Universitäten als Dienstleister?!

Entwicklung einer Konzeption zur Messung der Dienstleistungsqualität im universitären Betrieb


Diplomarbeit, 2009

129 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Problemstellung und Gang der Untersuchung

2 Die Universität
2.1 Begriffsbestimmung der Universität
2.2 Die Universität als Non-Profit-Dienstleistungsorganisation
2.2.1 Die Universität als Non-Profit-Organisation
2.2.2 Die Universität als Dienstleistungsorganisation

3 Dienstleistung
3.1 Definitorische Abgrenzung von Dienstleistungen
3.2 Charakteristika von Dienstleistungen
3.2.1 Immaterialität von Dienstleistungen
3.2.2 Integration des externen Faktors
3.2.3 Individualität der Leistungserstellung
3.3 Dienstleistungsqualität
3.3.1 Begriff der Dienstleistungsqualität
3.3.2 Bestimmung der Dienstleistungsqualität
3.3.2.1 Anforderungen aus Kundensicht
3.3.2.2 Anforderungen aus Anbietersicht
3.3.2.3 Anforderungen aus Wettbewerbssicht
3.4 Dimensionen der Dienstleistungsqualität
3.4.1 Dimensionen nach Donabedian
3.4.2 Dimensionen nach Grönroos
3.4.3 Dimensionen nach Berry
3.4.4 Dimensionen nach Zeithaml
3.4.5 Dimensionen nach Parasuraman/ Zeithaml/ Berry
3.4.6 Kritische Würdigung der Dimensionierungsansätze
3.5 Wahrnehmung von Dienstleistungsqualität
3.5.1 Abgrenzung der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität
3.5.2 Determinanten der Wahrnehmung
3.5.2.1 Einfluss durch käuferverhaltenstheoretische Aspekte ..
3.5.2.2 Einfluss durch die Komplexität einer Dienstleistung

4 Ansätze zur Messung von Dienstleistungsqualität
4.1 Gütekriterien der Messung
4.2 Kundenorientierte vs. Anbieterorientierte Messverfahren
4.3 Kundenorientierte Messverfahren
4.3.1 Objektive Verfahren vs. Subjektive Verfahren
4.3.2 Subjektive Verfahren
4.3.2.1 Merkmalsorientierte Messverfahren
4.3.2.2 Ereignisorientierte Messverfahren
4.3.2.3 Problemorientierte Messverfahren
4.4 Anbieterorientierte Messverfahren

5 Konzept zur Messung universitärer Dienstleistungsqualität
5.1 Tiefeninterviews zur Evaluation relevanter Dimensionen
5.1.1 Theoretische Grundlagen von Tiefeninterviews
5.1.2 Durchführung und Ergebnisse der Tiefeninterviews
5.1.2.1 Aufbau des Tiefeninterviews
5.1.2.2 Angaben zu den Befragten
5.1.2.3 Auswertung des Tiefeninterviews
5.2 Konzeptioneller Modellansatz
5.2.1 Allgemeiner Modellaufbau
5.2.2 Modellaufbau in Bezug auf Studiengebühren
5.2.3 Kritische Würdigung des TSQ-Ansatzes
5.2.4 Die Faktorenanalyse als multivariates Analyseverfahren

6 Zusammenfassung und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Ansätze zur Messung der Dienstleistungsqualität

Abbildung 2: Die Doppelskala innerhalb von SERVQUAL

Abbildung 3: Häufigkeitsverteilung der Lehrqualitäts- /Servicequalitätsdimensionen

Abbildung 4: TSQ-Ansatz der Dienstleistungsqualität

1 Problemstellung und Gang der Untersuchung

Das Studienbeitrags- und Hochschulabgabengesetz (StBAG) vom 21. März 2006 ermächtigt die Hochschulen, laut § 2, Studiengebühren in Höhe von maximal 500 Euro pro Semester zu erheben.1 Bezogen auf die Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen nutzen, bis auf eine Ausnahme, alle vierzehn Universitäten diese Möglichkeit und erheben Studiengebühren. Wobei, wiederum eine Universität ausgenommen, die vollen 500 Euro einbehalten werden.2

Genau dieser zu leistende finanzielle Beitrag seitens der Studenten ist Anlass, die schon immer kontrovers geführte Diskussion über Studiengebühren, im Hinblick auf das daraus neu entstandene Anspruchsdenken der Hochschulabsolventen, näher zu beleuchten.

Dadurch, dass Bildung nun etwas kostet, wird sie zur „ Ware und der Stu dent zum Kunden seiner Hochschule “.3 Es findet dementsprechend ein Perspektivwechsel statt und die Studenten fordern, aufgrund der zu leistenden Zahlungen, eine entsprechende Qualität der ihnen entgegengebrachten universitären (Dienst)Leistungen.

Ziel dieser Ausarbeitung ist es, die angesprochene Qualität universitärer (Dienst)Leistungen messbar zu machen sowie der Beantwortung der Fra- ge nachzugehen, inwiefern Universitäten tatsächlich als „Dienstleister“ und deren Leistungen als „Dienstleistungen“ bezeichnet werden können.

Im Zuge dessen schildert sich der Aufbau bzw. Ablauf der Arbeit wie folgt.

Zunächst wird in Kapitel 2 die Universität als Institution vorgestellt. Das bedeutet, dass nach einer Abgrenzung der Begrifflichkeit der Universität in Kapitel 2.1 die Finanzierung dieser als Non Profit Organisation sowie der durch die Finanzierungssituation der Universitäten entstehende Wettbe- werb in Kapitel 2.2 dargelegt wird. Die Universität als Dienstleistungsorganisation soll im Vorgriff auf Kapitel 3 Aufschluss darüber geben, inwiefern die Universität als Dienstleister bezeichnet werden kann.

Das Kapitel 3 stellt alle relevanten Aspekte einer Dienstleistung zusam- men, die es in Bezug auf die in Kapitel 4 vorzustellenden Messverfahren zu berücksichtigen gilt. Zuerst erfolgt eine Eingrenzung des Begriffs der Dienstleistung in Kapitel 3.1 sowie in Kapitel 3.2 eine Vorstellung aller konstituierenden Eigenschaften einer Dienstleistung. Die Qualität der Dienstleistung wird daraufhin in Kapitel 3.3 thematisiert. Die Dimensionen der Dienstleistungsqualität in Kapitel 3.4 dienen dazu, die nötigen Grund- lagen für die in Kapitel 5 verwendeten Dienstleistungsdimensionen im all- gemeinen Messmodell zu generieren. Abschließend werden in diesem Kapitel unter 3.5 die Einflussfaktoren der subjektiven Wahrnehmung der Dienstleistungsqualität aufgezeigt, welche es bei der Qualitätsmessung zu berücksichtigen gilt.

In Kapitel 4 werden die Methoden zur Messung von Dienstleistungsqualität dargestellt. Durch das Aufzeigen von Vor- und Nachteilen der einzelnen subjektiven, kundenorientierten Messverfahren in Kapitel 4.3 sowie des anbieterorientierten Messverfahrens des Benchmarking in Kapitel 4.4, erfolgt ebenfalls eine notwendige Grundlagenbildung für das im nächsten Abschnitt vorgestellte Messverfahren.

Das Kapitel 5 beinhaltet mit dem konzeptionellen Modellansatz zur Messung der universitären Dienstleistungsqualität den Kern der Arbeit. Das dort geschilderte Verfahren in Kapitel 5.2 nutzt die im Vorfeld durchgeführten Tiefeninterviews zur Eruierung der im Modell benötigten Dienstleistungsdimensionen. Das Vorgehen der durchgeführten Datenerhebung wird in Kapitel 5.1 näher beschrieben.

Eine Zusammenfassung der erzielten Ergebnisse sowie eine Schlussfol- gerung mit kurzem Ausblick wird abschließend in Kapitel 6 vorgenommen.

2 Die Universität

2.1 Begriffsbestimmung der Universität

Im vorliegenden Kapitel 2 gilt es zu zeigen, was Universitäten sind, inwie- fern sie sich von gewinnorientierten Unternehmen unterscheiden und wo ggf. Gemeinsamkeiten zu diesen bestehen. Hierzu wird aufgezeigt, wie sich die Finanzierung der Universitäten gestaltet, auch im Hinblick auf ge- setzliche Vorgaben von Bund und Land. Der damit einhergehende Wett- bewerb, der sich unter anderem auch aus der finanziellen Situation ergibt, wird daher im Weiteren näher erläutert. Aus der aufgezeigten, vielschichti- gen Wettbewerbssituation der Universitäten ergibt sich dann die Behand- lung der Frage, worauf Universitäten im Wettbewerb zu achten haben und ob sie dort als „Dienstleister“ fungieren. Die Qualität der zu erbringenden Leistungen/ Dienstleistungsqualität der Universität wird in den darauf fol- genden Kapiteln thematisiert. Zum einheitlichen Verständnis folgt zu- nächst eine Eingrenzung des Begriffs Universität.

