Antike Welten auf moderner Leinwand

Das Altertum neu aufleben lassen


Seminararbeit, 2007

16 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Warum Antike im Film?
2.1 Kulturelle Gründe
2.2 Historische Gründe
2.3 Technische Gründe
2.4. Funktionen und Stilmittel des Mediums Film

3. “Auf Sandalen durch die Jahrtausende” – Wie kam Antike zum Film?

4. Zur Genre

5. „Entertainment“ oder historische Realität
5.1 Die Frage nach Authentizität. Stichwort Inszenierung
5.1.1 Inhaltliche Authentizität
5.1.2 Visuelle Authentizität
5.2 Geschriebene vs. Verfilmte Geschichte

6. Quellenverzeichnis

Geschichte hat den Menschen während seiner kulturellen Entwicklung immer wieder fasziniert. Bevor man schreiben konnte, wurden die Geschichten in Legenden eingeflechtet und erzählt, bevor man die Drama erfunden hatte, gravierte man die Ge-schichte in Steinen und Brettern und bevor man das Kino erfunden hatte, wurde die Ge-schichte auf der Bühne gebracht. Dann kam der Film...

Seit Beginn des 20.Jahrhunderts wird eine erstaunliche Zahl von Filmen produ-ziert, in denen es entweder um eine historische Person handelt oder eine ganze Epoche beschrieben wird. Obwohl historische Hauptfiguren wie Attila, Alexander, Nero, Julius Caesar, Cleopatra sowie auch Hannibal, Spartacus, Constantine usw. vor tausenden von Jahren gelebt haben, ist für die Filmemacher ihr Vermächtnis immer noch von Interesse. Ihre Geschichten werden im Abstand von einigen Jahren immer neu verfilmt und dank des technischen Vorrangs unseres Zeitalters immer beeindruckvoller wiederbelebt. Gera-de weil keine andere Kunstform so sehr unserer Gegenwart angehört wie der Film, be-schäftige ich mich in der vorliegenden Arbeit mit der Popularität antiker Motive unter Regisseuren und Filmemachern und der Rolle von Filmen, deren Handlung sich in der Antike oder im Mittelalter vollzieht, in unserer postliteraren Gesellschaft. Im Punkt 2. verfolge ich kurz die Verarbeitung antiker Stoffe im Film von den Anfängen bis zu neue-ren Produktionen wie Gladiator (2002) oder Troja (2005). Zu dem Genre gehört eine kaum zählbare Menge von Filmen und es wäre unmöglich sowie alle als auch ein einziger davon in allen seinen historischen, archäologischen, theologischen, literarischen, psycho-logischen und filmischen Aspekten zu analysieren. Deshalb würde ich auf einen ausführ-lichen Kommentar verzichten. Während meiner Recherche bin ich auf viele Begriffe ge-toßen, unter denen: Mittelalter- bzw. Antikfilm, biographischer oder religionsbezogener Film, historischer Kostüm- oder Monumentalfilm, Filmcollage und viele andere, die in Zusammenhang mit meinem Thema stehen. Deshalb halte ich es für nötig, sie kurz zu erläutern und zu erklären was für eine Rolle dem s.g. „Antikfilm“ darunter zugeordnet ist. Einen Schwerpunkt setze ich auch auf den Konflikt zwischen historischer Realität und filmischer Inszenierung, wobei ich mich mit dem Stichwort „Authentizität“ aus der Sicht der Historiker und Filmemacher auseinandersetze. Diese kritische Analyse und danach ein kurzes Fazit bilden den Abschluss dieser Arbeit.

„Look for it only in books, for it is no more than a dream remembered. A civiliza­tion gone with the wind...”1 Was bedeutet eigentlich die Geschichte für den Menschen? In den oberen zwei Sätzen wurde die Antwort synthesiert: vergangene Epochen, die nur noch ein Traum sind, an dem man sich nur erinnern kann. Kann der Film was Besseres versprechen, was die Bücher und die Träume nicht anbieten können, etwas vor den Au-gen vorführen, was nicht mehr ist? Wahrscheinlich ja, denn bis zum Jahre 2001 waren die „Antikfilme“ mehr als 4002. Bereits von der Ära des Stummfilms bis zum heute sind an-tike Stoffe in der Filmkunst sehr beliebt. Neben Literatur, Kunst und Musik ist der Film ein bedeutendes Medium, mit dessen Hilfe eine Reihe von Filmemachern die Antike in der unmittelbaren Gegenwart neu aufleben lassen.

