Die Metamorphose des Jean-Baptiste Grenouille aus Patrick Süskinds "Das Parfum" vom literarischen Scheusal zum Kinohelden

Mediale Transformationen und ihre Auswirkungen auf das Storytelling von Buch zum Film


Magisterarbeit, 2008

198 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Theoretischer Teil
2.1 Probleme und Chancen von Literaturverfilmungen
2.1.1 Definition und begriffliche Abgrenzung
2.1.2 Historischer Abriss
2.1.3 Die Literaturverfilmung: Abkömmling der literarischen Vorlage oder eigenständiges filmisches Werk?
2.1.4 Zeichentheorie - Abstrakt versus konkret
2.1.5 Die Popularität der Literaturverfilmung
2.2 Filmisches Erzählen
2.2.1 Film als Zeichensystem
2.2.2 Klassisches Storytelling im Film - Einfachheit als Programm
2.3 Theorie der Universalität von Erzählstrukturen: Das Modell der Heldenreise

3 Vergleichende Analyse Das Parfum. Patrick Süskinds Roman (1985) und Tom Tykwers Film (2006)
3.1 Historisch-gesellschaftlicher Entstehungs- und Rezeptionshintergrund
3.1.1 Der Roman
3.1.2 Der Film
3.2 Analytisch-interpretatorischer Roman-Filmvergleich: Die Entwicklungsreise des Jean-Baptiste Grenouille
3.2.1 Inhaltliche Struktur und formaler Aufbau
3.2.2 Die Figur im Roman: Grenouille, das animalische Genie der Maskerade
3.2.3 Die Charakterpsychologie der Figur Grenouille im Film 1
3.2.4 Exkurs: Visualisierung der Gerüche im Film
3.2.5 Die Charakterpsychologie der Figur Grenouille im Film II
3.2.6 Eine Sache der Erzählhaltung
3.2.7 Grenouilles unbewusste Sehnsucht nach Liebe
3.2.8 Liebe bewahren: Darstellung der Mädchenmorde in Roman und Film...
3.2.9 Die Macht der Liebe: Bacchanal und Kannibalenfestmahl
3.3 Ästhetische Kritik - Die ,idealen’ Rezipienten

4 Fazit
4.1 Zusammenfassende Einordnung der Filmadaption und Diskussion
4.2 Ausblick

Literatur

Weiterführende Literatur

Anhang mit Anhangsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Altes Schwarzwaldhaus im Freilichtmuseum ,Vogtsbauernhof’ in Gutach...

Abb. 2: Q1 Tower in Surfers Paradise / Gold Cost City, Australien

Abb. 3 : Das Modell der Heldenreise

Abb. 4: Dimensionen der Filmanalyse

Abb. 5: Das Parfum: Inhaltliche Struktur und formaler Aufbau im Roman-Film-Vergleich

Abb. 6: Dramaturgischer Aufbau des Parfum-Stoffes

Abb. 7: Anachronie im Film Das Parfum

„Gelobt sei die Prosa, verflucht sei der Film als erzählerisches Medium! Diese teuflische Wirklichkeitsvorspiegelungsmaschine kennt keinen Nebensatz und kein Konditional, kein à propos, keine Einschübe, nicht die simpelste rhetorische Figur, keine Zeitenfolge, kein ,wenn’, kein ,während’, kein ,sowohl-als- auch’ - nichts als dieses primitive, undifferenzierte, grobschlächtige ,Hier-bin-ich’ des Bildes auf der Leinwand, das nichts anderes neben sich duldet und mit dessen plumper Behauptungssyntax man gezwungen ist, unter Verwendung eines unendlich schwerfälligen dramaturgischen Hebelwerks so lächerlich einfache Wörtlein auszudrücken wie beispielsweise ,immer’ oder ,nie’ oder ,leider’ oder ,ach’!“

Patrick Süskind: „Film ist Krieg, mein Freund. “ Über einige Schwierigkeiten beim Drehbuchschreiben. In: Helmut Dietl und Patrick Süskind: Rossini oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief. Zürich: Diogenes 1997. S. 199-273. Hier S. 227.

Vorwort

Die Geschichte des Geruchsgenies Jean-Baptiste Grenouille hat Millionen Leser auf der ganzen Welt begeistert, und so wird Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders (1985) wohl auch noch für viele weitere Generationen neben Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues der erfolgreichste deutschsprachige Roman des vergangenen Jahrhunderts bleiben, dessen Ruhm er erlangt hat.

Die Tatsache hingegen, dass der Roman im Jahre 2006 nach jahrelangem Kämpfen um die Rechte filmisch umgesetzt wurde, polarisiert rezeptionsästhetisch. Hierin offenbart sich die alte Auseinandersetzung um das Thema ,Literaturverfilmungen’ zwischen der Literatur- und der Film- und Medienwissenschaft.

Die vorliegende Arbeit verfolgt einen interdisziplinären Ansatz, der nicht problemorientiert ausgerichtet ist, sondern die Möglichkeiten und Chancen von medialen Transformationen in den Mittelpunkt des Interesses rückt.

Mein Dank gilt meiner Betreuerin PD Dr. Rita Morrien und meinem Zweigutachter Prof. Dr. Michael Hofmann für die fachliche Unterstützung sowie meinen Freunden Stefanie Manns, M. A. Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Medienwissenschaft, Psychologie und Wirtschaftswissenschaften, und Alexander Viktorin, M. A. Linguistische Informatik und Anglistische Linguistik, für die kritische Durchsicht der Arbeit.

Danken möchte ich vor allem auch meinen Eltern und Großeltern, die mir nicht zuletzt in finanzieller Hinsicht dieses Studium ermöglicht haben. Namentlich erwähnen möchte ich hier meine geliebte, kürzlich verstorbene Oma Barbara Margaretha Bodes.

Mein spezieller Dank gilt Valentine Stockdale, Filmemacher aus London, für die vielen Anregungen und die vielen gemeinsamen Gespräche über das Thema und vieles mehr, was ich nicht in Worte fassen kann. Ihm widme ich diese Arbeit.

Carina Bodes im Mai 2008

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Von allen bis 1989 produzierten Filmen beruht die Hälfte auf literarischen Quellen.[1] Zwar ist im deutschsprachigen Raum seitdem ein Rückgang von Literaturverfilmungen in einer Größenordnung von über 50 Prozent zu verzeichnen (nur noch 598 Produktionen nach literarischer Vorlage im Zeitraum von 1990-1999 gegenüber 1152 Verfilmungen in den Jahren zwischen 1980 und 1989), vor allem in der Bundesrepublik Deutschland erfreuen sich Literaturverfilmungen aber nach wie vor großer Beliebtheit.[2] Von allen existierenden literarischen Genres wurden - und werden - dabei vorwiegend epische Formen, allen voran der Roman, verfilmt.[3]

Wie ist das zu erklären obwohl es heißt, dass „novels are difficult to adapt into movies because they tend to be much longer than a commercial film, and even mainstream popular novels often have more complicated plots and characters than a film can handle?“[4]

Antworten auf diese und andere Fragestellungen, die im Zusammenhang mit dem Thema ,Literaturverfilmungen’ auftauchen, zu finden, ist das Anliegen der vorliegenden Arbeit, für die als Beispiel die im Jahre 2006 erschienene Filmadaption[5] des weltberühmten Romans Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders[6] von Patrick Süskind aus dem Jahre 1985 gewählt wurde. Die Gründe dafür sind zahlreich: Der Roman leitete eine neue Ära der Literaturgeschichte ein und erlangte neben Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues [7] den Ruhm des erfolgreichsten deutschsprachigen Romans des 19.

Jahrhunderts. Für Patrick Süskind erfüllte sich damit sein Lebenstraum, einmal ein Buch zu schreiben und dann ein Leben lang davon zu leben.[8] Der Roman wurde von der feuilletonistischen Kritik umjubelt und von der Literaturdidaktik bereitwillig aufgenommen. Die Reaktionen der Literaturwissenschaft hingegen erscheinen im Vergleich dazu verhalten[9], „auch wenn sie für einen deutschen Gegenwartsautor noch immer vergleichsweise schnell und intensiv einsetzten.“[10] Zentraler Punkt der Diskussion sei dabei die Einstufung von Das Parfum als postmoderner Roman gewesen.[11]

Das Parfum-Phänomen näher zu beleuchten erschien mir aus diesen Gründen als äußerst interessant, und als persönliche Motivation kommt hinzu, dass sich der Roman sehr gut als Beispiel für eine literaturwissenschaftliche Studien-Abschlussarbeit eignet, weil sich mit der Arbeit an ihm noch einmal das ganze erworbene literaturgeschichtliche Wissen quer durch unterschiedliche Epochen und Textsorten auf den Prüfstand stellen lässt. Die Verfilmung des Romans scheint ebenso beispiellos: Über 20 Jahre lang kämpfte der Produzent Bernd Eichinger um die Rechte für einen Film, den viele Stimmen für unverfilmbar hielten. Umso erstaunlicher ist es, dass es bislang noch keinen veröffentlichten wissenschaftlichen Beitrag zum Vergleich der literarischen Vorlage Das Parfum mit der filmischen Umsetzung gibt - die vorliegende Arbeit macht somit einen ersten Schritt in diese Richtung.

Inspiriert wurde sie vor allem durch ein Praktikum, das ich im Jahre 2005 bei der Firma Waltermedia absolviert habe, welche die Markführerschaft im Wissenssegment ,Beratungsleistungen im Bereich Storytelling’ erobert hat und Medienschaffende im Hinblick auf die Entwicklung und Optimierung ihrer Produkte berät und trainiert (zum Beispiel Formatrelaunch).[12] Zu den Absolventen der Trainings, Workshops und Seminare gehören die Führungsriegen von Sendern und Produktionsfirmen genauso wie Redaktionen, Autoren, Regisseure und Schauspieler, die heute Film und Fernsehen prägen.

Die wissenschaftliche Anregung zum Thema erhielt ich durch das literaturwissenschaftliche Hauptseminar ,Goethes Roman Die Wahlverwandtschaften im Spiegel seiner filmischen Adaptionen’ unter Leitung von Frau PD Dr. Rita Morrien, Literatur- und Filmwissenschaftlerin an der Universität Paderborn.

In Anlehnung an die Kernkompetenz von Waltermedia steht diese Arbeit unter der Überschrift des Storytellings. Der Ausdruck ,Storytelling’ kommt aus dem englischen und amerikanischen Leben und umfasst eine Reihe unterschiedlicher Ansätze und Methoden.[13] So bezeichnet er unter anderem eine Methode für Markenmanagement und Markenkommunikation und eine Methode in Bildung und Wissensmanagement. Für diese Arbeit ist der Begriff des ,Storytelling’ als letztgenannte Erzählmethode, bei der Wissen versteckt oder explizit weitergegeben wird, von Bedeutung.[14] Der Gehalt der Geschichte beziehungsweise die Aussageabsicht wird dabei in die erzählte Geschichte eingebettet und ist somit leichter zu verstehen.[15] Anders als bei der puren Kunst zu fabulieren, ist das Storytelling als strategische Erzählmethode nämlich an den Zweck gebunden, die Zuhörenden zu einer erwünschten Schlussfolgerung oder (Kauf-)Handlung zu führen.[16]

Jedes Medium, durch das eine Geschichte erzählt wird, verlangt dabei ein individuelles Herangehen an die Art und Weise wie diese Geschichte erzählt wird und mit welchen narrativen Mitteln[17]. Beim klassischen Hollywood-Kino [18] zum Beispiel folgt das Erzählen meist immer dem gleichen Prinzip nach klar formulierten Regeln.[19]

Es geht in dieser Arbeit darum zu untersuchen, wie ein Stoff mediale Grenzen überwindet und in diesem Fall seinen Weg vom Roman zum Film findet. Die Methode des Geschichtenerzählens, das Storytelling, wird als Berührungspunkt bei diesem produktiven Anpassungsvorgang verstanden. Es geht dabei aber weniger um den Vorgang der medialen Transformation an sich als um die Auswirkungen dieser auf das Storytelling, die jeweilige medienspezifische narrative Gestaltung eines Stoffes, die Adaption, das Ergebnis des Medienwechsels also, das am Ende im Vergleich zur Vorlage zu konstatieren ist und anhand welchem sich folgende Fragestellungen beantworten lassen:

- Was wurde verändert?
- Wie wurden diese Veränderungen vorgenommen?
- Warum sind diese Änderungen zu verzeichnen?
- Und welchen Effekt haben sie auf die Rezeption der Geschichte?

Denn „wer erzählt, tut dies ja immer über eine Abstraktion, über Auswahl, Verdichtung oder Dehnung, Hinzufügung oder Weglassung von Beziehungen, die im Stoff liegen.“[20] Das Geschichten erzählen ist dabei so alt wie die Menschheit. [21] „Daß das Kino vom Erzählen lebt und die audiovisuellen Medien die Geschichtenerzähler unserer Zeit sind, gehört [...] [außerdem] zu jenen Aussagen über die Kultur, die man immer wieder zu hören bekommt und die kaum je in Zweifel gezogen worden sind.“[22] Ob beim epischen, auf das ,Sagen’ konzentriertem Erzählen, oder beim filmischen Erzählen, das auf Zeigehandlungen basiert - es geht um analoge Probleme: Den Aufbau von Plot und Spannung, die Gestaltung von Charakteren und Dialogen, die Wahl einer Erzählperspektive, die Herstellung intertextueller und intermedialer Bezüge.