Der Begriff Universität entstammt dem Lateinischen „ universitas “, was mit Gesamtheit übersetzt werden kann. Im Kontext bedeutet das, die Ge- samtheit von Lernen- und Lehrenden.4 Das derzeitige Hochschulsystem Deutschlands lässt sich in zwei Gruppen von Hochschultypen unterteilen. Einerseits zählen dazu die angesprochenen Universitäten, die als eigen- ständiger Hochschultyp fungieren, auf der anderen Seite stehen die Fach- hochschulen.5 Der Fokus in dieser Ausarbeitung liegt aufgrund der The- menstellung auf dem Hochschultyp Universität sowie im speziellen auf staatlich finanzierte Hochschulen, welche sich wiederum von privaten Uni- versitäten in ihrer Struktur und Finanzierung unterscheiden und die auf- grund dessen nicht weiter betrachtet werden. Die „Hochschule“ ist dem- entsprechend ein Oberbegriff, worunter sämtliche Bildungseinrichtungen fallen. Als Besonderheit der Universität gilt dabei die Zusammenführung unterschiedlicher Fachbereiche, welche auch als Fakultäten bezeichnet werden, innerhalb einer Institution.6

Ein weiteres Kennzeichen ist die Einheit und Freiheit von Forschung und Lehre.7 Ganz nach dem Postulat des Gründervaters der Universitäten, Wilhelm von Humboldt (1810).8 Wobei die Forschung im Weiteren keine Berücksichtigung findet, da die Lehre den größeren Dienstleistungsbe- reich einer Universität darstellt. Das Hochschulwesen in Deutschland ori- entiert sich dabei am Hochschulrahmengesetz (HRG), welches seit dem Jahre 1976 in seiner Ursprungsfassung existiert.9 Dieses Rahmengesetz, zu verstehen als bundesrechtliche Grundlage der Hochschulen, subsu- miert nach §1 des HRG die Institutionen Universität, Pädagogische Hoch- schule, Kunsthochschule, Fachhochschule und sonstige Einrichtungen, die dem Landesrecht zu Folge staatliche Hochschulen sind, unter dem Begriff Hochschule.10 Eine Aufteilung in die Hochschultypen Universität und Fachhochschule wird hier nicht gesondert vorgenommen. Die Detail- gestaltung des Hochschulwesens liegt in der Verantwortung der jeweiligen Bundesländer.11

Im Zuge einer neuen, von Freiheit und Autonomie geprägten Hochschul- politik, soll allerdings, per Gesetzentwurf, eine Aufhebung des HRG zum 1. Oktober 2008 erfolgen, wodurch die Rahmengesetzgebungskompetenzen des Bundes entfallen und die Gesetzgebung lediglich in der Verantwortung der Länder liegen wird.12

2.2 Die Universität als Non-Profit-Dienstleistungsorganisation

2.2.1 Die Universität als Non-Profit-Organisation

Universitäten haben im Gegensatz zu Unternehmen keine Gewinnerzie- lungsabsicht.13 Genau über dieses Merkmal der Gewinnerzielung bzw. der Gewinnverwendung, unterscheidet man Profit-Organisationen (PO) von Non-Profit-Organisationen (NPO).14 In NPO´s fehlt der individuelle An- spruch auf den wertmäßigen Überschuss der Institution (Gewinnverwen- dung). Da diese Herleitung des Begriffs allerdings auf einer Negativ- Definition beruht, erfolgt zur genaueren Abgrenzung eine Einteilung in Er- werbswirtschaft (als eine PO) und Bedarfswirtschaft (als eine NPO). Die Erwerbswirtschaft umfasst Organisationen, dessen oberstes Ziel Gewinne darstellen (Gewinnerzielung). Bei der Bedarfswirtschaft wird als oberste Prämisse hingegen, durch den Einsatz von Realgütern (materielle Wirt- schaftsgüter, Dienstleistungen) und Nominalgütern (Geld, Ansprüche auf Geld), ein vorhandener Bedarf gedeckt. Universitäten sind dementspre- chend in die Bedarfswirtschaft (als eine NPO) einzuordnen, da sie primär keine Erlöse erwirtschaften, sondern sich an einer Bedarfsdeckung orien- tieren.

Eine thematisch noch geeignetere Definition zur Einordnung einer Hochschule bzw. Universität liefert Horak. Hier heißt es:

„ Eine Nonprofit-Organisation ist ein zielgerichtetes, produktives, sozi ales, offenes, dynamisches, komplexes System, dessen Ziel die Be friedigung von Bed ü rfnissen unterschiedlicher Interessensgruppen durch die Erbringung von Sach- und, in dominierendem Ausma ß , von Dienstleistungen ist, wobei evtl. erzielte Gewinne nicht an Organisationsmitglieder verteilt werden d ü rfen. 15

Diese Definition beinhaltet neben dem bereits erwähnten nicht- kommerziellen Organisationsgedanken vor allem den Dienstleistungsas- pekt, den es in dieser Ausarbeitung in Bezug auf Universitäten näher zu erläutern gilt.

Ein weiteres, an dieser Stelle zu nennendes Unterscheidungskriterium besteht darin, dass Universitäten im Vergleich zu privaten Unternehmen, öffentliche Institutionen sind und dementsprechend dem öffentlichen Sek- tor angehören.16 Die noch offene, im Kontext jedoch relevante Frage der Finanzierung von Universitäten wird im Folgenden erörtert.

Die „ Finanzierung der Universit ä ten “ ergibt sich vordergründig aus drei Bereichen. Hierzu zählen der jeweilige Landeshaushalt, eingeworbene Drittmittel und neuerdings Studiengebühren.17

Traditionell liefert der für ein Jahr verabschiedete Haushalt des entspre- chenden Landes, in Form eines Haushaltsplans, eine Zusammenstellung der geplanten Einnahmen und Ausgaben der betreffenden Universität.18 Eine detaillierte Mittelzuweisung erfolgt dann über sogenannte „Titel“, wel- che die Verwendung der Mittel strikt vorgeben.19 Im Gefüge des Haus- haltsplans bilden die „Titel“ die „ kleinste planm äß ige haushaltstechnische Einheit “.20 Aufgrund dieser sehr unflexiblen und wenig autonomen Mög- lichkeit der Mittelverwendung seitens der Universitäten, sowie einer ein- hergehenden Planungsunsicherheit, hervorgerufen durch den jährlich neu aufgestellten Haushaltsplan, ging man dazu über, die staatlichen Mittel ohne Zweckbindung in Form eines „Globalhaushaltes“ bereitzustellen.21 An diesen Globalhaushalt schließt sich, zur Behebung dieser Planungsun- sicherheit, eine Zielvereinbarung mit den Universitäten an, welche neben einem vorgegebenen Budget über eine bestimmte Laufzeit, auch die zu erbringenden Leistungen einer Universität definieren (Leistungsvereinba- rung).

Diese Ziel- und Leistungsvereinbarungen wurden im August 2006 seitens des Landes NRW und den jeweiligen Hochschulen innerhalb eines „ Zu- kunftspaktes “ ratifiziert.22 Diese Vereinbarung sichert den Hochschulen und im speziellen den Universitäten ihre Finanzierung bis ins Jahr 2010. Das gewährte Globalbudget seitens des Landes, in Höhe von 2,7 Mrd. Euro, lässt sich je nach Verwendungszweck, in die Bereiche Personalaus- gaben, Geb ä ude- und Infrastruktur und in Sachaufwand untergliedern.23 Aufgrund des leistungsorientierten Teils in der Zielvereinbarung, wird das zur Verfügung gestellte Globalbudget in ein Grundbudget und ein Leis- tungsbudget aufgeteilt.24 Das Grundbudget enthält 80 Prozent des Aus- gangsbudgets. Dieser Anteil wird den Hochschulen bis zum Jahr 2010 fest zugesichert. Die restlichen, auf das Leistungsbudget entfallenden 20 Pro- zent, werden leistungsbezogen verteilt. Dazu werden die Indikatoren Ab- solventen, Drittmittel und Promotionen der jeweiligen Universität als Leistungs-Kriterien herangezogen. Der Globalhaushalt stellt, mit den in Summe zur Verfügung gestellten 2,7 Mrd. Euro, die Hauptfinanzierungs- quelle der Universitäten dar.

