Heinrich Otte: Geschichte der Deutschen Baukunst von der Römerzeit bis zur Gegenwart

Geschichte der Romanischen Baukunst in Deutschland. Leipzig: T. O. Weigel, 1874


Seminararbeit, 2005

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Die Kunstgeschichte als wissenschaftliche Disziplin - Wendung zur Sachforschung?
1.1. Die Gemeinschaft der Kunst- und Kulturpolitiker

2. Das Bild im Text oder der Text mit Bild

3. Pastor Heinrich Otte ( 1808 – 1890)
3.1. Analyse zu Heinrich Ottes: Geschichte der Deutschen Baukunst von der Römerzeit bis zur Gegenwart. Geschichte der Romanischen Baukunst in Deutschland. Leipzig: T. O. Weigel, 1874

Abschließende Gedanken und Folgerungen

Anhang

Literaturverzeichnis

Einleitung

»Jedes Bild antwortet auf eine Idee, oder besser auf ein Gefühl, das eine Sammlung von Ideen darstellt. Und die Idee erreicht das Bild fast nie.«

(Honor ¾ de Balzacs)

Fällt der Begriff oder das Stichwort Kunstgeschichte, geraten viele Laien über ein bestimmtes Land – meist Italien - oder über ein bestimmtes Buch ins Schwärmen oder sie äußern sich eher ironisch über Vorlesungen im einschläfernden verdunkelten Hörsaal vor Lichtbildern oder über irgendeinen skurrilen Museumsführer. Zum Studium der Kunstgeschichte gehört die Geschichte der Kunstgeschichte, da kaum mehr eine wissenschaftliche Abhandlung ohne ein Kapitel über sie auskommt. Ein Abschnitt, der den Text entweder einleitet oder an dessen Ende den ermittelten Sachverhalt in die Geschichte kunsthistorischer Praxis einbringt. Fester Bestandteil des allgemeinen, aber erst recht des wissenschaftlichen Diskurses über die Kunst ist somit die Geschichte kunstgeschichtlichen Sehens und Denkens. Natürlich versteht es sich auch heutzutage von selbst, dass Bücher über Kunst reich zu illustrieren sind, was ebenso für wissenschaftliche wie populärwissenschaftliche Publikationen gilt. Dabei vergisst man allzu oft beim Durchblättern oder beim konzentrierten Lesen solcher Werke, welche Kosten und Mühen die Beschaffung und der Druck der Bilder bereiten. Fraglos ist diese technische Seite der Kunstbuchproduktion durch die Entwicklung umfassender fotografischer Bildarchive bestimmt. Und dass der Fotografie andere, in ihrer Zeit ebenfalls als objektiv geltende Reproduktions- und Druckverfahren vorausgingen, steht außer Frage.[1] Die Ergründung und Prüfung, „wie Lithographien, Holz- und Stahlstiche sowie schließlich Fotos aus dem Besitz der großen Kunstverlage als Massenprodukte des 19. Jahrhunderts den Blick der Wissenschaft und ihres Publikums auf die Geschichte der Kunst bis heute konditionieren“[2], hätte sich bereits daher gelohnt. Ein weitreichendes Versäumnis der Kunstgeschichte als wissenschaftliches Fachgebiet besteht auch darin, dass sie sich über Verfahren der Präsentation ihrer Gegenstände wie Forschungsergebnisse keine Rechenschaft gibt. „Kunsthistoriker können derzeit keine Auskunft darüber erteilen, wie Texte und Bilder zueinander in ein gegenseitig dienliches Verhältnis gebracht worden sind oder werden und welche Faktoren, insbesondere von außerhalb des Wissenschaftsbetriebs, diese Alltagspraxis noch immer prägen. [...Um 1750] ging die Überzeugung verloren, daß Bilder durch Text vollständig erfaßt werden können – in dem Moment also, in dem die Kunstgeschichte als klassifizierende, später auch interpretierende, historisch arbeitende Wissenschaft entstand. Von da an war der kunstgeschichtliche Text darauf angewiesen, mit Reproduktionen ausgestattet zu werden.“[3] Alte Formen der sprachlichen Vergegenwärtigung lebten da wieder auf, wo dies nicht möglich war oder willentlich vermieden wurde. Um 1800 dachte man dann eingehender über das Problem der Beschreibung von Kunst nach, „doch wurde dieses Nachdenken mit der Institutionalisierung des Fachs Kunstgeschichte bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts in eine selten reflektierte Praxis überführt.“[4] Aus diesem Defizit heraus sind die Folgen, dass sich das Verhältnis von Text und Bild, welches zu Beginn eine Vielfalt von Formen im illustrierten Kunstbuch hervorgebracht hat, von denen heute nur noch die wenigsten praktiziert werden. Weniger bekannt sind der Gewinn oder der Verlust, die der Wechsel von Reproduktions- und Illustrationsverfahren für die in Texten niedergelegte kunsthistorische Arbeit hatte. Jedoch ist die mal mehr oder weniger große Distanz zwischen dem »Original« und der »Nachbildung« nicht nur ein Resultat der jeweiligen Technik und liegt auch selten nur im Verantwortungsbereich derjenigen, die für Reproduktionen im engeren Sinn zuständig sind, also bei den Zeichnern, Lithographen, Stechern, Fotografen u.a., die Urheberschaft ist eher auf mehrere Ebenen verteilt: als gestaltgebende Faktoren treten beispielsweise Auftraggeber, Autoren und Verleger als weitere Beteiligte neben die Verfertiger der Bilder in den Prozess der Reproduktion ein.[5]

