Tourismus im Dilemma zwischen Kommerz und Kultur

Inwiefern beeinflusst der Tourismus in Entwicklungsländern die kulturelle Identität der einheimischen Bevölkerung?


Bachelorarbeit, 2010

69 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Forschungsleitende Frage und Hypothesen
1.4 Aufbau

2 Begriffsdefinitionen
2.1 „Tourismus“
2.2 „Kommerz“
2.3 „Kultur“
2.4 „Entwicklungsland“
2.5 „kulturelle Identität“

3 Tourismus in Entwicklungsländern
3.1 Evolution des Tourismus in Entwicklungsländern
3.2 Der Entwicklungslandreisende
3.3 Formen des Dritte Welt-Tourismus
3.4 Rolle des touristischen Angebots für den Touristen
3.5 Kultur als Reisemotiv
3.6 Konflikte zwischen Reisenden und Bereisten

4 Einfluss des Tourismus auf die kulturelle Identität von Entwicklungsländern
4.1 Wer schadet mehr: Einzel- oder Gruppentourist?
4.2 Faktoren für sozio-kulturelle Veränderungen
4.3 Vier-Kulturen-Schema
4.4 Wirkungsschema der tourismusinduzierten Akkulturation
4.5 Hypothesenüberprüfung

5 Kommerzialisierung von Kulturen
5.1 Entfremdung der eigenen Kultur
5.2 Authentizitätsverlust
5.2.1 Zeremonien
5.2.2 Artefakte
5.3 Sklaverei
5.4 Hypothesenüberprüfung

6 Auswirkungen der kulturellen Veränderung
6.1 Auswirkungen auf die einheimische Bevölkerung
6.1.1 Änderung von Normen/Wertesystemen
6.1.2 Strukturwandel
6.1.3 Rolle der Frau
6.1.4 Wandlungen im Handel
6.1.5 Verlust des ursprünglichen Lebensraumes
6.1.6 Prostitution und Frauenhandel
6.1.7 Kriminalität und Bettelei
6.2 Auswirkungen auf das Verhalten gegenüber Touristen
6.2.1 Ablehnung
6.2.2 Menschenbild
6.2.3 Soziale Deprivation
6.2.4 Gewalt gegenüber Touristen
6.3 Hypothesenüberprüfung

7 Kulturelle Wiederbelebung
7.1 Reaktivierung von ursprünglichen Handwerkstechniken
7.2 Förderung des Bewusstseins vom Wert der eigenen Kultur
7.3 Neubelebung und Bewahrung von kulturellen Traditionen
7.4 Hypothesenüberprüfung

8 Lösungsansätze / Maßnahmenkatalog
8.1 Staat / Länder
8.1.1 Entscheidungsfindung
8.1.2 Nachhaltigkeitsindikatoren
8.1.3 Restriktionen
8.2 Reisemittler / Tourismusverbände
8.2.1 Spezielle Vermarktung
8.2.2 Kulturzentren
8.2.3 Errichtung von „Show-Dörfern“
8.2.4 Fair Travel
8.2.5 Verhaltenskodex
8.3 Einwohner
8.4 Touristen
8.4.1 Verhaltenskodex
8.4.2 Verbesserte Kommunikation / Cultural Briefing
8.4.3 Fair Trade

9 Schlussbetrachtung
9.1 kritische Reflexion
9.2 Fazit
9.3 Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang: Entwicklungsländer weltweit

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Internationale Touristenankünfte

Abb. 2: Globale Tourismusankünfte

Abb. 3: Anteil des Kultur- am Gesamttourismus

Abb. 4: Das Vier-Kulturen-Schema

Abb. 5: Wirkungsschema der tourismusinduzierten Akkulturation

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Tourismusankünfte nach Entwicklungsland, Jahr 2008

Tabelle 2: Top-10-Ankünfte Entwicklungsländer

Tabelle 3: Überschneidungen von Kulturen mit ihren Funktionen und Aus wirkungen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

„Tourismus ist wie Feuer: Man kann seine Suppe damit kochen. Man kann aber auch sein Haus damit abbrennen.“

