsen statt und ist schwer überschaubar. Hierzu gehört auch der Interbankenmarkt, auf dem Kredit- und Geldgeschäfte zwischen den Banken stattfinden. Der organisierte Kapitalmarkt findet auf den Börsen statt. Er ist standardisiert und wird streng reguliert. Ein wichtiger Vorteil des organisierten Kapitalmarkts besteht darin, dass er kostengünstige, schnelle, sichere und jederzeit handelbare Transaktionen zulässt.[5] Außerdem unterliegt er der staatlichen Aufsicht. Mit dem Begriff Kapitalmarkt werde ich im weiteren Verlauf den organisierten Kapitalmarkt meinen.

2.1. Organisation des Kapitalmarkts

Die Hauptakteure des Kapitalmarkts sind die Unternehmen, Staaten und die Investoren. Der Börsenplatz bietet eine wichtige Möglichkeit für Kapitalnehmer sich Liquidität zu verschaffen. Zu diesen gehören primär Unternehmen und Staaten, die den größten Bedarf an frischem Kapital haben. Auf der Seite der Kapitalgeber stehen hauptsächlich institutionelle und private Investoren. Für sie ist die Börse eine gute Option um schnell Kapital anzulegen, aber auch wieder schnell in reales Geld umzuwandeln. Dazu gibt es eine Reihe von Intermediären. Unter diesen fungieren Banken, Investmenthäuser, Ratingagenturen, Analysten, Kapitalanlagegesellschaften und Vermögensberater.

Auf dem Kapitalmarkt werden hauptsächlich Aktien, Anleihen von Unternehmen und Staaten, diverse Fonds sowie Derivate wie die Optionen gehandelt. Diese Produkte werden meistens in standardisierter Form auf der Börse gehandelt.

Der Kapitalmarkt wird in den Renten- und Aktienmarkt unterteilt. Der Aktienmarkt besteht wiederum aus dem Primär- und Sekundärmarkt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Der Finanzmarkt[6]

Auf dem Primärmarkt, der auch Emissionsmarkt genannt wird, können neue Wertpapiere (Emissionen) platziert werden. Hierbei handelt es sich um deren Erstplatzierung. Auf dem Sekundärmarkt werden diese emittierten Wertpapiere gehandelt. Dies geschieht auf den Wertpapierbörsen. Durch das Angebot und die Nachfrage auf dem Sekundärmarkt wird der Preis der Wertpapiere bestimmt.

Der österreichische Kapitalmarkt, sowie die Wiener Börse werden von der Finanzmarktaufsicht überwacht. „Der wichtigste Beitrag der FMA zum Verbraucher-, Anleger- und Gläubigerschutz ist, über die Solvabilität und Einhaltung der gesetzlichen Verhaltensregeln bei Banken, Versicherungen, Pensionskassen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu wachen sowie für Transparenz und Fairness am österreichischen Kapitalmarkt ein zu stehen.“[7]

2.2. Bedeutung des Kapitalmarkts

Die wichtigste Bedeutung des Kapitalmarkts besteht darin, den Akteuren Liquidität zu verschaffen. Die Kapitalnehmer können das Kapital produktiv einsetzen, bis die Kapitalgeber das Kapital wieder brauchen. Dafür sind die Kreditnehmer bereit den Kreditgebern Zinsen zu zahlen und die Unternehmen den Investoren Dividenden auszuschütten.[8]

Da der Kapitalmarkt eine Reihe von Finanzprodukten bietet, ermöglicht er Anlegern und Schuldnern ihr Risiko zu teilen, in dem jeder Marktteilnehmer je nach Risikoeinstellung in eine bestimmte Risikoklasse investieren oder zu einem bestimmten Zinssatz Geld ausborgen kann. Er ermöglicht es dem Anleger verschiedene Aktiva zu halten.[9]

Die Anleger müssen Vertrauen in den Kapitalmarkt haben um ihr Geld auch in diesen zu investieren und die Liquidität zu erhalten. Um das Vertrauen der Investoren zu fördern müssen der Kapitalmarkt und auch der Gesetzgeber dafür sorgen, dass alle entscheidungsrelevanten Informationen an die Investoren weitergegeben werden. Hier kann es jedoch zu Informationsasymmetrien kommen.

Das Problem der Informationsasymmetrie besteht dann, wenn gewisse Marktteilnehmer besser informiert sind als andere. Diese könnten ihre überlegene Stellung ausnützen um daraus Profite auf Kosten anderer zu erlangen.

Dieses Problem könnte das Vertrauen der schlechter informierten Marktteilnehmer in den Kapitalmarkt untergraben. Da das Vertrauen der Investoren in den Kapitalmarkt essentiell ist, muss das Kapitalmarktrecht versuchen diese Informationsasymmetrien abzubauen.

