Das Café in der Prager Literatur der Moderne

Produktionsstätte und Handlungsschauplatz


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

20 Seiten, Note: 3


Leseprobe


Inhalt:

0. Einleitende Gedanken:

1. Geschichte:
1.1. Allgemein:
1.2. Literaturgeschichte:
1.3. Vergangenheitsbewältigung in der Literatur

2. Das Café als Ort der Produktion von Literatur
2.1. Literarische Kaffeehäuser in Prag
2.2. Das Café als Künstlertreff
2.3. Das Café als Ort der Bildung

3. Das Café als Handlungsort in der Literatur
3.1. Vergangenheitsbewältigung: Ota Filip und Lenka Reinerová
3.2. Entstehung und geschichtlicher Kontext ausgewählter Werke:
3.3. Das Cafe Slavia in der Literatur:

4. Einzelne Elemente in den Café-Werken ausgewählter Schriftsteller im Vergleich
4.1. Das Publikum:
4.2. Die Atmosphäre:
4.3. Das Lokal:
4.4. Der Oberkellner:

5. Das Cafe heute:

Literatur:

0. Einleitende Gedanken:

Der Araber Georgius Deodatus Damascenus (Girgis Hatalah el-Damaski) brachte 1704 den Kaffee aus dem damaligen Kaffeezentrum Damaskus nach Prag. Erst als „fahrender“ Kaffeehändler, der damit begann, den Angehörigen des wohlhabenden Bürgertums in deren eigenen Häusern Kaffee zu servieren; bereits 10 Jahre später eröffnete er auf der Kleinseite unterhalb der Prager Burg ein erstes Kaffeehaus. Diese neue Erfindung fand sehr schnell sehr großen Anklang in der Gesellschaft, Mitte des 19. Jahrhunderts waren im Adressbuch der königlichen Hauptstadt Prag bereits 36 Cafés (Lehmann, Nikolaus: Adressbuch der königlichen Hauptstadt Prag, der Stadtgemeinden Karolinenthal, Smichov und der Bergstadt Wyšehrad auf Grundlage ämtlicher Quellen bearbeitet von Nikolaus Lehmann, Prag 1859, V. Abtheilung S.105) verzeichnet, mit steigender Tendenz. Das Kaffeehaus wurde zum Treffpunkt für unterschiedlichstes Publikum - Künstler, Literaten, Studenten, Juden, Geschäftsleute,...

Erste Beschreibungen der Lokale sind bereits in Jan Nerudas „Bildern aus dem alten Prag“ zu finden. Nach und nach jedoch verloren die Lokale den Charakter des reinen Ausschanks und etablierten sich nicht nur zu einem einfachen Treffpunkt, sondern zu einem Ort, an welchem man größere Teile des Tages verbrachte und gesellschaftliche sowie geschäftliche Kontakte pflegte oder auch völlig zurückgezogen seinen eigenen Gedanken nachhängen konnte. So war das Café gleichermaßen Ort der Ruhe und auch Ort der Kommunikation. Auch kannte man sich in den meisten Fällen untereinander, zumindest dann, wenn man dasselbe Lokal besuchte.

In Anbetracht der Tatsache, dass sich im Café ein nicht unerheblicher Teil des Lebens abspielte und der Kaffee selber nicht mehr der ausschlaggebende Grund war, ein Kaffeehaus zu besuchen, bemühte sich jeder Cafétier zum einen, seinen Gästen den Aufenthalt z. B. in Form von ausliegenden Zeitungen, musikalischer Unterhaltung, Spiel- und Billardzimmern oder besonderem Essensangebot so angenehm wie nur möglich zu machen, zum anderen versuchte er auch, ein individuelles Ambiente für die jeweilige Zielgruppe seines Lokales zu schaffen.

In der Folge war es nur logisch, dass sich bei Kontakten, wie er unter Stammgästen vorkommt, Gruppen aller Art bildeten angefangen von nachbarschaftlichem Smalltalk über literarische Stammtische bis hin zu politischen Vereinigungen. Viele dieser Gruppierungen lassen sich nicht eindeutig voneinander trennen, da vor allem in literarischen Zusammenschlüssen auch das alltägliche Leben, zu welchem ja schließlich z. B. die Politik auch gehört, thematisiert wurde.