Die zweite Säule der Finanzierung sind die anfangs bereits erwähnten Drittmittel. Drittmittel sind laut Statistischem Bundesamt Mittel, die zur Förderung von Forschung und Lehre eingesetzt werden und welche nicht aus dem Etat des Haushalts stammen, sondern zusätzlich seitens privater wie öffentlicher Institutionen bewilligt werden.25 Die Drittmittel sind in aller Regel zweckgebunden.26 Die Summe der Drittmittel an Universitäten be- läuft sich in NRW im Jahr auf rund 165.000 Euro je Professor (die Angabe bezieht sich auf das Jahr 2005).27 Dies ist ein Durchschnittswert. Abwei- chungen von diesem Wert, sind fachgebunden zu erklären. So liegen bei- spielsweise die Drittmitteleinnahmen im Fachbereich Humanmedizin/ Ge- sundheitswissenschaften bei 324.000 Euro und innerhalb der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften lediglich bei 58.000 Euro im Jahr.28 Dieser Unterschied zeigt die Problematik des Aufzeigens einer einheitli- chen Drittmittelangabe für alle Universitäten in NRW. Aus diesem Grund bleibt eine solche Angabe an dieser Stelle aus.

Die letztgenannte Einnahmequelle von Universitäten, die Studiengebüh- ren, gilt es an dieser Stelle nicht nur unter finanziellem Gesichtspunkt zu betrachten, sondern gerade auch im Hinblick des mit ihnen einhergehen- den, neu gewonnenen Anspruchsdenken der Studenten. Denn gerade dieser Aspekt spielt im Wettbewerb der Hochschulen um Studenten eine nicht unwesentliche Rolle, vor allem, wenn es um die Beurteilung der Leistung der jeweiligen Universität geht. Darauf wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit allerdings noch intensiv eingegangen.

Durch das „Gesetz zur Sicherung der Finanzierungsgerechtigkeit im Hochschulwesen (HFGG)“, welches im April 2006 in Kraft getreten ist, wurden Studiengebühren erst ermöglicht.29 Das dort enthaltene Studien- beitrags- und Hochschulabgabengesetz (StBAG), Artikel 2 des HFGG, ermächtigt die Hochschulen laut § 2 Abs. 1 Studienbeiträge in Höhe von maximal 500 Euro pro Semester zu erheben. Die Einnahmen sind zweck- gebunden und dienen der Verbesserung von Studienbedingungen und Lehre. Sie werden nach § 2 Abs. 2 aufgrund der Zweckgebundenheit als Mittel Dritter bezeichnet. Die 500 Euro pro Semester fließen allerdings nicht in voller Höhe den Hochschulen bzw. Universitäten zu. Von diesem Betrag werden noch Zahlungen an einen Ausfallfond geleistet, welche von ursprünglich 18 Prozent auf derzeit 14 Prozent der Studiengebühren ge- senkt wurden.30 Aus diesem Ausfallfond werden hauptsächlich, im Zuge der Studiengebühren aufgenommene und nicht zurückgezahlte Darlehen bei der NRW Bank, beglichen. Denn diese müssen nicht oder nur zum Teil zurückgezahlt werden, sobald die entstandene Gesamtschuld aus mögli- chen BaföG-Empfang und Darlehen samt Zinsen eine Kappungsgrenze von 10.000 Euro überschreiten. Faktisch sind dadurch derzeit zwei Drittel der BaföG-Empfänger von einer Rückzahlung der Gebühren bzw. des Darlehens befreit. Nach Abzug der zu leistenden Zahlungen aus dem Aus- fallfonds (17,8%), sowie gebildeter Rückstellungen (7,2%) und Verwal- tungskosten (1,4%) verbleiben den Universitäten von den insgesamt ein- genommenen 250 Mio. Euro Studiengebühren, unmittelbar verfügbare Mittel in Höhe von 104 Mio. Euro.31 Dieser Betrag zeigt die finanzielle Di- mension von Studiengebühren, im Vergleich zu Drittmitteln, vorallem aber in Relation zu den staatlich gewährten 2,7 Mrd. Euro, die über einen Globalhaushalt den Universitäten bis ins Jahr 2010 zugesichert werden.

Zu einem verstärkten „ Wettbewerb der Universit ä ten “, wie im HFGG Art. 2 § 2 Abs. 1 proklamiert, führen die erhobenen Gebühren bisher jedoch nicht, da fast alle Universitäten den Höchstbetrag von 500 Euro erheben und keine Universität mit einem geringeren Betrag wirbt.32

Es kommt jedoch auf einem anderen, oben bereits angedeuteten Weg zum Wettbewerb um Studenten. Die Erhebung von Gebühren führt näm- lich zu einem neuen Anspruchsdenken der Studenten und dementspre- chend zu einer anderen Wahrnehmung der erbrachten Leistung der Uni- versitäten.33 Die Leistung wird quasi zum Produkt und der Student wird zum (zahlenden) Kunden.34 Wichtige Faktoren im Wettbewerb um den „Kunden“, wird neben einer gewissen Transparenz, die bei guter Leistung imagefördernd ist, auch eine gute Profilbildung seitens der Universitäten sein, um sich von Mitbewerbern in der Hochschullandschaft zu differenzie- ren und hervorzuheben. Ein positives Image führt seinerseits dann wie- derum durch Word-of-Mouth-Effekte und ein entsprechend gutes Ranking, zu einer erhöhten Studentennachfrage sowie zu einer verbesserten Aus- gangslage beim Einwerben von Drittmitteln. Ein erhöhter Zulauf generell an Studenten, dies sei an dieser Stelle explizit erwähnt, kann aus Sicht der Universitäten allein jedoch nicht erstrebenswert sein.35 Vielmehr ist es ein Wettbewerb um „gute“ Studenten, in denen sich die Universitäten be- finden (sollten). Denn erst diese sichern den Universitäten ein gewisses Maß an Lehrqualität.36 Die dazu notwendigen Auswahlverfahren sind mit Verabschiedung der Novelle des HRG im Jahre 1998 ermöglicht worden (§ 32 Abs.3, Satz 2b HRG).

Inwiefern die Leistung einer Universität als Dienstleistung (siehe dazu Kapitel 3.1 wie 3.2) und daraus folgernd, die Universität als Dienstleister zu betrachten ist, soll im folgenden Kapitel 2.2.2 erörtert werden.

2.2.2 Die Universität als Dienstleistungsorganisation

Die Universität ist ein sehr komplexes Konstrukt, welches eine Reihe unterschiedlicher Leistungen, wie z.B. der Lehre, Forschung, Verwaltung, etc. für diverse gesellschaftliche Anspruchsgruppen (Stakeholder), wie beispielsweise den Studenten und Unternehmen erbringt.37 Der Fokus soll im Folgenden, aufgrund des vorliegenden thematischen Kontextes, jedoch allein auf der Leistungsbeziehung mit dem Studenten liegen. Ob die Universität dabei als Dienstleister bezeichnet werden kann, bedarf einer genaueren Analyse der ihrerseits erbrachten Leistung.38

Sie erbringt mit Lehre und Forschung hauptsächlich immaterielle Leistun- gen.39 Bezogen auf die Lehre, sieht ein Ablauf der Leistungserstellung wie folgt aus. Zuerst wird in Form von Räumen und Professoren ein gewisses Leistungsangebot seitens der Universität geschaffen (Potentialorientie- rung). Dieses Potential nutzt der Student, indem er aktiv/ integrativ mit in die Leistung eingreift, wie beispielweise bei einer Vorlesung, in welcher er, über die kognitive Aufnahme des Lehrstoffs, eine geistige Eigenleistung erbringt (Prozessorientierung). Am Ende dieses Leistungsprozesses, steht das Generieren von (Fach-)Wissen beim Studenten sowie die Qualifizie- rung für einen Beruf (Ergebnisorientierung).

Der hier geschilderte Verlauf zeigt damit drei relevante sowie gleichzeitig konstitutive Merkmale einer Dienstleistung auf und lässt dadurch den Schluss zu, dass Universitäten Dienstleistungsorganisationen sind. Auf- grund dessen werden im folgenden die Konzepte und Methoden kommer- zieller Dienstleistungsunternehmen auf die nicht-kommerziellen Universitä- ten (NPO´s) übertragen.

Eine genaue Erläuterung der Begriffe Potential-, Prozess- und Ergebnisorientierung sowie einer damit einhergehenden Abgrenzung der Dienstleistung über verschiedene Definitionsansätze, folgt im nächsten Kapitel. Dort wird auch erstmalig die Bedeutung des Qualitätsgedankens einer erbrachten Dienstleistung thematisiert. Zudem wird dargelegt, inwiefern die Wahrnehmung dieser Qualität eine besondere Rolle spielt.

