Neuenburg unter vorderösterreichischer Herrschaft


Examensarbeit, 2010

79 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Der Gründungsakt der Stadt Neuenburg am Rhein
a. Neuenburg und der Rhein
b. Neuenburg die Zähringerstadt?
c. Neuenburg als Gegenstand eines Erbschaftsstreites
d. Neuenburg in den Wirren des Krieges
e. Neuenburg wird Habsburger Stadt

III. Die Stadt Neuenburg unter vorderösterreichischer Herrschaft
a. Das verpfändete Neuenburg bewahrt seine Selbstständigkeit
b. Neuenburg unter den Brüdern Albrecht III. und Leopold III.
c. Die Schlacht von Sempach 1386

IV. Die habsburgerischen Lande und das Haus Österreich
a. Ein Exkurs in die Landeskunde
b. König Rudolf I. mächtigster Repräsentant in Südwestdeutschland

V. Landvögte und Landstände
a. Die Entstehung der Vogtei und der Landstände
b. Das Amt des Landvogtes und seine Aufgabenbereiche
c. Neuenburg und die vorderösterreichischen Landstände
d. Aufgabe und Organisation der Landtage
e. Der Neuenburger Landtag von 1469

VI. Peter von Hagenbach und die burgundische Herrschaft
a. Die Pläne Karls des Kühnen und die Person Peter von Hagenbach
b. Das Ende Hagenbachs und der burgundischen Herrschaft

VII. Das Konstanzer Konzil 1414 - 1418
a. Zur Vorgeschichte des Konzils
b. Das Konstanzer Konzil
c. Johannes XXIII. und die Stadt Neuenburg

VIII. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit beschäftigt sich mit der Stadt Neuenburg am Rhein von Ihrer Gründung als Zähringerstadt über die Verpfändung an Vorderösterreich bis zum Tod Karls I. des Kühnen 1477.

Ihre zentrale Fragestellung bezieht sich auf die Stadt Neuenburg unter vorderösterreichischer Herrschaft, ihre Rolle in der Schlacht von Sempach 1386 und beim Konstanzer Konzil 1414 sowie die Bedeutung des Neuenburger Landtags von 1469.

Zu Beginn dieser Arbeit werden zunächst die historischen Ereignisse erläutert, die zur Stadtgründung als auch zum Herrschaftswechsel führten.

Weiterer Schwerpunkt ist die Rolle der Stadt Neuenburg unter den Herzögen Otto und Albrecht von Österreich. Des Weiteren befasst sich diese Arbeit mit Neuenburgs Verstrickung in den politischen Machtkämpfen der Habsburger und Burgunder. Unter anderem wird die Bedeutung des Landvogts in den vorderösterreichischen Landen mit besonderer Beleuchtung der Person Peters von Hagenbach erläutert. Unter der verwendeten Literatur stechen vor allem das Werk Konstantin Schäfers und die Stadtchronik des ehemaligen Stadtpfarrers Fidelis Huggle sowie die Werke des ehemaligen Neuenburger Ratschreibers und Stadtarchivar Winfried Studer hervor. Studers Werke rekonstruieren detailgenau die Geschichte der Stadt Neuenburg sowie ihr Schicksal bis in die heutige Zeit. Winfried Studer gelang es, die ungewöhnliche Geschichte der Stadt Neuenburg am Rhein aufzuzeichnen und wurde damit dem Schicksal der Stadt gerecht, indem er es in geschichtlicher Darstellung in die großen Zusammenhänge europäischen Werdens hineinstellte.

Die Idee, die frühmittelalterliche Geschichte der Stadt Neuenburg am Rhein und ihre Rolle im wechselnden Herrschaftsgefüge als Gegenstand meiner wissenschaftlichen Arbeit zu machen, liegt begründet in der Tatsache, dass Neuenburg meine Heimatstadt ist, ich eine enge Bindung zu ihr habe und meine Familie zu einer der ältesten dieser Stadt zählt.

II. Der Gründungsakt der Stadt Neuenburg am Rhein

a. Neuenburg und der Rhein

„’Am Rhein’ ist zum Unterschied von verschiedenen anderen Orten gleichen Namens die nähere Bezeichnung für unsere Stadt; dem Rhein verdankt sie ihren Ursprung, ihr Dasein und auch großentheils ihr wechselvolles Schicksal; die gewaltigen Wogen des Stromes wälzten sich am Fuße ihrer Mauern und verhalfen zur Blüthe aber auch zum Verderben.“[1] Mit diesen viel sagenden Worten beginnt der ehemalige Stadtpfarrer Neuenburgs, Fidelis Huggle, seine im Jahre 1876 erschienene Geschichte der Stadt Neuenburg am Rhein.

Fidelis Huggle war von 1868 bis 1883 Stadtpfarrer in Neuenburg am Rhein. Er war der Nachfolger von Alexander Haury (1834 - 1854). Fidelis Huggle, so wird berichtet, war ein frommer und korrekter Pfarrer. Nach langer Krankheit ist er 1883 verstorben. Sein Vermögen vermachte er dem Kirchenbaufond Neuenburg am Rhein, der ihm sehr am Herzen lag.

Der geschichtlich interessierte Stadtpfarrer Huggle gab die erste Chronik der Stadt Neuenburg am Rhein in Druck, zu der Stadtpfarrer Alexander Haury die Vorarbeiten geleistet hat.