Aus diesem Grund lässt sich das Thema „Café und Literatur“ in zwei große Bereiche trennen. Zum einen als der Ort, an welchem Literatur entsteht und verbreitet wird, sei es in literarischen Zirkeln, was den kommunikativen Aspekt eines Cafés zum Ausdruck bringt; oder auch in der Abgeschiedenheit als ruhiger und inspirierender Aspekt eines Cafés. Der andere große Bereich befasst sich mit Literatur, deren Handlung in einem bestimmten Café spielt. Jedoch ist es notwendig, einen allgemeinen sowie einen literarischen geschichtlichen Abriss voranzustellen, da beide Bereiche in starkem Zusammenhang mit der wechselvollen Geschichte des Landes stehen.

1. Geschichte:

1.1. Allgemein:

Erste Tschechoslowakische Republik – zweiter Weltkrieg – kommunistisches Regime:

Nach dem Tod von Kronprinz Rudolf ging die Thronfolge auf Franz-Ferdinand von Österreich, den Neffen des Kaisers, über. Er und seine Frau wurden 1914 Opfer eines von bosnischen Serben verübten Attentates. Österreich griff Serbien an und hatte Hilfe von Deutschland, der Türkei und Bulgarien. Serbien wurde von Russland, Frankreich und Großbritannien unterstützt. Das war der Beginn des ersten Weltkrieges. Die militärische Führung gewann an Einfluss im Staat, gleichzeitig wurden die bürgerlichen Rechte eingeschränkt. Während der Kriegsjahre entstand die Nationalversammlung. Diese rief am 28. Oktober 1918 die unabhängige tschechoslowakische Republik aus. Heute ist dieser Tag ein Staatsfeiertag.

1920 nahm die Nationalversammlung die tschechische Verfassung an, Tomáš Garrigue Masaryk wurde zum Präsidenten gewählt. Wegen der multinationalen Zusammensetzung der Bevölkerung wurden Gesetze zum Schutz von Minderheiten und Sprachen erlassen. Die größte Minderheit, die Deutschen, wurden durch eine eigene Sudetendeutsche Partei vertreten, die von Konrad Heinlein geführt wurde. Diese Partei war sehr nationalsozialistisch

und folgte den Anweisungen Adolf Hitlers, da man sich nicht gegen Deutschland stellen wollte. Hitler ließ die Protektorate Böhmen und Mähren unter deutsche Aufsicht und Verwaltung stellen. Eine Befreiung von dieser Aufsicht und dem Zwang war nur durch eine Totalniederlage Deutschlands möglich. Deshalb stellte sich der zweite Weltkrieg für die Widerstandskämpfer als vorteilhaft heraus, da sich sonst der alte Zustand wie er vor dem Krieg existierte in der Tschechoslowakei nicht wiederherstellen ließ. Sie waren bestrebt, diesen Krieg zu fördern, um das Land von der Vorherrschaft zu befreien. Wer sich der Untergrundbewegung anschloss oder die Widerstandgruppe befürwortete, konnte hingerichtet bzw. in ein Konzentrationslager gebracht werden. Die Exilregierung unter Präsident Edvard Beneš vertrat die Tschechoslowakei. Nach 1941 wurde die tschechoslowakische kommunistische Partei in die Arbeit der Widerstandsgruppe eingeschlossen. Der Widerstand selber wurde von Moskau aus geführt.

