Darstellung und Reflexion der Theorie von den "sozialen Charaktertypen" in Riesmans Werk "The Lonely Crowd"


Hausarbeit, 2005

18 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die These Riesmans über den Zusammenhang von Gesellschaftsformen und sozialen Charaktertypen
1.1. Die Kennzeichnung der Gesellschaftsformen durch die Bevölkerungsdynamik
1.1.1. hohe Geburtenrate – hohe Sterblichkeit
1.1.2. Bevölkerungswelle
1.1.3. niedrige Geburtenrate – niedrige Sterblichkeit
1.2. Die Definition der sozialen Charaktertypen
1.2.1. Der Traditionsgeleitete Typ
1.2.2. Der Innen-geleitete Typ
1.2.3. Der Außen-geleitete Typ
1.3. Der Zusammenhang zwischen Bevölkerungsdynamik und sozialem Charaktertyp als gesetzmäßige Beziehung

2. Wissenschaftstheoretische Betrachtung von Riesmans Modell
2.1. Beschreibung und Verstehen von Gesellschaften anhand von soziologischen Leitbegriffen
2.2. Funktionalität als erkenntnisleitendes Prinzip
2.3. Der gesetzmäßige Zusammenhang zwischen Bevölkerungsdynamik und sozialem Charaktertyp
2.4. Die historische Abfolge als Gesetzmäßigkeit
2.5. Die Theorie als generell gültiges Entwicklungs- und Diagnosemodell

3. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis:

Einleitung

Mit dieser Seminararbeit möchte ich Riesmans These untersuchen, daß den drei von ihm anhand der jeweiligen Bevölkerungsdynamik definierten Gesellschaftsformen drei unterschiedliche „Soziale Charaktertypen“ entsprechen. Die Frage ist also, ob und inwieweit aus der Sicht der heutigen Sozialwissenschaften die riesmanschen Kategorien der Gesellschaftsformen und der Sozialcharaktere (traditionsgeleitet - innengeleitet -außengeleitet) als Instrumente der soziologischen Erkenntnisgewinnung geeignet sind.

Dabei werde ich nach einer Darstellung von Riesmans Aussagen die wissenschaftlichen Implikationen untersuchen, die ihrer Konstruktion zugrunde liegen und anschließend Frage behandeln, ob die Typisierung und die Entwicklung der These auf dem heutigen Stand der soziologischen Wissenschaft noch Bestand hat.

Der amerikanische Soziologe David Riesman hat mit seinem Buch: „The Lonely Crowed“ (1950)/ „Die einsame Masse“ (1956) ein grundlegendes Werk der Soziologie geschrieben, das in Millionenauflage erschien und lange Jahre die Entwicklung der soziologischen Wissenschaft - und darüber hinaus das populärwissenschaftliche Bild der Soziologie - entscheidend beeinflußt und geprägt hat.

Riesman ( *1909 in Philadelphia (USA)- t2002 in Birmingham/ New York), studierte Jura an der Harvard Universität und erhielt dort 1934 seinen Doktortitel. Er arbeitete zunächst für den amerikanischen Bundesgerichtshof und unterrichtete an verschiedenen Universitäten als Professor für Recht. Nach einem Psychologiestudium erhielt er 1946 eine Professur für Soziologie an der Harvard Universität. Hier veröffentlichte er 1950 zusammen mit seinen Mitarbeitern Denney Reul und Nathan Glazer das oben genannte Buch.

1. Die These Riesmans über den Zusammenhang von Gesellschaftsformen und sozialen Charaktertypen

Gegenstand des Buches sind „der soziale Charakter und die unterscheidenden Merkmale im sozialen Charakter von Menschen verschiedener Länder, Zeiten und Gruppen.“ (Riesman, Die einsame Masse, 1958, S.20)

Nachdem er in Anlehnung (d.h. ohne sich auf einen speziellen Autor zu beziehen) an die von der Bevölkerungswissenschaft entwickelte S-förmige Bevölkerungskurve die Gesellschaften in drei Kategorien:

(Phase des „hohen Bevölkerungsumsatzes“, „explosive Bevölkerungs­zunahme“/ “Bevölkerungswelle“, „beginnende Bevölkerungsschrumpfung“) eingeteilt hat, formuliert er seine zentrale These.

„So geht meine These in der Tat dahin, daß jedem dieser drei Stadien der Bevölkerungskurve eine Gesellschaft entspricht, die jeweils eine bestimmte Art von Verhaltenskonformität erzwingt und einen bestimmten sozialen Charakter formt, und zwar jeweils auf ganz verschiedene, aber durchaus erkennbare Art und Weise.

Die dem „hohen Bevölkerungsumsatz“ entsprechende Gesellschaft wird in ihren typischen Vertretern einen sozialen Charakter formen, dessen Verhaltenskonformität durch die Tendenz, der Tradition zu folgen, gesichert wird. Es sind Menschen, die ich im folgenden als „traditions-geleitet“ bezeichnen werde, und die Gesellschaft, in der sie leben, ist eine auf „Traditions-Lenkung“ beruhende Gesellschaft. Die Gesellschaft der „Bevölkerungswelle“ dagegen entwickelt in ihren typischen Vertretern eine Verhaltenskonformität, die durch die Tendenz, sich frühzeitig ein Schema von verinnerlichten Lebenszielen anzueignen, gesichert wird. Dieser Typ wird von mir als „innen-geleitet“ bezeichnet, und die entsprechende Gesellschaft beruht auf „Innen-Lenkung“. Die in der Phase der „beginnenden Bevölkerungs­schrumpfung“ befindliche Gesellschaft schließlich formt in ihren typischen Vertretern eine Verhaltenskonformität, die durch die Tendenz, für die Erwartungen und Wünsche anderer empfänglich zu sein, gesichert wird.

