Binnenmarktrechtliche Grenzen der Einschränkung privater Glücksspielangebote

Europarechtliche Vorgaben und nationale deutsche Regelungen im gewerblichen Glücksspielbereich


Magisterarbeit, 2010

81 Seiten, Note: 13 (gut)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung

B. Definition und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes
I. Der rechtliche Glücksspieltatbestand
1. Zufallsabhängigkeit von Gewinn und Verlust
2. Entgeltlichkeit und Gewinnchance
3. Öffentlichkeit
4. Abgrenzung zu wirtschaftlichen Geldanlagen
II. Gefahren des Glücksspielens
1. Gesundheitsgefahren durch pathologisches Spielen (Spielsucht)
2. Manipulationsanfälligkeit und Umfeldkriminalität

C. Vergleich der nationalen Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten zur Gefahrenabwehr im Glücksspielbereich
I. Die Glücksspielpolitik der EU
II. Die rechtliche Ausgangslage in Malta und Gibraltar
III. Das deutsche Glücksspielrecht
IV. Die Sach- und Rechtslage in Italien
V. Zwischenergebnis

D. Vereinbarkeit der nationalen Beschränkungen mit europarechtlichen Vorgaben
I. Schutzgehalt der Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV
II. Schutzgehalt der Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 AEUV
III. Schutzgehalt der Warenverkehrsfreiheit, Art. 34 AEUV
IV. Eingriff in den Schutzbereich der Grundfreiheiten durch die Einschränkung privater Glücksspielangebote
V. Rechtfertigung der nationalen Maßnahmen
1. Rechtsprechung des EuGH zum Glücksspielwesen
a) EuGH-Urteil Schindler vom 23.03.1994
aa) Sachverhalt
bb) Entscheidung
cc) Bewertung
b) EuGH-Urteil Läärä vom 21.09.1999
aa) Sachverhalt
bb) Entscheidung
cc) Bewertung
c) EuGH-Urteil Zenatti vom 21.10.1999
aa) Sachverhalt
bb) Entscheidung
cc) Bewertung
d) EuGH-Urteil Gambelli vom 6.11.2003
aa) Sachverhalt
bb) Entscheidung
cc) Bewertung
e) EuGH-Urteil Placanica vom 6.3.2007
aa) Sachverhalt
bb) Entscheidung
cc) Bewertung
f) EuGH-Urteil Liga Portuguesa vom 9.9.2009
aa) Sachverhalt
bb) Entscheidung
cc) Bewertung
2. Gesamtbetrachtung und Bewertung der bisherigen EuGH- Rechtsprechung
3. Andere im Schrifttum vertretene Ansichten
a) Argumente der Liberalisierungsbefürworter
b) Argumente für die ablehnende Haltung des EuGH

E. Schlussfolgerungen für das deutsche Glücksspielrecht
I. Aktuelle rechtliche Ausgangslage in Deutschland
II. Binnenmarktrechtliche Kritikpunkte am deutschen Glücksspielrecht
1. Inkohärenz aufgrund der Unterschiede im Bundes- und Landesrecht?
2. Inkohärenz des Totalverbots von Internetglücksspielen?
3. Inkohärenz der Zielrichtung der deutschen Glücksspielpolitik?
III. Gesamtbewertung des deutschen Glücksspielrechts

F. Fazit und Ausblick

A. Einleitung

Das Glücksspielrecht ist seit jeher ein äußerst konfliktbeladenes Rechtsgebiet. Obwohl Glücks- und Geldspiele im Laufe der Geschichte immer wieder aus Gründen der Moral, der Religion oder des Schutzes der öffentlichen Ordnung verurteilt wurden[1], setzten sie sich als ein gesellschaftliches Faktum durch und bescherten dem Staat hohe Einkünfte und eine nicht unerhebliche Zahl an Arbeitsplätzen[2]. Schon seit Jahrhunderten wird daher über das Spannungsfeld zwischen dem fiskalischen Interesse des Staates an den Gewinnen der Glücksspielbranche auf der einen und seinen ordnungspolitischen Zielsetzungen wie der Suchtbekämpfung und der Betrugsvorbeugung auf der anderen Seite gestritten[3]. Wegen des enormen Gefahren- sowie Wirtschaftspotentials des Glücksspielwesens sah sich der Staat traditionell veranlasst, das Glücksspielwesen streng zu reglementieren und nach Möglichkeit staatliche Monopole zu bilden. Hierbei schwankte die Politik zwischen einem völligen Verbot, einer engen Umrahmung durch Vorschriften, die eine Verwendung der Einnahmen aus Glücksspielen ausschließlich zur Finanzierung öffentlicher Anliegen vorsahen, bis hin zu einer expansiven Förderung des Glücksspielwesens zur Verbesserung der allgemeinen staatlichen Haushaltslage[4].

Diese etablierte und lange unangetastet gebliebene Monopolstellung des staatlichen Glücksspiels wird seit dem Aufkommen moderner Telekommunikationsformen wie der Mobiltelefonie, des interaktiven Fernsehens und vor allem des Internets sowohl rechtlich als auch faktisch immer mehr in Frage gestellt. Konnten noch vor zwanzig Jahren Glücksspiele nur an bestimmten Orten wie Wettbüros, Pferderennbahnen und Kasinos gespielt werden, hat sich der Glücksspielmarkt aufgrund des technischen und kommunikativen Fortschritts mittlerweile stark internationalisiert. Auffälligstes Beispiel ist die rasante Entwicklung des Internets seit Mitte der neunziger Jahre, die mit immer noch anhaltender erheblicher Veränderungsdynamik einen grenzüberschreitenden Glücksspielmarkt innerhalb der EU ermöglicht[5]. Zunehmend dehnen private Glücksspielanbieter ihr Vertriebsgebiet mittels Internet und anderer Kommunikationsmittel über die Grenzen ihres Heimatstaates hinweg aus und bieten fortwährend neue Spielmöglichkeiten, zum Beispiel Sportwetten, zu festen Gewinnquoten oder Onlinecasinos an[6]. Eine rechtliche Kontrolle und Eindämmung des immer stärker umkämpften und zunehmend unübersichtlich werdenden Glücksspielmarktes wird damit immer schwieriger. Dies zeigt unter anderem die Diskussion um den jüngsten deutschen Sportwettenskandal vom November 2009[7].

