Zu "Vol de nuit" von Antoine de Saint-Exupery


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

21 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Biographie

3. Hauptteil: Vol de nuit
3.1. Handlung
3.2. Äußere Form
3.3. Charaktere
3.4. Saint-Exupérys philosophie de l’action und ihre Grundlagen

4. Schlussbemerkungen

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

«Le but peut-être ne justifie r ien, mais l’action délivre de la mort.»[1]

Dieses Zitat aus Vol de Nuit, einer zum Frühwerk gezählten Veröffentlichung des in aller Welt beliebten Schriftstellers Antoine de Saint-Exupéry beschreibt anschaulich eine der zentralen Fragestellungen der hier diskutierten Erzählung: die Suche nach dem Sinn des Lebens, die schließlich eine Antwort in der menschlichen Tat als Befreiung vom Tod liefert.

Mit diesem Lösungsansatz reiht sich Saint-Exupéry in die Linie vieler französischer Autoren der dreißiger Jahre ein: «Saint-Exupéry appartenait à une génération – celle de Malraux, de Drieu La Rochelle, de Montherlant – agitée par l’inquiétude et sollicitée par un besoin de grandeur et d’action.»[2] Die Zeit des e ntre-deux-guerres ist geprägt durch den Börsenkrach im Jahre 1929, dessen Auswirkungen in Frankreich erst in der ersten Hälfte der dreißiger Jahre zu spüren sind. Das bis dahin stark agrarisch geprägte Land ist großen wirtschaftlichen Umwälzungen ausgesetzt und wie so oft gesellen sich dann auch politische Affären und die daraus entstehenden gesellschaftlichen Unruhen dazu. Um sich diesen existenziellen Ängsten stellen zu können, sehnt sich die Generation um Saint-Exupéry nach menschlicher Größe, nach einem «humanisme héroïque» und stürzt sich in die Welt der Tat, die dem Leben einen Sinn geben und den Menschen von dem endgültigen Tod befreien soll.

Die hier vorliegende Arbeit wird zunächst die Biographie des Autoren skizzieren, um in der Folge das autobiographisch geprägte Werk Vol de Nuit samt seiner Handlung, äußeren Form und seiner Charaktere vorzustellen. Abschließend soll beleuchtet werden, inwiefern sich die viel diskutierte philosophie de l’action Saint-Exupérys in Vol de Nuit äußert, welche Antworten auf die Fragen der Existenz gefunden werden und welche Gefahren möglicherweise in dieser Auffassung über die Aufgabe des Menschen liegen. Interessant wird hierbei die Untersuchung sein, inwieweit andere philosophische Strömungen wie der Existenzialismus oder die Moralphilosophie Nietzsches Saint-Exupéry als Grundlagen dienen.

Angemerkt sei an dieser Stelle, dass Joy D. Marie Robinsons Biographie für die Berarbeitung der Vita Saint-Exupérys ebenso zu empfehlen ist, wie Pierre Nguyen-Van-Huys Werk als Einführung in die Themenwelt von Vol de Nuit. Die Werke von Réal Ouellet und Serge Losic liefern einen hervorragenden Überblick über das menschliche Ideal von Saint-Exupéry, während Josette Smetana die philosophie de l’action und ihre Grundlagen gut analysiert.

2. Biographie

Für die Bearbeitung seiner literarischen Werke ist die Vita des Antoine de Saint-Exupéry als Hintergrundwissen unerlässlich, da – bis auf Der kleine Prinz – alle Schriften deutlich autobiographische Züge tragen. Saint-Exupéry überlebte als einer der Pioniere der Luftfahrt zum Zwecke der Postbeförderung zahlreiche Abstürze und andere Schwierigkeiten, die der Aufbau der Postfluglinien mit sich brachte. Jene Erfahrungen sind es, die – wie André Gide im Vorwort zu Vol de Nuit feststellt - seinen Werken das hohe Maß an Authentizität einhauchen: «Tout ce que Saint-Exupéry raconte, il en parle «en connaissance de cause». Le personnel affrontement d’un fréquent péril donne à son livre une saveur authentique et inimitable.»[3]