In der vorliegenden Arbeit wird ein analytisch-interpretatorischer Vergleich dieser beiden Erzählformen am Beispiel von Das Parfum, Süskinds Roman aus dem Jahre 1985 und Tom Tykwers filmischer Adaption von 2006, unter besonderem Fokus auf die Metamorphose der Hauptfigur Jean-Baptiste Grenouille vom literarischen Scheusal zum Kinohelden vorgenommen.

1.2 Gang der Untersuchung

Der Philologe Michael Schaudig formuliert drei medienkomparatistische Ansätze mit jeweils unterschiedlichen Erkenntnisinteressen: 1. die textsemantische Medienkomparatistik, 2. die pragmatische Medienkomparatistik und 3. die systemtheoretische Medienkomparatistik, von welchen mir der Ansatz der textsemantischen Medienkomparatistik für mein Vorhaben am besten geeignet scheint.[23]

Im Rahmen der textsemantischen Medienkomparatistik werden „exemplarische Aussagen über Phänomene des Medienwechsels“[24] abgeleitet, indem „einzelne Werke und deren Adaptionen auf die Interrelationen ihrer Ausdrucks- und Bedeutungspotentiale analysiert“ [25] werden.

Da aber für die Analyse von Literaturverfilmungen ein verbindliches Instrumentarium fehlt[26], gehe ich meinen eigenen Weg und verbinde praxisorientiertes Arbeiten aus den Lehren von Waltermedia mit wissenschaftlicher Theorie, indem ich Vorschläge veröffentlichter Werke vor allem zur Filminterpretation mit einbeziehe. In erster Linie richte ich mich dabei nach den Vorschlägen von Helmut Korte [27], der eine Dreiteilung der Filmanalyse in Produktion, Werk und Rezeption vorschlägt. Einer quantitativen Beschäftigung mit dem Film an sich (Immanente Produktanalyse: Vor allem inhaltliche Struktur und formaler Aufbau im Vergleich zur Romanvorlage, Szenen- und Sequenzprotokoll sowie Feinanalysen ausgewählter Szenen mit Hilfe von Einstellungsprotokollen) folgt eine qualitative Gesamtanalyse des Films. Die genaue Vorgehensweise und die Angabe abweichender Bezugsquellen erfolgt an den jeweiligen Stellen dieser Arbeit. Nach Klaus Kanzog ist „bei Literaturverfilmungen [...] die literarische Vorlage nur die Bezugsgröße für die Bestimmung der Varianten und Invarianten“[28], nicht also eigentlicher Untersuchungsgegenstand.

Die Schwierigkeit, einen Film nach üblichen Interpretationsverfahren zu erfassen, beruht nach Korte auf der Tatsache, dass Filminhalt und Bedeutung das Resultat eines differenzierten Zusammenwirkens verschiedener, während der Rezeption meist unbewusst wahrgenommener, Faktoren seien und sich der Sinnzusammenhang erst nach und nach entwickeln würde [29], „denn die rezipierte Botschaft als Summe filminterner und -externer Einflussfaktoren ist immer eine durch individuelle, situative und historisch­gesellschaftliche Variablen beeinflusste Konstruktion des Zuschauers oder - in zugespitzter Formulierung - jeder Betrachter sieht einen eigenen (Meta-)Film.“[30] „Die Kunst zu gefallen, ist die Kunst zu täuschen.“ Dieses Zitat des französischen Essayisten Luc Marquis de Vauvenargues (1715-1747) wird zum inhaltlichen Leitbild des hier zu analysierenden Parfum-Stoffes und dieser wiederum zum Spiegelbild von gegenwärtigen westlichen Gesellschaften:

Das Parfum [ist] so etwas wie eine Studie zur Ideologie einer ästhetisierten Welt. Das Buch handelt davon, wie wir unsere ästhetischen Ideale mit der Realität verwechseln.

Unsere heutige - und vor allem die westliche - Welt ist geprägt durch die Präsenz von Stars und Celebrities; sie repräsentieren ein Glaubenssystem, in welchem die glänzende Folie eines Menschen seine Existenz festigt, rechtfertigt, ja geradezu definiert. Dieser Trugschluss wird von Süskinds Geschichte auseinandergenommen und auf tragische Weise zertrümmert.[31]

So lässt sich anhand eines aktuellen Medienbeispiels fragen: Was haben der „Deutschland sucht den Superstar“-Gewinner 2008, Thomas Godoj [32], und die literarische Figur Jean- Baptiste Grenouille gemeinsam? - Beide sind auf der Suche nach Anerkennung für ihre künstlerischen Talente. Beide erleben sie eine Aufstiegsgeschichte - eine Heldenreise - von ganz unten nach ganz oben, vom Niemand zum Jemand und werden plötzlich von jedermann abgöttisch verehrt und geliebt, denn jedermann ist fasziniert von seinem Idol.[33]

Thomas Godojs Erfolgsgeschichte ist medial inszeniert ,[34] Grenouille inszeniert seine selbst. Es bleibt abzuwarten, ob Thomas Godojs Heldenreise eine echte Reise im Sinne von charakterlicher Entwicklung und Heldwerdung sein wird und ihn seine Fans auch in seiner Individualität mögen werden und die Reise nicht, wie Grenouilles, nach der Inszenierung endet, wenn das blaue DSDS-Markenlogo verschwunden ist.

Grenouilles Reise ist aber vor allem auch eine intermediale charakterliche Entwicklungsreise vom Roman zum Film. So endet der theoretische Teil (Kapitel 2), der sich mit den Problemen und Chancen von Literaturverfilmungen im Generellen sowie einer Einführung in das filmische Erzählen befasst, mit der Darstellung des Modells der Heldenreise. Der große Roman und Film vergleichende Analyseteil (Kapitel 3) folgt dann, nach der Aufarbeitung des historisch-gesellschaftlichen Entstehungs- und Rezeptionshintergrundes von Roman und Film (Kapitel 3.1), dem Aufbau dieses Modells, indem Grenouilles Metamorphose vom literarischen Scheusal zum Kinohelden verdeutlicht wird (Kapitel 3.2). Hierbei wird zu sehen sein, dass es bei der filmischen Umsetzung weniger um den Geruchsmenschen Grenouille als vielmehr um den Gefühlsmenschen Grenouille geht. Die abstrakten Geruchsbeschreibungen der Romanvorlage werden im Film mit Bedeutung versehen: Grenouilles Sehnsucht nach Liebe und die Macht der Liebe - wahrer und falscher - als Abstraktum, das Menschen verzaubern und auch manipulieren kann. Aus diesem Grund tritt die Frage danach, wie die Gerüche im Film visualisiert wurden, in einem Exkurs zurück, die Frage aber danach, wie die Gerüche im Film mit Bedeutung versehen wurden, begleitet alle Unterkapitel des analytisch-interpretatorischen Roman-Filmvergleichs (Kapitel 3.2). So ist die Metamorphose Jean-Baptiste Grenouilles vom literarischen Scheusal zum Kinohelden synonym mit Tom Tykwers Bedeutungsverschiebung des Films vom Duft zum Gefühl. Die Unterkapitel des analytisch-interpretatorischen Roman-Film-Vergleichs beruhen zudem auf Kategorien, die gewählt wurden, um den Roman mit dem Film vergleichen zu können wie beispielsweise die Kategorie ,Inhaltliche Struktur und formaler Aufbau’ des Kapitels 3.2.1 etc.

Ein Szenen- und Sequenzprotokoll, das alle Szenen und Sequenzen des Filmes mit Timecode und inhaltlichen Stichworten enthält, auf die im Roman-Film-Vergleich und teils auch schon vorher jeweils Bezug genommen wird, um die gemachten Aussagen am Film ,verorten’ zu können, befindet sich im Anhang. Des Weiteren befinden sich dort die Filmtranskripte von zwei ausgewählten Szenen und deren Sequenzen, die eine zentrale Funktion innerhalb des Films einnehmen, und auf die die Feinanalysen in Kapitel 3.2.7 ,Grenouilles unbewusste Sehnsucht nach Liebe’ (Feinanalyse zu Szene 8 Entdeckung und fahrlässige Tötung Mirabellen-Mädchen’) und Kapitel 3.2.9 ,Die Macht der Liebe: Bacchanal und Kannibalenfestmahl’ (Feinanalyse zu Szene 33 ,Geplante Hinrichtung und Bacchanal’) rekurrieren.

Den großen Analyseteil 3 der Arbeit rundet das Kapitel 3.3 mit Stellungnahmen der ästhetischen Kritik ab. Im Fazit (Kapitel 4) wird die Filmadaption Das Parfum zusammenfassend in die historische Tradition eingeordnet sowie das Thema diskutiert und durch eine persönliche Stellungnahme abgerundet (Kapitel 4.1). Kapitel 4.2 beinhaltet abschließend einen Forschungsausblick zum Thema ,aktuelle Literaturverfilmungen’.

2 Theoretischer Teil

2.1 Probleme und Chancen von Literaturverfilmungen

2.1.1 Definition und begriffliche Abgrenzung

,Literaturverfilmung’ ist „allgemein die Umsetzung einer literarischen Vorlage - zumeist eines Romans oder einer Novelle bzw. Erzählung, seltener eines Dramas - in das Medium des Films“ heißt es in der Encarta-Enzyklopädie von Microsoft zum Stichwort ,Literaturverfilmung’. Die Art der /Umsetzung’ wird hierbei allerdings nicht näher bestimmt. Anne Bohnenkamp schlägt eine genauere Eingrenzung vor:

Ein engerer Begriff von ,Literaturverfilmung’ wäre zu gewinnen, indem entweder der Begriff von ,Literatur’ und/oder die Art der ,Umsetzung’ einer literarischen Vorlage näher bestimmt wird. So ließe sich die Rede von der ,Literaturverfilmung’ reservieren für solche Fälle, in denen die literarische Quelle nicht allein ,Stofflieferant’ ist, sondern der Anspruch besteht, das literarische Werk zu reproduzieren’ - es als solches aufzunehmen und umzusetzen. Kriterium wäre hier also die Voraussetzung, dass der Film seine Vorlage nicht lediglich als Stoffquelle ausbeutet und für eigene Zwecke nutzt[35], sondern in der filmischen Realisation ein Interesse an der spezifischen Werk­Gestalt der Vorlage erkennbar ist.[36]

Michael Schaudig formuliert allgemein: „Wird ein künstlerisches Werk aus dem Präsentationszusammenhang seines originären Mediums gelöst und für ein anderes Medium genutzt, so ist der Akt dieses Transformationsprozesses als Medienwechsel, sein Ergebnis als Adaption zu bezeichnen.“[37] Schaudig folgert:

Hinsichtlich des auf literarischen Texten basierenden Medienwechsels ist ,Transformation’ somit zu definieren als eine nach spezifischen medientechnologischen Konditionen vorgenommene Übertragung von deskriptiven, narrativen und argumentativen Elementen eines Zeichensystems (Ausgangstext) in ein anderes Zeichensystem (Zieltext), unter weitgehender Erhaltung der konstitutiven Bedeutungs­und Informationsstrukturen.[28] [38]

Der Begriff ,Adaption’ ist somit als Oberbegriff der Transformation von einem Medium in ein anderes zu sehen.[39] Filmische Adaptionen stellen ihre literarischen Vorlagen also in einen völlig neuen Rezeptionszusammenhang.[40]

Albersmeier merkt zum Thema ,Literaturverfilmungen’ an: „Im Zeitalter von Medienwechsel und Intermedialität wäre es wenig sinnvoll, die Verfilmung von Literatur als Einbahnstraße zu begreifen: Längst werden nach Filmen und Fernseh-Spielen Romane geschrieben, Filmdrehbücher werden auf der Bühne adaptiert.“[41] Er spricht in diesem Zusammenhang von einer ,„Verbuchung’ von Filmen“[42], dem Umkehrschluss der Literaturverfilmung.

2.1.2 Historischer Abriss

Seit Beginn der Filmgeschichte entlehnte der Film seine Stoffe aus der Literatur, zu den ersten noch rein illustrativen Adaptionen eines literarischen Werkes zählt der Faust (1896) der Brüder Lumière.[43] Die Wechselbeziehung von Literatur und Film, die Albersmeier anspricht, ist auch vorrangiges Thema von Joachim Paechs Abhandlung Literatur und Film aus dem Jahre 1997[44]:

Kein literarischer Autor in der Bundesrepublik kann seine Produktion noch außerhalb der audio-visuellen Medien auf einem rein literarischen Markt durchsetzen; im Gegenteil, es sind die Medien, die ihm oder ihr ermöglichen, die Rolle des Literaraten durchzuhalten, wenn er oder sie Wert darauf legen. Aber das Bild des ,Autors’ hat sich gewandelt: Wer heute vom Schreiben lebt, muss seine Texte multimedial vermarkten.[45]

Dass dies absolut nicht auf Patrick Süskind zutrifft, der in dieser Hinsicht an einem sehr traditionellen Begriff von Autorschaft festhält und dessen Roman sich auf einem rein literarischen Markt durchsetzte, was eine Ausnahmeerscheinung zu sein scheint, wird noch zu sehen sein.