Die Absicht der vorliegenden Arbeit ist es u.a. auch die Entwicklungen des Text-Bild-Verhältnisses zu beleuchten und der Frage nachzugehen, wie Text und Bild aufeinander reagieren. Um dieses Text-Bild-Verhältnis in der Analyse zu Ottes Werk verständlicher zu gestalten und das ausgewogene Verhältnis zwischen Text und Bild sozusagen bildhaft darzustellen, sind den Beispielen die jeweiligen Seitenansichten in Kleinformat zugefügt, um so, lapidar ausgedrückt, einen Blick darauf werfen zu können. Die Seitenansichten, die als Beispiel für das Text-Bild-Verhältnis dienen, befinden sich im Anhang der vorliegenden Arbeit in Standardgröße.

Bevor jedoch auf die Publikation von Heinrich Otte[6] Geschichte der Deutschen Baukunst von der Römerzeit bis zur Gegenwart. Geschichte der Romanischen Baukunst in Deutschland eingegangen wird, soll die Zeit, in der Otte tätig war beleuchtet werden, da sie einen Überblick gibt, mit welchen Enthusiasmus man sich der Aufarbeitung der Geschichte der Kunst widmete. Denn „Kunst ist nicht – wie uns der heutige Sprachgebrauch einreden möchte- das, was Künstler machen bzw. hergestellt haben. Kunst und Kunstgeschichte sind nicht im Museum oder im urbanen Ambiente konkret zu sehen. Sie sind das, was nur in bestimmten –nicht in allen – Gesellschaften in einem widersprüchlichen historischen Prozeß unter diesen abstrakten Termini verstanden und begriffen wird. Die Kunsthistoriker spielen in diesem Prozeß keine geringe Rolle. Dies wird ebenso oft unterschätzt, wie die des Kunstmarktes überschatzt wird.“[7] Der erste Abschnitt widmet sich nun diesem Typus jener ersten Kunsthistoriker, die sich, mit dem Rüstzeug einer universalen Bildung versehen, an die Erforschung der Geschichte der Kunst machten.[8]