3 Dienstleistung

3.1 Definitorische Abgrenzung von Dienstleistungen

In der wissenschaftlichen Literatur zum Thema findet sich, aufgrund der Heterogenität von Dienstleistungen, kein einheitlicher Definitionsansatz.40 Die verschiedenen Definitionsansätze lassen sich dabei in drei Gruppen einteilen.41 In der ersten Gruppe erfolgt eine enumerative Begriffsbestim- mung durch eine Aufzählung von Beispielen, während die zweite Gruppe versucht, über eine Negativdefinition zum Sachgüterbereich den Begriff Dienstleistung zu erläutern. Hierzu zählen all jene Produkte, die nicht ag- rarisch (primärer Sektor) oder industriell (sekundärer Sektor) gefertigt wer- den. In der letzten Gruppe werden konstitutive Merkmale herausgestellt über welche eine explizite Definition erfolgt. Zu den konstitutiven Merkma- len zählen die bereits in Kapitel 2.2.2 erwähnten Merkmale der Potential-, Prozess- und Ergebnisorientierung. Dieser Phasenablauf hat sich, zur Be- schreibung einer Dienstleistung, als zielführend herausgestellt. Obwohl dieser ebenfalls keine klare Abgrenzung von Sach- und Dienstleistungen herbeiführt, so werden hier doch die Merkmale einer Dienstleistung her- ausgearbeitet.42 In Anlehnung an Meffert/ Bruhn lautet die Definition dann wie folgt:

„ Dienstleistungen sind selbst ä ndige, marktf ä hige Leistungen, die mit der Bereitstellung und/ oder dem Einsatz von Leistungsf ä higkeiten verbunden sind ( Potentialorientierung ). Interne und externe Fakto- ren werden im Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert ( Pro- zessorientierung ). Die Faktorkombination des Dienstleistungsanbie ters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktor, an Men schen und deren Objekten nutzenstiftende Wirkungen zu erzielen ( Ergebnisorientierung ). “43

Zusammengefasst bedeutet dies, dass sich Dienstleistungen durch die Bereitstellung und/ oder der Aktivierung von Leistungen an einem Objekt vollziehen und dort als nutzenstiftender Prozess wirken. Diese Begriffsdefinition sowie die im folgenden aufgezeigten Charakteristika, welche zudem die Besonderheiten einer Dienstleistung hervorheben, dienen im Weiteren dem einheitlichen Verständnis von „Dienstleistung“.

3.2 Charakteristika von Dienstleistungen

3.2.1 Immaterialität von Dienstleistungen

Die Immaterialität bzw. Intangibilität (Nichtgreifbarkeit) von Dienstleistun- gen geht mit einem Fehlen materieller Eigenschaften wie beispielsweise fühlen, schmecken oder riechen einher. Das führt beim Kunden zu einer erhöhten Bewertungsunsicherheit der Leistung sowie damit verbunden, zu einem erhöhten (Kauf-) Risiko.44 Zudem entsteht aufgrund dessen beim Kunden oft eine falsche und übertriebene Erwartungshaltung gegenüber der zu erbringenden Dienstleistung.45 Neben der, aufgrund der Immateria- lität schlecht einzuschätzenden Dienstleistung, entsteht u.a. ein Problem bei der Beurteilung der Qualität der Dienstleistung. Denn je höher der Grad der Immaterialität einer Dienstleistung ist, umso problematischer ist auch die Bewertung/ Messung dieser.46 Eine nähere Erläuterung der Dienstleistungsqualität (Kapitel 3.3) sowie der Messung dieser (Kapitel 4), erfolgt in den genannten Kapiteln.

Aus der Immaterialität der Dienstleistung ergeben sich zusätzlich zwei wei- tere Kriterien der Abgrenzung.47 Zum einen ist das die Nichtlagerfähigkeit und zum anderen die Nichttransportfähigkeit. Diese Merkmale werden auch akzessorische Merkmale genannt. Unter der Nichtlagerf ä higkeit ver- steht man, dass die Dienstleistung nicht vorproduziert werden kann, da die Konsumtion der Leistung im Zeitpunkt der Produktion erfolgt. Diese Syn- chronisation von Produktion und Absatz bezeichnet man auch als das „Uno-actu-Prinzip“. Die zweite sich aus der Immaterialität ergebende Konsequenz, die Nichttransportf ä higkeit, beinhaltet, dass es kein Trans- ferobjekt/ Produkt gibt, welches vom Anbieter zum Nachfrager wechselt.48 Hier gibt es allerdings durch Innovationen hervorgerufene Einschränkun- gen, die es ermöglichen, die Produktion der Dienstleistung und den Ort des Konsums auseinanderfallen zu lassen, wie beispielsweise einen tele- fonischen Beratungsdienst.

3.2.2 Integration des externen Faktors

Ein weiteres Charakteristikum einer Dienstleistung ist die Integration des externen Faktors. In Abgrenzung zum internen Faktor sind hierunter alle Faktoren subsumiert, die nicht im Einflussbereich des Dienstleistungsan- bieters liegen.49 Dazu zählt der Kunde als Person oder ein Objekt im Be- sitz des Kunden. Die Integration bzw. das Einbinden des Kunden in den Erstellungsprozess ist dabei notwendiger Bestandteil der Dienstleistung. Der Kunde bestimmt dementsprechend auch das Ergebnis des Dienstleis- tungsprozesses mit und kann in dieser Funktion als Co-Produzent oder exakter als „Prosumer“ bezeichnet werden.50 Die Qualität der Dienstleis- tung hängt ebenfalls von der Kooperationsbereitschaft des Kunden ab. Je intensiver die Mitarbeit, desto besser die Qualität des Ergebnisses. Auf- grund dieser Konstellation der Integration und Interaktion unterliegt die Qualität unkontrollierbaren Schwankungen.

3.2.3 Individualität der Leistungserstellung

Ein letztes Merkmal von Dienstleistungen ist ihre Individualität. Da, wie im vorhergehenden Kapitel bereits erwähnt, der Kunde bzw. dessen Objekt zwingend in den Dienstleistungsprozess mit eingebunden ist, ist die Leis- tung, den Ansprüchen des einzelnen Kunden entsprechend, individuell.51 Der Mensch agiert als Produktionsfaktor, was dazu führt, dass das Leis- tungsergebnis variiert und die Qualität der Leistung nicht vorab bestimm- bar ist.

Dienstleistungen treten grundsätzlich jedoch sehr differenziert auf, was diese Aufzählung von Charakteristika nicht für alle Ausformungen von Dienstleistungen als allgemeingültiges Dogma anwenden lässt.52 Im Kontext dieser Ausarbeitung ist die Erläuterung der Charakteristika dem näheren Verständnis von Dienstleistung hingegen dienlich.

Die Qualität einer Dienstleistung, welche bereits in den jeweiligen Charak- teristika angesprochen wurde, ist für Universitäten von entscheidender Bedeutung und dient u.a. als Wettbewerbsvorteil im Wettstreit um „gute“ Studenten.53 Eine intensive Erläuterung dieser, erfolgt daher im nächsten Kapitel.