Es gibt einige Gründe für die Popularität der Geschichte in der Kinowelt. Antike Kampf-und Kriegsführung, glorreiche Spektakel und Triumphe, gewaltige historische Persön-lichkeiten wie Julius Caesar und die Pharaonen, verführerisches Königtum wie von Cleo­patra und Salome, biblische Figuren wie Jesus Christ und Moses, mythologische Halb-götter wie Herkules und Helena von Troja, zählen zu den bekanntesten und beliebtesten Figuren, die fast alle Menschen tief beeindrucken. Antike Geschichten haben die Filme-macher immer vor die Herausforderung gestellt, auf der Leinwand nachzubilden, was ih-re Millionen von Zuschauern schon seit langem in ihrer Phantasie erschafft haben. Sowie die phantastische Umgebu]ng aus der Mythen als auch die einfache Alltagsumgebung un-tergegangener Reiche und Kulturen bieten den Abenteurern, Eskapisten, Romantikern, Intelektuellen usw. die Möglichkeit in diese Atmosphäre einzutauchen und die Welt der modernen Zivilisationen für kurze Zeit zu verlassen, da, wo antike und mittelalterliche Normen und Gesinnungen keinen Platz mehr finden. Unsere moderne Kultur stammt aber aus den oben beschriebenen Zeiten und obwohl die antike Welt im Kino zu unterschied-lich von unserer gegenwärtigen zu sein scheint, fällt es auf, dass sich die handelnden Per-sonen früher manchmal viel ähnlicher benommen haben wie wir heutzutage. Einerseits wollte ich mit diesem Beispiel auf die kulturelle Gründe für die Popularität der Antike im Kino hinweisen, doch hat das auch viel mit der Identifikationsfunktion des Films zu tun, aber dazu komme ich noch später.

Neben den kulturellen gibt es noch historische Gründe dafür, dass antike Motive oft auf das Bildschirm erscheinen. Als das Kino Ende des 19.Jahrhundert entstanden ist, hat es antike Geschichten als Lieblingsthematik gleich übernommen, weil die eben zu dieser Zeit im Theater, Literatur und Unterrichtswesen sehr populär waren. Ben Hur3, Quo Vadis?4 und The Last Days of Pompeii5 gehörten bereits zu den „best-selling“ No-vellen. Shakespeare’s Julius Caesar und Sophocles’ Oedipus Rex waren unter den belieb-testen Aufführungen, das Bibel lag in der Ausbildung von fast allen zugrunde. Deshalb war die antike Welt eine logische Wahlmöglichkeit für die Pioniere des Kinos.

Wenn es um Zusammenhang zwischen Texte, Bühne und Film geht, muss man auf jeden Fall betonen, wie sich der Film davon abzeichnet und wo seine Vorteile liegen. Durch bildhafte Sprache und Stilmittel: wie z.B. detailierte Beschreibung einer Szene oder spar-same Information über den Gesamtablauf eines Ereignisses, beim Publikum einen Pro-zess der Imagination in Gang zu setzen und durch Lesen bzw. Hören den Zuschauern im Kopf ein Bild entstehen zu lassen. Doch beim Film ist aus diesem Prozess der Gedanken-entstehung und –Entwicklung die fertige Vorführung entstanden. Die hohe Wirklich-keitswirkung des Films und die Möglichkeit eine Gleichzeitigkeit des Gesagten, Gespiel-ten und Gesehenen zu suggerieren, bestimmen den Vorrang der verfilmter Geschichte gegenüber der geschriebenen.

Neben den kulturellen und historischen Vorteilen des Films kommen noch einige visuelle, die mit der ständigen Entwicklung und Modernisierung der heutigen Technolo-gie in einem engen Zusammenhang stehen. Seitdem Antike im Film erschienen ist, haben technische Neuerungen zur signifikanten Verbesserung der filmischen Qualität und Wir-kung auf den Zuschauer beigetragen. Das Experimentieren mit ersten Farbszenen, die Erfindung des Kamerawagens, die Entwicklung des Breitwandformats, bis zur Digitali-sierung der Medien heutzutage, die unzählige Möglichkeiten bei der Bildbearbeitung in Fotografie und Kino anbietet: alle diese Innovationen bedingen oft die hohen Kosten während des Filmdrehs, steigern aber gleichzeitig durch spektakuläre visuelle Effekte die Attraktivität des Produkts und garantieren dadurch wiederum Kassenerfolge. Als ein rela-tiv aktuelles Beispiel kann hier die Ilias -Verfilmung von Wolfgang Petersen: Troy (USA, 2004) angeführt werden. Durch die lernfähige Software Endorphin6 wurden virtuelle Körperdoubles generiert und physische Abläufe und Massenszenen realistisch dargestellt. Dank moderner Technologien und der neuesten Spezialeffekte wird eine unnachahmliche und einzigartige Atmosphäre auf der Leinwand erschafft.

