Verkehrsprobleme in Megacities

Die Beispiele Mexico City und Mumbai


Examensarbeit, 2009

86 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Diagrammverzeichnis

Kartenverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Aufriss und Fragestellung
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Vorgehensweise/Methodik

2. Verkehrsprobleme in Megacities
2.1 Überblick: Verkehr in Megacities und daraus resultierende Probleme
2.2 Modal Split in Megacities
2.3 Verkehrsträger und -probleme
2.3.1 Verkehrsprobleme im motorisierten Individualverkehr
2.3.2 Verkehrsprobleme im ÖPNV
2.3.3 Weitere Formen des Transportes und deren Probleme
2.4 Verkehr und Governance

3. Mumbai
3.1 Überblick über die Metropolregion
3.2 Verkehrsentwicklung, aktuelle Verkehrssituation und daraus resultierende Probleme
3.2.1 Individualverkehr
3.2.2 ÖPNV
3.3 Lösungsansätze zur Behebung der aktuellen Probleme und deren Bewertung
3.4 Zukünftige Verkehrsentwicklung und Probleme

4. Mexico City
4.1 Überblick über die Metropolregion
4.2 Verkehrsentwicklung, aktuelle Verkehrssituation und daraus resultierende Probleme
4.2.1 Individualverkehr
4.2.2 ÖPNV
4.3 Aus der Verkehrssituation resultierende Umweltprobleme
4.4 Lösungsansätze zur Behebung der aktuellen Probleme und deren Bewertung
4.5 Zukünftige Verkehrsentwicklung und Probleme

5. Vergleich, alternative Lösungsansätze und Empfehlungen
5.1 Mexico City und Mumbai – Gemeinsamkeiten und Unterschiede
5.2 Alternative Lösungsansätze und „best practise“ Beispiele
5.3 Handlungsempfehlungen

6. Fazit

Quellenverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Verhältnis Modal Split/Einkommen

Tabelle 2: Durch Verkehrsprobleme verursachte Kosten, Anteil am BIP

Tabelle 3: Vergleich verschiedener ÖPNV Systeme

Tabelle 4: Vergleich Minibusse und Reguläre Busse

Tabelle 5: Individualmotorisierung in MumbaI

Tabelle 6: Prognostizierte Zahl an Metrokunden

Tabelle 7: Prozentualer Anteil täglich unternommener Fahrten

Tabelle 8: Minibusse in Mexico City

Tabelle 9: Entwicklung des Busverkehrs in Mexico City

Tabelle 10: Schadstoffbelastungen im Vergleich

Tabelle 11: Modal Split im Vergleich

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1. Ursachen für Verkehrsprobleme in Megacities

Abbildung 2: MumbaI

Abbildung 3: Überfüllte Züge in Mumbai

Abbildung 4: Beispielhaltestelle eines BRTs in Quito, Ekuador

Diagrammverzeichnis

Diagramm 1: Modal Split in Megacities

Diagramm 2: Modal Split Mumbai

Diagramm 4: Modal Split in Mumbai

Diagramm 3: Vergleich Bevölkerungswachstum und Fahrzeugwachstum

Diagramm 5: Modal Split Mexico City

Diagramm 6: AutodichtE in Megacities

Kartenverzeichnis

Karte 1: Bahnlinien in Mumbai

Karte 2: Verbesserungen in den Schieneninfrastruktur,

Karte 3: Mumbai Metro Rail Project

Karte 4: SeaLink Mumbai

Karte 5: Verlauf des Ferrocarriles Suburbanos

Karte 6: BRT Route in Mexico City

1. Einleitung

Megacities: Urbane Agglomerationen größten Ausmaßes mit einer sehr hohen Bevölkerungsdichte und einer Vielzahl an Problemen. Wie im Titel der Arbeit dargelegt, soll sich diese Arbeit unter anderem damit beschäftigen, ob die allgemeine Verkehrssituation in Städten dieser Größenordnung der Infrastruktur überhaupt gewachsen ist und was die Folgen des hohen Verkehrsaufkommens sind. Der Schwerpunkt der Arbeit soll auf den beiden Megacities Mexico City und Mumbai (ehemals Bombay) liegen. In diesen beiden Städten soll hinterfragt werden, wie die aktuelle Verkehrssituation sich darstellt, welche Probleme sich jeweils dieser Situation ergeben, ob die Infrastruktur ausreichend ist, ob es Lösungsansätze gibt und wenn ja, wie diese hinsichtlich der jetzigen Situation zu bewerten sind.