„Das Marktrecht hat nun durch verschiedene Regelungen sicherzustellen, dass das Wissensgefälle zwischen den Marktgegenseiten eingeebnet wird, etwa durch standardisierte Information (Prospekt) und ergänzende individuelle (Anlageberatung) oder allgemeine (Ad-hoc-Publizität) Informationen.“[10]

2.3. Funktionen des Kapitalmarkts

Die Hauptfunktion des Kapitalmarkts besteht darin, die Bedürfnisse der Marktteilnehmer hinsichtlich der Höhe, Laufzeit und des Risikos auf einander abzustimmen. Dies gelingt durch die richtige Ausgestaltung der Finanzprodukte. Diese Funktion wird auch Transformationsfunktion genannt.[11]

Unter den Überbegriff „Transformationsfunktion“ werden folgende Funktionen zusammengefasst:[12]

- Größentransformation: Durch die Größentransformation wird der Kapitalbedarf in kleinere Teile zerlegt und ermöglicht somit die Übereinstimmung der Beträge, da ein einzelner Kapitalgeber normalerweise die nötige Menge an Kapital nicht besitzt.
- Fristentransformation: Finanzprodukte mit kurzer Fristigkeit werden hintereinandergeschaltet und daher kann ein langfristiger Kapitalbedarf gedeckt werden.
- Risikotransformation: Dies ermöglicht es die unterschiedlichen Risikoeinstellungen der Kapitalgeber und Nehmer aneinander anzugleichen. Die Anleger können unsichere Positionen in sichere umwandeln.

3. Informationspflichten

Damit sich die Anleger ein gerechtes Bild über die Anlage machen können, muss sichergestellt werden, dass ihnen alle für ihre Entscheidung relevanten Informationen übermittelt werden. Hier treffen wiederum den Emittenten die größten Anforderungen. „Da die Inhalte der Kapitalanlage zu komplex sind, reichen zivilrechtliche Aufklärungspflichten im Rahmen des Erwerbsvorgangs allein nicht aus, zumal das Übertragungsgeschäft überwiegend nicht zwischen dem Emittenten und dem Anleger vollzogen wird. Die Informationspflicht des Emittenten liegt auf vergleichbarer Stufe mit der eines Verkäufers, auch wenn die Rechtsbeziehung unter Einschaltung von Anbietern oder Vermittlern zustandekommt, einfach weil ihm die Gegenleistung (Geld) für die Ausgabe des Papiers zufließt.“[13]

3.1. Primärmarkt

Jeder Emittent muss nach dem Kapitalmarktgesetz vor einer Emission von Wertpapieren ein Prospekt erstellen, das durch die FMA gebilligt werden muss. In diesem muss er die grundlegendsten Informationen über das Unternehmen, beziehungsweise über die Kapitalanlagemöglichkeit detailliert darstellen.

Die Pflicht zur Ausgabe eines Prospekts ergibt sich auch aus dem § 72 Abs 1 Z 7 BörseG, der vorschreibt, dass beim Antrag für die Zulassung eines Wertpapieres ein Prospekt beizulegen ist. Für Kapitalanlagegesellschaften als Emittenten lässt sich diese Pflicht auch aus dem § 6 Abs 3 InvFG ablesen.[14]

Anteilscheine nach dem Investmentfondsgesetz und dem Immobilien-Investmentfondsgesetz unterliegen jedoch nach § 3 Abs 1 Z 4 KMG nicht der Prospektpflicht.

3.2. Sekundärmarkt

Die wichtigste Informationspflicht für Unternehmen, deren Aktien auf der Börse notiert sind, ist die Ad-hoc-Publizitätspflicht. Diese ist in § 48d BörseG normiert und verpflichtet die Unternehmen zur umgehenden Veröffentlichung kursrelevanter

Ereig­nisse. In diesem Paragraphen wird auch das sogenannte Directors Dealing geregelt, das die Informationspflichten bei Wertpapiergeschäften der Mitglieder des Managements vorschreibt.

„Personen, die bei einem Emittenten von Finanzinstrumenten mit Sitz im Inland Führungsaufgaben wahrnehmen, haben alle von Ihnen getätigten Geschäfte auf eigene Rechnung

- mit zum Handel auf geregelten Märkten zugelassenen Aktien,
- mit aktienähnlichen Wertpapieren des Emittenten oder
- mit sich darauf beziehenden Derivaten oder
- mit ihm verbundener Unternehmen (§ 228 Abs. 3 UGB) zu melden.

Dies trifft auch auf Personen zu, die in enger Beziehung zu dieser Führungskraft stehen.“[15]

Auch die Regelpublizität ist eine wichtige Verordnung, die sicherstellen soll, dass die Anleger ausreichend Informationen über börsennotierte Unternehmen besitzen. Diese wird ebenfalls im Börsegesetz geregelt.

„Die Regelpublizität orientiert sich an den Quartalen des Geschäftsjahres. Börsennotierte Gesellschaften, deren Aktien zum Amtlichen Handel oder Geregelten Freiverkehr zugelassen sind, müssen zum Ende des ersten und dritten Quartals eines Geschäftsjahres Zwischenmitteilungen oder Quartalsberichte vorlegen, zum Ende des zweiten Quartals einen Halbjahresfinanzbericht und zum Ende des vierten Quartals einen Jahresfinanzbericht einschließlich eines Corporate Governance Berichts.“[16]

Anbieter von Wertpapierdienstleistungen und Finanzinstrumenten müssen zusätzliche Wohlverhaltensregeln, die im Wertpapieraufsichtsgesetz bestimmt sind, befolgen. Diese Regeln wurden auf der Basis der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente samt Ausführungsrichtlinie 2006/73/EG unter Bedachtnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 in das österreichische Recht umgesetzt.[17]

„Diese Regelungen sollen in erster Linie besondere Informationspflichten der Dienstleistungserbringer über die Art der zu erbringenden Dienstleistungen, die Finanzinstrumente sowie über anfallende Kosten und Nebenkosten beinhalten. Ein wesentlicher Punkt dabei werden auch besondere Prüfungen der Angemessenheit oder der Eignung bestimmter Wertpapierdienstleistungen durch die Dienstleistungserbringer sein. Diese Prüfungen können je nach Wertpapierdienstleistung einen unterschiedlichen Umfang haben und sich in ihrer Funktion und ihren Merkmalen unterscheiden. Wesentlich dabei soll sein, dass ein Geschäft im bestmöglichen Interesse des Kunden durchgeführt wird.“[18]

Die im BörseG angeführte Beteiligungspublizität, normiert eine Offenlegungspflicht für Aktiengesellschaften, sobald bestimmte Kapitalverhältnisse überschritten werden.