Aufgrund der dynamischen Entwicklung des Glücksspielwesens ist auch das Glücksspielrecht erheblich in Bewegung geraten. Das rechtliche Konfliktpotential liegt zum einen darin begründet, dass die staatlichen Stellen mit den verschiedensten Mitteln versuchen, private Glücksspielanbieter vom Markt zu drängen, um damit ihre eigenen Glücksspielangebote zu stärken[8]. Zum anderen ist das Glücksspielrecht in der EU bisher noch nicht harmonisiert worden, obwohl die meisten Anbieter ihre Glücksspiele mittels Internet und anderer Vertriebswege europaweit anpreisen[9]. Daher suchen sich viele Anbieter für ihren Firmensitz den Mitgliedstaat aus, in dem die für ihr Vorhaben günstigsten, das heißt möglichst liberalen Rechtsvorschriften bestehen und bieten von diesem Mitgliedstaat aus ihre Glücksspiele im gesamten Unionsgebiet an[10]. Kommt es dann in anderen Mitgliedstaaten zu Konflikten mit den dortigen Vorschriften zur staatlichen Gefahrenabwehr, fühlen sich die Anbieter in ihren europarechtlich im AEU-Vertrag garantierten Freizügigkeitsrechten, insbesondere dem Recht auf einen freien Dienstleistungsverkehr gem. Art. 56 AEUV, verletzt.

Durch diese und ähnliche Konstellationen ist es in den letzten Jahren zu einer regelrechten Flut an Prozessen vor dem Europäischen Gerichtshof gekommen. Zwar konnten die bisher ergangenen Urteile[11] einige offene Fragen klären, im Detail ist aber noch immer vieles unklar, was die große Anzahl der derzeit noch offenen Verfahren vor dem EuGH belegt[12].

Ziel dieser Magisterarbeit ist es daher, die europarechtlichen Grenzen der Einschränkung privater Glücksspielangebote aufzuzeigen. Hierfür soll die bisherige EuGH-Rechtsprechung systematisiert und bewertet werden. Deshalb werden in einem ersten Teil der Arbeit die verschiedenen Glücksspiele und die von ihnen ausgehenden Gefahren dargelegt. Danach erfolgt in einem rechtsvergleichenden Teil eine Darstellung der unterschiedlichen rechtlichen Ansätze, mit denen die Mitgliedstaaten der EU diesen Gefahren entgegentreten. Im dritten Teil soll dann auf die Konflikte eingegangen werden, welche die nationalen Maßnahmen mit geltenden Vorschriften des Europarechts hervorrufen können. Hierbei sollen neben einer Zusammenfassung und Bewertung der EuGH-Rechtsprechung auch die Möglichkeiten einer Harmonisierung des europäischen Glücksspielrechts, wie sie zum Teil in der Literatur gefordert wird[13], diskutiert werden. Abschließend soll die Vereinbarkeit der deutschen Rechtslage und hier insbesondere der zu Beginn des Jahres 2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag[14] mit den vom EuGH aufgestellten Kriterien überprüft werden.

B. Definition und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes

I. Der rechtliche Glücksspieltatbestand

Nach der gängigen Definition in Rechtsprechung und Schrifttum liegt dann ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über Gewinn oder Verlust des Spiels vom Zufall abhängt[15]. Dies ist dann der Fall, wenn der Ausgang des Spiels nach den Spielbedingungen nicht wesentlich von den geistigen und körperlichen Fähigkeiten, den Kenntnissen, der Übung und der Aufmerksamkeit des Spielers abhängt, sondern allein oder überwiegend vom Wirken unberechenbarer, dem Einfluss der Beteiligten entzogener Ursachen[16]. Abzugrenzen sind die Glücksspiele damit zum einen von den reinen Unterhaltungsspielen, bei denen nicht der Geldeinsatz und –gewinn im Vordergrund steht, sondern das Spielvergnügen an sich und zum anderen von den sogenannten Geschicklichkeitsspielen, bei denen nicht der Zufall, sondern überwiegend das Talent des Spielers den Ausgang entscheidet. Dieser Abgrenzung kommt erhebliche Bedeutung zu, da viele rechtliche Restriktionen, in Deutschland z. B. § 284 StGB, §§ 33c ff. GewO und §§ 762 f. BGB, maßgeblich auf den Begriff des Glücksspiels abstellen und Unterhaltungs- und Geschicklichkeitsspiele unangetastet lassen[17].

1. Zufallsabhängigkeit von Gewinn und Verlust

Lotterien und Bingo-Spiele sind, sofern sie um Geld gespielt werden, unproblematisch als Glücksspiele einzustufen, da der Gewinn bei diesen ausschließlich vom Zufall abhängt. Dasselbe gilt für Roulette- und Würfelspiele[18]. Auch Quizspiele können Glücksspiele sein. So sind zum Beispiel bei einigen Fernsehsendungen die Quizfragen so leicht, dass sie in der Regel von jedem beantwortet werden können und daher das Glück, eine freie Telefonleitung zugeteilt zu bekommen, über den Gewinn entscheidet und nicht das Wissen der Quizfrage[19].

Die in den Spielbanken (Casinos) angebotenen Kartenspiele wie Black-Jack, Baccara und die dortigen Pokervarianten werden ebenfalls als Glücksspiele angesehen, weil die Entscheidung über Gewinn oder Verlust bei diesen überwiegend von den gezogenen Karten und damit vom Zufall abhängt[20].

Bei anderen in Mode gekommenen Pokervariationen wie dem „Texas Hold‘em Poker“ wird dagegen der Spielablauf stärker durch die Aufmerksamkeit, die taktischen und strategischen Fähigkeiten sowie die Kenntnisse der Spieler beeinflusst, weshalb diese zum Teil als Geschicklichkeits- und nicht als Glücksspiele eingestuft werden[21]. Dasselbe gilt für Skat, Schafkopf und andere vergleichbare Kartenspiele[22].

Auch bei den Wettspielen und hier insbesondere bei den derzeit stark in der öffentlichen Diskussion stehenden Sportwetten ist die Grenze zwischen Glücks- und Geschicklichkeitsspiel nicht eindeutig zu ziehen und daher im Einzelfall umstritten[23]. Hängt zum Beispiel eine Wette auf den Sieger eines Fußballspiels noch stark von den Kenntnissen und richtigen Einschätzungen über die Stärken und Schwächen der beiden Mannschaften ab, werden Wetten auf bestimmte Spielereignisse wie Fouls oder Einwürfe, die ebenfalls angeboten werden, ausschließlich vom Zufall entschieden.