Megacities spielen in den letzten Jahren in der öffentlichen Wahrnehmung eine immer größere Rolle. In letzter Zeit gab es eine Vielzahl von Berichten, sowohl in den Printmedien als auch im Fernsehen über diese mit all ihren Facetten und Problemen.

In der wissenschaftlichen Literatur bezeichnet der Begriff Megacity oder Megastadt die größte Form urbaner Agglomeration, wobei die Autoren sich uneinig sind, ab welcher Bevölkerungszahl vom genannten Begriff gesprochen werden kann. Einige Autoren fassen Großstädte ab fünf Millionen Einwohnern schon als Megacity auf, andere ziehen die Untergrenze bei acht Millionen. Die Vereinten Nationen sprechen von Megacities ab einer Schwelle von zehn Millionen Einwohnern(vgl. Zehner, 2001, S. 183). Einig sind sich die Autoren jedoch größtenteils beim Kriterium der Bevölkerungsdichte, die Bronger (2004) auf 2.000 Einwohner pro Quadratkilometer festlegte.[1] Zudem ist ein weiteres Kriterium der Definition die monozentrische Struktur und eine enorme, oft unkontrollierte Flächenausdehnung. Auffällig ist, dass sich der Begriff Megacity fast ausschließlich auf urbane Agglomerationen in Schwellen- beziehungsweise Entwicklungsländern bezieht. Zwar gibt es auch in Industrieländern Großagglomerationen mit diesen Merkmalen, diese werden jedoch aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung in der Literatur meist als Global City benannt (vgl. Zehner, 2001, S. 183).

In den Megacities existiert eine Vielzahl an Problemen, besonders in der Infrastruktur. Jedoch wird meist der Fokus auf die Probleme der einzelnen Menschen, meist die der Slumbewohner, gelegt; sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch in Berichten in Printmedien und Fernsehen. Doch gerade diese infrastrukturellen Probleme werden meist nur selten behandelt.

1.1 Aufriss und Fragestellung

Allerdings hat hier in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden. Sogar Institutionen wie die die Deutsche Bank oder die Siemens AG (2007, S. 5 ff.) forschen nun in diesem Gebiet und entwickeln Konzepte und Lösungsstrategien für Megacities. Dies betrifft nicht nur den Lebensbereich Verkehr, eine der sieben Daseinsgrundfunktionen, sondern ebenso andere Infrastrukturbereiche, wie beispielsweise Wasserver- und entsorgung. Gerade im infrastrukturellen Bereich, beispielsweise im Verkehrssektor, existieren Probleme, welche manche Städte beinahe vor den Kollaps stellen. Hier sollen die Probleme und Herausforderungen aufgezeigt werden, sowie hinterfragt werden, ob die Lösungsansätze ausreichend sind, um die aktuelle Situation nachhaltig zu verbessern

Die beiden Beispielstädte Mexico City und Mumbai besitzen eine Vielzahl an Gemeinsamkeiten, wie etwa die Einwohnerzahl von circa 20 Millionen, und eine enorme räumliche Ausbreitung, was einen Vergleich einfacher gestaltet. Jedoch sind die Voraussetzungen der beiden Städte unterschiedlich. Mexico City ist eine Stadt, in der die Einwohnerzahl seit mehreren Jahren stagniert (vgl. Urban Age, 2006). Ebenso ist die flächenmäßig maximale Ausdehnung des Agglomerationsraumes erreicht. Mumbai auf der anderen Seite ist immer noch eine wachsende Stadt, sowohl bevölkerungs- als auch flächenmäßig. Zwar weisen beide Städte alle Merkmale einer Megacity auf, doch stellt allein dieser Unterschied die Städte vor unterschiedliche Herausforderungen bei der Bewältigung ihrer Probleme.