Der Rhein spielte von jeher eine entscheidende Rolle für die Stadt und ist somit untrennbar mit dem Verlauf ihrer Geschichte verbunden. Er war zweifellos eine Quelle des Reichtums für die Stadt gewesen, er hatte den Grund geschaffen, auf dem sie stand. Er hatte die Waren herangetragen, die ihren Handelsreichtum förderten. Auf seinem Rücken fuhren zahlreiche Schiffe an der Stadt vorbei und brachten große ihr Zolleinnahmen. Er hatte mit seinem Fischreichtum die Bürger genährt, ihnen zu Arbeit und Geld verholfen. Er hatte die Stadt durch seine gewaltige Flut vor Feinden und Eindringlingen geschützt. Doch wurde er auch mehr und mehr zur Bedrohung. Immer wieder traten seine Fluten über die Ufer. Inseln verschwanden in seiner reißenden Strömung. Immer näher kam das Wasser an die niedergelegene Vorstadt heran.

Felder wurden verwüstet, die Erde weggerissen, der Boden überschwemmt.

Zunehmend begann für die Stadt Neuenburg der Kampf gegen den Strom.

Auch der französische Schriftsteller Victor Hugo erkannte die besondere Bedeutung und Kraft des Rheines und widmete ihm folgende Zeilen:

„Der Rhein ist der Fluss, von dem alle Welt redet und den niemand studiert, den alle Welt besucht und niemand kennt. Dennoch beschäftigen seine Ruinen die geistigen Höhenflüge, und diesen bewundernswerten Fluss lässt das Auge des Poeten wie das Auge des Publizisten unter der Durchsichtigkeit seiner Fluten Vergangenheit und Zukunft Europas ahnen.“[2]

Nach diesem Motto von Victor Hugo soll der Rhein aus einem etwas anderen als dem gewohnten Blickwinkel betrachtet werden: Als Fluss, der Europa eint, der jedoch auch großes Unglück und Zerstörung über die Orte brachte, die an ihn grenzten. So verlor auch die Stadt Neuenburg um 1525 durch ein verheerendes Rheinhochwasser die Hälfte ihres Stadtgebietes, darunter ihr Verwaltungs- und Geschäftszentrum und das Münster Unserer Lieben Frau.

Abb. 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Situationsplan von Neuenburg am Rhein von Matthäus Merian (1643)[3]

In diesem Fall nahm der Rhein der Stadt einen Teil ihrer Geschichte, indem er beinahe komplett die im Verwaltungszentrum gelagerten historischen Dokumente und Aufzeichnungen über die Stadt wegschwemmte. Somit ist der Rhein nicht nur geschichtsträchtig für die Stadt Neuenburg, sondern er erschwert auch ihre Geschichtsforschung.

b. Neuenburg die Zähringerstadt?

Die Stadt Neuenburg am Rhein wurde 1175 von Herzog Berthold IV. von Zähringen in der typischen Zähringer-Bauweise, in Kreuzform, gegründet. Der Anlass der Stadtgründung waren Expansionsversuche der Staufer von ihrem Besitz Badenweiler in ihre Besitzungen im benachbarten Elsass. Die Zähringer sicherten mit der Stadt Neuenburg den Rheinübergang und konnten von den Benutzern Tribut verlangen.

„Gründer der Stadt ist Herzog Berthold IV. von Zähringen. Dies beweist, wenn auch eine eigentliche Gründungsurkunde fehlt, eindeutig das in der Zeit zwischen 1317 bis 1341 entstandene Tennenbacher Güterbuch.“[4]

Das 1158 gegründete Zisterzienserkloster Tennenbach - oder wie es zunächst hieß: Porta Coeli, Himmelspforte, steht mit der Stadt Neuenburg in enger Beziehung. Von der Entstehungsgeschichte des Klosters ist bekannt, dass zu ihrem Gründerkreis alle bedeutenden Adelsgeschlechter im Breisgau zählten. Neben den Herzögen von Zähringen gehörten die Grafen von Nimburg sowie der Markgraf von Hachberg, die Herren von Üsenberg und die Herren von Schwarzach zu den Initiatoren der Klostergründung. Der größte Verdienst kam Markgraf Hermann III. von Baden mitsamt seinen Vasallen und Ministerialen zu. In den ersten anderthalb Jahrhunderten seines Bestehens hatte das Kloster einen ausgedehnten Grundbesitz aufgebaut, der sich über mehr als 200 Orte in der südlichen Ortenau, im ganzen Breisgau und bis hinauf auf die Höhen des Schwarzwaldes verteilte - auch die Stadt Neuenburg gehörte dazu.

In der ersten eigenwirtschaftlichen Phase gründete sich seine Wirtschaftskraft vor allem auf den Besitz zahlreicher landwirtschaftlicher Höfe und Weinberge. Seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde die Eigenbewirtschaftung zugunsten der traditionellen Grundherrschaft eingestellt.

In dieser Umbruchphase legte der damalige Wirtschaftsverwalter und spätere Abt, der Freiburger Bürgersohn Johannes Zenlin, von 1317 bis 1341 das sogenannte Tennenbacher Güterbuch als Meisterwerk mittelalterlicher Wirtschaftsverwaltung an. Hier wurden systematisch und in alphabetischer Reihung die Besitzungen und Rechte in den einzelnen Orten auf insgesamt 700 Seiten notiert.[5]

Bruder Johann Meiger, der um 1341 auf Befehl des Abtes Johannes Zenlin das Tennenbacher Zins- und Kapitalbuch verfasste, schrieb wörtlich:

„Der Grund und Boden, auf dem die Stadt Neuenburg ruht, gehörte unserem Kloster und es befand sich dort ein Hofgut mit einem Brunnen, wo jetzt die Stadt liegt. Dieses Hofgut nun kauften wir und es kauften dasselbe unsere Vorgänger mit all’ dem, das dazu gehörte, von Herzog Berthold um dreißig Mark. Nachdem es dasselbe gegen ein Jahrzehent oder etwas mehr inne gehabt hatte, in allem Frieden und ohne eine Unterbrechung, gefiel es dem Herzog, die Mönche mit Gewalt aus ihrem seitherigen Besitz zu verdrängen, und ein städtisches Wesen allda zu errichten (civitatem construere), was sofort geschah. Die Mönche wandten sich alsdann wegen des ihnen zugefügten Unrechts nach Rom an Papst Alexander III., welcher die Entscheidung gab, dass, was ausserhalb der Mauern der Stadt wäre, fernerhin dem Kloster zugehören sollte nebst dem Kirchensatz der Stadt. Indessen wurde von all’ Dem dem Kloster nichts gehalten und sie bekamen weder den Kirchensatz noch sonst mehr etwas in ihren Besitz zurück.“[6]

Fidelis Huggle berichtet in seiner „Geschichte der Stadt Neuenburg am Rhein“ aus urkundlichen Quellen, dass Herzog Berthold IV. auf dem ehemaligen Besitz des Klosters Tennenbach eine Stadt errichtet hat. Wobei anzumerken sei, dass sich auf diesem Grund und Boden bereits Häuserzahl“[7] befand.

Herzog Berthold errichtete dieses kleine Gemeinwesen und nahm keine Rücksicht auf den Eigentumsanspruch des Tennenbacher Klosters, nicht aus reiner Willkür vielmehr gaben eine Reihe von Umständen, die begründet in den damaligen Zeitverhältnissen lagen, Anstoß zu diesem Handeln.

Nach dem Tod seines Vaters, Herzog Konrad von Zähringen, im Jahre 1152, übernahm Berthold dessen Aufgaben, zu diesen zählte auch die Verwaltung des Rektorats des Juragebietes. Während der Verwaltung der zahlreichen Zähringer Güterbesitze auf dem rechten und linken Rheinufer wurde Berthold auf die günstige Lage des Hofgutes am Klemmbach, „der alten Grenze zwischen dem oberen und unteren Breisgau“[8] aufmerksam und er fasste den Entschluss, so auch belegt in seiner Geschichte Freiburgs, „an dieser Stelle ein größeres Gemeinwesen, eine Stadt zu gründen, die sich an seine Burg anlehnen und zugleich von dieser den Namen erhalten sollte.“[9]

Doch nicht allein die günstige Lage bestärkte Berthold in seinem Entschluss an dieser Stelle eine Stadt zu gründen, sondern zusätzlich die Gewissheit, dass das Schloss Breisach, welches zu dieser Zeit ebenfalls im Besitz des Herzogs war, während die Stadt selbst dem Bischof von Basel gehörte, über kurz oder lang in die Hände des auf den Rothbart folgenden deutschen Königs Heinrich VI. fallen würde. Herzog Berthold IV. sah somit die Gelegenheit mit dieser Stadt, trotz des Verlustes Breisachs, einen überrheinischen Besitz und damit verbunden den Einfluss und die Beherrschung der Rheinüberfahrt inne zu haben.

Auch Winfried Studer berichtet von den politischen Hintergründen, die zur Stadtgründung führten. Im Mittelpunkt steht hier der bereits erwähnte und stetig andauernde Konflikt zwischen den Staufern und den Zähringern. Für das Zähringerhaus ergaben sich aus der Verbindung der Zähringer Clementina mit Heinrich dem Löwen 1147 schwerwiegende Probleme. Begründet lagen diese in der Tatsache, dass Clementina, die Schwester Bertholds IV., bei ihrer Vermählung von ihrem Vater, Herzog Konrad von Zähringen, Badenweiler als Mitgift erhielt. Diese Aussteuer wurde jedoch am 1. Januar 1158 zum Tauschgut zwischen Heinrich dem Löwen und Friedrich Barbarossa.

Eduard Heyck schrieb dazu: „Damit war ein schönes Stück alten Zähringerlandes, das Herzog Konrad schwerlich einem anderen Eidam als Heinrich dem Löwen geopfert hätte, an die Staufer gekommen, die dadurch mitten im Breisgau Fuß fassten.“[10]

Als zusätzlicher Seitenhieb folgte die Trennung Heinrichs des Löwen von Bertholds Schwester im Jahre 1162. Somit war Bertholds Entschluss zur Stadtgründung Neuenburgs ein geschickter Schachzug um „die direkte Verbindung zwischen der nunmehr Friedrich Barbarossa gehörenden Herrschaft Badenweiler mit den staufischen Besitzungen im Elsass“[11] zu unterbinden. Fest steht, dass Berthold IV. alles daran setzte um den Stauferkaiser nicht die völlige Macht über das Rheingebiet erlangen zu lassen. Seine Einstellung gegenüber Friedrich Barbarossa verdeutlichte Berthold in einem Brief an den, wie er ihn nannte, ruhmvollsten und siegreichsten König der Franken von Gottes Gnaden Ludwig:

„...dass unser Kaiser, ein eifriger Zerstörer der Kirchen und der Gesetze, euch und eurem Reiche in der Ueberhebung seiner Gedanken so drohenden Schrecken einzuflössen sucht, so soll eure Majestät, für den Fall, dass er je, was ferne sei, seine Drohung zur Wirklichkeit zu machen sich anschickt, erkennen und auf das Sicherste wissen, dass wir mit allen unseren Freunden und Getreuen und mit einigen gerade von den größeren Fürsten Deutschlands, von denen wir einzelne um unserer Liebe willen oder aus Pflicht der Verwandtschaft, andere aus gleichem Hasse gegen den Kaiser zu Verbündeten haben, eurer Sache mit Rath und Hilfe, wie ihr es anordnen werdet ganz ergeben und gerne bereit sein werden. Bei dieser günstigen Gelegenheit empfehlen wir euch unseren geliebtesten Bruder Radulf, der nicht etwa bloss durch irgendwas, sondern durch die canonische Wahl, wie euch wohl nicht verborgen sein wird, in dem Erzbisthume Mainz erhoben worden, aber vom Kaiser, der aus Hass gegen unser Geschlecht einen Anderem aufgedrängt hat, sehr beleidigt worden ist.“[12]

