Gallienus - ein gescheiterter Kaiser?


Seminararbeit, 2008

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung
1. Fragestellung
2. Antike Quellen

II. Die Regierung des Gallienus
1. Ereignisgeschichtlicher Überblick
2. Gallienus – ein gescheiterter Kaiser?
a. Umgang mit den Christen
b. Gallienus und die hellenische Kultur
c. Ausschluss der Senatoren aus dem Militär
d. Die „Militärreform“ des Gallienus

III. Fazit

IV. Literaturverzeichnis
1. Quellen
2. Sekundärliteratur

I. Einleitung

1. Fragestellung

Das dritte Jahrhundert war geprägt von Herrschern, die nur sehr kurz an der Macht waren und keine oder kaum Zeit dafür hatten, sich um nötige Reformen im Römischen Reich zu kümmern – es ging Ihnen im Gegenteil zumeist lediglich darum, einerseits so lange wie möglich zu überleben und andererseits das Reich gegen immer stärkere Einfälle von Barbaren zu verteidigen.

Zumindest dem Kaiser Gallienus wird von einigen Historikern unterstellt, dass er sich auf positive Art von anderen Soldatenkaisern abgrenzt. Dies habe ich zum Anlass genommen, mich mit Gallienus genauer zu beschäftigen.

In die Zeit seiner Regierung fällt mit der Gefangennahme seines Vaters Valerian einer der Tiefpunkte der römischen Geschichte der Kaiserzeit. Dies und massive innen- und außenpolitische Probleme, hervorgerufen durch Usurpatoren und die Bildung zweier Sonderreiche, haben dazu geführt, dass Gallienus in der Geschichtsschreibung deutlich negativ gefärbt gezeigt wird. Doch ist diesen tendenziösen Texten zu glauben? War Gallienus wirklich nicht erfolgreich? Ist er am Ende gar kein gescheiterter Kaiser? Diese Fragen werde ich im Folgenden zu beantworten versuchen.

Gute Dienste leistete mir dabei die Monographie von Lukas de Blois „The policy of the Emperor Gallienus“[1], die zusammen mit Andreas Alföldis Aufsatzsammlung „Studien zur Geschichte der Weltkrise des dritten Jahrhunderts“ den Ausgangspunkt dieser Hausarbeit bildet.[2]

2. Antike Quellen

Für die Regierungszeit des Gallienus haben wir keinerlei zeitgenössische historiographische Quellen und müssen uns deswegen mit den zumeist problematischen, weil sehr kurzgefassten und tendenziösen Breviarien des vierten Jahrhunderts sowie einiger späterer griechischer, christlicher und byzantinischer Geschichts­schreiber begnügen. Dementsprechend schwierig ist es, herauszufinden, was unter Gallienus tatsächlich geschehen ist – den größten Teil können wir bisher nur vermuten. Außerdem gestaltet sich die genaue Datierung vieler Ereignisse und Feldzüge äußerst schwierig, weil die Quellen sich dort zum Einen sehr uneins sind, sie zum Anderen aber auch oft als nicht vertrauenswürdig eingestuft werden müssen.

Gallienus wird von den Quellen unterschiedlich bewertet. Es zeichnen sich zwei Traditionen ab:

Die lateinische Tradition der senatorischen Geschichtsschreibung des vierten Jahrhunderts ist bestrebt, Gallienus’ Nachfolger Claudius als gut darzustellen, weil er als Vorfahre des als positiv empfundenen Konstantin galt.[3] Dazu wird Gallienus, an dessen Mord Claudius wohl beteiligt war (was die Quellen verschweigen und – im Falle der HA – sogar auffällig deutlich dementieren[4] ), als schlechter Herrscher hingestellt.[5]

Die senatorische Geschichtsschreibung hat natürlich in der auf Gallienus zurückgehenden Beschneidung der Senatorenrechte einen zusätzlichen Grund, ihn negativ und den „senatstreueren Vorgänger“ Valerian positiv darzustellen[6].

Zu diesen Quellen zählen die Caesares des Aurelius Victor, das Breviarium ab urbe condita des Eutropius und natürlich die Historia Augusta, die aufgrund von ausgeprägter Tyrannentopik kaum ernst zu nehmen ist. Da zwischen diesen drei Quellen auffällige Ähnlichkeiten bestehen, geht man seit dem Ende des 19. Jahrhunderts davon aus, dass ihnen ein gemeinsames, nicht erhaltenes Werk mit senatorischer Grundtendenz, die sogenannte „Enmannsche Kaisergeschichte“, zugrunde liegt.[7]

Die griechisch-byzantinische Tradition hingegen stellt Gallienus positiv, gelegentlich gar heroisch dar. Verwendet habe ich die Neue Geschichte des Zosimus, die wohl aus dem beginnenden sechsten Jahrhundert stammt, Eusebius von Caesareas Kirchengeschichte aus dem vierten und Johannes Zonaras’ Werk aus dem 12. Jahrhundert. Obwohl auch sie gewissen Tendenzen unterliegen[8], erscheinen sie mir glaubwürdiger als die lateinischen Quellen. Leider enthalten auch sie nicht die ausführlichen Informationen, die notwendig wären, um die Geschehnisse während der Regierungszeit des Gallienus zweifelsfrei rekonstruieren oder auch nur datieren zu können. Zumindest Zosimus fußt jedoch teilweise auf den Historiker Dexippus[9], der ein Zeit­genosse des Gallienus war und von dessen Werk uns nur Fragmente erhalten sind. Dies trägt meiner Ansicht nach ebenfalls zur Glaubwürdigkeit des Zosimus bei[10].

