Kinder- und Jugendliteratur der Weimarer Republik

Über Wolf Durians "Kai aus der Kiste" und Erich Kästners "Emil und die Detektive"


Seminararbeit, 2006

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Wolf Durian und „Kai aus der Kiste“
2.1. Der Autor Wolf Durian
2.2. Zur Entstehungsgeschichte von „Kai aus der Kiste“
2.3. Zum Inhalt der Erzählung „Kai aus der Kiste“
2.4. Stil
2.5. Märchenhafte Elemente

3. Erich Kästner und „Emil und die Detektive“
3.1. Der Autor Erich Kästner
3.2. Zur Rezeptionsgeschichte von „Emil und die Detektive“
3.3. Zum Inhalt von „Emil und die Detektive“
3.4. Stil
3.5. Märchenhafte Elemente

4. Zusammenfassung: Elemente der Großstadtkinderromane im Vergleich

5. Zusätzliche Quellen:

1. Einleitung

In der Sitzung wurden zwei umweltbezogene realistische Kindergeschichten mit einer im Vergleich zu vorherigen Erzählungen neuartigen Darstellung der Großstadt behandelt: Zum einen der bekannte Kinderroman „Emil und die Detektive“ (1929) von Erich Kästner, zum anderen die Erzählung „Kai aus der Kiste“ (1924[1]) von Wolf Durian. In beiden Kinder-/Jugenderzählungen wird die Großstadt als positiver Handlungsraum für einen neuen Kindertyp entdeckt. Die Jugendlichen agieren in städtischen Banden und gelangen durch Zusammenarbeit und Zusammenhalt an ihr Ziel. Durch den neuen Handlungsraum und die neue Rolle der Jugendlichen und Kinder ist auch eine neuartige Erzählform entstanden. Dabei gibt es jedoch zwischen den Erzähl- und Darstellungsformen Kästners und Durians Unterschiede.

2. Wolf Durian und „Kai aus der Kiste“

Durians „Kai aus der Kiste“ ist die ältere der beiden Geschichten. Sie gehört zu den Erzählungen für Kinder und Jugendliche, die (etwa seit 1926/1927) das neue Genre der „Großstadtkinderromane“ begründeten.

2.1. Der Autor Wolf Durian

Durian wird 1892 in Stuttgart geboren. Er wächst in einem bürgerlichen Milieu auf und hat den großen Traum nach Amerika auszuwandern. Im Alter von 13 Jahren reißt er von zu Hause aus, um seinen Traum wahr zu machen und allein in die USA zu reisen. Er wird jedoch aufgefasst und zurück nach Hause zu seinen Eltern gebracht. Nach seinem Abitur steht ihm jedoch nichts mehr im Weg und er fliegt nach Amerika. Dort arbeitet er unter anderem als Tellerwäscher, Postreiter und Gärtner. Durian kehrt jedoch nach Deutschland zurück und studiert Germanistik und Zoologie. Später wird er Chefredakteur der Berliner Kinderzeitschrift „Der heitere Fridolin“ (Ullstein Verlag[2]). Darin erscheint auch ab 1924 „Kai aus der Kiste“ als Fortsetzungsroman. Er ist die bekannteste Erzählung des Autors. Durian stirbt 1969 in seiner Wahlheimat Berlin.

2.2. Zur Entstehungsgeschichte von „Kai aus der Kiste“

Im Kampf um Leser suchte die Kinderzeitschrift „Der heitere Fridolin“ nach einer Idee um Jugendliche langfristig für sich zu interessieren. Durian arbeitete dort als junger Redakteur und erhielt die Aufgabe eine spannende Fortsetzungsgeschichte zu schreiben, die als Serie erscheinen sollte. Durian schrieb die Fortsetzung seiner Geschichte immer erst kurz vor dem Druck. Auch das war Taktik, denn man wollte durch den bewussten Aktualitätsbezug die Leser binden. Nach den ersten erschienenen Ausgaben wurde der Verlag mit Leserbriefen überschwemmt. Der Erfolg der Geschichte war unerwartet groß und bald erschien die Zeitschrift in doppelt so hoher Auflage wie zuvor. Durian wurde Chefredakteur der Kinderzeitschrift.

In ihrer ursprünglichen Form der Erzählung gerät die Handlung in Gang, als ein „Schokoladen-Reklamekönig“ gesucht wird. In der Buchfassung von 1926 ist es ein „Zigarettenkönig“. Hintergrund war die Reklameschlacht bekannter Zigarettenmarken zu jener Zeit. In der Filmfassung von 1989 ist der Zigarettenkönig zum „Kaugummi-König“ geworden. In den modernen Buchausgaben (dtv Junior Klassiker) ist man wieder zur Schokolade zurückgekehrt. „Der Autor wäre bestimmt einverstanden.“, schreibt Sibylle Durian, die Tochter des Schriftstellers und Journalisten im Nachwort der Taschenbuchausgabe.[3] Abgesehen von einer Anpassung an die neue deutsche Rechtschreibung sind keine weiteren Änderungen vorgenommen worden.

„Kai aus der Kiste“ erschien auch als Hörspiel und wurde zudem als Theaterstück auf die Bühne gebracht.

2.3. Zum Inhalt der Erzählung „Kai aus der Kiste“

Berlin in den frühen 20ern: Das Wirtschafts- und das Kulturmilieu sind am Aufblühen. Der Protagonist der Erzählung lebt in subproletarischen Verhältnissen. Er arbeitet als Zeitungsjunge um etwas Geld zu verdienen und kümmert sich liebevoll um seine jüngere Schwester Erika. Die Eltern der beiden sind gestorben, aber die beiden Kinder sind trotzdem nicht auf sich allein gestellt: Kai (Spitzname „Große Klapperschlange“) ist der Anführer der Jugendbande „Die schwarze Hand“. Neben den rund 100 Banden-Kindern scheint er auch das Großstadtleben gut im Griff zu haben. Kai ist aufgeweckt und lausbübisch, aber auch sehr ehrgeizig.