Der hier von Paech angesprochene Rezeptionswandel ist aufgrund der Entwicklung der audiovisuellen Medien nicht gerade verwunderlich. So wie sich früher und heute Filmemacher der Literatur bedienen und Produktion und Konsumtion von Literatur in allen Medien stattfinden, „ist die Geschichte der Literatur des 20. Jahrhunderts auch ein Stück Filmgeschichte. Von der Beeinflussung durch filmische Sehweisen und Aufnahme filmischer Elemente über die bewusste literarische Verarbeitung bildsprachlicher Stoffe bis zur zunehmenden Bedeutung von Exposé, Treatment und Drehbuch als eigenständiger literarischer ,Gattung’ reicht die Wirkung der AV-Medien auf die Literatur.“[46]

Hinter der wechselseitigen Beeinflussung der Darstellungsweisen lässt sich eine grundlegende Veränderung der Wahrnehmungsweisen erkennen, deren Anfänge man unter anderem bei der Erfindung des neuen technischen Mediums der Fotografie suchen kann. So zeichnete sich auch in der Literatur eine Tendenz zu Momentaufnahmen ab. Die Beziehung zwischen Literatur und den neuen Medien wurde vor allem mit Beginn des Filmzeitalters immer enger:

Die Erzählformen, denen sich der Film schon in seinen Anfängen bediente, waren den narrativen Strukturen der Literatur entlehnt und nur deshalb sogleich verständlich, weil sie auf ein im weitesten Sinne literarisch präformiertes Bewusstsein trafen. Andererseits beeinflusste der Film durch seine Sprache, durch die Eigentümlichkeiten des filmischen Codes, wiederum die Literatur, indem er neue Darstellungsweisen eröffnete und damit zugleich neue Wahrnehmungskonventionen prägte.[47]

Für die Geschichte der Beziehung zwischen Literatur und Film sei es jedoch nicht unwesentlich festzustellen, dass der Film das Erzählen keineswegs unter der ,Anleitung’ der Literatur ,gelernt’ habe, denn eine Literarisierung des Films seit etwa 1908 setze eben voraus, dass Filme fähig seien, mit filmischen Mitteln literarisch Erzähltes wiederzugeben, möchte Joachim Paech vermittelt wissen. Die veränderten Wahrnehmungsweisen seien also vor allem filmische Wahrnehmungsweisen : [48] „Die Entwicklung der Wahrnehmungsverhältnisse in den sich ausbreitenden Städten durch künstliche Beleuchtung, Verkehr und Bevölkerungsdichte etc. hat zu Erzählstrukturen in der Literatur des 19. Jahrhunderts geführt, die im Kino endlich ihren exemplarischen ,Ort’ bekommen haben.“[49]

Den Grund der frühen Literarisierung von Filmen sieht Paech darin, dass mit Beginn des 1. Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts Filme ein breiteres und anderes Publikum erreichen sollten, als sie es bis dahin taten. Zielgruppe war daher das bürgerliche Publikum, das dem Film gegenüber bis dahin fremd und sogar feindlich geblieben war. Der Film und das Kino mussten also den kulturellen Bedürfnissen dieser Schicht entgegenkommen. Besonders eignete sich dazu die anerkannte Literatur des bürgerlichen Realismus[50]: „Das Kino sollte zum ,Theater’ werden, der Film zur „Literatur’, damit das Kino als Medium bürgerlicher Wertvorstellungen fungieren konnte, die noch immer durch Literatur und Theater repräsentiert wurden.“[51]

So eignete sich schon von Anfang an besonders das Medium Kino dazu, Literatur bei einem Massenpublikum durchzusetzen, indem es dichterische Schöpfung schneller und verständlicher mehr Menschen vermitteln kann.[52] Gisela Palmes zitiert in ihrer Studie zu Literatur und Film[53] André Bazin, der in diesem Zusammenhang von „Popularisierung’ spricht:

Das Problem der Adaption ist das der Popularisierung. [...] Es ist unsinnig, sich über die Verluste zu entrüsten, die literarische Meisterwerke bei der Übertragung auf die Leinwand erleiden, jedenfalls dann, wenn man das im Namen der Literatur tut. Denn die Adaption, wie groß auch immer ihr Annäherungswert an das Original sein mag, kann diesem in den Augen der Minderheit, die es kennt und schätzt, keinen Schaden zufügen; in bezug auf diejenigen, die das Original nicht kennen, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder gefällt ihnen dieser Film, der ebenso gut wie die meisten anderen ist, oder aber sie haben Lust bekommen, das Modell kennenzulernen, und das bedeutet einen Gewinn für die Literatur.[54]

Dieser Gewinn-Effekt wird allerdings von manchen Seiten bezweifelt. So führt Palmes Autoren an, die, bezogen auf Literaturverfilmungen im Fernsehen, meinen, dass Fernsehen würde in erster Linie versuchen, Schönes zu vermitteln und seinem Bildungsauftrag gerecht zu werden. Das Ziel, den Zuschauer zum Lesen hinzuführen, erreiche es damit aber nicht, denn egal welche Intention hinter einer Literaturverfilmung stehe, ginge es in den seltensten Fällen um die Literatur selbst.[55] Palmes ergänzt, dass die Rezeption eines Films häufig nur dem Zeitvertreib und der Zerstreuung diene, „denn vor einer riesigen Leinwand, auf der die Akteure lebensgroß erscheinen, hat der Zuschauer, abgeschirmt von den Geräuschen der Außenwelt, die Möglichkeit, sich für Minuten und Stunden in eine andere Welt fallen zu lassen und dies ohne großen Zeitaufwand und Anstrengung.“[56]

Es gibt aber auch Gegenbeispiele, die zeigen, dass die Verfilmung eines literarischen Stoffes häufig zur (Wieder-)entdeckung des Autors auf dem Buchmarkt oder zur Ankurbelung der Verkaufszahlen führt.[57] Als spektakulärstes Beispiel sei hier vorab die Filmlegende Herr der Ringe genannt, aber auch mit Das Parfum verhält es sich, wie noch zu sehen sein wird, nicht wesentlich anders.

Thomas Beutelschmidt, Manuel Köppen und Rüdiger Steinlein resümieren, dass die engen, wechselseitigen Beziehungen zwischen Literatur und Film kein zufälliges historisches Produkt seien, sondern gründen auf Überschneidungen der den beiden Medien spezifischen Rezeptionsweisen. Ebenso wie der Film durch seine narrativen Strukturen eine Art ,sublinguales Mitsprechen’ erzeugt, ist bei der Rezeption von literarischen Texten ein ,subvisuelles Sehen’ anzunehmen. Lyrische und narrative Texte evozieren Bilder. Von Wortwahl, Satzbau bis zu den Erzählstrukturen reicht diese Bildlichkeit der Literatursprache, die sich schon immer in Abhängigkeit von der jeweiligen historischen Strukturiertheit visueller Wahrnehmung vollzog.[58]

Paech skizziert die Entwicklung zwischen Literatur und Film nun wie folgt:

Auf der einen Seite wird der Film das Sprechen lernen und als Kino- und später Fernseh- und Video-Film die Kulturindustrie mehr und mehr dominieren; die Literatur wird als Futter für diesen unersättlichen Moloch herhalten müssen, und das literarische Erzählen wird dem Konsumenten als filmisches wiederkehren. Der (Kino/Fernseh/Video) Film wird sich in den Erzähltraditionen einrichten, in die Institutionen der Literatur und Kunst eindringen und dort mit den literarischen Medien konkurrieren.[59]

Heute allerdings stehen die Medien nicht ausschließlich in einer Konkurrenzsituation, sondern zunehmend in komplementärer Nutzung.[60] Diese Entwicklung ist nicht zuletzt den Avantgardisten zu verdanken, die sich mit ihrer Kritik gegen die institutionalisierte Literatur richteten. Sie wollten einen ,reinen’ Film:

Wir müssen unsere Köpfe von all dem literarischen Schrott der Vergangenheit entrümpeln, all diesen künstlerischen’ Beruhigungspillen, die wir seit unserer Kindheit einnehmen und die uns daran hindern, die Welt und die Werke der Kunst mit individuellem Auge in ihrer sensiblen Ursprünglichkeit zu sehen...All das tanzt vor unseren Augen je nach Geschmack und Erziehung und vernebelt unseren eigenen Blick.

Was aber der Film von uns fordert, ist lernen zu sehen.[61]

2.1.3 Die Literaturverfilmung: Abkömmling der literarischen Vorlage oder eigenständiges filmisches Werk?

„Lernen zu sehen“: Wir sind mittendrin in der Debatte darum, ob die Literaturverfilmung als Adaption lediglich eine Bebilderung der literarischen Vorlage darstellt oder vielmehr als eigenständiger - von der Vorlage losgelöster - Film betrachtet werden muss und damit als eigenständiges Medium mit individueller Rezeptionsform.

Paech argumentiert, dass für die Verfilmung eines Romans gelte, dass nicht ein literarischer Text zum Film werde, sondern eine Geschichte (die Geschichte des Romans) filmisch erzählt werde[62] und schlussfolgert rigoros:

„Der Film und der Roman (in welcher Reihenfolge auch immer) bestehen unabhängig voneinander oder gar nicht.“[63] Im Katalog zur Ausstellung Hätte ich das Kino! heißt es dagegen:

Die Verfilmung eines Romans ist - das haben wir nun schon hundertfach festgestellt - eine glatte Unmöglichkeit. Vorgänge, die sich im Menschen abspielen, lassen sich nicht durch bildliche Darstellung ausdrücken, alle Gefühlswerte werden bei konsequenter ,Verfilmung’ auf den Kopf gestellt. [...] Als eine dem Bühnendrama ebenbürtige Kunstgattung kann das Kinodrama nicht ernstlich in Betracht gezogen werden; es bleibt im besten Falle immer nur Kunstsurrogat, eine vorübergehende Erscheinung, kein Werk, das seinen Wert in sich trägt.[64]

Man sollte meinen, dass sich diese Auffassung aus dem Jahre 1976 mittlerweile zugunsten der Forderung von Paech aufgehoben hat, doch zeugen die Unstimmigkeiten zwischen den Literatur- und den Film-/Medienwissenschaftlern eines anderen[65]:

Gerade die Diskussion um ,verfilmte Literatur’ hat von filmwissenschaftlicher Seite immer wieder die Selbstverständlichkeit in Erinnerung rufen lassen, dass ein Film nunmal kein Roman ist, auch wenn es sich um einen ,verfilmten’ Roman handelt, sondern dass dieser Film mit Methoden der Filmanalyse zu beschreiben und zu analysieren ist.[66]

So fordert auch Schaudig, dass Adaptionen als eigenständige Werke zu betrachten seien und nicht nur als Ausdruck einer massenkommunikativen Vermittlung von Literatur.[67]

Was aber leistet dann eine Literaturverfilmung? - „Die Literatur-,verfilmung’ [greift] in den Text selber ein, verwandelt ihn schöpferisch, eignet sich Geschichten (und damit Geschichte) produktiv an.“[68] In der Literaturverfilmung fänden die vielen Berührungspunkte zwischen Literatur und Film ihre Durchdringung.[69]

Einer der Berührungspunkte bei diesem produktiven Anpassungsvorgang, der literarischen Adaption, ist also die Methode des Storytellings. Die Richtlinien des Storytellings beim Film werden uns im Kapitel 2.2.2 ,Klassisches Storytelling im Film - Einfachheit als Programm’ wieder begegnen und als ein wichtiger Erklärungsansatz für die Frage nach den medial bedingten Differenzen zwischen Literatur und Film dienen. Wie wichtig bei einer Adaption der Fokus darauf ist, dass im neuen Medium die Geschichte des Erstveröffentlichungsmediums (neu) erzählt wird, davon zeugt folgendes Zitat des Unternehmers Uwe Walter:

Erfolgreiche Geschichten lösen beim Zuschauer einen Erlebnisstrom aus. [...] Die Herausforderung in linearen Medien wie dem Film liegt darin, genau wie beim mündlichen Erzählen eine subjektive Geschichte im Zuschauer auszulösen. Wichtiger als der Film, den ich zeige, ist der Film, den ich im Zuschauer verursache.[70]

Bei einer Literaturverfilmung geht es also letztlich nicht darum, Literatur im Film nur bebildert darzustellen, sondern die ihr eigene Sprache in eine kinematographische Sprache umzuwandeln, also mit filmeigenen sprachlichen Mitteln zu erzählen.[71] Es gilt bei der Analyse einer Literaturverfilmung also, die literarische Vorlage mit dem auf dieser Vorlage beruhenden Film zu vergleichen und die Adäquatheitsgrade filmischer Transformation zu bestimmen.[72] Dabei ist, wie bei der Interpretation von Texten, die Differenz zwischen der Historizität und der aktuellen Bedeutung des tradierten Werkes zu beachten, denn auch Literaturverfilmungen, die die Vorlage nur zu bebildern scheinen, beruhen auf aktualisierenden Codes.[73]

Bei der Analyse von Literaturverfilmungen geht es letztendlich vor allem um die Frage, was der Film in der Vermittlung literarischer Stoffe leistet und wie die filmische Umsetzung vor dem Hintergrund des Romans zu bewerten ist. Dabei ist es besonders interessant zu untersuchen, welche filmspezifischen Aussagemittel es gibt und wie diese den literarischen Darstellungsmitteln entsprechen beziehungsweise Äquivalente bilden. Eine weitere wichtige Fragestellung ist die, ob Veränderungen in der filmischen Tradierung literarischer Werke vornehmlich durch das Medium selbst bedingt sind oder durch die filmischen Autoren eine Interpretation aus technischen, wirtschaftlichen oder ideologischen Gründen vorgenommen wurde. Hier wäre zum Beispiel die wirtschaftliche Notwendigkeit anzusprechen, dass Film oft Unterhaltung für ein Massenpublikum sein soll und aus diesem Grund vor allem reflektierende Passagen hinter aktionaler Darstellung zurücktreten müssen, was oft zu der Hypothese führt, dass mit einer Romanverfilmung eine Trivialisierung oder Verflachung verbunden sei. Nicht zuletzt geht es um die wohl brisanteste Frage, ob eine filmische Veränderung dem Original gegenüber fehlerhaft oder gar schlecht ist.[74]

Die wohl augenscheinlichste Veränderung einer Romanverfilmung gegenüber ihrer literarischen Vorlage ist die Diskrepanz beider in Bezug auf die Erzählzeit: „Der ,normale Film’ hat eine Länge von 90 Minuten und ist damit eine Kurzform und auch Filme mit sogenannter ,Überlänge’ können dem vielfältigen Geschehen, dem Gewebe einer schildernden Langform fast nie gerecht werden.[75] “ Die Tatsache der unterschiedlichen Erzählzeit ist eine Abweichung zwischen literarischer Vorlage und filmischer Aufnahme, die auf unterschiedliche Rezeptions- und Produktionsformen zurückzuführen ist im Gegensatz zu semiotischen Unterschieden.

