Herausbildung und Entwicklung des "francais québécois"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

20 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlegende Daten und Informationen zur Provinz Quebec
2.1 Aktuelle Sprachverteilung in der Provinz Quebec

3. Geschichte Quebecs von der Entdeckung bis

4. Die Sprachenfrage in der Kolonialherrschaft

5. Informationen über die ersten Siedler
5.1 Herkunftsregionen der ersten Siedler
5.2 Geschlechtsverhältnis und Altersstruktur der Siedler
5.3 Soziale Herkunft und Bildung der ersten Siedler

6. Theorien zur Herausbildung des „francais québécois“ nach Philippe Barbaud
6.1 Besonderheiten
6.2 Bewahrung der älteren Sprachstufe

7. Fazit/Schlussbemerkung

8. Bibliographie.

1. Einleitung

In der nachfolgenden Arbeit wird die Geschichte Quebecs und deren Siedler beleuchtet und die Entwicklung des „francais québécois“ dargestellt. Die Arbeit beschäftigt sich weiterhin mit den Umständen, die zu der Verbreitung des Französischen in der neuen Welt geführt haben und wie diese sich auf die Entwicklung der Sprache auf einem anderen Kontinent, fernab vom Mutterland, auswirkten. Um dieses Phänomen zu untersuchen, findet man kein besseres Beispiel als Quebec. Denn Quebec ist das einzige Gebiet außerhalb Europas, in dem das Französische die Muttersprache des überwiegenden Teils der Bevölkerung( 80 % der Bevölkerung) ist.

Vom Mutterland Frankreich völlig isoliert, hat es die französische Sprache in Quebec,

umgeben von anglophonen Gebieten, schwer gehabt, sich durchzusetzen.

Wie kann sich eine Sprache unter diesen Bedingungen behaupten und inwiefern wurde sie von den französischen Siedlern geprägt?

Nachdem ich zunächst auf die Geschichte Quebecs eingehen werde, berücksichtige ich

ebenso die Herkunftsregionen, den Bildungsstand und die Geschlechtsverhältnisse der Siedler. Es wird also ein Profil der Pioniere erstellt, das Charakteristika und Besonderheiten der ersten Siedler von 1608-1759 herausstellen soll.

Die Siedlungsgeschichte( speziell von 1608-1759) wurde von vielen Faktoren und Umwelteinflüssen gelenkt. Jeder Umstand wirkte sich auf die Folgezeit und auf das Sprachniveau und somit auf die französische Sprache aus. So betrachte ich näher die Siedlungsgeschichte und stelle grundlegende Informationen über die Pioniere heraus. Es wird weiterhin untersucht, welchen Einfluss die Bewohner aus der jeweiligen Ursprungsregion auf die Entwicklung des Französischen in der neuen Kolonie gehabt haben. Ferner werden Paralleluntersuchungen gemacht, die aufzeigen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede man beim Betrachten von Frankreich und „Neufrankreich“

findet und welche Rückschlüsse man aus diesen Informationen bekommen kann.

Abschließend wird die Theorie zur Herausbildung des „francais québécois“ nach Philippe Barbaud aufgezeigt und mit Betrachtungsweisen/ Stellungnahmen von Autoren der Gegenwartsliteratur verglichen.

2. Grundlegende Daten und Informationen zur Provinz Quebec

Die Provinz Quebec ist heute die größte der kanadischen Provinzen. Sie umfasst mit einer Fläche von 1.540.680 Quadratkilometern, 15,5% der Gesamtfläche Kanadas. In ostwestlicher Richtung erstreckt sich die Provinz über 1.610 Kilometer, in nordsüdlicher über 1.930 Kilometer. Das Mutterland Frankreich nimmt sich dagegen klein aus. Dessen Festland dehnt sich über 551.695 Quadratkilometer aus, der „Durchmesser“ des Hexagons beträgt rund 1.000 Kilometer.[1] Der Name der Provinz Quebec ist die Ableitung eines Begriffes aus der Algonkin- Sprache der Ureinwohner und meint: Der Ort, wo der Fluss fließt. Angespielt wird mit dieser Bezeichnung auf den mächtigen Sankt-Lorenz-Strom in der Nähe der heutigen Provinzhauptstadt, die denselben Namen trägt wie die gesamte Provinz. In der Provinz Quebec leben 6.895.963 Menschen (Volkszählung 1991), in Frankreich auf wesentlich weniger Fläche verteilt, 58 Millionen. In den Weiten der kanadischen Provinz verlieren sich die Bewohner, so dass die Bevölkerungsdichte bei etwa vier Personen pro Quadratkilometer liegt. 78 Prozent der Bevölkerung leben allerdings konzentriert in den Städten.[2]

