Faust 2: Die klassische Walpurgisnacht - Der Weg des Mephistopheles


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Klassische Walpurgisnacht
2.1. Die Klassische Walpurgisnacht als Ort der Veränderungen
2.2 Der Weg des Mephistopheles durch die Klassische Walpurgisnacht ...
2.2.1 Pharsalische Felder: Begegnung mit den Sphinxen .13
2.2.2. Am oberen Peneios: Begegnung mit den Lamien
2.2.3. Am oberen Peneios: Begegnung mit den Phorkyaden

3. Schlussbetrachtung und Fazit

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Faust II ist in fünf Akte gegliedert. Jeder dieser fünf Akte verfügt über eine relativ geschlossene Handlung. Erst der Bezug auf die gesamte Tragödie stellt einen Sinnzusammenhang her. Der 2. Akt erhält seine selbstständige Handlung durch die Figur des Homunkulus und die klassische Walpurgisnacht, welche ein in sich geschlossener Vorgang ist. Die hauptsächliche Funktion des 2. Akts ist die Hinführung der Handlung und der Figuren zum folgenden Helena-Akt, dem Kernstück des Dramas. So stellt der 2. Akt „die Verbindung her zwischen der Beschwörung der Helena im ersten, bei der Faust die erste Schau ihrer Schönheit erlebt […], die aber in der Katastrophe endet, und seiner Vereinigung mit ihr im dritten […].“[1] Gegliedert wird der 2. Akt durch die drei unterschiedlichen Wege, die Faust, Homunkulus und Mephistopheles durch die Klassische Walpurgisnacht nehmen.

Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf Mephistopheles und seine Erlebnisse innerhalb der Klassischen Walpurgisnacht, die schließlich zu einer Verwandlung des Teufels führen, die anders als bei Faust und Homunkulus jedoch nur oberflächlich bleibt und keine echte Metamorphose darstellt. ich werde versuchen, der art dieser Verwandlung genauer auf den Grund zu gehen. Die Rolle des Mephistopheles im 2. Akt erscheint daher besonders wichtig, weil er seinem Prinzip der Verneinung („Ich bin der Geist, der stets verneint!“)[2] treu bleibt und dementsprechend den entgegengesetzten Weg Fausts einschlägt und nicht der größten Schönheit entgegen strebt, sondern sich der personifizierten Hässlichkeit zuwendet. Indem er zum Gegenbild Helenas, dem Schönheitsideal der Antike, wird, verneint er so auch die Ideale der Weimarer Klassik, deren ästhetisch-poetische Grundregeln auch für Goethe maßgeblich waren.

Um dies näher zu beleuchten, werde ich den Ort, wo diese Verwandlung stattfindet, ebenso wie die Begegnungen Mephistopheles´ dort mit verschiedenen Wesen und Figuren der Antike hat, analysieren.

Die von mir grundlegend verwendete Literatur umfasst hauptsächlich Texte von Dorothea Lohmeyer, Helmut Kobligk und Heinrich Rickert. Prinzipiell aber spielte die Sekundärliteratur bei dieser Arbeit eine nebengeordnete Rolle, da textnahe Interpretation und Analyse im Vordergrund standen.

Generell jedoch sind sehr viele Werke vorhanden, die die Thematik des Fauststoffs, und somit auch Mephistopheles´ Rolle, zwar aus verschiedenen Perspektiven behandeln, bei der vorliegenden Arbeit jedoch keinen Einfluss fanden.

2. Die Klassische Walpurgisnacht

Die von der thessalischen Hexe Erichtho als „Schauderfest“[3] eröffnete Klassische Walpurgisnacht des Faust II unterscheidet sich deutlich von der mittelalterlichen Walpurgisnacht auf dem Brocken aus Faust I. Die nordische Walpurgisnacht ist kalt und dunkel: „Mir ist es winterlich im Leibe, / Ich wünschte Schnee und Frost auf meiner Bahn. / Wie traurig steigt die unvollkommne Scheibe / Des roten Monds mit später Glut heran, / Und leuchtet schlecht, […]“[4].