Asiatisches Sprichwort

Seit den siebziger Jahren gewinnt der Tourismus in Entwicklungsländern immer mehr an Bedeutung. Betrug im Jahr 2000 der Anteil des Tourismus in Entwicklungsländern auf dem globalen Markt noch knapp über 30%, waren es 2004 bereits 36%. Die meisten Beweggründe hierfür sind Erlebnis- sowie Bildungs- und Kontaktmotive. Die Reisenden möchten auf Entdeckung gehen und etwas Außergewöhnliches erleben, sowie Kontakte zu Einheimischen knüpfen und deren Kultur kennenlernen. (vgl. Adelhold, 2000, S. 128ff) Um letzteres den Touristen zu ermöglichen werden oftmals Rituale und Artefakte vermarktet welche somit an Authentizität verlieren. (vgl. Friedl, 2002, S. 80f)

1.1 Problemstellung

Für etwa ein Drittel der Entwicklungsländer stellt der Tourismus die wichtigste Einnahmequelle dar. Die Erkenntnis darüber, dass dieser jedoch nicht nur Positi- ves sondern auch Negatives mit sich bringt, ist weitverbreitet. Oftmals steht der ökonomische Nutzen zu sehr im Vordergrund und die sozialen, kulturellen sowie ökologischen Auswirkungen werden außer Acht gelassen. (vgl. von Laßberg, 2009, online)

Gerade im kulturellen Bereich kann der Tourismus eine bedeutende Veränderung im Leben der einheimischen Bevölkerung hervorrufen. Schritt für Schritt werden indigene Kulturen verändert und an die Bestandteile von fremden Touristenkulturen angepasst. (vgl. Telfer & Sharpley, 2008, S. 196) Sitten und Gebräuche der Einheimischen werden gestört, sowie kulturelle Güter zerstört und rituelle Werte kommerzialisiert. (vgl. Althof, 1996, S. 162)

Hierdurch entsteht eine kulturelle Entfremdung im Entwicklungsland die zu einem Authentizitätsverlust führen kann. Diese und weitere Probleme können sich zu einer wachsenden Feindseligkeit vonseiten der Einwohner gegenüber ausländischer Touristen entwickeln. (vgl. May, 1985, S. 160, S. 171, S. 176)

1.2 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es, anhand von theoretischen sowie empirischen Daten zu erörtern, inwiefern der Tourismus in Entwicklungsländern die kulturelle Identität der einheimischen Bevölkerung beeinflusst. Es soll herausgearbeitet werden, welche Veränderungen in der Kultur der Entwicklungsländer entstehen und in wie fern sich diese auf die Einwohner, sowie deren Verhalten gegenüber Touristen übertragen.

Schlussendlich soll ein Maßnahmenkatalog erstellt werden, welcher Lösungswe- ge zum Entgegenwirken des kulturellen Identitätsverlustes enthält. Dieser hat zum Ziel Möglichkeiten aufzudecken, welche dem Erhalt der kulturellen Identität der Einwohner von Entwicklungsländern dienen. Diese Maßnahmen sollen so- wohl von Seiten der Touristen, jedoch auch von Seiten der Einwohner durchführ- bar sein.

1.3 Forschungsleitende Frage und Hypothesen

Inwiefern beeinflusst der Tourismus in Entwicklungsländern die kulturelle Identität der einheimischen Bevölkerung?

Folgende Hypothesen sollen zur Bearbeitung der Forschungsfrage beitragen:

Hypothese 1

Je ausgeprägter der Tourismus in Entwicklungsländern ist, desto auffallender ist der kulturelle Identitätsverlust der einheimischen Bevölkerung.

Hypothese 2

Die Kultur in Entwicklungsländern leidet immer mehr unter der Kommerzialisierung, welche durch den Tourismus hervorgerufen wird.

Hypothese 3

Kulturelle Veränderungen wirken sich nicht nur auf die einheimische Bevölkerung, sondern auch auf deren Verhalten gegenüber Touristen aus.

Hypothese 4

Tourismus in Entwicklungsländern kann keinen Beitrag zur kulturellen Wiederbelebung leisten.