Als der amerikanische Schokoladefabrikant, Mister Joe Allan, eine Anzeige in die Zeitung setzt, in der er nach einem „Reklamekönig“ für seine Schokoladenfabrik sucht, kommt Bewegung in die Bande. Kai möchte die Kampagne leiten und damit er die Möglichkeit bekommt mit Allan zu sprechen, sperren seine Freunde Kai in eine Kiste, die sie an den Fabrikanten adressieren. Allan nimmt das Angebot des Jungen ernst und verspricht ihm, dass er ihm die Kampagne überträgt, wenn der Junge es schafft, innerhalb von 24 Stunden die ganze Stadt auf sich aufmerksam zu machen. Das gelingt ihm mit Hilfe der „schwarzen Hand“ zwar, doch Kai ist noch nicht am Ziel angelangt. Er hat nämlich einen ernstzunehmenden Konkurrenten bekommen: Den Werbefachmann („Reclameagent“) Kobalski.

In einer ungewöhnlichen Werbeaktion, bei der die imaginären Schokoladenmarken „TUT“ und „TAT“ bekannt gemacht werden sollen, soll der endgültige „Reklamekönig“ ermittelt werden. Die Aktion ufert schließlich so aus, dass in ganz Berlin ein „Totalwerbeverbot“ erteilt wird. Am Ende kann Kai den Wettbewerb dann aber doch für sich entscheiden.

Die Erzählung endet mit einer Zukunftsvision: Kai ist selbst Reklamefachmann geworden und leitet eine große Reklamefabrik. Die Angestellten sind seine Freunde aus der Kindheit, seine Schwester ist mit einem davon verheiratet, „seinem besten Freund und Mitarbeiter“[4]. Aber auch auf andere Weise ist „die schwarze Hand“ erhalten geblieben, denn Mister Joe Allan hat eine Schokoladensorte nach ihr benannt..

2.4. Stil

Die Erzählweise der Geschichte ist sehr rasant. Die Handlungselemente folgen schnell aufeinander, bei der innovativen Erzählung im filmischen Stil wird Bild an Bild gereiht. Die Erzählperspektive ist auktorial. Der Erzähler gibt sich allwissend und eröffnet dem Leser mehr, als der Protagonist Kai weiss. So werden auch Momente und Szenen, in die Kai nicht involviert ist, beschrieben. Der Erzähler beschränkt sich jedoch auf die Außensicht und verweigert die Schilderung von Motiven. Die Figuren der Geschichte agieren zwar, jedoch bleiben ihre Gedanken und Beweggründe dem Leser unzugänglich.

Durian wollte mit diesem Erzählstil den Charakter der Großstadt einfangen, Schnelligkeit, Hektik und Atemlosigkeit darstellen. Dabei schien der Autor stets seine Wahlheimat Berlin vor Augen zu haben. So schreibt Durians Tochter in ihrem Nachwort: „ Kai aus der Kiste ist eine Liebeserklärung an Berlin und die hellen Berliner Gören (…)“.[5]

In der Erzählung schaltet sich der auktoriale Erzähler nicht durch pädagogische Elemente ein und unterbricht die Handlung nicht. Außer den Figuren selbst bewertet keine Instanz ihr Handeln. Der Epilog ist durch eine Leerzeile von der eigentlichen Handlung getrennt. Er ist im Präsenz verfasst: „Heute ist der kleine Kai ein großer Kai geworden. Wenn man ihm die Hand gibt, braucht man keine Angst mehr zu haben, dass sie schwarz wird. In seinem schönen Haus kann man sich ruhig auf jedem Stuhl niederlassen ohne fürchten zu müssen, dass man mit einer Reklame auf der Kehrseite wieder aufsteht.“[6]

[...]


[1] Die Erzählung erschien 1926 erstmals in Buchform, jedoch schon ab 1924 als Fortsetzungsroman in der Kinderzeitschrift „Der heitere Fridolin“.

[2] Der Ullsteinverlag ist einer der bedeutendsten (Berliner) Verlage, insb. für Kinderbücher.

[3] Wolf Durian: „Kai aus der Kiste“. dtv Junior Klassiker, 3. Auflage München 2004, Seite 108

[4] Wolf Durian: „Kai aus der Kiste“. dtv Junior Klassiker, 3. Auflage München 2004, Seite 104

[5] Wolf Durian: „Kai aus der Kiste“. dtv Junior Klassiker, 3. Auflage München 2004, Seite 109

[6] Wolf Durian: „Kai aus der Kiste“. dtv Junior Klassiker, 3. Auflage München 2004, Seite 103-104

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Kinder- und Jugendliteratur der Weimarer Republik
Untertitel
Über Wolf Durians "Kai aus der Kiste" und Erich Kästners "Emil und die Detektive"
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Veranstaltung
Kinder- und Jugendliteratur der Weimarer Republik
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
12
Katalognummer
V129523
ISBN (eBook)
9783640357673
ISBN (Buch)
9783640357932
Dateigröße
456 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
KJL, Wolf Durian, Erich Kästner, Kinder, Jugendliteratur
Arbeit zitieren
Magistra Artium Katharina Kullmer (Autor:in), 2006, Kinder- und Jugendliteratur der Weimarer Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129523

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