Es ist daher nicht bei jedem Spiel eindeutig, ob der Spielgewinn/-verlust überwiegend auf das Glück/Pech bzw. Geschick/Ungeschick des Spielers zurückzuführen ist. Daher muss jedes Spiel für sich genommen daraufhin überprüft werden, ob ein Glücks- oder ein Geschicklichkeitsspiel vorliegt[24]. Die Rechtsprechung tendiert dazu, den Tatbestand des Glücksspiels und damit die Vorschriften des Glücksspielrechts auch auf Spiele anzuwenden, deren Ausgang eher vom Geschick als vom Glück abhängen, wenn diese in gleicher Weise dazu geeignet sind, eine besondere Spielleidenschaft zu entfachen und damit Spielsucht und andere Gefahren auslösen können[25].

2. Entgeltlichkeit und Gewinnchance

Einer der wichtigsten Gründe, warum Glücksspiele erheblichen Restriktionen unterworfen sind, ist die Gefahr, aufgrund des zufallsbedingten Ausgangs des Spiels erhebliche Vermögensverluste zu erleiden[26]. Besonders gefährlich an der Kombination Spiel und Geld ist die Veranlagung des Menschen, Verluste eines Spiels durch entsprechend höhere Gewinne des nächsten Spiels ausgleichen zu wollen[27]. Deshalb sind die Vorschriften, die in Abgrenzung zu den reinen Unterhaltungsspielen auf den Begriffs des Glücksspiels abstellen, nur dann einschlägig, wenn der Spieler zum einen vor dem Spiel dazu gezwungen ist, einen geldwerten Einsatz zu leisten und er zum anderen mit dem Ausgang des Spiels die Chance hat, einen vermögenswerten Gewinn zu erzielen[28].

Mangels geldwerten Einsatzes fallen daher z.B. Preisausschreiben, für die außer Porto- bzw. Telefongebühren keine weiteren Kosten erhoben werden, nicht unter den Glücksspielbegriff[29]. Zu beachten sind in diesem Zusammenhang aber die Fälle, in denen „versteckte Einsätze“ gezahlt werden müssen. So setzen z.B. die meisten Fernsehgewinnspiele einen Telefonanruf über eine Mehrwertrufnummer (z.B. 0900-/ 0137-) oder das Senden einer SMS mit einem hohen Festpreis voraus. Wenn hierdurch die überwiegenden Einnahmen des Spielanbieters erzielt werden und der Ausgang des Spiels vom Zufall abhängt, sind diese Gewinnspiele als Glücksspiele einzuordnen[30].

3. Öffentlichkeit

Ein weiteres, allgemein anerkanntes Definitionsmerkmal des Glücksspielbegriffes ist die Öffentlichkeit des Spielangebotes. Eine Gewinnspielveranstaltung wird in der Regel nur dann als Glücksspiel angesehen, wenn sie für einen größeren, nicht fest geschlossenen Personenkreis zugänglich ist[31]. Diese Einschränkung dient dazu, ein unangemessenes Eingreifen in die Privatsphäre der Bürger zu vermeiden. Daher werden z.B. Wetten im privaten Umfeld oder Spielrunden im Familien- und Freundeskreis nicht als Glücksspiele angesehen, auch wenn um Geld gespielt wird[32]. Wie bei den anderen Definitionsmerkmalen sind aber auch hier die Grenzen fließend. So geht etwa der deutsche Glücksspielstaatsvertrag in seinem § 3 Abs. 2 ausdrücklich auch dann von einem öffentlichen Glücksspiel aus, wenn dieses „gewohnheitsmäßig in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften“ veranstaltet wird.

4. Abgrenzung zu wirtschaftlichen Geldanlagen

Börsenspekulationen und ähnliche wirtschaftlich als riskant geltende Geldanlageformen weisen Eigenschaften auf, die mit den bisher behandelten Merkmalen eines Glücksspiels durchaus vergleichbar sind[33]. Dennoch stellen diese keine Glücksspiele in dem hier behandelten Sinne dar, da ein Glücksspiel trotz der Absicht, Gewinne zu erzielen, letztlich der Unterhaltung dient, ohne darüberhinaus einen gesellschaftlichen oder ernsthaften wirtschaftlichen Zweck zu verfolgen. Geldanlagen dienen dagegen der Vermögens- und Alterssicherung, weshalb ihre finanziellen Risiken und Missbrauchsgefahren durch besondere Bestimmungen des Finanzdienstleistungsrechts detailliert geregelt werden[34].

Eine gewisse Vergleichbarkeit der beiden Rechtsmaterien ist dennoch nicht von der Hand zu weisen. Wie im Bankensektor nehmen auch im Glücksspielbereich die Möglichkeiten für den Einzelnen zu, mittels Internet und anderer Vertriebswege auf gewinnversprechende Angebote ausländischer Anbieter einzugehen und sich deren Chancen und Risiken auszusetzen.

II. Gefahren des Glücksspielens

Die Möglichkeit, zum Zwecke der Gewinnerzielung Glücksspiele anzubieten, wird für Privatpersonen durch die jeweiligen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten in der gesamten Union stark eingeschränkt[35]. Zwar weichen die verschiedenen Restriktionsvorschriften der Unionsstaaten stark voneinander ab, doch ist die Begründung für die Einschränkung des freien Marktes im Glücksspielwesen ausschließlich dieselbe, namentlich die Gefahren des Glücksspielens präventiv verhindern oder zumindest eingrenzen zu müssen. Daher sollen im folgenden Teil die tatsächlichen Gefahren eines uneingeschränkten Glücksspielmarktes aufgezeigt werden.

1. Gesundheitsgefahren durch pathologisches Spielen (Spielsucht)

Je häufiger Glücksspiele gespielt werden, desto attraktiver werden sie für den Anbieter, da sie, wenn sie gewerblich angeboten werden, so programmiert sind, dass trotz des zufallsbedingten Ausgangs des Spiels die Wahrscheinlichkeit zu verlieren immer höher ist als die zu gewinnen. Daher versuchen die Anbieter die natürliche Spielleidenschaft des Menschen anzufachen, indem sie die Aussicht für den Spieler, Geld zu gewinnen, besonders attraktiv darstellen[36]. Deshalb können Glücksspiele ein für die Gesundheit und das Vermögen des Betroffenen gefährliches krankhaftes Suchtverhalten entwickeln. Die Medizin hat die Spielsucht (pathologisches Spielen) nach anfänglicher Verharmlosung inzwischen allgemein als Krankheit im Sinne einer psychischen Störung anerkannt und nachgewiesen, dass diese für den Betroffenen und dessen Umfeld ähnliche Probleme mit sich bringen kann, wie etwa eine Drogenabhängigkeit[37].

