Pech und Schwefel

Ablasshandel und Fegefeuerlehre unter Einfluss der Reformation


Seminararbeit, 2009

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

I. Einleitung

II. Ablasswesen und Fegefeuer vor der Reformation

III. Die Schriften Luthers und die katholische Reaktion
III.I Die 95 Thesen
III.II Sermo de Poenitentia
III.III Widerruf vom Fegefeuer
III.IV Konzilium von Trient

IV. Ablasswesen und Fegefeuer nach der Reformation

V. Fazit

VI. Bibliographie

I. Einleitung

Die vorliegende Arbeit wird sich mit dem Thema der Fegefeuerdoktrin beschaftigen. Es soil untersucht werden, ob und inwiefern sich diese aufgrund des Einflusses der Reformation geandert hat. Dazu werden zunachst die Doktrin und der Umgang mit ihr in der Zeit vor der Reformation behandelt. Es soil auf diesem Wege die Ausgangsposition dargestellt werden, in der sich die katholische Lehre vor dem reformatorischen Prozess befindet. Dabei wird sich die Analyse nicht nur auf Doktrin des Fegefeuers beschranken, sondern auch die mit ihr in unmittelbaren Zusammenhang stehende Lehre von Ablass miteinbeziehen. Danach werden mehrere Schriften Luthers, welche in dem Veranderungsprozess des Fegefeuerglaubens eine Rolle spielen, zu behandeln sein. Es handelt sich hierbei naturlich um seine 95 Thesen (1517), aber auch um den Sermo de Poenitentia (1518) sowie seinem Widerruf vom Fegefeuer (1530). Anhand dieser Beispiele soll die Argumentationslinie erarbeitet werden, der sich Luther widmet. Ferner wird auch immer wieder auf das Bild vom Fegefeuer einzugehen sein, welches Luther anfangs zeichnet um es spater ganz zu verwerfen. In diesem Zusammenhang wird es auch aufschlussreich sein, sich die Frage nach der lutherischen Absicht hinsichtlich seiner Argumentation gegen das Fegefeuer zu stellen.

Nun handelt es sich bei Martin Luther, der wohl einen der groBten Antriebskrafte der reformatorischen Bewegung verkorpert und der deswegen als Bestandteil dieser Analyse ausgewahlt worden ist, wohl weniger um einen geschickten Taktiker und Diplomaten[1]. Seine teilweise hohnische Dialektik, welche die katholische Kirche auf dem Hohepunkt ihrer Macht zu bedrohen schien, musste wohl, so schient es, eine Abwehrreaktion der Gegenseite hervorrufen. Diese soll in dem Abschnitt uber das Konzilium von Trient (1545-1563) beispielhaft aufgezeigt werden. Im letzten Kapitel wird es schlieBlich zu einer Abschlussuntersuchung der Fegefeuer- und Ablasspraktiken nach der Reformation kommen. Dabei kann allerdings aus platztechnischen Grunden nicht auf die Entwicklung der nahen Vergangenheit eingegangen werden. Es handelt sich dort um eine Darstellung des post- barrocken Fegefeuergedankens. Diese lohnt es sich im gleichen Schritt dem ersten Abschnitt kontrastiv gegenuberzustellen.

Trotz der textuellen Grundlage dieser Analyse wird sie sich naturlich nicht mit der bloBen Darstellung des Inhaltes dieser zufriedengeben. Daruberhinaus wird es sich vielmehr um eine Einordnung der schriftlichen Zeugnisse in den kirchengeschichtlichen Werdegang handeln, was ein Aufzeigen von diesem unausweichlich macht. Die vorliegende Arbeit folgt also jenem Ablauf der kirchlichen Geschichte, indem sie die deren Eckpunkte, welche mit dem Fegefeuer in Verbindung stehen, zusammenhangend aufzeigt und interpretiert. Auch wenn die Verbindung der einzelnen Ereignisse nicht immer gleich ersichtlich scheinen, so wird schlussendlich doch die berechtigte These vertreten, dass es sich um einen mehr oder minder einheitlichen Prozess handelt, welcher die im letzten Abschnitt behandelten Aspekte zur Folge hatte. Es soll also eine Gegenuberstellung der Verhaltnisse von Ablass und Fegefeuer vor und nach der Reformation vorliegen, bei dem ein Aufzeigen der in der Zwischenzeit wirkenden Faktoren naturlich unerlasslich bleibt. Zunachst wird also der Ausgangspunkt des Vergleiches dargelegt werden.

II. Ablasswesen und Fegefeuer vor der Reformation

Die Angst vor Tod und Teufel bestimmt das Denken der Menschen seit jeher. Geistlichen Beistand versprach im Mittelalter die Kirche, welche jedoch gleichsam „das Hollenfeuer schurte“. Die Angst vor der Holle wird in dieser Zeit zu einem entscheidenden Machtfaktor. Sie fuhrt Christen auch auf Kreuzzuge und Pilgerreisen, aber vor allem kostete sie die Glaubigen ein Vermogen. Europa im Mittelalter, das bedeutet vor allem Endzeitstimmung. Eine groBe Furcht hatte die Menschen ergriffen, da die Pest wutete und ganze Landstriche entvolkerte. Die verangstigten Menschen glaubten, den Grund fur das groBe Sterben zu wissen: Das letzte Gericht war gekommen und Gottes Strafe ginge auf die Menschheit nieder. Nun also wurde sich entscheiden, ob der Mensch vor dem Weltenrichter bestehen konne. „Komme ich ins himmlischste Paradies? Oder straft mich Gott fur meine Sunden, und schickt mich zu den Verdammten ins ewige Feuer der Holle?“ Die Menschen hatten vor allem Angst vor dem sog. „schlechten Tod“: ein Dahinscheiden ohne den letzten Frieden erlangt und seine Sunden gebeichtet zu haben. Jeder Dritte gehorte zu den gottesfurchtigen Seelen, die in Hollenangst starben, schreckliche Qualen und endloses Grauen vor Augen. Nicht nur in der heiligen Schrift und in Predigten, in allen Kirchen fuhrten Altar- und Wandgemalde den Menschen schon zu Lebzeiten vor, was Sundern nach dem Tod sicher erwarten wurde. Die Holle in ihrer ganzen Drastik. Bis in grausigste Details ausgemalt von mittelalterlichen Meistern.[2]

Die Pest mochte so einen Tod sehr wahrscheinlich gemacht haben und so mussten Vorbereitungen getroffen werden. Es ist allerdings von Noten, sich immer daruber im Klaren sein, dass die Kirche um das Seelenheil seiner Glaubigen besorgt war. Dazu gehorte einerseits, dass sie alle Moglichkeiten ausschopfte, um sie auf den richtigen Weg zu bringen, aber auch, die Angst vor der Holle und das Verhalten der Menschen moglichst gottgefallig zu gestalten. So schurte sie die Angst vor der gottlichen Strafe und schaffte ein der neuen Zeit angepasstes Instrument, welches das Verhalten der Menschen auch weiterhin in die vermeintlich gottgefallige Richtung lenken wurde.

Die Idee vom Fegefeuer entwickelte sich mit dem Aufkommen der modernen Wirtschaft, der Buchhaltung und dem Bankenwesen in Italien. Das aufkommende Sundenregister eines jeden Menschen war wie eine offene Rechnung, die es mit Gott zu begleichen galt. Die Menschen wollten fur Guthaben auf dem „himmlischen Konto“ sorgen, und so ermoglichte es ihnen die Kirche, dies durch Ablasszahlungen zu tun. Die Tage im Fegefeuer, in dem die die Verstorbenen folglich ihre Sunden begleichen mussten, konnten durch Angeld fur das Himmelreich verkurzt werden. Diesen Lohn versprach die Kirche als Huterin himmlischer Gnadenschatze. Nun hatte sich eine Moglichkeit ergeben, dem auszuweichen, das die Menschen am meisten furchteten. Und so kam es, dass viele, vor allem reiche Menschen, dieses Angebot nutzten und der Kirche nicht unerhebliche Einkommen bescherten.

GroBen Einfluss auf die Entwicklung und theologische Ausgestaltung des Fegefeuers hatten einst schon Papst Gregor der GroBe (540-604 n. Chr.) und spater Scholastiker wie Thomas von Aquin (1225-1274). Sie zogen ihre Schlusse teilweise aus der griechischen Mythologie und arbeiteten sie in die lateinisch-scholastische Theologie ein. Das Messopfer schien wirksam, die Verbindung von Ablass und Fegefeuer bewiesen. Der Papst, als Verwalter der Ablasse, wurde zum unangefochtenen Fuhrer der Kirche und seine Unfehlbarkeit wurde praktisch von allen seinen Anhangern anerkannt.[3] Die Kirche stand auf dem Hohepunkt ihrer Macht. Und doch, oder gerade deswegen, war die Zeit eines vehementen Bruches sehr nah.

III. Die Schriften Luthers und die katholische Reaktion

In Wittenberg wandte sich ein deutscher Monch gegen das Geschaft des Papstes mit der Holle, gegen die Kauflichkeit der gottlichen Gnade. Martin Luther, tief erfullt von der eigenen Sundhaftigkeit, suchte nach einem Ausweg. Der Romerbrief des Apostel Paulus eroffnete fur ihn ein ganz neues Verstandnis von der Gerechtigkeit Gottes. Statt des strafenden und zornigen, den gnadigen Gott. Martin Luther glaubte fest daran, dass der Mensch in seiner angeborenen Sundhaftigkeit nur durch die Gnade Gottes selbst und nicht durch sonstige, schon gar keine weltlichen Ereignisse, vor dem Teufel und seiner Holle gerettet werden konnte.

III.I Die 95 Thesen

Am 31. Oktober 1517 schlug Martin Luther seine 95 Thesen an die Tur der Schlosskirche zu Wittenberg. Er hatte in diesen fruhen Tagen der Reformation nicht die Absicht, die Kirche, so wie sie bestand, etwa grundlegend in Frage zu stellen. Seine Motivation war zwar der Handel mit den Ablassen, welchen er unter keinen Umstanden akzeptieren konnte, jedoch verhielt sich Luther vorab taktisch klug und blieb mit seiner Kritik im zu dieser Zeit Moglichen[4] Es ging ihm zunachst vor allem darum, eine wissenschaftliche Diskussion anzuregen, womit er allerdings auf keine Akzeptanz auf Seiten der Kirche traf. Im Folgenden soll nun der Inhalt der 95 Thesen, vor allem im Bezug auf den Ablass, die Holle und das Fegefeuer untersucht werden.

Die ersten vier Gebote Luthers[5] gehen sogleich auf die BuBpraxis ein und stellen klar, dass ihr Verfasser nicht mit den momentanen Gegebenheiten konform war. Wenn er Christus mit „Tut BuBe“ zitierte, dann meinte dieser Ausruf laut Luther nicht das einmalige BuBetun, sondern ein Lebenslanges. In der zweiten These stellte er sogleich klar, dass damit also auch nicht die sakramentale, also priesterliche BuBe gemeint sein kann. Der BuBruf Christi hatte also Vorrang vor allem priesterlichen Handeln. Jedoch schien Luther hier keinesfalls am priesterlichen Amt an sich zu zweifeln. Wie erwahnt, zweifelte er zu dieser zeit die Kirche als Institution noch nicht an und deshalb wandte er sich mit seinen Thesen auch nicht nur an die Offentlichkeit, sondern richtete sie auch explizit an die beiden Bischofe von Wittenberg, von denen einer sogar der papstliche Ablasskommissar war.6 Auch bemerkt man in These 7 sehr klar, dass Luther das Amt des Priesters fur absolut wichtig und christlich korrekt ansah. Auch griff er den Papst in seiner gesamtkirchlichen Stellung nicht an. Er kritisierte jedoch das von jedem Zweifel freie Rechtsprechen, welches sich das Papsttum erlaubte, ohne dieser die Herkunft Gottes zu bestatigen. Weiterhin beschrieb Luther auch recht deutlich, was er sich unter einer „wahren BuBe“ vorstellte: Fur ihn ist dies die innerliche, ein Menschenleben lang wirkende BuBe, die erst nach dem Ableben und vor Gott, und nicht dem Papst, gesuhnt werden konne. (These 4) Die Macht der Kirche galt fur Luther fur die Lebenden, und auch nur dann, solange sie sich Gott explizit unterordnete. Sie wurde jedoch nicht uber den Tod hinaus reichen. (These 8)

Somit wirkten die kanonischen BuBen auch keinesfalls bis in das Reich des Fegefeuers hinein. Davon zeugten auch die folgenden Thesen 8 bis 23: Luther zweifelte in ihnen zwar nicht die Existenz des Fegefeuers an, jedoch kritisierte er, dies ist ja sein Hauptanliegen, die in diesem Zusammenhang stehende Ablasspraxis vehement. Er warnte vor der vermeintlich erkauften Sicherheit und stellte sich auch seine alte, ganz personliche Frage nach dem Erreichen der Sicherheit des Seelenheils. Diese sei mit dem Eintritt in das Fegefeuer und der Ablasszahlung keineswegs gelost. Denn Luther zweifelte die Wirksamkeit des Ablasses an und konstatierte, dass man kirchliche BuBstrafen (zu denen er sich noch durchaus bekennt) nicht in Strafen des Fegefeuers umwandeln konne. (Thesen 12-14)

Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang, was fur ein Bild sich Luther eigentlich von dem Fegefeuer machte. Die Thesen 13 bis 17 sind dabei sehr aufschlussreich: Alle Menschen waren nach ihrem Tod von den kirchlichen, also weltlichen Sunden frei und mussten sich danach nur noch vor Gott verantworten. Bestehen sie dieses Gericht nicht, so musse dies in ihnen eine riesige Angst auslosen, welche, je weniger sie Gott liebten und vertrauten - d.h. hier geht es gar nicht mehr so sehr um Sunden, sondern vielmehr um die Gottergebenheit und den starken Glauben - desto groBer mussten also ihre Schrecken sein. Der Zustand, in dem sich die Seele dann befande, ein schrecklicher Zustand, der der Verzweiflung nahekomme, sei genug, „um die Pein des Fegefeuers zu bereiten“. Die Verzweiflung jedoch wurde in der folgenden These mit der Holle gleichgesetzt und so handele es sich beim Fegefeuer nur um ein „fast Verzweifeln“,seine[6] wohingegen man sich im Himmel seines Heiles sicher sein konne. Luther lehnt hier also die Existenz des Fegefeuers nicht ab. Jedoch unterscheiden sich [7]

[...]


[1] Fleischhack Erich: Die christlichen Vorstellungen vom Geschick der Verstorbenen geschichtlich Dargestellt, Tubingen 1969, s.128.

[2] Einen guten Oberblick zu diesem Thema bietet Peter Jezler (Hg.): Himmel, Holle, Fegefeuer. Das Jenseits im Mittelalter. Ausstellungskatalog. Munchen 1994.

[3] Loofs, Friedrich: Leitfaden zum Studium der Dogmengeschichte, Tubingen 71968, S. 496.

Rogge, Joachim: Die Anfange der Reformation. Der junge Luther 1483-1521. Der junge Zwingli 1484-1523, Berlin 1983, S. 143.

[5] Vgl.: Aland, Kurt: Martin Luthers 95 Thesen, Hamburg 1965, S.53 ff. Dort lassen sich auch alle Thesen finden, auf die hier Bezug genommen wird.

Rogge, S. 143.

[7] Aland, 95 Thesen, S. 54.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Pech und Schwefel
Untertitel
Ablasshandel und Fegefeuerlehre unter Einfluss der Reformation
Hochschule
Universität Bremen
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
17
Katalognummer
V149351
ISBN (eBook)
9783640599660
ISBN (Buch)
9783640600014
Dateigröße
570 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fegefeuer, Ablaß, Reformation
Arbeit zitieren
Patrick Jost (Autor:in), 2009, Pech und Schwefel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149351

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