1.2 Aufbau der Arbeit

Im theoretischen Teil der Arbeit werden die grundlegenden Probleme von Verkehr in Megacities erörtert. Es wird auf den Modal Split eingegangen und wie dieser sich entwickelt beziehungsweise zusammensetzt. Ebenso wird auf die verschiedenen Verkehrsträger separat eingegangen und die Vor- und Nachteile der jeweiligen Systeme erörtert sowie deren Funktion innerhalb des Verkehrs in Megacities dargelegt. Es werden weiterhin Formen des semi-legalen Transportbereiches, des sogenannten Paratransits vorgestellt, welcher in vielen Megacities einen Großteil des Verkehrsaufkommens ausmacht. Es soll aufgezeigt werden, welche Verkehrsträger existieren und inwieweit diese zu den Verkehrsproblemen beitragen. Zusätzlich soll die Rolle der Urban Governance diskutiert werden und untersucht werden, inwieweit dieser Faktor zu den Verkehrsproblemen in den Megacities beiträgt.

Nach dem theoretischen Teil wird explizit auf die Situation in den beiden Städten Mexico City und Mumbai eingegangen. Der Aufbau der Kapitel ist bei beiden Städten gleich. Um einen Überblick über die Stadt zu geben, wird anfangs kurz der Agglomerationsraum vorgestellt. Dies ist wichtig, da die besondere geographische Lage bei beiden Städten spezifische Probleme verursacht. Mexico City liegt in einem Talkessel, Mumbai auf einer Halbinsel (vgl. Benitez, 2006, S. 5; vgl. Rode, 2007, S. 86).

Darauf aufbauend werden dann die Verkehrsentwicklung und die aktuelle Verkehrssituation behandelt. Getrennt wird hier, ähnlich wie im theoretischen Teil, zwischen Öffentlichen Personen Nahverkehr (ÖPNV) und Individualverkehr. Auch wenn es teilweise Schnittpunkte zwischen ÖPNV und Individualverkehr gibt, insbesondere was die Straßennutzung anbelangt, ist es sinnvoll, an dieser Stelle diese Bereiche voneinander zu trennen, um eine bessere Übersicht zu gewährleisten. In Mexico City wird auf ein Projekt besonders intensiv eingegangen: den Metrobus. Bei diesem handelt es sich um ein Bus Rapid Transit System, welches momentan zu einem der besten kurzfristigen Lösungsansätze in Megacities zählt.

In Mexico City wird im Anschluss an die Präsentation der Verkehrsprobleme zusätzlich auf die Umweltprobleme eingegangen. Die schlechte Luftqualität ist eines der größten Probleme dieser Stadt und der Verkehr einer der Hauptverursacher dieser (vgl. Schmengler, 1996, S. 33). Zwar leidet Mumbai ebenfalls unter einer schlechten Luftqualität, jedoch bei weitem nicht in dem Ausmaß wie dies in Mexico City der Fall ist. Dieses Kapitel wurde bewusst vor dem darauf anschließenden Kapitel, in welchen die Lösungsansätze in der jeweiligen Stadt präsentiert werden, vorgestellt werden, gelegt, da sich die Lösungsansätze ebenfalls auf die Luftqualität der Stadt auswirken sollen.

In diesem Teil der Arbeit werden aktuelle und geplante Projekte zur Verbesserung der Verkehrssituation aufgezeigt und bewertet. Es werden nicht alle Projekte behandelt, da im Moment in beiden Städten eine Vielzahl an Projekten realisiert wird. Behandelt werden lediglich solche Projekte, von denen sich beide Städte den größten Nutzen erhoffen.

Im letzten Teil der Städtepräsentation wird zuerst noch ein Blick in die Zukunft beider Städte geworfen. Dies ist daher schwierig, da die Verkehrsprojekte erst vor kurzem realisiert wurden oder sich noch in der Planungsphase befinden. Trotzdem wurde an dieser Stelle versucht, eine Einschätzung abzugeben, wie sich der Verkehr in den nächsten Jahren entwickeln wird und ob die Verkehrsprojekte den gewünschten Erfolg mit sich bringen werden.

Im letzten Kapitel der Arbeit werden die beiden Städte hinsichtlich ihrer Verkehrssituation miteinander verglichen. Es werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufgezählt und die unterschiedlichen Lösungsansätze miteinander verglichen. Die ungefähr gleiche Größe der Städte ist ein Grund dafür diese beiden Städte zu wählen, da hierdurch der Vergleich der beiden Städte miteinander erleichtert wird.