Besonders suchtgefährdend sind wegen der sofortigen Gewinnausschüttung und des Anreizes, Verluste unmittelbar durch die Erhöhung der Einsätze in den Folgespielen auszugleichen, die in den Casinos und Spielhallen angebotenen Glücksspielvarianten[38]. Lotterien sind hingegen wegen des zeitlichen Abstands zwischen den Spielen sowie zwischen Loserwerb und Gewinnausschüttung weniger suchtgefährdend[39]. Die Suchtgefahr der neueren, durch die rasante Entwicklung im Telekommunikationsbereich entstandenen Glücksspiele, etwa die Sportwetten im Internet oder die Fernsehquizspiele, ist noch nicht abschließend erforscht[40]. Sie ähneln hinsichtlich des Spielablaufs zwar eher dem Lotterie- als dem Casinospiel, können jedoch vom Spieler jederzeit und an jedem Ort gespielt werden, ohne dass das Spielen öffentlich wahrgenommen wird. Daher sind diese Spiele gerade wegen ihrer Anonymität und der ständigen Verfügbarkeit besonders dazu geeignet, eine gefährliche Spielleidenschaft auszulösen[41].

Die Suchtgefahr der verschiedenen Glücksspiele ist somit unterschiedlich zu beurteilen. Dies kann rechtlich insbesondere dann relevant sein, wenn ein Mitgliedstaat bestimmte Glücksspiele, die verstärkt von Privatanbietern angeboten werden, aus Gründen der Suchtbekämpfung verbietet und andere, die vor allem er selbst offeriert, erlaubt lässt, obwohl die Suchtgefahr bei den verbotenen Glücksspielen in Wirklichkeit geringer ist als bei den weiterhin erlaubten[42].

2. Manipulationsanfälligkeit und Umfeldkriminalität

Neben der Problematik der gesundheitsgefährdenden Spielsucht für den Einzelnen kann ein zu freier Glücksspielmarkt auch für den Spielanbieter und die Allgemeinheit gewisse Gefahren auslösen. Zum einen steigen bei einem erhöhten Aufkommen von Spielsüchtigen auch dessen Begleiterscheinungen wie die Beschaffungskriminalität und die Kosten für die medizinische Behandlung der Sucht. Zum anderen ist bei Glücksspielen regelmäßig viel Geld im Umlauf, was eine spezifische Anfälligkeit für Manipulation, Betrug und andere kriminelle Machenschaften nach sich zieht[43]. Je unübersichtlicher das Spielangebot ist und je unklarer die rechtlichen Grenzen des freien Glücksspielmarktes gezogen werden, desto größer ist auch die Gefahr, dass manipuliert und betrogen wird.

Im Fokus der Öffentlichkeit stehen hierbei derzeit die neuen, vor allem im Internet und damit grenzüberschreitend angebotenen Spielvarianten. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Sportwette zu nennen, die in den Jahren 2005 und 2009 im Bereich des Fußballsports einen internationalen Skandal in den Medien auslöste[44]. Bei dieser können die Spieler ihre Wetten bei Online-Wettanbietern abgeben, die zumeist in den Steueroasen der EU wie Malta oder Gibraltar[45] sitzen, oftmals nicht über eine Lizenz für das jeweilige Heimatland des Wettkunden verfügen und damit auch nicht deren strengeren Kontrollen ausgesetzt sind. Angeboten werden Wetten auf Spielereignisse in den verschiedensten europäischen Ligen im Profi- und Amateurbereich, wobei besonders in unterklassigen Fußballligen die Spielergehälter gering sind und die öffentliche Kontrolle begrenzt ist[46]. Daher bieten der Fußball und andere Sportereignisse einen idealen Nährboden für Spielmanipulationen durch die Bestechung einzelner Spieler und Schiedsrichter.

Das Beispiel der Sportwette, das in ähnlicher Weise auf viele der neueren Glücksspielangebote übertragen werden kann, verdeutlicht somit die kriminellen Gefahren, die durch einen uneingeschränkten Glücksspielmarkt vor allem im Bereich des Internets entstehen können[47].

Maßnahmen zur präventiven Abwehr dieser Gefahren sind im Glücksspielbereich auf zwei verschiedene Arten möglich. Zum einen können rechtliche Verbote und andere Reglementierungen[48] für besonders manipulationsanfällige Glücksspiele der Betrugsgefahr vorbeugen, wenn deren Einhaltung streng kontrolliert wird. Bei Internetangeboten sind aber die Kontrollmöglichkeiten der Anbieter begrenzt und die Sperrung bzw. Blockade der Internetseiten technisch und rechtlich schwer umzusetzen, vor allem wenn diese von ausländischen Servern aus betrieben werden.[49] Außerdem können zu weit gefasste Reglementierungen dazu führen, dass die legal angebotenen Glücksspielvarianten für die Spieler nicht mehr attraktiv erscheinen und in dessen Folge der Glücksspielmarkt mehr und mehr in die Illegalität abwandert, was eine effektive Kontrolle der Glücksspielangebote zusätzlich erschwert[50].

Daher werden Verbote und Reglementierungen bestimmter Glücksspielangebote zunehmend durch die zweite Möglichkeit, den Manipulations- und Betrugsgefahren im Glücksspielbereich vorzubeugen, ergänzt. Diese besteht darin, Ausschließlichkeitsrechte an Einzelne, dem Staat zugehörige oder zumindest einer engen staatlichen Kontrolle unterstehende Wirtschaftsteilnehmer zu verleihen, die dann ein überwachtes und sicheres Angebot an bestimmten Glücksspielen gewährleisten sollen. Zwar kann eine kontrollierte staatliche Expansion nicht verhindern, dass private Anbieter über ausländische Internetseiten und andere Kommunikationswege dieselben Glücksspiele anbieten. Jedoch verlieren diese Angebote für die Spieler an Attraktivität, wenn gleichzeitig ein staatliches Produkt angeboten wird, das eine manipulationsfreie und zuverlässige Durchführung des Glücksspiels ohne eigenes Gewinnstreben gewährt[51]. Deshalb kann ein gezieltes staatliches Engagement im Glücksspielbereich grundsätzlich geeignet sein, den Spielbetrieb in kontrollierte Bahnen zu lenken und die Gefahren eines auf Betrug und andere Straftaten ausgerichteten Spielbetriebs auszuschalten[52]. Allerdings entstehen bei einer staatlichen Expansion im Glücksspielbereich zum Zwecke der Betrugsvorbeugung fast zwangsläufig Konflikte mit dem vorrangigen staatlichen Ziel, die Bürger vor der Spielsucht und damit vor Gesundheitsgefahren zu schützen. Denn je stärker der Staat seine eigenen Glücksspielangebote ausbaut und bewirbt, desto mehr weckt er auch die Spielleidenschaft seiner Bevölkerung. Außerdem ist eine Politik der staatlichen Expansion zum Zwecke der Kanalisierung und Eindämmung der Gefahren des Glücksspielens desto schwerer zu begründen, je höher die eigenen staatlichen Gewinne im Glücksspielwesen steigen.

