Zwischen Theorie der Politik und politischer Theorie

Die Politik der Gesellschaft von Niklas Luhmann


Seminararbeit, 2006

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundbegriffe der Theorie autopoietischer funktional differenzierter Systeme
2.1 Das politische System – Operation und Funktion
2.2 Kommunikationsmedium und Code des politischen Systems
2.3 Binnendifferenzierung des politischen Systems

3. Wohlfahrtsstaat und Steuerungsutopie

4. Auseinandersetzung mit der Systemtheorie Niklas Luhmanns

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Am 6. November 1998 ist Niklas Luhmann gestorben. Damit muss seine Theorieproduktion als abgeschlossen betrachtet werden. Keine zwei Jahre später wurde seine Monographie „Politik der Gesellschaft“ posthum veröffentlicht. Die Betrachtung der Strukturen der Politik aus der Sicht der Systemtheorie erlaubt eine signifikant andere Herangehensweise an den Gegenstand der Politikwissenschaft und soll deshalb Thema dieser Hausarbeit sein. Über die Vollständigkeit dieses Werkes herrscht unter interessierten Politikwissenschaftlern Uneinigkeit. Unter Zuhilfenahme weiterer Beiträge Luhmanns zu seiner Gesellschafts- und Politiktheorie kann hieraus jedoch durchaus ein schlüssiges Gesamtbild im Rahmen der Möglichkeiten dieser Hausarbeit erschlossen werden.

Das Ziel dieser Arbeit ist dabei zunächst, wesentliche Elemente der funktionalistischen Systemtheorie vorzustellen, um Luhmanns Konzeption des politischen Systems und seine Funktion nachvollziehen zu können. Hierbei wird das Verhältnis der Politik zur Gesamtgesellschaft beleuchtet werden müssen, denn Luhmann konzipiert seine Theorie auf der Makroebene der Gesamtgesellschaft. Dies führt uns in einem zweiten Schritt zur beispielhaften Analyse eines speziellen Gebietes des Luhmann'schen Theoriegebäudes, das er selbst als soziologische Aufklärung bezeichnet. Darunter werden zeitdiagnostische Beiträge subsumiert, die sich mit modernen Problemkonstellationen der Gesellschaft befassen. Die Problematisierung alltagsweltlicher sowie akteurstheoretischer Ansichten, die Luhmann in diesen Ausführungen aus der Beobachterperspektive zweiter Ordnung vornimmt, soll hier am Beispiel der Kritik des expansionistischen Wohlfahrtsstaates erläutert werden. Die Frage nach der Möglichkeit von politischer Gesellschaftssteuerung wird dabei ein Leitmotiv dieser Analyse sein.

Auf der Grundlage dieser Ausführungen wird im letzten Teil dieser Hausarbeit versucht, hinter die Kulissen der antinormativistischen Theorie der Politik zu schauen. Die These von Stefan Lange, wonach auch diese Konzeption des politischen Systems nicht ohne einen Polity-Rahmen auskommt, der bei Luhmann in der Überhöhung des gesellschaftlichen Differenzierungsmusters zur unhintergehbaren Norm besteht, soll dabei im Vordergrund stehen. Versteckt sich unter dem Deckmantel der universalen Theorie der Politik nicht doch eine politische Theorie ?

2. Grundbegriffe der Theorie autopoietischer funktional differenzierter Systeme

In diesem ersten Kapitel sollen grundlegende Kategorien der Luhmann'schen Systemtheorie vorgestellt werden, um auf dieser Basis im Anschluss Aspekte der Gegenwartsanalyse des Wohlfahrtsstaates beleuchten zu können. Niklas Luhmann hat Zeit seines Lebens ein beachtliches, kaum noch überschaubares schriftliches Erbe hinterlassen. Allein schon aus diesem Grunde kann an dieser Stelle nur eine Auswahl getroffen werden, die sich auf die wichtigsten Merkmale der zu Grunde liegenden autopoietischen Systemtheorie konzentriert.

2.1 Das politische System – Operation und Funktion

Luhmann entwickelt die Theorie des politischen Systems auf der Grundlage seiner allgemeinen Gesellschaftstheorie, weshalb André Brodocz anmerkt, dass hier im Unterschied zu politischen Theorien, die auf einer Mesoebene verortet sind, eine Theorie der Politik ausgebreitet wird, die auf der Makroebene „das Verhältnis der Politik zu anderen Bereichen der Gesellschaft“[1] behandelt. Diese Theorie setzt sich das Ziel, das Politische ohne Zuhilfenahme traditionell normativer Denkmuster der etablierten von Luhmann als »alteuropäisch« verschmähten Akteurtheorien zu erklären.

Den Kern dieser Theoriearchitektur stellt Luhmanns Differenzierungstheorie dar. Demnach hat sich die Gesellschaft in einem historischen Evolutionsprozess in einzelne Teilsysteme ausdifferenziert, um dem steigenden Komplexitätsniveau der Gesamtgesellschaft Stand halten zu können. Charakteristisch für diese Systeme ist, dass jedes einzelne eine spezifische Funktion zur Erhaltung der Reproduktionsprozesse der Gesellschaft übernimmt.[2] Das System der Politik wird auf diese Weise als ein Funktionssystem neben anderen, sei es das Wissenschafts-, Wirtschafts-, Erziehungs-, oder Rechtssystem, beschrieben. Das Prinzip der funktionalen Differenzierung, welches Luhmann als das vorherrschende Unterteilungsprinzip in modernen Gesellschaften identifiziert, lässt die Vorstellung eines Primats der Politik oder der Politik als steuernden Kopf des gesellschaftlichen Körpers nicht zu: „Man kann eine funktional

[...]


[1] Brodocz 2006: S. 1.

[2] Vgl. zum Thema Differenzierungstheorie Luhmann 2000: S. 76ff., Horster 2005: S. 9f., Brodocz 2006: S. 2-4.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Zwischen Theorie der Politik und politischer Theorie
Untertitel
Die Politik der Gesellschaft von Niklas Luhmann
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Veranstaltung
Politische Theorien
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V129276
ISBN (eBook)
9783640356430
ISBN (Buch)
9783640356799
Dateigröße
593 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine Auseinandersetzung mit Luhmanns Konzeption des politischen Systems in der modernen funktional differenzierten Gesellschaft im Hinblick auf die Begriffe des Wohlfahrtsstaats und der Steuerungsutopie. Leitfrage: Antinormativistische Theorie der Politik oder doch politische Theorie? (These von Stefan Lange)
Schlagworte
Zwischen, Theorie, Politik, Theorie, Politik, Gesellschaft, Niklas, Luhmann
Arbeit zitieren
B.A. Sozialwisenschaften Arthur Guzy (Autor:in), 2006, Zwischen Theorie der Politik und politischer Theorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129276

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