Im Anschluss daran werden alternative Lösungsansätze aus anderen Großagglomerationen, nicht nur aus Entwicklungsländern präsentiert, um zu zeigen, welche anderen Strategien zur Problemlösung existieren. Es sollen nicht zwingen übertragbare Beispiele für andere Städte sein, aber dennoch aufzeigen, dass es für diverse Probleme in anderen Städten sehr gute Lösungsansätze gibt. Auf Grund der vielen Verkehrsprojekte, welche in Mexico City und Mumbai realisiert werden, fällt dieser Abschnitt kürzer aus als ursprünglich geplant, da in den Beispielstädten bereits auf eine Vielzahl von Projekten in verschiedenen Bereichen des Verkehrs eingegangen wurde.

Welche Methoden angewandt werden können, um die Verkehrssituation realistisch und nachhaltig zu verbessern, wird im letzten Teil dieses Kapitels, präsentiert. Hier sollen Handlungsempfehlungen gegeben werden, und es werden einige in der Arbeit bereits diskutierte Punkte nochmals aufgegriffen und diskutiert.

1.3 Vorgehensweise/Methodik

Es wurde, hauptsächlich im ersten Teil der Arbeit, welche die theoretischen Grundlagen enthält, größtenteils auf wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema zurückgegriffen. Zusätzlich wurde im ersten Teil eine Studie der Siemens AG mitverwendet, welche 500 Akteure (Stakeholder) aus Megacities zu den aktuellen Problemen, auch dem Verkehr, befragte. In den folgenden Kapiteln, insbesondere in den Beispielstädten, wurde neben wissenschaftlicher Literatur, hauptsächlich auf andere, teilweise nichtwissenschaftliche, Quellen zurückgegriffen. Es wurde auf Konferenzberichte, beispielsweise der Urban Age Konferenzreihe[2], zurückgegriffen, welche ebenfalls ein umfangreiches Datenpaket zu den Städten enthält. Auf diese Daten wurde gleichfalls zurückgegriffen, um die Situation in den Städten zu analysieren. Ebenso wurde Material von Institutionen wie der Weltbank verwendet. Des Weiteren wurde auf Zeitungsartikel zurückgegriffen, da diese oftmals ebenfalls einen Einblick in die Verkehrssituation einer Stadt bieten, sowie den offiziellen Websites der Städte, der Regionalbehörden und Verkehrsbetriebe von dort Informationen zu erlangen.

Es wurde zusätzlich versucht, Akteure aus den Städten zu befragen, sowie Firmen welche in diesem Gebiet intensiv forschen, jedoch war die Resonanz eher gering. Von den Akteuren der Städte kam keine Rückmeldung, trotz mehrmaligen Kontaktierens. Auch Firmen können aus Gründen des Betriebsgeheimnisses nur wenige Ergebnisse ihrer Forschung zur Verfügung stellen.

2. Verkehrsprobleme in Megacities

So vielfältig die Problemfelder in Megacities, so mannigfaltig sind auch die Verkehrsprobleme in ihnen. Es gibt unterschiedliche Ausprägungen der Verkehrsprobleme und die Ursachen für diese sind höchst unterschiedlich. Auch wenn es schwierig seien mag, all diese Probleme als Ganzes zusammenzufassen, soll dies nun im Folgenden geschehen.

2.1 Überblick: Verkehr in Megacities und daraus resultierende Probleme

In Megacities existiert, wie bereits erwähnt, eine Vielzahl an Verkehrsproblemen. Auch die Probleme in vielen Städten zwar von unterschiedlicher Natur sind, hauptsächlich in ihrer Ausprägung, lassen sich doch bei genauerer Betrachtung eine Vielzahl von wiederkehrenden Faktoren finden, die zur Ursache des Verkehrsproblems mit beitragen.