Nach § 93 Abs 1 BörseG hat die Aktiengesellschaft, deren Stimmrechtsverhältnisse wesentlich verändert wurden, das Publikum darüber zu unterrichten, wenn die Beteiligungsänderung zu einer Abweichung von früher veröffentlichten Angaben über die Stimmrechts- und Kapitalverhältnisse führt. Die Veröffentlichung muss spätestens zwei Handelstage, nachdem sie davon Kenntnis erlangt hat, erfolgen. Die Unterrichtung hat jedenfalls zu erfolgen, wenn durch die Beteiligungsänderung die in § 91 Abs 1 BörseG angeführten Stimmrechtsanteile erreicht, über- oder unterschritten werden.[19]

4. Haftungsbestände

In der Regel sehen wir uns auf dem Kapitalmarkt hauptsächlich mit zwei unterschiedlichen Haftungstatbeständen konfrontiert.

Einerseits kann es zu einer falschen oder zumindest fehlerhaften Anlageberatung seitens eines Anlageberaters kommen. Dazu kommt es, wenn der Anlageberater seine weitreichenden Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt. Diese ergeben sich nicht nur aus einem eventuellen Vertrag, sondern es bestehen darüber hinaus vertragsähnliche Pflichten, die bereits vor Vertragsabschluss zu beachten sind. Insbesondere muss er den Anleger über die wesentlichen Charakteristika der Anlage und das mit ihr verbundene Risiko aufklären. Dies muss in einer klaren und verständlichen Weise erfolgen. Die Haftungsansprüche können sich darauf stützen, dass die Information fehlerhaft war oder wesentliche Informationen nicht erteilt wurden.[20]

Die Haftungsbestimmungen des Anlageberaters wegen falscher Anlageberatung werden vor allem im Wertpapieraufsichtsgesetz geregelt. Diese Bestimmungen bauen auf den allgemeinen Schadenersatzregelungen des ABGB auf.

Der grundlegendste Haftungsanspruch auf den sich die Anleger berufen können ist der des Geschäftsirrtums. Wenn die Anleger wegen falscher Anlageberatung über den Gegenstand oder die Eigenschaft des Rechtsgeschäftes irrten, bietet § 871 ABGB eine gute und in der Praxis oft angewendete Haftungsgrundlage. Die Anleger können sich dann auf den Geschäftsirrtum berufen, der wesentlich ist, wenn ansonsten das Geschäft nicht zu Stande gekommen wäre. Zusätzlich muss der Anleger beweisen, dass dieser vom Vertragspartner veranlasst wurde oder, dass er dem Anlageberater offenbar hätte auffallen müssen. In diesem Fall kann der Vertrag gemäß § 871 ABGB angefochten werden und er wird ex tunc aufgehoben. Die Leistungen sind dann nach den Regeln des § 877 ABGB zurückzustellen.

Zu einem anderen Fall von fehlerhafter Kapitalmarktinformation kann es bei der Emission von Wertpapieren kommen. Da sowohl bei der Emission von neuen Wertpapieren als auch beim öffentlichen anbieten von bestehenden Wertpapieren den Emittenten eine Prospektpflicht trifft, kann es hier zu einer Schädigung des Anlegers durch falsche Prospektinformationen kommen. Um eine Verletzung der Prospektpflicht handelt es sich auch dann, wenn wichtige Informationen vorenthalten werden. Die Prospektvorgaben sind im KMG formuliert und die Informationspflichten sind zum größten Teil im AktG und BörseG weitreichend vorgegeben. Der österreichische Gesetzgeber schreibt sowohl im § 2 KMG als auch im § 74 BörseG eine Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung eines Prospekts vor. Die Ausnahmen von der Prospektpflicht werden im § 75 BörseG und im § 3 KMG aufgezählt. Die Haftung für unrichtige oder unvollständige Prospektinformationen bei der Emission von Wertpapieren wird im Kapitalmarktgesetz, vor allem in § 11 KMG, geregelt.

Für Kapitalanlagefonds wurden im Jahr 2008 die Veröffentlichungspflichten des InvFG an das KMG durch die InvFG-Novelle 2008 angeglichen. Demnach beinhaltet das InvFG keine spezifischen Haftungsregeln hinsichtlich fehlerhafter Prospekte. Daher muss in solchen Fällen auf das KMG oder sogar auf die zivilrechtlichen Bestimmungen zurückgegriffen werden, vor allem auf Haftungsverpflichtungen die sich aus culpa in contrahendo ergeben.[21]

Ein weiterer Haftungstatbestand kann sich aus den allgemeinen Normen des ABGB ergeben, die die fehlerhafte Raterteilung verbieten, vor allem wenn diese von einem sogenannten Sachverständigen erfolgt. In diesem Zusammenhang sind die § 1299 und § 1300 ABGB zu nennen.