Wer also Literaturverfilmungen nicht als neue Blickweise auf den Text in einem anderen Medium begreift und sich dieser nicht öffnet, wird sich leicht der Meinung vieler anschließen, die Literaturverfilmungen als abgeleitete Werke ansehen und damit wenig schätzen.[76] Diese Haltung liegt aber wohl nicht zuletzt in der Höherschätzung des Mediums Literatur an sich. So bedurfte es in den frühen Jahren der akademischen Filmwissenschaft, 1950 bis 1970, zunächst des Vergleiches von Filmkunst und Literatur, vor allem anhand von Literaturverfilmungen, um eine wissenschaftliche Betrachtung des Films, die bis dahin wenig Akzeptanz gefunden hatte, salonfähig zu machen.[77] Und auch heute noch, wo der Film als eigenes Medium, das auch akademische Beachtung verdient, anerkannt ist, wird mit negativer Konnotation argumentiert, dass das mit symbolischen Zeichen arbeitende Sprachkunstwerk eine aktive Rezeptionshaltung fördere, während das bilddominierende Darstellungsverfahren des ikonischen Mediums Film eine passive Konsumhaltung begünstige.[78]

In diesem Zusammenhang ist immer wieder von ,Werktreue’ zu hören. Dieses Sujet beinhaltet die Frage danach, ob ein jeweiliger Film im Verhältnis zu seiner literarischen Vorlage ,werktreu’ beziehungsweise ,werkadäquat’ ist. Dies bedeutet, ob Inhalt und/oder die Interpretation der Vorlage entsprechen oder ob der Drehbuchautor und/oder der Regisseur vielmehr ein neues Werk geschaffen haben.[79] Das Konzept der Werktreue kommt aus der Theaterarbeit und ist erfüllt, wenn eine Inszenierung möglichst dem Werk zu dienen vorgibt.[80] „Dabei stellen Aktualisierungen und Regietheater Gegenpole dar, indem anders als in der historisierenden Bearbeitung neue Bedeutungsaspekte durch Bezug auf die aktuelle Situation der Zuschauer in den Vordergrund gerückt werden.“[81] Richtig verstandene Werktreue sei aber, da zitiert Beicken André Bazin, „nicht Versklavung durch das Original, sondern mediale Transformation in Entsprechung der Vorlage.[82] “ Dieser Meinung ist auch Klaus Kanzog:

Die Frage, ob der auf einer literarischen Vorlage beruhende Film als eine adäquate Umsetzung dieser Vorlage angesehen werden kann, drängt sich nach jeder Literaturverfilmung auf. Es ist jedoch zu bedenken, ob die Frage richtig gestellt ist, d. h. ob sie nicht von Anfang an die Verschiedenartigkeit der Ausdrucksmittel, die zwangsläufig unterschiedlichen Diskurse und Kodierungen außer acht lässt und damit am zentralen Problem der Transformation von Texten vorbeiführt.[83] Die Literatur sei die eine, der Film die andere Sache, und jeder Film sei zunächst ganz für sich und nur als Film zu sehen. [84] Es ist somit weniger verhängnisvoll’, von einem ,Film nach dem Roman X’ zu sprechen als von einer Literaturverfilmung.[85]

Die Kenntnisnahme der von Kanzog angesprochenen Transformationsprobleme, die aus dem Vergleich der unterschiedlichen Erzähltechniken und Sprachen der Literatur und des Films resultieren, eignet sich überaus gut dazu, die Spezifika der beiden Medien herausfiltern zu können. Der Medienwechsel sollte als Chance angesehen werden, den medialen Differenzen auf die Spur zu kommen und den Mehrwert eines solchen Transfers zu erkennen und zu beschreiben.[86] Wenn man von ,Mehrwert’ spricht, „kann es nicht Aufgabe des Films sein, die Literaturvorlage in Form eines bebilderten Textes wiederzugeben und somit einfach nur nachzuerzählen, sondern vielmehr mit dem Medium Film zur Verfügung stehenden Mitteln ein neues Werk zu schaffen.“[87]

Dabei müssen an den Film folgende Fragen gestellt werden:

- Ist der Film eine Neuinterpretation der literarischen Vorlage?
- Inwieweit ist der Film der Versuch einer historischen Vermittlung zwischen den unterschiedlichen Entstehungszeiten?

und nicht zuletzt Fragen zur Wechselwirkung:

- Ist der Film tatsächlich ein von der Vorlage unabhängiges Werk, so dass die Kenntnis der literarischen Textbasis nutzlos ist?
- Wirkt der Filmkonsum zurück auf das Romanverständnis?

2.1.4 Zeichentheorie - Abstrakt versus konkret

Sich eine Literaturverfilmung - oder einen Film nach einem Roman - anzuschauen ist spannend. Spannend, weil man, wenn man die literarische Vorlage kennt, neugierig ist, wie die Geschichte, von der man aufgrund des subvisuellen Sehens eine eigene vor Augen hat ,[88] vom jeweiligen Regisseur umgesetzt wurde. Man möchte wissen, wie die Romanfiguren aussehen, wie ihre Charakterzüge ausgestaltet sind und ob der Film dem Roman möglichst nah kommt. Und das, obwohl es doch - wie zuvor dargestellt - vielmehr darum gehen sollte, den Roman eben nicht nur zu bebildern. Dennoch sind wir, die ehemaligen Leser, nach dem Filmgenuss oft enttäuscht: Weil uns der Schauspieler nicht gefallen hat. Weil er nicht war wie der eigentliche’ Jean-Baptiste Grenouille. Weil da doch eigentlich noch eine Szene dazwischen war. Und weil doch überhaupt alles ganz anders war, als wir es gelesen beziehungsweise uns vorgestellt hatten.

Das hier Skizzierte wirft einen der größten Unterschiede zwischen einer literarischen Vorlage und ihrer filmischen Umsetzung auf: Das schriftsprachliche Medium (sowie alle verbal-sprachlichen Zeichen) weist einen viel höheren Abstraktionsgrad auf, demgegenüber die notwendige Konkretheit visueller Repräsentation steht.[89] So kann zum Beispiel bei der Wendung ,ein großes Haus’ in der Literatur auf jegliche Konkretisierung verzichtet werden „und dem Leser damit „Leerstellen’ zur eigenen Konkretisierung überlassen [werden]; die Umsetzung ins Bild muss zwangsläufig immer schon entscheiden, um welche Art von Haus es sich handelt.“[90] Dass sich der Leser ein anderes Haus vorstellt als der Regisseur, der ja auch Leser war, versteht sich von selbst. Doch genauso wie sich jeder Leser ,seinen’ Grenouille anders vorstellt (und das, obwohl der Autor doch eine vermeintlich genaue Beschreibung abliefert!), nimmt jeder Zuschauer aufgrund seines persönlichen Rezeptionshintergundes den vom Regisseur Tom Tykwer gezeichneten Charakter Grenouille anders wahr, für den Zuschauer ganz vorne rechts spricht sublingual etwas anderes mit als für den Kino-Zuschauer ganz hinten links. Den Grenouille gibt es nicht.

Was Gisela Palmes als Grenze des Mediums Film ansieht[91], fand Ferdinand de Saussure schon früh heraus und verewigte es in seinem Zeichenmodell: Das Lautbild ,Haus’ als sprachliches Zeichen (Signifikant - Bezeichnendes) verknüpfte sich durch Zufall und im Laufe der Zeit mit dem Vorstellungsinhalt (Signifikat - Bezeichnetes)[92]: Ist dieses das Haus, das Sie sich unter dem Lautbild ,Haus’ vorgestellt haben?

Oder haben Sie sich vielleicht Ihr eigenes Haus vorgestellt?

In jeder Kultur existiert ein eigener Prototyp ,Haus’. Allen Prototypen von ,Haus’ gemeinsam sind allgemeine Merkmale wie zum Beispiel ,ein Haus hat ein Dach und vier Wände’ etc. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang noch, dass für jeden Menschen der Denotator [93],Haus’, der als Zeichen auf die außersprachliche Realität verweist, etwas Anderes bedeutet. Das, was mitschwingt, wenn eine Person das Wort ,Haus’ liest oder hört, ist die Konnotation von diesem. So bedeutet ,Haus’ für den Einen Schutz, Wärme und Geborgenheit, für den Anderen viel Arbeit.

Während sich also jeder Leser eines literarischen Textes ein anderes Bild von ,Haus’ macht, präsentiert die filmische Umsetzung ihm ein Vorgefertigtes, Auserwähltes. Will dieses nicht recht mit dem selbst gemachten Bild übereinstimmen, sind wir als Filmseher oft enttäuscht. Wir werden also schnell Opfer unserer eigenen, eingeschränkten Vorstellung und unseres Starrsinnes und Egoismus. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass wir freudig-überrascht sind, weil die filmische Umsetzung unseren Vorstellungen sehr nah kommt oder diese - in ästhetischer Hinsicht - sogar übertrifft (dies setzt aber voraus, dass wir offen für Abweichungen, egal in welche Richtung, sind).

So kann mit der Visualität des Films seitens der Regie bewusst - je nach Aussageabsicht - gespielt werden, wie bei der Filmanalyse noch zu sehen sein wird. Indem uns also ein Vorstellungsinhalt vorgesetzt wird, wird uns damit eine ganz bestimmte Interpretation angeboten.

Paech schreibt, dass dort, wo das fiktionale Erzählen filmisch realisiert werden soll, sich die Bilderfolge an der Kontinuität des (vorfilmisch) Sichtbaren orientieren muss und zitiert in diesem Zuge Béla Balázs, dessen Der sichtbare Mensch als eine der ersten systematischen Filmtheorien gilt:

Eine in Worten gedachte Erzählung wird nämlich viele Momente überspringen, die im Bilde nicht zu überspringen sind. Das Wort, der Begriff, der Gedanke sind zeitlos. Das Bild aber hat eine konkrete Gegenwart und lebt nur in dieser. In Worten liegt Erinnerung, man kann mit ihnen auf Ungegenwärtiges hinweisen und anspielen. Das Bild aber spricht nur für sich selbst. Darum fordert der Film, besonders bei der Darstellung von seelischen Entwicklungen, eine lückenlose Kontinuität der sichtbaren Einzelmomente. Er muss aus dem ungemischten Material der reinen Visualität herausgearbeitet sein. Denn jede literarische Überbrückung spürt man sofort wie die Kälte eines luftleeren Raumes.[94]

Vor allem im Exkurs-Kapitel 3.2.4 ,Visualisierung der Gerüche im Film’ wird zu sehen sein, welche Rolle die Grundlagen der Zeichentheorie für die Transformation des Parfum- Stoffes vom Roman zum Film spielen.

2.1.5 Die Popularität der Literaturverfilmung

“If we assume that each medium has its own constraints and expressive possibilities, then artists must change an existing narrative significantly in appropriating it for a new work in a different medium. In cases where one artwork has told a story well, experience has taught us that the adapted artwork seldom equals or betters the original.”[95] Warum aber erfreuen sich literarische Adaptionen dann solch großer Beliebtheit? Und totzdem es, wie von dem großen Filmtheoretiker André Bazin proklamiert, eigentlich „unsinning [ist], sich über die Verluste zu entrüsten, die literarische Meisterwerke bei der Übertragung auf die Leinwand erleiden, jedenfalls dann, wenn man das im Namen der Literatur tut“[96] und dennoch unweigerlich genau dies die Bewunderer eines Originalwerkes tun, weil sie einzig und allein die Literatur als hohe und reine Kunst ansehen[97], wie im Kapitel 2.1.3 bereits ergründet wurde.

