Film und Chaostheorie - Analyse der Anfangssequenz von "Babel"


Referat (Ausarbeitung), 2009

13 Seiten


Leseprobe


1. Einführung

Der Film Babel ist der letzte Teil einer Trilogie - Amores Perros und 21 Gramm sind die beiden ersten Teile. Babel wurde als Independentproduktion im Jahr 2006 in den USA produziert. Regie hat Alejandro Inarittu geführt, das Drehbuch Guillermo Arriaga geschrieben.

Das Thema meines Vortrages lautet: Film und Chaostheorie- Analyse der Anfangssequenz von Babel und ich möchte in dem nun folgenden Vortrag die Story dem Plot gegenüber stellen und anhand der Anfangssequenz des gedrehten Films das Erzählprinzip der multiperspektivischen Struktur darlegen.

Natürlich müssten in diesem Zusammenhang auch Schauspiel, Kamera, Montage und Ton eine entscheidende Rolle spielen. Ich beschränke mich aus Zeitgründen jedoch auf die dramaturgischen Mittel - was ich bedauerlich finde. Gerade die Mischung aus Laienschauspielern und Weltstars in diesem Film wären einen eigenen Vortrag wert.

2. Babel

Das größenwahnsinnige Projekt des Turmbaus zu Babel endete damit, dass die Menschheit ihre eine, gemeinsame Sprache verlor und in Sprachverwirrung stürzte. Seitdem, es liegt nun schon ein paar tausend Jahre zurück, haben wir Schwierigkeiten uns zu verständigen und zu verstehen.

Konsequent kommentierte Alejandro Inarittu sein Filmprojekt Babel denn auch wie folgt:

„ Das Problem sind nicht die neuen, zahllosen Instrumente, die uns zur Verbesserung der Kommunikation zur Verf ü gung stehen, sondern die Tatsache, dass niemand zuh ö rt. Wenn es nichts zu h ö ren gibt, gibt es auch nichts zu verstehen; wenn wir aufh ö ren zu verstehen, ist unsere Sprache nutzlos und f ü hrt letztlich zur Entzweiung. “ [1]

Um diese Entzweiung zu verdeutlichen, wählen der Drehbuchautor Arriaga und der Regisseur des Films Inarittu für Babel eine besondere Erzählstruktur. Der Film gilt in der Rezeption als Beispiel für die Postmoderne. [2]

3. Babel-Story und Plot

Ich erzähle zunächst die Story oder Geschichte von Babel. Im Anschluß daran gehe ich auf den Plot ein. Dieses Vorgehen liegt darin begründet, dass sich die Story vom Plot, also dem Handlungsablauf des Films stark unterscheidet - was in diesem Fall auf den Versuch zurück zu führen ist, die Wirklichkeit in ihrer Differenziertheit wahrzunehmen, wie der amerikanische Filmwissenschaftler David Bordwell es ausdrückt.[3]

Story

In Marokko schenkt ein japanischer Jäger einem Bergführer sein Gewehr.

Dieser verkauft das Gewehr an seinen Nachbarn, der zwei Söhne hat und die mit ihm Schakale erlegen sollen. Die Söhne, die in einem Konkurrenzverhältnis zueinander stehen, probieren das Gewehr aus und streiten sich darum, wie weit es schießen kann und wer der bessere Schütze ist. Deshalb zielen beide auf einen Bus und einer trifft.

Eine Amerikanerin wird angeschossen und lebensgefährlich verletzt. In einem Dorf warten sie und ihr Mann auf medizinische Hilfe während die Suche nach dem Täter beginnt und Amerika Marokko einen terroristischen Anschlag unterstellt.

Zu Hause in San Diego, USA, warten die Kinder des Paares auf die Rückkehr der Eltern. Weil sich diese verzögert, beschließt die mexikanische Kinderfrau, die beiden mit zur Hochzeit ihres Sohnes zu nehmen. Dafür müssen sie die amerikanisch-mexikanische Grenze passieren.

Unterdessen werden in Marokko Nachforschungen über den Ursprung des Gewehres angestellt und die Spur führt zu dem Jäger nach Japan. Dieser hat eine jugendliche Tochter, die taubstumm ist und darunter leidet, aufgrund ihrer Behinderung für die Jungen in ihrem Alter nicht attraktiv zu sein. Auch hat ihre Mutter kürzlich Selbstmord begangen. Der japanische Polizist, der Nachforschungen über das Gewehr anstellen soll, wird in die familiären Probleme mit hineingezogen, letztendlich jedoch kommen sich Vater und Tochter darüber ein Stück weit näher.