Darüber hinaus können sich Anleger auch auf das Täuschungsverbot im UWG berufen. Schließlich besteht auch ein Vertragshaftungsanspruch des Anlegers gegenüber dem Emittenten.[22]

Im österreichischen Recht können sich also mehrfache Reglungen derselben Tatbestände ergeben, wie man am Beispiel der Prospekthaftung erkennen kann, die einerseits in den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen anerkannt wird, aber andererseits auch speziell im KMG geregelt wird. Grundsätzlich ist es so, dass jeweils die speziellere Norm der allgemeineren vorgeht. Das KMG erfasst bloß einen Teilbereich des allgemeinen Zivilrechts und das BörseG regelt wiederum nur einen gewissen Teilbereich des KMG.[23]

Es können sich in manchen Fällen daher Konkurrenzprobleme zwischen den Regelungen des KMG und der Haftung nach dem allgemeinen Zivilrecht ergeben.

Das Verhältnis zwischen § 11 KMG und dem allgemeinen Zivilrecht kann zur Konkurrenz der Ansprüche aus der Prospekthaftung nach KMG und aus einer Weiterentwicklung der culpa in contrahendo hervorgegangenen allgemein zivilrechtlichen Prospekthaftung führen. In Konkurrenzfällen sollte das KMG als lex specialis den Vorrang haben, was jedoch nicht zur Einschränkung der allgemeinen Haftung führen sollte, da das KMG auf eine Verbesserung des Anlegerschutzes abzielt. Das KMG schreibt die Haftung für alle Varianten der Anlegerinformation vor, auch für Prospekte für den amtlichen Handel. Die gilt auch für den Kreis der haftenden Personen. Außerdem steht im § 11 Abs 8 KMG, dass Schadenersatzansprüche aus der Verletzung anderer Gesetze oder aus Vertrag unberührt bleiben. Das KMG sollte daher nicht weitergehende Ansprüche aus allgemeinem Zivilrecht einschränken.[24]

Der Argumentation von Brawenz schließt sich auch Koziol an, der meint, dass die Bestimmungen des KMG über die Prospekthaftung die zivilrechtliche Schadloshaltung des Anlegers ermöglichen sollen: „Da § 11 Abs 8 KMG wegen der klaren Absicht des Gesetzgebers so zu interpretieren ist, daß er möglichst der Verbesserung des Anlegerschutzes dient, müssen dem Anleger die schon bisher vorhandenen weiterreichenden Rechtsbehelfe nach allgemeinen Schadenersatzrecht erhalten bleiben.“[25]

4.1. Zivilrechtliche Haftung

Im österreichischen Zivilrecht stellt für geschädigte Personen die culpa in contrahendo einen wichtigen Haftungsbestand dar. Demnach treffen die Vertragspartner bereits mit der Aufnahme eines rechtsgeschäftlichen Kontakts bestimmte Schutz-, Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten. Dies wurde aus der Rechtsprechung durch Analogie gewonnen:[26]

- § 878 Satz 3 ABGB: Kenntnis der Unmöglichkeit bei Vertragsabschluß.
- § 866 ABGB: Vortäuschung der Volljährigkeit.
- § 869 ABGB: undeutliche Erklärung zur Übervorteilung.
- § 874 ABGB: Vertragsschluß durch List oder Furcht.
- § 1003 ABGB: Verletzung der Erklärungspflicht öffentlich bestellter Geschäftsbesorger.

Koziol argumentiert, dass es zwischen einem Emittenten und dem Anleger nicht unmittelbar zu einem Geschäftsabschluss kommen muss, jedoch den Emittenten gegenüber dem Anleger höhere Informationspflichten treffen. Diese Haftung nach dem allgemeinen Zivilrecht bezieht sich auf eine Fortentwicklung der Haftung aus culpa in contrahendo.[27]

Dies bedeutet, dass obwohl der Anleger noch keinen gültigen Vertrag mit dem Emittenten abgeschlossen hat, den Emittenten bereits gewisse Sorgfaltspflichten treffen. Nimmt der Emittent diese Pflichten nicht wahr, kann sich der Anleger, darauf berufen und Schadenersatz fordern.

„Die Prospekthaftung ist eine Schadenersatzhaftung aus Verschulden bei Vertragsabschluß sowie für die Verletzung von Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten schon vor Geschäftsabschluß.“[28]

Die zivilrechtliche Haftung kommt in mehreren Fällen zum Tragen. Nach Brawenz und Gruber findet sie auch Anwendung wenn ein Prospekt entgegen dem KMG nicht veröffentlicht wurde.[29]

Desweiteren kann es vorkommen, dass gemäß § 3 KMG ein entsprechender Haftungstatbestand gesetzt wurde. Dies wäre auch bei einem freiwilligen Prospekt der Fall.[30]

4.2. Das Kapitalmarktgesetz

Das Kapitalmarktgesetz ist mit dem 1. Jänner 1992 in Kraft getreten. Gemäß § 12 KMG wurde der Österreichischen Kontrollbank AG (OeKB) die Funktion einer Meldestelle übertragen. Das KMG soll die Prospektpflicht, den Prospektinhalt sowie die Prospekthaftung für Anlageformen, die zum ersten Mal öffentlich auf dem Kapitalmarkt angeboten werden, bestimmen.[31]