Hauptursache aller Verkehrsprobleme ist jedoch in der Regel das schnelle Wachstum der Städte. Durch einen sehr hohen Bevölkerungszuwachs in einer sehr kurzen Zeit ist es den Städten nicht möglich, eine den Bevölkerungszahlen auch nur annähernd entsprechende Infrastruktur zu errichten. Die Städte haben in ihrer Größe ein Ausmaß erreicht, welches sogar teilweise dazu führt, dass die verantwortlichen Personen den Überblick über die Stadt verloren haben. Nicht aus Unkenntnis oder schlechter Governance, sondern auf Grund der Tatsache, dass die Städte unkontrolliert wachsen. Viele der neu errichteten Siedlungen sind illegal oder Zugezogene melden sich nicht offiziell an, wie beispielsweise aus Deutschland bekannt. Das Wachstum der Städte ist so groß, dass das Verlangen nach Verkehr beinahe unstillbar geworden ist (vgl. Hilling, 1996, S. 201; vgl. Iles, 2005, S. 29). Dazu hatte und hat das Wachstum zur Folge, dass der Weg, welcher täglich von vielen Pendlern zur Arbeit zurückgelegt werden muss, sich durch die Expansion der Stadt ebenfalls verlängert (vgl. Iles, 2005, S. 29). Allerdings ist von diesem Problem nicht nur die Verkehrsinfrastruktur betroffen, sondern alle Bereiche der Infrastruktur, wie Wasserver- und entsorgung oder aber die Elektrizitätsversorgung. Denn eine homogene, langsame Stadtentwicklung, wie es in Europa größtenteils der Fall war, gab und gibt es in den Megacities praktisch nicht (vgl. Hilling, 1996, S. 202).

In einer von der Siemens AG in Auftrag gegebene Studie, die auf einer Umfrage unter 525 Stakeholdern aus 25 Megacities der Ersten und Dritten Welt basiert, kam heraus, dass das Verkehrsproblem von den Stakeholdern als wichtigstes Problem gesehen wird, wenn es um die Infrastruktur in den Megacities geht.[3] Von den befragten Stakeholdern aufstrebender Städten sahen dies 45 Prozent der Befragten als die größte infrastrukturelle Herausforderung an. Bei der Finanzierung sahen es 85 Prozent der Befragten den Verkehrsbereich als den wichtigsten Investitionsbereich ihrer Stadt an (vgl. Siemens AG, 2007, S. 27).

Die Stakeholder gehen davon aus, dass eine verbesserte Verkehrsinfrastruktur für ihre Stadt notwendig ist, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Stadt zu gewährleisten (vgl. Siemens AG, 2007, S. 6). Dies ist wichtig, da auch potentielle Investoren sich ein Bild machen, wenn es um Investitionen in der Stadt geht, und der Verkehr meistens eine der ersten Eindrücke ist, welcher Investoren geboten wird, beispielsweise auf dem Weg vom Flughafen in die Stadt. Des Weiteren ist es für die Menschen in der Stadt von Nachteil, wenn viele Menschen lange unterwegs sind. Denn aus ökonomischer Sicht bringt ein Mensch, der einen langen Anfahrtsweg, beispielsweise wegen Staus, zur Arbeit hat oder lange mit dem ÖPNV reisen muss, der Allgemeinheit keinen Nutzen. 27 Prozent der Stakeholder der Siemens-Studie (2007, S. 27) nannten das Verkehrswesen in diesem Zusammenhang als wichtigsten Anziehungspunkt für Investoren. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass hier noch andere Bereiche des Verkehrs, neben den Nahverkehr innerhalb der Stadt, in Erwägung gezogen wurde. So zum Beispiel der internationale Fernverkehr, um einen schnellen Austausch von Gütern zu gewährleisten.

Aber die Stakeholder sehen nicht nur den wirtschaftlichen Schaden, welchen eine schlechte Verkehrsinfrastruktur mit sich bringt, es wird weiterhin erwähnt, dass eine schlechte Verkehrsinfrastruktur zusätzlich ökologische Schäden nach sich zieht. Durch lange Staus und alte, ineffiziente Busse und Bahnen wird die Luft in vielen Städten teilweise so sehr verschmutzt, dass ein längerer Aufenthalt im Freien kaum möglich ist. Deshalb ist dies ein Grund, in das Verkehrswesen zu investieren. Jedoch sind sich vielen der handelnden Personen bewusst, dass dies ein langer Weg seien wird, da die Kosten für eine neue Verkehrsinfrastruktur und neue Verkehrssysteme im ÖPNV sehr hoch sind (vgl. Siemens AG, 2007, S. 6/7).