In Marokko geht für die Amerikanerin die Geschichte glimpflich aus: sie wird in ein Krankenhaus gebracht und operiert. In den Bergen jedoch kommt es zu einer Tragödie: einer der beiden Söhne kommt beim Schusswechsel mit der Polizei ums Leben. Auch in Mexiko erfährt die Geschichte eine dramatische Wende: Die Rückkehr in die USA nach der Hochzeit endet in einem Fiasko an der Grenze: Der Neffe der Kinderfrau, der diese und die ihr anvertrauten amerikanischen Kinder zurück in die USA bringen soll, dreht durch, rast mit dem Auto unerlaubterweise über die Grenze und setzt alle in der Wüste aus. Zwar werden die Kinder in letzter Minute gerettet, die Kinderfrau jedoch wird von den USA nach Mexiko abgeschoben.

Plot

Inarittu und Arriaga erzählen die Story von Babel nach dem Ursache Wirkungs- Prinzip. Es gibt eine Ursache (der Schuss des marokkanischen Jungen am Anfang), die alles andere nach sich zieht. Allerdings wählen Drehbuchautor und Regisseur für den Filmplot ein achronisches Erzählschema. So wird beispielsweise dem Zuschauer die alles entscheidende Szene, die Schenkung des Gewehres zu Beginn, ganz vorenthalten. Sie wird ausgelassen und erst am Ende des Films in beiläufiger Form erwähnt.

„ In allen ( Ereignissen ) sollte eine Entscheidung in einem fernen Land (nämlich das Gewehr zu verschenken ) radikale Auswirkungen auf das Leben von Menschen haben, die nie deren Ursache erfahren w ü rden. “[4]

Inarittu und Arriaga bündeln im Plot die Ereignisse in den vier Ländern Marokko, USA/ Mexiko und Japan zu Sequenzen und verschränken sie miteinander dergestalt, dass es zunächst den Anschein hat, sie hätten nichts miteinander zu tun.

Die vier Erzählstränge sind nach dramaturgischen Gesichtspunkten tatsächlich in sich geschlossen und funktionieren als eigenständige Geschichten. So würde Yussef, einer der marokkanischen Brüder aus seiner Perspektive sagen: die Geschichte handelt davon, wie ich meinen Bruder verlor. Die mexikanische Kinderfrau hingegen: es die Geschichte meiner Abschiebung. Für den Amerikaner wäre es die Geschichte, bei der seine Frau in Marokko fast ums Leben kam. Und Chieko, der japansiche Teenager würde behaupten, dass es darum geht, wie sie ihrem Vater nach dem Tod der Mutter wieder näher kommt.

In der Kritik wurde Babel oftmals in Verbindung zur Chaostheorie gebracht: Der Schmetterlingseffekt werde im Plot über Kontinente verteilt, die Verbindung von Ursache -Wirkung auch dadurch gekappt. Die einzelnen Erzählstränge entwickelten sich voneinander getrennt weiter, bezögen sich jedoch zum Teil aufeinander.

Katharina Bildhauer widerum zitiert in diesem Zusammenhang auch Deleuze und Guattari, die dieses Vorgehen als rhizomatische Verweis- Struktur bezeichnen [5].

[...]


[1] Inarittu Alejandro, Babel, S.279

[2] Bildhauer Kathrin, Drehbuch reloaded, S.173 ff

[3] Bordwell David, Visuell Style in Cinema, S.175 ff

[4] Inarittu Alejandro, Babel, S.284

[5] Bildhauer Katharina, Drehbuch reloaded, S. 182 ff

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Film und Chaostheorie - Analyse der Anfangssequenz von "Babel"
Hochschule
Hochschule Offenburg
Veranstaltung
Vortrag
Autor
Jahr
2009
Seiten
13
Katalognummer
V153096
ISBN (eBook)
9783640652310
ISBN (Buch)
9783640652242
Dateigröße
1162 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Susann Reck, Babel, Alejandro Inarittu, Brad Pitt, Cate Blanchett, Filmdramaturgie, Chaostheorie, Filmmontage, Filmanalyse, Guillermo Arraiga, Episodenfilm
Arbeit zitieren
Susann Reck (Autor:in), 2009, Film und Chaostheorie - Analyse der Anfangssequenz von "Babel", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153096

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