Der Begriff des „öffentlichen Angebots“ wird in § 1 Abs. 1 Z 1 KMG normiert: „öffentliches Angebot: eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Bedingungen eines Angebots (oder einer Einladung zur Zeichnung) von Wertpapieren oder Veranlagungen und über die anzubietenden Wertpapiere oder Veranlagungen enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere oder Veranlagungen zu entscheiden. Diese Definition gilt auch für die Platzierung von Wertpapieren oder Veranlagungen durch Finanzintermediäre.“

Daher handelt es sich um ein öffentliches Angebot, wenn die zwei folgenden Kriterien erfüllt sind. Einerseits muss eine Willenserklärung im Sinne des § 861 ABGB (Offerte) abgegeben werden, andererseits muss diese an einen nicht bestimmten Personenkreis (Öffentlichkeit) gerichtet sein.[32]

Der österreichische Gesetzgeber wollte bei der Einführung des KMG außerdem eine Anpassung an das EG-Recht sicherstellen um den österreichischen Emittenten, die die Vorgaben des KMG erfüllen, das Anbieten ihrer Kapitalanlage in einem anderen EG-Staat zu ermöglichen.

Das Hauptziel des Kapitalmarktrechts ist der Anlegerschutz. Der Anlegerschutz basiert vor allem auf vier Prinzipien:[33]

- Die Vorschriften sollen eine rationale und vollinformierte Entscheidung des Anlegers ermöglichen.
- Dem Anleger soll durch laufende Informationsversorgung die Möglichkeit der Revision seiner Entscheidung ermöglicht werden. Zusätzlich soll ihm die Möglichkeit der Mitwirkung und der Kontrolle der Gesellschaft geboten werden.
- Das Kapitalmarktrecht soll den Anleger vor nachteiligen späteren Veränderungen schützen, die keinen Eingang in sein Entscheidungskalkül gefunden haben.
- Gewährleistung einer Exit-Möglichkeit.

Der § 11 KMG regelt, dass dem Anleger, der im Vertrauen auf die Prospektangaben oder sonstige gesetzliche Angaben, die für die Beurteilung der Kapitalanlage wesentlich sind, ein Wertpapier oder eine Veranlagung erworben und einen Schaden erlitten hat, Schadenersatzansprüche zustehen.[34]

4.2.1. Prospektbegriff

Im KMG finden wir keine detaillierte Aufzählung, wann es sich um ein Prospekt handelt. Daher muss im Einzelfall geklärt werden, ob eine Ausarbeitung den Begriff des Prospekts nach den Vorgaben des KMG erfüllt. Der OGH hat klargestellt, dass ein Prospekt nicht bestimmte Formerfordernisse erfüllen muss. Vielmehr geht es darum, dass ein Prospekt dem Vertrieb der Anlage dienen muss. Es muss daher als Schriftstück geeignet ist, den Anlageentschluss eines potentiellen Anlegers zu beeinflussen, indem er den Anschein ausreichender und objektiver Anlageinformation erweckt.[35]

„Ein Prospekt liegt vor, wenn er dem Vertrieb einer Anlage dient und generell geeignet ist, den Anlageentschluss eines potenziellen Anlegers für eine bestimmte Anlage zu beeinflussen, indem er den Anschein ausreichender und objektiver Information erweckt. Maßgeblich ist daher ein funktionales Verständnis, das darauf zielt, bei einem öffentlichen Angebot die notwendige, allgemeine standardisierte Information an eine Vielzahl von Personen zu liefern. Handzettel, Kurzexposés und Zeitungsanzeigen sind im Allgemeinen dazu nicht geeignet. Schlichte Werbeprospekte, die die Anforderungen nach dem KMG oder BörseG nicht erfüllen, Beitrittserklärungen, ein Vertrag, ein Vertragsauszug oder AGB können aber durchaus ein Prospekt sein, wenn sie zur Werbung für eine Anlage verwendet werden und die maßgeblichen Informationen enthalten.“[36]

Das Prospekt hat die wichtigsten Merkmale wie die Finanzlage, Gewinne und Verluste sowie Zukunftsaussichten darzustellen. Diese müssen in verständlicher Sprache dargestellt sein. Darüber hinaus hat er den Anleger über die Risiken zu informieren. Der Gesetzgeber hat auch Ausnahmen von der Prospektpflicht definiert. Diese beziehen sich in erster Linie auf Anleger die weniger schutzbedürftig als erfahrene Investoren sind.[37]

4.2.2. Prospektmängel

Die wichtigsten Anforderungen an das Prospekt sind die Richtigkeit, Vollständigkeit, Verständlichkeit und die Kohärenz. „Die unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Angaben müssen darüber hinaus wesentlich sein.“[38]

„Wesentlichkeit bedeutet, daß sich unter Anlegung eines objektiven Maßstabs ein durchschnittlicher, verständiger Anleger von diesen Angaben bei einer Auswahlentscheidung unter mehrere Anlagemöglichkeiten beeinflussen läßt, er sie somit bei seiner Anlageentscheidung, dem Abwägen zwischen Ertrags- und Risikogesichtspunkten, gerade zugunsten dieses Anlageobjekts mitberücksichtigt.“[39]

Da der Emittent der Hauptverantwortliche für alle diese Anforderungen ist, muss er auch für eventuelle Fehler haften.