Als weiteres Schwierigkeit wird angesehen, dass im Gegensatz zu entwickelten Megacities, welche schon eine, wenn auch teilweise nur ausreichende, Verkehrsinfrastruktur haben, in vielen aufstrebenden und Schwellenstädten keine Infrastruktur vorhanden ist (vgl. Siemens AG, 2007, S. 29). Dies hängt damit zusammen, dass das Eisenbahnzeitalter, welches bei der Stadtentwicklung in Europa und den USA beispielsweise in seiner Blüte stand, in den Entwicklungsländern nicht stattgefunden hat. Dies hat zur Folge, dass in vielen Megacities oftmals keine Infrastruktur von schienengebundenen Systemen vorhanden ist. Mumbai stellt hierbei eine seltene Ausnahme dar. So passierte es, dass die rasante Expansion der Städte fast ausschließlich auf motorisierten Transport beruhte und immer noch beruht. Dies stellt insofern ein Problem dar, als dass der motorisierte Verkehr sich oftmals noch die Straße mit nichtmotorisierten Verkehr, wie Rikschas, Fahrradfahrern oder Fußgängern teilen muss. Die Konsequenz ist, dass die Geschwindigkeit des motorisierten Verkehrs teilweise extrem verlangsamt wird (vgl. Hilling, 1996, S. 203 ff.).

Die Nachfrage ist von Megacity zu Megacity ebenfalls unterschiedlich. Nach Hilling (1996, S. 201) wird die Nachfrage nach Verkehr entschieden dadurch gesteuert, welches Stadtmodell zu Grunde liegt und wie das Layout der Stadt ist.[4] Denn das Muster der Stadt bestimmt im Wesentlichen die Verkehrsflüsse. Der Hauptfluss des Verkehrs findet in der Regel zwischen den Außenbezirken einer Stadt und dem Zentrum statt. Der Verkehrsfluss zwischen den einzelnen Außenbezirken ist aber eher gering. Allerdings sei hier angemerkt, dass diese Verkehrsmuster für fast alle Städte gelten. In Städten, wo eine klare räumliche Trennung herrscht, können Bewegungsmuster meist gut erkannt werden. Jedoch ist die räumliche Trennung in Megacities oftmals nicht sehr ausgeprägt, was regelmäßige Muster im Verkehr schwer erkennbar macht (vgl. Iles, 2005, S. 28 f.).

Iles (2005, S. 28) dagegen stellt noch einige extreme Fälle vor, welche größtenteils auf Megacities zutreffen: Zum einen, ein extremer Verkehrsfluss von außen nach innen, mit wenig Verkehr in den Bezirken, welche zwischen Zentrum und den Außenbezirken liegen. Zum anderen gibt es Städte, in denen die Personen nur sehr kurze Wege zurückzulegen haben; es werden kaum längere Strecken zurückgelegt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Ursachen für Verkehrsprobleme in Megacities. Eigene Darstellung.

2.2 Modal Split in Megacities

In Zusammenhang mit dem Verkehr in Megacities ist der sogenannte Modal Split ebenfalls sehr wichtig. Modal Split meint in diesem Zusammenhang die zahlenmäßige Aufteilung des Verkehrs auf die einzelnen Verkehrsträger. Dieser wird in Megacities größtenteils durch das Einkommen der Einwohner der Stadt bestimmt. Die Einwohner lassen sich nach Hilling (1996, S. 205 ff.) in fünf Gruppen unterteilen:

1. Auf der untersten Stufe der Einkommensleiter einer Stadt stehen die Personen, welche in der Regel erst vor kurzem aus ländlichen Regionen in die Stadt kamen. Diese Personen haben normalerweise keine geregelte Arbeit, haben demzufolge wenig Geld, anfangs keinerlei Aussichten auf einen regulären Beruf und sind daher gänzlich vom motorisierten Verkehr ausgeschlossen.
2. Darauf folgen diejenigen Personen, die einen Beruf ausüben könnten; aber die Tatsache, dass sie sich keine Beförderung zu ihrem Arbeitsplatz leisten können, verhindert die dessen Ausübung.
3. Ein Gehaltsniveau wurde erreicht, welches es möglich macht, sich den Weg zur Arbeit mit Verkehrsmitteln zu leisten.
4. Das Einkommen steigt und Fahrten mit Mitteln des ÖPNV werden nicht nur für die Strecke zur Arbeit getätigt, sondern auch in der Freizeit.
5. Das Einkommen ist so gestiegen, dass günstige Formen des Individualverkehrs, wie beispielsweise Fahrräder oder Motorroller, in Anspruch genommen werden können.