Diese Menschen werde ich mit „außen-geleitet“ bezeichnen, die Gesellschaft in der sie leben, beruht auf „Außen-Lenkung“.(ebenda S. 24/25)

Die zentralen Begrifflichkeiten in Riesmans These sind

- Gesellschaftsformen, die nach ihrer Bevölkerungsdynamik definiert sind und
- Idealtypische Soziale Charaktertypen (bei Riesman auch wechselweise „Art der Verhaltenskonformität“ genannt), die sich in den jeweiligen Gesellschafts­formen durchsetzen. Deshalb soll im Nachfolgenden genauer untersucht werden, was der Inhalt dieser Begriffe ist, wieso gerade diese Definitionen gewählt wurden und wie nach seiner Auffassung die beiden Sphären zusammenwirken.

1.1. Die Kennzeichnung der Gesellschaftsformen durch
die Bevölkerungsdynamik

Riesman hat sich entschieden, für die Unterscheidung der Gesellschaften die jeweilig Dynamik des Bevölkerungsumsatzes zu Grunde zu legen. Die Theorie der Bevölkerungskurve dient ihm dabei lediglich als „eine Art Symbolschrift für unzählige institutionelle Elemente, die allgemein...durch Worte wie „Industriealisierung“, „Ländliche Gesellschaft“, „Monopolkapitalismus“, „Verstädterung“, „Rationalisierung“ u.ä. symbolisiert werden.“ (ebd. S.25). Er sieht auch die Parallellen zur Charakterisierung durch die Dominanz der „primären“, „sekundären“ oder „tertiären“ Wirtschaftsbereiche wie sie etwa COLIN CLARC vorgenommen hat. Deshalb will er diesen Ansatz nicht als allumfassende Formel aufgefaßt haben, noch eine eingehende Analyse darüber liefern, „um zu beweisen, daß diese Verbindung zwischen Bevölkerungsdynamik und Charaktertypen besteht“ (ebenda S.25). Er fände es allerdings „sehr erstaunlich, wenn Veränderungen in den Grundbedingungen der Fortpflanzung, Lebenshaltung und Lebenserwartungen den Charakter unbeeinflußt ließen“ (ebenda S. 24).

Auf der Basis der S-förmigen Wachstumskurve der Bevölkerung - seiner Meinung nach läßt sich diese an Europa entwickelte Kurve grundsätzlich auf alle Länder übertragen - unterscheidet er drei Gesellschaftsformen:

1.1.1. hohe Geburtenrate – hohe Sterblichkeit

Die untere Horizontale der S-Kurve kennzeichnet eine Gesellschaft, in der das Wachstum der Gesamtbevölkerung gering ist, weil Geburten- und Sterberaten gleich hoch sind („hoher Bevölkerungsumsatz“).

1.1.2. Bevölkerungswelle

Die Vertikale der S-Kurve beschreibt eine Gesellschaft mit hohem Bevölkerungswachstum („explosive Bevölkerungszunahme“ „Bevölkerungswelle“)weil die Geburtenrate weiter hoch bleibt, die Sterblichkeitsrate aber sinkt.

1.1.3. niedrige Geburtenrate – niedrige Sterblichkeit

Die obere Horizontale beschreibt eine Gesellschaft, in der die Bevölkerung nur noch marginal wächst oder sogar schrumpft („beginnende Bevölkerungsschrumpfung“), weil sowohl die Geburtenziffern als auch die Sterberaten sinken.

1.2. Die Definition der sozialen Charaktertypen

Riesman ist überzeugt, daß es so etwas wie einen idealtypisch formulierten „Sozialen Charakter“ in jeder Gesellschaft gibt. „Die Annahme, daß ein sozialer Charakter existiert, war von jeher, mehr oder weniger unausgesprochen, eine Voraussetzung allgemeiner Erörterungen...heute ist diese...zu einer Prämisse der Sozialwissenschaften geworden“.(ebenda S.21)

Der „Soziale Charakter“ ist für ihn der Teil des Charakters, „wie er bestimmten Gruppen gemeinsam ist und der...das Produkt dieser Erfahrungen ist.“ (ebenda S.21) Dabei interessiert ihn nicht die empirische Nachweisbarkeit, nicht die Abgrenzung zu anderen Charakterteilen oder die Herkunft (Vererbung oder Erfahrung).

[...]

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Details

Titel
Darstellung und Reflexion der Theorie von den "sozialen Charaktertypen" in Riesmans Werk "The Lonely Crowd"
Hochschule
Freie Universität Berlin
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V75881
ISBN (eBook)
9783638808033
ISBN (Buch)
9783640667307
Dateigröße
462 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Darstellung, Reflexion, Theorie, Charaktertypen, Riesmans, Werk, Lonly, Crowd
Arbeit zitieren
Isa Straub (Autor:in), 2005, Darstellung und Reflexion der Theorie von den "sozialen Charaktertypen" in Riesmans Werk "The Lonely Crowd", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75881

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