Kristin Thompson führt eine der Ursachen für die Popularität von Literaturverfilmungen auf „the sheer quantity of narrative material necessary for today’s media“[98] zurück und stellt fest, dass „throughout the twentieth century, the common cry of film and television producers has been that there are not enough good stories available.”[99] Da die Literatur auf eine lange Tradition zurückblickt, bietet sie eine Fülle an Stoffen und Motiven, die durch mediale Transformationen ‘recycled’ werden können.

Warum aber, wenn es erstens heißt, es sei wegen seiner Vielschichtigkeit und Tiefe schwierig, einen Roman in einen Film zu transformieren, und zweitens Intellektuelle jegliche literarische Adaption von vorneherein ablehnen, weil diese sowieso nie besser sein könne als das Original, werden dann allen existierenden literarischen Genres voran Romane verfilmt, wo doch auch Rezensenten die Adaption mit dem Originalwerk vergleichen werden und ihre Kritik zumeist zum Nachteil der Neuschöpfung ausfallen wird? Diese ganz zu Beginn gestellte Frage wird noch einmal aufgeworfen und:

The most obvious answer is that producers of expensive artworks like films and television programs hope to guarantee their profitability by exploiting a familiar work.

These works have either stood the test of time, as with classics, or made a great deal of money already, in the case of best-sellers. These factors of familiarity and built-in popularity weigh with people who undertake adaptations.[100]

Und diese Bestseller, von denen Kristin Thompson spricht, sind nunmal vorwiegend Romane. Und mit der Verfilmung von ihnen scheint es zu sein wie mit der Eröffnung einer Franchise-Filiale: Der Franchisenehmer nutzt den guten Namen und das Image eines bewährten Geschäftskonzepts und kann davon ausgehen, dass auch er mit seinem Vorhaben Erfolg haben wird.

Die Debatte um die Angemessenheit und Werktreue einer Literaturverfilmung wird zudem von Seiten der Firmen, die in die Produktion und vor allem in die Vermarktung involviert sind, bewusst unterstützt und ausgenutzt.[101] Denn egal ob nun positiv oder negativ: Es wird über den jeweiligen Film gesprochen, er steht in der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, und eine kostengünstigere Werbung könnte man sich kaum vorstellen. Die Kritiker und Verfechter des Originals werden Teil einer äußerst intelligenten Marketingstrategie.

2.2 Filmisches Erzählen

Kristin Thompson stellt in Frage, ob die Untersuchung von Literaturverfilmungen uns viel über die Theorie der Filmkunst erzählen könne.[102] Wie im theoretischen Teil erarbeitet wurde, wäre dies in der Tat kein geeigneter Ausgangspunkt, vielmehr muss der Film als Film mit Methoden der Filmanalyse beschrieben und analysiert werden [103], weil das strategische Erfolgsrezept eines Filmes ein anderes ist als das eines literarischen Textes. Die Art und Weise wie und mit welchen Mitteln eine Geschichte erzählt wird, unterscheidet sich bei den beiden Medien trotz zahlreicher Berührungspunkte.

Wie nun erzählt ein Film eine Geschichte? Was kennzeichnet das filmische Erzählen, das filmische Storytelling? In einem ersten Schritt wird der filmische Kode[104], das Zeichensystem des Films, kurz vorgestellt, um darzustellen, mit welchen Mitteln ein Film in der Lage ist zu erzählen. Dieses Basiswissen wird dann bei der Analyse der filmischen Umsetzung von Das Parfum angewendet und noch detaillierter dargestellt. Im zweiten Schritt wird der Frage nachgegangen, nach welchen Gesetzmäßigkeiten ein Film den Rezipienten eine Geschichte vermittelt.

2.2.1 Film als Zeichensystem

Insgesamt sind die verschiedenen Zeichen, aus denen der filmische Text besteht, multimedialer Natur; so kann im Film alles vereint werden: Inszenierung, Kamerahandlung (meint alles, was von und mit den Bild- und Tonaufnahmen getan wird einschließlich der Montage), Sprache (verbaler Kommentar, Textinserts etc.), Begleitmusik und Geräusche. Obwohl nicht alle dieser Elemente solche sind, die nur das Medium Film kennt, sondern die Elemente aus den verschiedensten kulturellen Codes stammen, gelten sie als filmisch, weil sie den Diskurs des Films bilden können, werden aber als nicht-kinematographisch bezeichnet.[105]

In erster Linie ist das filmische Erzählen aber eine Sache der Kamerahandlung.[106] Das Bild als gattungsbestimmendes Element und Kernstück des Films wird als der kinematographische Kode bezeichnet, welcher die Gesamtheit der visuellen Gestaltungsmittel umfasst. Er steht im Vordergrund der analytischen Betrachtung eines Films.[107] Die Kamera dient dazu, den Kontakt des Zuschauers mit der dargestellten Handlung zu lenken. Je nachdem, wie ein Sachverhalt dargestellt wird, verfolgt der Regisseur damit eine jeweilige Absicht. Der Regisseur übernimmt also die Funktion des Autors[108] und die Kamera die des Erzählers:

Was beim Erzählen im Roman auf verbale Weise von einem Subjekt ausgesagt wird, wird beim filmischen Erzählen von der dargestellten Handlung ausgesagt, indem eine oder mehrere Komponenten des Kamerablicks in den dargestellten Menschen und Dingen aufgehen. Dies bedeutet natürlich nicht, dass mit einem filmischen Erzählakt das Gleiche ausgesagt werden kann wie mit einem verbalen. Gerade weil dies nicht so ist und nicht sein kann, müssen die meisten verbalen Aussagen bei einer Verfilmung von der Handlung der Kamera formuliert werden. Das betrifft insbesondere die äußere Beschaffenheit und die äußeren Handlungen eines Subjekts. Innerliche, geistige Qualitäten und Vorgänge jedoch kann auch die Kamera selbst manchmal wiedergeben.[109]

Anne Bohnenkamp spricht ebenfalls von der Kamera als einem vermittelnden Kommunikationsmedium’ und zitiert dabei Manfred Pfister:

Der Betrachter eines Films wie der Leser eines narrativen Textes wird nicht, wie im Drama, mit dem Dargestellten unmittelbar konfrontiert, sondern über eine perspektivierende, selektierende, akzentuierende und gliedernde Vermittlungsinstanz - die Kamera beziehungsweise den Erzähler.[110]

Der Film ist somit geschaute Erzählung.[111]

2.2.2 Klassisches Storytelling im Film - Einfachheit als Programm

Film ist an sich nicht prinzipiell nach festen Regeln oder Bausteinen konzipiert. Es ist im Einzelfall zu untersuchen, welche Kodes der Film wie einsetzt. Dennoch aber sind strukturelle Gemeinsamkeiten über den Einzelfilm hinaus festzustellen und sogar Regelinventare wie der ^klassische Hollywoodkode’ rekonstruierbar. “To some extent, both classical films and television programs hide their own cleverness in a show of simplicity” [112], denn schon in den frühen Jahren des Kinos, 1909 bis 1917, wurde “a stable set of norms of storytelling”[113] aufgestellt: Einheitliche, einfach zu verstehende und spannende Filme zu machen - die Richtlinien der klassischen Hollywood-Filmemacher die, weil Hollywood-Filme international so erfolgreich waren, bis 1960 bestehen blieben und auch heute noch im Wesentlichen gültig sind, auch wenn natürlich nicht alle Filme jeden Aspekt dieses Modells berücksichtigen und manche diese Konventionen (bewusst) ausdehnen.[114]

Die grundlegenden Prinzipien des klassischen Storytelling im Film sind[115]:

- Einheitlich gestaltete Geschichten nach dem Kausalitätsprinzip[116]

Eine Ursache soll zu einer Wirkung führen, und diese Wirkung soll wiederum zu einer Ursache für eine andere Wirkung werden, d. h. ein Film soll aus einer ununterbrochenen Ursache-Wirkungs-Kette bestehen, wobei aber nicht jede Wirkung direkt auf eine Ursache folgen muss, sondern die treibende Kraft im Film gerade die „dangling cause“[117] (etwa ,baumelnde, (erstmal) in der Luft hängen gelassene Ursache’) ist - eine Information oder Handlung, die erst später im Film eine Folge mit sich bringt oder zu einer Auflösung führt.

- Einheit und Übersichtlichkeit/Deutlichkeit

Jede Handlung im Film soll gerechtfertigt sein und aus einer bestimmten Motivation heraus geschehen, was auch beinhaltet, dass Informationen eingeschleust werden, die bewusst erst später zur Auflösung führen (vgl. z. b. Szene 33, Sequenz 9: Wohingegen Süskind im Roman einfach behaupten kann, dass die Menschen zu Tausenden auf den Boden sinken[118], muss im Film dafür eine konkrete Begründung gegeben werden. So wurde ein Dominoeffekt eingebaut - die Menschen auf dem Marktplatz greifen alle nach dem von Grenouille mit dem ultimativen Parfum beträufelten Spitzentuch, das er in die Masse geworfen hat).

- Die Handlung basiert auf den Eigenschaften der Charaktere

Eine Ursache entsteht fast immer aus bestimmten Charakterzügen oder Handlungen der Figuren heraus, und nur selten sind übernatürliche Kräfte wie Feuer oder Überflutungen dafür verantwortlich.

- Die Charaktere handeln konsistent

Der Eindruck des Portfolios an Charakterzügen, dass der Filmzuschauer von einer Figur mitgeteilt bekommt, wird den Film hindurch bestehen bleiben. Falls die Figur etwas tut, das seinem Charakter zu widersprechen scheint, wird gewöhnlich eine Erklärung dafür gegeben (vgl. z. B. Szene 33, Sequenz 11: Grenouille weint. Grund: Er erinnert sich an das Mirabellen-Mädchen und beginnt zu realisieren, dass er einem großen Irrglauben aufgesessen ist).

- Der Protagonist begehrt, verlangt, wünscht etwas - er handelt zielorientiert Dieses Begehren liefert die Antriebskraft für die Geschichte, und das Ziel des Protagonisten definiert das Hauptgeschehen (Grenouille möchte ein ultimatives Parfum kreieren).

- Meist zwei parallele Handlungsgeschehen (nicht so in Das Parfüm).

- Romantik ist ein zentraler Faktor

Eine Handlungsfolge beinhaltet typischerweise eine Romanze, während sich die zweite mit einem anderen Ziel des Protagonisten beschäftigt, wobei diese beiden Ziele für gewöhnlich ursächlich miteinander verknüpft sind (bei Das Parfüm gibt es nur einen Handlungsstrang; Grenouille verfolgt nur ein Ziel: Das ultimative Parfum zu kreieren. Dennoch wurde ein Romantikfaktor, der mit der Verfolgung dieses Ziels zusammenhängt, eingebaut und ist sogar der Hauptinterpretationsansatz des Regisseurs, wie zu sehen sein wird).

- Linearität

Kontinuität muss gewahrt sein. Deshalb gibt es auch bei einem Szenenwechsel verschiedene Techniken, die eine Desorientierung des Zuschauers verhindern:

Dialogue Hook (etwa ,Dialog als Verbindung/Überleitung’): Eine gesprochene Zeile am Ende einer Szene die uns auf das, was in der nächsten Szene passieren wird, vorbereitet (in Das Parfum oft durch die Erzähler-Stimme realisiert, vgl. z. B. Übergang Szene 18 zu 19).

- Expository writing (,Erklärendes Geschriebenes’): z. B. Hinweisschilder Deadline (,Termin, Frist’): Damit werden häufig zeitliche Bezüge verständlich gemacht, jemand hat zum Beispiel 48 Stunden Zeit etwas zu tun, dieses Stilmittel dient zusätzlich auch zum Spannungsaufbau, oder Charaktere vereinbaren Termine oder Verabredungen, was dem Zuschauer ein Gefühl dafür geben soll, wie viel Zeit zwischen den Szenen vergangen ist (vgl. z. B. Szene 23: Laura feiert ihren 16. Geburtstag, was für Grenouille bedeutet, dass ,die Zeit reif ist’, um sich auf Laura als Herznote seines Parfums vorzubereiten. Spannung wird aufgebaut, indem der Zuschauer verfolgt, wie Grenouille alles daran setzt, sein Ziel zu erreichen).

Visual Motif (,Symbol’): Visuelles Motiv, das zum Symbol für eine wichtige Idee wird, besonders um eine wichtige Ursache oder ein Handlungsgefüge lebhaft in den Gedanken des Zuschauers zu verankern (bei Das Parfum vor allem der Parfumflakon aber auch Grenouilles riechende Nase in einer Detaileinstellung oder andere Dinge wie z. B. Kaffeebohnen in Detaileinstellung, um Geruchsvorstellungen zu erzeugen).

Verbal Motif (,sprachliches Motiv’): Auch Worte oder Sätze können symbolischen Charakter haben. So werden zum Beispiel Eigenschaften von Charakteren mehrmals wiederholt und anhand von Handlungen beispielhaft dargestellt.

