Vom ‚Islam in Deutschland’ zum ‚Deutschen Islam’

Perspektiven auf das Projekt der Einbürgerung einer Religion


Magisterarbeit, 2007

197 Seiten, Note: 1,00


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

A. „Der Islam ist Teil Deutschlands und Teil Europas, er ist Teil unserer Gegenwart und er ist Teil unserer Zukunft"

B. Vom ..Islam in Deutschland" zum .Deutschen Islam": Perspektiven auf das Projekt der Einburgerung einer Einburgerung einer Religion
0. Deutsche Islamkonferenz: Nationalarena der diskursiven Weichenstellung fur die Zukunft des Islam
1. Bestandsaufnahme: Das Profil islamischer Prasenz innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland
2. Arbeitsprogramm und Motto der Deutschen Islamkonferenz
3. Personelle Zusammensetzung der DIK: Portraits im Vergleich und virtuellen Dialog
3.1. Auswahlkriterien?
3.2. ,Der Staat’
3.2.1. Reprasentativitat?
3.3. ,Der Islam’
3.3.1. Die Verbande
3.3.1.1. Turkisch-Islamische Union der Anstalt fur Religion e.V. (DITIB)
3.3.1.1.1. Alleinvertretung - Anspruch und W irklichkeit
3.3.1.1.2. Turkeifokussierung - Fluch oder Segen?
3.3.1.1.2.1. Desintegrator „Imam-Import“?
3.3.1.1.2.2. Desintegrator turkischsprachige Islamunterweisung?
3.3.1.1.2.3. Personelle Abhangigkeiten
3.3.1.1.2.4. Das mehrstimmige Echo der Turkeizentrierung
3.3.1.1.2.4.1. Desintegrativ aus Sicht des Staates = Attraktiv fur den Muslim?
3.3.1.1.2.4.2. Warum DITIB? Die Ambivalenz des ,Turko-Islams’
3.3.1.1.2.4.3. Warum DITIB? Bilaterale Offnung und Offensive Selbstvermarktung
3.3.1.1.2.4.3.1. Statt ,sola Turkiye’: Hinwendung zu Deutschland
3.3.1.1.2.4.3.2. Statt Alleingang und Monopolanspruch: Kooperationsbereitschaft
3.3.1.2. Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD)
3.3.1.2.1. Verbandshistorie und Vertretungsanspruch
2.3.1.2.2. ,Supranational’ und ,uberkonfessionell’?
3.3.1.2.3. Dialogbereitschaft
3.3.1.2.4. Korperschaftsstatus? Nicht erwunscht!
3.3.1.2.5. Problematisches
3.3.I.3. Islamrat fur die Bundesrepublik Deutschland e.V. (IR)
3.3.1.3.1. Strukturelle Eckdaten im Vergleich
3.3.1.3.2. Positionen
3.3.1.3.3. Islamischen Gemeinschaft Mill! Gorus e. V. (IGMG)
3.3.1.3.4. Relationierung: Islamrat IGMG
3.3.1.4. Verband der Islamischen Kulturzentren e. V. (VIKZ)
3.3.1.4.1. Zentralismus, ,Mystizismus’, ,Personenkult’
1. Exkurs: Suleyman Hilmi Tunahan
3.3.1.4.2. Vom Desintegrator zum Dialogpartner und zuruck in die Abschottung ...
3.3.1.4.3. Fremdwahrnehmung: (K)Ein Fall fur den Verfassungsschutz
3.3.1.4.4. Selbstdarstellung versus Fremdwahrnehmung 60 3.3.2. Nicht-Organisierte Vertreter der Muslime Vertreter der nicht organisierten Muslime?
3.3.2.1. Verbandsperspektive I. : Opposition verbindet
3.3.2.1.1.,Dokument der neuen Einheif
3.3.2.2. Einzelportraits - Was die Gasteliste uber die intentio der Gastgeber verrat
3.3.2.2.1. Uber die Reprasentativitat von Extrempositionen
3.3.2.2.1.1. Necla Kelek: Massenwirksame Islamkritik - subjektiv begrundet 1
3.3.2.2.1.2. Verbandsperspektive II.: Koalition beflugelt - Kritik wird explizit, Protest wird laut, Boykott angedroht
3.3.2.2.1.3. Seyran Ates: Massenwirksame Islamkritik subjektiv begrundet II
3.3.2.2.2. Zwischenfazit: Islam-KritikerInnen per Staatsdekret zu Islam-Reprasentantinnen ermachtigt?
3.3.2.2.3. Die ,gemafiigten Sieben’(?) und die Frage nach ihrer Reprasentativitat
3.3.2.2.3.1. Ezhar Cezairli: Die Sakularisierungsbedurftigkeit des Islam
3.3.2.2.3.2. Navid Kermani: Diplomat, Puffer und potentieller Vermittler
3.3.2.2.3.3. Feridun Zaimoglu: ,Ich vertrete niemanden’ - Von Deutschlandliebe und der Frage nach der glaubigen Muslima
2. EXKURS: Religionisierung von kultureller und sozialer Differenz ...
3.3.2.2.3.4. Nassir Djafari: ,Deutsch denken, deutsch fuhlen’
3.3.2.2.3.5. Badr Mohammed: ,nEUer Deutscher’ mit groBen Ambitionen
3.3.2.2.3.6. Walid Nakschbandi: Primat der deutschen Identitat!
3.3.2.2.3.7. Kenan Kolat: Vom Turken zum Muslim zum Integrationsfeind
3. EXKURS: ,Jntegrationsfeindlichkeit von Herrn Kolat indiskutabel“...
4. Kollektive Reprasentativitat des ,muslimischen Flugels’ auf dem Prufstand
4.1. Dimensionen der Kollektivreprasentativitat
4.1.1. ,Ethnodiversity’
4.1.2. Die ,Generationenfrage’
4.1.3. Bildung und sozialer Status
4.1.4. Gender
4.1.5. ,Konfessionsubergreifende’ Reprasentativitat

C. Der ,Ist-Zustand’ von Islam und Muslimen in Deutschland bedarf der staatlich assistierten Reform(ation)
1. Die Umpolung der individuellen Identitat: Primarausrichtung auf ein neues Kollektiv als Conditio sine qua non des ,deutschen Muslims in spe’
2. Strukturelle Anpassung als Conditio sine qua non fur Gleichberechtigung
4. EXKURS: KRM - (K)eine Religionsgemeinschaft?
3. Schaubles ,Islamo-Evolutionstheorie’
3.1. Staatliche Entwicklungshilfe fur den Islam nicht zum ,Nulltarif’
3.2. ,Deutsch’ = ,Europaisch’
3.3. ,Europaisch’ = ,Christlich gepragt’ = ,Aufgeklart’ = ,Modern’
3.3.1. ,Europaisch’ = ,Christlich gepragt’ = ,Uberlegen’
3.3.2. ,Europaisch’ = ,Aufgeklart’: Suspendierung des Primates des Religiosen als Sprungbrett in die Modeme
3.3.2.1. Die notwendige Beschneidung
3.3.2.2. Uberlegenheit Europas und Nachholbedarf ,der islamischen Welt’
3.3.2.3. ,Ruckstand des Islam’ verpflichtet zur staatlichen ,Entwicklungshilfe’
4. Europaisierung = Aufklarung des Islam: Altruistische Entwicklungshilfe oder praventiver Selbstschutz?

D. Islamische Prasenz in Europa - Reziproke identifikative Herausforderung und ihre Bewaltigung
1. .Identitat’, ,Kultur’, ,kulturelle Identitat’ - Dominante Narrative und diskursiv reproduzierte Zusammenhange auf dem Prufstand
1.1.,Identitat’: Zwischen aktiver ,identificatio’ und externer ,ascriptio’
1.2. ,Kultur’ = ,Religion’ = ,Kollektive Identitat’: „Verrat’ mir deine Kultur und ich sag’ dir, wer du bist“
1.2.1. Die Problematik kulturalistischer Klassifizierung
1.3. Der alltagssprachliche Kulturbegriff - Was er leistet, woran er krankt
1.3. Die ,Kultur’ der Wissenschaft - Prozess, Dynamik, Aushandlung
2. Der deutsche Islamdiskurs unter der Lupe: Worum es den Diskursparteien ,eigentlich’ geht
2.1. ,Identitat’, ,Macht’ und beider ,Anerkennung’
2.1.1. Die diskursive Festigung prasupponierter Kollektividentitaten
2.1.2. ...findet auch dort statt, wo man sie nicht vermutet:
Multukulturalistische Narrative
2.2. ,Offentlichkeit’ - Gegenstand, Ort und Produkt diskursiver Aushandlung
3. Identitaten in der kollektiven Krise: Wie die Furcht vor der ,schleichenden Islamisierung Europas’ einen ,Kampf der Kollektividentitaten’ katalysierte
3.1. ,Nationale / Europaische’ vs. ,religiose Identitat’?
3.1.1. Die ,ethnizistische Nationalidentitat’ europaischer Staaten
3.1.2. Der ,blinde Fleck’ des ,europaischen Blickes’
3.2. ,Islamisierung des Selbst’ als ,Reactio Islamica’ auf die,actioque narratio germanica’
3.2.1. ,Integrationsproduktive’ Funktion der Apostrophierung der Islamitat?
3.2.2. Konsequenzen fur die deutsche Islampolitik
3.3. Was hat die ,deutsche Identitat zu bieten’?
3.4. Die Selbstverteidigung Europas im Medium der Erinnerung: Revitalisierung prasakularer Ressourcen
3. 5. Im Angesichte ,schleichender Islamisierung’: ,Christianisierung der offiziellen deutschen Selbstbeschreibung’
3.5.1. Keine Widerrede?
3.6. Resumee

Literaturverzeichnis

Anhang:

I Johannes K andel, „Islamische Organisationen im Uberblick“

Download von hier aus: http://www.bpb.de/themen/F9WKLB,0,0 Stand: 10.10.07 © Bundeszentrale fur politische Bildung/bpb 2005

II Offizielle BMI-Teilnehmerliste der Islamkonferenz

Download von hier aus:

http://www.bmi.bund.de/cln 028/nn 1018378/Internet/Content/Themen/Deutsche Isla m Konferenz/DatenUndFakten/Teilnehmerliste.html Stand: 01.05.07

III Pressemitteilung der DITIB, IR, VIKZ, ZMD vom 24.09.06:

Muslimische Spitzenverbande kritisieren Konzept der Deutschen Islam Konferenz http://www.islam.de/6883.php Stand: 10.10.07

IV Teilnehmerliste Integrationsgipfel

Download von hier aus:

http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2006/07/2006-07-14-pressekonfere nz-integrationsgipfel.html Stand: 10.10.07

A. „Der Islam ist Teil Deutschlands und Teil Europas, er ist Teil unserer Gegenwart und er ist Teil unserer Zukunft"

Mit dieser im Nachhinein oft zitierten und vielerorts hoch gelobten Feststellung bloBer sozialer Tatsachen eroffnete der deutsche Bundesminister des Innern, Dr. Wolfgang SchAuble, die Regierungserklarung zur Deutschen Islamkonferenz (DIK). Was hier dem Deutschen Bundestag am 28. September 2006 a posteriori erklart wurde, hatte sich am Vortag im Schloss Charlottenburg zu Berlin unter Ausschluss der Offentlichkeit zugetra- gen. Dass diese Rede sowohl seitens des Parlamentes, als auch von Seiten der Medien und ihrer Rezipientenschaft mit nicht geringer Spannung erwartet wurde, verwundert an- gesichts einer gesamtgesellschaftlich relevanten Thematik wie dieser nicht. Ware bereits einem bloB deskriptiven Erfahrungsbericht uber die Geschehnisse und etwaige erste Er- gebnisse dieser konstituierenden Sitzung zweifelsohne reges Interesse zuteil geworden, so gilt dies umso mehr angesichts der Tatsache, dass hier ein wesentlich groBeres Informa- tionsdefizit zu kompensieren war: Nicht nur war die Offentlichkeit vom Dialogprozess vor Ort ausgeschlossen worden, auch uber den Gegenstand, Teilnehmer und Ziele der Verhandlungen lieB sich im Vorfeld nur Rudimentares in Erfahrung bringen. Die Motiva­tion hinter dieser restriktiven Informationspolitik zu eruieren stellte zwar zweifelsohne eine interessante Fragestellung dar, kann hier aber auBer Acht gelassen werden. Stattdessen soll sich die vorliegende Arbeit dem ,deutschen Weg’ der Etablierung eines „institutionalisierten Dialoges mit dem Islam“[2] widmen, eines Dialoges, der etwas verandern will, eines Diskurses, der Realitaten schaffen soll, die von der gegenwartigen Situation abweichen. Etabliert werden soll, so lautet die zentrale These, die nachzuweisen sich die folgende Analyse bemuhen wird, also nicht nur und nicht primar der ,Dialog mit dem Islam’: Kreiert und dauerhaft begrundet werden soll - wenn der staatlicherseits gehegte Wunsch Gestalt annahme - ein ,neuer’, ein ,anderer’, ein ,besserer Islam’, dessen Fortschritt gegenuber der gegenwartig in Deutschland vorherrschenden ,Islamvariante’ nominell jener sein wird, dass dieser Islam ein ,Deutscher’ sein wird. Mit welchen inhaltlich-qualitativen Konsequenzen diese Namensanderung verbunden sein konnte, an welcherlei Bedingungen die politischen Diskursteilnehmer und hier insbesondere der Bundesinnenminister, als deren islampolitischer Wortfuhrer die ,Einburgerung’ von Islam und Muslimen binden und nicht zuletzt wie die ,Muslime in Deutschland’ die ihnen offerierte Perspektive bewerten, zu ,Deutschen Muslimen’ werden zu durfen bzw. zu mussen - zu diesen komplexen Fragestellungen befriedigende Antworten zu finden ist das schwierige Unterfangen, welches sich die folgende Analyse zum Ziel gesteckt hat. Die ,Erste Deutsche Islamkonferenz’, jenes halb-offentliche, halb private Forum, das ,think tank’, ,Werkstadt’ und ,Entbindungsstation’ des ,neuen’, des ,deutschen Islam’ sein will, ist geradezu pradestiniert, zur diesbezuglichen ,Hauptinfor- mantin’ erkoren zu werden. Auf keiner anderen nationalen Buhne treffen so hochrangige Akteure beider Seiten aufeinander, um im direkten Schlagabtausch fur die Interessen derer einzutreten, die zu vertreten sie beanspruchen. In der Geschichte deutscher Islam- und/oder Intgrationspolitik kamen sich die Kontrahenten bisher nicht annahernd so nah, wie sie in dieser Arena sich gegenuberstehen. Durch die Tatsache, dass eben diese Nahe zugleich Chance ist, als auch Risiken birgt, vor allem aber enthullende Funktion innehat und mancherlei auch unbeabsichtigte Entschleierung erzwingt, durfte die oberflachlich betrachtet vielleicht einseitig erscheinende Fokussierung vorliegender Untersuchung endgultig legitimiert sein.[1]

Uber eine rein deskriptive Betrachtung von Konzept, Programm und Zielsetzung hinaus, wird dabei vor allen Dingen darauf abgestellt, offenzulegen ,wer hier mit wem in wessen Nameri spricht. Konkret sollen die diversen Dialogteilnehmer also nicht nur vorgestellt, sondern insbesondere auf ihre Legitimation und Reprasentativitat gepruft werden. Da sich an der Frage, ob die staatlicherseits berufenen muslimischen ,Fursprecher’ tatsachlich eine hinreichend grofie Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime zu vertreten in der Lage sind, letzten Endes Sinn und Effizienz des gesamten Dialogprojekts entscheiden, wird hier auch der analytische Schwerpunkt gesetzt.