Somit verbleibt im Bereich des Glücksspielrechts nur ein schmaler Grat für eine widerspruchsfreie Politik der staatlichen Gefahrenabwehr, die sich im ständigen Konflikt mit den wirtschaftlichen Interessen der privaten Glücksspielanbieter befindet. In diesem Spannungsfeld bewegt sich die rechtliche Diskussion um den europäischen Glücksspielmarkt, die im Folgenden aufgezeigt werden soll. Dabei sollen zunächst die verschiedenen Ansätze, wie in der EU mit den Gefahren des Glücksspiels umgegangen wird, miteinander verglichen werden, bevor auf die Konflikte, die diese Maßnahmen mit geltenden Vorschriften des europäischen Binnenmarktrechts hervorrufen, eingegangen wird.

C. Vergleich der nationalen Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten zur Gefahrenabwehr im Glücksspielbereich

I. Die Glücksspielpolitik der EU

Bevor die nationalen Ansätze der EU-Mitgliedstaaten und deren Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Europarechts miteinander verglichen werden können, ist zunächst ein Blick auf die Politik der EU selbst zu werfen, da sich eine Gegenüberstellung der rechtlichen Vorschriften in den einzelnen Mitgliedstaaten erübrigen würde, wenn die Grenzen der Zulässigkeit von Glücksspielen durch Unionsrecht, das nationalen Bestimmungen gegenüber vorrangig ist, abschließend geregelt wären[53].

Die EU-Kommission wollte bereits 1991 einen einheitlichen europäischen Glücksspielmarkt schaffen und gab in diesem Zusammenhang eine Studie mit dem Namen „Gambling in the Single Market“ in Auftrag, deren Ergebnisse jedoch die Mitglieder des Rates nicht überzeugen konnten, weshalb die Kommission ihre Pläne zunächst wieder zurückzog[54].

Einen neuen Anlauf in ihren Bestrebungen um ein harmonisiertes Glücksspielrecht in der EU unternahm die Kommission schließlich im Rahmen der Diskussion um die Verabschiedung der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt. Hierbei sollte mit der Einführung des sogenannten Herkunftsland-Prinzips auch der Glücksspielbereich in den gemeinsamen Markt überführt werden[55]. Nach diesem Prinzip hätte ein Glücksspiel, das in einem EU-Mitgliedstaat nach dessen Rechtsvorschriften rechtmäßig angeboten wird, grundsätzlich auch in allen anderen Mitgliedstaaten zugelassen werden müssen[56]. Dieses Vorhaben wurde jedoch von der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten wie auch der großen Mehrheit des Europäischen Parlaments verworfen[57]. Die EU-Parlamentarier begründeten ihre ablehnende Haltung damit, dass in der EU erhebliche Unterschiede bei der Besteuerung von Gewinnspielen bestünden, die zumindest teilweise mit den unterschiedlichen Anforderungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf den Schutz der öffentlichen Ordnung zusammenhingen. Deshalb sei es nicht möglich, einen gerechten grenzüberschreitenden Wettbewerb zwischen den Akteuren der Glücksspielindustrie einzuführen, ohne gleichzeitig oder im Voraus die Fragen der steuerlichen Kohärenz zwischen den Mitgliedstaaten zu behandeln, die nicht Gegenstand des Anwendungsbereichs der Dienstleistungsrichtlinie seien[58].

Daher konnte auch die Verabschiedung der Dienstleistungsrichtlinie keine Harmonisierung des Glücksspielmarktes in der EU bewirken. Vielmehr schließt die Richtlinie in ihrer letztlich verabschiedeten Form[59] in Art. 2 ausdrücklich den Glücksspielbereich von ihrem Anwendungsbereich aus.

Im Ergebnis sind somit bisher alle politischen Bemühungen, einen harmonisierten europäischen Glücksspielmarkt zu schaffen, verworfen worden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die nationalen Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten zur Abwehr der Gefahren des Glücksspiels zwingend europarechtskonform sein müssen. Vielmehr unterfällt auch das öffentliche Glücksspiel den Vorschriften des EU-Binnenmarktrechts[60]. Das bedeutet, dass bei grenzüberschreitenden Glücksspielangeboten die nationalen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr vor allem an den Vorgaben der Vorschriften über den freien Dienstleistungsverkehr der Art. 56 ff. AEUV sowie des Niederlassungsrechts der Art. 49 ff. AEUV gemessen werden müssen[61]. Diesen Bestimmungen kommt aber nur dann rechtliche Relevanz zu, wenn es in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen für das In-Verkehr-Bringen von Glücksspielen gibt[62]. Deshalb sollen folgend die nationalen Maßnahmen im Glücksspielsektor miteinander verglichen werden.

II. Die rechtliche Ausgangslage in Malta und Gibraltar

Die liberalste Haltung mit sehr großzügigen Veranstaltungsmöglichkeiten für Glücksspiele[63] findet sich in Malta, dem kleinsten Mitgliedstaat der EU, sowie in Gibraltar, das unter der Souveränität des Vereinigten Königreichs steht und in dem die Vorschriften der Unionsverträge, ausgenommen derjenigen über den freien Warenverkehr, Anwendung finden[64]. In diesen beiden Staaten haben sich in den letzten Jahren zahlreiche Firmen niedergelassen[65], die über das Internet die verschiedensten Glücksspiele, z.B. Sportwetten zu festen Gewinnquoten und Online-Casinos in geradezu beliebiger Anzahl, Frequenz und Ausgestaltung anbieten[66]. Neben der großzügigen Genehmigungspraxis und den nahezu uneingeschränkten Veranstaltungsmöglichkeiten für Glücksspiele wird den Regierungen beider Länder vorgeworfen, Glücksspielunternehmen mit europarechtswidrigen Steuervergünstigungen zur Niederlassung in ihrem Hoheitsgebiet zu veranlassen[67].

III. Das deutsche Glücksspielrecht

Demgegenüber ist das Glücksspielwesen in Deutschland streng reglementiert. Zwar findet sich im Grundgesetz lediglich die Vorgabe, dass die Steuern, welche die Spielbanken zu leisten haben, alleine den Ländern zustehen (Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG). Das Strafgesetzbuch jedoch bedroht in § 284 Abs. 1 die Veranstaltung eines Glücksspiels sowie die Bereitstellung der dafür benötigten Einrichtungen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren, wenn der Anbieter über keine behördliche Erlaubnis für das Veranstalten des Glücksspiels verfügt. Das Anbieten von Glücksspielen ist in Deutschland folglich mit einem repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt belegt[68]. § 285 StGB stellt die Teilnahme an einem unerlaubten Glücksspiel unter Strafe. § 287 StGB enthält entsprechende Regelungen für die Durchführung von Lotterien.