- Struktur/Dramaturgie

Die Gestaltung eines Spannungsbogens ist an die lineare Dreiakt-Struktur von Aristoteles angelehnt, die aus Anfang, Mitte und Ende besteht:

Anfang: Einführung in die Geschichte, der Protagonist sieht sich einer Schwierigkeit in seinem Leben gegenübergestellt - 30 Minuten[119],

Mitte: Diese Schwierigkeit/dieser Konflikt entfaltet sich, die Geschichte entwickelt sich aufgrund einer Reihe von Umwälzungen, Entdeckungen, Hindernissen und Widerständen und wird durch diese vorangetrieben - 60 Minuten,

Ende: Der Konflikt wird aufgelöst, oft bedingt durch eine dem Protagonisten widerfahrende glückliche Wendung - 30 Minuten,[119]

Dazwischen jeweils Wendepunkte: Sie ,pushen’ die Geschichte in eine andere Richtung.

Es ist zu erkennen, dass der Zuschauer die Gründe und die Motivation für das Handeln einer Filmfigur nachvollziehen können muss. Über dieses Verstehen stellt sich Identifikation ein, die, wie noch zu sehen sein wird, für den Film unabdingbar ist.

Der über 2000 Jahre alte Vorschlag des Dreiaktes von Aristoteles lebt bis heute fort und wird nicht nur, wie hier skizziert, als Ausgangspunkt für das filmische Erzählen verwendet um zu lehren, wie man Geschichten strukturiert, sondern für jede Erzählkunst.[120] Dennoch argumentiert Kristin Thompson entgegen dieser allgemeingebräuchlichen Auffassung der Dreiakt-Struktur bei Filmen, dass die meisten Filme aus vier Akten bestehen würden, jeder von 30 Minuten Länge, der zusätzliche Akt sei ein „midway turning point.[121]

Bei der filmischen Umsetzung von Das Parfum lassen sich zwar viele dieser Normen des klassischen Storytellings im Film wieder finden, die zeigen, warum und inwiefern ein Film vor allem von der epischen Literatur abweicht, es muss aber noch ein weiteres Theoriemodell zur Erklärung, wie Geschichten vor allem inhaltlich strukturiert sind, zu Rate gezogen werden, um den Bauplan sowohl der Filmadaption als auch des Romans verstehen zu können. Es wird deutlich werden, dass sowohl Roman als auch Film von den klassischen Theorie-Modellen abweichen.

2.3 Theorie der Universalität von Erzählstrukturen: Das Modell der Heldenreise

Die in ihren Ursprüngen auf Aristoteles zurückgehende Dreiakt-Struktur findet sich auch in Joseph Campbells Theorie der Universalität von Erzählstrukturen. In seinem in den 40er Jahren erschienenen Werk Der Heros in tausend Gestalten [122] hat der Mythenforscher Campbell ermittelt, dass alle Märchen und Mythen weltweit im Kern dem gleichen Strukturmuster folgen. Dieses nennt er die ,Abenteuerfahrt des Helden’ [123], bei der es sich um den Durchlauf verschiedener Tests, Herausforderungen und Probleme handelt, die der Held während seiner Geschichte besteht. Campbell hat also aus der Analyse von vielen Einzelfällen heraus durch Abstrahierung ein Erzählschema rekonstruiert, das durch seine Universalität in seiner Weiterentwicklung und Anwendung interdisziplinäre und intermediale Gültigkeit gewonnen hat. Campbells Buch wurde zu einem der einflussreichsten und wichtigsten Bücher des 20. Jahrhunderts und zu einem Klassiker über das Motiv der Heldenreise (auch bekannt unter dem englischen Begriff ,The Hero’s Journey’), das sowohl in der Therapie als auch der Literatur großen Einfluss erlangte. In Hollywood hat das Motiv der Heldenfahrt insbesondere der US-amerikanische Drehbuchautor und Publizist Christopher Vogler mit seinem Buch Die Odyssee des Drehbuchschreibers [124] bekannt gemacht. Es gewann dort an großer Popularität und wurde zahlreich adaptiert. Auf den Motiven der Heldenreise basieren zum Beispiel die Star Wars­Filme von George Lucas.

Die Heldenreisegliedert sich in drei Phasen/Akte: Die Phase des Aufbruchs (Anfang/Ausgangssituation), der Initiation (Mitte/Veränderung) und der Rückkehr (Ende/Endsituation) [125]

Ausgangspunkt ist die gewohnte Welt des Helden Der Held wird zum Abenteuer gerufen (wegen der Erfahrung eines Mangels oder des plötzlichen Erscheinens einer Aufgabe) Diesem Ruf verweigert er sich daraufhin zumeist (zum Beispiel, weil es gilt, Sicherheiten aufzugeben)

Ein Mentor überredet ihn daraufhin die Reise anzutreten und das Abenteuer beginnt Der Held überschreitet die erste Schwelle, nach der es kein Zurück mehr gibt Daraufhin wird er vor erste Bewährungsproben gestellt und trifft dabei auf Verbündete und Feinde Nun dringt er bis zur tiefsten Höhle vor und trifft dabei auf den Gegner Hier findet die entscheidende Prüfung statt: Konfrontation und Überwindung des Gegners 9. Initiation und Transformation des Helden: Der Held wird belohnt, indem er z.B. den Schatz oder das Elixier raubt, das die Welt des Alltags, aus der er ausgebrochen ist, retten könnte. Dieser Schatz kann in einer inneren Erfahrung bestehen, die durch einen äußerlichen Gegenstand symbolisiert wird. Die Initiation verändert den Helden von einem normalen Menschen in einen mit konkreten Zielen. 10. Verweigerung der Rückkehr: Der Held zögert in die Alltagswelt zurückzukehren 11. Verlassen der Unterwelt: Der Held wird durch innere Beweggründe oder äußere Zwänge zur Rückkehr bewegt währenddessen es zur Auferstehung/Wiedergeburt des Helden kommt. Diese Auferstehung ist nötig, da er durch das Abenteuer zu einer neuen Persönlichkeit gereift ist 12. Rückkehr: Anschließend tritt der Held mit dem Elixier Heimweg an und überschreitet die Schwelle zur Alltagswel trifft auf Unglauben, Unverständnis und Ablehnung, Gesellschaft ihre Gewohnheiten nicht aufgeben will muss das auf der Heldenreise Gefundene oder Errungen das Alltagsleben integrieren 3. Herr der zwei Welten: Der Heros vereint Alltagsleben mit seinem neugefundenen Wissen und lässt somit die Gesellschaft an seiner Entdeckung teilhaben, er wird nun von der Gesellschaft als Held gefeiert

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Das Modell der Heldenreise (In Anlehnung an Campbell 1999 und Vogler 1999)

3 Vergleichende Analyse Das Parfum. Patrick Süskinds Roman (1985) und Tom Tykwers Film (2006)

Welche Rolle spielt das Modell der Heldenreise bei der Transformation der literarischen Vorlage Das Parfum in den gleichnamigen Kinofilm? Was bewegt einen Produzenten dazu, jahrelang um die Verfilmungsrechte eines literarischen Stoffes zu kämpfen? Welche Intention verfolgt er zusammen mit dem Regisseur dabei, aus einem literarischen Welterfolg ein Kinoereignis zu machen?

Diesen Fragen wird im Verlauf des umfassenden Hauptteils der vergleichenden Analyse von Roman und filmischer Umsetzung nachgegangen. Die Analyse folgt dabei den von Helmut Korte vorgestellten Analysedimensionen ,Bedingungsrealität’, ,Filmrealität’ und ,Bezugsrealität’ und wird von der Dimension ,Wirkungsrealität’ abgerundet.[126]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Dimensionen der Filmanalyse.

(In Anlehnung an Korte 2004: 23).

Das Besondere an Kortes Analysemodell ist, dass es quantitative mit qualitativen Methoden verbindet, also Objektivität mit Subjektivität. Es wird damit der Tatsache gerecht, dass sich Film „als ästhetisches Phänomen [...] nicht ,an sich’ betrachten [lässt], sondern er ist stets eingebunden in ein prozeßhaftes Geschehen, das Künstler, Kunstwerk und Zuschauer in Wechselwirkungen sieht.“[127] Dieses Zusammenspiel der verschiedenen Argumentationsebenen visualisiert die Abbildung 4. Die aufgezeigten Dimensionen der Filmanalyse müssen dabei nicht zwingend gleich wichtiger Untersuchungsgegenstand sein. Dies kann je nach Untersuchungsschwerpunkt variieren.[128] Ziel ist es, „die während der Filmbetrachtung gegebene Simultaneität verschiedener Faktoren in ein überschaubares und einzeln überprüfbares Nacheinander aufzulösen.“[129] Die vorliegende Arbeit fokussiert sich auf die Bereiche ,Bedingungsrealität’, ,Filmrealität’ und ,Bezugsrealität’.

Die Dimension Bedingungsrealität (Kapitel 3.1) umfasst die Aufarbeitung der historisch-gesellschaftlichen Situation zur Entstehungszeit des Films, beinhaltet also die Ermittlung der Kontextfaktoren, die die Produktion, also die inhaltliche und formale Gestaltung des Films, beeinflusst haben.[130] Gleiches wird auch auf die Entstehung des Romans ausgeweitet. Die Dimension ,Bedingungsrealität’ wird dabei jeweils um einzelne Fragestellungen der Dimension ,Wirkungsrealität’ ergänzt. Hierbei geht es aber, vor allem im Kapitel 3.1.2 ,Der Film’, zunächst mehr um den Rezeptionshintergrund als um eine Aufarbeitung der Rezeptionsdokumente.

Der Bereich Filmrealität (Kapitel 3.2) beschäftigt sich mit der werkimmanenten Analyse des Films und geschieht hier immer im Vergleich mit der Analyse der literarischen Vorlage. Im Rahmen dieser Dimension gilt es, Fragen des Medien wechsels, wie beispielsweise die danach, wie die Sprache des Romans in die Filmsprache übersetzt wurde, zu beantworten. Ziel ist dabei die Beantwortung der Frage, warum dieser Inhalt in dieser historischen Situation, in dieser Form filmisch aktualisiert wurde.[131]

Als Hilfsmittel für die werkimmanente Analyse hat sich vor allem das so genannte Filmtranskript (auch Filmprotokoll) durchgesetzt, dem folgende Aufgabe zukommt:

Das Transkript soll letztlich die systematische Filminterpretation ermöglichen, indem es die filmischen Interpretationen wiederholbar, nachvollziehbar macht. [...] Ebenso wird durch das Transkript ein Vergleich der literarischen Vorlage mit dem Film ermöglicht und damit die Nachprüfbarkeit filmischer Interpretation gewährleistet. Somit kann die Filminterpretation textbezogen vorgenommen werden, das heißt das Transkript kann zitiert werden.[132]

Mit Hilfe des Filmtranskripts lassen sich also bei Literaturverfilmungen genaue Vergleiche zwischen dem literarischen und dem Film-Text durchführen. Es fungiert weiterhin als Erinnerungsstütze des einst gesehenen Filmes und/oder als Vorbereitung für die kritische Filmbetrachtung.[133] Um dies leisten zu können, muss das Transkript leicht lesbar und übersichtlich sein. „Eine Auseinandersetzung mit [ihm] erscheint mir wichtig, denn sie trägt dazu bei, dass aus der Filmanalyse eine nicht nur seriöse, sondern auch praktikable wissenschaftliche Disziplin wird“ :[134]

Dazu zählen die Informationen auf der visuellen Ebene, inklusive der Montage der Bilder, und die Informationen auf der sprachlichen und auditiven Ebene, also Geräusche und Musik. Die morphologische Analyse, mit der dabei die kleinsten bedeutungstragenden Elemente, die Morpheme, untersucht werden, gibt Aufschluss über die Bedeutung und narrative Funktion der einzelnen Elemente und ihrer Gesamtheit, also wie bereits erwähnt, der Verknüpfung der Konstituenten wie Bild, Text und/oder Musik und Geräusche. Neben der Analyse der Gestaltungsmittel ist die Art der Darstellungsmittel, die der Regisseur gewählt hat, herauszuarbeiten. Es stellen sich hier die Fragen nach der Themenadäquanz, der Mediengemäßheit, dem Innovationsgrad etc.[135]

Die Dimension Bezugsrealität (Kapitel 3.2) beinhaltet die Interpretationskomponente: „In welchem Verhältnis steht die filmische Darstellung zur realen Bedeutung des gemeinten Problems?“[136] Sie schließt sich in dieser Arbeit, natürlich immer um den Bezug zur literarischen Vorlage erweitert, eng an die werkimmanente Analyse des jeweiligen Themas an, und ist an vielen Stellen sogar fast unmerklich mit dieser verwoben. Die jeweiligen eingesetzten Analyseinstrumente (Filmtranskripte in verschiedenen Formen und Funktionen) werden also immer am Film selbst überprüft und in die qualitative Untersuchung argumentativ eingebunden.[137] Auf der Dimension ,Bezugsrealität’ liegt das Hauptaugenmerk dieser Arbeit. Ziel ist es, die dominanten Tendenzen der filmischen Aussage im Vergleich zur Romanvorlage herauszufiltern.

[...]


1 Vgl. Literaturverfilmungen. Hrsg. von Franz-Josef Albersmeier und Volker Roloff. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1989 (= Suhrkamp-Taschenbuch Bd. 2093: Materialien). Klappentext vorne innen.