Methodisch wird es angesichts der Komplexitat der Fragestellung von Noten sein auch ,zwischen den Zeilen zu lesen'. Zu diesem Zwecke sollen implizite Erwartungen und Intentionen der verschiedenen Dialogteilnehmer herausgearbeitet, stillschweigende Vorannahmen zur Sprache gebracht und Wirkungen hintergrundiger Machtkonstellatio- nen aufgedeckt werden. Insbesondere durch systematisch angewandte Multiperspektivi- tat, die sowohl die Position des deutschen Staates nachzuvollziehen sucht, als auch die muslimische Perspektive in den Blick nimmt, werden Inkoharenzen, Kontroversen und Konkurrenzen sichtbar, die bei einer einseitigen Auswertung offizieller Regierungsver- lautbarungen nivelliert zu werden drohten. Da in einem biperspektivischen Ansatz die eine Seite der anderen als Korrektiv dienen kann, lasst sich mit dieser Methode nicht nur ein ,kleinster gemeinsamer Nenner’ zwischen den Gesprachspositionen ausfindig machen, sondem gleichzeitig eine vorsichtige Prognose uber die Machbarkeit und Erfolgsaussichten des angestrebten Programms aufstellen.

Zur Rekonstruktion der offiziellen staatlichen Position in Sachen Deutsche Islamkon- ferenz bietet sich die Rezeption der diesbezuglichen, auf den Internetseiten von Bundes- regierung und Bundesinnenministerium veroffentlichten Darstellung an. Eben diese Verlautbarungen werden der Analyse im Folgenden als Primarquelle zu Grunde gelegt. Erganzend hierzu soll ein Ruckgriff auf die oben bereits zitierte ,Deklaration ex eventu’ des Bundesinnenministers vom 28. September 2006 erfolgen. Da in der Person SchAub- LEs aber nicht nur der Sprecher der Regierungserklarung gegeben ist, sondern dieser auch als Hauptinitiator der Islamkonferenz fungierte und ihr seither federfuhrend voransteht, macht es Sinn seine subjektive Haltung zur Thematik ,Islam in Deutschland’ genauer zu eruieren. Diesem Zwecke soll denn auch die Auswertung alternativer offentlicher Stel- lungnahmen des Bundesinnenministers dienen.

Aus Pressemitteilungen, relevanten Reden und Interviews wird aber nicht nur die unions- politisch-staatliche Perspektive extrahiert werden, sondern dieser Quellenbasis wird - mangels Alternativen - auch die muslimische Position zu entnehmen sein. Konsequenterweise wird der Zugriff auf das Gros der zu verwertenden Daten also uber den Umweg medialer Vermittlung erfolgen mussen. Die sich damit zwangslaufig erge- bende Problematik einer potentiellen Verzerrung, oder adressatengerechten Anpassung des je eigenen Standpunkts wird sich zwar nicht vollig ausklammern lassen. Die kontextuell-kritische Prufung der relevanten Aussagen wird aber bemuht sein, diesen Sachverhalt im Einzelfall aufzudecken, um dererlei rezipientenorientierte Rhetorik als solche kenntlich zu machen.

B. Vom „Islam in Deutschland“ zum „Deutschen Islam“: Perspektiven auf das Projekt der Einburgerung einer Religion

0. Deutsche Islamkonferenz: Nationalarena der diskursiven Weichenstellung fur die Zukunft des Islams

Der Online-Darstellung des Bundesinnenministeriums[3] lasst sich folgende Gliederung entnehmen: Nach einer allgemeinen Einfuhrung, die sich der gegenwartigen Prasenz von Islam, respektive Muslimen in Deutschland widmet, wird zunachst die „Aufgabe der DIK" zusammenfassend dargestellt. Es folgen je ein Abschnitt zum „Gegenstand und Ziel", sowie zum „Arbeitsprogramm", bevor abschlieBend der intendierte „Zeit- und Arbeitsplan der DIK" vorgestellt wird. Da die folgende Analyse ihren inhaltlichen Ausgangspunkt bei dieser Vorlage nehmen will, bietet es sich an ihr zunachst auch in struktureller Hinsicht zu folgen, weshalb nun in einem ersten Schritt das gegenwartige Profil islamischer Prasenz innerhalb der Grenzen der BRD Betrachtung finden soll.

1. Bestandsaufnahme: Das Profil islamischer Prasenz innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland

Die bundesinnenministerielle Skizzierung des aktuellen Gesichtes des Islam in Deutsch­land erfolgt nach den Kriterien der Quantitat, der nationalen Herkunft, der Glaubens- richtung, sowie der Organisationsstruktur und schlieBt mit einer Einschatzung des hiesigen islamistischen Potenzials.

Ausdrucklich als positiv zu bewerten ist dabei die um Differenzierung bemuhte Darstel- lungsweise, die sich darin konkretisiert, dass nicht etwa pauschal angegeben wird „in Deutschland" lebten ,zwischen 3,2 und 3,5 Millionen Muslime", wie dies Bundesinnen- minister SchAuble in seiner Regierungserklarung tut.[4]

Statt dessen wird die namliche Population hier als „Menschen muslimischer Pragung bzw. muslimischer Abstammung“ charakterisiert und damit dem Faktor Rechnung getra- gen, dass „nicht alle Menschen muslimischer Abstammung bekennende Muslime im religiosen Sinn sind‘. Die groBe Problematik, die somit in den Blick genommen wird ist jener Datenmangel, der die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit ,dem Islam in Deutschland’ ebenso erschwert, wie er es den politischen Akteueren nicht leicht macht, eine Islampolitik zu betreiben, die ihrer Zielgruppe gerecht wird. Bislang entsprach es namlich statistischem Usus, unter der Kategorie „islamisch“ generalisierend alle Burger zu subsumieren, die laut Staatsangehorigkeit aus Herkunftslandern mit mehreitlich isla- mischer Bevolkerung stammen.[5] Da nun die religiose Gesinnung der Bevolkerungsmehr- heit des Herkunftsstaates keinen hinreichend sicheren Indikator fur die religiose Haltung der in Deutschland lebenden Migranten darstellt, ware die nach nationalen Kriterien gewonnene Zahl also gegebenenfalls nach unten hin zu korrigieren. Ihre Richtigkeit behalt die Mengenangabe von 3,2 bis 3,5 Millionen Muslimen aber wohl dann, wenn damit nicht exklusiv auslandische Mitburger gemeint sind, sondern die so bezifferte Population zwei weitere Personengruppen inkludiert: Einerseits die wachsende Zahl deutscher Konvertiten[6] und anderseits jenen Bevolkerungsanteil, der ursprunglich aus islamisch dominierten Staaten stammend, mittlerweile die deutsche Staatsanghorigkeit erlangt hat.[7]

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass erstgenannter Personenkreis von Seiten der Gewerkschaft der Polizei[8], wie auch des Bundesinnenministeriums[9] als tenden- ziell gefahrlich eingestuf wird, da „Sicherheitsbehorden“ zufolge, das ,Radikalisierungs- potenzial“w innerhalb[10] der Konvertitenszene als uberdurchschnittlich hoch zu gelten habe. Dass diese Einschatzung bei Vertretern islamischer Verbande nicht gerade auf Zustimmung gestoben ist[11], mag indessen weniger verwundern, als die Art und Weise, wie diese Kontro- verse ausgetragen wurde. Trotz vorgeblicher ,Institutionalisierung des Dialoges’ in Form der DIK bedienten sich beide Seiten namlich keineswegs dieses Forums und damit der Moglichkeit direkten Meinungsaustausches. Vielmehr wahlten sowohl Staat als auch Ver­bande zum kommunikativen Schlagabtausch den Umweg uber das Medium Presse - und das vier Monate nach der vielversprechenden Auftaktveranstaltung, die den Dialog ja etablieren und intensivieren hatte sollen.

Betreffs der Nationalitat der hiesigen Muslime dominiere den Ausfuhrungen des Bundes- innenministeriums zufolge, bei weitem die turkische Abstammung[12]. Arabische Herkunft hingegen bilde diesbezuglich die Ausnahme.[13]

Das Spektrum der vertretenen Glaubensrichtungen setze sich zu etwa 80 Prozent aus Sunniten, zu ca. 17 Prozent aus Aleviten und zu 3 Prozent aus Schiiten zusammen.[14] Die jeweils eigenen Angaben der einzelnen Gruppierung zur Zahl ihrer Anhanger differieren in vielen Fallen, wobei auffallt, dass die eigene Schatzung regelmabig hoher ausfallt, als die entsprechende vom BMI ermittelte Zahl.[15] Der Hinweis, dass innerhalb dieser ,kon- fessionellen’ Gruppierungen „ein nicht zu unterschatzender Anteil [...] sich kaum noch oder gar nicht mehr als Muslim defniert‘[16] bezeugt zwar von Neuem das Differenzie- rungsbemuhen der Verfasser. Die blofie Gegebenheit eines solchen Problembewusstseins vermag allerdings weder die allgemeine Schwierigkeit der statistischen Erfassbarkeit von Religiositat zu beheben. Noch ist damit das zuvor notierte Problem der Zugehorigkeit zur islamischen Religion, die ja der Meldepflicht nicht unterliegt[17], gelost.

Kritisch ware also zu resumieren, dass hier seitens des Bundesinnenministeriums mit Zahlen operiert wird, deren Fehlerhaftigkeit einerseits zwar zugestanden und offengelegt wird. Andererseits werden daraus aber keinerlei Konsequenzen fur den Umgang mit die­ser verfalschten Datenbasis gezogen, indem die m. E. unzulassige Simplifizierung nur als verbesserungsbedurftig angemahnt, letztlich aber doch billigend in Kauf genommen wird.

Einen entscheidenden Beitrag zu der geschilderten unsicheren Datenlage leistet sicherlich der - gemessen an deutschen, d. h. in diesem Fall kirchlichen Verhaltnissen - „geringe[.] und uneinheitliche[.] Organisationsgrad‘[18] des muslimischen Bevolkerungsanteils in Deutschland. Die strukturelle Kopplung der Religionszugehorigkeit an eine ,Moschee-, Vereins- oder Verbandsmitgliedschaft’, wie im Falle der christlichen Kirchen ublich, ist dem Islam ebenso fremd, wie eine hierarchisch gegliederte Organisationsstruktur.[19] Von hier aus ist es dann auch nicht weiter verwunderlich, dass nur eine deutliche Minderheit von 10 bis 15 Prozent[20] der Muslime hierzulande als Mitglieder in einer der fuhrenden Verbandsinstitutionen registriert sind. Die Zahl derjenigen Muslime hingegen, die zwar mit der Ideologie eines Verbandes sympathisieren, aber nur mittelbar, will heiBen ohne offiziell registrierte Mitgliedschaft, an einen solchen gebunden sind, ist indessen nicht exakt eruierbar.[21] Erschwert wird eine genaue Quantifizierung nicht zuletzt dadurch, dass - wenn uberhaupt - zumeist nur das mannliche Oberhaupt stellvertretend fur die beliebig groBe Familie registriert ist.

Die bundesweit bedeutendsten, will heiBen mitgliederstarksten unter den ausnahmslos in der Rechtsform des ,eingetragenen Vereines’ organisierten, muslimischen Dachverbande sind laut BMI „DITIB, Islamrat, ZMD, VIKZ und die Alevitische Gemeinde“. Unterschla- gen wird in dieser Aufzahlung die zwischen 30.000 und 50.000 Mitglieder zahlende Ahmadiyya Muslim Jamaat[22], welche im Gegensatz zu den ubrigen genannten Organisa- tionen auch in der DIK nicht vertreten war. Unabhangig davon macht die Zahl von ver- bandsubergreifend etwa nur 300.000 registrierten Mitgliedern deutlich, dass die uberwie- gende Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime eben nicht organisiert ist. Somit konnen die erwahnten Verbande auf eine nur auberst schmale Legitimationsbasis zuruck- greifen, die den zumindest von einzelnen unter ihnen artikulierten Anspruch, als Sprach- rohr aller Muslime Deutschlands zu fungieren, nicht rechtfertigt. In dieser Hinsicht ist die Entscheidung des Bundesinnenministers, auch nicht-organisierte Muslime in den Dialog- prozess der DIK einzubinden, angemessen. Umstritten war und ist allerdings, ob mit der Auswahl dieser verbandsfernen Vertreter des Islams in Deutschland jene legitimatorische Lucke hinreichend gefullt werden konnte. Es stellt sich also die Frage, ob die von SchAuble personlich zusammengestellte ,Gasteliste’ der DIK ihrem Anspruch gerecht wird, ob die staatlicherseits geladenen Vertreter in toto also tatsachlich „die verschie- densten Facetten der muslimischen Lebenswirklichkeit in unserem Lande [zu] reprasen- tieren“[23] vermogen. Dass diese Fragestellung von zentraler Bedeutung ist, steht auber Zweifel, entscheidet sich doch nicht zuletzt an ihrer Beantwortung, welches Ausmab an Akzeptanz fur die in der DIK zu erarbeitenden Vereinbarungen von seiten der ,musli- mischen Basis’ zu erwarten ist. Folgerichtig wird auf die Profilierung der muslimischen Diskursteilnehmer ein analytischer Schwerpunkt dieser Arbeit zu setzen sein.

Wollte man die zu erwartende gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der Institution DIK als solcher, wie auch ihres kunftigen ,Outputs’ ermessen, ware eine Komplementaruntersu- chung der parteipolitischen und personlichen Positionierungen auch jedes Sprechers der staatlichen Diskurspartei von Noten. Da dieses Unternehmen den Rahmen dieser Arbeit aber um ein Vielfaches sprengen wurde, muss auf eine Detaillanalyse verzichtet werden. Kompensiert werden soll dieser Mangel durch eine zweite Fokussierung, die stellvertre-tend fur die ,Position des Staates’ die relevanten Auberungen des DIK-Hauptinitiators Wolfgang SchAuble, einer umso ausfuhrlicheren Untersuchung unterziehen wird.

2. Arbeitsprogramm und Motto der Deutschen Islamkonferenz

Conditio sine qua non der Analyse dieses ,institutionalisierten Dialoges’ ist die Kenntnis von von dessen Arbeitsprogramm und Motto, welche beide in weitgehender Eigenregie des Bundesinnenministeriums konzipiert worden sind.

Da die Beantwortung der oben gestellten Aufgabe auf Grund ihrer vergleichsweise hohen Komplexitat erwartungsgemab viel Raum fur sich beanspruchen wird, da ferner das den Konferenzteilnehmern vorgelegte Arbeitsprogramm kaum uberraschendes in sich birgt und fur sich selbst spricht, durfte es legitim sein die Agenda im Wortlaut der bereits mehrfach zitierten Internet-Darstellung des BMI wiederzugeben.[24] Wahrend also auf eine detaillierte Auswertung der einzelnen Programmpunkte verzichtet wird, verkorpert das Gesamtprogramm nichtsdestotrotz den stets mitzudenkenden Hintergrund der vorliegen- den Erorterung. Mit seiner Wiedergabe verlassen wir also den Rahmen der vom BMI vor- gegebenen Gliederung, um uns stattdessen der personellen Zusammensetzung der DIK- Teilnehmer zuzuwenden. Die BMI-Online-Darstellung lautet wortlich:

Arbeitsprogramm der DIK

Als Arbeitsbereiche der DIK sind u.a. vorgesehen:

(1) Deutsche Gesellschaftsordnung und Wertekonsens

- Gleichberechtigung von Mann und Frau
- Politische Willensbildung
- Familie/Erziehung/jugendliche Selbstbestimmung
- Akzeptanz der Vielfalt demokratischer Kulturen
- Sakularisierung (Kriterien und Tendenzen im internationalen Vergleich)

(2) Religionsfragen im deutschen Verfassungsverstandnis

- Trennung von Staat und Kirche als Grundprinzip
- Umgang mit religiosen Symbolen
- Moscheebau
- Islamunterricht auf deutsch und unter staatlicher Kontrolle der Lander
- Angebot/Absicht zum Erwerb der deutschen Sprache (Fordern/Fordern); Vorschulunterricht/Modelle der Lander
- Gleichberechtigung von Madchen und Knaben, Koedukation (Sport- und

Schwimmunterricht, Klassenfahrten, Sexualerziehung, Verhalten muslimischer Knaben gegenuber nicht muslimischen Altergenossinnen, usw.)