1.4 Aufbau

Diese Arbeit ist in neun Teile gegliedert. Der erste Teil befasst sich mit der Prob- lemstellung und Zielsetzung der Arbeit. Ebenso wird der Aufbau beschrieben. Anhand dieser Disposition soll dem Leser die Thematik der Bachelorarbeit näher gebracht werden.

Daraufhin werden die in der forschungsleitenden Frage enthaltenen Begriffe de- finiert.

Der dritte Teil widmet sich der Ausgangslage des Themas. Es wird genauer auf den geschichtlichen Verlauf des Tourismus in Entwicklungsländern eingegangen, sowie auf die unterschiedlichen Arten des Dritte-Welt-Tourismus und deren Be- sucher. Des Weiteren handelt sich um die Frage in wie fern das touristische An- gebot eine Rolle für die Urlaubswahl spielt und ob Kultur ein Reisemotiv darstellt. Außerdem wird auf die entstehenden Konflikte zwischen Reisenden und Bereis- ten eingegangen.

Der darauffolgenden Teil diskutiert in wie weit der Tourismus in Entwicklungslän- dern Einfluss auf deren kulturelle Identität ausübt. Hierfür wird das Vier-Kulturen- Schema angewendet und das Wirkungsschema der tourismusinduzierten Akkul- turation erläutert.

Der fünfte Abschnitt befasst sich mit der Kommerzialisierung von Kulturen in Entwicklungsländern und wie diese immer mehr auf die Bedürfnisse von Touris- ten zugeschnitten werden und somit ihre Authentizität verlieren. Hierbei handelt es sich beispielsweise um nachgestellte Zeremonien sowie massenproduzierte Artefakte.

Im sechsten Teil wird erörtert wie sich diese kulturellen Veränderungen auf die einheimische Bevölkerung, sowie auf deren Verhalten gegenüber Touristen aus- wirken. Dies beinhaltet zum einen das Menschenbild welches die Einwohner von den Touristen haben, als auch Missstände wie z.B. Prostitution in die sie dadurch gedrängt werden.

Nachfolgend wird die Möglichkeit der kulturellen Wiederbelebung der Entwicklungsländer durch den Tourismus diskutiert. Behandelt wird hierzu die Reaktivierung von ursprünglichen Handwerkstechniken bis hin zur Förderung des Bewusstseins vom Wert der eigenen Kultur.

Letztendlich werden im Maßnahmenkatalog bedeutsame Aussagen kurz und prägnant vorgebracht und mögliche Lösungsansätze für die Zukunft formuliert.

In der Schlussbetrachtung werden die vorangegangenen Teile zusammengefasst und die wichtigsten Schlussfolgerungen daraus gezogen.

2 Begriffsdefinitionen

2.1 „Tourismus“

Für den Tourismusbegriff existieren weitgehend übereinstimmende Auslegungen und Erkennungszeichen. Handelt es sich jedoch um die konkrete Abgrenzung des Begriffes, fehlen oftmals breit akzeptierte und greifbare Merkmale. (vgl. Bieger, 2004, S. 33) Folgende zwei Definitionen sind jedoch weit verbreitet:

„Fremdenverkehr oder Tourismus ist die Gesamtheit der Beziehungen und Erscheinungen, die sich aus der Reise und dem Aufenthalt von Personen ergeben, für die der Aufenthaltsort weder hauptsächlicher und dauernder Wohn- noch Arbeitsort ist.“ (Kaspar, 1996, S. 16)

„…Tourismus [bezeichnet] die Aktivitäten von Personen, die sich an Orte außerhalb ihrer gewohnten Umgebung begeben und sich dort nicht länger als ein Jahr zu Freizeit-, Geschäfts- und anderen Zwecken aufhalten, wobei der Hauptreisezweck ein anderer ist als die Ausübung einer Tätigkeit, die vom besuchten Ort aus vergütet wird.“ (Opaschowski, 2002, S. 21f)

Um dem Tourismusbegriff um den wesentlichen Bestandteil „Kultur“, welchem eine große Bedeutung in dieser Arbeit zugemessen wird, zu erweitern, lässt sich folgende neue und eigene Definition verfassen, welcher sich diese Arbeit an- schließt:

Unter dem Begriff „Tourismus“ versteht man Geschäfts- sowie Freizeitreisen mit der Dauer von weniger als einem Jahr, welche außerhalb des normalen Arbeitsund Wohnumfeldes des Reisenden durchgeführt werden, und welcher nicht nur einen Wirtschafts- sondern auch Lebensbereich beschreibt, der seine direkten und indirekten Stakeholder, sowie kulturelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche, politische und ökologische Folgen miteinschließt.