Die restlichen potentiellen Haftungsträger, die unter § 11 Abs 1 angeführt werden treffen Prüf-, Kontroll- und Stellungnahmepflichten. Dies bedeutet, dass insbesondere die Wiener Börse als stellungnehmende Instanz und die Prospektkontrollore von Wertpapierprospekten für Mängel bei der Kontrolle der Vollständigkeit, Kohärenz und Verständlichkeit verantwortlich gemacht werden können, jedoch nicht für die Richtigkeit. Prospektkontrollore von Veranlagungsprospekten haben jedoch auch die Richtigkeit der Prospekte zu überprüfen.[40]

4.2.3. Haftungsträger

Da bei der Erstellung eines Prospekts mehrere Parteien mitwirken, könnte auch jede als Haftungsträger in Betracht kommen. Die verschiedenen Haftungsträger werden in § 11 Abs 1 KMG angeführt. Zu diesen gehören der Emittent, Prospektkontrollor, Garantiegeber, Abschlussprüfer und auch die Wiener Börse könnte in Betracht kommen, falls sie eine unrichtige oder unvollständige Stellungnahme abgegeben hat. Außerdem werden in § 11 Abs 1 KMG die Verschuldensgrade für die Haftungsträger geregelt. § 11 Abs 3 KMG besagt außerdem, dass für den Fall in dem die Haftplicht mehrere trifft, diese als Gesamtschuldner haften.

Der Sorgfaltsmaßstab für die Beurteilung des Verschuldens wird im § 1299 ABGB geregelt.[41]

Auch eine Billigung der FMA kann die Prospekthaftung der Haftungsträger nicht ausschließen.

4.3. Aktienrechtliche Haftung

Da ein Beteiligungsprospekt in der Regel eine öffentliche Aufforderung zur Beteiligung an einer Gesellschaft darstellt, wurden Strafbestimmungen für Organmitglieder einer AG oder GmbH durch das Rechnungslegungsgesetz 1990[42] neu erfasst. Die Bestimmungen des AktG wurden jenen des GmbHG angepasst.[43] Die Formulierungen finden sich in § 255 AktG und § 122 GmbHG wieder. Nach § 255 Z 1 AktG und § 122 Abs 1 Z 1 GmbHG macht sich strafbar, wer „in einer öffentlichen Aufforderung zur Beteiligung an der Gesellschaft … die Verhältnisse der Gesellschaft unrichtig wiedergibt oder erhebliche Umstände verschweigt.“[44]

Falsche Angaben des Vermögensstandes beinhalten sowohl eine günstigere als auch eine ungünstigere Darstellung.[45]

Laut Gruber wird im GmbHG und im AktG zwischen den unterschiedlichen Täterkreisen unterschieden. Im § 255 AktG werden sowohl Vorstands- und Aufsichtsratmitglieder sowie Abwickler und Beauftragte erfasst. Nach § 122 Abs 1 GmbHG können Geschäftsführer, Aufsichtsratmitglieder, Beauftragte und Liquidatoren mit einer Geldstrafe belangt werden.[46]

Dies bedeutet, dass auch Personen, die der Gesellschaft nicht als Organmitglieder angehören, jedoch von dieser beauftragt wurden, in den Haftungskreis mit einbezogen werden können.

Gemäß § 40 Z 3 AktG ist derjenige der Gesellschaft zum Schadenersatz verpflichtet, der vor Eintragung der Gesellschaft in das Firmenbuch oder innerhalb der ersten zwei Jahre danach die Aktien öffentlich ankündigt, um sie in den Verkehr einzubringen, wenn er die Unrichtigkeit oder die Unvollständigkeit der Angaben, die zum Zwecke der Gründung der Gesellschaft gemacht worden sind, oder die Schädigung der Gesellschaft durch Einlagen oder Sachübernahmen kannte oder bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns kennen musste. Nach dieser Definition kann eine Haftung auch den Emissionsbegleiter treffen.

4.4. Schadenersatz nach UWG

Anleger, die wegen irreführender Informationen zu Schaden gekommen sind, können ihre Ansprüche auch auf Grundlage des § 2 des UWG geltend machen. Dieser Paragraph dient nämlich nicht nur dem Schutz des Wettbewerbs, sondern auch der Marktgegenseite.[47]

In § 18 UWG wird die Haftung des Emittenten noch zusätzlich ausgeweitet. Demnach haftet der Unternehmer auch für Wettbewerbsverstöße, die im Betriebe seines Unternehmens begangen wurden. Das bedeutet, dass das Unternehmen auch für Personen haftet, die im Betrieb seines Unternehmens tätig werden, auch wenn diese keine Arbeitnehmer oder vom Unternehmen beauftragt sind. Darunter fallen Tätigkeiten die aufgrund von Werkverträgen, Bevollmächtigungsverträgen, freien Arbeitsverträgen oder ähnlichen Vereinbarungen für das Unternehmen durchgeführt wurden.[48]

4.5. Irreführende Werbung

In den letzten Jahren haben sich die Produkte auf dem Kapitalmarkt auch dank neuer technischer Errungenschaften weiterentwickelt. Sie sind zunehmend komplizierter und undurchschaubar geworden. Mit dieser Entwicklung ist auch das Risiko für die Kleinanleger gestiegen, die komplexen Produkte und die Chancen und Risiken nicht mehr korrekt beurteilen zu können. Die Emittenten versuchen durch gezielte Werbemaßnahmen die Anleger von ihren Kapitalprodukten zu überzeugen, jedoch geschieht dies auch oft mit Hilfe von irreführender Werbung. Eine wichtige Maßnahme um die Anleger von der Vorteilhaftigkeit des Wertpapiers beim Markteintritt zu überzeugen, ist die Werbung. Diese soll sicherstellen, dass die Anleger das Produkt kaufen. In diesem Zusammenhang hat es auch mehrere Verfahren geschädigter Anleger gegen Emittenten gegeben. Daraufhin hat es Diskussionen bezüglich des Verhältnisses hinsichtlich des UWG, zivilrechtlichen Vorgaben und des KMG gegeben.