- Ausbildung von Imamen/Lehrstuhle fur Islamwissenschaft (Hochschulen)

(3) Wirtschaft und Medien als Brucke

- Jugendliche in den Arbeitsmarkt (Qualifikation usw.)
- Einstellungspolitik in Wirtschaft und offentlichem Dienst/Selbstandigkeit
- Informationspolitik zum Abbau von Vorurteilen in turkischen Medien
- Informationspolitik zum Abbau von Vorurteilen in deutschen Medien
- Religiose und kulturelle Identitat ausgewahlter Personlichkeiten/Vorbildern
- Formen des sakularen Islam

(4) Sicherheit und Islamismus

- In einer der Konferenz beigeordneten Arbeitseinheit (Gesprachskreis) werden zusatzlich Fragen der inneren Sicherheit, islamistischer Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie der Prevention und Aufdeckung islamistischer Gewalttaten erortert.

Der Abarbeitung dieses Programms widmen sich drei ,Arbeitsgruppen’, sowie ein ,Ge- sprachskreis’. Seit November letzten Jahres tagen diese im zweimonatigen Turnus um der ,eigentlichen Konferenz’, dem Plenum der 30, halbjahrlich Bericht zu erstatten.

Da die Offentlichkeit auch von dem laufenden Verhandlungsprozesses systematisch aus- geschlossen wird[25] und erst zur nachsten Plenumssitzung im zweiten Quartal des Jahres 2007 uber etwaige erste Ergebnisse unterrichtet werden soll, war zum Erhebungszeit- punkt der Daten vorliegender Arbeit nichts wesentliches in Erfahrung zu bringen.[26] Als gesichert kann lediglich gelten, dass das Bundesinnenministerium uber Themen und personelle Zusammensetzung relativ eigenmachtig beschieden hat. Die 30 Plenumsteil- nehmer der Konferenz arbeiten offensichtlich in den besagten Arbeitsgruppen mit, wobei sich die Zuordnung von Person und Arbeitsgruppe nur im Ausnahmefall ermitteln liefi.[27]

Von nicht geringer Relevanz ist schliefilich die Kenntnis des offiziellen Mottos der Deutschen Islamkonferenz, dem in der Online-Prasentation die eben wiedergegebene Agenda unterstellt wird: „Muslime in Deutschland - Deutsche Muslime.“ Wie er- sichtlich stellt das DIK-Motto die personalisierte Form von Titel und Themenstellung dieser Arbeit dar. Freilich mit einem nicht unerheblichen Unterschied: Die obige Losung stellt ihre beiden Parameter unverbunden nebeneinander ohne explizit eine Richtung vor- zugeben. Dass sich ,Muslime in Deutschland’ zu ,Deutsche Muslime’ verhalt, wie ,Ist- Zustand’ zu ,Soll-Zustand’ liegt nahe. Dieses Postulat zu begrunden bzw. die Relation beider Pole zueinander naher zu beleuchten, ist eine der Hauptaufgaben, die sich die hiesige Erorterung zum Ziel gesteckt hat.

3. Personelle Zusammensetzung der DIK: Portraits im Vergleich und virtuellen Dialog

3.1. Auswahlkriterien?

Hinsichtlich der personellen Konstellation der DIK ist zunachst die Kenntnis ihrer Genese von Bedeutung. Die (inklusive SchAuble) insgesamt 30 Teilnehmer setzen sich zu glei- chen Teilen aus jeweils 15 Vertretern des Staates und ebenso vielen Reprasentanten des Islam zusammen. Die 29 Partizipienten der Auftaktveranstaltung vom 27.09.2006 wurden „nach vielen intensiven Gesprachen und nach reiflicher Uberlegung" vom Bundesin- nenminister personlich ausgewahlt und eingeladen. Obschon auch die Besetzung der 14 staatlichen Stellen nicht unumstritten war, galt die mediale Aufmerksamkeit allein den Kontroversen um die die muslimischen Partei betreffende ,Platzvergabe’. Um sich jedoch einen Eindruck daruber zu verschaffen, wer hier mit wem in Dialog trat, sollen zumindest die Eckkoordinaten der der nicht-muslimischen Diskurspartei nachgezeichnet werden.

3.2. ,Der Staat’: Reprasentativitat?

Durch die Berucksichtigung von Vertretern nicht nur des Bundes[30], sondern auch der Lander[31] und Kommunen[32] ist der Staat in der Tat in allen seinen administrativen Ebenen reprasentiert. Auch werden neben dem Ministerium des Innern so unterschiedliche Res- sorts wie jenes des Auswartigen Amtes, der Justiz, der Arbeit und des Sozialen, der Bil- dung, der Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sowie der Kultur und Medien beruck-sichtigt. Trotz dieses offenkundig breitgefacherten Spektrums ist allerdings kritisch ange- merkt worden, dass ein zentrales Organ der offentlichen Meinung aus dem Diskurs wei- testgehend ausgeschlossen blieb: Der deutsche Bundestag wurde weder konsultativ in die Konferenzvorbereitungen, noch personell in den laufenden Dialogprozess eingebunden. Wo aber eine Auswahl „hochrangige[r] Regierungsvertreter mit einigen wenigen Vertre- tern des Islam“[33] debattiert, wo also die Mandatstrager der Volksmeinung aus dem Dis­kurs ausgeklammert werden, droht eben jener ,Elitendialog‘[34] Einzug zu halten, der durch die umsichtige Einladungspraxis des Bundesinnenministers vorgeblich verhindert worden sei.[35] Da sich ferner die 15 staatlichen Vertreter ausschliefilich aus Angehorigen der Regierungskoalition rekrutieren, findet bei den Verhandlungen insbesondere die Stimme der Opposition nicht das geringste Gehor, weshalb etwa die FDP-Abgeordnete Sibylle Laurischk es auch far geboten halt, die Debatte dahingehend auszuweiten, „im Bundestag gemeinsam und uberparteilich Wege aus den Fehlern der Vergangenheit zu suchen“, wozu sich ihrer Ansicht nach „eine Enquete-Kommission in hervorragender Weise“ eignen wurde.[36]

Die Skizzierung des ,staatlichen Flugels’ der Konferenzteilnehmer muss sich auf das Gesagte beschranken und endet hier.

Stattdessen gilt es nun, die Protagonisten der muslimischen Seite naher zu beleuchten. Ohne damit eine Wertung zum Ausdruck bringen zu wollen, werden zunachst die Verbande, bzw. die von den Verbanden zur DiK entsandten Vertreter, um danach die ,Nicht-Organisierten’ Teilnehmer vorzustellen.

3.3.. Der Islam’

3.3.1. Die Verbande
3.3.1.1. Turkisch-Islamische Union der Anstalt fur Religion e.V. (DITIB)

3.3.1.1.1. Alleinvertretung - Anspruch und Wirklichkeit

Wenden wir uns also den oben genannten vier Organisationen zu, die der Einladung SchAubles zur Deutschen Islamkonferenz nachkamen, so macht es Sinn, an erster Stelle auf den „mitgliederstarkste[n] “ [37] Verband einzugehen.

DITIB (Turkisch-Islamische Union der Anstalt fur Religion e.V.) integriert eigenen Anga- ben zufolge 870 „Ortsgemeinden“, d.h. in der Rechtsform des ,eingetragenen Vereins (e.V.)’ organisierte lokale Moscheegemeinden. Die totale Mitgliederzahl wird zwischen 100.000 und 220.000 Personen verortet, wobei letztere Zahl angesichts der verbandsuber- greifend insgesamt nur etwa 300.000 registrierten Mitglieder wohl als exageriert gelten durfte, zumal diese Schatzung verbandsinterner Quelle entstammt.[38]

Im Laufe der letzten Jahre hat DITIB parallel zur steigenden Mitgliederzahl auch deutlich an Selbstbewusstsein zugewonnen, was sich etwa am frequentiv artikulierten Anspruch, Vertreter aller Muslime Deutschlands zu sein, ablesen lasst.[39] Die Konsequenz dieses ersichtlich anmafienden[40] Alleinvertretungsanspruchs, auBert sich dann freilich in dem Selbstverstandnis, ,in Sachen Islam in Deutschland’ als einziger unter den Verbanden einen legitimierten Ansprechpartner fur staatliche Stellen zu offerieren. Die prinzipielle Kooperationsbereitschaft des Staates, der auf der Suche nach einem muslimischen Gesprachspartner seit jeher eine zumindest graduelle Bevorzugung fur die Turkisch- Islamische Union der Anstalt fur Religion e. V. erkennen lieB, mag die DITIBschen Anspruche noch zusatzlich verstarkt haben.

Beides aber, sowohl der Reprasentanzanspruch, als auch die auf ihm fuBende Selbstemp- fehlung an Staat und Gesellschaft, trifft bis in die Gegenwart hinein keineswegs auf ein- hellige Zustimmung innerhalb der ,muslimischen Community’.[41] Im Gegenteil lieBen sich noch bis in die jungere Vergangenheit deutliche Anzeichen einer Spaltung der mus­limischen Verbandslandschaft erkennen, auf deren einer Seite der Demarkationslinie ein Zusammenschluss bundesweit[42] bedeutender, bzw. auf Landesebene[43] agierender Verbande, den selbsternannten Exklusivreprasentanten DITIB auf der anderen Seite zu isolieren schien.[44] In dieser ,Union’ eine Art ,Gegenbundnis’ zum Ausdruck der Oppo­sition zu DITIB zu vermuten, ware zwar durchaus naheliegend. Richtig aber ist, dass die DITIB-extern faktisch vorhandenen Einheitsbestrebungen den mitgliederstarksten Dachverband sehr wohl einzuschliefien suchten - so zumindest die Darstellung von Nadeem Elyas, des ehemaligen Vorsitzender des ZMD und eines der Hauptinitiatoren des Bundnisses. Wo die angestrebte Einheit scheiterte, habe dies zu allererst am mangeln- den Integrationswillen DITIBs gelegen, so der damalige Tenor. Es darf gemutmafit wer- den, dass DITIB sich von ihrem Monopolanspruch abzusehen nicht bereit zeigte und stattdessen den Weg in die vorubergehende Selbstisolation vorgezogen hat.[45] Diesem Verband, der sich der Kooperation mit anderen islamischen Organisationen verweigerte, weil er die damit einhergehende ,De-Monopolisierung’ und ,Machtrelativierung’ in Kauf zu nehmen nicht bereit war, eine gewisse Hybris zu unterstellen, durfte gerechtfertigt sein.

Umso befremdlicher erscheint angesichts all dessen, dass DITIB ganz offensichtlich den staatlicherseits favorisierten Ansprechpartner (nicht nur) bei der DIK verkorpert.

Wie sonst liefie sich erklaren, dass zwei der sechs geladenen Vertreter des organisierten Islam der Turkisch-Islamischen Union der Anstalt fur Religion angehorten, wahrend den ubrigen Grofiverbanden jeweils nur ein Delegierter zu entsenden genehmigt wurde? Aus welchem anderen Grand wohl durfte dann auch von diesen sechs einzig Bekir ALBOGA[46], der Dialogbeauftragte DITIBs auf Weisung des Bundesinnenministers an der Pressekon- ferenz zur DIK teilnehmen? Weshalb wurde von der breiten islamischen Verbandsland- schaft Deutschlands allein dieser Organisation die Partizipation an jenem von Frau BOHMER initiierten, ,historischen’ Integrationsgipfel gewahrt?[47]

Die Indizien, die fur die staatliche Favorisierung der DITIB sprechen sind eindeutig, und weitere liefien sich benennen. Es wird der Frage nachzugehen sein, ob allein die Mitglie- derstarke dieses Spitzenverbandes ihm seine Vorrangstellung einbringen konnte, oder ob ,der Staat’ neben dem quantitativen Argument hier nicht auch anderweitige Qualitaten zu erkennen glaubt.

Wie dem auch sei, zeugen erst aktuellste Entwicklungen, die nicht zuletzt als Begleiter- scheinung der DIK gelten durften, von einem Paradigmenwechsel innerhalb der DITIB- schen Verbandsphilosophie und -politik. Die jungst erfolgte Formation eines „Koordinie- rungsrates“[48] (KRM) , der unter seinem Dach neben den ehedem bereits kooperierenden ZMD, IR und VIKZ nun erstmals auch die DITIB vereint, belegt eindeutig diese Neu- orientierung.[49] Allem Anschein nach hat sich nun allgemein die Einsicht durchgesetzt, dass das Konkurrieren um die ,Gunst des Staates’ sich nur zum Schaden aller Beteiligten auswirken kann und fur das Erreichen von Zielen, die der gesamten muslimischen Community zu Gute kommen sollten, hochst kontraproduktiv ist.

3.3.1.1.2. Turkeifokussierung - Fluch oder Segen?

Nach dieser relativ ausfuhrlichen Schilderung der Situierung DITIBs innerhalb der muslimischen Verbandslandschaft der BRD, sollen nun einige Spezifika dieses Vereins herausgestrichen werden. Die Benennung eines ersten solchen Spezifikums, erfordert indessen keinerlei weitergehender Recherche, da bereits aus dem Vereinsnamen buch- stablich hervorgeht, dass mit DITIB ein Dachverband gegeben ist, in welchem das ,turkische Element’ pradominiert. In welcher Weise aber die darin deklarierte ,turkische Pragung’ konkrete Gestalt annimmt, d.h. ob damit mehr ausgesagt sein will, als nur die ethnische Zugehorigkeit der Mitgliedermehrheit, bedarf der Prazisierung. Formal lasst sich festhalten, dass die DIYANET i§LERI TURK ISLAM BIRLiGi, so der turkische Name des „bundesweit"[50] operierenden Vereins, welcher evidenter Weise als Vorlage fur den Kurznamen fungierte, erst im Jahre 1984 gegrundet, „de[n] jungste[n] turkisch- islamische[n] Dachverband in Deutschland‘[51] verkorpert. Diese Bezeichnung verweist zugleich auf die DiYANET i§LERi BASKANLIGI (DIB), das turkische Prasidium fur Religionsangelegenheiten, „eine direkt dem turkischen Ministerprasidenten unterstellte Behorde zur Verwaltung aller Angelegenheiten der islamischen Religion und ihrer Ausubung“.[52] Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu vermerken, dass unter das breite Aufgabenspektrum der DIB auch explizit „die religiose Betreuung der Auslandsturkerf"[53] fallt. Wenn auch in dem hier gesteckten Rahmen nicht in extenso auf die diversen „reli- giosen, sozialen und kulturellerf" JAoordinierung[sleistungen]“[54] DITIBs eingegangen werden kann, sei zumindest ein Aspekt der ,religiosen Versorgung der Auslandsturken’ exemplifiziert: Die Entsendung von Imamen und Lehrpersonal.

