Georg Friedrich Händel – Der Triumph von Zeit und Wahrheit

Das Leben eines Komponisten


Ausarbeitung, 2011

33 Seiten


Leseprobe


Georg Friedrich Händel

Der Triumph von Zeit und Wahrheit

Von Wolf H. Birkenbihl

Das vorliegende Skript über das Leben und Wirken Georg Friedrich Händels beginnt mit den frühen Jahren des Komponisten in Halle, seiner Geburtsstadt, wo er bereits als kleiner Junge seine Liebe für die Musik entdeckt und auf dem Dachboden des elterlichen Hauses, immer wenn sich Zeit findet, heimlich auf einem Klavikordium spielt.

Am Hof des Herzogs von Sachsen in Weissenfels wird man während einer Visite des Vaters Georg Händel, der das Amt eines herzoglichen Leibarztes bekleidet, erstmals auf den zehnjährigen Knaben aufmerksam, als er sich an der Orgel in der Schlosskirche probiert. Der Herzog möchte das Talent des Jungen auf jeden Fall fördern. Vater Händel zeigt sich zu diesem Zeitpunkt gegenüber einem solchen Vorhaben eher ablehnend, denn der Sohn soll Jura studieren.

Erst die Freundschaft mit Georg Phillip Telemann zu Beginn des 18. Jahrhunderts führt Händel weg von Halle nach Hamburg, wo er seine Schaffenskraft erstmals voll entfalten kann. Hier beginnt er auch mit der Komposition von Opern - seinem Lieblingsgenre für die folgenden Jahrzehnte.

Neben der Oper nimmt seit seinem Aufenthalt in Rom fortan auch das Oratorium einen hohen Stellenwert in seiner Kompositionsarbeit ein. Für Händels weiteres Fortkommen ist die Zeit in Italien von grundlegender Bedeutung.

Das Hauptaugenmerk vorliegender Darstellung liegt jedoch auf den Jahren in London, wo der Komponist den Rest seines Lebens verbringt und Händels Karriere schließlich in der Zeit zwischen 1711 und 1759 ihren Höhepunkt erreicht. In diesen nahezu fünfzig Jahren wird ihm Ruhm zuteil, gelangt er zu Reichtum, müssen Krisen, beruflicher und privater Natur, gemeistert werden.

Szene 1

Einblick in die Kompositionsphase des „Messias“. Zunächst sind nur Beine in Seiden-strümpfen und Schuhe zu sehen

Händel läuft in seinem Arbeitszimmer in Brook Street auf und ab, schickt seinen Diener, mehr Tinte und Papier zu besorgen: „Hol Er mir Tinte und Papier – auf, auf.“ Sein Diener geht und bringt das gewünschte Material: “Hier ist all das, wonach Ihr verlangt, Herr.“ Händel begibt sich mit der Feder in der Hand an sein Stehpult – komponiert und schreibt nieder. Das Deckblatt zeigt das Datum „London, 22. August 1741“ (Im Hintergrund ertönt der „Messias“). Händel spricht laut zu sich selbst: „Wie Licht im Dunkeln sei mein Lied. Das ist der Moment, mein Lob und Ehr an unseren Herrn auf dem höchsten Gnadenthrone auf Papier zu setzen.“

Tag für Tag schreibt er von früh bis spät. Am 12. September 1741, nach 3 Wochen Arbeitszeit, ist die Partitur des „Messias“ abgeschlossen.

Die Situation im Jahre 1741:

Mit den Oratorien „Saul“ und „Israel in Ägypten“ erringt Händel in London große Erfolge. Viele Bürger der Stadt sind von den neuartigen Schöpfungen begeistert. Einige einflussreiche Angehörige des Adels verfolgen die Erfolge Händels mit Unbehagen. Da man keine Konkurrenten auftreiben kann, die Händel ebenbürtig sind, greift man zu anderen Mitteln, ihm zu schaden. Man lässt die Ankündigungen für seine Konzerte abreißen, bezahlt Störenfriede, die während der Vorstellung Lärm verursachen, legt Feste extra auf Tage, an denen ein neues Oratorium Händels aufgeführt wird. Auch diese zermürbenden Zustände veranlassen Händel dazu, sein nächstes großes Werk (zunächst jedenfalls) nicht in London, sondern in Dublin aufzuführen. Händel möchte auf Grund des großen Elends in dieser Stadt mindestens eine Aufführung zu wohltätigen Zwecken – ein Benefizkonzert – veranstalten. (Im Namen mehrerer Wohltätigkeitsorganisationen lädt der Vizekönig von Irland, William Cavendish, Händel nach Dublin ein.) Aus diesem Anlass schreibt Händel ein großes Oratorium – den „Messias“.