1. Die Kunstgeschichte als wissenschaftliche Disziplin - Wendung zur Sachforschung?

Wie einleitend schon angedeutet, sollte man, um die geschichtliche Lage zu verstehen, in der sich heute die Kunstgeschichte als wissenschaftliche Disziplin befindet, vorerst ihre bisherige Entwicklung überblicken, da sich dabei einzelne große Perioden herausheben, die durch eine bestimmte geistesgeschichtliche Einstellung ihre Zielsetzung und ihre Leitgedanken beinhalten. Frey nennt „[d]ie Kunstgeschichte [...] ein Kind der italienischen Renaissance. [Für ihn [waren] [z]weierlei Vorraussetzungen [...] notwendig, um eine geschichtliche Behandlung der Kunst nahezulegen: einerseits eine reflektierende, theoretisierende Betrachtungsweise, andererseits das stärkere hervortreten der einzelner Künstlerpersönlichkeiten und ihre gehobene gesellschaftliche Stellung. [...] So ist die erste Periode gekennzeichnet durch kunsttheoretische Schriften und durch die Sammlungen von Künstlerbiographien, in denen Städte, Länder oder Nationen miteinander in Wettstreit treten. Die Verknüpfung der persönlichen Einzelerscheinungen durch einen geschichtlichen Ablauf ist noch sehr locker und wird im wesentlichen von der jeweiligen Gegenwartswertung aus bestimmt, indem die geschichtliche Entwicklung als Aufstieg oder als Verfall in Hinblick auf eine bestimmte theoretische Grundeinstellung aufgefaßt wird. Diese Periode reicht vom 15. Jahrhundert bis in die Mitte des 18., von Ghiberti und Vasari[[9] ] bis Roger des Piles (1699), Marperger (1711), und L¾pici¾ (1752), und wirkt sich durch Nachzügler des 19. Jahrhunderts aus. Mit Winkelmann[[10] ] setzt ein entscheidender Umschwung ein. Erst seit dem Klassizismus und der Romantik, die beide als verschiedene weltanschauliche Lösungsversuche der gleichen rückschauenden Einstellung entstammen, kann man im wahren Sinne von der Kunstgeschichte sprechen. Entscheidend ist der Umschwung des Wertemaßstabes, der nicht mehr von einem absoluten theoretischen Standpunkt abgeleitet wird, sondern aus den besonderen geschichtlichen und volklichen Voraussetzungen gewonnen wird. Montesquieus und Herders Geschichtsphilosophie steht dahinter. Zwei Probleme, die für das ganze 19. Jahrhundert von entscheidender Bedeutung bleiben, werden zum erstenmal aufgeworfen: die Frage nach der inneren Notwendigkeit des geschichtlichen Ablaufes als einer organischen Entwicklung und die Frage nach ihren Voraussetzungen in der Landschaft, dem Klima und dem Volkscharakter. Die Bedeutung des Kunstwerkes in seiner „inselhaften“ Stellung als ästhetischer Eigenwert wird umgedeutet zum geschichtlichen Ausdrucksfaktor. Die Auffassung ist eine vorwiegend geschichtsphilosophische. Steht in der Künstlerbiographik I t a l i e n an der Spitze, dem immer der Mensch als Einzelpersönlichkeit oberster Wertmaßstab war, so jetzt D e u t s c h l a n d, das in Kunst und Wissenschaft auf das Umfassende, Verbindende, Urtümliche eingestellt ist. In Kugler und Jakob Burckhardt findet diese Periode ihren monumentalen Ausdruck und Abschluß. Es folgt eine Zeit der Rationalisierung, der systematischen Ordnung, der Ableitung der Formentwicklung aus den technischen Voraussetzungen, der Erforschung der Ikonographie und der Realien des Kunstwerkes. Erst damit wurde eine sichere wissenschaftliche Grundlage geschaffen.“[11]

1.1. Die Gemeinschaft der Kunst- und Kulturpolitiker

Der Ursprung der Kunst liegt in dem Bedürfnis des Menschen, seinen Gedanken an eine feste Stätte zu knüpfen und diese Gedächtnisstätte, diesem >Denkmal< eine Form zu geben, welche der Ausdruck des Gedankens sei. Aus solchem Beginn entwickelt sich, stufenweise fortschreitend, der ganze Reichthum und die ganze Bedeutung der Kunst, auch bis zu ihren spätesten, unabhängigsten, spielenden Leistungen hinab. Denn überall führt es der Begriff der Kunst mit sich, daß sie in körperlicher Gestalt das Leben des Geistes darstelle; und überall ist es ihr höchstes Ziel, in den Erscheinungen der Körperwelt den geistigen Inhalt, in dem Vergänglichen das Dauernde, in dem Irdischen das Ewige zu vergegenwärtigen.“ (Franz Kugler)[12]

[...]