3.3.1.1.2.1. Desintegrator „Imam-Import“?

Muslimischer Lehre zufolge sollen die Glaubigen darum bemuht sein, ihre vorgeschrie- benen Gebete nach Moglichkeit in Gemeinschaft zu verrichten.[55] Insbesondere gilt diese Empfehlung fur das freitagliche[56] Mittagsgebet. Ort fur diese gemeinschaftliche Gebetspra- xis ist traditionell die Moschee. Spezifikum des dort kollektiv zu verrichtenden, sogenann- ten ,Freitagsgebets’ ist es einerseits, dass es „im allgemeinen unter der Leitung eines Imam"[57] stattfindet und andererseits, „[a]nders als die anderen Gebete [...] mit einer Pre- digt verbunden“ ist.[58] Zwar ist prinzipiell jeder Muslim sowohl zur Rezitation des Koran, zum ,Vorbeten’, wie auch zum Abhalten der besagten „khutbah“ (Predigt) berechtigt. Pra- destiniert fur diese Rolle ist aber der eigens hierzu ausgebildete, wenn man so will, ,pro- fessionelle’ Vorbeter, der Imam (arab. fur „Fuhrer“, „Vorsteher“), dessen „raison d'etre"[59] eben in der Leitung des Gemeinschaftsgebetes liegt. Inhaltlich bedient die Predigt traditio­nell verschiedenste Bedurfnisse der Glaubigen.[60] Bereits fruhislamisch erkannte man aber ihre Eignung, als breitenwirksame Plattform gerade auch fur politische Einflussnahme zu fungieren.[61] Wo aber die Option zu gesellschaftspolitischer Beeinflussung gegeben ist, be- steht immer auch die Gefahr der Instrumentalisierung. Wenn das Forum der Freitagspredigt einem Missbrauch zu propaganda- oder Hatzzwecken’ also generell offen steht,[62] kommt der Integritat, bzw. ,Gesinnung’ des sie leitenden Imams gesamtgesellschaftliche Relevanz zu.[63] Deshalb wird auch jede nach Frieden und Zusammenhalt strebende Gesellschaft, die der Institution Freitagspredigt den entsprechenden offentlichen Raum zubilligt, gut daran tun, die zugehorigen Funktionstrager auf ihre ,soziale Vertraglichkeit’ zu prufen. Dies um so mehr angesichts der Tatsache, dass dem Imam zusatzlich zu den genannten Aufgaben, auch jene der religiosen Unterweisung von Kindern und Jugendlichen zukommt.

Im Falle der rund 485 Imame,[64] die derzeit hierzulande in den der DITIB angeschlos- senen Moscheen wirksam sind, wurde auf eine solche ,Kontrolle’ mindestens bis zu den Vorfallen vom 11. September weitestgehend verzichtet. Im Zuge einer weit verstandenen Toleranzpolitik ubten sich die verantwortlichen deutschen Behorden in Zuruckhaltung und erlegten sich eine Selbstbeschrankung auf, die ihre Interventionsmoglichkeit wei- testgehend beschnitt. Der stattdessen uber Jahre hinweg allseits akzeptierte Usus bestand darin, dass DITIB seine „ ’Religionsbeauftragten ’ (din gorevlisi)“[65] aus dem Ressort jenes in der Turkei sozialisierten und unter der Agide der DIB ausgebildeten Imam- kapitals rekrutierte, bzw. von dort zugewiesen bekam. Die aus diesem ,Jmam-Import“[66] resultierenden Probleme sind evident und werden durch den Umstand, dass besagte Ent- sendung zeitlich auf ein Maximum von funf Jahren beschrankt bleibt noch multipliziert. Diese relativ kurze Verweildauer im ,Gastland’ wirkt sich dann namlich geradezu als Garantie dafur aus, dass die mitgebrachten sprachlichen Defizite ebenso wenig behoben werden konnen, wie eine Vertrautheit „mit den kulturellen Geflogenheiten [sic!] in den jeweiligen Landern‘si[67] entwickelt werden kann. Dass dieses Personal, angesichts der eigenen Ermangelung an Sprach- und Kulturkenntnissen, der Integration hiesiger ,Koranschuler’ und/oder Moscheeganger kaum dienlich sein kann, liegt auf der Hand.[68] Stattdessen starken diese Reprasentanten des ehemaligen Heimatlandes die Bindung zu eben diesen Wurzeln und tragen, je nach Adressatenkreis zu zweierlei bei: Der sogenan- nten ersten Generation der Einwanderer offerieren sie Ressourcen der Identitatskonstruk- tion, die nicht mehr ihrer sozialen Realitat entsprechen. Die zweite Generation hingegen binden sie an Sprache, Tradition und Sitte einer Gesellschaft, die weder mit ihrem aktuel- len sozialen Umfeld korrespondieren, noch einer erinnerten Wirklichkeit der personli- chen Biographie entnommen sind.

Dass die Logik eines weitgehenden ,laissez-faire’ als Paradigma deutscher Migrations- politik nicht nur im Hinblick auf den beschriebenen ,Imam-Import’ denkbar ungeeignet war, sollte sich im offentlichen Bewufitsein nur langsam durchsetzen. Eine allmahliche Sensibilisierung des offentlichen Diskurses fur integrationsspezifische Themen vollzog sich erst in den 90er Jahren, als sich der allgemein verbreitete Glaube an die Ruckkehr der einst mehrheitlich zu Arbeitszwecken angeworbenen ,Auslander’ definitiv nicht mehr halten lieB. Schlagworte wie „Multi-Kulti“, „Einwanderungsgesellschaft“, „Zuwande- rungssteuerung“, Forderungen nach einer „Leitkultur“ (sei es europaischer, sei es dezi- diert deutscher Pragung) bestimmten die kontrovers gefuhrte Debatte um das „Wie?“ einer gelingenden Integration der vermeintlichen Gastarbeiter. Der hier einsetzende Para- digmenwechsel weg von einer defizitaren, weil passiven Auslanderpolitik, und hin zu einer aktiven Migrations- und Integrationspolitik sollte sich auch auf die Imamrekru- tierungspraxis niederschlagen. Das latent desintegrative Potential bisheriger Handhabung wurde erkannt, erste Gegenmafinahmen ergriffen. Konkret heifit das fur die aktuelle Sach- lage, dass die Bewerber fur einen Imamposten in der BRD dazu verpflichtet werden, noch vor ihrer Entsendung, d.h. auf turkischem Boden, sich Grundkenntnisse nicht nur der deutschen Sprache, sondern auch des deutschen ,way of life’ anzueignen.

Von den prinzipiellen Zweifeln an der Moglichkeit sich mit ,den deutschen Lebensverhalt- nissen’ auf theoretischem Wege vertraut machen zu konnen einmal abgesehen, ist es meiner Ansicht nach mehr als fraglich, ob die zu absolvierenden „380 Stunden Deutschkurs sowie 20 Stunden Landeskunde“[69] wesentliches zum Abbau der integrativen Defizite der Vergan- genheit beizutragen in der Lage sind. Bestatigung erfahren diese Bedenken jedenfalls ange- sichts der Tatsache,dass nicht nur die Aufenthaltsdauer der Imame auf vier Jahre beschrankt geblieben ist, sondern auch die exklusiven Entscheidungskompetenzen der DIYANET - wenn uberhaupt - so nur marginal restringiert geworden zu sein scheinen.[70] Nach wie vor liegt es namlich allein in der Hand des turkischen Prasidiums fur Religionsangelegenheiten die „Entsendung [...], Ausbildung und Auswahl“ des kunftigen ,deutschen Moscheeperso- nals’ zu koordinieren. Bedenklich ist dies vor allen Dingen insofern, als auch die diesbezug- lich zu erfullenden Eignungskriterien[71] der ,Imame in spe’ offenkundig in Eigenregie der DIYANET definiert werden, wie denn auch die ,Tauglichkeitsprufung’ selbst von eben dieser Behorde im Alleingang durchgefuhrt wird.

3.3.1.1.2.2. Desintegrator turkischsprachige Islamunterweisung?

Ob eine sprachunterrichtlich fundierte, nachhaltige Pflege der turkischen Muttersprache per se bereits als integrationshemmender Faktor zu gelten hat, ist disputabel. Zum Problem wird die Forderung der turkischen Sprachkenntnisse aber dort, wo sie einseitig und zu Lasten von Erwerb und Ausbau der entsprechenden Kenntnisse der deutschen Sprache geht. In diesem Zusammenhang ist eine weitere ,Dienstleistung’ der DITIB, bzw. - wie sich bei naherem Hinsehen zeigt - eigentlich der DIB, zu besehen. Im Zuge der von ihr vorgesehenen „religiose[n] Betreuung der Auslandsturken"[72] entsendet die turkische DIYANET neben dem Apparat an Imamen, noch eine weitere Klasse des staatlich beamteten Personals, namlich Lehrkorper zur religiosen Unterweisung turkisch- muslimischer Schuler im Ausland.

Dass ein flachendeckender, bekenntnisorientierter[73] islamischer Religionsunterricht im Sinne des Art. 7 Abs. 6 des Grundgesetzes derzeit in Deutschland noch ein unerfulltes Desiderat darstellt, ist allgemein bekannt. Aus staatlicher Sicht scheiterte die bundesweite Einfuhrung eines solchen bislang vor allen Dingen am Fehlen eines einheitlichen und von moglichst allen Muslimen des Landes autorisierten Ansprechpartners, so die klassische Argumentationsfigur.[74] Rein rechtlich gesprochen zielt diese Forderung nach einem dis- kursiven Gegenuber auf folgenden Sachverhalt ab: Conditio sine qua non fur die Einrich- tung eines Religionsunterrichts ist der Erwerb des Status einer Religionsgemeinschaft (- nicht, wie irrtumlicherweise oft angenommen, der einer ,Korperschaft des offentlichen Rechts’.) Da ja in Deutschland fur die Rechtsetzung im religiosen Bereich die Lander (und nicht der Bund) zustandig sind, liegt auch die Entscheidungskompetenz in Fragen der Anerkennung islamischer Vereine als Religionsgemeinschaften (und/oder offentlich- rechtliche Korperschaften) bei ihnen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass auf Landerebene seit einigen Jahren verschiedene und teilweise durchaus zukunftstrach- tige Modellprojekte[75] im Gange sind, welche versprechen, die bestehenden Mangel kunf- tig auch in bundesweiter Dimension zu beheben. Die oben erwahnten jungsten Anzeichen fur eine gemeinsame Willensbildung der ehemals konkurrienden muslimischen Organe weisen in dieselbe Richtung. Da eine der Thematik angemessene Verhandlung dieser diversen Initiativen und ihrer je spezifischen Begleitproblematik aber genugend Stoff fur eine eigene Untersuchung darstellten, kann im Rahmen dieser Arbeit darauf nicht naher eingegangen werden.[76] Es ist allerdings mit Spannung zu erwarten, wie sich der Staat in dieser Frage positionieren wird, nun da das Fundament seiner bisherigen Abwehrhaltung bruchig geworden ist und sich die Einheitsbestrebungen der muslimischen Seite in Form des verbandsubergreifenden Koordinierungsrates konkretisieren.[77]

Die ebenso wie die Imame von der DIB in der Turkei ausgebildeten und vom turkischen Staat finanzierten, delegierten Lehrkrafte unterrichteten in der Vergangenheit wahrend ihres ebenso zeitlich begrenzten Deutschlandaufenthalts ausnahmslos in turkischer Spra- che. Wichtig hierbei ist, die ursprungliche Entscheidung fur das Turkische als Unter- richtssprache nicht als ,Einknicken’ deutscher Behorden etwa vor allzu offensiv vorgetra- genen Forderungen der DITIB, oder DIYANET misszuverstehen. Die Lander liefien sich dieses Konzept nicht gleichsam ,gegen ihren Willen’ aufzwangen, sondern befurworteten und forderten es mitunter sogar. Verstandlich wird diese Haltung der (etwa bayerischen) Kultusbehorden, wenn man sie in den damaligen situativen Kontext einbettet.

Gegen Ende der 70er Jahre, als die arbeitsmigrationsbedingt wachsende Zahl auch schulpflichtiger, primar turkischer Muslime die Debatte um deren religiose Versorgung im Rahmen des deutschen Schulwesens lancierte, wurde diese Thematik noch nahezu ausnahmslos unter dem Paradigma des ,Gastarbeitertums’ verhandelt. Entsprechend kurzsichtig und unzulanglich waren denn auch die staatlicherseits gewahlten Strategien, wie mit diesen ,Gasten auf Zeit’ zu verfahren sei. integration’ jedenfalls stand in den 70er und auch noch 80er Jahren auf kaum einer Agenda politischer Entscheidungstrager. Im Gegenteil liefi sich damals das Phanomen beobachten, dass ,der Staat’ geradezu des- integrative Mafinahmen ergriff, war ihm doch daran gelegen, die ,Ruckkehrbereitschaft‘ der turkischen, italienischen, jugoslawischen und sonstigen ,Gaste’ so vital, wie moglich zu erhalten.[78] Mit der Forderung von „ ’muttersprachliche[m] ’ Unterricht“ im allgemei- nen und seiner Verknupfung „mit religioser Unterweisung“ im besonderen, glaubte man nicht nur in eine solide Heimatbindung der vermeintlich temporar Zugewanderten zu in- vestieren.[79] Zusatzlich erhoffte man sich, auf diese Weise einen Vehikel fur die kunftige Ruckwanderung im ,kollektiven Willen dieser Auslander’ zu implementieren.

Wahrend eine solche Praxis aus damaliger Perspektive vielleicht noch nachvollziehbar war, lasst sich ihre Beibehaltung bis in unsere Tage hinein m. E. kaum plausibilisieren. Jedoch, soviel sei zur Verteidigung der so verfahrenden Bundeslander gesagt, scheint man mit wachsender Virulenz der Integrationsproblematik, bzw. ihrer zunehmenden Be- deutung im offentlichen Bewusstsein ,dazugelernt’ zu haben. Fur den Freistaat Bayern belegen dies die Ausfuhrungen des Ministerialrates des Bayerischen Staatsministeriums fur Unterricht und Kultus, Dr. Ulrich Seiser. Neben der Entwicklung alternativer Versor- gungsprogramme[80] far die rund 70.000 muslimischen Schuler in Bayern“[81], hat die Bayerische Landesregierung offenkundig auch ihren Interventionsspielraum in Sachen Religioser Unterweisung turkischer Schuler muslimischen Glaubens in turkischer Sprache“ um den Faktor multipler KontrollmaBnahmen erweitert.

Seiser zufolge[82] biete der Freistaat „seit fast zwanzig Jahren an den Jahrgangsstufen 1 bis 5 der Grund- und Hauptschulen in staatlicher Verantwortung das Fach ,Religiose Unterweisung turkischer Schuler muslimi­schen Glaubens' in turkischer Sprache an“ wobei dieses „Angebot [...] von einem knap- pen Drittel der Kinder turkischer Herkunft angenommen“ werde, wahrend „die restlichen muslimischen Schulerinnen und Schuler [...] den Ethikunterricht‘ besuchten.

„Die Unterrichtsinhalte“ gingen zwar „auf die turkischen Richtlinien fur den Religions- und Ethikunterricht zuruck“, seien aber „vollstandig uberarbeitet und durch Lerninhalte aus der Lebenssituation und der religiosen Umwelt turkischer Schuler in Westeuropa er- ganzt‘ worden. Um einem ,turkischen laissez-faire’ entgegenzuwirken, werden auBerdem „sprachkundige bayerische Fachbetreuer eingesetzt“, welche ihrerseits mit umfangrei- chen Interventionsbefugnissen ausgestattet seien. Die Realisierung der Forderung, „[d]ie knapp 150 turkischen Lehrkrafte“ mussten „der bayerischen Schulaufsicht‘ unterstellt werden, werde zudem dadurch gewahrleistet, dass ihre Ausbildung und Auswahl zwar nach wie vor in Ankara, dort aber „unter Beteiligung bayerischer Beamter“ erfolge. Auch wahrend ihres vierjahrigen Lehrauftrags in Bayern werde fur „sprachlich[e] und fachli- ch[e]“ FortbildungsmaBnahmen Sorge getragen.

