Gedanken zur Sprache und Sprachkritik


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

23 Seiten, Note: "-"


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Vorwort

2. Zum Ursprung der Sprache:

3. Definition der Sprache:

4. Sprache als Tradition verstehen:

5. Was ist eigentlich Sprachkritik?:

6. Verschiedene Richtungen der Sprachkritik:

7. Schlusswort:

8. Literaturverzeichnis:

1.Vorwort

Wenn ein heutiges Schulkind im Rahmen des Deutschunterrichts wie Schiller oder Goethe schreiben würde, so wäre seine Versetzung in die nächst höhere Klassenstufe durchaus gefährdet[1]. Grammatik und Rechtschreibung haben sich innerhalb der Geschichte gewandelt und tun es immer noch. Ebenso unterliegt die gesprochene Sprache einem kontinuierlichen Wandlungsprozess. Fremdwörter werden übernommen, Wortschöpfungen entstehen und manchen Dingen werden neue Wörter zur Identifikation zugeordnet. In diesem Bezug wird häufig allzu gerne vom Verfall der deutschen Sprache geredet, Sprachformen bestimmter Bevölkerungsgruppen in Frage gestellt oder gar angeprangert.

Wie auch immer man diese Problematik zu bewerten weiß, so ist es mittlerweile unbestritten, wonach die Sprache des Menschen, dessen größte Errungenschaft der Historie darstellt, das einzigartige Merkmal, welches ihn von der übrigen Tierwelt unterscheidet. Es ist somit kaum verwunderlich, dass die Sprache in ihrer Struktur und ihrem Regelwerk eine dermaßen große Beachtung erfährt, wie es schon lange der Fall ist. Die kritische Auseinandersetzung, als Sprachkritik bekannt, steht deshalb bei dieser Arbeit im Vordergrund. Sie ist keine moderne Erscheinungsform, sondern reicht in ihrem Ursprung bis in die Antike zurück. Schon immer waren Menschen auf der Suche nach der Reinheit und Richtigkeit der Sprache. Sie versuchten Missstände aufzudecken, zu verändern und das Sprachliche an sich zu perfektionieren.

Im Folgenden soll Aufschluss über die Geschichte der Sprachkritik sowie ihren verschiedenen Ausprägungen und deren Legitimation gegeben werden. Zunächst beschäftigt sich jedoch die Arbeit, um dem Leser den Einstieg erleichtern zu können, mit der Sprache an sich, bezüglich deren Ursprung, Definition und Eigenschaften.

2. Zum Ursprung der Sprache

Bevor die Sprachkritik eine intensivere Betrachtung und Analyse erfahren soll, gilt es zunächst einmal, das Phänomen der Sprache zu untersuchen. Hierbei tritt in erster Linie die Frage nach dem Ursprung der sprachlichen Entwicklung auf. Wann ist in der Geschichte der Menschheit die Sprache erstmals hervorgetreten und warum konnte sich jener Prozess entwickeln? Wie haben sich nun im Laufe der Erdgeschichte erstmals sprachliche Äußerungen innerhalb des menschlichen Zusammenlebens manifestiert, wo liegt der Anfang? Wenn andere Bereiche, wie beispielsweise die Religionsgeschichte oder eine bestimmte Gattung von Pflanzen und Tieren einer wissenschaftlichen Untersuchung hinsichtlich ihres geschichtlichen Ursprungs unterzogen werden, so besteht die Gefahr, innerhalb des Erdzeitalters zu weit zurück zu blicken und den eigentlichen Anfang an einer falschen Stelle zu suchen. Dieser mögliche Fehler kann innerhalb der Sprachuntersuchung in keiner Weise auftreten, da es völlig unmöglich ist, den Ursprung selbst zu erreichen.

Mit der Forschungsmethode der Empirie, mit deren Hilfe die Sprache in jeglicher Form untersucht und interpretiert wird, ist es der Wissenschaft nicht gegeben, den Ausgangspunkt menschlicher Sprache zu datieren, da schriftliche Dokumente nur bis zu 3000 Jahren zurückreichen. Vergleichsweise müssen wir uns zudem die Erdgeschichte bezüglich ihrer zeitlichen Dimension vor Augen führen. Das berechnete Alter unseres Planeten wird ungefähr auf 4,5 Milliarden Jahre geschätzt. Vor etwa 3 Millionen Jahren entwickelte sich erstes, als menschlich charakterisiertes Leben auf der Erde, wobei der älteste, den Wissenschaftlern bisher geläufige, Vertreter, der „homo erectus“ auf 1,3 Millionen Jahre datiert wurde. Diese Gattung des Vorzeitmenschen nutzte bereits das Feuer sowie eigens hergestellte Werkzeuge. Von später auftretenden Frühmenschen dienen Höhlenmalereien sowie Skulpturen als Zeitzeugen.