Szene 2

Uraufführung des „Messias“ in der „Neals Music Hall“ in Dublin am 13. April 1742, bei der etwa 700 Zuhörer, dicht gedrängt, zugegen sind. Das Publikum besteht an diesem Abend aus etlichen Bischöfen, Dekanen, Professoren, Justizbeamten, sowie seiner Lordschaft, dem Lord-Statthalter und dessen Familie. Signora Avolio tritt als Sopranistin auf. Nach Abschluss der Aufführung tritt zunächst eine längere, endlos erscheinende Stille ein. Endlich entlädt sich die Spannung der Anwesenden in tosendem Beifall und Vivat-Rufen. Händel erhebt sich von der Orgel und verbeugt sich leicht.

Szene 3

Alle Gazetten* berichten bald darauf von diesem Ereignis, der „Messias“ ist Tagesgespräch. Turbulente Straßen in Dublin – voller Menschen, Reitern und Kutschen

Zurück zu den Anfängen:

Von Kindesbeinen an zeigt Händel ungemeine Freude an der Musik. Sein Vater, der ihn zum Juristen bestimmt hat, gerät hierüber in Unruhe und verbietet dem kleinen Händel, sich mit Musikinstrumenten jeglicher Art abzugeben. Seine im Hause lebende Tante Anna lässt ihm heimlich, während einem der häufigen Krankenbesuche des Vaters, ein kleines Clavichordium auf den Dachboden bringen. Nachts, sobald sich jeder im Haus zur Ruhe begeben hat, schleicht Händel (noch nicht einmal 10 Jahre alt) hinauf zu seinem Instrument und übt sich im Spielen.

Szene 4

Eines Tages, als Händel wieder einmal seine musikalischen Gehversuche unternimmt, schließt der Hausknecht die Bodentür ab, und er kann nicht, wie sonst, beim Glockenschlag der Hallenser Liebfrauenkirche zum Abendbrot hinunter steigen. Wie soll er sich nun bemerkbar machen, ohne sein Geheimnis preis zu geben? Verzweiflung steigt in dem Jungen auf. In dieser Notlage kommt ihm die Angst vor dem Vater zu Hilfe. Er malt sich dessen Strafpredigt aus und erinnert sich dabei an den Satz, den der Wundarzt oft gebraucht: „Hilf dir selbst, so hilft dir Gott.“ „Der Allmächtige wird es fügen, wie es ihm gefällt“, sagt sich Händel und spielt ein altes Kirchenlied, um sich damit Mut zu machen. Kurz darauf erscheint die Tante mit bleichem, angstvollem Gesicht aufgeregt in der Kammer und verharrt dort, bis Händel feierlich einen Choral, den er schon mehrstimmig ausführen kann, beendet.

Eine andere maßgebliche Begebenheit ereignet sich am Hof (Schloss Neuaugustusburg) des Herzogs von Sachsen-Weißenfels (wohl) im Jahre 1696. Von Zeit zu Zeit begibt sich der Vater nach Weißenfels, um als Arzt oder geheimer Kammerdiener seinen beruflichen Pflichten beim Herzog nachzukommen.

Szene 5

Als der Vater wieder einmal zu einer Fahrt in die benachbarte Residenzstadt aufbricht, möchte ihn sein Sohn Georg Friedrich unbedingt begleiten und lässt sich von seinem Wunsch nicht abbringen, obwohl der Wundarzt energisch ablehnt. Die Kutsche fährt ab und Händel folgt dem Wagen zu Fuß nach. Die schlechten Wege halten das Fuhrwerk schon bald auf, so dass es der Sohn einholt. Der Vater ist über diese Kühnheit und diesen Eigensinn sehr erbost und fragt ihn: „Wie habt Ihr Euch dieses unterfangen dürfen, nachdem es Euch so ernstlich untersaget worden?“ Statt einer Antwort erneuert der Knabe sein Bitten und Flehen, mitkommen zu dürfen. „So sei es“, meint daraufhin der Wundarzt. „Solch ein starker Wille soll belohnt werden.“ (Mainwaring) Der Vater hilft dem Jungen in die Kutsche und der Wagen rollt weiter Richtung Weißenfels.

Szene 6

Dort angekommen, bemüht sich ein Diener um den Jungen. Immer wieder bittet der Knabe darum, auf der Orgel spielen zu dürfen. Der Hoforganist, ein alter, wenig gesprächiger Mann, nimmt ihn schließlich mit auf die Orgelempore in der Schlosskirche und weist ihn in das Notwendigste, was zum Orgelspiel gehört, ein.