Der OGH hat darauf hingewiesen, dass ein genereller Risikohinweis in einem Kasten mit technischen Daten nicht ausreichend ist, wenn der Gesamteindruck des Werbeprospekts „Sicherheit“ ist.[49]

§ 1 und § 2 UWG regelt nämlich den allgemeinen Ordnungsrahmen des Wettbewerbsrechts und verbietet die irreführende Darstellung im geschäftlichen Verkehr. In § 4 KMG Abs 2-4 werden auch bestimmte Grundsätze vorgegeben, die bei der Werbung zu beachten sind. Diese betreffen jedoch nur Werbung die sich auf ein aktuelles öffentliches Angebot zum Handel im Kapitalmarkt bezieht. Bereits beendete öffentliche Angebote werden davon jedoch nicht erfasst.[50]

Demnach war der OGH erst vor kurzem der Meinung, dass Werbeangaben auch dann irreführend sein können, wenn sie nicht im logischen Widerspruch zum Kapitalmarktprospekt stehen.[51]

„Nach einer aktuellen Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofs (Ob 188/08p vom 20. 1. 2009) kommt aber auch allgemeines Lauterkeitsrecht zur Anwendung, sodass Werbung für Wertpapiere auch außerhalb des Zeitrahmens des KMG am Maßstab des UWG zu prüfen ist. Da in § 4 Abs 3 KMG festgehalten ist, dass die in der Werbung enthaltenen Angaben nicht unrichtig oder irreführend sein und darüber hinaus nicht in Widerspruch zu den Angaben im Prospekt, folgert der OGH, dass es nicht nur auf einen Widerspruch zum Prospekt ankommt. Selbst wenn Werbung nicht dem Kapitalmarktprospekt widerspricht, kann sie wegen Verletzung des allgemeinen Irreführungsverbots des § 2 UWG gesetzwidrig sein.“[52]

Dieses Urteil bedeutet, dass die Werbung nach § 2 UWG zu beurteilen. Der § 4 KMG dient in der Regel als Basis für die Anwendung des UWG, insbesondere wegen Rechtsbruchs.

[...]


[1] Vgl Blechner, Der Enron-Skandal, http://www.tagesschau.de/wirtschaft/meldung362526.html (19.7.2010).

[2] Vgl Gevestor, Goldman Sachs: Rekordstrafe aus der Portokasse, http://www.gevestor.de/geldanlage/details/article/goldman-sachs-rekordstrafe-aus-der-portokasse.html (19.7.2010).

[3] Vgl Die Presse, Anleger-Klageflut: "AWD ist nur Spitze des Eisbergs", http://diepresse.com/home/recht/rechtallgemein/524065/index.do (19.7.2010).

[4] Vgl Wikipedia, Kapitalmarkt, http://de.wikipedia.org/wiki/Kapitalmarkt (17.7.2010).

[5] Vgl Wikipedia, Kapitalmarkt, http://de.wikipedia.org/wiki/Kapitalmarkt (17.7.2010).

[6] Vgl. Wikipedia, Kapitalmarkt, http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Kapitalmarkt.jpg&filetimestamp=20090104162507 (20.7.2010).

[7] Vgl FMA, Verbraucher-, Anleger- und Gläubigerschutz, http://www.fma.gv.at/cms/site/DE/einzel.html?channel=CH0036 (20.7.2010).

[8] Vgl Hubbard, Money, the Financial System, and the Economy (2005) 4.

[9] Vgl Hubbard, Money, the Financial System, and the Economy (2005) 4.

[10] Koziol, Haftpflichrecht3 (1997) 47.

[11] Vgl Hirth, Grundzüge der Finanzierung und Investition (2008) 117 f.

[12] Vgl Hirth, Grundzüge der Finanzierung und Investition (2008) 119 f.

[13] Kalss, Anlegerinteressen (2001) 162.

[14] Vgl Kalss, Anlegerinteressen (2001) 162.

[15] FMA, Directors'Dealings-Meldungen (Meldungen gemäß § 48 d Abs. 4 BörseG), http://www.fma.gv.at/cms/site/DE/detail.html?channel=CH0099&doc=CMS1140107060297 (21.7.2010).

[16] Wiener Börse, Was ist Regelpublizität und AD-HOC Publizität? http://www.unternehmensfinanzierung.at/boerse/investorrelations/publizitaet/ (21.7.2010).

[17] Vgl BMF, http://www.bmf.gv.at/Finanzmarkt/RechtlicheGrundlage_753/Archiv/2007/Wertpapieraufsichts_6697/MiFID-Regierungsvorlage-EB.pdf (22.7.2010).

[18] BMF, http://www.bmf.gv.at/Finanzmarkt/RechtlicheGrundlage_753/Archiv/2007/Wertpapieraufsichts_6697/MiFID-Regierungsvorlage-EB.pdf (22.7.2010).

[19] Vgl Vaclavek/Winkler, Ad-hoc-Publizität / Beteiligungspublizität / Insiderproblematik bei Beteiligungsveräußerungen, http://www.dbj.co.at/publ283.pdf (21.7.2010).