Die Fronten verhärteten sich zunehmend als es den Staufern im Jahre 1185 gelang die Hälfte des Breisacher Berges und des Eckhardsberges vom Bischof von Basel als Lehen zu bekommen. Heyck berichtet über dieses Ereignis in seiner Geschichte der Herzöge von Zähringen wie folgt:

„Das Stauferhaus hatte die Politik wieder aufgenommen, die es einst mit dem Eintausch der Herrschaft Badenweiler verfolgt hatte: eine Brücke zu seinen elsässischen Gütern hinüber zu schlagen, aber damit zugleich auch mitten im Zähringergebiet eine sichere Stellung zu nehmen.“[13]

Auch die Stadt Neuenburg geriet in den Mittelpunkt dieses Machtkampfes und so kam es, dass „die Stadt nicht sehr lange nach ihrer Erbauung unter eine andere Herrschaft und zwar unter die der Hohenstaufen gelangte.“[14]

c. Neuenburg als Gegenstand eines Erbschaftsstreites

Nach dem Tod Herzog Bertholds IV. im Jahre 1186 wurde sein einziger Sohn Berthold V. als Nachfolger ernannt. Über ihn liegen keine nennenswerten Dokumente vor, die mit den Geschicken der Stadt Neuenburg in enger Verbindung stehen oder von Bedeutung wären.

So rückt Neuenburg erst wieder im Jahre 1218 nach Bertholds V. Tod in das Interesse des Zähringer Geschlechts. Da Berthold V. kinderlos starb gingen seine Lehensbesitzungen zurück an das Reich und die Klöster. Die Eigengüter jedoch sollten als Erbe an die Schwestern Bertholds V., Anna und Agnes, fallen. „Für Anna waren die Besitzungen der Zähringer in der Schweiz, für Agnes die im Breisgau, im Kinzigtal und in der Baar bestimmt.“[15] Jedoch waren die Eigengüter und Lehengüter mit den Jahren so vermischt worden, dass eine Aufteilung ohne Zwistigkeiten unmöglich war.

Kaiser Friedrich II. zog in diesen ganzen Wirren kurzerhand alle namenhaften Orte des Zähringer Nachlasses im Breisgau, der Ortenau und Baar, darunter Städte wie Freiburg, Burg Zähringen, Neuenburg, Offenburg, Haßlach, Villingen als Reichsgut ein. Daraufhin setze ein langjähriger Erbschaftsstreit der Zähringererben gegen Friedrich II. ein.[16] Im Jahre 1219 kam es zu einer Aussöhnung zwischen Friedrich und Agnes Gatten, dem Grafen Egeno I. dem Bärtigen von Urach. Kaiser Friedrich behielt die Städte Neuenburg, Offenburg und Gengenbach sowie die Burgen zu Zähringen und Ortenberg, und die restlichen Besitzungen verkaufte er an den Grafen von Urach. Als Folge ergab sich für Neuenburg die Ernennung zur freien Reichsstadt und somit war die Stadt unmittelbar unter Kaiser und Reich gestellt. Der Friede währte jedoch nicht lange, die Grafen von Freiburg gaben ihre Ansprüche auf Neuenburg und weitere Güter nicht auf. Zunächst erhob der Sohn Egenos I. des Bärtigen, Egeno II., Ansprüche auf diese Städte. Nach dessen Tod im Jahre 1236 folgte in der Herrschaft Freiburg und Badenweiler sein Sohn Konrad, während Friedrichs II. Sohn, Heinrich, die Besitzungen im Kinzigtal und der Baar erhielt.

Die Stadt Neuenburg war bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Gegenstand der Streitigkeiten gewesen. Das Blatt wendete sich jedoch als Kaiser Friedrich II. im Jahre 1245 als Folge von Auseinandersetzungen mit den Päpsten, insbesondere mit Gregor IX. und Innozenz IV., in den päpstlichen Bann kam.

Friedrichs Gegner zögerten nicht und wählten kurzum mit Heinrich Raspe einen neuen König. Graf Konrad I. von Freiburg, Sohn Egenos II., nutzte die Gunst der Stunde und brachte erneut seine Ansprüche auf die Stadt Neuenburg hervor. Friedrichs Gegenkönig Raspe bestätigte Konrad I. 1246 die Ansprüche auf die Stadt Neuenburg am Rhein, welche am 28. Juli 1248 von Papst Innozenz IV. in Lyon bekräftigt wurden:

„Innozenz, Bischof, Diener der Diener Gottes, dem geliebten Sohn und Edlen, Konrad, Graf von Freiburg, Gruß und apostolischen Segen. Die Ernsthaftigkeit deines Glaubens verlangt, dass wir deine Bitten, soweit wir es mit Gottes Hilfe vermögen, gnädig gewähren. Deshalb bestätigen wir mit apostolischer Autorität - deinen ergebenen Bitten geneigt - die Versprechungen, die dir Heinrich, römischer König, rühmlichen Angedenkens, vorausschauend gemacht hat, wie wir es in seinen Briefen gefunden haben, und bekräftigen dies mit vorliegendem Schreiben.