[1] Vgl. Krause, K.; Niehr, K.; Hanebutt-Benz, E.-M. 2005, S. 7

[2] Ebd., S. 7

[3] Ebd., S. 7

[4] Ebd., S. 7

[5] Vgl. ebd., S. 10

[6] Biographische Daten zur Person Heinrich Otte selbst sind äußerst gering. Einige Details zu seiner Person erfährt man eher bruchstückhaft aus den Vorworten seiner publizierten Werke, wenn er beispielsweise davon spricht: „Wer ist, der einen Thurm bauen will, und sitzet nicht zuvor und überschlägt die Kosten, ob er`s habe hinauszuführen? Auf dass nicht, wo er den Grund gelegt hat und kann’s nicht hinausführen, alle, die es sehen, fangen an seiner zu spotten und sagen: Dieser Mensch hob an zu bauen und kann’s nicht hinausführen.“ Otte meint in seinem Vorwort dazu folgendes: „An dieses Gleichniss habe ich oft nicht ohne Bangigkeit gedacht in der langen Reihe von Jahren, die seit dem Beginn dieses Buches verflossen sind, und wodurch die Geduld des Publicums und des Herrn Verlegers leider über Gebühr in Anspruch genommen worden ist. [...] Zuerst wurde meine Arbeit durch die nothwendig gewordene neue Bearbeitung meines Handbuches der Kunstarchäologie unterbrochen, und ich musste bald davon abstehen beide Werke gleichzeitig zu fördern. Später aber stellten sich Hindernisse ein, die ich nicht überwinden konnte, die aber nicht vor die Oeffentlichkeit gehören, weil sie lediglich in persönlichen und häuslichen Verhältnissen begründet waren. So ist die Zeit vergangen, und ich stehe auf der Schwelle des Greisenalters; Ruinen aber, die niemals fertig geworden, sind mir stets recht widerwärtig gewesen.“ Otte 1874; Im Vorwort seiner 2. umgearbeiteten und erweiterten Auflage 1845 Abriß einer kirchlichen Kunst – Archäologie des Mittelalters erfährt man: „Der Herr Verleger wünschte eine neue, erweiterte, für sämmtliche deutsche Länder brauchbare Ausgabe, und statt der Broschüre ein kleines Buch. Nicht ohne längeres bedenkliches Schwanken gab ich nach und ging fast ängstlich an eine Arbeit, bei welcher ich deutlich fühlte, daß sie meine Kräfte in mehr als einer Beziehung überstieg. Der Plan, das feste Gerippe stand zwar fertig da, aber die Aufgabe eines so weitläufigen Ausbaues mußte mich, in meiner literarisch abgeschiedenen Lage als Landgeistlicher, mit Recht abschrecken.“ Otte 1845.

