Identifikationsstrategie für eine Evaluation regionalpolitischer Maßnahmen

Konzept und kritische Betrachtung am Beispiel der Förderung von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) durch die europäischen Strukturfonds in der Förderperiode 1989-1999


Seminararbeit, 2009

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Strukturpolitik in der EU
2.1 Funktion der Strukturpolitik
2.2 Die EU-Strukturfonds

3 Anforderungen einer Evaluation regionalpolitischer Maßnahmen mit Hilfe der Kausalanalyse
3.1 Das generelle Problem bei Evaluationen
3.2 Formale Darstellung von Identifikationsstrategien zur Ermittlung geeigneter Evaluationsparameter

4 Konzeptionelles Verfahren zur Evaluation einer KMU- Fördermaßnahme durch EU-Strukturfondsaktivitäten

5 Zusammenfassung und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Versicherung

1 Einleitung

Die Europäische Union (EU) befindet sich in einem fortwährenden Wachstumsprozess. Waren es zu Beginn der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft im Jahre 1957 noch 6 Gründerstaaten, so umfasst die heutige EU bereits 27 verschiedene Staaten mit insge- samt 271 Regionen in denen rd. 500 Mio. Menschen leben. Mit der kontinuierlichen Aufnahme neuer Mitgliedstaaten und der territorialen Ausdehnung der EU wachsen jedoch auch gleichzeitig die Disparitäten zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten stetig an. Vor allem durch die Aufnahme einiger mittel- und osteuropäischer Länder im Jahre 2004 beherbergt die EU nun mehr strukturschwache Regionen denn je zuvor. Um die teils eklatanten wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaa- ten zu bekämpfen, verfolgt die Europäische Gemeinschaft mit dem Instrument der Strukturfonds, die rd. ein drittel des EU-Haushalts umfassen, das „Ziel, die Unterschie- de im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete, zu verringern“ (EG Vertrag, Art. 158). Diese struk- turpolitischen Maßnahmen implizieren die Absicht, eine gewisse Konvergenz sowohl auf europäischer Ebene zwischen den Mitgliedstaaten als auch auf nationaler bzw. regi- onaler Ebene in den einzelnen Mitgliedstaaten selbst herbeizuführen.

Die Bedeutsamkeit des Themas der Evaluierung dieser regionalpolitischen Maßnahmen lässt sich vor allem darin begründen, dass aufgrund des raschen Wachstums der EU und der dabei aufkeimenden Disparitäten sowie der infolge der Wirtschaftskrise angespann- ten öffentlichen Haushaltslage eine effiziente Allokation der knappen Haushaltsmittel die Grundvorrausetzung effektiver und zielgerichteter Interventionsmaßnahmen darstellt (vgl. Schätzl (1994), S. 53).

Allerdings wird das von der EU vorgeschlagene Konzept zur Evaluation, welches unter dem Namen MEANS im Jahre 1995 veröffentlicht wurde und seitdem sukzessive wei- terentwickelt wird, kontrovers in der einschlägigen Literatur diskutiert (Kugler (2000), S.412). So ist in einer Studie des Rechnungshofs (1998) zu lesen, dass die vorgeschla- genen Bewertungsindikatoren und –methoden nicht für alle Maßnahmen „angemessene Orientierungshilfen“ darstellen. Es wird darauf hingewiesen, dass es „keine einheitliche Methodik“ gäbe, die sich auf die verschiedenen Eigenarten der unterschiedlichen Maß- nahmen anwenden ließe. Dennoch ist die Entwicklungstendenz zu begrüßen, denn im

Sinne der Vergleichbarkeit ist die Entwicklung gewisser Standards für Evaluationen überaus sinnvoll.