2.1 Aktuelle Sprachverteilung in der Provinz Quebec

Die Einteilung der Einwohner Quebecs nach ihren Muttersprachen ergibt heute folgendes Bild: 80 Prozent der Einwohner sprechen Französisch als Muttersprache, neun Prozent Englisch. Die anglophonen Sprecher der Provinz Quebec leben insbesondere in Montreal. Ethnische Minderheiten, zumeist nicht in Kanada geboren, sprechen überwiegend Englisch. Dazu gehören beispielsweise Italiener, Libanesen und Griechen. Außerdem sei erwähnt, dass in Quebec noch mehr als 75.000 Indianer und 11.400 Mestizen („métis“) - Mischlinge europäisch-indianischer Abstammung - leben.[3]

3. Geschichte Quebecs von der Entdeckung bis 1763

Der historische Ursprung der Provinz Quebec liegt im Jahre 1534/1535, als der französische

Entdecker Jacques Cartier das Gebiet um das heutige Quebec für Frankreich einnahm. Der

Name dieses Gebietes war zunächst „Stradacona“, doch die dort ansässigen Algonkin-

Indianer nannten es „Kebec“, was „Verengung der Wasser“ bedeutet und der Lage

Quebecs entspricht.

Quebec liegt genau am Zusammenfluss der Flüsse St. Charles und St. Lorenz. An dieser

Stelle ist der St. Lorenz einen Kilometer breit, was der Stadt ihren Namen gab.

Eine dauerhafte Besiedlung des Gebiets erfolgte jedoch erst nach der Gründung der

gleichnamigen Stadt durch Samuel de Champlain im Jahre 1608, der dort einen kleinen

Pelzhandelsposten errichtete, was ihm noch heute mit einem Denkmal vor dem Château

Frontenac gedankt wird.[4]

Aus dem Pelzhandel und der Fischerei erwuchs ein neues Interesse des französischen

Königs an dem Gebiet. Quebec wurde rasch zum Verwaltungszentrum der „Nouvelle-

France“.[5]

1629 wurde Quebec trotz seiner strategisch günstigen Lage auf einer 93m hohen Anhöhe

erstmals von den konkurrierenden Engländern eingenommen, aber im Frieden von

St-Germain wieder an Frankreich zurückgegeben.

Nach der Gründung der Stadt Quebec folgten die Gründung von Trois-Rivières 1634 und

Montreal 1642. Die Verwaltung der neuen Kolonie wurde vom König zunächst einer

Monopolkompanie unterstellt, die Grund und Boden wie in einem Feudalsystem an

Kolonisten abtrat.

Der Zustrom an Siedlern aus dem Mutterland war sehr gering, denn die „Nouvelle-France“

war kein günstiges Auswanderungsland und stellte wegen der starken Präsenz der Jesuiten

auch kein Hoffnungsgebiet für Protestanten dar. Erst ab 1663, als die Verwaltung der

Kolonie wieder vom Mutterland übernommen wurde, stieg die Zahl der Zuwanderer. Zum

einen wurden wegen der Bedrohung durch die Irokesen Anfang der 60er Jahre 1000

Soldaten in das Land geschickt, von denen etwa die Hälfte als Kolonisten in Quebec blieben. Zum anderen wurden zwischen 1663 und 1678 ca. 800 junge Waisenmädchen („les filles du roi“)

nach Kanada geschickt, um den Überhang an männlichen Bewohnern auszugleichen und

das Bevölkerungswachstum voranzutreiben. Insgesamt verließen zwischen dem Anfang des 17. Jahrhunderts und 1760 ca.10.000 Franzosen ihre Heimat, um sich in Kanada anzusiedeln.

Ein Großteil der französischen Einwanderer kam im 17. Jahrhundert aus der Normandie

(18,5%), und dem Bereich der Ile-de-France/Paris (14,7%). Auch im 18. Jahrhundert

waren diese Herkunftsregionen vorrangig.[6][7]

In den folgenden Jahren stieg die Geburtenrate in Quebec stark an, so dass man 1760 schon 70.000 Bewohner in der Kolonie zählte. Bis zur Eroberung durch Großbritannien wurde die Entwicklung der Kolonie im Wesentlichen von der kolonialen Bourgeoisie, d.h. von Grundherren und den durch Pelzhandel reich gewordenen Händlern und Geschäftsleuten, sowie vom Militär und der katholischen Kirche bestimmt.

1756 kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen französischen Siedlern und

den benachbarten englischen Kolonien. Während des 7-jährigen Krieges zwischen England und Frankreich belagerte die englische Armee Quebec. Sie schlugen die Truppen des Marquis de Montcalm am 13. September 1759 in der Schlacht auf der Ebene von Abraham(„ Plaines d´Abraham“).