3.3 Dienstleistungsqualität

3.3.1 Begriff der Dienstleistungsqualität

Entsprechend den uneinheitlichen und zahlreichen Definitionsansätzen zum Begriff Dienstleistung, bestehen diverse Abgrenzungsversuche hin- sichtlich des Begriffs Qualität.54 Als Ausgangspunkt für eine zusammen- hängende Begriffsdefinition von Dienstleistungsqualität dient die Quali- tätsbeschreibung des Deutschen Instituts für Normung e.V. (DIN), welche Qualität als „[...] die Beschaffenheit einer Einheit bez ü glich ihrer Eignung, festgelegte oder vorausgesetzte Erfordernisse zu erf ü llen55, definiert. Hierauf aufbauend haben sich in der Literatur fünf Qualitätsansätze her- ausgebildet. Dazu zählen der produktorientierte-, der kundenorientierte-, der absolute-, der herstellerorientierte- sowie der wertorientierte Qualitäts- begriff. Der produktorientierte Ansatz beschreibt die Qualität als Summe der vorhandenen Eigenschaften von Produkten bzw. Dienstleistungen. Dieser Qualitätsbegriff stellt mit der Darstellung der Gesamtheit an Eigen- schaften objektive Kriterien in den Vordergrund, mit dem Ziel, die Mes- sung der Qualität ebenfalls nach objektiven Eigenschaften durchzuführen. Solche objektiven Kriterien sind bei Dienstleistungen jedoch schwer aus- zumachen. Daher setzt der kundenorientierte Qualitätsbegriff genau dort an. Im kundenorientierten Ansatz wird die Qualität durch die Wahrneh- mung der Produkteigenschaften bzw. der Leistung durch den Kunden be- stimmt. Es werden also subjektive Kriterien herausgestellt, anhand derer die Beurteilung/ Messung der Qualität erfolgt.56 Der absolute Qualit ä ts- ansatz definiert Qualität als ein Maß für die Güte eines Produktes oder einer Leistung.57 Das Gütemaß kann dabei in Klassen wie beispielsweise gut, mittel oder schlecht unterteilt werden. Beim herstellerorientierten Qualit ä tsansatz steht nicht wie beim kundenorientierten Ansatz die Wahrnehmung des Kunden, sondern die Wahrnehmung des Anbieters im Vordergrund. Qualität wird durch Einhaltung von Normen und Qualitäts- standards, welche als Basis für eine Qualitätskontrolle dienen, festgelegt. Der wertorientierte Ansatz ist wiederum aus Sicht des Kunden geschil- dert. Im Mittelpunkt steht hier das Preis-Leistungs-Verhältnis. Der Kunde beurteilt, ob die Leistung ihren Preis „wert“ ist und damit einhergehend ein bestimmtes Qualitätsniveau erreicht.

Aufbauend auf den genannten Qualitätsbegriffen, insbesondere dem produkt- und kundenbezogenen Ansatz, ergibt sich dann, nach Bruhn, ein auch für die folgende Arbeit zugrundezulegender Definitionsansatz von Dienstleistungsqualität:

„ Dienstleistungsqualit ä t ist die F ä higkeit eines Anbieters, die Beschaffen- heit einer prim ä r intangiblen und der Kundenbeteiligung bed ü rfenden Leis- tung gem äß den Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforde- rungsniveau zu erstellen. Sie bestimmt sich aus der Summe der Eigen- schaften bzw. Merkmale der Dienstleistung, bestimmten Anforderungen gerecht zu werden. “58

Aus dieser Definition folgt, dass die Dienstleistungsqualität ein bestimmtes Leistungsniveau erreicht, beispielsweise im Intervall von sehr schlecht bis ausgezeichnet, wobei die Erwartungen hinsichtlich des Niveaus vom Kun- den gebildet werden. Deshalb wäre der Einsatz eines absoluten Qualitäts- begriffs, aufgrund der subjektiven Sichtweise des Kunden, nicht zielfüh- rend. Da sich die Dienstleistungsqualität jedoch nicht allein mit der Kun- denperspektive abbilden lässt, sondern auch aus anderen Sichtweisen von Marktteilnehmern besteht, werden im folgenden Kapitel neben der Kundensicht, auch die Anbieter- und Wettbewerbssicht sowie die daraus entstehenden Anforderungen geschildert.

3.3.2 Bestimmung der Dienstleistungsqualität

3.3.2.1 Anforderungen aus Kundensicht

Die Anforderungen aus Kundensicht ergeben sich aus der jeweiligen Er- wartungshaltung aktueller wie potentieller Kunden, welche auch das zent- rale Konstrukt zur Bestimmung der Dienstleistungsqualität bildet.59 Die Erwartungen beziehen sich auf das Potential des Anbieters, den Prozess der Leistungserstellung und/ oder auf das resultierende Ergebnis. Die je- weiligen Ansprüche an die Qualität der Dienstleistung entstehen dabei nicht nur aufgrund der individuellen Bedürfnisse, sondern gleichzeitig auch durch die Erfahrung jedes Einzelnen mit Leistungen in der Vergangenheit oder durch „Word-of-Mouth“, also die Kommunikation mit anderen Perso- nen oder Kunden.

3.3.2.2 Anforderungen aus Anbietersicht

Die Anforderungen aus Anbietersicht ergeben sich dagegen aus der Fä- higkeit und der Bereitschaft des jeweiligen Dienstleistungsanbieters, ein gewisses Qualitätsniveau zu erbringen. Die Dienstleistungsqualität wird dementsprechend nicht in Eigenregie seitens des Anbieters bestimmt. Di- verse Faktoren, wie beispielsweise die Ausstattung und Gestaltung des Dienstleistungsortes oder auch die fachliche Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter, spielen bei der Erzeugung von Dienstleistungsqualität eine wesentliche Rolle.

3.3.2.3 Anforderungen aus Wettbewerbssicht

Hier steht die Frage im Mittelpunkt, wie sich ein Anbieter gegenüber seinen Konkurrenten profilieren und durch den Einsatz einer geeigneten Qualitätsstrategie zeitgleich differenzieren kann. Dienstleistungsqualität avanciert zum strategischen Wettbewerbsvorteil und die Anforderungen an diese ergeben sich aus den angebotenen Leistungen der Mitbewerber. Innerhalb dieser Konkurrenzsituation entsteht ein gewisser Druck zur Erbringung einer Mindestqualität sowie der Anreiz zur strategischen Ausrichtung auf die Qualität der Konkurrenz.60

Die Aufführung der einzelnen Anforderungen zeigt, dass die Bestimmung der Dienstleistungsqualität kein eindimensionales, sondern ein aus mehre- ren Sichtweisen bestehendes Konstrukt ist. Die beschriebene Dreiecksbe- ziehung zwischen Kunde, Anbieter und Wettbewerber, welche auch als „magisches Dreieck“ bekannt ist, verdeutlicht dies. Diese Koexistenz un- terschiedlicher Sichtweisen ein und desselben Begriffs, erfordert eine wei- tere Betrachtung der Dienstleistungsqualität, welche nicht auf dem Quali- tätskonzept beruht, sondern auf Dimensionen abzielt.61 Die verschiedenen Ansätze von Dimensionen der Dienstleistungsqualität sowie deren Veran- schaulichung an selbstgewählten, kontextrelevanten Beispielen, werden im nächsten Kapitel vorgestellt, um dadurch ein gemeinsames Begriffs- verständnis für die im späteren Verlauf erhobenen Dimensionen im uni- versitären Bereich zu schaffen (siehe dazu Kapitel 5), welche ebenfalls zur Messung von Dienstleistungsqualität herangezogen werden (siehe dazu Kapitel 4).

3.4 Dimensionen der Dienstleistungsqualität

3.4.1 Dimensionen nach Donabedian

Unter Dimensionen der Dienstleistungsqualität versteht man nach Hent- schel „ [...]die Zusammenfassung einzelner Qualit ä tsmerkmale zu einem relativ abstrakten Oberbegriff mit produkt- und branchen ü bergreifenden G ü ltigkeitsanspruch. “62 Bruhn stellt zudem in seiner Definition die Wahr- nehmung der unterschiedlichen Qualitätseigenschaften durch anbieterin- terne und -externe Zielgruppen heraus.63 Insbesondere wird versucht, über die Wahrnehmung der Kunden, genaue Anforderungen an die Dienstleistung herauszufiltern. Aufbauend auf diesem Begriffsverständnis von Dienstleistungsdimensionen, werden im Folgenden die Dimensionen nach Donabedian vorgestellt. Hierzu zählen die Potential-, Prozess- und Ergebnisdimension.64 Dieses Prozessphasenschema wurde bereits bei der Erläuterung des Begriffs Dienstleistung verwendet.

Die Potentialdimension umfasst sämtliche Leistungsvoraussetzungen eines Anbieters, die für die Produktion einer Dienstleistung notwendig sind. Dazu zählen sachliche, persönliche und organisatorische Vorausset- zungen. Die Wahrnehmung dieser Potentiale ist dabei ebenfalls zu beach- ten (Beispiel am Kontext: Ausstattung und Größe einer Universität, Anzahl an Professoren). Die Prozessdimension hingegen beinhaltet alle Aktivitä- ten samt Einschätzungen dieser während der Leistungserstellung (Bei- spiel am Kontext: studentische Mitarbeit bei Vorlesungen, Betreuung am Lehrstuhl). Der Grad der Zielerreichung sowie die Beurteilung des Ergeb- nisses wird über die Ergebnisdimension erfasst (Beispiel am Kontext: Eignung der Absolventen für die berufliche Praxis, Examensnoten).

Die dargestellten Dimensionen Donabedian’s zeigen, dass die Qualität der Dienstleistung nicht allein vom Ergebnis, sondern vom gesamten beschriebenen Prozess abhängig ist.