[7] Dilly 1990, S. 11

[8] Dazu kurz ein Blick in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Frankreich und die Frage aufgreifend: Wie sah Frankreich die Erforschung der Geschichte der Kunst in Deutschland? Beispielsweise Émile Mâle (1862-1954), sein Lebensweg ist ausgesprochen typisch dafür, „wie man in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Frankreich zu ausgesprochen kunstgeschichtlichen Kenntnissen gelangte und wie diese dann in das französische System der historischen Wissenschaften integriert wurden. Er arbeitet sich autodidaktisch in ein Gebiet ein, das, in Analogie zur bekannten Klassischen Archäologie, Archäologie des Mittelalters hieß, und brachte dies dann aufgrund seiner Forschungen, seines literarisch hohen Niveaus und seines nationalen Engagements in die ehrwürdigen Institutionen der Académie Française ein. Wohl konnte man sich seit 1821 an der École des Chartes in Paris, einer Fachhochschule für Archivare und Bibliothekare, im Umgang mit schriftlichen und bildlichen historischen Zeugnissen üben, doch zur akademischen Disziplin wurde Kunstgeschichte erst im Zuge der französischen Universitätsreform in den neunziger Jahren, [...]. [...1914 verfaßte er] für die Zeitschrift Revue de Paris eine Art kunstgeschichtlicher Requiem La cathédrale de Reim s, das im folgenden Jahr als Broschüre innerhalb einer Reihe antideutscher Kriegsschriften erschien. Wie es in solchen Fällen häufig üblich ist, stellte er seiner subtil vergleichenden Betrachtung der Grundrisse, der Fassaden, des Strebesystems und der Statuen von Chartres, Paris, Laon und Reims ein Vorwort voran, in dem er die Deutschen bezichtigte, gerade dieses Baudenkmal zerstört zu haben, um später behaupten zu können, die Gotik sei in Deutschland entwickelt wurden. Sein Nachwort, in dem er die Bamberger Skulpturen mit denen von Reims verglich und in jeden bestenfalls Karikaturen der französischen Arbeiten erkannte, gipfelte in der plumpen Polemik: „un Allemand reste Allemand“ (Émile Mâle, La Cathédrale de Reim s, Paris 1915, S. 37.). [1915 arbeitete er] weitere „Études sur l'art allemand“ aus, die 1917 unter dem Titel L'art allemand et l'art français du moyen âge in Buchform erschien. Seine These war: „Deutschland hat in der Vergangenheit immer nur nachgeahmt; es war nie schöpferisch.“ (Émile Mâle, L'art allemand et l'art français du moyen âge, Nouvelle édition augmentée, Paris 1922, S. 2.) Mit einer ungeheueren Fülle von Beispielen, die erneut seine genaue Kenntnis auch der mittelalterlichen Kirchen in den deutschen Ländern belegten, wünschte er – wie er betonte – die in Frankreich weit verbreitete Vorstellung, Deutschland sei das gelobte Land der Romanik und Gotik, zu zerstreuen. In Frankreich wurde ihm applaudiert. Bei den deutschen Kollegen lief er jedoch geradezu offene Türen ein: spätestens seit den Auseinandersetzungen zwischen Franz Mertens und Franz Kugler in den vierziger und fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts wußte man, daß das, was gemeinhin als Gotik bezeichnet wurde, zuerst in Frankreich entwickelt worden war. An zahlreichen Beispielen hatten die deutschen Kunsthistoriker den Einfluß lombardischer, byzantinischer, französischer und anderer Vorbilder für die Kunst des Mittelalters selbst nachgewiesen. Mâle wußte zwar wieder einmal noch mehr Fälle. Man mußte ihm Recht geben. Doch empörten sich die deutschen Kunsthistoriker über dessen Wortwahl: er bezeichnete die Deutschen generell als Barbaren und als Vandalen; er sprach ihren Künstlern – selbst dem großen Albrecht Dürer – jegliches Genie ab. Sofort wurden auf Mâles Schrift Erwiderungen verfaßt, in denen Maßnahmen des deutschen Heereskommandos vor Reims verteidigt, dem deutschen Militär die größte Achtung vor allen Kunstdenkmälern bescheinigt und dann die französische Denkmalpflege der Vernachlässigung ihrer Aufgaben geziehen wurde.[...] Auf Jahrzehnte hinaus sollten die Zerstörungen und die Verlautbarungen deutscher Denkmalpfleger das Verhältnis zwischen der französischen und der deutschen Kunstgeschichtsschreibung mehr als belasten, zumal auch Émile Mâle bis 1940bnoch weitere vier Auflagen seines Buches verbreiten ließ.“ Zitiert in: Dilly 1990, S. 139 f. und 142 f.; Einfügung, Auslassungen und Umstellungen: C.B.

[9] „Giorgio Vasari, der Vater der Kunstgeschichte [...] schuf mit seinen Vite de piu eccellenti Architetti, Pittori et Scultori Italiani da Cimabue insino a`tempi nostri, Florenz 1550, eine geschriebene Ahnengalerie für die in Florenz zu errichtende Akademie. In diesen Vite, die wie solch eine Galerie nach den Todesdaten der Künstler geordnet sind, legte er einerseits großen Wert auf die bildnerischen Entdeckungen und Erfindungen, die die Künstler von Cimabue bis Michelangelo gemacht haben. Man denke nur an die Perspektive. Andererseits hob er immer wieder den besonderen Schwierigkeitsgrad der ästhetischen Probleme – la difficulta della bellezza – hervor, den sie bewältigt haben.“ Dilly 1990, S. 11