Ein Jahr später fiel Montreal ebenfalls in die Hände der britischen Truppen. Damit war die Eroberung durch Großbritannien beendet. Im Vertrag von Paris 1763 überließ der französische König dem britischen Souverän das eigentliche Kanada und ganz Louisiana östlich des Mississippi.

Die neue britische Obrigkeit zog es vor, die sozialpolitischen Strukturen Quebecs

weitgehend unverändert zu lassen. Da das französische Verwaltungs- und Militärpersonal

nach der Eroberung durch die Briten abgezogen waren, breitete sich bei den Siedlern ein

Gefühl der Isolation aus, welches sich die Kirche zunutzen machte, um immer mehr in die

Rolle einer Führungsinstitution Französisch-Kanadas hineinzuwachsen.[8][9]

4. Die Sprachenfrage in der Kolonialherrschaft

Nach der Eroberung durch britische Truppen war die Verwendung der französischen

Sprache eine Selbstverständlichkeit. Allerdings war die Andersartigkeit der neuen Provinz

hinsichtlich Sprache, Kultur, Religion in dem Vertrag von Paris 1763 nicht gesetzmäßig

verankert. Der erste Gouverneur der Provinz, Murray, wurde eher aus Einsicht in die Notwendigkeit zum Fürsprecher der „affaires francophones“, trotz der ihm aufgetragenen

Assimilationspolitik. Er sprach sich für die Zulassung der Frankophonen zu öffentlichen

Ämtern und für das Recht auf den Gebrauch der Muttersprache aus.

Seinem Nachfolger Carleton gelang es sogar, die Regierung in London davon zu

überzeugen, das französische Zivilrecht in Quebec wieder einzuführen.

Mit der Quebec-Akte 1774 wurde die freie Ausübung der römisch-katholischen Religion

und die französische Zivilgerichtsbarkeit wieder eingeführt. So war die französische

Sprache für den Bereich der Rechtssprechung und Gerichtsbarkeit abgesichert. Es galt

jedoch immer noch, dass Anordnungen und Erlasse in englischer und französischer

Sprache publiziert wurden. Die Rechte, die den Frankophonen durch die Quebec-Akte

zugesprochen worden waren, wurden mit der Zeit durch den Zustrom englischer Loyalisten

gefährdet. Denn durch den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg kamen viele Zuwanderer

nach Quebec. Diese weigerten sich, die Bestimmungen der Quebec-Akte widerspruchslos

zu akzeptieren.

Mit der Konstitutionsakte 1791 wurde das aus zwei Provinzen bestehende „Dominion of

Canada“ geschaffen und das Land in Ober- und Unterkanada geteilt. Die Provinz

Unterkanada entsprach weitgehend dem Gebiet des heutigen Quebec.

Trotz der weiterhin praktizierten Zweisprachigkeit blieb dem Französischen der Status als

offizielle Sprache für den parlamentarisch-juristischen Bereich versagt. Die geographische

Trennung der beiden Provinzen hat zweifellos auch das Gefühl der Eigenständigkeit

gefördert und zum Entstehen eines nationalen Selbstbewusstseins beigetragen. Die

Französische Revolution hatte endgültig die Trennung vom Mutterland bewirkt, und von

da an ging es den Frankokanadiern um das Überleben und die Absicherung der

französischen Sprache. Der demographische Rückhalt dafür war durch die hohe

Geburtenrate geschaffen, welche die frankokanadische Bevölkerung in Unterkanada

zwischen 1763 und 1814 von 65.000 auf 335.000 anwachsen ließ („revanche des berceaux“).

Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts hatte jede frankokanadische Familie durchschnittlich 11

[...]


[1] Autorenkollektiv: Brockhaus, Leipzig, Mannheim, 1994

[2] www.travelworldonline.com

[3] Autorenkollektiv: Goldmann Lexikon, München, 1998

[4] www.kanada-info.de

[5] http://de.encarta.msn.com © 1997-2004 Microsoft Corporation

[6] Pöll, Bernhard(1998): Französisch außerhalb Frankreichs, Tübingen, Seite71

[7] Wolf, Lothar(1987 ): Französische Sprache in Kanada. Ernst Vogel, München, Seite 13

[8] Pöll, Bernhard(1998): Französisch außerhalb Frankreichs, Tübingen, Seite 71.

[9] Wolf, Lothar(1987 ): Französische Sprache in Kanada. Ernst Vogel, München, Seiten 1-8

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Herausbildung und Entwicklung des "francais québécois"
Hochschule
Technische Universität Berlin
Note
1,7
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V140715
ISBN (eBook)
9783640498567
ISBN (Buch)
9783640498406
Dateigröße
496 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Herausbildung, Entwicklung
Arbeit zitieren
Anonym, 2005, Herausbildung und Entwicklung des "francais québécois" , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140715

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