3.4.2 Dimensionen nach Grönroos

Grönroos unterscheidet zwei Qualitätsdimensionen und zwar nach Art und Umfang der erstellten Dienstleistung.65 Hierunter fallen eine technische und eine funktionale Dimension. Die technische Dimension beinhaltet den Umfang der Leistung und geht der Frage nach, „ WAS “ zum Leis- tungsprogramm hinzuzuzählen ist, bzw. was der Kunde erhält (Beispiel am Kontext: Anzahl an Fakultäten und Fachbereichen der jeweiligen Uni- versität, Anzahl an Wahlfächern im Hauptstudium). Bei der funktionalen Dimension stellt sich dagegen die Frage nach dem „ WIE “ . Es wird dabei auf die Art der Leistung eingegangen, d.h. in welcher Form diese erbracht wird (Beispiel am Kontext: Höflichkeit des Verwaltungspersonals, fachliche Eignung der Professoren).

3.4.3 Dimensionen nach Berry

Hier erfolgt eine Unterteilung der Dimensionen in Routine- und Ausnah- medimension.66 Diese beiden Komponenten beziehen sich auf die Erwar- tungshaltung des Kunden bzgl. der Leistung des Anbieters. Während die Routinedimension alle Eigenschaften erfasst, die „normalerweise“ zur Dienstleistung dazugehören (Beispiel am Kontext: Hörsäle, Vorlesungs- verzeichnisse, Stundenpläne), bezieht sich die Ausnahmedimension auf Zusatzleistungen, die nicht erwartet und dementsprechend vom Kunden besonders gewürdigt werden (Beispiel am Kontext: Angebote zur Berufs- vorbereitung, wie Rhetorikkurse).

3.4.4 Dimensionen nach Zeithaml

Zeithaml differenziert die Qualitätsdimensionen nach der Nähe zum Kun- den. Diesbezüglich unterscheidet er zwischen Sucheigenschaften (search qualities), Erfahrungseigenschaften (experience qualities) und Vertrau- enseigenschaften (credence qualities).67 Unter Sucheigenschaften sind Eigenschaften zu verstehen, die im Vorfeld eines Kaufs vom Kunden zur Beurteilung eines Gutes aufgesucht werden. Diese Situation liegt vor, wenn der Kunde noch keine Erfahrung mit dem Dienstleistungsanbieter gemacht hat und aufgrund dessen nach Indikatoren der Leistung sucht (Beispiel am Kontext: Ausstattung von Übungsräumen, diverse Erläute- rungen im Vorlesungsverzeichnis). Erfahrungseigenschaften hingegen liegen vor, sobald der Kunde Erfahrungen mit dem Anbieter gesammelt hat. Diese bilden daraufhin die Basis für eine Beurteilung während oder nach Inanspruchnahme der Leistung (Beispiel am Kontext: Nachvollzieh- barkeit einer Beurteilung, Freundlichkeit der Lehrkörper). Die Vertrauens- eigenschaften entziehen sich einer exakten Beurteilung bzw. können erst mit zeitlicher Verzögerung überprüft werden. Das liegt an einer mangeln- den fachlichen Kompetenz seitens des Kunden bzw. eines erst nach eini- ger Zeit eintretenden Ergebnisses (Beispiel am Kontext: Berufschancen am Arbeitsmarkt, Verwendbarkeit des Lehrstoffs).

Aufgrund des hohen Anteils an Erfahrungs- sowie Vertrauenseigenschaften einer Dienstleistung ist davon auszugehen, dass der Kunde das erhöhte Kaufrisiko durch den Einsatz persönlicher (Word-of-Mouth) und/ oder materieller Quellen zu negieren versucht.68

3.4.5 Dimensionen nach Parasuraman/ Zeithaml/ Berry

Die im Folgenden aufgeführten fünf Qualitätsdimensionen sind eine Synthese bzw. Weiterentwicklung der vorherigen „theoretischen“ Dimensionen.69 Sie basieren nicht nur, wie die zuvor genannten, auf konzeptionellen Überlegungen, sondern sind zudem auch empirisch geprüft.70 Im Zuge des branchenunabhängigen „SERVQUAL-Messansatzes“, kamen die folgenden Dimensionen zum Einsatz:71

Annehmlichkeiten des tangiblen Umfeldes (tangibles). Diese beinhal- ten die Gesamtheit des physischen Umfelds einer Dienstleistung, wie das äußere Erscheinungsbild von Dienstleistungsort und Personal (Beispiel am Kontext: Gebäude der Universität, Erscheinungsbild des Universitäts- personals). Die zweite Dimension der Zuverl ä ssigkeit (reliability) be- schreibt die Fähigkeit des Anbieters, zugesagte Leistungen auch auf ei- nem avisierten Level zu erfüllen (Beispiel am Kontext: Einhaltung von Sprechstunden). Hinter der dritten Dimension, der Reaktionsf ä higkeit (responsiveness) , verbirgt sich die Handlungsfähigkeit eines Anbieters auf spezielle Wünsche des Kunden gezielt einzugehen (Beispiel am Kon- text: Vorlesungen zu aktuellen Themen, Aktualisierung des Kolloquiums). Die vierte Dimension Leistungskompetenz (assurance) beinhaltet Wis- sen, Höflichkeit und Vertrauenswürdigkeit der Angestellten (Beispiel am Kontext: Qualifikation der Professoren und des Verwaltungspersonals). Die letzte Dimension ist das Einf ü hlungsverm ö gen (empathy), worunter die Bereitschaft des Anbieters fällt, auf individuelle Kundenwünsche ein- zugehen (Beispiel am Kontext: spezifische Betreuung bei Diplomarbeiten).

3.4.6 Kritische Würdigung der Dimensionierungsansätze

Die dargestellten Ansätze sind eine Auswahl aus den vorhandenen, theo- retisch-konzeptionellen Arbeiten zur Dienstleistungsqualität. Sie bilden mit den geschilderten Dimensionen den Ausgangspunkt anderer Arbeiten, und ihnen kommt aufgrund dessen besondere Bedeutung zu. Aus diesem Grunde fand eine Beschränkung auf diese Ansätze und eine Aussparung der weiterführenden Arbeiten statt. Bei einer Gesamtbetrachtung der auf- geführten Ansätze wird deutlich, dass alle genannten Autoren verschiede- ne Dimensionen für ein und dasselbe Konstrukt, der Dienstleistungsquali- tät, wählen.72 Die ersten vier Ansatzgruppen sind dabei rein konzeptionel- ler Natur und dienen als Rahmenkonzept der theoretischen Durchdringung des Gebildes Dienstleistungsqualität. Inwiefern die einzelnen Dimensionen der jeweiligen Ansätze dabei die subjektive Qualitätsbeurteilung des Kun- den widerspiegeln, ist aufgrund der Heterogenität von Dienstleistungen fragwürdig. Der letztgenannte Dimensionenkatalog von Parasuraman/ Zeithaml/ Berry, welcher aufgrund seiner empirischen Fundierung und dem Anspruch auf „Allgemeingültigkeit der Dimensionen“ über alle Bran- chen hinweg dieses Problem beheben soll, ist allerdings, aufgrund der Überrepräsentation des Finanzsektors bei der Merkmalszusammenstel- lung, nicht auf alle Dienstleistungsbereiche beliebig übertragbar.73 Vor diesem Hintergrund werden im Kapitel 5 explizit Tiefeninterviews mit Fachschaftsstudenten durchgeführt, um einen Anhaltspunkt für die im Bil- dungsbereich relevanten Dimensionen zu bekommen. Da es bei den Di- mensionen, wie oben angedeutet, um die subjektiv wahrgenommene Dienstleistungsqualität des Kunden geht, die es im Weiteren auch zu messen gilt (siehe dazu Kapitel 4), werden im folgenden Kapitel einige wesentliche Einflussfaktoren der Wahrnehmung aufgezeigt, aus denen sich die Wahrnehmung eines Kunden zusammensetzt.

3.5 Wahrnehmung von Dienstleistungsqualität

3.5.1 Abgrenzung der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität

Unter Wahrnehmung versteht man die aktive Aufnahme und selektive Verarbeitung von Reizen durch das jeweilige Individuum.74 Aktivität, Selektivität sowie Subjektivität sind bei diesem kognitiven Wahrnehmungs- prozess von entscheidender Bedeutung. Die wahrgenommene Dienstleis- tungsqualität erklärt sich dementsprechend am kundenorientierten Quali- tätsbegriff, da dieser im subjektiven Empfinden des Kunden begründet liegt.75 Die tatsächliche, objektive Leistung spielt bei der Präferenzbildung und dem daraus resultierenden Verhalten des Kunden eine untergeordne- te Rolle. Um die Begrifflichkeit der wahrgenommenen Dienstleistungsqua- lität näher zu bestimmen, werden im folgenden Kapitel die käuferverhal- tenstheoretischen Konstrukte wie der „ Einstellung “, der „ Zufriedenheit “, des „ Involvement ’ s “ und des „ Word-of-Mouth “ sowie Komplexitätsfaktoren einer Dienstleistung einbezogen. Diese Verhaltenskonstrukte sollen die beeinflussende Wirkung auf die Wahrnehmung des Einzelnen aufzeigen.