[10] Johann Joachim Winkelmann (1717-1768) berief sich auf die Errungenschaften antiquarischer Forschungen, wenn er sein Hauptwerk >Geschichte der Kunst des Altertums< mit folgenden Worten einleitet: „Die Geschichte der Kunst soll den Ursprung, das Wachstum, die Veränderung und den Fall derselben, nebst dem verschiedenen Stile der Völker, Zeiten und Künstler lehren und diese aus den übriggebliebenen Werken des Alterthums, soviel wie möglich ist, beweisen.“ (1764), Wien 1934, S. 9.; „In das nie ganz abgeschlossene Werk Winkelmanns [Es gibt insgesamt vier Fassungen, die die Entwicklung Winkelmanns zeigen: »Wie oft habe ich die Geschichte der Kunst abgeschrieben, und wieviel Stöße von den ersten Entwürfen.«] flossen alle Erkenntnisse und Ergebnisse des Winkelmannschen Denkens ein. Dabei ist es wichtig, das Doppelgesicht des Buches im Auge zu behalten: Winkelmann wollte beides geben, ein Lehrgebäude und eine historische Darstellung der Kunst in der Antike. [...] Bis dahin hatte mechanisches Wissen, das nach rationalen Gesichtspunkten im Sinne der Aufklärungsphilosophie zusammengestellt worden war, als Kunstgeschichte gegolten. Winkelmann vermochte die Kunst im Ganzen als spezifische Wirkkraft zu erleben und dazustellen. Für ihn waren Kunst und künstlerisches Tun lebendig wie die geschichtliche Entwicklung selbst, dem Prozeß der Entfaltung, der Blüte und des Verfalls unterworfen.[...] Als die Geschichte der Kunst des Altertums im Jahre 1764 erschien, war, wie Carl Justi treffend bemerkt hat, niemand da, »... der eine sachkundige Kritik der Kunstgeschichte zu schreiben im Stande gewesen wäre«. So neu, so umfassend war diese Werk, daß man allgemein zunächst mehr erstaunt und dankbar als einer Kritik fähig war.“ Kultermann 1990, S. 58-59; Auslassungen: C.B.

[11] Frey 1992, S. 24 – 25; Auslassungen, Umstellungen und Einfügung der Fußnoten: C. B.

[12] Franz Kugler: Handbuch der Kunstgeschichte. Stuttgart 1842; Otte bezieht sich im Vorwort zur 2. Ausgabe seines 1845 publiziertem Werk folgend auf Kugler: „Wie schon in der ersten Ausgabe bin ich in Beziehung auf den kunstgeschichtlichen Theil aus vollster Ueberzeugung den von Herrn Professor Kugler wissenschaftlich begründeten Ansichten gefolgt. Das inzwischen erschienene, anerkannt vortreffliche Handbuch der Kunstgeschichte wurde mir ein zuverlässiger Führer; doch darf ich mir wohl das Zeugnis geben, nirgends bloß gedankenlos abgeschrieben zu haben. Allen Wünschen, welche mir in Beziehung auf gegenwärtige neue Gestaltung meiner Schrift von verschiedenen Seiten öffentlich und privatim kund geworden, habe ich soviel als möglich nachzukommen getrachtet. Dahin gehört die Hinzufügung literarischer Nachweisungen; einmal um solchen Lesern, die tiefer eingehen wollen, den Weg zu gründlicherer Belehrung zu zeigen, dann aber auch, um, wo es sich um weniger bekannte Angaben handelte, die aufgestellten Sätze nicht als bloße Behauptungen ohne Beläge stehen lassen zu müssen.“

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Heinrich Otte: Geschichte der Deutschen Baukunst von der Römerzeit bis zur Gegenwart
Untertitel
Geschichte der Romanischen Baukunst in Deutschland. Leipzig: T. O. Weigel, 1874
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Die "Bilder" der Kunstgeschichte
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
27
Katalognummer
V140682
ISBN (eBook)
9783640480531
ISBN (Buch)
9783640480661
Dateigröße
2091 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Heinrich, Otte, Geschichte, Deutschen, Baukunst, Römerzeit, Gegenwart, Geschichte, Romanischen, Baukunst, Deutschland, Leipzig, Weigel
Arbeit zitieren
Magistra Artium Marta Cornelia Broll (Autor:in), 2005, Heinrich Otte: Geschichte der Deutschen Baukunst von der Römerzeit bis zur Gegenwart, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140682

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