Jene erwähnten Begleiterscheinungen der damaligen Epoche liefern der Forschung schlagkräftige Argumente, wonach die Sprache als Grundlage für ihre Herstellung gedient haben müsse. Somit wäre die Sprache als Grundvoraussetzung für die Weiterentwicklung der Menschheitsgeschichte bereits vorhanden gewesen, was eben nun verhindert, an ihren Ursprung zu gelangen. Dadurch ist eine empirische Betrachtung, wie sie der Sprachwissenschaft zugrunde liegt, hierbei, wie bereits angedeutet, unmöglich, da Beobachtungen zum Zeitpunkt des Anfangsstadiums schlichtweg nicht vorhanden sind. Ebenso wenig zeigt sich die Universalienforschung, ein Teilgebiet der Linguistik, welche sich mit der Erkennung von Eigenschaften, die allen Sprachen gemeinsam sind, beschäftigt, nicht in der Lage, den Ursprung der Sprachhistorie zu bestimmen oder zu erläutern, da sie auf real vorhandene, greifbare Sprachformen angewiesen ist, anhand derer Interpretationen stattfinden.[2] Es wäre anzunehmen, wonach die Verständigungen innerhalb der Tierwelt, eine zusätzliche Möglichkeit bieten würde, den Beginn der Sprachentwicklung zu verstehen. Jedoch ist die Kommunikation im Tierreich völlig unterschiedlich. Die einzelnen Laute der Lebewesen sind keine Symbole, auf den Begriff wird in Kapitel 3 noch etwas genauer eingegangen, sondern lediglich Symptome, ähnlich einem menschlichen, spontanen und unbewusst geäußerten Schmerzeslaut oder einem Entsetzensschrei[3]. Somit sprechen wir in Bezug auf die Lautäußerungen der Tiere von ungesteuerten Reaktionen, welche aufgrund bestimmter Signale der jeweiligen Umgebung, ausgelöst werden.

Der Sprachwissenschaftler GIPPER erkannte diesen erfolglosen Forschungsansatz bereits 1985, in dem er betont: „im Grunde tritt dabei die Kluft zwischen beiden insonderheit im geistigsprachlichen Bereich, noch deutlicher hervor“. Des Weiteren erkennt er, dass die Signalsysteme der Tiere nahezu unveränderbar sind, im krassen Gegensatz zur Sprache die bekanntlicherweise einer ständigen Dynamik unterliegt und Veränderungen im Laufe der Geschichte immer wieder aufzeigt[4]. Ein weiterer naheliegender Ansatz zur Erforschung des Sprachursprungs liegt in der Betrachtung von Neugeborenen und ihrer Fähigkeit zum Erlernen der Sprache. Doch hierbei verhindert der Zustand, dass ihre Umgebung, beziehungsweise ihr Umfeld ja bereits einer oder mehrerer bestimmter Sprachen mächtig ist und auf das Kind Einfluss nimmt, den ursprünglichen Ausgangspunkt jeglicher sprachlichen Entwicklung.

Letztendlich wird somit die Behauptung, wonach kein einziger empirischer Zugangsversuch zum Ziel führen kann, deutlich belegt. Somit ist der Begriff einer ursprünglichen Sprache als Fehlinterpretation einzuschätzen, stehen doch 3000 Jahre schriftlicher Dokumente, 3 Millionen Jahren menschlicher Geschichte gegenüber[5]. Aufgrund dieser Erkenntnis wird Sprache oftmals als etwas schon immer Vorhandenes begriffen, wobei NIETZSCHE diese Auffassung als „ den Erbfehler der Philosophen“ betrachtet. Eben jene Vertreter der Philosophie würden den Menschen und ebenfalls dessen Sprache nur als vorhandene Tatsache wahrnehmen, statt seine Entstehung und dessen Entwicklungsprozesse zu berücksichtigen. Des Weiteren bemerkt NIETZSCHE wonach jene Evolutionsprozesse hauptsächlich innerhalb der uns weitgehend unbekannten, erdgeschichtlichen Urzeiten abliefen, während die letzten viertausend Jahre einer nur geringen menschlichen Veränderung unterworfen waren. In diese weit zurückliegende Phase fällt seiner Meinung nach ebenfalls die sprachliche Entwicklung[6].