3.3.1.1.2.3. Personelle Abhangigkeiten

,Imam-Import’ auf der einen, ,Lehrer-Import’ auf der anderen Seite, und in beiden Fallen Turkisch als bevorzugte und bis in die Gegenwart hinein auch vielfach noch ubliche Ver- kehrssprache. Diese Indizien allein reichten bereits aus, um DITIB nicht nur als eine von der Basis Turkei aus transnational operierende Institution zu entlarven, sondern zugleich auch den frequentiv geauBerten Kritikpunkt einer uber das gebotene MaB hinausgehenden ,geistigen’ und organisatorischen Abhangigkeit DITIBs von der turkischen Regierung, zu untermauern. Bekraftigung erfahrt dieses Urteil zudem durch die diversen und im Einzel- nen undurchsichtigen personellen Verzahnungen, wie sie sich etwa in der satzungsmafiig verbrieften Doppelrolle des Prasidenten der DIB niederschlagen. Dieser sei namlich laut „Satzung der DITIB vom 5. Juli 1984 [...]von Amts wegen [zugleich auch] Ehrenvorsitzender und Beiratsvorsitzender der DITIB“ und habe „das Recht, an Mitgliederversam-mlungen und Vorstandssitzungen teilzunehmen“, wovon etwa der fruhere ,Amtsinhaber, Mehmet Nuri Yil- maz, [...] wiederholt Gebrauch gemacht‘ habe.[83] Da der „Botschaftsratfur religiose Angele- genheiten der Republik Turkei traditionell zum Vorsitzenden der DITIB gewahlt wird‘[84] und auch weitere „Angehorige der diplomatischen Vertretungen der Turkei‘ zu den „Beiratsmit- gliedern“ von DITIB zahlen,[85] liegt die Vermutung nahe, dass dieser Dachverband in seine „vorrangig religiose Arbeit [...] auch tuerkisch-nationale Elemente einfliessen laesst“[86] und somit die Durchsetzung der ,Jnteressen und die Politik des semi-sakularen turkischen Staates“ aktiv vertritt.[87]

3.3.1.1.2.4. Das mehrstimmige Echo der Turkeizentrierung

3.3.1.1.2.4.1. Desintegrativ aus Sicht des Staates = Attraktiv fur den Muslim?

Angesichts dieser nicht ungewichtigen Kritik mag die ungebrochene Attraktivitat, welche DITIB offensichtlich sowohl auf die Mehrheit der in Deutschland lebenden turkischen Muslime, als auch auf den um einen reprasentativen muslimischen Ansprechpartner ,rin- genden’ deutschen Staat nach wie vor ausstrahlt, verwundern. Was die anhaltende Be- liebtheit dieser Organisation bei der turkisch-muslimischen ,Basis’ anbelangt, muss man sich vergegenwartigen, wessen Sicht die oben angefuhrten ,Mangel’ widerspiegeln. Wa- ren es doch Vertreter von Wissenschaft und Politik, sowie Reprasentanten anderer (kon- kret: konkurrierender) Verbande, deren Mitgliederstamm nicht ,reinturkischer’ Herkunft ist, welche ihre Beanstandungen artikulierten. Tatsachlich ist es namlich so, dass nicht wenige der genannten Kritikpunkte aus Perspektive ,des in Deutschland lebenden turki­schen Muslim’, gerade zu jenen ,Pluspunkten’ zahlen, deretwegen er DITIB zum Verein seiner Wahl machte. Einen solchen kontrovers bewerteten Fall erlebte Bayern, als es intendierte die turkische Unterrichtssprache gegen das Deutsche einzutauschen: Die staatlicherseits zunehmend als integrationshinderlich desavouierte turkische Sprachfuh- rung islamischer Unterweisung wurde von der diesbezuglich relevanten muslimischen Elternschaft, unter Boykottandrohung gegenuber dem deutschsprachigen Pendant, ener- gisch eingefordert.[88] Es liegt nahe von hier aus auf eine ahnliche Favorisierung genuin turkischen Personals auch im Hinblick auf die Imame zu schliefien. Das Bestehen auf einen turkischen Imam muss indessen nicht notwendig auch nur das geringste mit etwa- igen uberzogenen Patriotismen, gar Nationalismen oder Segmentationsbestrebungen zu tun haben. Den Gottesdienst bevorzugt in seiner Muttersprache abzuhalten, Suren und Gebete lieber in der ,Originalversion’ zu horen und zu sprechen, ihre Auslegung und darauf fufiende Predigt in einer ,Zunge’ zu vernehmen, in der man auch emotional heimisch ist, ist m. E. eine ganz naturliche Praferenz und sollte weder unter Fundamenta- lismusverdacht gestellt, noch als Indiz mangelnden Integrationswillens missverstanden werden.

Die seitens einiger staatlicher Entscheidungstrager wiederholt geforderte „Deutschpflicht in Moscheen“ lasst sich aus sicherheitspolitischer Perspektive zwar nachvollziehen. Sie ist m. E. aber nicht nur impraktikabel und in ihrer ausschliefilich problemzentrierten Sichtweise einseitig, reduktionistisch, intolerant und unsensibel. Mit Blick auf das Grundrecht der Reli- gionsfreiheit, ebenso wie hinsichtlich der staatlichen Neutralitatspflicht in Weltanschau- ungsfragen und dem daraus resultierenden Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemein- schaften, widerspricht diese Forderung jenen Werten, die zu schutzen sie eigentlich artiku- liert wurde. Wer sich als Rechtsstaat versteht und als Verfassungsstaat ruhmt, muss andere Wege finden die zweifelsohne notwendige und bedrohte Sicherheit zu garantieren als je- nen, seine Burger in solch illegitimer Weise in ihren fundamentalen Freiheiten zu beschnei- den.[89]

Summa summarum scheint DITIB ihre grofie Anziehungskraft auf weite Teile der tur- kisch-muslimischen Community in Deutschland also nicht trotz ihrer multidimensional manifesten Turkeizentrierung aufrechterhalten zu konnen, sondern ihre Attraktivitat scheint sich gerade aus dieser Schwerpunktsetzung zu speisen. Ganz offensichtlich bedient dieser Dachverband mit seiner durch und durch turkophilen Vereinsphilosophie und -politik zentrale Bedurfnisse der hiesigen turkischstammigen Bevolkerung. War er einst angetreten, die Auslandsturken starker an das Mutterland ruckzubinden, und stellte seither „die Pflege der nationalen Identitat unter den turkischen Einwanderern, eins der erklarten Ziele“[90] dar, so mag diese „Verquickung mit denpolitischen Interessen des turkischen Staates“ „nach europaischem Verstandnis“ zwar kritikabel sein[91]. Aus der Sicht derjenigen, an welche dieses Konzept adressiert ist, wird es „vielfach als normal wenn nicht gar legitim empfunden“.[92]

3.3.1.1.2.4.2. Warum DITIB? Die Ambivalenz des ,Turko-Islams’

Konnte die Turkeiausrichtung der DITIB den anhaltende Zustrom muslimischer Turken annaherungsweise plausibilisieren, so hat dies zur Beantwortung der anderen Frage, nam- lich jener nach dem ,Warum?’ staatlicher Praferierung ausgerechnet dieses Dachverbands kaum einen Beitrag leisten konnen. Eher stellt sich diese Frage unter Berucksichtigung des just dargelegten Erklarungsansatzes, nun noch in grofterer Dringlichkeit. Wie kann ein Staat, der sich die Bekampfung von Parallelgesellschaften, Segmentierungstendenzen und Ghettobildung ebenso auf die Fahnen geschrieben hat, wie er andererseits - und das zu recht - in der Beherrschung der deutschen Sprache die unverzichtbare Schlusselkompetenz fur alle darauf aufzubauende Integration sieht, gerade einen so deutlich ,turkisierenden’ Verein zum privilegierten Ansprech- und Kooperationspartner erheben?

Paradoxer Weise bringt dieselbe Betonung des „TURK“ im Vereinsnamen und Konzept der DIYANET i§LERI TURK ISLAM BiRLiGi, die zu den geschilderten Reklamationen Anlass gab, der so benannten Organisation zugleich auch ihren Vertrauensvorschuss vor allen anderen Verbanden ein. Und das in zweifacher Hinsicht: Honoriert wird der - wenn man so will - ,turkische Islam’ einerseits fur das, was er ist (bzw. wie zu sein er geglaubt wird): Nicht zuletzt aufgrund der in der Turkei fest etablierten Laizitat gilt die in ihr prak- tizierte und aus ihr exportierte ,Variante des Islam’ als transparent, tolerant, gemaftigt, fur Fundamentalismen kaum anfallig und deshalb mit der deutschen Rechts- und Werteordnung kompatibel. Andererseits und komplementar hierzu erfahrt diese angenommene turkische Spielart des Islam Aufwertung durch das, was sie offenkundig nicht ist, namlich ,arabisch’, samt aller, dieser Denomination zu Lasten gelegten, negativen Konnotationen.

Dem ,turkischen Islam’ wird also per definitionem - in Relation zu ,Islamvarianten’ an- derer Provenienz - eine hohere Kompatibilitat mit ,westlichen Standards’ und damit ein geringeres Gefahrdungspotenzial unterstellt. In der daraus abgeleiteten vergleichsweise geringen ,Integrationsresistenz’ dieses europaphilen ,Turko-Islams’ wurzelt denn auch[93] der Vertrauensvorschuss, welcher seinen Reprasentanten staatlicherseits entgegenge- bracht wird. Dass der mitgliederstarkste unter den Verbanden, also DITIB, zum bevor- zugten Ansprechpartner der deutschen Seite gekurt wurde, erklart sich somit zumindest partiell aus dem Glauben hier ein integrationswilliges Gegenuber gefunden zu haben, mit dem ein Mindestmafi an Konsens bereits besteht und nicht erst erstritten werden muss.[94] Die Hoffnung von dieser gemeinsamen Basis aus zu einem ,echten’ partnerschaftlichen Miteinander zu gelangen, durfte fur die Kur DITIBs ebenso entscheidend gewesen sein, wie die Intention, die dort vereinsintern vermuteten gemafiigten Krafte zu starken und zu fordern. Schliefilich erfahrt eine Organisation, welche zum offiziellen Partner des Staates avancieren darf, enormen Machtzuwachs, weshalb letzterer darauf bedacht sein wird grundlich zu prufen, wem er da kunftig ,Subventionen’ zukommen lassen will. Im Falle DITIBs wusste man ,seine Investitionen offenbar gut angelegt’.

3.3.1.1.2.4.3. Warum DITIB? Bilaterale Offnung und Offensive Selbstvermarktung

Dass der Dachverband auch einen Eigenbeitrag zu seiner ,Erwahlung’ abgeleistet hat - und hierin ist die zweite Antwort auf die Frage: ,Warum DITIB?’ zu sehen - liegt auf der Hand. Welcherlei Strategien und Initiativen wurden und werden aber zu diesem Zwecke ergriffen? Dieser Frage widmet sich schliefilich und letztlich der nun folgende Abschnitt. Um die Charakterisierung der Turkisch-Islamischen Union der Anstalt fur Religion e. V. zu komplettieren bedarf es, uber das hierzu bereits gesagte hinaus namlich noch der scharferen Konturierung ihrer Selbstdarstellung und - wie zu zeigen sein wird - offensiv vorangetriebenen Selbstempfehlung im offentlichen Diskursgeschehen. Dass DITIB-in- tern in der jungeren Vergangenheit ein ,vereinsphilosophischer’ Kurswechsel von Statten ging, wurde bereits notiert. Die bislang gesammelten konkreten Indizien fur ein solches Umdenken liefien sich unter dem Stichwort einer ,bilateralen Offnung’ zusammenfassen.

Einerseits scheint der Dachverband allmahlich ,in Deutschland angekommen zu sein’, sich also gegenuber der deutschen Gesellschaft, dem deutschen Staat, sowie der von beiden vertretenen Werteordnung zu offnen. Andererseits lieB sich in jungster Ver- gangenheit eine stetig zunehmende Kooperationsbereitschaft DITIBs mit anderen in Deutschland etablierten Verbanden konstatieren, welche heute bereits im Begriff ist konkrete Formen anzunehmen.

[...]


[1] http://www.bundesregierung.de/nn 1514/Content/DE/Bulletin/2006/09/93-1-bmi-islamkonferenz-bt.html (Stand: 01.05.07; i. F. = RE)

[2] Ebd.

[3] Wo nicht anders vermerkt beziehe ich mich auf die Seite: http://www.bmi.bund.de/cln 012/nn 1018358 /Internet/Content/Nachrichten/Pressemitteilungen/2006/Einzelseiten/Islamkonferenz Kurzinfo.html (Stand: 01.05.07) i. F. = bmi.bund.de

[4] RE; Der Vollstandigkeit halber sei vermerkt, dass SchAuble sehr wohl um den Differenzierungsbedarf seiner Aussage weiB, wie er bei anderer Gelegenheit zu erkennen gibt mit dem Hinweis „dass die statis- tische Erfassung eine Definition voraussetzt, die schwierig ist"; Ebd. gesteht er denn auch ein: „Vermut- lich zahlen wir in der Statistik auch Christen aus der Turkei als Muslime mit." („Was heifit Integration?", Rede des Bundesministers Dr. Wolfgang Schauble bei der 24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft fur Politikwissenschaft am 25.11.2006 in Berlin; abrufbar unter: http://www.bmi.bund.de/cln 028/nn 66 2956/sid 47DD25533222F30453468A98B41D2200/Internet/Content/Nachrichten/Reden/2006/11/BM Jahrestagung deuGesll Piltikwiss neu.html; Stand: 01.05.07)

[5] Nachvollziehen lasst sich das zugrunde liegende Erhebungsverfahren in seiner ganzen Problematik etwa anhand der Antwort der Bundesregierung auf die Grofie Anfrage der Abgeordneten Dr. Jurgen Ruttgers, Erwin Marschewski (Recklinghausen), Wolfgang Zeitlmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU,Islam in Deutschland‘ vom 08.11.2000, Drucksache 14/2301, S. 4-7; abrufbar unter: http://dip.bundestag.de/btd/14/045/1404530.pdf (Stand: 01.05.07; i.F. = Drucksache 14/2301)

[6] Unter Berufung auf eine vom BMI finanzierte Studie des ,Zentral-Instituts Islam-Archiv Deutschland’, titelte der SPIEGEL am 13.01.07: „Ubertritt zum Islam: Zahl der Konvertiten hat sich vervierfacht‘; Im Zeitraum „zwischen Juli 2004 und Juni 2005“ waren der Studie zufolge „in der Bundesrepublik rund 4000 Menschen konvertiert - und damit viermal so viel wie im Vorjahreszeitraum“ (http://www.spiegel.de /politik/deutschland/0,1518.459544.00.html Stand: 01.05.07); (Wie vertrauenswurdig u. objektiv Zahlen- angaben gerade aus dieser Quelle sind, ist allerdings fraglich, da die Beeinflussung des ZIIAD durch den Islamrat unubersehbar ist: Muhammad Salim Abdullah, langjahriger Leiter u. heute noch einflussreicher ,Senior-Direktor des ZIIAD war ehedem Vorsitzender des Islamrats; Vgl. hierzu den m.E. ,entlarvenden’ ZEIT-Art. (19.04.07) v. Martin SPIEWAK: ,Meinungsstark, aber ahnungslos’ (http://images.zeit.de/text/ 2007/17/B-Islam Stand: 10.10.07), sowie die Replik des dort angegriffenen Instituts: http://www.islam archiv.de/akver/in online.html (Stand: 10.10.07); Das BMI hat i. u. reagiert: Finanzielle Subventionie- rung u.. „Zusammenarbeit [...Jwerde nichtfortgefuhrt‘, weiB SPIEWAK aus interner Quelle.