Besonders die Versprechungen über die Rückgabe der Burgen und Städte, deren Namen du mit Neuenburg, Offenburg und Ortenberg angibst, die nach dem Erbrecht dir gehören, da es gelungen ist, sie aus der Gewalt der Feinde der Kirche zu befreien. Niemandem aber soll es erlaubt sein, diese Urkunde zu beschädigen, oder ihr in verwegener Anmaßung zuwiderzuhandeln. Wenn aber jemand wagen sollte dies zu versuchen, soll er wissen, dass er sich die Ungnade des Allmächtigen und seiner Apostel Petrus und Paulus zuziehen wird. Gegeben in Lyon, an den 5. Kalenden des August, im 6. Jahr unseres Pontifikates.“[17]

Nach Graf Konrads Tod wurden seine Besitzungen unter seinen Söhnen aufgeteilt. So erhielt sein Sohn Egeno III. die Herrschaft Freiburg mit allem was unterhalb des Baches zu Heitersheim lag und seinem Sohn, Graf Heinrich, kamen die Herrschaft Badenweiler und Neuenburg zu. Doch das Blatt wendete sich erneut für die Erben Bertholds V. von Zähringen, als sich Heinrich, der sich nun ’Herr von Neuenburg und Badenweiler’ schrieb, in der Vornacht seiner Huldigung in Neuenburg einer schweren Tat schuldig machte. In Fidelis Huggles Stadtgeschichte heißt es:

„Derselbe schändete nämlich spät am Abend in der öffentlichen Stadtmetzig die Frau eines Bürgers. (...) Dieser Frevel empörte die wohl ohnehin für ihn nicht sonderlich eingenommene Bürgerschaft, weil sie sicherlich lieber, wie verschiedene ihrer Nachbarstädte, unter Kaiser und Reich, also reichsunmittelbare freie Reichsstadt gewesen wäre, so sehr, dass sie beschlossen, dem Frevler die Huldigung zu versagen und ihn nicht weiter innerhalb ihrer Mauern zu dulden.“[18]

Die Bürgerschaft Neuenburgs, die nun einen Rachezug Heinrichs fürchtete, wandte sich mit einem Hilfegesuch an den Bischof Heinrich zu Basel. Da er sich zu diesem Zeitpunkt mit Heinrich und Egeno III. im Streit befand, sagte er Neuenburg umgehend seine Unterstützung zu. Der Bischof hielt sein Wort gegenüber der Stadt und so stürmten seine Getreuen eines Nachts die Burg am oberen Tor der Stadt, in welche sich Heinrich geflüchtet hatte. Dem Grafen gelang die Flucht, doch für Neuenburg ergab sich am 22. März 1272 ein festes Bündnis mit dem Bischof von Basel.

Dieses sollte jedoch für die Stadt nicht ohne Folgen bleiben - ein Krieg brach aus.

d. Neuenburg in den Wirren des Krieges

Der deutsche Kaiser Rudolf von Habsburg, der auf der Seite Heinrichs und Egenos III. stand und ebenfalls seit einiger Zeit mit dem Bischof im Streit lag, zog am 10. Juni 1272 mit Heeresmacht über das Gebirge nach Neuenburg und zerstörte aus Wut, weil es ihm nicht gelungen war, die Stadt einzunehmen, ihre komplette Ernte. In der Tatsache, dass der Kaiser trotz starker Streitmacht die Stadt nicht stürmen konnte, liegt jedoch eine sehr interessante Erkenntnis. Nämlich die, dass die Stadt Neuenburg wohl schon zu damaliger Zeit über Mauern und Stadtgraben verfügt haben musste.

Nach diesem Angriff Rudolfs kamen der Bischof und seine Mannschaft der Stadt rasch zur Hilfe. Die Neuenburger stürmten daraufhin gemeinsam mit den bischöflichen Verbündeten das Gebiet des Kaisers über dem Rhein. Sie setzten den Turm und das Kloster in Ottmarsheim in Brand sowie auch zwei Rittersitze in Auggen, die im Besitz des Grafen von Freiburg waren. Des Weiteren erstürmten sie Grünek am Blauen und Froschbach im Elsass. Zur selben Zeit begab sich Rudolf zu seinen Vettern nach Freiburg. Diese erneuerten am 23. Juli 1272 einen früheren Vertrag, der besagte, dass Egeno III. von Freiburg alles, was unterhalb des Baches bei Heitersheim liegt, erhalten soll und, dass seinem Bruder Heinrich die Städte Badenweiler, Neuenburg und Hausach im Kinzigtal zufallen sollen. Zusätzlich versprach Egeno seinem Bruder Hilfe im Kampf, bis Neuenburg wieder in dessen Hände sei. Im folgenden Frühjahr begann ein grausamer Krieg, dem viele zum Opfer fielen und der große Zerstörung mit sich brachte. Am 22. September 1273 endete der Krieg mit einem Waffenstillstand. Hier sei zu spekulieren, ob dieser Krieg lediglich ein Ende fand, weil Rudolf die Nachricht erhalten hatte sich umgehend nach Frankfurt zu begeben wo er zum deutschen König ernannt werden sollte.[19]

Auf seiner Rückkehr von Frankfurt besuchte der neue römisch-deutsche König auch die Stadt Neuenburg. Die Bürger der Stadt nahmen diese Gelegenheit zum Anlass und baten den König, sie von ihrem Grafen zu befreien und sie wieder unter den unmittelbaren Schutz des Reiches zu nehmen. Da Rudolf das Ziel verfolgte:

„Städte, die in dem vorangegangen Wirrwar des Zwischenreiches vom Reich abgerissen worden waren, möglichst mit demselben wieder zu vereinigen, wobei wieder die Absicht, seinen seitherigen Gegner, den Bischof von Basel, nicht allzumächtig werden zu lassen, auch mitgewirkt haben konnte.“[20] willigte er in Neuenburgs Bitte ein.