Im Rahmen dieser Arbeit soll daher am Beispiel der EU-Strukturfondförderung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der Förderperiode 1989 bis 1999 unter- sucht werden, wie eine aussagekräftige Evaluation konzeptionell durchgeführt werden könnte. Dazu soll als Einstieg in die Thematik in Kapitel 2 zunächst eine Einführung zur europäischen Strukturpolitik gegeben werden. Es soll kurz dargestellt werden, was man unter europäischer Strukturpolitik versteht, welche Ziele sie verfolgt und mit wel- chem Instrumentarium sie anvisierte Ziele versucht umzusetzen. Zum Ende des zweiten Kapitels sollen Beispiele für KMU-Fördermaßnahmen beschrieben werden, auf welche hinsichtlich einer durchzuführenden Evaluation im Laufe der Arbeit zurückgegriffen werden soll. Kapitel 3 bildet dann das theoretische Fundament der Arbeit. Hier sollen die hypothetischen Anforderungen einer Evaluation regionalpolitischer Maßnahmen erläutert werden. Zuerst sollen generelle Probleme bei Evaluationen aufgezeigt werden. Daraufhin soll eine formale Darstellung geeigneter Identifikationsstrategien erfolgen, die zur Lösung der vorher aufgezeigten Problemstellungen beitragen. Zu dieser forma- len Darstellung soll gleichzeitig eine kritische Betrachtung der Anwendbarkeit auf das zugrunde liegende Thema der Evaluation von KMU-Förderungen in der EU erfolgen. In Kapitel 4 folgt schließlich der konzeptionelle Teil der Arbeit, indem anhand einer Bei- spielmaßnahme ein Konzept zur Evaluation der KMU-Förderung durch europäische Strukturfondaktivitäten innerhalb der Periode 1989 bis 1999 erarbeitet werden soll. In Kapitel 5 solle eine Zusammenfassung und ein Ausblick im Sinne einer Handlungsemp- fehlung gemacht werden.

2 Strukturpolitik in der EU

2.1 Funktion der Strukturpolitik

Die europäische Strukturpolitik verfolgt das Ziel die herrschenden Disparitäten zwi- schen den insgesamt 271 Regionen in der EU zu verringern und insbesondere den „wirt- schaftlichen und sozialen Zusammenhalt“ zu fördern, wie es in Art. 158 EGV lautet. Sie zielt folglich darauf ab, bezüglich aller notwendigen Ressourcen und Rahmenbedingun- gen vergleichbare Wettbewerbsvoraussetzungen in den Mitgliedstaaten zu schaffen. Diese Absicht wird auch zusammenfassend als das Kohäsionsziel bezeichnet (vgl. Schöndorf-Haubold (2005), S.3) [Art.158 EGV nachlesen].

Strukturpolitik wird allerdings nicht ausschließlich auf EU-Ebene durchgeführt, also horizontal zwischen allen Mitgliedstaaten, sondern auch und vor allem vertikal in den einzelnen Mitgliedstaaten. Die gemeinschaftlich ausgerichtete Strukturpolitik zur Koor- dinierung gemeinsamer Ziele nennt man aufgrund des oben geschilderten Sachverhalts auch Kohäsionspolitik. Diese Kohäsionspolitik vertritt eine eher globale Sichtweise und befasst sich mit der Angleichung der Niveaus zwischen ganzen Volkswirtschaften, wäh- rend die Strukturpolitik in den einzelnen Mitgliedstaaten eine regionale Sichtweise ver- tritt und somit auf eine Niveauangleichung der Einzelregionen im Mitgliedstaat selbst abzielt. Dabei sollte die Strukturpolitik der einzelnen Mitgliedstaaten ebenfalls auf das gemeinsame Kohäsionsziel ausgerichtet sein (vgl. Art. 159 UAbs. 1 S. 1 EGV).

Diejenigen strukturpolitischen Maßnahmen, die sich ferner mit den gebietsbezogenen Fördermaßnahmen innerhalb einer Volkswirtschaft beschäftigen, werden auch als regi- onalpolitische Maßnahmen bezeichnet. Die Regionalpolitik ist demzufolge ein Teilge- biet der Strukturpolitik einer Volkswirtschaft, die sich insbesondere mit dem Abbau von Standortnachteilen und der sozioökonomischen Gleichheit befasst (vgl. Schäfers (1993), S.23ff).

Das strukturpolitisch bedeutsamste Instrument zu Verfolgung der skizzierten Ziele sind die EU-Strukturfonds, die im Folgenden daher näher erläutert werden sollen.