3.5.2 Determinanten der Wahrnehmung

3.5.2.1 Einfluss durch käuferverhaltenstheoretische Aspekte

Die im Folgenden aufgezählten Konstrukte dienen der Operationalisierung wahrgenommener Dienstleistungsqualität. Das einstellungsorientierte Qualitätskonstrukt unterstellt eine gelernte, relativ dauerhafte innere Hal- tung gegenüber der einzuschätzenden Qualität, welche positiv oder nega- tiv sein kann.76 Die Qualitätseinschätzung beruht ihrerseits auf Erfahrun- gen mit dem Anbieter oder auf Erfahrungen, die durch Kommunikation mit anderen Personen bzw. Kunden zustande kamen. Sie basiert also auf Lernprozessen. Die Einstellung spricht dabei alle drei Phasen einer Dienstleistung (Potential-, Prozess-, Ergebnisorientierung) gleichermaßen an.

Das zufriedenheitsorientierte Qualitätskonstrukt basiert auf dem Confir- mation/ Disconfirmation-Paradigma (C/D-Paradigma). Die Kernaussage dieses Paradigma’s besteht darin, dass die Kundenzufriedenheit aus der Diskrepanz zwischen wahrgenommener (Ist-Leistung) und erwarteter (Soll-Leistung) Leistung entsteht.77 Entspricht die wahrgenommene Leis- tung der erwarteten Leistung, so besteht die Zufriedenheit auf Konfirmati- onsniveau. Übertrifft die Ist-Leistung die Soll-Leistung entsteht eine ent- sprechend hohe Zufriedenheit und weicht die Ist-Leistung von der Soll- Leistung nach unten ab, so resultiert daraus Unzufriedenheit.

Das C/D-Paradigma lässt sich auf die wahrgenommene und erwartete Qualität übertragen. Dieses wahrnehmungsbeeinflussende Qualitätskon- strukt zielt hauptsächlich auf das Ergebnis einer erbrachten Dienstleistung ab. Ein Zusammenhang zum einstellungsorientierten Konstrukt besteht darin, dass langfristig die Zufriedenheit in eine undifferenziertere Einstel- lung der betrachteten Dienstleistung mündet.78 Die gestellten Erwartungen an eine Dienstleistung lassen sich weiterhin differenzieren in pr ä dikative und normative Erwartungen.79 Die pr ä dikativen Erwartungen bringen zum Ausdruck, welches Leistungsniveau der Kunde antizipiert bzw. für wahr- scheinlich erachtet. Hohe prädikative Erwartungen führen tendenziell zu einer positiveren Qualitätswahrnehmung. Die normativen Erwartungen hingegen beinhalten die Forderung bzw. den Leistungsanspruch des Kun- den gegenüber dem Dienstleister. Werden diese Ansprüche nicht erfüllt, so führt dies zu einer schwächeren Qualitätswahrnehmung. Je höher die normative Erwartung des Kunden ist, umso schwieriger ist es für den Dienstleistungsanbieter, diesen Vorstellungen auch gerecht zu werden.

Eine zentrale Rolle beim Qualitätsurteil spielt auch das Involvement als persönlichkeitsbezogenes Konstrukt. Hierunter ist der Grad der „Ich- Beteiligung“ bzw. das Engagement einer Person zu verstehen, sich für bestimmte Sachverhalte oder Aufgaben zu interessieren und auch einzu- setzen.80 Diese Definition stellt das innere Engagement einer Person her- aus, welches durch eine bestimmte Situation bzw. einen gewissen Stimu- lus hervorgerufen wurde und welches unterschiedliche Wirkungen bei der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung erzeugt.81 Da sich Dienstleistungen durch einen hohen Anteil an Erfahrungs- und Vertrau- enseigenschaften auszeichnen, gehen diese auch aufgrund des größeren aufzubringenden inneren Engagements mit einem höheren Involvement einher, als dies bei Sachleistungen der Fall ist.82

Nach dieser Aufzählung der intrapersonalen Einflussfaktoren bzw. Erklärungsansätzen der Wahrnehmung, wird abschließend auf eine interpersonale Determinante, dem „Word-of-Mouth“ eingegangen. Das Word-of- Mouth, auch unter „Mund-zu-Mund-Kommunikation“ bekannte Konstrukt, berücksichtigt, dass der Kunde mit seiner Umwelt in Beziehung steht. Definitorisch versteht man hierunter die:

„ [...]zweckorientierte Ü bermittlung von unternehmens- oder leis- tungsspezifischen Informationen und Bedeutungsinhalten durch Kunden eines Dienstleistungsunternehmens, mit der Folge der Beeinflussung von Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen der Adressaten. “83

Dieser geführte Erfahrungsaustausch mit Freunden, Bekannten oder gar Experten geht aufgrund der Personenbezogenheit der Informationsquellen mit einer erhöhten Glaubwürdigkeit sowie einer ausgeprägteren Problemorientierung einher.84

3.5.2.2 Einfluss durch die Komplexität einer Dienstleistung

Einen weiteren Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung hat die Komplexität einer Dienstleistung. Komplexität bestimmt sich in der Organisationstheo- rie nach Kieser anhand der Dimensionen: Anzahl an Faktoren bei der Entscheidungsfindung, Heterogenit ä t der Faktoren sowie Interdepen- denz der Faktoren zwischen den verschiedenen Umweltsegmenten.85 Dieser Ansatz wird aufgrund seiner, im Vergleich zu anderen Ansätzen, geeignetesten Begriffsbestimmung bezüglich Dienstleistungen herange- zogen.86 Dienstleistung ist in dem Kontext als System zu betrachten, wel- ches sich aus den Faktoren bzw. Dienstleistungselementen „Teilleistung einer Dienstleistung“ und „Personen auf Anbieterseite“ zusammensetzt.87

Die Anzahl an Dienstleistungselementen beeinflusst die Qualität in dem Maße, dass mit steigender Anzahl an Elementen gleichzeitig die Teilleistungen am Kunden erhöht werden und damit verbunden, die Personen auf Anbieterseite zunehmen.88 Das impliziert eine Qualitätssteigerung solange die Leistungen ceteris paribus nicht reduziert werden. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Anzahl an Dienstleistungselementen einen positiven Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung ausübt.

Des Weiteren wird der Einfluss der Heterogenit ä t der Dienstleistungs- elemente auf die Wahrnehmung der Qualität untersucht. Mit zunehmen- der Heterogenität der „Teilleistungen“ wird eine Einschätzung der Qualität differenzierter und ein einheitliches Urteil, seitens des Kunden, erschwert. Die Heterogenität bezieht sich dabei auf Art und Leistungsumfang gleich- zeitig erbrachter Leistungen sowie auf Schwankungen der Leistungen im zeitlichen Verlauf. Eine vorherrschende Uneinheitlichkeit bei den „Perso- nen auf Anbieterseite“ führt ebenfalls zu einer erschwerten Urteilsfindung. Diese aufgezeigte Heterogenität von Dienstleistungselementen erwidert der Kunde mit Unsicherheit. Diese Unsicherheit spiegelt sich wiederum in niedrigeren Leistungserwartungen sowie der damit zeitgleich einherge- henden, schlechteren Leistungsbeurteilung wider. Die Begründung dafür liegt in der hier nicht weiter erläuterten Theorie der kognitiven Dissonanz (siehe dazu Foscht/ Swoboda89 ). Aus der Heterogenität der Dienstleis- tungselemente lässt sich konstatieren, dass diese einen negativen Ein- fluss auf die Qualitätswahrnehmung bewirkt.

Als letztes Konstrukt wird die Interdependenz von Dienstleistungsele- menten sowie dessen Auswirkungen auf das Qualitätsurteil betrachtet. Eine wechselseitige Abhängigkeit der Elemente führt dazu, dass dem Kunden die Beurteilung der einzelnen Leistungselemente, aufgrund einer uneindeutigen Zuordnung dieser, erschwert wird.90 Daraus ist zu folgern, dass mit zunehmender Interdependenz der Dienstleistungselemente die Differenziertheit des Qualitätsurteils abnimmt. Eine hohe Interdependenz hat also einen negativen Einfluss auf die Differenziertheit des Qualitätsur- teils zur Folge.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Wahrnehmung der Dienstleistungsqualität durch verschiedenste Einflussfaktoren gesteuert wird. Diese Determinanten gilt es zu berücksichtigen, wenn von Dienstleistungsqualität die Rede ist, bzw., wie im nächsten Kapitel, die Messung von Dienstleistungsqualität thematisiert wird.