Es ist einleuchtend, dass die Ärmsten der Armen, hier auf Stufe 1, kein Geld für die Teilnahme am motorisierten Verkehr haben, da sie das wenige Geld, welches ihnen zur Verfügung steht, für essentiellere Dinge, wie Essen oder Wohnen ausgeben müssen. Teilnahme am Verkehr kann sich erst geleistet werden, wenn das Einkommen steigt. Logischerweise ist es so, dass hier die Einwohner, welche in informellen Siedlungen leben, in der Regel schneller an diesen Punkt kommen, als Personen, welche in einem formalen Mietverhältnis leben und dementsprechend höhere Lebenshaltungskosten haben (vgl. Hilling, 1996, S. 206). Allerdings wird in diesem Modell nicht erwähnt, was mit den Personen geschieht, welche es nicht auf eine nächst höhere Stufe schaffen. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass es viele schaffen werden, nach einiger Zeit der Akklimatisierung in der Stadt ein geregeltes Beschäftigungsverhältnis zu erlangen und damit die Möglichkeit haben am Verkehr teilzunehmen. Doch der Prozentsatz derer die es nicht schaffen, dürfte beträchtlich sein, da der Anteil der Slumbewohner in vielen Städten immer noch sehr hoch ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es ist allerdings ein guter Ansatz, um den Modal Split in Megacities und auch anderen Städten zu erklären. Denn die finanziellen Möglich-keiten sind eine der Hauptdeterminanten, wenn es um die Wahl des geeigneten oder persönlich präferierten Verkehrsmittels geht. Bei Betrachten von Diagramm 1 kann erkannt werden, dass die Anzahl der täglich unternommenen Fahrten deutlich mit dem verfügbaren Einkommen zusammenhängen. Des Weiteren nimmt der Anteil am Individualverkehr[5] ebenfalls deutlich zu, sobald das Einkommen steigt. Diese Grafik ist zwar nur ein Beispiel, doch nach Hilling (1996, S. 207 f.) kann dies als repräsentativ angesehen werden, da in anderen Studien ebenfalls, mit nur geringen Abweichungen, ein einkommensabhängiger Modal Split festgestellt werden konnte.

[...]


[1] Dies sei aber nur als ein unterer Wert verstanden. Es sind Bevölkerungsdichten von über 40000 Einwohner/km² möglich.

[2] Eine Konferenzreihe, initiiert von der Deutschen Bank und der London School of Economics, welche halbjährlich in einer Megacity stattfindet und sich dort mit den Problemen vor Ort auseinandersetzt.

[3] Die Studie befragte, wie bereits im Text erwähnt, Stakeholder in Megacities in Ländern unterschiedlicher Entwicklung. Sie Teilte die Städte ein in: aufstrebende Städte, welche in der Regel Megacities in der Dritten Welt sind, Schwellenstädte, welches in der Regel Städte in Schwellenländern sind sowie entwickelte Städte, welches in der Regel Megacities in den Industrienationen sind.

[4] Sieh auch: Iles (2005, S. 28)

[5] In der Grafik „Private“

Ende der Leseprobe aus 86 Seiten

Details

Titel
Verkehrsprobleme in Megacities
Untertitel
Die Beispiele Mexico City und Mumbai
Hochschule
Universität Trier
Note
2,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
86
Katalognummer
V160232
ISBN (eBook)
9783640739288
ISBN (Buch)
9783640739608
Dateigröße
2494 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Megacities, Verkehr, Entwicklungsländer, Mexico City, Mexico Stadt, Mumbai, Bombay, Infrastruktur
Arbeit zitieren
Heinrich Mario Nink (Autor:in), 2009, Verkehrsprobleme in Megacities, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160232

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