Bei seinem nächsten Besuch am herzoglichen Hof nimmt der Vater seinen Sohn wieder mit.

Szene 7

Der kleine Händel darf den Hoforganisten für die Dauer des Gottesdienstes in die Schlosskapelle begleiten. Gebannt beobachtet er dessen Orgelspiel. Am Ende des Gottesdienstes darf Händel an die Orgel und sein Können unter Beweis stellen: „Es begab sich, da der kleine Händel nach geendigtem Gottesdienst sich zum Ausgange auf der Orgel hören ließ, daß der Herzog eben in der Kirche zugegen war. Die Art zu spielen erweckte seine Aufmerksamkeit dergestalt, daß er bei der Wiederkehr aus der Kapelle seinen Kammerdiener (Carl Händel, jüngster Sohn Georg Händels aus erster Ehe) frug, wer es gewesen, der sich auf der Orgel so wohl gehalten hätte, und erhielt zur Antwort, sein Bruder habe solches getan.“ (Mainwaring)

Szene 8

Der Herzog lässt Händel hierauf zu sich rufen und lobt den Knaben für sein vortreffliches Spiel. Nach Hinzutreten von Vater Händel fragt Herzog Johann Adolph sogleich: „Bei wem lässt Er seinen Sohn so trefflich unterweisen?“ „Ich weiß von keinem Unterricht als dem im lutherischen Gymnasium zu Halle“, erwidert Georg Händel verlegen. Der Herzog fährt fort, dass zwar ein jeder am besten wisse, wozu er seine Kinder erziehen wolle; es seines Erachtens aber eine Sünde „ ... wider das gemeine Beste und die Nachkommen sei“, die „... Welt eines solchen anwachsenden Geistes gleich in der Jugend ...“ zu berauben.

„Rechtswissenschaft wird er studieren“ gibt Händels Vater zur Antwort und fügt hinzu “... obgleich die Musik eine artige Kunst und ein hübscher Zeitvertreib sei ...“ dient sie dennoch „... zu nichts anders als zur Belustigung und Ergetzlichkeit ...“ Dem Knaben, so die Meinung des Herzogs, müsse die Freiheit gelassen werden, „dem natürlichen Hange seines Geistes zu folgen ...“ (Mainwaring). Während der ganzen Unterredung sind die Augen des Sohnes auf seinen mächtigen Fürsprecher gerichtet. Der Vater Händels zeigt sich schließlich einsichtig und willigt ein, seinem Sohn fortan Musikunterricht erteilen zu lassen.

Nach Halle zurückgekehrt folgt der Vater dem Rat des Herzogs und dem Drängen seines Sohnes und übergibt Händel dem Unterricht von Friedrich Wilhelm Zachow (Organist an der Liebfrauenkirche und Dirigent des städtischen Chorus musicus).

Szene 9

Zachow erteilt dem 11-jährigen Händel Unterricht am Cembalo (im Hause Händel), zeigt seinem Schüler die unterschiedlichsten Schreibarten, Setzarten von Noten und Stile, sowie seine „Sammlung italienischer und deutscher Musikalien“ (Mainwaring).

Von diesem Zeitpunkt an darf Händel ungehindert dem Ruf der Musik folgen. Nach etwa zweijähriger Ausbildungszeit sucht Zachow nach einer Möglichkeit, seinen Schüler auch noch durch andere Meister zu fördern. Als sich der brandenburgische Kurfürst Friedrich III. medizinischen Ratschlag bei dem renommierten Wundarzt Georg Händel einholen möchte, ist der Zeitpunkt gekommen. Georg Friedrich Händel begibt sich zusammen mit seinem Vater nach Berlin. Zachow ist wohlbekannt, dass sich die Kurfürstin Sophie Charlotte mit großem Eifer für talentierte junge Musiker einsetzt. Tatsächlich bekommt der Knabe die Möglichkeit vorzuspielen.

Szene 10

Georg Friedrich Händel am Cembalo im Schloss Charlottenburg. Kurfürstin Sophie Charlotte und einige wenige Höflinge hören den schwungvollen Stücken zu und spenden Beifall. Die Kurfürstin wendet sich zu den Anwesenden um und spricht von einer einmaligen Entdeckung. „Dieses begnadete Talent muss nach Italien entsandt werden und dem Kinde ist Unterricht bei den vortrefflichsten Lehrmeistern zu erteilen“.