[...]


1 Vgl. StBAG (2006), veröffentlicht im Internet [S. 2, Stand 10.06.2008].

2 Vgl. Studienbeiträge an NRW-Hochschulen (2008), ver. im Internet [Stand 10.06.2008].

3 Fricke, D. (2006), veröffentlicht im Internet [S.1, Stand 23.04.2008].

4 Vgl. Pastowski, S. (2004), S. 119; Ellwein, T. (1985), S. 24 f.

5 Vgl. Wiesler, A. (2005), S. 10.

6 Vgl. Wagner, W. (2001), S. 14.

7 Vgl. Trogele, U. (1995), S. 6.

8 Vgl. Wangen-Goss, M. (1983), S. 7.

9 Vgl. Pastowski, S. (2004), S. 120.

10 Vgl. HRG (1999) § 1.

11 Vgl. Ebenda § 2 Abs. 9.

12 Vgl. Deutscher Bundestag (2007), veröffentlicht im Internet [S. 1, Stand 10.06.2008]

13 Vgl. Pastowski, S. (2004), S. 116 ; Bruhn, M. (2005), S. 33.

14 Vgl. im folgenden Hasitschka, W./ Hruschka, H. (1982), S. 8 f.

15 Horak, C. (1992), S. 18.

16 Vgl. Topf, C. (1986), S. 20 ; Bruhn, M. (2005), S. 32.

17 Vgl. Wiesler, A. (2005), S. 13.

18 Vgl. Behrens, T. (2001), S. 60.

19 Vgl. Ziegele, F. (1998), S. 57.

20 Behrens, T. (2001), S. 56.

21 Vgl. im folgenden Riese, K. (2007), S. 104; Witte, F. (1999), S. 127.

22 Vgl. Ministerium für I,W,F,T. NRW (2006), veröffentlicht im Internet [Stand 10.06.2008].

23 Vgl. Landesregierung NRW (2007), veröffentlicht im Internet [S.14, Stand 10.06.2008].

24 Vgl. Ebenda, veröffentlicht im Internet [S.16, Stand 10.06.2008].

25 Vgl. Stat. Bundesamt (2007), veröffentlicht im Internet [Stand 10.06.2008].

26 Vgl. Ziegele, F. (1998), S. 72.

27 Vgl. Stat. Bundesamt (2008), veröffentlicht im Internet [S.44f., Stand 10.06.2008].

28 Vgl. Ebenda, S. 45.

29 Vgl. im folgenden HFGG (2006), Art.2 § 2 Abs. 1 ff, ver. im Internet [Stand 10.06.2008].

30 Vgl. Ministerium für I,W,F,T. NRW (2008), veröffentlicht im Internet [Stand 10.06.2008].

31 Vgl. Deutsches Studentenw. (2008), veröffentlicht im Internet [S.8, Stand 10.06.2008].

32 Vgl. Deutsches Studentenw. (2008), veröffentlicht im Internet [S.12, Stand 10.06.2008].

33 Vgl. Ebcinoglu, F. (2007), S. 163.

34 Vgl. Fricke, D. (2006), veröffentlicht im Internet [S.1, Stand 23.04.2008].

35 Vgl. Woratschek, H./ Pastowski, S. (2002), S. 119.

36 Vgl. im folgenden Voss, R. (2006), S. 221.

37 Vgl. Amrhein, D. (1998), S. 18.

38 Vgl. Hansen, U. (1998), S. 371.

39 Vgl. Wagner, E. (2001), S. 19.

40 Vgl. Jöbstl, O. (1999), S. 29.

41 Vgl. Corsten, H. (1985), S. 173; Corsten, H. (1990), S.17f.

42 Vgl. Haller, S. (1998), S. 51.

43 Meffert, H./ Bruhn, M. (2006), S. 33.

44 Vgl. Mc Dougall, G.H.G./ Snetsinger, D. (1990), S. 28.

45 Vgl. Pepels, W. (1996), S. 11.

46 Vgl. Scharitzer, D. (1994), S. 25.

47 Vgl. im folgenden Meffert, H./ Bruhn, M. (2006), S. 67f; Wolf, E. (2006), S. 231.

48 Vgl. Meyer, A./ Mattmüller, R. (1987), S. 188.

49 Vgl. im folgenden Meffert, H./ Bruhn, M. (2006), S. 65.

50 Vgl. im folgenden Pepels, W. (1996), S. 16.

51 Vgl. im folgenden Bieberstein, I. (1998), S. 59.

52 Vgl. Pastowski, S. (2004), S. 32.

53 Vgl. im folgenden Feustel, F. et al. (2007), S. 98.

54 Vgl. im folgenden Bruhn, M. (2000), S. 25 ; Garvin, D. A. (1984), S. 25.

55 Bruhn, M. (2000), S. 25.

56 Vgl. Berry, L.L./ Parasuraman, A. (1997), S. 65.

57 Vgl. im folgenden Bruhn, M. (2000), S. 25f.

58 Bruhn, M. (2006), S. 38.

59 Vgl. im folgenden Bruhn, M. (2000), S. 31f.

60 Vgl. Heskett, J.L. (1988), S. 48f.

61 Vgl. Meffert, H./ Bruhn, M. (2006), S. 293.

62 Hentschel, B. (1992), S. 88.

63 Vgl. Bruhn, M. (2006), S. 47.

64 Vgl. im folgenden Stauss, B./ Hentschel, B. (1991), S. 239; Bruhn, M. (2006), S. 49f.

65 Vgl. im folgenden Bruhn, M. (2006), S. 50; Bruhn, M. (2000), S. 26.

66 Vgl. im folgenden Bruhn, M. (2006), S. 50f; Berry, L.L. (1986), S. 7.

67 Vgl. im folgenden Bruhn, M. (2006), S. 51; Zeithaml, V.A. (1984), S. 186f.

68 Vgl. Stauss, B./ Hentschel, B. (1991), S. 239.

69 Vgl. Bieger, T. (2000), S. 176f.

70 Vgl. Parasuraman/ Zeithaml/ Berry (1988), S. 23.

71 Vgl. Hentschel, B. (1990), S. 231; Zeithaml /Parasuraman/ Berry (1992), S. 40.

72 Vgl. Haller, S. (1998), S. 89.

73 Vgl. Hentschel, B. (1990), S. 236.

74 Vgl. Kroeber-Riel, W./ Weinberg, P. (2003), S. 269.

75 Vgl. im folgenden Forberger, D. (2000), S. 25f.

76 Vgl. im folgenden Benkenstein, M. (1993), S. 1101f.

77 Vgl. im folgenden Homburg, C./ Krohmer, H. (2003), S. 102f.

78 Vgl. Benkenstein, M. (1993), S. 1102.

79 Vgl. Ngobo, P.V. (1997), S. 63f.

80 Vgl. Kroeber-Riel, W./ Weinberg, P. (2003), S. 371.

81 Vgl. Kleinaltenkamp, M. (1995), S. 95.

82 Vgl. Meffert, H./ Bruhn, M. (2006), S. 132.

83 Kroeber-Riel, W./ Weinberg, P. (2003), S. 510.

84 Vgl. Zeithaml, V.A. (1991), S. 41f.

85 Vgl. Kieser, A. (1979), S. 302.

86 Vgl. Kebbel, P. (2000), S. 166.

87 Vgl. Homburg, C./ Kebbel, P. (2001), S. 480f.

88 Vgl. im folgenden Kebbel, P. (2000), S. 75f.

89 Vgl. Foscht, T./ Swoboda, B. (2007), S. 63, 210.

90 Vgl. im folgenden Kebbel, P. (2000), S. 80.

Ende der Leseprobe aus 129 Seiten

Details

Titel
Universitäten als Dienstleister?!
Untertitel
Entwicklung einer Konzeption zur Messung der Dienstleistungsqualität im universitären Betrieb
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
2,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
129
Katalognummer
V144920
ISBN (eBook)
9783640530854
ISBN (Buch)
9783640531011
Dateigröße
877 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Universitäten, Dienstleister, Entwicklung, Konzeption, Messung, Dienstleistungsqualität, Betrieb
Arbeit zitieren
Marcel Wach (Autor:in), 2009, Universitäten als Dienstleister?!, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144920

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