2.2 „Kommerz“

„Auf Gewinn bedachtes wirtschaftliches Interesse.“ (Langenscheid, 2009, online) „veraltet für Handel, Verkehr“ (Brockhaus, 1970, S. 381) Heutzutage wird der Begriff „Kommerz“ oftmals mit „Handel“ gleichgesetzt. Für diese Arbeit wird sich jedoch der Definition von Langenscheid angeschlossen, da es sich im gegebenen Kontext um den gewinnbringenden Ausverkauf von Kulturen der Urlaubsländer, durch den Verkauf von Kunsthandwerk oder inszenierten Tanzvorführungen, handelt.

2.3 „Kultur“

Ähnlich wie der Begriff „Tourismus“, ist auch der Terminus „Kultur“ schwer einzugrenzen. Kroeber und Kluckhohn fanden bereits 1952 mehr als 300 Definitionen des Begriffes „Kultur“. (vgl. Makarova, 2007, S. 17) Folgend werden verschiedene Auffassungen dargelegt:

„Culture refers to a set of values, ideas, artefacts, and other meaningful symbols that help individuals communicate, interpret, and evaluate as members of society.” (Engel et al., 1995, S. 611)

“(…) die Art und Weise, wie die Menschen ihr Leben gestalten mitsamt den “Produkten” ihres Denkens und Schaffens.” (Maletzke, 1996, S.15)

Bei der Kulturbeschreibung von Maletzke wird wichtiger weise das Denken und Schaffen mit eingebunden.

„Eine Kultur ist zu verstehen als eine identifizierbare Gruppe mit gemeinsamen Überzeugungen und Erfahrungen, mit Wertgefühlen, die mit diesen Erfahrungen verbunden sind, und mit dem Interesse an einem gemeinsamen historischen Hintergrund.“ (Brislin zitiert in Maletzke, 1996, S.16)

Laut Brislin verfügen die Mitglieder einer Kulturgemeinschaft über gemeinsame Überzeugungen und Erfahrungen. Dem kann ich nicht zustimmen, da jedes Indi viduum einer Kulturgemeinschaft seine Kultur anders definiert, erfährt und auf- nimmt.

„Eine Kultur ist das Gesamtgebilde aus erlerntem Verhalten und Verhaltensresultaten, dessen einzelne Elemente von den Mitgliedern einer bestimmten Gesellschaft geteilt und weitergegeben werden.“ (Linton, 1974, S. 33)

Linton macht deutlich, dass Kultur von einer bestimmten Gesellschaft geteilt und weitergegeben wird.

„[Kultur ist die] Totalität des sozialen Erbes, (…) die Summe ihrer sozialen Institu- tionen und Konfigurationen, ihrer Künste, ihres Wissens, als Einheit der Formen ihrer Religion, ihrer Ritual- und Zeremonienhandlungen, ihrer Techniken, ihrer Produktionsformen und ihrer materiellen Güter.“ (Scherrer zitiert in Maurer et al., 1992, S. 104)

Scherrer bringt in seine Definition von Kultur wichtige, unterschiedliche greifbare Komponenten wie die Religion, das Wissen und die Künste mit ein, welche oftmals außer Acht gelassen werden.

„Die Kultur umfasst die Strukturen, Ausdrucksformen und Bedingungen des Le- bens einer Gesellschaft und die verschiedenen Arten, mit denen sich das Indivi- duum in dieser Gesellschaft zum Ausdruck bringt und erfüllt.“ (Unesco in Mazur, 1994, S. 162)

Um die verschiedenen Aspekte der vorangegangenen Definitionen miteinander zu verknüpfen, und um den stetigen Wandel von Kulturen, welcher für diese Ar- beit maßgebend ist, mit einzubinden, wird folgende neue Definition des Terminus „Kultur“ gebildet:

Unter Kultur versteht man das Denken und Handeln einer Gemeinschaft, sowie deren Religion, Wissen, Handwerk, Künste und Rituale, welche durch erlerntes Verhalten von Generation zu Generation weitergegeben werden, und durch inne- re, sowie äußere Einflüsse einem ständigen Wandel unterzogen werden.