1880 erschienen HERMANN PAULS „Prinzipien der Sprachgeschichte“, in denen der Autor die Sprachwissenschaft dem Arbeitsfeld der Geschichtswissenschaft zuordnet. Er beurteilt die Frage bezüglich des sprachlichen Ursprungs als unlösbar und stellt stattdessen die Untersuchung in den Vordergrund, wie es denn überhaupt möglich sei, dass Sprache entstehen kann.[7]

Somit betrachtet auch PAUL die Sprache wohl eher als etwas bereits Vorhandenes, als ein Aspekt, welcher zum Menschen dazuzugehören scheint. Wir können uns sicherlich vorstellen das sich die Sprache im Laufe der Geschichte, zu einer gewissen Zeit, entwickelte und zwar aus einem Gebilde heraus, dass von unserem heutigen Standpunkt aus betrachtet, nicht als Sprache identifiziert werden würde. Aber die konkretere Vorstellung eines solchen Ursprungs stellt die Menschheit vor eine unlösbare Aufgabe. Eine Sprache, welche sich von der heutigen, greifbaren und realen Sprache unterscheidet können wir weder erahnen noch begreifen, da sie für uns eben nicht vorhanden oder zu untersuchen ist. Diese Problematik scheint schon in vergangenen Tagen vorhanden gewesen sein. Wird beispielsweise die Religion einer genaueren Untersuchung unterzogen, stellvertretend das Genesiskapitel der Bibel, so bleibt festzuhalten wonach ein grundlegender Aspekt innerhalb der Schöpfungsgeschichte unerwähnt bleibt. Beide Berichte gehen auf den Gewinn der Sprache in keiner Weise ein. Gott erschafft den Menschen und mit ihm verbunden tritt die Sprache auf, als wäre es das Natürlichste, dem Menschen charakteristischste Merkmal, ohne jedoch separate Erwähnung in irgendeiner Form zu finden.

Letztendlich bleibt festzuhalten, dass Sprache als historische Erscheinung zu verstehen ist. Historische Erscheinungen können jedoch nur verstanden und interpretiert werden, wenn sie ausgehend von ihrem Ursprung erfasst werden, was hierbei nicht möglich ist.

Da es uns somit verwehrt bleibt die Grundlagen der Sprache zu begreifen, ist es weiterhin ebenso unmöglich die Sprache als vollständiges Medium zu verstehen. Innerhalb der Erdgeschichte wird die Sprache als äußerst junges Phänomen aufgefasst, während sie innerhalb der Menschheitsgeschichte sehr alt ist. Allerdings kennen wir weder ihren Ursprung noch ihre anfängliche Entwicklung. Eine historische Sprachuntersuchung kann es somit eigentlich nicht geben[8].

3. Definition der Sprache

„Sprache ist alles womit man lügen kann“ (Umberto Eco, italienischer Schriftsteller)

Das folgende Kapitel wird sich den Eigenschaften sowie dem Wesen des Sprachlichen etwas deutlicher widmen und zudem aufzeigen, dass Sprache weit mehr als nur Kommunikation darstellt.

Die Ansichten über eine gültige Definition der Sprache weichen innerhalb der Wissenschaftsgeschichte bis heute oftmals voneinander ab. Für HERDER stellte Sprache das „natürliche Organ des Verstandes“ dar[9] für HUMBOLDT „ das bildende Organ des Gedanken“[10] und AUGUST SCHLEICHER betrachtete 1861 die Sprache bereits als „Naturorganismus“.[11]

[...]


[1] Geo Wissen: Das Geheimnis der Sprache, Hamburg 2007, 3.

[2] Gauger, Hans- Martin: Über Sprache und Stil, München 1995, 19ff..

[3] Geo Wissen: Das Geheimnis der Sprache, Hamburg 2007, 33.

[4] Gipper, Helmut: Sprachursprung und Spracherwerb. Phylogenetische und ontogenetische Probleme der Entwicklung des Menschen in heutiger Sicht, in: Evolution und Sprache, Herrenalber Texte 66, Karlsruhe 1985, S.78.

[5] Gauger, Hans- Martin: Über Sprache und Stil, München 1995, 23f..

[6] Nietzsche, Friedrich: Menschliches, Allzumenschliches. Kritische Studienausgabe,2, 1878, 24f..

[7] Paul, Hermann: Prinzipien der Sprachgeschichte, Darmstadt 1960, 35.

[8] Gauger, Hans- Martin: Über Sprache und Stil, München 1995, 27f..

[9] Herder, Johann- Gottfried: Herder, Bd. 5, 1877-1913, 47.

[10] von Humboldt, Wilhelm: Bd. 7, 1903- 1936, 53.

[11] Jäger, Ludwig: Sprache oder Kommunikation? Zur neuerlichen Debatte über das Erkenntnisobjekt der Sprachwissenschaft. In: Sprachgeschichte und Sprachkritik, Berlin 1993, 11f..

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Gedanken zur Sprache und Sprachkritik
Hochschule
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Note
"-"
Autor
Jahr
2009
Seiten
23
Katalognummer
V149648
ISBN (eBook)
9783640606443
ISBN (Buch)
9783640606740
Dateigröße
453 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprachkritik, Sprachwandel
Arbeit zitieren
Julian Hofmann (Autor:in), 2009, Gedanken zur Sprache und Sprachkritik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149648

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