Dagegen erscheint die südliche Walpurgisnacht trotz der Regienanweisung FINSTERNIS hell und warm: „Der Mond, zwar unvollkommen, aber leuchtend hell“[5].

Während die mittelalterliche Walpurgisnacht hierarchisch geordnet ist, erscheint die Walpurgisnacht der Antike eher republikanisch gegliedert. Goethe erläuterte diesen Aspekt in einem Gespräch mit Eckermann 1831:

„Die alte Walpurgisnacht […] ist monarchisch, indem der Teufel dort überall als entscheidendes Oberhaupt respektiert wird; die klassische aber ist durchaus republikanisch, indem alles in der Breite nebeneinander steht, so daß der eine soviel gilt wie der andere und niemand sich subordiniert und sich um den anderen kümmert.“[6]

Die Tatsache, dass Mephistopheles, anders als in der Walpurgisnacht, wo er an der Spitze eine hierarchisch geordneten Ansammlung von Hexen und Dämonen stand, nun in der Klassischen Walpurgisnacht nur noch einer von vielen ist, ist mitentscheidend für seine Verwandlung, welche im Kapitel 2.2. dieser Arbeit behandelt werden wird.

Die vielen, verschiedenen Wesen und Erscheinungen der Klassischen Walpurgisnacht wirken eher unübersichtlich und die simultan ablaufenden Szenen sind verwirrend, so dass dem Leser die Orientierung leicht verloren gehen kann. Ein ordnendes Prinzip dieser Szene sind einerseits die auftretenden Gestalten. Sie erscheinen in aufsteigender Ordnung, beginnend mit den niederen Wesen, halb menschlich, halb tierisch, meist voller Hässlichkeit bis schließlich zu Galatee, der Inkarnation höchster körperlicher Schönheit. Diesen Weg geht auch Homunkulus, von niedrigsten Wesen, nur existent in einer Phiole, vereinigt er sich am Ende der Szene mit Galatee und dem Meer zu vollendeter Schönheit.

Die drei unterschiedlichen Wege von Homunkulus, Faust und Mephistopheles durch die antike Nacht („Versuchen sich sein eigen Abenteuer“[7]) stellen das zweite ordnende Prinzip der Klassischen Walpurgisnacht. Während Homunkulus eine Metamorphose von einem niederen Wesen zur höchsten Schönheit durchläuft, und Faust sich auf die Suche nach Helena, der schönsten Frau begibt, geht Mephistopheles, ganz im Sinne seiner Maxime der Verneinung, den umgekehrten Weg und verwandelt sich schließlich in Phorkyas, die Verkörperung der Hässlichkeit. Durch diese gegensätzlichen Ziele wird die Handlung der Klassischen Walpurgisnacht logisch organisiert und zusammengehalten.

Rickert sieht die Szene Klassische Walpurgisnacht, wie auch den gesamten 2. Akt, hauptsächlich als eine Vorbereitung auf den folgenden 3. Akt, den Helena-Akt. Folglich interpretiert er die Geschehnisse dieser Szene vor allem im Hinblick darauf, wie sie Faust näher zu Helena bringen[8]. Die Szenerie ist vor diesem Hintergrund wichtig: Die gesamte Szene spielt in Thessalien, Schauplatz nicht nur von griechischen Mythen, sondern auch von realen, für die Lebenssituation der Antike bedeutenden Schlachten und Kriegen. Zu Anfang herrscht Finsternis, dann wird die Landschaft von einem Halbmond beleuchtet und schließlich zu Ende der Szene scheint der Vollmond, ehe Homunkulus und Galatee sich in einem hellen Leuchten vereinigen und der 2. Akt endet. Rickert interpretiert diese Abfolge als griechische Nacht, „durch welche Faust hindurch muss, um den griechischen Tag, d.h. die hell strahlende Schönheit der wirklichen Helena zu erreichen“[9]. Im Zuge dieser Arbeit werde ich versuchen, die Rolle des Mephistopheles auf Fausts Weg zu Helena näher zu beleuchten. Allein schon, weil die Walpurgisnacht im eigentlichen Sinn eher das Terrain des Teufels ist, erscheint es mir wichtig, die Klassische Walpurgisnacht auch unter dem Aspekt zu betrachten, wie Mephistopheles sich verwandelt und anpasst, damit er dann im Helena-Akt weiterhin eine tragende Rolle des Dramas spielen kann.