2.4 „Entwicklungsland“

“developing country: a country with a relatively low per capita income, where most people have a lower standard of living with access to fewer goods and services than most people in developed countries. Also known as a third-world country.“ (National Geographic’s, 2009, online)

“A country that is in the process of becoming industrialized. Average national income must be below $9,265 for a country to be classified as a developing country. A developing country typically lacks industrialization, infrastructure, high literacy rate and advanced living standards.” (Global Edge, 2009, online)

“Für den Begriff Entwicklungsland gibt es keine einheitliche Definition. Üblich ist die Abgrenzung von Industrieländern aufgrund von wirtschaftlichen und/oder so- zialen Kriterien. Hierzu gehören ein niedriges Pro-Kopf-Einkommen, eine geringe Investitionsrate, eine wenig ausgebaute technische Infrastruktur und ein hoher Anteil der Landwirtschaft am Sozialprodukt sowie eine geringe Lebenserwartung, eine hohe Kindersterblichkeit und eine niedrige Alphabetisierungsrate.” (Welt- hungerhilfe, 2009, online) „(…) [Entwicklungsländer] haben (…) viele gemeinsame Charakteristika. So wei- sen alle der vom DAC als Entwicklungsländer kategorisierten Staaten ein niedri- ges Pro-Kopf-Einkommen auf. Darüber hinaus teilt die Mehrzahl eine Reihe struktureller Probleme. Diese können politischer, ökonomischer, soziokulturel- ler oder ökologischer Natur sein. Konkret sind das beispielsweise undemokrati- sche Strukturen, die Verletzung von Menschenrechten oder politische Instabilität bis hin zum Staatsverfall. Auch fehlende soziale Mobilität, eine schwache Infra- struktur, niedrige Alphabetisierungsraten und eine hohe Sterblichkeitsrate bei Müttern und Kindern erschweren die Entwicklung. Globale Herausforderun- gen wie Umweltzerstörung, Klimawandel oder HIV/AIDS betreffen zwar nicht nur Entwicklungsländer, doch haben gerade die Ärmsten besonders unter ihren Folgen zu leiden.“ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 2008, S. 447)

Für diese Arbeit schließe ich mich der Definition des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an. Diese vermittelt dem Leser ein ausführliches Bild, da sie eine sehr genaue Beschreibung von „Entwicklungsländern“ enthält. Darüber hinaus beinhaltet die Definition wichtige Gesichtspunkte wie Menschenrechte und Sterblichkeitsraten welche von anderen Autoren nicht berücksichtigt werden.

Im Anhang auf S. 69, befindet sich eine genaue Auflistung der derzeitig als Entwicklungsländer bezeichneten Länder.

2.5 „kulturelle Identität“

„Identifikation mit einer Gruppe, die ein gemeinsames System von Symbolen und Bedeutungen sowie Normen und Regeln für das Verhalten hat.“ (Vester zitiert in Link, 2007, S. 78)

In der Definition von Vester wird die Identifikation mit der Gruppe dargestellt, jedoch fehlt der kulturelle Aspekt für diese Arbeit.

„Die kulturelle Identität setzt sich zusammen aus der sozialen Sicherheit (Wettbewerbsvorteile, Integration, Rituale), aus der Möglichkeit einer aktiven Mitarbeit und Mitgestaltung (Visionen, Innovationen, Arbeitsfelder) und aus dem Beitrag zu einer kulturellen Vielfalt (Pluralismus).“ (Baumgartner, 2006, S. 150)

Baumgartner setzt seine Begriffserläuterung sehr großräumig an, welche damit für diesen Zweck zu breit gefächert ist.