2 Sowohl bei den Produktionen nach Herkunftsländern als auch bei der Herkunft der literarischen Vorlage steht die BRD an erster Stelle. Vgl. Klaus M. Schmidt und Ingrid Schmidt: Lexikon Literaturverfilmungen: Verzeichnis deutschsprachiger Filme 1945-2000. 2. Aufl. Stuttgart/Weimar: J. B. Metzler 2000. Statistischer Überblick S. X. Zum deutschsprachigen Raum zählen die Autoren die BRD, die ehemalige DDR, die Republik Österreich und die Schweiz. Unter den Begriff ,Literaturverfilmungen’ wurden sowohl Kino- als auch Fernsehproduktionen gefasst.

3 Vgl. Schmidt und Schmidt 2000. Statistischer Überblick S. XI. „Erfolgreiche Romane bilden bis heute ein Reservoir für kommerzielle oder auch künstlerisch ambitionierte Filme.“ Cornelia Fischer: Zum Begriff „Literaturverfilmung’. In: Microsoft Encarta Enzyklopädie Professional 2004 (CD-Rom).

4 Kristin Thompson: Storytelling in film and television. Cambridge, Mass. and London: Harvard University Press 2003. S. 75.

5 DVD ,Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders’. Premium Edition. München: Constantin Film AG 2006. Vertrieb Studio ,Highlight’. Erscheinungstermin 15.03.2007.

6 Patrick Süskind: Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders. Zürich: Diogenes 1994 1985. Im Folgenden nur noch mit dem Kurztitel Das Parfum bezeichnet.

7 Erich Maria Remarque: Im Westen nichts Neues. z. B. Köln: Kiepenheuer & Witsch 1998 1929.

8 Vgl. Alexander Kissler: Süskind-Portrait. Warum sind die Menschen so aufdringlich? In: Süddeutsche Zeitung (08.09.2006). Abgerufen auf http://sueddeutsche.de/kultur/artikel/33/84948/article.html (20.03.2008).

9 Vgl. Frank Degler. Aisthetische Reduktionen. Analysen zu Patrick Süskinds ,Der Kontrabaß’, ,Das Parfum’ und ,Rossini’. Hrsg. von Ernst Osterkamp und Werner Röcke. Berlin u.a.: De Gruyter 2003 (= Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte 24 (258)). S. 122-173.

10 Degler 2003: 148.

11 Vgl. Degler 2003: 158.

12 Weiterführende Informationen zum Unternehmen (damals noch in Paderborn, heute in München ansässig) unter www.waltermedia.de.

13 Vgl. Karin Thier: Storytelling. Eine narrative Managementmethode. Heidelberg: Springer Medizin 2006 (= Arbeits- und organisationspsychologische Techniken). S. 16.

14 So stammt der englische Begriff ,story’ von griechisch ,historía’ und wird zwar mit ,Geschichte, Erzählung’ übersetzt, bedeutet eigentlich aber ,Wissen.’ Vgl. Die Literatur. Ein Sachlexikon für die Schule. Hrsg. von Meyers Lexikonredaktion unter der Leitung von Gerhard Kwiatkowski. 2. Aufl. Mannheim, Wien, Zürich: Dudenverlag 1989 (= Schülerduden) zum Stichwort ,Story’.

15 Vgl. Uwe Walter: Storytelling - Häufige Fragen. http://www.waltermedia.de/storytelling.php (07.10.2007).

16 Das Storytelling wird zum Beispiel in der narrativen Psychologie als therapeutische Technik verwendet.

17 Vgl. hierzu z. B. Thompson 2003: 40.

18 “This term refers to a stable set of norms of storytelling that were formulated during the early years of the cinema, primarily in the period from about 1909 to 1917.“ Thompson 2003: 19.

19 Vgl. Thompson 2003: 19-36.

20 Peter Wuss: Filmanalyse und Psychologie. Strukturen des Films im Wahrnehmungsprozeß. Berlin: Edition Sigma 1993 (= Sigma-Medienwissenschaft Bd. 15). S. 88.

21 Vgl. z. B. Roland Barthes: Das semiologische Abenteuer. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1988. S. 102.

22 Wuss 1993: 85.

23 Vgl. Michael Schaudig: Literatur im Medienwechsel. Gerhart Hauptmanns Tragikomodie Die Ratten und ihre Adaptionen fur Kino. Horfunk. Fernsehen. Prolegomena zu einer Medienkomparatistik. Hrsg. von Klaus Kanzog. Munchen: Schaudig u.a. 1992 (= diskurs film Bibliothek Bd. 4). S. 90ff.

24 Schaudig 1992: 91.

25 Ebd. '

26 Vgl. z. B. die Ausfuhrungen von Franz-Josef Albersmeier: Einleitung: Von der Literatur zum Film. Zur Geschichte der Adaptionsproblematik. In: Literaturverfilmungen. Hrsg. von Albersmeier und Roloff 1989. S. 15-37. HierS. 15.

27 Vgl. Helmut Korte: Einfuhrung in die Systematische Filmanalyse. Ein Arbeitsbuch. 3. Aufl. Berlin: Erich Schmidt 2004. S. 13-69.

28 Klaus Kanzog: Erzahlstrukturen - Filmstrukturen. Erziihliingen Heinrich von Kleists und ihre filmische Realisation. Berlin: Erich Schmidt 1981. S. 14.

29 Vgl. Korte 2004: 15f.

30 Korte 2004: 16.

31 Gespräch mit Tom Tykwer. In: Das Parfum. Das Buch zum Film. Hrsg. von Constantin Film und dem Diogenes Verlag. Zürich: Diogenes 2006. S. 19-24. Hier S. 20.

32 Vgl. z. B. die offizielle DSDS-Homepage von RTL http://www.rtl.de/musik/superstar.php (24.05.2008).

33 Vgl. im Fall von Thomas Godoj z. B. einen Artikel der Kultur- und Medienwissenschaftlerin Gabriele Dietze: Das Gute an DSDS. Eine Heimat für Migranten. Artikel vom 18.03.2008. http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/lieder-fuer-eine-heimat/?src=HL&cHash=e1ee82dd87 (09.05.2008). Auf ,Uncyclopedia’, der satirischen Form von Wikipedia, findet sich ein Artikel zum Stichwort ,Godojismus’, der die ,Sucht’ nach Thomas und den Hype um seine Person in satirischer Form beschreibt. Vgl. http://de.uncyclopedia.org/wiki/Godojismus (19.05.2008).

34 Unter der Regie von Volker Weicker. http://www.liveregie.de/. (27.05.2008).

35 Vgl. hierzu z. B. die Ausführungen von Schaudig 1992 zum Thema ,Film als Ware’ (vs. Film als künstlerisches Ausdrucksmittel), welches vor allem seit dem Erscheinen des Filmes Batman 1989 aktuell geworden ist, da zu diesem Zeitpunkt erstmalig in der Filmgeschichte die Werbeausgaben die Herstellungskosten dominierten und somit die Reklame zum eigentlichen Produkt wurde. S. 53f und S. 58.

36 Anne Bohnenkamp: Interpretationen Literaturverfilmungen. Stuttgart: Reclam 2005. S. 13.

37 Schaudig 1992: 25.

38 Schaudig 1992: 25.

39 Vgl. hierzu auch Albersmeier in Literaturverfilmungen 1989: 17.

40 Vgl. Schaudig 1992: 32.

41 Albersmeier in Literaturverfilmungen 1989: 17.

42 Ebd.

43 Vgl. Cornelia Fischer: Zum Begriff ,Literaturverfilmung’. In: Microsoft Encarta Enzyklopädie Professional 2004.

44 In dieser zitiert Paech Jean Epstein, der schon etwa 1921 festgestellt habe, dass der Film die moderne Literatur regelrecht durchtränke und umgekehrt diese geheimnisvolle Kunst viel von der Literatur übernommen habe. Zwischen der Literatur und dem Film existiere eine natürliche Wechselbeziehung, die auf mehr als nur eine Verwandtschaft hinweise. Vgl. Joachim Paech: Literatur und Film. 2. Aufl. Stuttgart, Weimar: Metzler 1997. S. 153.

45 Paech 1997: 180.

46 Thomas Beutelschmidt, Manuel Köppen, Rüdiger Steinlein: Video in der Literaturwissenschaft?! Audiovisuelle Medien am Fachbereich Germanistik der FU Berlin. Ein Erfahrungsbericht. In: Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur. Hrsg. von Joachim Paech. 2. Aufl. Münster: Nodus 1988. S. 235-246. Hier S. 236.

47 Ebd. S. 237. Vgl. auch Paech 1997 schon im Vorwort S. IX, auf den sich die Autoren in dem historischen Teil ihres Aufsatzes weitestgehend zu beziehen scheinen.

48 Vgl. Paech 1997: Vorwort S. VII, S. 23 und S. 49.

49 Paech 1997: 56.

50 Vgl. Paech 1997: 27f.

51 Paech 1997: 90.

52 Vgl. Paech 1997: 91.

53 Vgl. Gisela Palmes: Literatur und Film. „La colmena“ von Camilo José Cela. Hrsg. von Prof. Dr. Rafael Gutiérrez Girardot. Frankfurt am Main: Lang 1994 (= Hispanistische Studien Bd. 25).

54 André Bazin: Für ein „unreines“ Kino - Plädoyer für die Adaption. In: André Bazin: Was ist Kino? Bausteine zur Theorie des Films. Köln: DuMont Schauberg 1975. S. 45-67. Hier S. 55.

55 Vgl. Ellen Deboeser, Ingrid Gubo und Michaela Scholz: Von der Idee bis zur Kritik. Stationen der Fernsehfilmadaption der Novelle Ein fliehendes Pferd von Martin Walser. Essen: Die Blaue Eule 1988 (= Theater, Film und Fernsehen in der Blauen Eule Bd. 4). S. 17.

56 Palmes 1994: 16. Diese „Zerstreuung“ muss aber nicht zwangsläufig negativ gewertet werden. So spricht Wuss in diesem Zusammenhang von ,Psychohygiene’ und ,Kompensationsprinzip’, denn „in einer Zivilisation, in der das Sagen immer stärker das Leben beherrscht, die an Sprache gebundenen Abstraktionsleistungen dauernd gefordert (und darum auch überanstrengt) werden, mag eine solche Ikonisierung der Kommunikation per se schon psychohygienischen Wert haben.“ Vgl. Wuss 1993: 406­423. Hier S. 410.

57 Vgl. Albersmeier in Literaturverfilmungen 1989: 17.

58 In Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur 1988: 237.

59 Paech 1997: 151.

60 Vgl. Schaudig 1992: 35.

61 René Clair: Cinéma pur et cinéma commercial. In: Les cahiers du mois Nr. 16/17 (1925). S. 176. Zitiert nach Paech 1997: 153.

62 Vgl. Paech 1997: 183.

63 Paech 1997: 183. So kritisiert Paech in seinem Aufsatz „Intermedialität. Mediales Differenzial und transformative Figurationen“ im Rahmen der Diskussion um das Thema ,Intermedialität’ auch Analysen von Intermedialität, „die die Darstellung der einen Kunstform in einer anderen (also zum Beispiel Literatur im Film) lediglich als Übertragung eines Inhalts aus einem Behälter (Medium) in einen anderen auffassen.“ (Hier S. 15f). Der Inhalt jedes Mediums sei immer ein anderes Medium (Paech in Anlehnung an Marshall McLuhan: Die magischen Kanäle. 2. Aufl. Dresden u.a.: Verlag der Kunst 1995 (= Fundus Bücher 127) ), das Medium also nicht nur als Behälter aufzufassen. Bei einer Literaturverfilmung wird demnach das Medium ,Buch’ als die mediale Verpackung der Kunstform Literatur zum Inhalt des (technischen) Mediums Film (der zugleich Kunstform ist). Intermedialität sei als medialer Transformationsprozess zu verstehen, dieser als formales Verfahren stilistischer Differenz. Ähnlich der Intertextualitätstheorie, die davon ausgeht, dass sich jeder Text als Mosaik von Zitaten aufbaut und jeder Text Absorption und Transformation eines anderen Textes ist (vgl. z. B. Kulturelles Wissen und Intertextualität. Hrsg. von Marion Gymnich. Trier: WVT 2006 (= ELCH 22)), geht Paech davon aus, dass sich „Intermedialität als formaler Prozess’ . in der Geschichte der Künste, im Übergang zu den technischen Medien und deren Ausdifferenzierung in analogen und digitalen Varianten in Übersetzung von Formen, die im Prozess der Transformation und in der Schwellenerfahrung in Übergängen auf ihre anderen Medien-Seite verweisen, ereignet“ (hier S. 25). Das Modell für die Intermedialität bleibe aber der Text. Vgl. Joachim Paech: Intermedialität. Mediales Differenzial und transformative Figurationen. In: Intermedialität. Theorie und Praxis eines interdisziplinären Forschungsgebiets. Hrsg. von Jörg Helbig. Berlin: Schmidt 1998. S. 14-30.

64 Ludwig Greve: Hätte ich das Kino! Die Schriftsteller und der Stummfilm. Eine Ausstellung des Deutschen Literaturarchivs im Schiller-Nationalmuseum Marbach a.N. vom 24. April bis 31. Oktober 1976. München: Kösel 1976 (= Sonderausstellung des Schiller-Nationalmuseums, Katalog Nr. 27). S. 133.

65 Vgl. z. B. auch Paech 1997 im Vorwort.

66 Joachim Paech: Literaturwissenschaft und/oder Filmwissenschaft? In: Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur. Hrsg. von Paech 1988. S. 11-20. Hier S. 18.