Die wirkliche Walpurgisnacht, die poetisch abgewandelt bereits in Faust I eine Rolle spielte, ist ein traditionelles Mondfest und findet in der Nacht des ersten Vollmondes zwischen der Frühjahrstagundnachtgleiche und der Sommersonnenwende statt. Diese Nacht gilt als Zeit, in der Hexen auf erhöhten Orten, besonders jedoch auf dem Blocksberg im Harz, ein Fest feiern, um auf die Ankunft des gehörnten Gottes zu warten. Dieser gehörnte Gott verkörperte ursprünglich das Männliche, und vereinigte sich in der Walpurgisnacht mit dem Weiblichen. Im Zuge der Christianisierung des Abendlandes jedoch wurde aus diesem heidnischen Symbol der Männlichkeit ein Sinnbild des Teufels.

Die Klassische Walpurgisnacht ist in Faust II ein von Goethe erfundenes Ereignis, in dem er Gestalten der antiken Mythologie versammelte. Das poetische Bild der Walpurgisnacht übernahm er aus Faust I, verwandelte es jedoch. Aus der romantischen Walpurgisnacht wurde nun eine klassische, in der statt der Magie die Natur eine entscheidende Rolle spielt. „Aus dem Schauplatz Thessalien, dem Zauberland antiker Hexen, wurde die durch gesetzliche Naturkräfte gebildete und immer wieder sich umbildende thessalische Elementarlandschaft.“[10] Die Walpurgisnacht im Rahmen dieser sich stets verwandelnden Natur stellt einen außerordentlichen Augenblick dieser bildenden Natur dar, in dem die Geister, welche gewöhnlich voneinander isoliert oder gegeneinander arbeitend sich vereinigen, „um innerhalb ihres ewigen Bildens den in sie eintretenden abendländischen Menschen natürlich umzubilden.“[11] Die Walpurgisnacht wird somit zu einem Ort der Verwandlungen, unter anderem versinnbildlicht durch die Metamorphosen die Faust, Homunkulus und Mephistopheles in dieser Szene durchlaufen.

[...]


[1] Thomas Gelzer: Das Fest der „Klassischen Walpurgisnacht“ in: Keller, Werner (Hg.): Aufsätze zu Goethes Faust II. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1992, S. 127.

[2] Johann Wolfgang Goethe: Faust. Der Tragödie erster Teil. Stuttgart: Reclam 1986, V. 1338. (ab hier: Goethe: Faust I)

[3] Johann Wolfgang Goethe: Faust. Der Tragödie Zweiter Teil. Stuttgart: Reclam 2001, V. 7005. (ab hier: Goethe: Faust II)

[4] Goethe: Faust I., V. 3849-3853.

[5] Goethe: Faust II, V. 7031.

[6] Horst Hartmann: Faustgestalt – Faustsage – Faustdichtung. Aachen: Shaker Verlag 1998, S. 152.

[7] Goethe: Faust II, V 7065.

[8] vgl. Heinrich Rickert: Goethes Faust. Die dramatische Einheit der Dichtung. Tübingen: Paul Siebeck 1932, S. 336.

[9] Rickert, S. 337.

[10] Dorothea Lohmeyer: Faust und die Welt. Der zweite Teil der Dichtung. Eine Anleitung zum Lesen des Textes. München: C. H. Beck 1975, S. 204.

[11] Ebd., S. 204.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Faust 2: Die klassische Walpurgisnacht - Der Weg des Mephistopheles
Hochschule
Universität Paderborn
Veranstaltung
Faust 2
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
21
Katalognummer
V94066
ISBN (eBook)
9783638072908
ISBN (Buch)
9783640463060
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Faust, Walpurgisnacht, Mephistopheles, Faust
Arbeit zitieren
Magister Kerstin Behrens (Autor:in), 2007, Faust 2: Die klassische Walpurgisnacht - Der Weg des Mephistopheles, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94066

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