Rudolfs Zustimmung war jedoch an harte Bedingungen für die Stadt geknüpft. So musste jeder Bewohner der Stadt ein Zehntel aller Güter an den Grafen Heinrich abgeben.

Die Stadt Neuenburg war zum zweiten Mal freie Reichsstadt geworden.

Nach dem Tod König Rudolfs im Jahr 1291 wurde Adolf von Nassau am 5. Mai 1292 zu seinem Nachfolger gekrönt. Adolf war für die Stadt Neuenburg von großer Bedeutung, da er ihr um die Weihnachtszeit 1292 einen umfangreichen Freibrief ausstellte, das Adolphinische Privilegium. Im Ratssaale in Neuenburg übergab Adolf von Nassau den Ratsherren den so lange ersehnten Freibrief. Dieser begann mit den Worten:

„Adolf, von Gottes Gnaden römischer König und Kaiser. Verordnung der königlichen Majestät, kraft deren die Gesetze und Gewohnheiten zu Recht bestehen. Den bürgerlichen Einwohnern Neuenburgs im Breisgau am Rhein sind die nachgeschriebenen Rechte bewilligt worden, auf dass dieselben mit diesen sich bescheidend, ein friedsames Leben führen mögen und dass ihre Verächter nach dem Ausspruch der Gesetze bestraft werden.“[21]

Abb. 2 [22]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Adolf hatte bereits zu Beginn seiner Herrschaft mit der Feindschaft der Habsburger zu rechnen, da Albrecht, Sohn König Rudolfs, bei der Wahl übergangen wurde und somit in Adolf seinen Feind sah.

Huggle schrieb über die Person Adolf von Nassau folgendes:

„Adolf war hochedlen Geschlechts, tapfer, ritterlich, besaß dabei noch eine für damalige Zeit bei Laien seltene Gelehrsamkeit und Sprachkenntnis, und stand, als er zum deutschen König erwählt ward, in der vollen Kraft des Mannesalters, besaß aber geringe Hausmacht, fing arm an und blieb fast beständig ein armer König. (...) Sein hauptsächlicher Gegner war Albrecht, der Sohn König Rudolfs, dem er auch zuletzt erlag.“[23]

Albrechts Ziel war es Adolfs Macht mit allen Mitteln zu brechen. So sammelte er ein starkes Heer um sich und rückte in den Breisgau ein. Die Städte, darunter auch Neuenburg, standen jedoch zu ihrem König und kämpften an dessen Seite. Bei der Stadt Göllheim in der Pfalz kam es jedoch am 1. Juli 1298 zur Schlacht, in der Adolf sein Reich und sein Leben verlor.[24]

So hatte Albrecht I. sein Ziel erreicht und folgte Adolf als zweiter Habsburger auf den deutschen Königsthron. Über ihn ist nur wenig bekannt, unter anderem, hat auch er am 19. September 1300 der Stadt Neuenburg, die von seinem Vorfahren und Gegner bewilligten Rechte und Privilegien, bestätigt. Am 1. Mai 1308 verlor auch König Albrecht durch Herzog Johann von Österreich sein Leben.

Nach Albrechts Tod drohte die Gefahr, dass die Krone an Frankreich übergehe. Grund dafür war die erfolgreiche Unternehmung des Erzbischofs von Trier seinem Bruder, dem Grafen Heinrich von Luxemburg 1308 zur Wahl zu verhelfen. Dessen Muttersprache war nämlich nicht Deutsch, sondern Französisch.[25]

Der neue deutsche König Heinrich VII. reiste ebenfalls nach Neuenburg und bestätigte der Stadt die alten Rechte. Wenige Jahre später, 1313, kam er jedoch durch Gift in Italien zu Tode.[26]

e. Neuenburg wird Habsburger Stadt

Das Reich war schon beinahe ein Jahr ohne Herrscher als sich eine sehr zwiespältige Königswahl am 19. Oktober 1314 ereignete. Herzog Friedrich der Schöne von Österreich, Sohn König Albrechts, machte seinen Anspruch auf die deutsche Krone geltend. Friedrichs Gegner jedoch ernannten Ludwig von Bayern nur einen Tag später zum König. Damit setzte ein langjähriger Thronstreit zwischen den Beiden ein. Für Ludwig und Friedrich war eine militärische Entscheidung zur Lösung der Königsfrage unumgänglich. Hierzu baten beide Parteien um die Unterstützung der Fürsten und Städte im Reich. Ludwig von Bayern gelang es den Großteil der Städte auf seine Seite zu bringen. Nachdem er sich auch mit seinem Bruder wieder versöhnt hatte, beschlossen die Beiden gemeinsam die Regierung in Oberbayern sowie die Vormundschaft über die niederbayerischen Herzöge an sich zu reißen. Dank eines Bündnisses, welches eine Vielzahl an Städten auf beiden Seiten des Oberrheins 1301 geschlossen hatten, blieben Neuenburg und viele andere Städte von den kriegerischen Auseinandersetzungen weitgehend verschont. Der Thronstreit fand am 28. September 1322 bei der Schlacht bei Mühlburg in Bayern ein Ende, als Friedrich von Ludwig besiegt und gefangen genommen wurde.[27] Neuenburg blieb auch nach Friedrichs Gefangennahme der Partei seines Bruders, Herzog Leopold von Österreich, treu. „Leopold führte den Kampf jedoch weiter. 1324 schloss er in Bas-sur-Aube mit den Gesandten des französischen Königs Karl IV. einen Vertrag, in dem er sich verpflichtete, Karl IV. zur Krone zu verhelfen. Karl IV. versprach ihm als Gegenleistung unter anderem die Stadt Neuenburg am Rhein. Letztlich aber gelang es dem böhmischen König, die Habsburger und Wittelsbacher zu versöhnen.“[28] Doch für Neuenburg ergab sich bald darauf eine entscheidende Wende, die zum Verlust ihrer Reichsfreiheit führte.