2.2 Die EU-Strukturfonds

Die grundlegenden Handlungsinstrumente der EU-Strukturpolitik sind, wie bereits erwähnt, die EU-Strukturfonds. Auch der Kohäsionsfonds1, diverse Gemeinschaftsiniti- ativen2 und das Beitrittsinstrument ISPA3 sind bedeutende Elemente der EU- Strukturpolitik. Diese werden in der Arbeit jedoch nicht weiter thematisiert, da die KMU-Förderung ursprünglich aus den EU-Strukturfonds hervorgeht und diese somit in den Mittelpunkt der Arbeit rücken (vgl. Fleischhauer (2005), S.8).

Die Strukturfonds obliegen dem Grundsatz der Kofinanzierung. Das bedeutet, dass die Strukturfonds zur Projektfinanzierung zwar finanzielle Beihilfen an die einzelnen Mit- gliedstaaten auszahlen, die Mitgliedstaaten zur Projektfinanzierung allerdings stets dazu aufgefordert sind öffentliche Mittel beizusteuern. Auf diesem Kalkül beruht das Additi- onalitätsprinzip. Demnach darf eine regionale Förderung durch die EU nur unterstüt- zend wirken und eine regionale Förderung der Mitgliedstaaten keineswegs ersetzen (vgl. BMWi (2009)). EU-Strukturpolitik orientiert sich somit am Subsidiaritätsprinzip, wobei in Zusammenarbeit von EU-Kommission und den Mitgliedstaaten spezielle Maß- nahmen formuliert und koordiniert werden (bspw. die Förderung von KMU). Daraufhin werden sie in den betroffenen Regionen durch die jeweils zuständigen Mitgliedstaaten durchgeführt (vgl. Schöndorf-Haubold (2005), S.9). Die EU-Strukturfonds können so- mit als Finanzinstrument zur Maßnahmenfinanzierung angesehen werden. Allerdings besitzen sie keine eigene Rechtspersönlichkeit und verfügen über kein spezifisches Fondsvermögen, sondern werden lediglich als gesonderter Teil des EU-Haushaltes aus- gewiesen (Schöndorf-Haubold (2005), S.10).

Gemäß Art. 159 Abs. 1 S. 3 EGV und Art. 2 der Europäischen Verordnung Nr. 1260/1999 setzen sich die Strukturfonds aus vier verschieden Fonds zusammen. Mit der Gründung der EG wurde auch der Europäische Sozialfond (ESF) zur Entwicklung der Humanressourcen geschaffen. Darauf folgte im Jahre 1975 die Gründung des Euro- päischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), da infolge der ersten Erweiterung der Union die Disparitäten erstmals stark zunahmen (vgl. Fleischhauer (2005) S.9-10). Der Europäische Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) dient der Beihilfe für die Landwirtschaft und der Entwicklung des ländlichen Raums. Als letzter und vierter Fond kam das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF) hinzu (vgl. auch Schöndorf-Haubold (2005) S.10-16). In Bezug auf das Thema der Arbeit ist vor allem der EFRE von Bedeutung, da durch den EFRE eine „Konzentra- tion der Förderung auch auf Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU)“ (Fleischhauer (2005) S.10) stattfindet.

Die bedeutsamsten Ziele der Förderung von KMU sind dabei die Ziele 1 und 2. Diese Ziele werden auch zugleich dazu verwendet die verschiedenen Regionen in Ziel 1 und Ziel 2 Regionen einzuteilen. In Ziel 1-Regionen liegt der Fokus auf der Entwicklung und Stärkung vorhandener Strukturen. In Ziel 2-Regionen werden dagegen Unterneh- mensgründungen und Umschulungs- bzw. Weiterbildungsmaßnahmen des Humankapi- tals fokussiert. Während in Ziel 1-Regionen also i.w.S. eine Erhaltung von Strukturen im Mittelpunkt steht, so wird in Ziel 2-Regionen i.w.S. einem Aufbau von Strukturen nachgegangen. Zusammenfassend wird mit der Strukturfondsförderung von KMU dem- zufolge die Wettbewerbsfähigkeit respektive Erhaltung und Entwicklung der KMU ver- folgt.