Graf Antoine Jean-Baptiste Marie Roger de Saint-Exupéry wird am 29. Juni 1900 als erster Sohn des Versicherungsinspektors Jean de Saint-Exupéry und seiner Frau Marie de Fonscolombe in Lyon geboren. Nach bestandenem Abitur, verfehlter Aufnahmeprüfung der É cole Navale und 15 Monaten Architekturstudium an der École des Beaux-Arts tritt Saint-Exupéry im April 1921 seinen Militärdienst im Fliegergeschwader in Straßburg an. Hier beginnt seine Flugleidenschaft, die ihn zu einem der Pioniere der Luftfahrt werden lässt. Zunächst fliegt er für die französische Aéropostale die Strecke zwischen Toulouse, Dakar und dem Senegal. Im Jahre 1929 wird Saint-Exupéry zum Betriebsdirektor der neuen Aeroposta Argentina ernannt. In dieser Zeit entsteht das Manuskript des im Folgenden bearbeiteten Werkes Vol de Nuit, in welches der Autor zahlreiche persönliche Erlebnisse einfließen lässt. Im Jahre 1931 erscheint Vol de Nuit und wird nach der Auszeichnung mit dem "Prix Fémina" zwei Jahre später von dem Regisseur Clarence Brown mit Clark Gable in der Rolle des Fabien verfilmt. Bis zum Kriegausbruch fliegt Saint-Exupéry auf den Postlinien in Afrika und Südamerika, schreibt weitere Bücher und berichtet auch als Reporter über den Bürgerkrieg in Spanien.

Während des Zweiten Weltkrieges fliegt Saint-Exupéry zunächst für die französische Luftwaffe, geht jedoch nach der Besetzung Frankreichs durch die deutsche Armee nach New York ins Exil. In dieser Zeit erscheinen Citadelle, Pilote de Guerre und Le Petit Prince. 1943 kehrt der Pilot und Schriftsteller nach Europa zurück, um auf Seiten der Alliierten Aufklärungsflüge über dem Mittelmeer auszuführen. Im Alter von 43 Jahren beschließt er schließlich, das Fliegen aufzugeben - doch von seiner letzten Mission am 31. Juli 1944 kehrt er nicht zurück: Antoine de Saint-Exupéry verschwindet spurlos mit seinem Aufklärungsflugzeug über dem Mittelmeer, wo er vermutlich abgeschossen wurde.

3. Hauptteil: Nachtflug von Antoine de Saint-Exupéry

3.1 Handlung

Vol de Nuit ist die Geschichte dreier Postflugzeuge der Aeroposta Argentina, die nachts von Paraguay, Chile und Patagonien nach Buenos Aires fliegen, um dem abflugbereiten Europakurier ihre Fracht zu übergeben. Die Postfluglinie befindet sich in Südamerika noch in der Aufbauphase und der Vorsprung, den die Nachtflüge gegenüber den anderen Transportmitteln mit sich bringen, muss behauptet werden. So stellt Rivière, der Direktor der Linie, fest: «C’est pour nous une question de vie ou de mort, puisque nous perdons, chaque nuit, l’avance gagnée, pendant le jour, sur les chemins de fer et les navires.»[4] So erwartet Rivière auf dem Flugplatz von Buenos Aires in einer zunächst ruhigen, schließlich aber stürmisch-gewittrigen Nacht die Rückkehr seiner drei Piloten, von denen jedoch nur zwei wohlbehalten landen können. Fabien, Pilot des Patagonienkuriers, verliert den Kampf gegen Zyklon und den zur Neige gehenden Treibstoff und stellt somit die Fortführung der für die Postfluglinie sehr wichtigen Nachtflüge in Frage.

Als Bindeglied zwischen diesen einfachen Ereignissen dient die alles beherrschende Gestalt des Direktors Rivière, der über alle Flüge zu entscheiden hat und nicht nur für den Erfolg der Linie Verantwortung trägt, sondern auch für seine Männer, die er entscheidend prägt. Gezeigt wird abwechselnd der Pilot Fabien bei seinem tödlich endenden Flug aus Paraguay und der Direktor, der Befehle erteilt und über seine Arbeit und sein Leben reflektiert.

Vor dem Hintergrund dieser sich entwickelnden Katastrophe erhält der Leser Einblick in zwei grundverschiedene Welten: Auf der einen Seite die Welt der Aktion, der Pflicht und der Freiheit, auf der anderen die des persönlichen Glücks, der Liebe, aber auch der Einengung. Saint-Exupéry nutzt also den eher einfachen Handlungsablauf, um mit der Gestalt des alternden und daher nachdenklich werdenden Direktors die philosophische Frage abzuhandeln, welche der beiden Welten Vorrang hat und worin der Sinn des Lebens und der Tat liegt.