[7] REMID ermittelt fur das Jahr 2006: „Muslime mit Deutschen Pass: 1.000.000. Deutschstammige Musli­me: ca. 15.000“ (http://www.remid.de/remid info zahlen.htm Stand: 10.10.07); Vgl. Antwort der Bun­desregierung auf die Grofie Anfrage der Abgeordneten JosefPhilip Winkler, Volker Beck (Koln), Renate Kunast, Monika Lazar und der Fraktion BUNDNIS 90/DIE GRUNEN zum ,Stand der rechtlichen Gleich- stellung des Islam in Deutschland’ (18.04.2007), Drucksache 16/5033, S. 6: „...die Zahl der in Deutsch­land lebenden Muslime [kann] derzeit auf 3,1 bis 3,4 Mio. Menschen geschatzt werden, darunter etwa 1,0­1,1 Mio. mit deutscher Staatsangehorigkeit.“ (http://dip.bundestag.de/btd/16/050/1605033.pdf 10.10.07)

[8] GdP-Chef, K. Freiberg, erklarte am 13.02.07 ggub. Spiegel, dass es gerade unter Konvertiten solche gebe, „die sich besonders beweisen wollen“, von welchen „eine grofiere Gefahr“ ausgehe, „ein Potential [...] wovor wir Angst haben mussen“. (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,466203,00.html)

[9] Von Welt.de (04.02.07) nach der Anfalligkeit hiesiger Muslime fur „die fundamentalistische Verfuhrung“ befragt, antwortete SCHAUBLE, dass „die wachsende Zahl von Menschen, die bei uns [...] zum Islam kon- vertieren, durchaus etwas Bedrohliches“ habe, ,,nicht, dass jeder Konvertit ein potenzieller Terrorist‘ wa­re, aber „das Phanomen des home-grown- Terrorismus“ befande sich gegenwartig in Deutschland im Wachstum und durfe nicht ubersehen werden (http://www.welt.de/politik/article716643/Schaeuble Viell eicht hatten wir bisher einfach Glueck.html Stand: 01.05.07)

[10] Vgl. SCHAUBLE, „Europa in der Globalisierung: Politik nach innen und aufien“, vorgetragen am Europa Institut an der Universitat Zurich am 19.12.06; (http://www.bmi.bund.de/nn_662956/Internet/Content/Na chrichten/Reden/2006/12/Europa_ in_ der__ Globalisierung.html Stand: 01.05.07)

[11] Wahrend Kritik auch vom Islamrat u. TGD geubt wurde, soll Ayyub A. KOHLER, Vorsitzender des ZMD, zu Wort kommen: ,Kurzlich sprach Schauble wieder in der Sprache derer, die das Mifitrauen saen. Und das ohne konkreten Anlafi. Ich bin entsetzt!“ (Interview mit Welt.de vom 20.02.07; http://www.welt.de/po litik/article725812/Deutsche Muslime wollen keinen Gottesstaat errichten.html?r=RSS 01.05.07)

[12] Von den insgesamt etwa 3,2 - 3,5Mio Muslimen in Deutschland waren etwa ,,1,8 Millionen Turkeri‘ und ca. „800.000 Eingeburgerte (zumeist vormals aus der Turkei)“ (bmi.bund.de); Vgl. u. S. 132f. 139f.

[13] „In Deutschland leben somit zu fast 95 Prozent Muslime aus nichtarabischen Landern.“ (Ebd.)

[14] Zu einer anderen prozentualen Verteilung gelangt freilich, wer, wie etwa das ZIIAD (,Fruhjahrsumfrage 2005’: http://www.islamarchiv.de/index2.html Stand: 01.05.07), die Gemeinschaft der Aleviten unter die schiitische Glaubensrichtung subsumiert. Dann stundenen den 80 % Sunniten (= 2.579.200) folglich 20 % Schiiten (= 644.800) ggub., welche s. ihrerseits aus ca. 420.000 Aleviten, 222.900 Iranischen Imamiten u. Turkischen Schiiten zusammensetzen. In der hier manifesten Differenz spiegelt sich das Klassifizierungs- problem der alevit. Community wieder: Wahrend das Gros der nicht-alevit. Muslime ihnen Teilhabe an der Umma absprechen, versteht ein Teil der so Ausgegrenzten s. selbst durchaus als ,vollwertigen’ Mus­lim. Inneralevit. Konsens besteht allerdings nicht, wie die ggstzln. Positionen A. E. TOPRAKs (General- sekretar AABF) u. C. Ozers (Vorsitzender AABF Bielefeld und Umgebung e.V; Vgl.: http://www.isop! an.de/aid/index.htm?http://www.isoplan.de/aid/2005-3/notizen.htm Stand: 01.05.07) zeigen (Vgl. u. S.17, Anm. 49u. S.100, Anm.: 453f); Vgl. zur Identitatsfrage der Aleviten vgl.: KEHL-BODROGI, Aleviten (nicht nur) in Berlin, S.42-44 (s. Litvz.);Vgl. ferner:SPULER-STEGEMANN, Ist die Alevitische Gemeinde Deutsch­land e.V. eine Religionsgemeinschaft?, online unter: http://www.alevi-du.com/documents/spuler stegema nn.doc Stand: 01.05.07); Ahnlich umstritten ist i. d. H. auch der Status der Ahmadiyya-Gemeinschaft, die obschon zahlenmabig BRD-intern nicht unbedeutend (eig. A. zf. aktuell bundesweit ca. 30.000 Mit- glieder; Vgl.: http://ahmadivva.de/home/index.php?option—com content&task—view&id—173&Itemid— 116&I imit— 1&limitstart—1 Stand: 10.10.07) weder in der BMI-Darstellung Erwahnung findet, noch an der DIK teilnahm; (Vgl. Tabelle im Anhang [I.])

[15] Bes. gravierend ist die dsbzgl. Diskrepanz zw. Selbstbeschreibung und ,offiziellen Angaben’ im Falle der AABF. Den vom BMI gezahlten 500.000 Anhangern (— 17% der Muslime gesamt) (bmi.bund.de) stehen laut inner-alevit. Schatzung „ca. 700.000 - 900.000 Aleviten (ca. 25% - 30%)" (C. Ozer im o. Anm.: 14 genannten Leserbrief) ggub. Die ,Wirklichkeit’ wird wohl etwa im Mittelwert der beiden Angaben zu fin- den sein, da ja auch das BMI aus geschilderten Grunden auf Schatzungen angewiesen ist.

[16] bmi.bund.de

[17] Ein Grund dafur, dass sich sowohl die Zahl, als auch die Konfessionszugehorigkeit der in Deutschland le- benden Muslime exakter Erfassung entzieht, liegt darin, dass „bei den deutschen Meldebehorden Muslime unter dem Sachverhalt Religionszugehorigkeit als ,verschiedene’ gezahlt‘ werden, wahrend die Summe „muslimische[r] Auslander“ deshalb nicht beziffert werden konne, „da im Auslanderzentralregister die Religionszugehorigkeit nicht gespeichert“ wurde. (Drucksache 14/2301, S. 4)

[18] bmi.bund.de (H. v. m.)

[19] Pointiert formuliert hierzu Y. ULUSOY, Leiter der Abteilung Modellprojekte des ZfT (Essen), dass die hiesigen Muslime sich eine „islamimmanente Organisationsstruktur“ deshalb nicht zum Vorbild nehmen konnten, da „es im sunnitischen Islam“ „eine solche vorgeschriebene "islamische" Organisationsform [...] nicht‘ gebe; ,Jnsofern“ hatten „alle muslimischen Dachverbande undMoscheevereine [als] organi- satorische Reaktionen auf die formalrechtlichen Rahmenbedingungen der Mehrheitsgesellschaft‘ zu gel- ten. (Der m. E. in Teilen nicht unfragwurdige Art. „DITIB: Eine muslimische Organisation im Blickfeld der turkischen und deutschen Offentlichkeit‘ findet sich unter: http://www.migrationboell.de/web/integra tion/47 383.asp Stand: 10.10.07; fragwurdig deshalb, da DITIB hier allzu positiv gezeichnet wird, was aber nicht sonderlich zu verwundern braucht, gilt doch das ZfT als ,DITIB-nahestehende’ Institution)

[20] Wahrend etwa die fachkundige Schatzung von Dr. D. Reetz (Privatdozent, ZMO, Berlin) sogar noch etwas niedriger ausfallt („...wohl nur 10 bis 12 Prozent der Muslime in Deutschland uberhaupt organi­siert.. .“ so Reetz im Interview mit Inforadio am 27.09.06, abrufbar unter: http://www.inforadio.de/static /dyn2sta article/823/144823 article.shtml Stand: 10.03.07), setzt SCHAUBLE selbst den formalen Organi- sationsgrad der Muslime in D. mit „15 bis 20 Prozent‘ (RE) sichtbar hoher an. Die Aufrundung verwun- dert, dient sie doch offenkundig der Legitimationssteigerung der Verbande, welche, wie zu zeigen sein wird, nicht gerade im Interesse des Initiators der DIK liegen durfte.

[21] Die Zahl der Moscheevereine innerhalb der BRD wird auf ca. 2500 bis 2600 geschatzt. Da die Vereins- groBe variabel ist, lassen sich zahlenmaBig keine genauen Angaben uber den insgesamt von Moscheever- einen erreichten Personenkreis machen. Vgl. zur ,Errechnung’ der GemeindegroBe u. S. 44, m. Anm.: 173

[22] S. o. S. 7, Anm.: 14

[23] RE; Komplementar formuliert die offizielle Verlautbarung des BIM diesen Anspruch wiefolgt: „Die DIK ist nicht als ,Elitedialog’ zwischen dem Staat und Organisationsvertretern konzipiert, sondern unter- nimmt den Versuch, die in Deutschland lebenden Muslime ihrer Vielfalt angemessen in den Verhand- lungsprozess einzubinden.“ (bmi.bund.de)

[24] Im Folgenden beziehe ich mich also wieder ausschlieblich auf: bmi.bund.de

[25] Ralph GHADBAN, Islamwissenschaftler und somit „einer der wenigen Teilnehmer der Deutschen Islam­konferenz, der keine islamische Organisation oder den deutschen Staat, sondern die Zivilgesellschaft reprasentiert‘ gehort dem Gesprachskreis „Sicherheit und Islamismus“ an. Er bewertet die staatlich ver- hangte ,Schweigepflicht’ positiv, da so „die Moglichkeit gegeben“ sei „in vertraulicher Atmospharef...] Probleme offen anzusprechen.“ (AiD Integration in Deutschland 4/2006, 22.Jg., 15.12.2006; abrufbar un- ter: http://www.isoplan.de/aid/index.htm?http://www.isoplan.de/aid/2006-4/notizen.htm Stand: 01.05.07)

[26] Update: Mittlerweile (am 02.05.07) hat besagte 2. Plenumssitzung stattgefunden. Die Ergebnisse waren ernuchternd. Nicht etwa weil manifest geworden ware, dass „der Schutz unserer freiheitlich-demokrati- schen Grundordnung fur ihn fsci.: den Koordinierungsrat der Muslime; s. u. S. yy m. Anm.:xxx] nicht selbstverstandlich“ sei, wie es die CDU/CSU-Bundestagsabgeordnete Kristina KOHLER im Anschluss an diese Veranstaltung, an der sie gar nicht partizipiert hatte, im F.A.Z.-Interview (11.05.07) proklamierte (http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E01016036B44C421C9029 3F71616657F0~ATpl~Ecommon~Scontent.html Stand: 10.10.07; Vgl. die Richtigstellung, die DIK-Mit- glied Navid Kermani im Deutschlandfunk (11.05.07) aufierte: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kultur heute/624601/ Stand: 10.10.07). Enttauschend ist vielmehr die Tatsache, dass handfeste Ergebnisse bzw. Fortschritte in nennenswertem Umfang bis dato offensichtl. nicht erzielt werden konnten. (Vgl. etwa den SPIEGEL-Art. vom 02.05.07: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518.480484.00.html 10.10.07; die entsprechende BMI-Pressemitteilung findet s. hier: http://www.bmi.bund.de/cln 012/nn 122688/sid DEF955CC5DB3F312D2D887691273F765/Internet/Content/Nachrichten/Pressemitteilungen/2007/05/E roeffhung DIK.html Stand: 10.10.07)

[27] S. u. S. 91, Anm.: 427

[28] Der Staat ist durch „ Vertreter von Bund, Landern und Gemeinden“ (RE) reprasentiert. Zur detaillierten Teilnehmerliste vgl. Anhang (II); (online als PDF zum Download unter: http://www.bmi.bund.de/cln 0 28/nn 1018378/Internet/Content/Themen/Deutsche Islam Konferenz/DatenUndFakten/Teilnehmerlis te.html Stand: 01.05.07) Diese Liste, obschon von ,offizieller Seite’ des BMI ediert, scheint einen Fehler aufzuweisen: Wahrend die dort als Vertreterin der ,Nicht-organisierten Muslime’ aufgefuhrte Havva Ya- KAR ganz offensichtlich nicht teilgenommen hat, ist andererseits evident, dass der nicht gelistete Bekir Alboga sehr wohl partizipierte, und zwar nebst seinem Verbandskollegen Mehmet Yildirim als zwei- ter Vertreter der DITIB. Dies aber hat, wenn ich richtig liege, fur die Zusammensetzung der Teilnehmer zur Konsequenz, dass nunmehr 6 ,Organisierte’ 9 ,Unorganisierten Muslimen’ gegenuberstehen - und nicht, wie geplant, und von der Presse kolportiert das Verhaltnis 5:10 vorherrschte. Im Folgenden wird daher - ohne Gewahr - vom Verhaltnis 6:9 ausgegangen. (Vgl. u. S. 99, Anm. 451)

[29] RE; Ahnlich auch die Antwort des BMI auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bodo Ramelow, Sevim Dagdelen, Dr. Hakki Keskin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE hinsichtlich der Aus­wahlkriterien der DIK-Teilnehmer (= Drucksache 16/2901 vom 25.10.2006):, Bundesinnenminister Dr. Schauble hat sich nach ausfuhrlichen Vorgesprachen und nach eingehender Beratung dafur entschieden, funf Vertreter der mitgliederstarksten islamischen Dachverbande und zehn Personlichkeiten aus dem breiten Spektrum der nicht organisierten Muslime in Deutschland zur Konferenz einzuladen.“ (zum Download unter: dip.bundestag.de/btd/16/030/1603088.pdf Stand: 01.05.07)

[30] Bspw. BMJ Brigitte Zypries (SPD), Bundesintegrationsbeauftragte Maria BOHMER9 (CDU/CSU), aber auch BKM Hermann Schafer (CDU/CSU)

[31] Bspw. Gunther Beckstein (Bayerischer Staatsminister des Innern, CDU/CSU), Ute Erdsiek-Rave (Ministerin fur Bildung und Frauen des Landes Schleswig-Holstein, SPD)

[32] Bspw. Roland Schafer (President des Deutschen Stadte- und Gemeindebundes, SPD), Stephan Articus (Leiter des Deutschen Stadtetags, CDU)

[33] So Michael BURSCH (SPD) in Erwiderung der Regierungserklarung zur DIK von Wolfgang SCHAUBLE (Plenarprotokoll 16/54 der Debatte des Deutschen Bundestags vom 28.09.2006 [zit.: 5153 C]; Download unter: http://dip.bundestag.de/btp/16/16054.pdf Stand: 01.05.07; i.F.: Plenarprotokoll 16/54)

[34] Vgl. o. S. 9, Anm.: 23

[35] Vgl. hierzu die Position der FDP-Abgeordneten Sibylle LAURISCHK: „Die Thematik ist zu wichtig, um die Debatte [...] auf tagespolitische Schlagzeilen zu verkurzen. Dieser Dialog gehort ins Parlament. [...] Fur die FDP ist es nicht hinnehmbar, dass der notwendige Dialog uber Integration und Islam ausschliefilich zwischen Regierung und Verbanden, aber ohne den Deutschen Bundestag gefuhrt wird. Integrationspoli- tik darf nicht als mediale Veranstaltung einiger Minister missbraucht werden.“ (Plenarprotokoll 16/54; zit.: 5161B)

[36] Ebd.