Unter welchen Voraussetzungen in Deutschland eine behördliche Erlaubnis für das Anbieten von Glücksspielen erteilt wird, ist als Teil des Wirtschaftsrechts gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung[69]. Da der Bund, abgesehen vom Bereich des Wettens auf Pferdesportereignisse sowie den Bestimmungen über das Aufstellen von Spielautomaten, die in den §§ 33c ff. der Gewerbeordnung geregelt sind, bisher von seiner Gesetzgebungszuständigkeit noch keinen Gebrauch gemacht hat, sind gem. Art. 72 Abs. 1 GG die Länder für den Erlass glücksspielrechtlicher Vorschriften zuständig[70]. Die wesentlichsten Vorgaben finden sich hierbei im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV), der zwischen den 16 Bundesländern geschlossen wurde und dessen Bestimmungen bis zum Beginn des Jahres 2008 in das jeweilige Landesrecht umgesetzt wurden[71].

§ 4 Abs. 1 GlüStV wiederholt den schon in § 284 StGB niedergeschriebenen Erlaubnisvorbehalt. Demnach dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Landesbehörde veranstaltet oder vermittelt werden. Dies gilt jedoch nicht für Glücksspiele im Internet, die gem. § 4 Abs. 4 GlüStV generell verboten sind. Alle anderen Glücksspiele können gem. Art. 10 Abs. 2 GlüStV durch die Länder selbst, durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder durch privatrechtliche Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind, angeboten werden. Privaten Anbietern, die vom Staat unabhängig sind, darf gem. Art. 10 Abs. 5 GlüStV nur die Veranstaltung von Lotterien mit geringem Gefährdungspotential erlaubt werden. Um solche handelt es sich gem. § 12 Abs. 1 Nr. 3 GlüStV jedoch nur dann, wenn mit der Veranstaltung keine wirtschaftlichen Zwecke verfolgt werden, die über den mit dem Hinweis auf die Bereitstellung von Gewinnen verbundenen Werbeeffekt hinausgehen. Aber auch hier wird die Betätigungsmöglichkeit für private Anbieter nicht unbeschwert gewährleistet, da gem. § 4 Abs. 2 S. 3 GlüStV kein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Erlaubnis besteht.

[...]


[1] So erklärt etwa der Koran verschiedene altarabische Glücksspiele, insbesondere das Ziehen von Lospfeilen (arab. maisir), zur Sünde (Suren 2:219 und 5:90). Die Bibel verurteilt nicht direkt Spielen um Geld, Wetten oder die Lotterie, warnt aber vor Geldgier (1.Timotheus 6,10; Hebräer 13,5) und empfiehlt, den schnellen Geldgewinn zu meiden (Sprüche 13,11; 23,5; Prediger 5,10).

[2] Nach einer Studie des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung, die im Auftrag der EU-Kommission erstellt wurde, wurden in der EU im Jahr 2004 im Glücksspielsektor nach Abzug der Gewinnauszahlungen Bruttoeinkünfte in Höhe von 51 Milliarden Euro erzielt, vgl. http://ec.europa.eu/internal_market/services/gambling_en.htm (Stand: 16.02.2010). Das größte Wachstum kommt hierbei laut einem Bericht der EU-Abgeordneten Christel Schaldemose vom 17.02.2009 dem europäischen Markt für Online-Glücksspiele zu, dessen Zuwachsraten auf jährlich zwischen 8,4 (Ungarn) und 17,6 Prozent (Italien) geschätzt werden, vgl. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=//EP//TEXT+REPORT +A6-2009-0064+0+DOC+XML+V0//DE (Stand: 16.02.2010).

[3] Vgl. hierzu ausführlich und mwN Fischer, S. 37 f.

[4] Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 14.10.2008, Rs. C-42/07 - Liga Portuguesa, BeckRS 2008, 71061, Rn. 35.

[5] Albers, in: Gebhardt/Grüsser-Sinopoli (Hrsg.), Glücksspiel in Deutschland, S. 61.

[6] Hierzu näher Grünwald/Koch, MMR 2008, S. 711.

[7] Vgl. Ludwig/Röbel/Schmitt/Wulzinger, Der Spiegel Nr. 48/2009, S. 174.

[8] Geiger, EuZW 2008, S. 289.

[9] Zuletzt wurde eine Harmonisierung des europäischen Glücksspielrechts im Rahmen der Einführung der Dientsleistungsrichtlinie 2006/123/EG diskutiert. Der Vorschlag, auch den Glücksspielbereich in den gemeinsamen Markt zu überführen und dabei auf das Herkunftsland-Prinzip abzustellen, wurde aber verworfen, vgl. Postel, EuR 2007, S. 324. Die letztlich verabschiedete Fassung schließt vielmehr ausdrücklich in Art. 2 der Richtlinie den Glücksspielsektor von deren Anwendungsbereich aus.

[10] Vgl. Ruttig, WRP 6/2007, S. 622 f. Auf dem deutschen Markt sind u.a. folgende internationale Anbieter von Bedeutung, die alle auch eine Webseite in deutsch anbieten: Sportingbet (Antigua und Barbuda mit Lizenz für das Vereinigte Königreich), Bet365 (Vereinigtes Königreich), Unibet (Malta mit Lizenz für das Vereinigte Königreich), Interwetten (Malta), Expect (Malta), Mybet (Malta), Betfair (Vereinigtes Königreich), Betway (Gibraltar), Gamebookers (Gibraltar) und Paddypower (Irland), vgl. hierzu Becker, in: ders./Baumann (Hrsg.), Glücksspiel im Umbruch, S. 13.

[11] Vgl. u.a. EuGH, U.v. 24.3.1994, Rs. C-275/92, Slg. 1994, I-1039 – Schindler; U.v. 21.9.1999, Rs. C-124/97, Slg. 1999, I-6067 – Läärä; U.v. 21.10.1999, Rs. C-67/98, Slg. 1999, I-7289 – Zenatti; U.v. 6.11.2003, Rs. C-243/01, Slg. 2003, I-13031 – Gambelli; U.v. 6.3.2007, verb. Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04, Slg. 2007, I-1891 – Placanica; U.v. 9.9.2009, Rs. C-42/07, EuZW 2009, 689 – Liga Portuguesa.