Szene 11

Wieder in Halle angekommen, beratschlagt Georg Händel das großzügige Ansinnen der Kurfürstin mit seiner Frau. Der Knabe Georg Friedrich Händel betritt den Raum und der Vater teilt ihm mit: „... wenn er sich einmal zu des Königs Diensten verbunden haben würde, müßte er darin verbleiben, es möge ihm nun gefallen oder nicht. Befände er sich nun beständig in Gnaden, so würde man ihn schwerlich entlassen, erweckte er aber nur das geringste Mißfallen, so wäre sein Untergang vor der Tür.“ (Mainwaring) Vater Händel greift zur Feder und schreibt eine Entschuldigung. Der junge Händel nimmt dies schmollend zur Kenntnis.

Das Schreiben an die Kurfürstin und an den Kurfürsten lautet: „Mit der größten Ehrerbietung obliegt es uns zu erkennen, daß Ihro Gnaden ein gar so gnädiges Auge auf unseren Sohn zu schlagen geruhet hätten, wir aber selbst nunmehro alt geworden und kurze Zeit zu leben vermeinen, unseren Sohn bei uns haben mögen. Ehrergiebigst hoffend, Ihro Majestät mögen allergnädigst verzeihen, daß wir diese hohe Gnade in Untertänigkeit verbäten, die unserem Sohn auf königlichen Befehl angetragen (worden) sei“ (frei nach Mainwaring). Dem Sohn gegenüber machte er nochmals deutlich: „Es ist seit jeher unser Wunsch, dass er die Rechtswissenschaft studiert.“ Außerdem fügte er hinzu: „Ein Herr ist gewillt, stets nur einen Diener aus ihm zu machen. Denk er daran.“ Georg Friedrich Händel unterdrückt seinen Unwillen und verlässt an der Hand seiner Mutter den Raum..

Am 10. Februar 1702, im Alter von 17 Jahren, immatrikuliert sich Händel an der neugegründeten Universität von Halle (wohl in Rechtswissenschaften). Kaum einen Monat später, im März 1702, wird ihm für ein Probejahr die Stelle des wegen Trunksucht in Verruf geratenen Organisten Johann Christoph Leporin angeboten, für den er schon vorher des öfteren eingesprungen war. Händel nimmt das Angebot begeistert an.

Szene 12

Händel begleitet an der Orgel der Domkirche zu Halle den gottesdienstlichen Choralgesang und dirigiert den Chor.

Einen weiteren, besonders wichtigen Impuls aus der Welt der Musik erhält Händel durch die Freundschaft mit Georg Philipp Telemann, ebenfalls 1702. Dieser war zum Studium der Jurisprudenz nach Leipzig, 30 km von Halle entfernt, geschickt worden.

Szene 13

Telemann (aus Magdeburg kommend und auf der Durchreise nach Leipzig) stellt sich dem Hausdiener im Hause Händel vor und wünscht, den hochgerühmten Schüler Zachows zu besuchen. Der 17-jährige Händel erscheint, die beiden kommen schnell ins Gespräch und entdecken dabei zahlreiche Ähnlichkeiten: „Mein verstorbener Vater verlangte, ich solle die Rechte studieren“, berichtet Telemann. „Ich tauge nicht zum Advokaten und suche in Leipzig nur eine lehrreiche Beschäftigung mit der Tonkunst. Nebenher möchte ich auf die Universität gehen und gehorsam die Wissenschaft von der Jurisprudenz erlernen.“ „Ich glaube gar“, sagt Händel überrascht, „wir sind Brüder im Geiste. Auch ich bin Studiosus des gleichen Faches, weil es mir befohlen wurde.“ „Gewiss“, meint Telemann, „was man im Blute hat, lässt sich nicht unterdrücken. Es verlangt sein Recht.“

[...]


* „Im neuen Musiksaal der Fishamble Street wurde vergangenen Dienstag Händels neues großes Oratorium mit dem Titel „Der Messias“ aufgeführt“. (Dublin Journal)

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Georg Friedrich Händel – Der Triumph von Zeit und Wahrheit
Untertitel
Das Leben eines Komponisten
Autor
Jahr
2011
Seiten
33
Katalognummer
V165444
ISBN (eBook)
9783640810932
ISBN (Buch)
9783640811267
Dateigröße
527 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kritik zur Aufführung kann unter www.opernnetz.de ("Haendel the Great") eingesehen werden. Teile des Skriptes kamen 2009 zur Aufführung.
Schlagworte
georg, friedrich, händel, triumph, zeit, wahrheit, leben, komponisten
Arbeit zitieren
Wolf Birkenbihl (Autor:in), 2011, Georg Friedrich Händel – Der Triumph von Zeit und Wahrheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165444

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