67 Vgl. Schaudig 1992: 17.

68 Paech in Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur 1988: 10.

69 Vgl. Paech in Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur 1988: 10.

70 Uwe Walter: Was ist Storytelling? http://www.waltermedia.de/storytelling.php (07.10.2007).

71 Filmsprache’ beinhaltet u. a.: Bild, Ton der Musik, Ton der Reden, Geräusche, graphische Formen ausgeschriebener Schriftzeichen, wobei das Bild das Spezifikum von Kino, Fernsehen und Video ist. Die auditiv gegebenen Informationen können die visuellen ergänzen und effektvoll unterstreichen oder auch konterkarieren, ironisch oder ahnungsvoll zuspitzen. Vgl. Palmes 1994: 19 und Korte 2004: 15. Zur Filmsprache vgl. auch Knut Hickethier: Filmsprache und Filmanalyse. Zu den Kategorien der filmischen Produktanalyse. In: Der Deutschunterricht 33/1981. S. 6-27. Hier v. a. S. 9 und Kanzog 1981: 13.

72 Vgl. Klaus Kanzog. Wege zu einer Theorie der Literaturverfilmung am Beispiel von Volker Schlöndorffs Film „Michael Kohlhaas - der Rebell.“ In: Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur 1988. S. 21-44. Hier S. 21.

73 Vgl. Kanzog in Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur 1988: 40.

74 Vgl. zu den Ausführungen dieses Abschnittes Paul G. Buchloh: Exemplarische Analysen von Roman- und Filmanfängen. „Moby-Dick“, „The Old Man and the Sea“, „Catch-22“. In: Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur 1988. S. 155-165. Hier S. 155f.

75 Eva M. J. Schmid: ,Experimentalfilm’ und Literatur. In: Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur 1988. S. 167-178. Hier S. 168.

76 Und generell Originale höherschätzen als abgeleitete Werke aus zweiter Hand. Vgl. Bohnenkamp 2005: 9 und 11.

77 Vgl. Thompson 2003: 74.

78 Vgl. Bohnenkamp 2005: 10.

79 Vgl. z. B. Palmes 1994: 8.

80 Vgl. Peter Beicken: Wie interpretiert man einen Film? Stuttgart: Reclam 2005 (= Universal-Bibliothek Bd. 15227: Literaturwissen für Schüler). S. 174.

81 Beicken 2004: 174.

82 Beicken 2004: 174.

83 Kanzog 1981: 7.

84 Vgl. Kanzog 1981: 7f.

85 Vgl. z. B. Bohnenkamp 2005: 36.

86 Vgl. Bohnenkamp 2005: 16.

87 Palmes 1994: 18.

88 Vgl. die Theorie vom ,subvisuellen Sehen’ von Beutelschmidt, Köppen und Steinlein in Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur 1988: 237 und S. 12 dieser Arbeit.

89 Vgl. Bohnenkamp 2005: 31.

90 Bohnenkamp 2005: 31.

91 Vgl. Palmes 1994: 20.

92 Vgl. hierzu z. B. den Artikel ,Zeichen (Sprachwissenschaft)’ in der Microsoft Encarta Enzyklopädie 2004.

93 Zu den Begriffen ,Denotation’ und ,Konnotation’ siehe ebenfalls z. B. Microsoft Encarta Enzyklopädie 2004.

94 Béla Balázs: Schriften zum Film I. Der sichtbare Mensch. Kritiken und Aufsätze 1922-1926. München: Hanser 1982. S. 63f.

95 Thompson 2003: 76.

96 Bazin 1975: 55.

97 vgl. Thompson 2003: 76f und Bohnenkamp 2005: 9ff.

98 Thompson 2003: 77.

99 Thompson 2003: 79f.

100 Thompson 2003: 76.

101 Vgl. Thompson 2003: 76. Ausführungen zum Beispiel ,Herr der Ringe.’

102 Vgl. Thompson 2003: 75f.

103 Vgl. Paech in Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur 1988: 18.

104 Nach Umberto Eco lassen sich für den Film verschiedene Kodes bzw. Typen von Kodes unterscheiden, der filmische Kode umfasst als übergeordneter alle Teilkodes die im Film auftreten und regelt die Kommunikation auf der Ebene bestimmter Erzählregeln; er legt also fest, wie mit filmischen Mitteln überhaupt erzählt werden kann. Vgl. Umberto Eco: Die Gliederung des filmischen Code. In: Sprache im technischen Zeitalter 27 (1968). S. 230-252.

105 Vgl. Matthias Hurst: Erzählsituationen in Literatur und Film. Ein Modell zur vergleichenden Analyse von literarischen Texten und filmischen Adaptionen. Tübingen: Max Niemeyer 1996 (= Medien in Forschung und Unterricht. Ser. A, Bd. 40). S. 78.

106 Jan Marie Peters schlägt in seinem Beitrag in Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur 1988 einen sprechakttheoretischen Ansatz vor, der aber hier nicht theoretisch ausgearbeitet werden soll, sondern lediglich kurz zusammengefasst dargestellt wird, dessen Gedanken aber in die Filmanalyse mit einfließen. Vgl. Jan Marie Peters: Sprechakttheoretische Ansätze zum Vergleich Roman-Film. In: Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur 1988. S. 45-61.

107 Vgl. Hurst 1996: 78 f.

108 Die vom Werk gesteuerte Informationsaufnahme hat die Literaturwissenschaft auf den Begriff der ,Rezeptionsvorgabe’ gebracht. „Jedes literarische Werk - und entsprechend jeder Film - bildet eine Rezeptionsvorgabe, die einen komplexen Erlebensprozeß vorskizziert.“ Wuss 1993: 53. Helmut Korte spricht in diesem Zusammenhang von ,intendierter Wirkung’ im Rahmen der Analysedimension ,Wirkungsrealität’. Vgl. Korte 2004: z. B. 24. Wuss versucht in seiner Abhandlung die komplexen Wechselwirkungen vor allem zwischen Werk und Rezeption (film-)psychologisch zu erklären.

109 Peters in Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur 1988: 53. Die Idee von der ,Kamera als Federhalter’ proklamierte Alexandre Astruc bereits 1948. Vgl. Paech 1997: 171.

110 Manfred Pfister: Das Drama. Theorie und Analyse. 7. Aufl. München: Fink 1988 (= Uni-Taschenbücher Bd. 580 Literaturwissenschaft, Theaterwissenschaft). S. 48.

111 Nach Thomas Mann. Vgl. Bohnenkamp 2005: Anm. 36 S. 28.

112 Thompson 2003: Preface. Die Tatsache der ,Einfachheit als Programm’ ist nicht verwunderlich, denn „Kunst kommt dem Aufmerksamkeitsvermögen des Menschen entgegen, indem sie ihre Formgestalt auf dessen begrenzte Informationsverarbeitungskapazität bei der Rezeption abstimmt und eine Optimierung des Informationsflusses vornimmt, so daß der Rezipient durch das Informationsangebot weder über- noch unterfordert wird.“ Wuss 1993: 42. Wuss geht davon aus, dass „infolge des massierten, permanenten und langzeitigen Mediengebrauchs ... die Wahrscheinlichkeit immer größer wird, daß Stereotypenstrukturen sich herausbilden. Einfach darum, weil der gesellschaftliche Lernprozeß hinsichtlich der medialen Informationen ungleich intensiver, vielschichtiger und zeitlich ausgedehnter verläuft als in einer Welt ohne Fernsehen. Stereotypenbildung verweist immer auf ein überhöhtes Kommunikationsangebot, auf eine Art Dauerbeschuss an Information.“ S. 62.

113 Thompson 2003: 19.

114 Vgl. Thompson 2003: 19 und auch das in der Liste der weiterführenden Literatur verzeichnete Werk von Kristin Thompson: Storytelling in the New Hollywood. Understanding Classical Narrative Technique. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press 1999 sowie dort auch David Bordwell, Janet Staiger und Kristin Thompson: The classical Hollywood cinema. Film style & mode of production to 1960. London: Routledge 1999.

115 Vgl. Thompson 2003: 19-43.

116 Zur psychologischen Erklärung der Bedeutung von kausalen Beziehungen zum Verständnis von Fabelbildung und Textverstehensprozessen vgl. Wuss 1993: 102-119.

117 Thompson 2003: 21.

118 Vgl. Süskind 1994: 299-306. Im Folgenden wird nach dieser Ausgabe im laufenden Text mit der Sigle P und der entsprechenden Seitenzahl zitiert.

119 Die Zeitangaben beziehen sich auf die gebräuchlichste Version der Aristotelischen 3-Akt-Struktur, Syd Field’s Screenplay. The Foundations of Screenwriting. New York: Delta 1979, dessen Werk in Drehbuchautorenkreisen als ‘Die Bibel’ gilt und der bei seiner Einteilung von einem 120-minütigen Film ausgeht.

120 Vgl. Thompson 2003: 20. Auch im Rahmen der modernen Erzähltheorie schreiben die meisten strukturalistischen Ansätze einem Text/Film als minimale Erzählstruktur eine triadische Struktur mit den konstitutiven Einheiten Ausgangssituation-Veränderung-Endsituation zu. Vgl. z. B. Monika Fludernik: Einführung in die Erzähltheorie. Darmstadt: WBG 2006.

121 Thompson 2003: 43.

122 z. B. in der 4. Auflage. Frankfurt: Insel 1999. Englischer Originaltitel The hero with a thousand faces, z. B.: New York, NY: Fine Communications 1997 amerikanische Erstveröffentlichung 1949.

123 Peter Wuss spricht in diesem Zusammenhang von der ,Fabel’ als Modell der Komposition (vgl. Wuss 1993: 87-97). Das Strukturmuster der ,Heldenreise’ lässt sich Wuss’ dritter Basisform der Narration, dem Erzählstereotyp, auch ,Story-Schemata’ genannt, zuordnen. Die anderen beiden Basisformen sind Kausal­Ketten und Topik-Reihen. Vgl. Wuss 1993: z. B. 97. Hinter den Erzählstereotypen stünden Erzählkonventionen, die sich aufgrund intertextueller Wiederholung narrativer Strukturen herausgebildet hätten. Grund: Sie erleichterten die Informationsverarbeitung und kanalisierten den Rezeptionsprozess. Vgl. S. 148.

124 Vgl. Christopher Vogler: Die Odyssee des Drehbuchschreibers. Über die mythologischen Grundmuster des amerikanischen Erfolgskinos. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Zweitausendeins 1999 1992. Englischer Originaltitel The Writer’s Journey. Mythic Structure for Storytellers & Screenwriters. 3. Aufl. Seattle, Washington: Michael Wiese Productions 2007.

125 Die folgende Subgliederung der Heldenreise basiert auf dem Modell von Campbell, ist aber an manchen Stellen durch die Version von Christopher Vogler, der diesen Weg als Anleitung für Drehbuchautoren entwarf, modernisiert. Vgl. Campbell 1999 und Vogler 1999.

126 Vgl. Korte 2004: 23ff.

127 Wuss 1993: 21. Als Grundoperationen der Filmanalyse sieht Wuss 1. die Beschreibung, 2. Die Interpretation und 3. die Bewertung an. Vgl. S. 22. Diese Grundoperationen finden sich auch in Kortes Modell wieder.

128 Vgl. Korte 2004: 24.

129 Korte 2004: 66.

130 Vgl. Korte 2004: 23.

131 Vgl. Korte 2004: 23.

132 Paul G. Buchloh: Literatur in filmischer Darstellung. Methodische Möglichkeiten zur philologischen Erschließung verfilmter Literatur. In: Literatur und Wissenschaft im Unterricht. XIII.1 (März 1980).

133 Vgl. Zitiert nach Alfred Weber: Mögliche Formen und Funktionen des Filmtranskripts. In: Methodenprobleme der Analyse verfilmter Literatur 1988. S. 95-105. Hier S. 99f.

134 Ebd. S. 104.

135 Palmes 1994: 100.

136 Korte 2004: 23.

137 Vgl. Korte 2004: 66.

Ende der Leseprobe aus 198 Seiten

Details

Titel
Die Metamorphose des Jean-Baptiste Grenouille aus Patrick Süskinds "Das Parfum" vom literarischen Scheusal zum Kinohelden
Untertitel
Mediale Transformationen und ihre Auswirkungen auf das Storytelling von Buch zum Film
Hochschule
Universität Paderborn  (Fakultät für Kulturwissenschaften)
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
198
Katalognummer
V132333
ISBN (eBook)
9783640384020
ISBN (Buch)
9783640384297
Dateigröße
2864 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Das Parfum, Das Parfum Roman und Film, Patrick Süskinds Das Parfum, Patrick Süskinds Das Parfum Roman und Film, Literaturverfilmungen, Storytelling, Das Parfum Roman-Filmvergleich, mediale Transformationen, Filmadaptionen, literarische Scheusale, Jean-Baptiste Grenouille, Grenouille, Kinohelden, Bernd Eichinger, Tom Tykwer, Tom Tykwers Das Parfum, Constantin Film
Arbeit zitieren
Carina Bodes (Autor:in), 2008, Die Metamorphose des Jean-Baptiste Grenouille aus Patrick Süskinds "Das Parfum" vom literarischen Scheusal zum Kinohelden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132333

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