3.2 Äußere Form

«Ce récit, dont j’admire aussi bien la valeur littéraire, a d’autre part la valeur d’un document et ces deux qualités, si inespérément unies, donnent à Vol de Nuit son exceptionnelle importance.»[5]

Wie André Gide im Vorwort zu Vol de Nuit ausführt, erhält das Werk seinen Dokumentarcharakter durch die persönliche Konfrontation des Autors mit den Gefahren eines Nachtflugs. Da der erste Roman Saint-Exupérys, Courrier Sud, wegen zu starker Lyrizität kritisiert worden war, beschloss der Autor, ein herberes Werk voller Disziplin folgen zu lassen, in welchem Pflicht und Wille über individuelle Emotionen dominieren.[6] Somit handelt es sich nicht nur um einen eposähnlichen Roman mit hohem poetischem Gehalt, sondern vor allem auch um eine authentische Beschreibung der Aufgaben eines Piloten im Dienste der Aeroposta Argentina.

Gleich klassischer Tragödien erlangt Vol de Nuit Klarheit und Größe durch die Einheit von Zeit, Ort und Aktion: Die Einheit des Ortes wird eingehalten, indem Buenos Aires als zentraler Punkt des Dramas fungiert, der jedoch nie genau beschrieben wird. Die technische Welt des Flugbetriebs wird nur durch notwendige „Komparsen“ belebt, die jedoch ebenfalls anonym bleiben.[7] Man findet also den vagen Ort klassischer Tragödien vor, wo nur das sich entwickelnde Unglück von Belang ist, nicht aber der Hintergrund, vor dem es abläuft. Über allen befindet sich des weiteren der gleiche Himmel, in welchem die Piloten gegen Sturm und Gewitter ankämpfen. Die Einheit der Zeit ist insofern gegeben, als sich die Tragödie in einer Nacht entwickelt: Die Erzählung beginnt mit «Les collines sous l’avion, creusaient déjà leur sillage d’ombre dans l’or du soir»[8] und nach dem Verlust des Fabien erteilt Rivière den Befehl: «Faites décoller le courrier d’Europe à deux heures et quart»[9]. Über die Einheit der Aktion besteht ebenfalls kein Zweifel, denn nur Eines steht Rivière und seinen Piloten im Vordergrund: der erfolgreich durchgeführte Flug, dem alles andere untergeordnet wird.

[...]


[1] Vol de Nuit, Paris, Editions Gallimard, 2003, S.163.

[2] Jean de Bourilly: zit. in: Losic, Serge: L’idéal humain de Saint-Exupéry. Paris, Nizet, 1965, S.27.

[3] Gide, André in: Vorwort zu Vol de Nuit, a.a.O., S.13/14.

[4] Vol de Nuit, a.a.O.,S.104/105.

[5] Gide, André in: Vorwort zu Vol de Nuit, a.a.O., S.14.

[6] Robinson, Joy D. Marie: Antoine de Saint-Exupéry. Schriftsteller, Flieger und Abenteurer, Wilhelm Heyne Verlag, München, 1993, S.109.

[7] Quenelle, Gilbert: Présentation de Vol de nuit de Saint-Exupéry. In: Le Français dans le monde, Vanves, juin-juillet 1961, S.45.

[8] Vol de Nuit, a.a.O., S.17.

[9] Ebd., S.178.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Zu "Vol de nuit" von Antoine de Saint-Exupery
Hochschule
Universität Passau  (Universität Passau)
Veranstaltung
Hauptseminar Film und Literatur im Frankreich der 30er Jahre
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
21
Katalognummer
V30945
ISBN (eBook)
9783638320931
ISBN (Buch)
9783640462735
Dateigröße
752 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Vorstellung des Buches. Philosophische Strömungen der 30er Jahre, die sich in diesem Werk wiederfinden (Existenzialismus, Nietzsche).
Schlagworte
Saint-Exupery, Hauptseminar, Film, Literatur, Frankreich, Jahre
Arbeit zitieren
Anna Léa Rosenberger (Autor:in), 2004, Zu "Vol de nuit" von Antoine de Saint-Exupery, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30945

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