[20] Vgl Karollus-Bruner, Wertpapierwerbung auf dünnem Eis, http://derstandard.at/1254310823180/Rechtslage-unklar-Wertpapierwerbung-auf-duennem-Eis (10.1.2010).

[21] Vgl Kammel/Kapeller, Die Publizitätsvorschriften des KMG und InvFG, ZFR 2008, 182 (188).

[22] Vgl Schobel, Beraterhaftung: Informieren kostet Geld - Desinformieren kostet noch mehr, http://www.wirtschaftsblatt.at/home/359776/index.do (8.1.2010).

[23] Vgl Koziol, Die Konkurrenz zwischen allgemeinem Zivilrecht, KMG und BörseG bei der

Prospekthaftung, ÖBA 1992, 886 (886).

[24] Vgl Brawenz, Prospektpflicht und Prospekthaftung nach dem neuen Kapitalmarktgesetz, ÖBA 1992, 421 (433).

[25] Koziol, Die Konkurrenz zwischen allgemeinem Zivilrecht, KMG und BörseG bei der Prospekthaftung, ÖBA 1992, 886 (890).

[26] Vgl UIBK, C.I.C,zivilrecht2.uibk.ac.at/.../cic-gruppe%20(mit%20normen)%20-%20animiert.ppt (21.7.2010).

[27] Vgl Koziol, Die Konkurrenz zwischen allgemeinem Zivilrecht, KMG und BörseG bei der Prospekthaftung, ÖBA 1992, 886 (886 f).

[28] OGH 16.9.1993, 8 Ob 12/93.

29 Vgl Brawenz, Prospektpflicht und Prospekthaftung nach dem neuen Kapitalmarktgesetz, ÖBA 1992, 421 (421 ff); Gruber, Das neue Kapitalmarktgesetz, WBI 1992, 42 (42).

[30] Vgl Jabornegg, HGB-Kommentar 1997 §161.

[31] Vgl BWG, Das neue Kapitalmarktgesetz, http://www.bwg.at/bwg/bwg_v3.nsf/sysPages/xF1A3F81DA04E06EDC12573C2005281D5 (15.7.2010).

[32] Vgl BWG, Das "öffentliche Angebot" nach dem Kapitalmarktgesetz, http://www.bwg.at/bwg/bwg_v3.nsf/sysPages/x51CCD47EF892054EC12573C200524262 (15.7.2010).

[33] Vgl Koziol, Haftpflichtrecht3 (1997) 50.

[34] Vgl Kalss in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung: Recht und Reform in der Europäischen Union, der Schweiz und den USA (2005) 828.

[35] OGH 11.09.1997, 6 Ob 2100/96h = SZ 70/179.

[36] Kalss in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung: Recht und Reform in der Europäischen Union, der Schweiz und den USA (2005) 832 f zitiert nach OGH 11.9.1997, 6 Ob 2100/96h RdW 1998, 137; OGH 27.11.2001, 5 Ob 262/01t RdW 2002/82.

[37] Vgl Kammel/Kapeller, ZFR 2008, 182 (183).

[38] OGH 11.9.1997, 6 Ob 2100/96h.

[39] OGH 11.9.1997, 6 Ob 2100/96h.

[40] Vgl Lorenz in Zib/Russ/Lorenz, Kapitalmarktgesetz (2008) 219 ff.

[41] Vgl Welser, Prospektkontrolle und Prospekthaftung nach dem KMG, ecolex 1992, 301 (301).

[42] BGBI 475.

[43] Vgl Gruber, Strafbare Prospektwerbung im Aktien- und GmbH-Recht, wbl 1990, 331 (331 ff).

[44] § 255 Z 1 AktG.

[45] OGH EvBI 1963/406 = HS 4471.

[46] Vgl Gruber, Strafbare Prospektwerbung im Aktien- und GmbH-Recht, wbl 1990, 331 (332) zitiert nach Reich-Rohrwig (FN 5) 832.

[47] OGH RdW 1998, 399.

[48] Vgl Kalss in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung: Recht und Reform in der Europäischen Union, der Schweiz und den USA (2005) 830.

[49] OGH 20.1.2009, 4 Ob 188/08p.

[50] Vgl Knauder, Zu Fragen irreführender Werbung beim Vertrieb von Kapitalanlagen und daraus resultierender Schadenersatzansprüche, ZFR 2009, 96 (97 f).

[51] Vgl Knauder, Zu Fragen irreführender Werbung beim Vertrieb von Kapitalanlagen und daraus resultierender Schadenersatzansprüche, ZFR 2009, 96 (96).

[52] Karollus-Bruner, Wertpapierwerbung auf dünnem Eis, http://derstandard.at/1254310823180/Rechtslage-unklar-Wertpapierwerbung-auf-duennem-Eis (10.1.2010).

Ende der Leseprobe aus 93 Seiten

Details

Titel
Haftung für Kapitalmarktinformationen
Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien  (Gesellschafts- und Unternehmensrecht)
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
93
Katalognummer
V172323
ISBN (eBook)
9783640922543
ISBN (Buch)
9783640922369
Dateigröße
735 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ausführungen gelten vor allem in Österreich
Schlagworte
haftung, kapitalmarktinformationen
Arbeit zitieren
Simon Ostrozlik (Autor:in), 2011, Haftung für Kapitalmarktinformationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172323

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