[37] Der Internet-Auftritt von DITIB findet sich unter: http://www.diyanet.org/ bzw. die deutsche Version unter: http ://www.diyanet.org/de/startseite/index.php; Unter der „Selbstdarstellung“, der die obigen An- gaben entnommen sind, behauptet DITIB von sich „mitgliederstarkste Migrantenorganisation“ der BRD zu sein, ohne jedoch eine Mitgliederzahl anzugeben. Eine Durchsicht der Lit. zum Thema ergibt zweier- lei: 1. Der Anspruch, deutschlandweit ,mitgliederstarkster’ Verband von Muslimen zu sein ist seitens der Islamforschung unbestritten. 2. Die Schatzungen zur Mitgliederzahl oszillieren zw. „220.000 (DITIB) und 100.000 (Islam-Archiv)“ (so stellv. f. v. a.: Martin Riexinger/Yunus ULUSOY /Levent TEZCAN im gem. online-Art.: ,DITIB er hebt den Anspruch, alle Muslime in Deutschland zu vertreten. Aber wen vertritt sie wirklich?“; http://www.migration-boell.de/web/integration/47 379.asp Stand: 10.10.07)

[38] Ebd. Aus welcher DITIB-internen Quelle die Angabe von 220.000 registrierten Mitgliedern stammte, wurde bedauerlicherweise von den Autoren nicht vermerkt.

[39] So liest man etwa auf der Webseite, dass nicht naher bestimmten „Umfragen zufolge [...] die DITIB uber 70% der in Deutschland lebenden Muslime“ vertrete (http://www.diyanet.org/de/grundung/index.php Stand: 01.05.07). Stellv. f. v. ahnliche AuBerungen sei das Statement B. ALBOGAs (Interreligiosen Dia- logbeauftragter, DITIB) zitiert, das er im gem. Interview mit M.Yildirim (Generalsekretar, DITIB), der F.A.Z. (08.02.2005) ggub. artikulierte: „ Wir sind der grofite Verband, wir reprasentieren 72 Prozent der Muslime, und wir sind bereit, alle Muslime zu vertreten.“(abrufbar unter: http://www.faz.net/s/RubF3CE0 8B362D244869BE7984590CB6 AC1/Doc~E109C5C4044B74492AA35DA5BFCAC4217~ATpl~Ecom mon~Scontent.html Stand: 01.05.07)

[40] Dass dieser Anspruch anmaBend ist ergibt sich schon allein aus der Tatsache, dass sich der vereinsmit- gliedschaftlich organisierte u. registrierte Anteil der muslimischen Gesamtpopulation Deutschlands auf dem beschrieben niedrigen Niveau bewegt (s. o., S. 7f.). Auch ist angesichts der ethnischen und konfes- sionellen Diversitat der hiesigen Muslime nicht damit zu rechnen, dass ein Verband, der namentlich be- reits seine turkische, und damit turkisch-sunnitische Pragung verrat (Vgl. u. S. 25f.), allg. Akzeptanz fin- det. Unbestrittene Tatsache ist ja, dass es alternative Verbande gibt, die offensichtlich von deren Mitglie- dern priorisiert werden. Implizit eingestanden wird dieser Umstand schlieBlich von ALBOGA selbst, wenn er sagt: „Nach Statistiken des Essener Zentrums fur Turkeistudien vertritt die DITIB mehr als 70 % der organisierten turkischen Muslime und damit mindestens mehr [sic!]als die Halfte der organisierten Mus­lime in Deutschland..“ (Ders., Vortrag auf der Fachtagung der Beauftragten der Bundesregierung fur Mi­gration, Fluchtlinge und Integration zum Thema ,fslam einburgern - Auf dem Weg zur Anerkennung muslimischer Vertretungen in Deutschland‘ am 25.04.2005 im Berliner Presse- und Informationsamt; die zugehorige Dokumentation findet sich unter: http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Publikation/IB/ Anlagen/islam-einbuergern,property=publicationFile.pdf Stand: 01.05.07; [i.F.: Islam einburgern]);Wah- rend die Zahl (70%) also aufrechterhalten bleibt, verandert sich die BezugsgroBe nicht unwesentlich: War auf der Webseite von „70% der in Deutschland lebenden Muslime“ (s. o. S. 14, Anm. 39) die Rede, so sind es hier mit einem Mal nur noch „mehr als 70% der organisierten“ -und nicht nur das, sondern sogar: „der organisierten turkischen Muslime“, welche DITIB zu vertreten beansprucht.

[41] Geradezu als „Kampfschrift gegen die Legitimitat DITIBscher Fuhrungsanspruche“ konnte man die Kri- tik der DMLBonn e.V. an den AuBerungen Yildirims und Albogas im o. (s. o. S. 14, Anm. 39) zit. F.A.Z.-Interview bez.: http://muslimliga.de/dmlb stellungnahmen/ditib2005.html Stand: 01.05.07)

[42] ZMD, IR, VIKZ

[43] u.a. Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg e.V. (SCHURA Hamburg); Landesverband der Muslime in Niedersachsen e.V. (SCHURA Niedersachsen); Islamische Religionsgemeinschaft Hessen e.V. (IRH); Islamische Glaubensgemeinschaft Baden - Wurttemberg e.V. (IGBW)

[44] Greifbare Formen begannen die o. notierten Spaltungstendenzen bereits im Februar 2004 anzunehmen, als ZMD, IR und IRH zum Zwecke der Herausarbeitung einer gemeinsamen Position zu den virulenten Themen „Kopftuch, Schachten und islamischer Religionsunterricht‘ eine fur fur alle Organisationen“ offene „Fachtagung“ austrugen (so Nadeem ELYAS, ehem. Vorsitzender des ZMD, in seinem Vortrag auf der besagten Fachtagung am 25.04.2005 im Berliner Presse- und Informationsamt; Islam einburgern zit.: S. 15; Vgl. PM: http://www.atib.org/deutsch/html/body Neu St.html Stand: 01.05.07); Wurde auch der Entschluss zur Interessenbundelung und kunftiger Kooperation von den in Anmn.: 42f. genannten Verbanden „stellvertretend‘ (Islam einburgern, S.17) fur „die mitwirkenden 70%“ der „organisierten Muslime“ (a.a.O., S. 18) besiegelt, so ist er doch von einer entscheidenden Instanz nicht mitgetragen worden, wie ELYAS bedauert: „Es gelang uns trotz intensiver Bemuhung bis zum letzten Tag vor der Tagung nicht, DITIB zur Teilnahme zu bewegen.“ (a.a.O., S.17); Vgl. Mazyek (Generalsekretar, ZMD): „DITIB blieb dieser Veranstaltung trotz des starken Werbens des Zentralrates im Vorfeld fern, aber auf lange Sicht durfte[sie] sich [...] dem Einheitsgedanken der Muslime nicht verschliefien konnen.” (Online- Art. v. 16.06.2005: http://www.qantara.de/webcom/show article.php/ c-469/ nr-343/i.html 01.05.07)

[45] DITIB selbst begrundet die Kooperationsverweigerung freilich anderweitig: Von ihr, als einem Dachver­band, der „nur auf der Basis der fmdamentalen Verfassungsprinzipien des Bundes und der Lander han- delt‘, „[d]en Terror, von wem auch immer, verurteilt und die Tabuisierung von Gewalt gegen Frauen [...] durchbricht und sich fur die Gleichberechtigung und Gleichbehandlung der Frau einsetzt“ (ALBOGA, Is­lam einburgern, S. 106), konne man nicht erwarten, mit Organisationen zusammenzuarbeiten, die „vom Verfassungsschutz beobachtet“ wurden (zit.: M. YILDIRIM, F.A.Z. s.o. S. 14, Anm.:39); Zwar trifft dieses Urteil mindestens fur den von Milli Gorus dominierten Islamrat in der Tat zu. Allerdings attestieren kri- tische Stimmen auch DITIB eine „seit Jahren fortschreitende Unterwanderung durch islamistische und radikal nationalistische Organisationen undParteien.“ (Canan ATILGAN, Turkischepolitische Organi­sationen in der Bundesrepublik Deutschland, Materialien fur die Arbeit vor Ort Nr.9, hg. v. KAS e.V. am 10.01.2007, S. 10; http://www.kas.de/db files/dokumente/materialien fuer die arbeit vor ort/7 dokume nt dok pdf 3521 1.pdf Stand: 01.05.07); Es bestunden „auchpersonelle Querverbindungen zu islamis- tischen Organisationen wie die [sic!] IGMG“ (Ebd.)

[46] ALBOGA wurde 1963 im turkischen Doganhisar-Konya geboren und lebt seit 1980 in Deutschland. Er stu- dierte Islamwissenschaften / Arabistik, Publizistik und Kommunikationswissenschaft, Osmanistik und Altaistik in Gottingen u. Heidelberg. Neben seinem Amt als Dialogbeauftragter DITIBs wirkte er mehrere Jahre auch als Imam in Mannheim.

[47] Zur Kritik an dieser Einladungspraxis vgl. die Stellungnahme A.A. KOHLERs (Vorsitzender ZMD) ggub. der Tagesschau vom 24.07.06: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185.OID5712604 REF1 .00.html Stand: 01.05.07)

[48] Am 10. April 2007 wurde nach monatelanger Vorbereitungsphase die Grundung des KRM offentlich be- kanntgegeben und entsprechend zelebriert (Vgl.:http://islam.de/8258 print.php Stand: 01.05.07

[49] Es fallt auf, dass die alevitische Partei nicht vertreten ist. Ob dies am eigenen Widerwillen liegt, oder an einer Ausgrenzung durch die anderen vier Verbande liefi sich aus den diversen Presseverlautbarungen nicht eindeutig extrahieren. Die erhebliche Diskrepanz des alevit. vom sonst verbandsintern mehrheitlich vorherrschenden sunnitischen Islamverstandnis wird wohl eine Rolle gespielt haben. Dies bezeugt auch die einzige Stellungnahme der alevit. Seite, die ich zum Thema finden konnte: SPIEGEL-online zitiert Ali Ertan TOPRAK (Generalsekretar AABF) am 05.03.07 wiefolgt: „Wir haben eine vollig un terschiedliche Religionsauffassung.“ Auch politisch „unterscheiden wir uns von den Organisationen. Ditib ist in unse- rem Augen eine staatliche turkische Organisation, und im Islamrat ist Milli Gorus vertreten“ (abrufbar unter: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0.1518.469864.00.html Stand: 01.05.07)

[50] Von „bundesweiter"" Verbreitung spricht die DITIB-Selbstdarstellung (http://www.diyanet.org/de/grun dung/index.php); die Rubrik „unsere Gemeinden"" (http://www.diyanet.tv/derneklerinfo/gemeinde.php) der DITIB-homepage offeriert einen Suchdienst fur Mitgliedsvereine des Dachverbands, wobei der dort einsehbaren Karte die ,Ballungszentren’ DITIBscher Prasenz zu entnehmen sind); es fallt auf, dass die vorgeblich ,bundesweite’ Verbreitung realiter eine relativ flachendeckende Ausdehnung uber die alten Bundeslander meint.

[51] So Yunus ULUSOY im o. S. 8, Anm.:19 zitierten Artikel

[50] Lemmen, Thomas, Islamische Organisationen in Deutschland, Bonn 2000, S. 34; Electronic ed. unter: http://www.fes.de/fulltext/asfo/00803toc.htm Stand: 01.05.07 (i.F.: Lemmen mit Seitenzahl d. Druckaus- gabe); Vgl. hierzu Ursula SPULER-STEGEMANN, derzufolge DITIB eine „Dependance der staat- lichen Religionsbehorde in Ankara“ darstelle, „deren Prasident qua Amt auch Ehren- und Beiratsvorsit- zender von DITIB ist"; neben vielen anderen Autoren klassifiziert SPULER-STEGEMANN den Dachverband deshalb auch als „Ableger des turkischen Staates"" (Dies., Muslime in Deutschland. Organisationen und Gruppierungen, in: Der Burger im Staat (4/2001), S. 221-225, zit. S. 221; abrufbar unter: http://www.buer gerimstaat.de/4 01/Islam.pdf Stand: 01.05.07; i.F.: BiS)

[51] Lemmen, S. 34

[52] Vgl. Online-Selbstdarstellung: http://www.diyanet.org/de/zweck/index.php Stand: 10.10.07

[53] Das Gemeinschaftsgebet ist „lautprophetischer Tradition 25-mal mehr wert als eines im stillen Kammer- lein"" resumiert etwa Prof. Dr. Jamal MALIK. Vgl. zur Thematik der „Ausbildung und Rolle der Imame in der Moschee“ den gleichnamigen Essay MALIKs, der abrufbar ist unter: http ://www.anawati-stiftung.de/ seiten/100jahre-11-19.pdf Stand: 01.05.07; Zitat: S. 12 (= 2. Seite der Online-Fassung); [i.F.: Malik]

[54] Bereits die wortliche Ubersetzung des arab. Ausdrucks fur „Freitag“ deutet auf diese ,Gemeinschaftsver- pflichtung’ hin: „yaum al-jum a“ heifit namlich „Tag der Versammlung“ (Elger, Ralf (Hg.), Art. „Frei- tag“ in: Kleines Islam-Lexikon: Geschichte, Alltag, Kultur. Beck, Munchen 32001, S.100; [i.F.: Elger]

[55] Ebd., Jamal MALIK formuliert hier allerdings scharfer, wenn er in der Prasenz eines Imams die „conditio sine qua non fur ein gemeinschaftliches rituelles Gebet“ sieht. (Malik, S. 12 [= S. 2 der Online-Fassung])

[56] Elger, Ebd. (S.100)

[57] Malik, S. 12 (= S. 2 der Online-Fassung)

[58] „Sie enthalt neben verschiedenen Gebetsformeln moral[ische] Ermahnungen und Geschichten zur Erbau- ung.“ Elger, Art. „Predigt“ in: Kleines Islam-Lexikon, S.247

[59] Neben vielen anderen, halt Elger (Ebd.) zur politischen Funktion der Predigt fest, dass nicht nur in fruh- islamischer Zeit, sondern „teilweise bis heute“ durch die Praxis der „Nennung des regierenden Herrschers [...] dessen Legitimitat bestatigt wird.“ Prediger konnten sich aber auch „kritisch zu Politik und sozialen Umstanden aufiern“. Dass das der Predigt inharente ,revolutionare Potential’ auch gesellschaftsschadliche Auswirkungen nach sich ziehen kann, wird hier verschwiegen.

[60] Der innerdeutsche gesellschaftliche Diskurs verhandelt das o. beschriebene Phanomen unter dem Stich- wort des „Hasspredigers“, das in Teilen der Debatte geradezu zum Synonym des „Imams“ zu verkom- men scheint, der Klischeeisierung Tur und Tor offnet und als punktuelle Manifestation des sog. „Gene- ralverdachtes“ (eines noch beliebteren Schlagworts des derzeitigen Islamdiskurses ) gelten kann.