„[Kulturelle Identität ist] (…) das hinsichtlich der grundlegenden Wertentscheidungen gemeinsam getragene, kulturell geprägte Selbstbildnis einer Volksgemeinschaft (…).“ (Uhle, 2004, S. 5)

Ich möchte mich für diese Arbeit der Definition nach Uhle anschließen, da diese hervorhebt, dass es sich bei der kulturellen Identität, um die von einer Gemein- schaft nach außen getragenen Werte handelt. Diese Werte sind von erheblicher Bedeutung, da man an ihrer Veränderung den Kulturwandel seiner Gesellschaft ausmachen kann.

3 Tourismus in Entwicklungsländern

3.1 Evolution des Tourismus in Entwicklungsländern

Noch zum Anfang der sechziger Jahre, zählte der Tourismus in Entwicklungsländern zu etwas Außergewöhnlichem. Während der sogenannten „Euphoriephase“ in den späten sechziger Jahren verwandelte sich dieser allerdings bereits in Massentourismus um, welcher zuerst aufgrund seines ökonomischen Blickwinkels zugunsten der wirtschaftlich schwachen Länder und der völkerverständigenden Wirkung für gut befunden wurde.

Mit Beginn der siebziger Jahre jedoch, setzte die „Ernüchterungsphase“ ein. Diese beinhaltete die Relativierung der bisher verbreiteten positiven, ökonomischen Auswirkungen und legte die negativ aufgetretenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Effekte dar.

Während der „Aktionsphase“ Mitte der siebziger Jahre, konnte man auf bereits durchgeführte Forschungsarbeiten zurückgreifen, welche mitunter durch die be- inhaltenden Einwände der Einheimischen, zu neuen Denkanstöße führten.

In den achtziger Jahren begann die „Organisationsphase“, in welcher internatio- nale Tagungen stattfanden und globale Organisationen und Netzwerke gebildet wurden.

Nahezu zur gleichen Zeit entwickelte sich die „Widerstandsphase“, welche durch Widerstände von Seiten der „Bereisten“, sowie der Natur- und Umweltschutzorganisationen, geprägt wurde.

Seit Ende der achtziger / Anfang der neunziger Jahre befinden wir uns in der „Umsetzungsphase“, welche sich durch das verstärkte Bemühen, die existierenden tourismuswissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen, auszeichnet. (vgl. Aderhold et al., 2006, S. 19ff)

Zahlen und Fakten:

Global gesehen nahmen die Touristenankünfte zwischen 1990 und 2004 um ca. zwei Drittel zu. Überdurchschnittlich stark fällt hierbei der Zuwachs bei den Ent- wicklungsländern aus. Hier hat sich die Zahl der Touristenankünfte innerhalb von 14 Jahren mehr als verdoppelt (+108%) im Gegensatz zum Anstieg von nur 46% in den Industrieländern.

Gründe für die Veränderung der Reiseströme sind mitunter die schwieriger gewordene wirtschaftliche Situation (Arbeitslosigkeit, Auswirkungen der Globalisierung, Einfluss des Dollar-Kurs) in den Industrieländern, sowie preisgünstige Angebote in Krisenländern (Terroranschläge, Krieg) und die Einführung von Billigfliegern. (vgl. Aderhold et al., 2006, S. 11)

Abb. 1: Internationale Touristenankünfte

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung, Daten aus Aderhold et al., 2006, S. 9

Wie auf Abbildung 1 ersichtlich ist, fielen bereits 2004 35% der internationalen Touristenankünfte an Entwicklungsländer ab.

Abb. 2: Globale Tourismusankünfte

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung, Daten aus The World Bank, 2006, S.1

Auf der vorherigen Abbildung (Nr. 2) ist zu erkennen, dass der Tourismus in Entwicklungsländern über die Jahre hinweg, immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Wurden 1980 nur 19% der weltweiten Tourismusankünfte, in Entwicklungsländern verzeichnet, so waren es 2002, gut 20 Jahre später, bereits 41%. Die immer stärkere Verschiebung zwischen Ankunftszahlen in Entwicklungs- und Industrieländern wird klar ersichtlich.

Tabelle 1: Tourismusankünfte nach Entwicklungsland, Jahr 2008

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung, Daten entnommen aus DAC-Liste des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 2008, sowie UNWTO, World Tourism Barometer, 2009, S. 7-10

Aus der vorherigen Darstellung (Tabelle 1) der Entwicklungsländer, welche touristisch eine Rolle spielen, gehen die drei Entwicklungsländer mit den meisten Touristenankünften jedes Kontinents hervor.