Zu diesen Zielen werden Maßnahmen formuliert, welche zur Erreichung des jeweili- gen Ziels in den Regionen durchgeführt werden. In einem Report der Europäischen Kommission zur KMU-Förderung werden 7 verschiedene Maßnahmen genannt: (1) Direkte finanzielle Unterstützung, (2) Financial Engineering (z.B. Venture Capital), (3) Unternehmensberatung (z.B. Managementseminare), (4) Innovation und Technologie,

(5) Physikalische Infrastruktur (z.B. Business-Center), (6) KMU Trainings (z.B. Grün- derseminare) und (7) Sonstige (z.B. Networking für KMU) (European Commission (1999), S.21).

Im Folgenden sollen nun zwei Beispielmaßnahmen in wesentlichen Punkten erläutert werden, um zu einem späteren Zeitpunkt zwecks Evaluation einer Maßnahme darauf Bezug nehmen zu können. Als Beispiel für zwei Maßnahmen sollen aus dem Bereich (3) Unternehmensberatung die Durchführung von Managementberatung und aus dem Bereich (6) KMU Trainings die Durchführung von Gründer-, Nachfolge- und Über- nahmeberatung herangezogen werden. Eines der etablierten Institute in Deutschland für derartige Advisory Services ist das Rationalisierungskuratorium der deutschen Wirt- schaft e.V. (RKW), eine Art Selbsthilfeorganisation deutscher Unternehmen (European Commission (1999), S.55). Das RKW ist regional organisiert und bietet strukturfonds- geförderte KMU Beratungsprogramme an. Ziel der Gründer-, Nachfolge- und Über- nahmeberatungen ist es Existenzgründern, Unternehmensnachfolgern oder Personen die eine Unternehmensübernahme planen eine professionelle Beratung anzubieten, um sich die nötigen Kenntnisse für ihr jeweiliges Vorhaben anzueignen. Die Managementbera- tung zielt indessen darauf ab bestehenden KMU eine professionelle Beratung zu offerie- ren um dadurch ihre strategische Unternehmensführung zu verbessern, so dass sich po- sitive Impulse auf das operative Geschäft ergeben. Nun stellt sich im Rahmen der Ar- beit die Frage, wie man die Effektivität solcher Maßnahmen ermitteln kann. Hierzu soll im Folgenden ein ausführliches theoretisches Fundament zur Evaluation derartiger regi- onalpolitischer Maßnahmen formal vorgestellt werden.

[...]


1 Der Kohäsionsfonds vollzieht Interventionen zur Verbesserung von Infrastruktur und Umwelt in den ärmsten Mitgliedstaaten. Betroffen sind dabei die Mitgliedstaaten mit einem Bruttoinlandsprodukt von weniger 90% gemessen am Gemeinschaftsdurchschnitt (In der Förderperiode 1989-1999 waren Irland, Spanien, Griechenland und Portugal betroffen) (vgl. Fleischhauer (2005), S.8)

2 Die Gemeinschaftsinitiativen versuchen Probleme zu lösen, welche auf nationaler Ebene nur schwer oder gar nicht lösbar scheinen. Beispiel einer Gemeinschaftsinitiative wäre das EUREGIO-Programm, das länderübergreifend zwischen den Niederlanden und Deutschland begonnen wurde.

3 Ähnlich wie der Kohäsionsfonds in den ärmsten bereits beigetretenen Regionen Interventionen zur Ver- besserung von Infrastruktur und Umwelt verfolgt, zielt der ISPA darauf ab Beitrittskandidaten auf den Beitritt vorzubereiten und führt aus diesem Grunde seinerseits Interventionen zur Verbesserung von Inf- rastruktur und Umwelt durch (vgl. m.w.N. Fleischhauer (2005), S. 8)

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Identifikationsstrategie für eine Evaluation regionalpolitischer Maßnahmen
Untertitel
Konzept und kritische Betrachtung am Beispiel der Förderung von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) durch die europäischen Strukturfonds in der Förderperiode 1989-1999
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Veranstaltung
Theorie und Empirie der Regionalökonomik
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
22
Katalognummer
V139500
ISBN (eBook)
9783640490059
ISBN (Buch)
9783640489763
Dateigröße
489 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Differenz von Differenzen, Vorher Nachher, Querschnittsvergleich, Evaluationsansatz, Identifikationsstrategie, kausale Effekte, kausal, Effekt
Arbeit zitieren
Pascal Hansen (Autor:in), 2009, Identifikationsstrategie für eine Evaluation regionalpolitischer Maßnahmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139500

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