[12] Gegenwärtig sind mehrere Vorabentscheidungsverfahren deutscher Verwaltungsgerichte wegen verschiedener Bestimmungen des seit dem 1.1.2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) beim EuGH anhängig, vgl. z.B. Rs. C-409/06 – Winner Wetten; C-316/07 – Markus Stoß, Rs. C-46/08 – Carmen Media Group. Außerdem hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen des in § 4 Abs. 4 GlüStV normierten Internetverbots von Glücksspielen eingeleitet, vgl. Dörr, DVBl 2010, S. 71. Daneben sind derzeit Verfahren zum Glücksspielmarkt aus Norwegen (C-03/06) den Niederlanden (C-203/08), Schweden (C-448/08), Österreich (C-64/08) und Frankreich (C-212/08) beim EuGH anhängig.

[13] Vgl u.a. Tettinger, GewArch 2005, S. 55; Hübsch, GewArch 2004, S. 316 f.; Geiger, EuZW 2008, S. 289; Schlussanträge des Generalanwalts Colomer vom 16.05.2006, Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - Placanica, BeckEuRS 2006, 426360, Rn. 144 ff.

[14] Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland – GlüStV. Die parlamentarische Zustimmung zu dem Vertragswerk sowie dessen Transformation in Landesrecht erfolgte durch die gesetzgeberische Ratifikation des Vertrags in allen sechzehn Bundesländern, so z.B. in Bayern durch das Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (AGGlüStV) vom 20. Dezember 2007, GVBl 2007, S. 922.

[15] BVerwGE 96, 293 (295 f.); BGH, DVBl. 2003, S. 669 ff.; Diegmann/Hoffmann/Ohlmann, S. 4; Dietlein, in: ders./Hecker/Ruttig, § 3 GlüStV, Rn. 2. Der deutsche Glücksspielbegriff und dessen Definitionsmerkmale sind insoweit identisch mit denen des englischen „gambling“, des französischen „Jeu de hasard“ und des italienischen „Gioco d’azzardo“, vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Colomer vom 16.05.2006, Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - Placanica, BeckEuRS 2006, 426360, Rn. 145.

[16] Fischer, S. 6.

[17] Vgl. Sprau, in: Palandt, § 762 BGB, Rn. 1 f.

[18] Dietlein, in: ders./Hecker/Ruttig, § 3 GlüStV, Rn. 4.

[19] Hierzu zählen in Deutschland vor allem das Programm des privaten Fernsehsenders Neun Live sowie die Sendungen RTL Nachtquiz, Sat1 Quiznight und Kabel 1 Quiznacht, deren jährlicher Umsatz auf 150 Mio Euro geschätzt wird, vgl. Becker, in: ders./Baumann (Hrsg.), Glücksspiel im Umbruch, S. 8. Zum Glücksspieltatbestandsmerkmal der Entgeltlichkeit bei Fernsehgewinnspielen siehe sogleich unter Teil B. I .2. dieser Arbeit.

[20] Diegmann/Hoffmann/Ohlmann, S. 17.

[21] Zur Abgrenzung zwischen Glücks- und Geschicklichkeitsspiel bei den verschiedenen Pokervarianten vgl. u.a. Holznagel, MMR 2008, S. 439 ff; Koenig/Ciszewski, GewArch 2007, S. 422 ff.

[22] So schon 1951 der Bundesfinanzhof, BStBl 1951, 128.

[23] Vgl hierzu ausführlich und mwN Fischer, S. 17 ff.

[24] Eine Auflistung der am häufigsten gespielten Spiele und deren Einordnung als Glücks- bzw. Geschicklichkeitsspiel findet sich bei Dietlein, in: ders./Hecker/Ruttig, § 3 GlüStV, Rn. 4.

[25] So werden z.B. Sportwetten von der Rechtsprechung fast ausschließlich als Glücksspiele angesehen, vgl. EuGH, U.v. 21.10.1999, Rs. C-67/98, Slg. 1999, I-7289 – Zenatti, Rn. 18 f.; BVerfG, NJW 2006, 1261; BVerwG, NVwZ 2006, 1175; BGH NStZ 2003, 372; anders dagegen das AG Karlsruhe-Durlach, NStZ 2001, 254.

[26] Hierzu etwa Hippel, ZRP 2001, S. 558 f.

[27] Fischer, S. 29 f.

[28] Vgl. Dietlein, in: ders./Hecker/Ruttig, § 3 GlüStV, Rn. 5 f. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob die Gewinne aus den Einsätzen finanziert werden oder aus anderen Quellen, z.B. Sponsorenmitteln stammen, vgl. VG Münster, ZfWG 2008, S. 151.

[29] Vgl. u.a. EuGH, Rs. C-368/95, Slg. 1997, I-3689 – Familiapress, Rn. 23; BGHSt 34,
S. 171, 176 f.

[30] Hierzu eingehend und mwN Eichmann/Sörup, MMR 2002, S. 144; Dietlein, in: ders./Hecker/ Ruttig, § 3 GlüStV, Rn. 6.

[31] LG München I, NJW 2002, S. 2656. Vgl. hierzu auch Fischer, S. 10.

[32] Vgl. mwN ; Dietlein, in: ders./Hecker/ Ruttig, § 3 GlüStV, Rn. 8 f.

[33] So auch Horn, NJW 2004, S. 2048.

[34] Vgl. Berberich, S. 45 ff.

[35] Vgl. nachfolgenden Teil C.

[36] So ist die pathologische Spielsucht inzwischen von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) aufgenommen worden, vgl. Geiger, EuZW 2008, S. 289.

[37] Folgen der Spielsucht sind vor allem die Vernachlässigung des sozialen Umfelds, Arbeitsunfähigkeit und Verschuldung, die zur Beschaffungskriminalität führen kann, vgl. Hippel, ZRP 2001, S. 559 f. Es wird in Deutschland von ca. 100.000-150.000 Glücksspielsüchtigen ausgegangen. Die volkswirtschaftlichen Kosten der Spielsucht, die durch die Beschaffungskriminalität der Süchtigen, durch den Ausfall der Arbeitsleistungen und durch notwendige therapeutische und finanzielle Hilfen entstehen, können hingegen nur grob geschätzt werden. Es wird aber vermutet, dass diese langfristig die staatlichen Einnahmen weithin aufzehren, vgl. Meyer/Bachmann, S. 303.

[38] Zur spezifischen Spielsituation in einer Spielbank in Abgrenzung zu Lotterien vgl. VG Düsseldorf, NWVBl. 2002, S. 395.

[39] Allerdings warnen u.a. Psychologen der Charite Berlin davor, dass auch Lottospielen süchtig machen kann, vgl. Diegmann/Hofmann, DÖV 2005, S. 48.