Am 21. April 1331 sprach Kaiser Ludwig dem Grafen Ulrich von Rappoltstein, der zu einem niederen Adelsgeschlecht, das im Elsass von 1038 bis 1673 in und um Rappoltsweiler, dem heutigen Ribeauvillé, herrschte, vierhundert Mark Silber, für seine geleisteten Dienste, von den Reichssteuereinnahmen der Städte Colmar, Mühlhausen, Breisach und Neuenburg zu. Des Weiteren erteilte Ludwig Ulrich die Befugnis die Städte angreifen und pfänden zu dürfen, falls dieser Zahlung nicht folgegeleistet werden würde. Tatsächlich wurde Neuenburgs Schicksal jedoch besiegelt, als Ludwig nur wenige Tage nach diesem Versprechen die Städte Neuenburg und Breisach für zehntausend Mark Silber an seine Oheime, die Herzöge Albrecht und Otto von Österreich verpfändete.[29]

In den Oberrheinischen Stadtrechten von 1913 befindet sich die folgende Verpfändungsurkunde vom 3. Mai 1331: 13. 1331 Mai 3 München. — Kaiser Ludwig verpfändet den Herzögen Albrecht und Otto von Österreich die Städte Breisach, Neuenburg, Schaffhausen und Rheinfelden für 20 000 Mark Silber.

Orig. Perg. im k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien. Das kaiserliche Majestätssiegel an rotgrüner Seidenschnur gut erhalten.

Druck: Vollständige Beantwortung des zweiten Absatzes der sogenannten gründlichen Ausführung derer dem Churhaus Bayern zustehender Erbfolgs- und sonstiger Rechtsansprüchen auf die von Kayser Ferdinand dem ersten besessenen Erbkönigreiche und Länder. Wien 1745 S. 68. Hugo, Mediatisierung der deutschen Reichsstädte S. 21J. Reg. Böhmer S. So Nr. 1295; Lichnowsky Gesch. d. H. Habsburg 3 S. CCCCIX Nr. 862.

Wir Ludowig, von gotes genaden romischer cheiser, ze allen ziten merer dez richs, tun chunt allen den, die disen brief sehent oder hörent lesen, daz wir unscrn lieben öheimen Albrechten und Otten, herzogen ze Osterich und ze Styre, umb die dienst, die si uns und dem riche ze Lutschen landen tun sullent mit lande und mit löten, als si. beste mugent an gevarde, geben haben und geben zweinzig tusent marg silbers co- stentzer gewichtes, clar umb wir in und iren erben versetzet haben und versetzen ze rechten phanden die stette und vesten Prisach und Niuwenburg, Schafhasen und Rynvelden, stat und biirg, die wir in von disem hiutigem tag in den nähsten vier wochen in antw[o]rten süllen mit löten, guten, rechten, eren, kirchsätzen, gölten, juden, stiure, nützen und gewonlieiten und mit allem dem und dar zu gehöret, swie daz genant ist, als von alter herchomen ist, also daz si und ir erben die selben phant und nutze inne haben und niezzen sullent als lange, unz wir oder unser nachchomen an dem riche si von in oder iren erben umb daz vorgenant gut wider ledigent und lösent, und süllen och in die vorgeschriben nütze, die wir in umb ir dienste geben haben, all die wile und si die vorgenanten phant inne habent, an den egenanten zwainzig tusent marchen silbers nicht abgen. Si süllen och uns und unsern nachchomen an dem rieh die obgenanten phant halbiu Brisach und Niuenburg umb halbes gut und Schafhusen und Rynvelden och umb halbes gut oder gar umb ganzes gut wider ze losen geben an Widerrede, swenn wir oder unser nachchomen si lösen wellen. Sie sullcn och die vorgenanten stat Rynvelden selbe lösen umb daz gut, darumb si Absetzet ist, und slahen in daz uf diu vorgenanten phant. Swaz och ander romische chunig oder cheiser von den egenanten phanten und gutem verchiumbert oder versetzet hetten vor unser wal, daz mugent unser obgenanten oheim lösen, ob si wellent, und umb swaz si ez lösent, daz sullent si uf diu ob- genanten phant slahen und sol in als vil diu summe gemeret werden. Swaz aber wir selbe davon verchiumbert oder versetzet hetten von den selben pfänden, daz sullen wir in ledigen unverzogenlich. Ob och unser vorgenant öheim an den pfänden dhein irrung gew[i]nnen, so süllen wir die dar zu halten und in beholfen sin, wenne si uns darumb ermant, daz in diu pfant, diu stözzig sint, ine werdent gar und ganzlich, und sullen wir in och diuselben pfant mit der walfürsten briefen und urchiunde bestätigen, als wir schierst mugen, an gevarde. Och ver- iehen wir, daz unser lieber swager Johans, chünig von Beheim und von Bolan, unsern egenanten öheimen an den drizzig tusent marchen silbers dez vorgenanten gewichtes, die wir in geben soltent haben umb die dienste in tutschen landen und Lamparten, zehen tusent march silbers für den dienst gen Lamparten hat abgetägedinget und darumb so lazzen wir und sagen och die oftgenanten unser öheim allez irs dienstes, den si uns gen Lamparten tun süllent, ledig und lose. Und darüber ze urchiunde geben wir in disen brief versigelten mit unserm cheiser- lichem insigel, der geben ist ze München an dez heiligen crüces tag, als ez funden wart, do man zalt, von Christes geburt driuzehenhundert jar, darnach in dem einem und drizzigistem jar, in dem sibenzehendem jar unsers richs und in dem Vierden dez cheisertüms.[30]