Durch die weltweiten Ankunftszahlen in den jeweiligen Entwicklungsländern ergibt sich eine Top-10-Liste der Entwicklungsländer mit den meisten Ankünften im Jahre 2008.

Tabelle 2: Top-10-Ankünfte Entwicklungsländer

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung, Daten entnommen aus DAC-Liste des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 2008, sowie UNWTO, World Tourism Barometer, 2009, S. 7-10

Hierbei wird ersichtlich dass speziell der asiatische Markt immer mehr an Beliebtheit gewinnt.

3.2 Der Entwicklungslandreisende

In einer Studie des BMZ von 1993 wird der Entwicklungslandreisende durch folgende Merkmale beschrieben:

- „Alter 20-49; Männeranteil und Gruppe der 20-29jährigen sehr hoch
- Hohes Einkommen
- Hoher Bildungsstand sowie Sprachkenntnisse
- Hohe Sensibilität gegenüber Umwelt, Politik und Kultur“

Wieso jedoch reisen so viele Urlauber in Entwicklungsländer? Hierzu gibt es verschiedene Gründe. Nicht zu unterschätzen als Impuls für die Wahl eines exotischen und weit entfernten Urlaubsortes sind „Prestige und Geltungsdrang“. Heutzutage gehört es zum Lebensstandard der westlichen Konsumgesellschaft mindestens einmal pro Jahr eine Urlaubsreise zu unternehmen.

Dabei stellen Entwicklungsländer, trotz der etwas teureren Anreise, immer noch ein weitaus günstigeres Urlaubsziel dar, als viele andere Destinationen. Auch dies wird des Öfteren als Anreiz wahrgenommen, eine Reise dorthin zu unter- nehmen.

Des Weiteren werden Faktoren wie die verschlechterte Umwelt sowie Lärm und Schmutz als Anlass gesehen, aus den Wohn- und Arbeitsgebieten in die Erho- lungs- und Reisegebiete zu fliehen. Das angenehm, immer warme Klima, die unberührte Landschaft und die reiche Tierwelt sind ausschlaggebende Punkte bei der Entscheidung in einem Entwicklungsland Urlaub zu machen. (vgl. Maurer et al., 1992, S. 49ff)

Auch die Homogenisierung von Destinationen und Urlaubsreisepaketen spielt eine entscheidende Rolle. Viele Reisende suchen nach der etwas anderen Destination, nach etwas Neuem und Aufregendem; einem Reiseland das etwas Besonderes zu bieten hat. (vgl. Robinson & Boniface, 1999, S. 197)

3.3 Formen des Dritte Welt-Tourismus

Es gibt drei Hauptformen des Entwicklungslandtourismus. Die erste dieser For- men ist der typische, jedoch stetig abnehmende Bade- und Erholungstourismus. Hier spielen die drei magischen S für „Sun, Sand and Sea“ eine große Rolle. Die Reisenden stammen aus der mittleren Bildungsschicht, interessieren sich eher wenig für das Zielland und deren Bewohner und betrachten das Fremde eher als skeptisch.

Eine weitere Ausführung ist der Besichtigungstourismus. Dieser historische Tou- rismustyp war ehemals Vorreiter in der Tourismusbranche.

[...]

Ende der Leseprobe aus 69 Seiten

Details

Titel
Tourismus im Dilemma zwischen Kommerz und Kultur
Untertitel
Inwiefern beeinflusst der Tourismus in Entwicklungsländern die kulturelle Identität der einheimischen Bevölkerung?
Hochschule
Management Center Innsbruck Internationale Fachhochschulgesellschaft mbH
Note
2
Autor
Jahr
2010
Seiten
69
Katalognummer
V161223
ISBN (eBook)
9783640748396
ISBN (Buch)
9783640748563
Dateigröße
668 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tourismus, Entwicklungsländer, kulturelle Identität, Tourismuswandel, Thema Tourismus
Arbeit zitieren
Stephanie Schlecht (Autor:in), 2010, Tourismus im Dilemma zwischen Kommerz und Kultur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161223

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