Die kommunistische und die nationaldemokratische Bewegung schlossen sich zusammen. 1944 kam es zum slowakischen Volksaufstand gegen die deutschen Kräfte, er wurde aber bereits nach zwei Monaten niedergeschlagen. 1943 schloss Präsident Beneš ein Bündnis mit der Sowjetunion. Zwei Jahre später, nämlich 1945, erreichte die rote Armee Prag, wo die deutsche Armee schließlich kapitulierte. In der ersten Zeit nach dem Krieg, fanden Umsiedlungen und Vertreibungen der deutschen Bevölkerung der Tschechoslowakei statt, denen durch den Krieg eine allgemeine Feindseligkeit entgegengebracht wurde. Rechte Vorkriegsparteien wurden verboten, alle zugelassenen Parteien waren Regierungsparteien, so auch die kommunistische Partei. Diese gewann 1946 die Wahlen. Um an noch mehr Macht zu gelangen, infiltrierte sie in den anderen Regierungsparteien und auch in den Streitkräften und des Sicherheitsorganen des Staates. Weitere Wahlsiege sicherte sich die Partei dadurch, dass sie selber die Liste aufstellte, nach der ein Kandidat zu wählen war. Die Kommunisten schufen damit eine totalitäre Welt, nachdem sie die Macht übernommen hatten. Jeder Versuch, sich davon zu befreien, wurde von der Sowjetunion mit Gewalt beantwortet. Fünf Länder des Warschauer Pakts beendeten 1968 den Prager Frühling durch Einsatz ihrer Streitkräfte.

1.2. Literaturgeschichte:

Linksgerichtete Strömungen gab es bereits in der Monarchie. Die Sozialdemokratie und die Arbeiterbewegung betrachtete man mit Argwohn und Misstrauen, radikale Gruppen (z.B. Anarchisten) wurden unterdrückt. Auf diese Bewegung wirkten jedoch auch künstlerische und intellektuelle Einflüsse ein, viele Schriftsteller im Land waren von der Schlagkraft der Oktoberrevolution fasziniert, ebenso wie die russischen Dichter. Sie interpretierten die Ereignisse als Vorboten einer neuen Epoche, die den Menschen Frieden, Gerechtigkeit und Gleichheit verschaffen sollte.

1920 wurde der Künstlerbund „Devětsil“ gegründet. Übersetzen könnte man diesen Namen mit „neunmalstark“ und er ist als Pflanzenname bekannt (Pestwurz), Der Name soll eine aufblühende Pflanze nach dem Kriegswinter symbolisieren. Die Mitglieder des Künstlerbundes waren auch Stammgäste unter anderem im Cafe Slavia.

Der Krieg als Grenzerfahrung bewirkte bei vielen eine Bewusstseinsveränderung. Die Erlebnisse des Krieges mussten irgendwie verarbeitet werden. Neben dem Krieg waren Machtlosigkeit und auch der Wunsch nach Gleichgesinnten weitere Themen in der Literatur. Durch verschiedene Arten der Erlebnisverarbeitung konnte das literarische Schaffen in Legionärsliteratur und in Antikriegsliteratur unterschieden werden.

Die pragmatische Generation der Schriftsteller entwickelte sich in der Nachkriegszeit. Starre Traditionen wurden überwunden (z.B. Formen des Symbolismus), literaturfähige Themen wurden auch auf andere als die bisherigen Bereiche erweitert. Die Werteskala veränderte sich, die Moderne begann. Man glaubte an die Verbesserungsfähigkeit der Welt. Thematisch näherte man sich an die Alltagsrealität an. Ein weiteres Thema war ein weltverbindender Internationalismus. Der von habsburgerischer Seite aus geförderte Katholizismus erfuhr in der intellektuellen Welt wenig Anklang. Die Bevölkerung hielt am Positivismus fest oder an Wiedergeburtsideologien.

Der Historismus entstand in den 30er Jahren, als sich der Sinn für das Geschichtliche entwickelte. Nationale Werte sollten wiederbelebt werden. Je größer der äußere Druck wurde, umso größer wurde auch das Verlangen, die eigenen Traditionen aufrechtzuerhalten. Als der Geschichtsunterricht verboten war und die höheren Schulen geschlossen waren, war die Erzählkunst das geeignetste Mittel zur Vermittlung nationaler Traditionen und Werte.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Das Café in der Prager Literatur der Moderne
Untertitel
Produktionsstätte und Handlungsschauplatz
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Note
3
Autor
Jahr
2009
Seiten
20
Katalognummer
V127658
ISBN (eBook)
9783640413973
ISBN (Buch)
9783640410385
Dateigröße
497 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Café, Prag, Kaffeehaus, Kaffeehausliteratur
Arbeit zitieren
Dipl. Betriebswirt Sonja Pähl (Autor:in), 2009, Das Café in der Prager Literatur der Moderne , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127658

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