[61] Richtig hier die Einschatzung Maliks: „Der Imam verfugte so uber erhebliches kulturelles undsoziales Kapital.“(Malik, S. 13 (= S. 3 der Online-Fassung)

[62] So die Angabe des vom BAMF hg. Blattes „Entscheidungen Asyl“, Ausgabe: 11/06 vom 06.11.06, S. 6 (http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Asvl/Downloads/EEBriefe/2006/ea-info-11-2006.template Id=raw,property=publicationFile.pdf/ea-info- 11-2006.pdf Stand: 01.05.07); i.F.: Entscheidungen Asyl

[63] Riexinger, Martin, Online-Art. vom Nov.05: http://www.migration-boell.de/web/integration/47 384.asp Stand: 01.05.07; i. F.= Riexinger

[64] Mit ,Anfuhrungszeichen’ dem Interview von „Freitag - Die Ost-West-Wochenzeitung“ (Ausgabe 39 vom 29.09.2006) mit Islamwissenschaftler Michael Kiefer entnommen; abrufbar unter: http://www.freitag.de/ 2006/39/06390501.php Stand: 01.05.07; i.F.= Kiefer)

[65] Levent TEZCAN (Institut fur Interdisziplinare Konflikt- und Gewaltforschung / Universitat Bielefeld) im Online-Artikel „Die DITIB ist eine Institution zwischen allen Stuhlen“ vom November 2005 (abrufbar unter: http://www.migration-boell.de/web/integration/47 385.asp Stand: 01.05.07) [i.F.: TEZCAN]

[66] Vgl. hierzu MALIK, S. 1 (=11), 5 (=15), 8 (=18); Altiner, Islam einburgern, 46f.; Zuzustimmen ist KIEFER: „Erst wenn das Personal in den Moscheen auch mit der Umgebung kommunizieren kann, gibt es eine Grundlage fur einen Dialog im Umfeld der Moscheegemeinden.“

[67] Hier u. i. F.: Entscheidungen Asyl, S. 6f.; Vgl. Drucksache 16/5033, S. 8 (s. o. S. 5, Anm.: 7)

[68] Kritisch sieht auch Spuler-Stegemann den integrationspolitischen Zugewinn der genannten ,Reform’: „Die Imame lernen neuerdings Deutsch, aber nicht um die Integration zu fordern, sondern um auch die deutschsprachigen Turken betreuen zu konnen“ (BiS)

[69] Entscheidungen Asyl (S. 6f.) benennt als Kriterien u.a.: „mindestens eine dreijahrige religiose Ausbildung bei einer der DIYANET unterstellten Ausbildungsstatten“; „seit mindestens 2 Jahren bei der DIYANET beschaftigt‘; „keine Vorstrafen“; „Wehrdienst abgeleistet“; „geistig undkorperlich geeignet‘ und „aus Sicht des Aufnahmestaates kein Sicherheitsrisiko“ - Allein in der letztgenannten Anforderung ist ein Mit- spracherecht des jeweiligen Aufnahmelandes expliziert.

[70] Lemmen, S. 34

[71] Vgl. hierzu das Informationsangebot der Internetplattform des BMI: „Nach Art. 7 Abs. 3 des Grundgeset­zes ist der Religionsunterricht in den offentlichen Schulen ordentliches Lehrfach“ und als solches ,grund- satzlich Pflichtfach“. Dieser vom GG verbriefte Unterricht, musse nun aber notwendig als „Bekenntnisun- terricht‘ konzipiert sein,“d.h. er soll die Werte und Glaubenslehren der jeweiligen Religionsgemeinschaft vermitteln“ und nicht „lediglich neutral uber eine oder mehrere Religionen informieren“, wie dies etwa ein „religionskundlicher Unterricht‘ leiste, der seinerseits „kein[en] Religionsunterricht im Sinne des Grundgesetzes“ darstelle (http://www.bmi.bund.de/nn 121560/Internet/Content/Themen/Kirchen und Religionsgemeinschaften/DatenundFakten/Staat und Religionsgemeinschaften.html Stand: 01.05.07)

[72] Stellv. f. v. a. sei Dr. Ulrich Seiser (Bayerisches Staatsministerium fur Unterricht und Kultus) zitiert, der die Problematik wiefolgt zusammenfasst: Zur bundesweiten Einrichtung eines „Religionsunterricht[s] fur Muslime an offentlichen Schulen“ benotige der Staat laut Art. 7 Abs. 3 GG „einen Ansprechpartner“ in Form einer „ Religionsgemeinschaft, die sich der allseitigen Erfullung der durch das Bekenntnis gesetz- ten religiosen Aufgaben widmet und von ihren Mitgliedern legitimiert ist, verbindliche Aussagen uber Glaubensinhalte zu treffen.“ (Ders., ,fslam einburgern“, S. 56) Im April 2005 sei allerdings „[i]nnerhalb des Spektrums der muslimschen Vereine [...] ein solcher Partner von landesweiter Bedeutung [...] nicht in Sicht“ (Ebd.) gewesen. Dass sich dies derzeit zu andern scheint, wurde o. notiert (Vgl. o., S. 17).

[73] Einen eingehenden Vergleich aktueller (Stand: 01.09.2004) Modellprojekte und der ihnen zugrunde lie- genden Curricula bietet die Diss. von Harry Behr: „Curriculum Islamunterricht. Analyse von Lehrplan- entwurfen fur islamischen Religionsunterricht an der Grundschule. Ein Beitrag zur Lehrplantheorie des Islamunterrichts im Kontext derpraxeologischen Dimension islamisch-theologischen Denkens.“ (online: unter:www.izir.uni-erlangen.de/docs/IZIR H.Behr Dissertation Curriculum Islam.pdf Stand:01.05.07)

[74] Verwiesen sei auf Tagungsdokumentation ,fslam einburgern“ (s. o. S. 15, Anm.: 40), welche jeweils so- wohl aus Perspektive der Entscheidungstrager staatl. Seite, als auch aus Sicht entscheidender muslim. Re- prasentanten die entsprechenden Modellprojekte eines islam. Religionsunterrichts vorstellen, wie sie in Niedersachsen (Ebd., S. 41-54), Bayern (S. 55-65) u. NRW (S. 67-78) derzeit (Stand: 25.04.05) erprobt werden. Vgl. Drucksache 16/5033, S. 48f. (s. o. S. 5, Anm.: 7)

[75] S. u. S. 116: EXKURS: KRM - (K)eine Religionsgemeinschaft?

[76] Vgl. die kritische Wurdigung der Aussagen Bekir ALBOGAs, welche dieser im WDR-Format „Hart aber fair“ zum Thema ,,Sind wir Toleranz-Trottel? Deutschlands Umgang mit Muslimen“ (am ,Vorabend’ der DIK, 20.09.06) artikulierte, durch Wolf-Dietrich BUKOW. In einem „Faktencheck“ zu besagter Sendung liefi die Redaktion „einige Aussagen der Talkgaste von Experten uberprufen“. Einer dieser sogenannten Experten war Wolf-Dietrich BUKOW. Die Sendung vom 20.09.2006 findet sich als „Web-Tv“ unter: http ://www.wdr.de/themen/ global/webmedia/webtv/getwebtv.phtml?p=4&b= 131 ; Der „Faktencheck“ ist abrufbar unter: http://www.wdr.de/themen/politik/1/hart aber fair/faktencheck 060927/index.ihtml Stand: 01.05.07

[77] Ebd.

[78] Infolge einer erhohten „Sensibilitat fur die Notwendigkeit der sprachlichen und kulturellen Integration von Kindern muslimischer Migranten“ und der Einsicht, dass die „Vertretungsbefugnis der turkischen Konsulate im Ruckgang begriffen ist", biete „Bayern seit dem Schuljahr 2001 / 2002 die Religiose Un­terweisung muslimischen Glaubens' [...] auch in deutscher Sprache an“, so SEISER (,Islam einburgern“, S. 57) Diese Unterweisung, welche „von ihrer rechtlichen Einordnung her eher dem weltanschaulich neutralen Fach Ethik zuzuordnen“ sei, da sie eine „Erziehung zum Glauben“ nicht vorsehe (a.a.O., S.58), stehe „muslimischen Schulerinnen undSchulern aller Herkunftsnationen offen“ (S. 57). Lehrbefugt seien neben „Lehrkraften, die fur vier Jahre von der Turkei gestellt sind, [...] voll ausgebildete bayerische“ LehrerInnen „mit Migrationshintergrund‘ (S. 58). Noch jungeren Datums ist indessen die bayerische Spielart des Modellversuchs ,Islamunterricht’, wie er seit dem Schuljahr 2003/04 lokal auf eine Grund- schule in Erlangen begrenzt, testweise angeboten wird (Vgl. hierzu S. 58 - 61)

[79] So Joachim HERMANN, Vorsitzender der CSU-Landtagsfraktion gegenuber dem MUNCHNER Merkur (24.07.2006) (abrufbar unter: http://www.merkur-online.de/nachrichten/vermischtes/blickpkt/art281.69 3197.html?fCMS=2ef176d9767d4f902a2dc9c287d875db Stand: 01.05.07)

[80] SEISER, ,fslam einburgern“, S. 56f.

[81] Lemmen (S. 37) unter Verweis auf die Paragraphen §10 u. §11 der mir nicht vorliegenden Satzung

[82] Yunus ULUSOY im o. S. 8 Anm.: 19 benannten Online-Artikel

[83] Lemmen (S. 37); vgl. die Stellungnahme der DMLBonn e.V. (s. o. S. 15, Anm.: 41), derzufolge „einzelne Mitarbeiter der DITIB-Zentrale in Koeln“ von der DIYANET bezahlt wurden, wobei auch solche DITIBler, die „nicht Angehorige des DIYANET‘ sind, zu weiten Teilen Reprasentanten der „tuerkischen Staatsverwaltung“ waren.

[84] Aus der Stellungnahme der DMLBonn e.V.; Belegt wird dieses Urteil in der folgenden Fuhnote (3), die ich aufgrund ihrer schlagenden Beweiskraft wortlich zitiere: ,Jm Einzugsbereich der Konsulate wurden aus den dort ansaessigen Moscheevereinen sog. Koordinierungsraete gebildet. In der Satzung des Dues- seldorfer Koordinierungsrates heisst es z.B., dass auch die Pflege nationaltuerkischer Interessen wie die Wahrung der Reformen Atatuerks (§ 2 Abs. a), die Beobachtung von gegen die Tuerkei gerichteten Akti- vitaeten (§ 2 Abs. b) und der Schutz der nationalen Einheit und der kulturellen Werte der Tuerkei (§ 2 Abs. d) zu den Aufgaben der DITIB-Moscheevereine gehoeren.“ (s. o. S. 15, Anm.: 41)

[85] Spuler-Stegemann, BiS

[86] Transskript zur NDR-Sendung „PANORAMA“ Nr. 647 vom 25.11.2004 (http://daserste.ndr.de/container /file/t cid-2859946 .pdf Stand: 01.05.07)

[87] Ausdrucklich anschliefien mochte ich mich der diesbezugl. Stellungnahme Omid NoURIPOURs (Bundes- tagsabgeordneter, Bundnis 90/Die Grunen) zur Ankundigung der Landesregierung NRWs, eine Deutsch- pflicht in Moscheen verhangen zu wollen http://www.nouripour.de/presse/303221.html Stand: 01.05.07)

[88] TEZCAN im o. S. 20, Anm.: 67 genannten Artikel; Ahnlich die Einschatzung von Hildegard Becker in ihrem Vortrag auf der vom BAMF ausgetragenen Fachtagung integration undIslam“ (21./22.06.05 in Nurnberg): „Allzu lange war es freilich ein erklartes Ziel der Religionsbehorde, die sogenannten ,Aus- landsturken’ fur das Turkentum zu erhalten und deren Loyalitat zur Turkei zu befordern.“ (BAMF [Hg.], integration undIslam“, Schriftenreihe Band 14, Selbstverlag, 12006, S. 62-85, zit. S.80); i.F.: integration undIslam“

[89] Riexinger (s. o. S. 20, Anm.: 65)

[90] Ebd.

[91] Ob dieser Glaube mehr Euphemismus und Klischee denn soziale Tatsache ist, ware der naheren Analy­se wert, steht in unserem Zusammenhang aber nicht primar zur Debatte und muss deshalb hier ubergan- gen werden. Entscheidend ist, dass dieses Bild eines ,fundamentalismusresistenten turkischen Islam’ existiert, den offentlichen Diskurs besetzt hat und dass mit ihm ,Politik betrieben wird’; Bundesinnen- minister Schauble gab indessen jungst zu erkennen, dass er diese dualistische Sicht des Islam, welche tendenziell ,turkisch’ mit ,gemafiigt’ identifiziert, allen anderen ,Varianten’ aber Radikalisierungsanfal- ligkeit attestiert, zwar prinzipiell zu teilen scheint. Mit dem Hinweis allerdings, dass „sich bei einzelnen Turkischstammigen eine gefahrliche Neigung zum radikalen Islamismus“ entwickele (Interview, Welt.de vom 04.02.07; s.o. S. 6, Anm.: 9), suspendiert er zugleich allzu naive Generalisierungen. Vgl. zur Sache die Gegenwartsdiagnose L. TEZCANs, der festhalt, dass die „Haltung zur Sakularitat als der Lackmustest fur die offentliche Anschlussfahigkeit islamischer Gruppen auch in Deutschland‘ gelte. I. Bzg. a. DITIB wurde die „laizistische Ausrichtung des turkischen Staates“ hierbei als „gewichtige Burgschaft‘ bean- schlagt werden, „wahrend Organisationen wie Milli Gorus aufgrund ihrer ideologischen Ausrichtung weiterhin als bedenklich bis verfassungsfeindlich bewertet‘ wurden. (Online-Art.; s. o. S. 20, Anm.:67)

[92] Vgl. hierzu: u. S. 38, Anm.: 149

[93] Engagiert vorgetragen wurde die Forderung nach einem islamischen Religionsunterricht in dezidiert ,deutscher’ Sprache von ALBOGA etwa in der o. S. 23, Anm.: 78 genannten WDR-Sendung „Hart aber fair"" (Vgl. bes. den Ausschnitt: http ://www.wdr.de/themen/global/webmedia/webtv/getfaktencheck.pht ml?p=4&b=131&seq=4 Stand: 01.05.07); Angesichts der bisherigen Haltung DITIB verwundert es, wie „selbstverstandlich‘‘ ALBOGA heute fur den dt.-sprachigen Unterricht pladiert u. sogar fordert, dass auch die „Lehrer[.] [...] auf Deutsch ausgebildet" werden mussten („Zusammenleben-ZiO.de“ am 01.01.06; http://zusammenleben-zio.de/modules.php?op=modload&name=PagEd&file=index&topic id=29&page id—432 Stand: 01.05.07); Vgl. zu besagtem Kurswechsel: Ders., „Islam einburgern“ (S. 104)

[94] Ridvan £akir, ehemals Vorsitzender der DITIB, im Interview mit der ZEIT vom 03.06.2004 (abrufbar unter: http://zeus.zeit.de/text/2004/24/ditib-interview Stand: 10.10.07)

Ende der Leseprobe aus 197 Seiten

Details

Titel
Vom ‚Islam in Deutschland’ zum ‚Deutschen Islam’
Untertitel
Perspektiven auf das Projekt der Einbürgerung einer Religion
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Note
1,00
Autor
Jahr
2007
Seiten
197
Katalognummer
V150297
ISBN (eBook)
9783640891535
ISBN (Buch)
9783640891511
Dateigröße
1558 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Islam, Islamkonferenz, DIK, Muslime in Deutschland, Religion, Schäuble, Diskurs, Identität, Islamisierung, Christianisierung, DITIB, ZMD, Islamrat, VIKZ, Kelek, Ates, Zaimoglu, Mazyek, Alboga, Kizilkaya
Arbeit zitieren
M.A. Andrea Mesicek (Autor:in), 2007, Vom ‚Islam in Deutschland’ zum ‚Deutschen Islam’, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150297

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