Außer seiner Unterhaltungsfunktion und die Möglichkeit des s.g. Eskapismus7 hat der Film eine Reihe von typischen Merkmalen, die dazu beitragen, dass die „Bewegte Antike“ ein Riesenpublikum erreicht. Dadurch, dass die Filme die Zuschauer in eine an-dere Zeit und an einen anderen Ort voller Farbenpracht entführen, bieten sie die Gelegen-heit für Ablenkung von Alltagsproblemen. Der Film „erzählt“ Geschichte als ein Erleb-nis, Abenteuer, Lebenserzählung usw. und hinterlässt dadurch dem Publikum immer eine Botschaft. Er bietet die Möglichkeit zur Identifikation, d.h. man versetzt sich an den Platz des Protagonisten und erlebt seine Enttäuschung, Angst, Unsicherheit, Erleichterung oder Freude mit. Film emotionalisiert, personalisiert und dramatisiert die Geschichte. Beide, egal ob Dokumentarfilm oder Spielfilm nutzen spezielle Effekte und bestimmte Metho-den wie z.B. Nahaufnahmen des menschlichen Gesichts, die psychologische Wirkungs-kraft von Musik und Ton, um die Gefühle innerhalb des Publikums zu intensivieren und zu betonen das, was auf die Leinwand läuft. Ein Historiker muss ein sehr guter Schrift-steller sein, um solche Gefühle in uns zu erwecken, doch sogar ein Filmemacher, der nicht um besondere Fähigkeiten verfügt, ist in der Lage das zu erreichen: die Manipulati­on der menschlichen Empfindungen. Film gibt „the look of things“: von Gebäuden, Landschaften über Artefakten bis zum Sitten und Gebräuchen. Er vermittelt ein Gefühl, wie unterschiedliche Objekte in der Antike fungierten, als sie noch im Einsatz waren. Darüber hinaus zeigt der Film die Geschichte in ihrer Entwicklung, als ein Prozess. Die Welt auf dem Bildschirm bringt all das zusammen, was in der Literatur oft in Kapiteln, Themen, Begriffen und Kategorien separat dargestellt wurde. Ökonomie, Politik, Klas-sen, Geschlecht, alle Aspekte kommen beim Kino in den Lebensgeschichten von Indivi-duen, Gruppen und Nationen zusammen. Auf dem Bildschirm wird nicht nur Geschichte abgebildet, „der Film hat unzählige Möglichkeiten, mehr als eine [geschriebene] Ge-schichte auf einmal zu zeigen und in bündiger und fesselnder Weise darauf hinzuweisen, dass es andere Interpretationen gibt [als das, was in einem Buch steht]“8 Verfilmungen von Geschichte unterscheiden sich von allen anderen Diskussionsformen darüber wie z.B. historischer Roman. Nicht nur tragen die Filme zur Verdeutlichung und Veranschau-lichung historischer Phänomene sondern auch zur Verbreitung von Kenntnissen über die Geschichte bei. Da die meisten Filme über Antike und Mittelalter auffallend auf literari-sche Vorlagen basieren, erscheinen sie als die filmische Umsetzung einer Geschichtsan-schauung, die von anderen entworfen wurde, die später noch einmal von den Filmema-chern durch das Prisma ihrer spezifischen Sichtweise gefiltert wird und letztendlich vom Zuschauer seinerseits auf bestimmte Weise interpretiert wird. Wichtig ist, dass der Film nicht reine Fakten darstellt, über deren wissenschaftliche Genauigkeit ständig diskutiert wird, sondern eine eigene „filmische Sicht“ vermittelt, wobei jeder für sich selbst ent-scheidet ob er sie übernehmen will und ob ihn die filmische Botschaft irgendwie berührt.

[...]


1 Zitat aus dem Film Gone with the Wind , USA, 1939, Regie: Victor Fleming, http://www.imdb.com/title/tt0031381/quotes

2 John Solomon (2001): Preface to the first edition. In: The ancient world in the cinema. Yale University

3 ein Roman des polnischen Schriftstellers Henryk Sienkiewicz, der die Anfänge des Christentums in Rom zur Zeit Neros beschreibt. Er wurde erstmals 1895 veröffentlicht.

4 (in der deutschen Fassung Ben Hur)- der Titel eines 1880 erschienenen Romans von Lew Wallace.

5 Novelle von Edward Bulwer-Lytton, 1834

6 “3D animation tool for Windows PC that generates computer simulations of large numbers of independent characters interacting with each other and the world according to brief scripts or 'behaviors'.” http://www.naturalmotion.com/files/endorphin27specsheet.pdf

7 Flucht vor der Realität; Alltagsflucht

8 Natalie Zemon Davis (1991): Der Film und die Herausforderung der Authentizität. In: Bilder schreiben Geschichte: Der Historiker im Kino. Verlag: Klaus Wagenbach

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Antike Welten auf moderner Leinwand
Untertitel
Das Altertum neu aufleben lassen
Hochschule
Universität Augsburg
Note
1.3
Autor
Jahr
2007
Seiten
16
Katalognummer
V129953
ISBN (eBook)
9783640366941
ISBN (Buch)
9783640367191
Dateigröße
453 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Antike, Welten, Leinwand, Altertum, Antike im Film, Historischer Film, Mittelalterfilm, Antikfilm
Arbeit zitieren
Tanya Cherneva (Autor:in), 2007, Antike Welten auf moderner Leinwand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129953

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