Über den Beweggrund Ludwigs, der zur Verpfändung Neuenburgs führte, gibt es zahlreiche Spekulationen. Ein gewisser böser Wille oder Rache gegen die Stadt ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, da Neuenburg zu Beginn der Thronstreitfrage nicht Ludwig sondern Friedrich die Treue gehalten hatte. Ludwigs tatsächliches Motiv war jedoch folgendes:

„Die Herzöge Otto und Albrecht von Österreich kamen endlich nach dem Tod ihres Bruders, des gefangenen Friedrichs, mit Ludwig über einen Frieden in’s Reine. Durch diesen wurden die Ersteren in allen ihren Lehen und Pfandschaften bestätigt und ihnen zudem noch eine Summe von 20,000 Mark Silber versprochen. Nicht im Stande diese Zahlung zu leisten, gab ihnen Ludwig die Städte St. Gallen, Zürich, Schaffhausen und Rheinfelden zum Pfand; dem widersetzten sich jedoch die beiden erstern Städte und durch Unterstützung der Eidgenossen erwirkten selbe sodann, dass die Städte Neuenburg und Breisach statt ihrer verpfändet wurden.“[31]

Auch Neuenburg und Breisach setzten sich gegen diese Verfügung zur Wehr jedoch ohne Erfolg. Herzog Otto von Habsburg zog mit einem großen Heer vor die Stadt und belagert sie sieben Wochen bis Neuenburg sich schließlich den Habsburgern ergeben musste. Neuenburgs Widerstand war jedoch nicht völlig zwecklos gewesen, da sie dadurch erwirkten, dass ihnen Kaiser Ludwig 1332 die Gnade gewährte, laut dieser die Stadt nicht für Ansprüche gegen die Herzöge von Österreich haften solle. Die folgende Urkunde beinhaltet die der Stadt gewährten Rechte vom 24. Juni 1332:

[...]


[1] Fidelis Huggle. Geschichte der Stadt Neuenburg am Rhein. Freiburg, 1876, 1 [im Folgenden zitiert als: Huggle, Neuenburg].

[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Rhein#Zitate, Victor Hugo, 1845.

[3] Vgl. Winfried Studer. Streifzug durch die wechselvolle Geschichte der Stadt Neuenburg am Rhein. Neuenburg, 2009, 45 [im Folgenden zitiert als: Studer, Streifzug].

[4] Studer, Streifzug, 66.

[5] Vgl. siehe http://www.kloester- „eine ansehnliche Burg mit einer gewissen bw.de/klostertexte.php?kreis=&bistum=&alle=&ungeteilt=&art=&orden=&orte=&buchstabe=&nr=385&thema=Geschichte

[6] Huggle, Neuenburg, 13.

[7] Huggle, Neuenburg, 13.

[8] Huggle, Neuenburg, 15.

[9] Huggle, Neuenburg, 15.

[10] Eduard Heyck. Geschichte der Herzöge von Zähringen. Freiburg, 1891, 363 [im Folgenden zitiert als: Heyck, Zähringen].

[11] Studer, Streifzug, 68.

[12] Heyck, Zähringen, 374.

[13] Heyck, Zähringen, 415.

[14] Huggle, Neuenburg, 17.

[15] Huggle, Neuenburg, 18.

[16] Vgl. Studer, Streifzug, 69.

[17] Studer, Streifzug, 69.

[18] Huggle, Neuenburg, 22.

[19] Vgl. Huggle, Neuenburg, 23ff.

[20] Huggle, Neuenburg, 26.

[21] Konstantin Schäfer. Neuenburg. Die Geschichte einer preisgegebenen Stadt. Neuenburg, 1963, 33 [im Folgenden zitiert als: Schäfer, Geschichte].

[22] Seite aus dem Adolphinischen Privilegium 1292. Stadtarchiv, Neuenburg am Rhein.

[23] Huggle, Neuenburg, 29.

[24] Vgl. Schäfer, Geschichte, 33f.

[25] Vgl. Schäfer, Geschichte, 34.

[26] Vgl. Huggle, Neuenburg, 32ff.

[27] Vgl. Studer, Streifzug, 9.

[28] Johannes Haller/ Heinrich Dannenbauer. Von den Staufern zu den Habsburgern. Band 1077. Berlin, 1970, 40f. [im Folgenden zitiert als: Haller, Staufern].

[29] Vgl. Huggle, Neuenburg, 36f.

[30] Walter Merk. Oberrheinische Stadtrechte. Drittes Heft: Neuenburg am Rhein. Heidelberg, 1913, 21f. [im Folgenden zitiert als: Merk, Stadtrechte].

[31] Huggle, Neuenburg, 38.

Ende der Leseprobe aus 79 Seiten

Details

Titel
Neuenburg unter vorderösterreichischer Herrschaft
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Historisches Seminar)
Note
3,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
79
Katalognummer
V171586
ISBN (eBook)
9783640911493
ISBN (Buch)
9783640909544
Dateigröße
7083 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Neuenburg am Rhein, vorderösterreichischer Herrschaft, Schlacht von Sempach 1386, Landvogt, Konstanzer Konzil, Österreich, Habsburger
Arbeit zitieren
Alexandra Orth (Autor:in), 2010, Neuenburg unter vorderösterreichischer Herrschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171586

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Neuenburg unter vorderösterreichischer Herrschaft



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden