Die Christenverfolgung unter Diokletian


Seminararbeit, 2009

40 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung
1.1 Praefatio
1.2 Hinweise zu den Quellen und zur Literatur
1.3 Die wichtigsten schriftlichen Quellen
1.3.1 Christliche Quellen
1.3.2 Heidnische Quellen
1.4 Auflösung der Abkürzungen
1.4.1 Quellen
1.4.2 Zeitschriften, Reihen, Lexika

2 Vorgeschichte
2.1 Die früheren Verfolger (nach Laktanz)
2.2 Die Situation nach Decius und Valerian

3 Die Herrscher der ersten Tetrarchie
3.1 Bild und Selbstverständnis der Tetrarchen
3.1.1 Münzen
3.1.2 Büsten
3.2 Das Bild des Diokletian in den schriftlichten Quellen
3.3 Massnahmen des Diokletian vor 303
3.3.1 Das Ehe-Edikt (295)
3.3.2 297/302(?) Das Manichäer-Edikt
3.3.3 Maßnahmen gegen christliche Soldaten im Heer

4 Die "grosse" Verfolgung
4.1 Gründe für den Ausbruch
4.1.1 Der Hass des Galerius auf die Christen
4.1.2 Strafe Gottes aufgrund der Uneinigkeit der Christen
4.1.3 Religiöse und staatserhaltende Gründe
4.2 Beginn der Verfolgungen am 23. Febr. 303
4.2.1 Das 1. Edikt (24. Fbr. 303)
4.2.2 Das 2. Edikt (April 303)
4.2.3 Das 3. Edikt (vor dem 7.6.303)
4.2.4 Das 4. Edikt (Frühjahr 304)
4.3 Märtyrer unter Diokletian
4.3.1 In der historia ecclesiastica
4.3.2 In de martyribus Palaestinae
4.3.3 Märtyrer im Westen
4.3.4 Der Heilige Florian
4.4 DAs Ende und Auswirkungen der Verfolgung

5 Schlusswort
5.1 Anhang 1 – Märtyrer bei Eusebius, de martyribus Palaestinae
5.2 Anhang 2: Übersicht der Märtyrer nach Eusebius, historia ecclesiastica, Buch 8 und 9

6 Anhang 3 : Quellentexte
6.1 Der Charakter der Tetrarchen im Urteil der Antike
6.1.1 H.A. Car. 18,4
6.1.2 Aurel.Vict. 39,1-4 (Persönlichkeit des Diokletian)
6.1.3 Lact.mort.pers. 7,1-2
6.1.4 Lact.mort.pers. 11,5
6.2 Massnahmen des Diokletian vor 303 n.Chr
6.2.1 Aurel.Vict. 39,45 (Förderung der guten Sitten und alten Kulte)
6.2.2 Praefatio zum Eheedikt (Coll. 6,4,1):
6.3 Anlass für die Christenverfolgungen
6.3.1 Euseb.h.e. 8,1,7 (Innere Gründe)
6.3.2 Lact.mort.pers. 10,1-6 (Gestörtes Opfer in Antiochia? 299/300)
6.3.3 Lact.pers. 11 (Galerius als Urheber der Verfolgung)
6.4 Die "grosse Verfolgung"
6.4.1 Lact.mort.pers. 12-13 (Das Edikt vom 23. Febr. 303)
6.4.2 Euseb.h.e. 8,2,4-5 (Das erste Edikt Diokletians)
6.4.3 Euseb.mart.Palaest. – Einleitung (Das erste Edikt Diokletians)
6.4.4 Euseb.h.e. 8,3,2-4 (Das zweite Edikt – "Zwang zum Opfer")
6.4.5 Euseb.h.e. 8,6,7-10 (Das zweite und dritte Edikt Diokletians)
6.4.6 Euseb.mart.Pal. 3,1 (Das vierte Edikt Diokletians)
6.5 Tod des Diokletian
6.5.1 Lact.mort.pers. 42
6.5.2 Epit.Caes. 39,7:
6.6 Das Toleranzedikt von Nikomedien, 30. April 311
6.6.1 Lact.mort.pers. 34
6.6.2 Euseb.h.e. 8,17
6.7 Das sog. "Mailänder Edikt" vom 13. Juni 313
6.7.1 Lact.mort.pers. 48
6.7.2 Euseb.h.e. 10,5,1-14

7 Verwendete Literatur

8 Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

1.1 Praefatio

Die allgemeine Meinung über die Christenverfolgung im römischen Reich ist geprägt von Bildern wie jenen des Titelblatts und v.a. auch von Monumentalfilmen der 50-er und 60-er Jahre, dessen berühmtester wohl "Quo Vadis" ist. Das Bild der Christenverfolger ist ein düsteres – manchmal im wahrsten Sinn des Wortes ein "verrücktes", auch wenn sich bereits ab der Aufklärung Widerstand gegen ein solch einseitig christliches Bild v.a. des Diokletian regte.

Diese Arbeit soll ein kleines Repertorium der Quellen aber auch der modernen Literatur darstellen, was sich aufgrund der Fülle sowohl ersterer als auch zweiterer mit der vorgegebenen Seitenzahl (15) ein wenig schwer in Übereinklang bringen ließ. Da zumindest die wichtigeren Quellentexte nicht nur in dürren Fußnoten sondern auch nachvollziehbar dargestellt werden sollten, sind diese in einem eigenen Anhang an die Arbeit angeschlossen. Dem kurzen Teil der Selbstdarstellung der Tetrarchen anhand von numismati­schen und ikonographischen Zeugnissen sowie dem Märtyrer-Kapitel sind auch einige Bilder hinzugefügt – nichts ist ärgerlicher als eine lange Beschreibung von Bildmaterial ohne eine dazugehörige Abbildung.

Ein Schwerpunkt liegt auf den in der Regierungszeit des Diokletian nachzuweisenden Märtyrern. Dafür wurden die Kirchengeschichte des Eusebius sowie seine Schrift "de martyribus Palaestinae" genau untersucht – das Ergebnis in Form einer tabellarische Übersicht im Anhang (S25-28) ist der eigentlich "innovative" Teil dieser (ansonsten sehr viel zitierenden) Arbeit, weil er in dieser Form (zumindest in der mir zugänglichen) Literatur noch nicht vorhanden ist.

1.2 Hinweise zu den Quellen und zur Literatur

Die Hauptquellen für das Referat und diese Arbeit sind im Anschluss kurz dargestellt, die Auflösung der Quellenzitate sowie sonstige Abkürzungen (Lexika, Nachschlagewerke, Reihen, Zeitschriften) findet sich gleich anschließend daran.

Die Angabe von Quellenzitaten wird wie folgt gehandhabt:

- Kürzere Zitate sind in den Text eingearbeitet, ev. mit Verweis auf den Gesamttext im Anhang.
- Eusebius wird grundsätzlich in deutscher Übersetzung zitiert (eine Zusammenstellung wichtiger Texte zur Christenverfolgung in Griechisch bieten GUYOT/KLEIN 1993/94).
- Die lateinischen Autoren werden zweisprachig zitiert.

Die Übersetzungen von Eusebius und Laktanz stammen – wenn nicht anders angegeben – alle aus der online zur Verfügung stehenden "Bibliothek der Kirchenväter": http://www.unifr.ch/bkv/awerk.htm.

Moderne Autoren der verwendeten Monographien, Aufsätze und Lemmata sind in den Zitaten mit Familiennamen und Herausgabejahr angeführt, das jeweils vollständige Zitat findet sich unter "Verwendete Literatur" ab Seite 39. Nur peripher verwendete Literatur sowie Beiträge aus der Reihe "Aufstieg und Nieder­gang der römischen Welt" (ANRW) sind in den Anmerkungen jeweils als vollständiges Zitat angegeben.

1.3 Die wichtigsten schriftlichen Quellen

Die Quellenlage bietet dem Altertumskundler ein (nicht nur bei Diokletian) vertrautes Bild:[1]

- Wichtige Quellen sind verloren (Zosimos[2], Viten der Tetrarchen in der Historia Augusta[3] )
- Der Bericht zweier zeitgenössischer Autoren (an sich ein Glücksfall) ist stark subjektiv gefärbt – Eusebius und Laktanz als Christen sind naturgemäß antidiokletianisch eingestellt. Das Problem der historischen Zuverlässigkeit kann in diesem Rahmen jeweils nur am Rande angesprochen werden, es sei auf die spezielle Literatur dazu verwiesen[4].
- Die späteren heidnischen Autoren berichten zwar über die Tetrarchen, aber nichts über die Christenverfolgung (Aurelius Victor, Eutrop, Epitome de Caesaribus, Historia Augusta (etwa Viten des Aurelius, Heliogabal, v.a. Carus-Carinus-Numerianus).

1.3.1 Christliche Quellen

Laktanz[5] (um 250 – um 325)[6]

- de mortibus persecutorum (v.a. 7-42): Um 300 von Diokletian als Lehrer an die rhetorische Aka­demie nach Nicomedia berufen, er könnte 23.2.303 (1. Edikt) also Augenzeuge der Geschehnisse in Nikomedia gewesen sein. Mit Beginn der diokletianischen Verfolgungen legte er sein Lehramt nieder und zog sich auf seine literarische Tätigkeit (v.a. als Apologet) zurück. Seine Schrift über die Verfolger verfasste er erst nach 313.

Eusebius von Caesarea (260/64 – 337/40)[7]

- historia ecclesiastica (v.a. Buch 8): Vor Beginn der diokletianischen Verfolgung 303 waren bereits 7 Bücher veröffentlicht (Kirchengeschichte von Christi Geburt bis auf den römischen Bischof Marcellinus 296-304). Die weiteren drei Bücher dürften zwischen 313 und 316 entstanden sein. Das 8. Buch beschäftigt sich mit den diokletianischen Verfolgungen, später kamen noch 2 Bücher dazu. Es handelt sich nicht um eine Ereignisgeschichte, dargestellt wird also nicht die Geschichte der Verfolger, sondern jene der Verfolgten.

- de martyribus Palaestinae: Schilderung der diokletianischen (bzw. tetrarchischen) Christen­verfolgung von 303 bis 311 in Palästina.

- vita Constantini: nach dem Tod Konstantins (337) verfasst; enthält auch Berichte über die Tetrarchie sowie die oratio ad coetum sanctorum (Rede Konstantins an die Versammlung der Heiligen). Eher ein Panegyricus als eine Biographie, als dunkle Kulisse dienen die christen­verfolgenden Tetrarchen, umso heller kann davor das Licht des Konstantin (tw. auch seines Vaters) strahlen[8]. Angaben hier sollten stets mit der früher verfassten Kirchengeschichte verglichen werden.

Orosius (um 385 – um 418): Seine Historiae adversum paganos sind seinem Lehrer Augustinus gewidmet, beiden ging es darum, den Vorwürfen ihrer Zeit (v.a. nach der Eroberung Roms durch Alarich im Jahr 410) entgegenzutreten, die Abkehr von den Göttern bewirke den Niedergang des Reiches. Sie versuchten darzu­stellen, dass Rom auch in früheren Zeiten (also ganz ohne Mitwirken von Christen) Katastrophen erlebt habe.

1.3.2 Heidnische Quellen

- Panegyrici Latini (zeitgenössisch, v.a. VIII-XI).
- Eutrop (Mitte 4. Jhdt.): breviarum ab urbe condita 9,19-28.
- Aurelius Victor (2. Hälfte 4. Jhdt.): liber de Caesaribus 39.
- Anonym, Epitome de Caesaribus 39 (zwischen 395 und 408).
- Historia Augusta (Wende 4./5. Jhdt) v.a. Carus-Carinus-Numerianus.

1.4 Auflösung der Abkürzungen

1.4.1 Quellen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Paneg. Lat. Panegyrici Latini[9]

Plin.epist. Plinius, epistulae

Tert.Scap. Tertullian, ad Scapulam

1.4.2 Zeitschriften, Reihen, Lexika

ANRW Aufstieg und Niedergang der römischen Welt

CIL Corpus Inscriptionum Latinarum

Coll. Collatio legum Mosaicarum et Romanorum (ediert in den è FIRA)

DKP Kleiner Pauly

DNP Neuer Pauly

FIRA Fontes Iuris Romani Anteiustiniani, Bd. II, 1940 (= Edition). Überlieft in der sog. Collatio legum Mosaicarum et Romanarum.

JThS The Journal of Theological Studies

MGH Monumenta Germaniae Historica

MPL J. P. Migne, Patrologiae cursus completus, series Latina, 217 Bände und 4 Ergänzungsbände, Paris 1878-1890

PO Patrologia orientalis, hrsg. von R. Graffin und F. Nau, Paris 1903 ff.

P. Oxy. Papyrus Oxyrhynchus

RAC Reallexikon für Antike und Christentum

RE Paulys Realenzyklopädie (Großer Pauly)

RIC Roman Imperial Coinage

2 Vorgeschichte

2.1 Die früheren Verfolger (nach Laktanz)

In der kleinen Schrift de mortibus persecutorum ("Von den Todesarten der Verfolger"), versucht Laktanz am Beispiel von acht römischen Kaisern nachzuweisen, dass gerade solche, die Christen verfolgten, vom Gott dieser mit einem besonders elenden Tod bestraft wurden[10]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Trajan sowie Marc Aurel scheinen hier nicht auf; beide gelten allgemein als "gute Kaiser"; gerade ein Reskript Trajans[11] aber schuf erst den gesetzlichen Hintergrund[12] zur Verfolgung der Christen: man sollte sie zwar nicht "aufspüren" und auch keinen anonymen Anzeigen nachgehen, wer sich aber als Christ bekannte und das Opfer vor Götter- und Kaiserbild verweigerte, riskierte die Todesstrafe. Den Philosophen­kaiser" Marc Aurel versuchen sogar christliche Berichte immer wieder vom odium des Christenverfolgers zu befreien. Die in seine Regierungszeit fallenden größeren (wenn auch lokalen) Ausschreitungen gegen Christen können zwar in vielen Fällen auf den Druck der Bevölkerung zurückgeführt werden[13], ganz ohne Wissen des Kaisers können aber Maßnahmen wie etwa jene von Lyon und Vienne (177 n.Chr.[14] ) nicht stattgefunden haben – Eusebius spricht sogar von einem diesbezüglichenm Reskript Marc Aurels[15].

Auch die Tetrarchen nahmen – mit Ausnahme des Konstantius Chlorus[16] – nach Laktanz ein schreckliches Ende:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Darstellung des unglücklichen Todes von Diokletian bei Laktanz wirkt sehr konstruiert; nur scheinbar findet sie Bestätigung bei den Epitome de Caesaribus[18], wo berichtet wird, er habe aus Angst vor einer "unehrenhaften Ermordung durch Konstantin und Licinius Gift genommen[19] (beide Texte siehe Anhang S34 und S34); Eusebius[20] schreibt, er sei "von einem langwierigen und äußerst schmerzlichen körperlichen Siechtum hin­gerafft" worden. Eutrop berichtet über seine Divinisation[21], nichts aber über seinen Tod und Aurelius Victor beendet seine Aufzeichnungen über Diokletian mit dessen Abdankung[22], die Frage nach seinem Tod bleibt auch hier unbeantwortet.

2.2 Die Situation nach Decius und Valerian

Ab Gallienus war das Christentum geduldet und verbreitete sich v.a. im Osten, wo es alle Schichten erfasste (Hof, Heer, Provinzialverwaltung); die Christen waren durch kaiserliches Privileg vom Opfer ent­bunden[23], überall entstanden Kirchen und Bethäuser. Von Aurelian sind keine direkten Verfolgungen be­kannt; nach Eusebius[24] und Laktanz[25] waren sie aber bereits geplant und wurden nur durch seine Ermordung verhindert.

Auch unter Diokletian lebten die Christen lange Zeit unbehelligt[26], er duldete sogar in seiner Residenzstadt Nikomedia eine Kirche in Sichtweite seines Palastes, mitten im belebten Zentrum der Stadt[27]. "Welche Worte könnten genügen, um die Fülle des Glückes und Wohlstandes zu schildern, deren das römische Reich vor seinem Kriege gegen uns gewürdigt ward, als die Herrscher noch freundschaftliche und friedliche Gesinnung gegen uns hegten?"[28].

3 Die Herrscher der ersten Tetrarchie

3.1 Bild und Selbstverständnis der Tetrarchen

Auf dieses zum Verständnis der Christenverfolgung äußerst wichtige Thema kann hier nur sehr kurz eingegangen werden[29], wobei als Ausgleich zu den in dieser Arbeit stark bevorzugten schriftlichen Quellen auch einige numismatische und ikonographische Zeugnisse herangezogen werden sollen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.1.1 Münzen

Schon immer waren Münzen ein besonders wichtiges Mittel der Selbst­darstellung römischer Kaiser: Machte der Avers das Herrscherbild im ge­samten Reich bekannt, trug der Revers die Leitlinien der jeweiligen Politik[30][31] - ein ideales PR-Medium in der Hand der Bürger und Soldaten.

Sind in der Dyarchie (285/86-293) durchaus noch individualistische Züge erkennbar (siehe Abbildung 2 rechts[32] ), vereinheitlicht sich das Herrscherbild ab der Tetrarchie immer mehr (siehe folgende Seite, Abbildungen 5+6) .

Abbildung 2: Goldmedaillon zu 5 Aurei, Münzstätte Rom,
287 n.Chr. (1. bzw. 3. Konsulat), AV: Diocletian (li) und Maximian (re), Umschrift: Impp Diocletiano et Maximiano Augg (Imperatoribus Diocletiano et Maximiano Augustis)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auf den Münzreversen erscheinen häufig die Schutzgottheiten der Tetrarchen: Diokletian wählte für sich und seinen Caesar Galerius Jupiter[34], Maximian stellte sich und seinen Caesar Konstantius unter den Schutz des Hercules[35]. Diese Beinamen sind auch epigraphisch[36] und in den schriftlichen Quellen überliefert[37].

Schon 285 wird in Antiochia eine Münze geprägt, deren Revers zeigt, wie Jupiter Diokletian den mit einer Nike bekrönten Erdball übergibt – er verleiht ihm "somit die Herrschaft über das Imperium Romanum bzw. den orbis terrarum"[38]. Damit wird die Herrschaft in den Bereich des Sakralen gehoben (Gottgnadentum); die Tetrarchen tragen nicht nur den Namen sondern auch das numen des jeweiligen Gottes – sie sind damit Söhne von Göttern[39] und üben die Herrschaft im Namen dieser aus (Gottkaisertum[40] ), und zwar mit einer

gewissen "Arbeitsteilung"[41]:

"Jupiter regiert den Himmel und Herkules befriedet den Erdkreis"[42]. Von einer solchen Befriedung spricht im Frühjahr 298 (nach Beendigung des Perserkrieges) auch der Panegyriker Eumenius in Autun[43]. Garant dafür war der "Bestand einer allgemein akzeptierten und funktionierenden Herrschaft der Kaiser"[44] ; Grund­lage dafür war die altrömische Religion – wer sie in Zweifel zog, war für eine solche Herrschaft nicht tolerierbar. "Die diokletanische Christenverfolgung war folglich logische Konsequenz der tetrarchischen Theologie"[45].

3.1.2 Büsten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ob Büsten aus der Zeit der Tetrarchie überhaupt einem bestimmten Kaiser zugeordnet werden können, ist nach wie vor umstritten: "Außer den beiden bekannten Viergruppen der Kaiser am Dogenpalast in Venedig und in der Vatikanischen Bibliothek (siehe unten, Abbildung ) gibt es kaum ein vollplastisches Einzelbildnis, das mit Fug und Recht einem der Tetrarchen zugewiesen werden kann"[46] ; REES[47] dagegen meint in Abbildung 5 sicher ein Porträt Diokletians zu erkennen: "When we look into the eyes of the famous porphyry bust in the Worcester Art Museum …., we might well wonder what Diocletian was like – unusual, in­scrutable, severe perhaps, determined. I sometimes think I can see a tired man. But no matter how we see it, in all honesty we cannot even be thoroughly confident the bust is of Diocletian".

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2 Das Bild des Diokletian in den schriftlichten Quellen

- "Diocletian, Vater eines Goldenen Zeitalters"[49][50]
- "Diokletian, groß in Erfindung von Verbrechen und im Anstiften von Unheil.."[51]

Widersprüchlicher kann ein Urteil nicht sein; dass aber sowohl heidnische wie auch christliche Autoren nicht immer diesem "Gut-Böse"-Schema folgen, sondern die Zeit der Tetrarchie auch durchaus differenziert schildern, sollen einige markante Textbeispiele im Anhang zeigen (siehe S30).

So sehen etwa auch heidnische Autoren den Charakter des Diokletian durchaus zwiespältig: Aurelius Victor rügt einerseits das Gepränge der Hofhaltung des Diokletian und dass er sich (nach Caligula und Domitian) als "Herr" anreden ließ – er hält dies für die Attitüde eines Emporkömmlings[52]. Andererseits meint er, dies alles würde "durch die übrigen guten Eigenschaften verdeckt, und während er sich "Herr" nennen ließ, gab er sich als Vater"[53]. Besonders hervorhebenswert scheint ihm der freiwillige Rückzug des Diokletian ins Privatleben gewesen zu sein: "...scheint es mir von einem herausragenden Cahrakter zu zeugen, wenn jemand seinen Ehrgeiz hinanstellt und wieder ins gewöhnliche Dasein hinabsteigt"[54].

Eutrop nennt ihn schlau, scharfsinnig, gewissenhaft und tüchtig[55] – auch wenn er ihm ebenfalls vorwirft, er sei der erste Princeps mit "königlicher" Hofhaltung (" et qui imperio Romano primus regiae consuetudinis formam")[56].

Als besonders "intimes" Zeugnis dürfen die Caesares von Iulian gelten, immerhin Enkel des Konstantius I.: "... und Diokletian, der die beiden Maximiani (sc. Maximianus und Galerius, dessen Beiname ebenfalls Maximianus war) und meinen Großvater Konstantius (sc. Chlorus) mitführte, trat hervor im vollen Ornat. Diese (sc. seine Mitregenten) schritten nicht auf einer Linie mit ihm, sondern hielten einander an den Händen und bildeten gleichsam einen Chor um ihn; und wenn sie ihm gewissermaßen als Leibwächter vorauseilen wollten, hinderte er sie daran, denn er beanspruchte kein Privileg vor ihnen"[57]. Konstantin dagegen wird nur sehr beiläufig erwähnt – Iulian (dem die Kirche aufgrund seiner Religionspolitik den Beinamen "Apostata" gab) hatte naturgemäß mehr Interesse an einer positiven Darstellung des Diokletian.

Die christlichen Autoren dagegen versuchten bereits im 4. Jhdt., dem von ihnen geschaffenen Konstantin-Mythos einen besonders dunklen "Diokletian-Mythos" gegenüberzustellen[58] ; bester Beleg dafür ist Eusebius' vita Constantini[59]. Andererseits zeichnet der christliche Theologe und Historiker Orosius noch Anfang des 5. Jhdts. die Tetrarchie vor Ausbruch der Christenverfolgungen (wie oben die Historia Augusta) ebenfalls als "Goldenes Zeitalter"[60].

[...]


[1] Quellendarstellungen bei: DEMANDT 2007, S7-32; KUHOFF S9-11; BRANDT 2006.

[2] In der um 500 verfassten Neuen Geschichte (ἱστορία νέα) weist die einzig erhaltene Handschrift (Codex Vaticanus Graecus 156) eine Lücke von 8 Seiten auf (Ende Buch 1, Anfang Buch 2 = die Jahre von 282-305). Die äußerst antichristliche Haltung des Zosimos zeigt sich v.a. an der Geschichte Constantins I. und Theodosius I. (v.a. 3,34 und 4,59) – sie seien die Haupt­schuldigen am Niedergang Roms; den Verfall des Imperiums fasst er als Bestrafung für die Abkehr von den alten Göttern auf. Dass es zu Beginn des 6. Jahrhunderts noch möglich war, ein antichristliches Werk zu publizieren, deutet darauf hin, dass das Heidentum damals zwar seit langem auf dem Rückzug war, aber mit einer gewissen Bedeitung immer noch existierte.

[3] H.A.Car. 18,5: "quorum vitam singulis libris Claudius Eusthenius qui, Diocletiano ab [a]epistulis fuit, scripsit".

[4] Eine besonders ausführliche Bibliographie bei KUHOFF 2001 (56 Seiten mit etwa 2.300 Titeln!).

[5] Eigentlich Lucius Caecilius Firmianus , den Beinamen Lactantius erhielt er aufgrund der "milchigen" Form seiner Rede.

[6] Zu Laktanz vgl. SCHWARTE 1994, S206-215.

[7] Zu Eusebius vgl. SCHWARTE 1994, S215-221.

[8] Vgl. BRANDT 2006, S407.

[9] Nummerierung in der Literatur oft unterschiedlich angeführt (Manuskript bzw. chronologisch), Folgende Entsprechung (Manuskript-chronologisch): VIII (4), IX (5), X (2), XI (3).

[10] Vgl. Tertullian, Apologeticum, Kapitel 5 (Gesetze gegen die Christen haben nur "schlechte" Kaiser erlassen).

[11] Plin.epist. 10,96+97.

[12] Kaiserliche Reskripte hatten Gesetzeskraft.

[13] Man machte die Christen gerne für Katastrophen (wie etwa die Pest) verantwortlich, da sie die Staatsgötter nicht verehrten.

[14] Euseb. h.e. 5,1-4; bei seinem Bericht über diese grausamen Pogrome dürfte es sich um von ihm redigierte Briefe der Gemeinden handeln.

[15] Euseb.h.e. 5,1,47: "Da der Kaiser in seinem Reskript anordnete, die einen hinzurichten, die anderen jedoch freizulassen, wenn sie bereit wären, ihren Glauben abzuleugnen".

[16] Als Vater des "christlichen" Konstantin wird er sowohl von Laktanz (Lakt.mort.pers. 15) als auch Eusebius (Euseb.h.e. 8 App.) vom Vorwurf der Christenverfolgung freigesprochen und durfte demgemäß ein friedliches Ende nehmen.

[17] Lact.mort.pers. 33, Euseb.h.e. 8,16.

[18] SESTON in RAC III (1957), Sp. 1036f vermutet Abhängigkeit.

[19] SCHLUMBERGER 1974, S186 sieht darin eine: "..späte heidnische Antwort auf die polemische Darstellung des zeitgenössischen Christen . Diocletian also nicht als ein Opfer des Christengottes als Strafe für die Verfolgung der Seinen sondern als ein unschuldiges Opfer der neuen Politik, die mit der Person des Christenidols Constantin verbunden ist"!

[20] Euseb. 8,App.

[21] Eutr. 9,28.

[22] Aur.Vict. 39,48.

[23] Euseb.h.e. 8,1,2.

[24] Euseb.h.e. 7,30,20f.

[25] Lact.mort.pers. 6,2.

[26] Lact.mort.pers. 9,11; Euseb.h.e. 8,2,4 (Verfolgung erst nach 19-jähriger Regierung); vgl. MOLTHAGEN 1970, S101f.

[27] Lact.mort.pers. 12,3-4.

[28] Euseb.h.e. 8,13,9.

[29] Dazu: Kuhoff 2001, S565-716 ("Die Selbstdarstellung der Kaiser in bildlicher, schriftlicher und baulicher Gestalt"); SESTON in RAC III (1957), Sp. 1040-1045; gute Zusammenstellung mit ausführlicher Bibliographie auf der online-Seite des Archäologischen Instituts in Göttingen ("Virtuelles Antikenmuseum"): http://viamus.uni-goettingen.de/fr/e/uni/e/09.

[30] Vgl. WEISER 2006.

[31] KUHOFF 2001, S567f.

[32] KUHOFF 2001, S570: "Ungeachtet dieser Hoheitszeichen (sc. Toga picta, Lorbeerkranz, Szepter mit Adlerbekrönung) präsentieren sich die Gesichter in einem merklich unterschiedlichem Aussehen, das beide Augusti zu individuellen Persönlichkeiten macht: Der links dargestellte Diokletian besitzt ein hageres Gesicht mit großem rechten Auge, einer langen, geraden Nase und einem schmalen Mund, während der ihn anblickende Maximian ein volleres Gesicht mit kleinem linken Auge, einer kürzeren, aber ebenfalls geraden Nase und einem kleineren Mund aufweist".

[33] Beiname des Galerius.

[34] Vgl. KOLB 2002, S25: "...vielleicht inspiriert durch den 'Zeus'-Bestandteil seines Cognomens Diocles...", anders CAMBI Nenad, Tetrarchic Practice in Name Giving, in: Demandt/Goltz/Schlange-Schöningen 2004, S39.

[35] KUHOFF 2001, S47: "Die gesamte Münz- und Medaillonprägung, die uns für die Verkündung der Assoziation der beiden Kaiser mit ihren Schutzgöttern Iuppiter und Hercules vorliegt, konzentriert sich auf relativ wenige Typen, die in unter­schiedlicher Intensität an die Reichsbevölkerung und deren wichtigste Exponenten, die hohen Beamten und Offiziere, gerichtet waren. Dabei erscheinen die göttlichen Beinamen recht selten, betont wurde dagegen die Schutzfunktion mithilfe der conservator -Legenden, die im ganzen Reich zur Kenntnis genommen werden konnten".

[36] Z.B. 3,22; 3,13578; 8,18230.

[37] U.a. bei Aurel.Vict. 39,18; Eutr. 9,26-28; Paneg.Lat. IX(4), 18,5; Lact.mort.pers. 52,3. Zur Bedeutung der Beinamen vgl. BRANDT 1998, S93-98; KOLB 1987, S88-114; MOREAU 1971, S98f.

[38] KOLB 2002, S26.

[39] CIL 3,710 (Meilenstein in der Nähe von Dyrrhachium (heute Durres in Albanien): Diis(!) Genitis et / deorum Creatoribus / dd(ominis) nn(ostris) Diocletiano et / [Maximiano Invict]is Augg(ustis); ähnlich Paneg.Lat. 11(2), 2,4: "vos dis esse genitus"; vgl. KOLB 2002, S167-170; KOLB 2004, S30f.; SCHWARTE 1994, S237f.

[40] Vgl. BRANDT S93: "Mit diesem Selbstverständnis als göttliche Beauftragte und selbsternannte Garanten einer angemessenen Götterverehrung stehen die dezidiert heidnischen Tetrarchen ihren christlich orientierten Nachfolgern näher als ihren heidnischen Vorgängern".

[41] Vgl. BRANDT 1998, S93-98.

[42] Paneg.Lat. X(2),6; vgl. dazu BRANDT 1998, S97f.

[43] Paneg.Lat. IX(4),21,1-3.

[44] BRANDT 1998, S25.

[45] KOLB 1987, S113 und 2004, S33; anders SCHWARTE 1994, S238f. (warum wartete man dann 10 Jahre?).

[46] KUHOFF 2001, S565; zur Büste von Athribis: BOSCHUNG 2006, S249-251, KUHOFF 2001, S589f.; zur Büste von Istanbul: BRANDT 1998, S57-59, KUHOFF 2001,S588f.

[47] REES 2004, S IX (Preface). Eine Begründung für diese Sichtweise liefert er leider nicht, die Abbildungsbeischrift versieht den Namen "Diocletian" allerdings mit Fragezeichen.

[48] Dazu BOSCHUNG 2006, S352 und 355-358; KUHOFF 2001, S577-588.

[49] Vgl. BRANDT 2006; DEMANDT 2007, S73f.; Kuhoff 2004, S11-24; SCHLANGE-SCHÖNINGEN 2004.

[50] H.A.Hel. 35,4 ("Diocletianus, aurei parens saeculi"); vgl. Paneg.Lat. 9 (4) 18,5: "So sehr ... ist jenes Goldene Zeitalter, welches einst nicht lange unter der Herrschaft des Saturn blühte, jetzt unter den ewigen Auspizien von Jupiter und Hercules wiedergeboren" (Adeo, ut res est, aurea illa saecula, quae non diu qoundam Saturno rege viguerunt, nunc aternis auspiciis Iovis et Herculis renacuntur").

[51] Lact.mort.pers. 7,1 ("Diocletianus, qui scelerum inventor et malorum machinator fuit….").

[52] Aurel. Vict. 39,1-5; zum Hofzeremoniell und dem "praesens deus" vgl. Kolb 2004.

[53] Aurel. Vict. 39,8; dazu KUHOFF 2004, S12. In den Panegyrici Latini lauten die Anreden für Maximianus etwa "sacratissime imperator (X(2),1; XI(3)1 und passim, dazwischen aber auch einfach nur "imperator" (X(2),2; "vir perfectissime" (IX(4),1 und passim), "sacratissime principe" (VII(6),1), "senior Auguste" (VII(6),3,2); "imperator aeterne" (VII(6),11,5).

[54] Aurel.Vict. 39,48 ("nobis tamen excellenti natura videtur ad communem vitam spreto ambitu descendisse"); ähnlich Eutr.9,28.

[55] Eutr. 9,26.

[56] Dazu KUHOFF 2004, S12f.

[57] Iul.Caes. 315a-b; dazu BRANDT 2006: "Dieses unmittelbar an die berühmten Tetrarchengruppen von San Marco in Venedig und im Vatikan erinnerende literarische Bild ist ein deutlicher Hinwweis auf die Langzeitwirkung der tetrarchischen Öffentlich­keitspolitik".

[58] SESTON in RAC III (1957), Sp. 1036f; BRANDT 2006, S407: "Laktanz und Eusebius scheinen die diokletianische Tetrarchie durchaus als System wahrgenommen und auch ihre ideologische Außendarstellung rezipiert zu haben, allerdings reduzieren, verzerren oder veschweigen sie die Wesenszüge der Tetrarchie entsprechend ihren eigenen Aussage- und Wirkungs­absichten".

[59] V.a. 2,48-60, wo sich Konstantin in einem angeblichen Brief zu seinen Vorgängern und den Christenverfolgungen äußert. Aber auch schon in der Kirchengeschichte wird etwa taktvoll verschwiegen, dass der Herrschaftsantritt des Konstantin sowohl im Jahr 306 (h.e. 8,13,12) eigentlich "nichts anderes als eine Usurpation darstellte" (BRANDT 2006, S406).

[60] Oros. 7,26,5.

Ende der Leseprobe aus 40 Seiten

Details

Titel
Die Christenverfolgung unter Diokletian
Hochschule
Universität Wien  (Inst. für Alte Geschichte, Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik)
Note
1
Autor
Jahr
2009
Seiten
40
Katalognummer
V145572
ISBN (eBook)
9783640558377
ISBN (Buch)
9783640558797
Dateigröße
3726 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Diokletian, Christenverfolgung, Märtyrer, Kirchengeschichte
Arbeit zitieren
Elisabeth Bruna (Autor:in), 2009, Die Christenverfolgung unter Diokletian, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145572

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