II. Die Regierung des Gallienus

1. Ereignisgeschichtlicher Überblick

Um eine Grundlage für die Frage nach den Erfolgen oder Misserfolgen des Gallienus zu schaffen, ist es notwendig, sich zunächst einen kurzen Überblick über die Ereignisse während seiner Regierungszeit zu verschaffen. Über die zeitliche Abfolge geben die Quellen keine sichere Auskunft. Daher gibt es über die Datierung vieler Ereignisse keinen Konsens. Da sich diese Hausarbeit jedoch nicht primär mit diesem Thema beschäftigt, werde ich nur auf die mir wichtig erscheinenden Differenzen hinweisen.

Nach seiner Erhebung zum Kaiser im Jahr 253 machte Valerian seinen damals 35-jährigen Sohn P. Licinius Egnatius Gallienus zum Mitkaiser[11] (u.a. Zos. 1, 30) und zog in den Osten, um Krieg gegen Schapur I. zu führen, während Gallienus im Westen blieb und die Rheingrenze verteidigte. Die beiden Licinier herrschten nun sieben Jahre lang gleichberechtigt; Valerian verfolgte eine rigorose anti-christliche Politik[12].

Auf seinem Zug gegen den Perserkönig Schapur wurde Valerian gefangen genommen, was gemeinhin als große Schande angesehen wurde und das Reich wahrscheinlich enorm erschütterte. Über das Datum der Gefangennahme gibt es Differenzen; inzwischen nimmt man mit ziemlicher Sicherheit das Jahr 260 an,[13] doch auch für eine frühere Datierung lassen sich Argumente finden[14].

Gallienus blieb am Rhein und kämpfte dort erfolgreich gegen die Germanen (Zos 1, 37, 2), bis ihn die Usurpation des Ingenuus nach Pannonien rief. Die Datierung dieser Usurpation ist ebenso unsicher wie die der Gefangennahme Valerians – sicher ist der Zeitraum zwischen 258 und 260.[15] Ingenuus wurde mit Hilfe des Generals Aureolus besiegt (und auch Regalianus, der von dem Rest der pannonischen Truppen zum Kaiser ausgerufen worden war, Aur. Vict. Caes. 33,2; HA trig. tyr. 10,1). Im Osten des Reiches hatten sich inzwischen die Söhne des Macrianus zu Kaisern erklären lassen; sie wurden von Aureolus und dem palmyrenischen Fürsten Odaenathus niedergeworfen. Aureolus bekämpfte ebenso erfolgreich und ebenfalls etwa zu jener Zeit den ägyptischen Usurpator Aemilianus. Die große Zahl der Usurpatoren ist sicherlich auch auf die Schmach der Gefangennahme Valerians zurückzuführen.

[...]


[1] Blois, L. de, The policy of the Emperor Gallienus, Leiden 1976 (zugl. Diss. Univ. Amsterdam 1974).

[2] Alföldi, A., Studien zur Geschichte der Weltkrise des dritten Jahrhunderts nach Christus, Darmstadt 1967.

[3] HA Gall. 14,3.

[4] HA Gall. 14,2.

[5] Armstrong, D., Gallienus in Athens; in: ZPE 70, 1987, S. 235-258, hier: S. 237f.

[6] Blois, Policy, S. 24 u. 33.; Zos. 1, 14, 1.

[7] Brecht, S., Die römische Reichskrise von ihrem Ausbruch bis zu ihrem Höhepunkt in der Darstellung byzantinischer Autoren, Lahden 1999 (zugl. Diss. Univ. Würzburg), S. 44f.

[8] Besonders der Kirchenhistoriker Eusebius, der Gallienus aufgrund dessen Politik gegenüber den Christen in einem äußerst positiven Licht darstellt.

[9] Armstrong, Athens, S. 239.

[10] Auch wenn, wie Willger bemerkt, wohl auch Teile der HA auf Dexippus zurückgehen: Willger, H.-J, Studien zur Chronologie des Gallienus und Postumus, Saarbrücken 1966 (zugl. Diss.), S. 25.

[11] Gallienus wurde vielleicht auch vom Senat zum Caesar ernannt, was mir unwahrscheinlicher erscheint (Aur. Vict. Caes. 32,3; Eutr. 9,7). Siehe dazu: Peachin, M., Gallienus Caesar?; in: ZPE 74, 1988, S. 219ff. Blois und Alföldi lassen ihn 253 Caesar und 254 Mitkaiser werden: Blois, Policy, S. 1 und Alföldi, Studien, S. 361.

[12] Siehe II.2.a.

[13] So z.B. Wickert, L., s.v. Licinius; in: RE 13, 1926, Sp. 353 und Christ, K., Geschichte der römischen Kaiserzeit, München 1995, S. 670.

[14] Dazu z.B. Willger, Chronologie, S. 78f., der für eine Datierung auf 258 oder 259 eintritt, und auch Blois, Policy, S. 1, geht von 259 aus.

[15] Hanslik tritt energisch ein für 258 (Hanslik, R., s.v. Gallienus; in: KlP 2, 1979, Sp. 684); Christ und Alföldi plädieren für 260 (Christ, Kaiserzeit, S. 670 und Alföldi, Studien, S. 363).

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Gallienus - ein gescheiterter Kaiser?
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
15
Katalognummer
V159083
ISBN (eBook)
9783640716128
Dateigröße
534 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gallienus, Römisches Reich, Militärreform, Christentum, Reichskrise, Valerian
Arbeit zitieren
Bastian Kruse (Autor:in), 2008, Gallienus - ein gescheiterter Kaiser?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/159083

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