[40] Vgl. Fischer, S. 33.

[41] Dazu eingehend Dietlein, GewArch 2005, S. 89 f.; vgl. auch Diegmann/Hoffmann, NJW 2004, S. 2642 ff.

[42] Hierzu ausführlich Teil D sowie zur speziellen rechtlichen Situation in Deutschland Teil E.

[43] Vgl. Fischer, S. 34.

[44] So wurden durch gezielte Bestechungen von Fußballspielern und Schiedsrichtern zahlreiche Profispiele beeinflusst und dadurch die Sportwetten manipuliert, vgl. Ludwig/Röbel/ Schmitt/Wulzinger, Der Spiegel Nr. 48/2009, S. 174.

[45] Zur Auflistung der einzelnen Anbieter und deren Firmensitze vgl. Fn 10. Die ansässigen Firmen Gibraltars, zu denen der wohl bekannteste private Sportwettenanbieter Bet and win (Bwin) gehört, können sich als Teil des Vereinigten Königreichs insoweit grundsätzlich auf ihre Rechte aus den Unionsverträgen berufen, vgl. EuGH U.v. 9.9.2009, Rs. C-42/07, EuZW 2009, 689 – Liga Portuguesa.

[46] Zur der daraus resultierenden Unmöglichkeit der rechtlichen Überwachung des gesamten Sportwettenmarktes vgl. Fischer, NJW 2005, S. 1028.

[47] So geht etwa Hippel noch 2001 davon aus, dass es bei den Glücksspielangeboten im Internet kaum seriöse Anbieter gebe, ZRP 2001, S. 560. Diese Annahme dürfte zumindest für die „großen“ Anbieter wie Bet and Win aufgrund der mittlerweile gefestigteren Internetstrukturen und der ständigen Marktkontrolle durch die Verbraucher nicht mehr ohne weiteres zutreffen, vgl. Korte, NVwZ 2009, S. 285.

[48] Neben dem Totalverbot eines bestimmten Glücksspiels kommen hier vor allem ein Werbeverbot sowie die Festlegung bestimmter Höchstgrenzen für die Spieleinsätze in Betracht, vgl. Hippel, ZRP 2001, S. 559 f.

[49] Zu den rechtlichen und technischen Problemen der staatlichen Interventionsoptionen im Internet vgl. u.a. Korte, in: Gebhardt/Grüsser-Sinopoli (Hrsg.), Glücksspiel in Deutschland, S. 389 f.; Dietlein, GewArch 2005, S. 89 ff.

[50] Vgl. EuGH, U.v. 6.3.2007, verb. Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04, Slg. 2007, I-1891 – Placanica u.a, Rn. 55 f.

[51] So insbes. BayObLG, U.v.26.11.2003, GewArch 2004, 205 zur Rechtfertigung der Monopolstellung des staatlichen Sportwettenanbieters Oddset.

[52] Vgl. Ruttig, WRP 2007, S. 623; Tettinger, GewArch 2005, S. 55 f.

[53] Zum Anwendungsvorrang des Unionsrechts vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 187 ff.

[54] Vgl. Bargmann-Huber, BayVbl 1996, S. 166.

[55] Vgl. Tettinger, GewArch 2005, S. 55; Hübsch, GewArch 2004, S. 316 f.; Schlussanträge des Generalanwalts Colomer vom 16.05.2006, Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04
- Placanica, BeckEuRS 2006, 426360, Rn. 144 ff.

[56] Zum Herkunftslandprinzip ausführlich und mwN Kunzmann, S. 76 ff.

[57] Vgl. Postel, EuR 2007, S. 324.

[58] Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt vom 21.12.2004, http://www.europarl.europa.eu/comparl/imco/services_directive/061024_ recommendation_services_de.pdf (Stand: 8.3.2010).

[59] RL 2006/123/EG, ABl. L 376/36 v. 27.12.2006.

[60] Zu den normativen Grundlagen des Binnenmarktkonzepts vgl. Irmscher, in: Pache/Knauff (Hrsg.), Fallhandbuch Europäisches Wirtschaftsrecht, § 2, Rn. 9 ff.

[61] Hierzu Teil D sowie zur speziellen rechtlichen Situation in Deutschland Teil E.

[62] Vgl. Pache, in: Schulze/Zuleeg (Hrsg.), Europarecht, § 10, Rn. 3.

[63] Vgl. Ruttig, WRP 2007, S. 622.

[64] Vgl. EuGH, U.v. 23.09.2003, Rs. C-30/01 – Kommission/Vereinigtes Königreich, BeckRS 2004, 76135, Rn. 59.

[65] Zur Auflistung der einzelnen Glücksspielanbieter in Malta und Gibraltar vgl. Fn 10.

[66] Ruttig, WRP 2007, S. 622. So betreibt etwa der wohl bekannteste Anbieter von Sportwetten bet and win (bwin) auf Basis einer gibraltesischen Sportwett- und Casinolizenz von Gibraltar aus sein operatives Geschäft, vgl. https://home.bwin.com/de/page.aspx?view= aboutus (Stand: 25.02.2010).

[67] Vgl. Stellungnahme der EU-Kommission an die Regierung von Malta vom 22.02.2006, http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/06/363 (Stand: 12.03.2010).

[68] Postel, EuR 2007, S. 318.

[69] BVerfG, NJW 2006, S. 1261, Rn. 96.; nach anderer Ansicht stützt sich das Glücksspielrecht kompetenziell auf die Regelungszuständigkeit der Länder für das allgemeine Sicherheitsrecht, vgl. Dietlein, in: ders./Hecker/Ruttig, Vorb GlüStV, Rn. 2.

[70] BVerfG, NJW 2006, S. 1261, Rn. 96.

[71] Vgl. z.B. in Bayern das Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (AGGlüStV) vom 20. Dezember 2007, GVBl 2007, S. 922.

Ende der Leseprobe aus 81 Seiten

Details

Titel
Binnenmarktrechtliche Grenzen der Einschränkung privater Glücksspielangebote
Untertitel
Europarechtliche Vorgaben und nationale deutsche Regelungen im gewerblichen Glücksspielbereich
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Note
13 (gut)
Autor
Jahr
2010
Seiten
81
Katalognummer
V158414
ISBN (eBook)
9783640712304
ISBN (Buch)
9783640713073
Dateigröße
718 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Stand: März 2010
Schlagworte
Glücksspielrecht, Glücksspielmonopol, EuGH, bwin, Glücksspielstaatsvertrag
Arbeit zitieren
Johannes Krause (Autor:in), 2010, Binnenmarktrechtliche Grenzen der Einschränkung privater Glücksspielangebote, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/158414

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