Organisationsentwicklung nach dem Zusammenschluss zweier Vertriebsorganisationen unter Zurhilfenahme der Organisationsdiagnose


Studienarbeit, 2009

56 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Organisationen

3. Klassische Organisationsentwicklung (OE)

4. Moderne Organisationsentwicklung (MOEW) in fünf Phasen
Auftragsphase
Diagnosephase
Planungsphase
Durchführungsphase
Auswertungsphase

5. Auftragsphase der MOEW

6. Diagnosephase der MOEW
6.1. Ziele der Organisationsdiagnose (OD)
6.2. Schwerpunkte der OD
6.2.1. Strukturdiagnostik
6.2.2. Prozessdiagnostik
6.2.3. Integrative Diagnostik
6.3. Strategien und Methoden
6.3.1. Statusdiagnostik versus Prozessdiagnostik
6.3.2. Offene versus geschlossene OD
6.3.3. Bedingungsbezogene vs. personenbezogene OD
6.3.4. Subjektive versus objektive OD
6.3.5. Normorientierte versus kriteriumsorientierte OD
6.3.6. OD als Messung vs. als Information für u. über Gestaltungsmaßnahmen
6.3.7. Testen versus Inventarisieren
6.3.8. Globale OD versus Detaildiagnostik
6.3.9. Modellorientierte OD vs. fallorientierte Diagnostik
6.4. Phasen der OD
1. Phase – Einführungsphase:
2. Phase – Erkundungsphase:
3. Phase – Planungsphase:
4. Phase – Durchführung der Hauptuntersuchung
5. Phase – Phase der Datenverarbeitung
6. Phase – Interpretationsphase:

7. Phase – Zusammenfassung, Ergebnisbericht, Präsentation der Ergebnisse
7. Planungsphase der Organisationsentwicklung
7.1. Bildung eines Projektteams
7.2. Planungs-Workshop
7.3. Ablauf des Planungs-Workshops

8. Durchführungsphase der Organisationsentwicklung
8.1. Kick-off-meeting
8.2. Änderung der Organisationsstruktur
8.2.1. Aufbauorganisation
8.2.2. Prozessmanagement
8.3. Teamentwicklung der neuen Teams
8.4. Führungskräfteentwicklung
8.4.1. Führungskräfteauswahl
8.4.2. Coaching zur Führungskräfteentwicklung
8.4.3. Phasen des Coachings
Orientierungsphase
Klärungs- bzw. Diagnosephase
Lösungs- oder Veränderungsphase
Abschlussphase
8.5. Widerstände bei der Organisationsentwicklung

9. Auswertungsphase der Organisationsentwicklung

10. Fazit

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

Anhang
Interviewleitfaden
Arbeitsblatt A 1 Basisdaten des Unternehmens: Personal - Struktur - Geschäftsfelder
Arbeitsblatt A 2 Potenziale und Schwachstellen
Arbeitsblatt A 2 Potenziale und Schwachstellen
Arbeitsblatt A 3 Aktuelle und geplante Veränderungen des Unternehmens
Arbeitsblatt A 4 Strategische Entwicklung
Arbeitsblatt C 1Stellenbeschreibung
Arbeitsblatt C 2 Vereinfachte Tätigkeitsdokumentation
Arbeitsblatt C 3 Kompetenz - Bilanz von Arbeitsgruppen
Arbeitsblatt C 4 Kompetenz- Bilanz von einzelnen Mitarbeitern/innen

1. Einleitung

Derzeit ist durch die Krise sehr viel Bewegung in einigen Märkten und Branchen. Nicht nur die Banken und die Automobilindustrie und deren Zulieferer müssen sich derzeit umorientieren. Im Rahmen der Veränderungen kommt es bei vielen Unternehmen zu Mergern, Aufkäufen anderer Unternehmen oder einzelner Organisations- und Teamstrukturen anderer Unternehmen, die Möglicherweise bisher ein Mitbewerber waren. Die Organisationsentwicklung soll hier am Beispiel des Zusammenschlusses zweier Vertriebsorganisationen dabei helfen, die aus solchen Zusammenschlüssen entstehenden Potenziale zu fördern, Synergieeffekte zu entdecken, Probleme zu identifizieren und Stärken und Schwächen der einzelnen Organisationen heraus zu arbeiten.

Es werden Methoden der Organisationsdiagnose vorgestellt, die geeignet sind, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Die anschließenden Ansätze zur Organisationsentwicklung sollen dazu helfen, die nötigen und geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um die Ergebnisse der Organisationsdiagnose zu nutzen, denn: „Die Praxis zeigt, dass die Bereitschaft zur Mitwirkung bei Organisationsanalysen stark zurückgeht, wenn den Analyseergebnissen keine organisationalen Handlungen folgen. „Reines Analysieren reicht nicht aus, um Organisationen weiter zu entwickeln.“ (Prosch 2000, Vorwort V)

2. Organisationen

„Die Analyse von Organisationen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zu einem wichtigen theoretischen und praktischen Thema entwickelt. Dafür ist insbesondere die zunehmende Bedeutung von Organisationen in unserer Gesellschaft verantwortlich.“ (Prosch 2000, S. 1) Um Organisationsdiagnose und -entwicklung einzusetzen sollte man sich im Vorfeld darüber klar werden, was überhaupt eine Organisation ist. Nach v. Rosenstiel 2007, S. 6 ist eine Organisation:

- „Ein gegenüber ihrer Umwelt offenes System
- das zeitlich überdauernd existiert
- spezifische Ziele verfolgt
- sich aus Individuen bzw. Gruppen zusammensetzt, also ein soziales Gebilde ist, und
- eine bestimmte Struktur aufweist, die meist durch Arbeitsteilung und eine Hierarchie von Verantwortung gekennzeichnet ist.“

Nach der sog. Arbeitsdefinition von Weinert ist „Eine Organisation [..] ein kollektives Ganzes mit relativ festgelegten und identifizierbaren Grenzen, einer normativen Ordnung, hierarchischem Autoritätssystem, Kommunikationssystem und einem koordinativen Mitgliedssystem; dieses kollektive Ganze besteht aus einer relativ kontinuierlichen Basis, innerhalb einer sie umgebenden Umwelt und beschäftigt sich mit Handlungen und Aktivitäten, die sich gewöhnlich auf ein Endziel oder Objektiv hin beziehen, oder auf eine Menge von Endzielen oder Objekten.“ (vgl. Weinert, 1987, S 41)

Aus dieser Definition wird deutlich, dass die Beeinflussung einer Organisation durch viele Faktoren stattfindet. Von Rosenstiel (2007) nennt grundsätzlich zwei Ansatzpunkte um eine Organisation zu entwickeln. „Es geht – vereinfachend darum, Individuum und Organisation einander anzupassen, was schwerpunktmäßig durch Eingriffe beim Individuum oder bei der Organisation erfolgen kann.“ (von Rosenstiel 2007, S.137) Im Rahmen der Organisationsentwicklung sollte also an Beidem angesetzt werden.

„Versteht man Organisationen als soziale Systeme, ist das Verhalten einer Organisation bestimmt von

- Den Personen der Organisation,
- ihren subjektiven Deutungen,
- den formalen und informellen sozialen Regeln,
- den Regelkreisen bzw. Interaktionsstrukturen, die sich immer wiederholen,
- der materiellen und sozialen Systemumwelt,
- und schließlich durch ihre Geschichte.“

(König/Volmer 2005, S. 161)

Deswegen werden wir im Folgenden so weit wie möglich, sowohl bei der Organisationsdiagnose als auch später bei der Organisationsentwicklung die Beteiligten des sozialen Systems mit einbeziehen, da ein Ansatz bei nur einem Beteiligten schon eine Veränderung auslösen kann.

3. Klassische Organisationsentwicklung (OE)

Becker (1990), S. 3 definiert OE wie folgt: „OE ist ein neuer Weg zur Entwicklung von Organisationen, z.B. eines Industrieunternehmens, mit dem Ziel einer aktiven und flexiblen Anpassung an die Herausforderungen einer sich ständig wandelnden Umwelt. Es ist eine Entwicklung im Sinne höherer Wirksamkeit der Organisation und größerer Arbeitszufriedenheit der beteiligten Menschen.“ Dabei gibt es aus der Historie zwei grundlegende Ansatzpunkte die bei OE vorherrschen. „Ansatzpunkte für ein solches Eingreifen sind Strukturen (z.B. Änderungen im Produktionssystem, Lockerung bürokratischer Strukturen, Änderungen im Organisationsplan, neue Formen der Arbeitsgestaltung oder Verhaltensweisen (z.B. Änderung des Führungsstils, neue Anreizsysteme zur Erhöhung der Motivation, Maßnahmen der Personalentwicklung.“ (Wiswede 2000, S. 261) Gebert 2004, S. 602 unterscheidet deswegen einen strukturalen und einen personalen Ansatz. (vgl. Kap. 8.2, 8.3, 8.4)

König/Volmer 2005, S. 161 verstehen unter Organisationsentwicklung

„in Anlehnung an die Definition der Deutschen Gesellschaft für Organisationsentwicklung (GOE) aus dem Jahr 1982 „einen längerfristig angelegten organisationsumfassenden Entwicklungs- und Veränderungsprozess von Organisationen und der in ihr tätigen Menschen“ (Becker/Langosch 1995, 5; […]), womit auch Organisationsentwicklung zu einer Form von Organisationsberatung, nämlich Beratung komplexer Organisationen wird.“

„Das Ziel systemischer Organisationsberatung besteht darin, soziale Systeme (ein Team, eine Abteilung, eine Familienbildungsstätte, eine Schule, ein Unternehmen) dabei zu unterstützen, neue Lösungen für anstehende Probleme zu finden.“ (König/Volmer 2005, S. 161)

4. Moderne Organisationsentwicklung (MOEW) in fünf Phasen

Kaune 2004, S.14 folgt einem moderneren Ansatz der OE nach diesem sieht er die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung der traditionellen Ansätze. So schreibt er: „Die Gestaltung von Veränderungsprozessen aus Sicht einer modernen Organisationsentwicklung ist durch eine Vielzahl von Merkmalen und Techniken gekennzeichnet, die zueinander in enger Wechselwirkung stehen.“ Auf diesem Ansatz ist das folgende MOEW-Modell (Moderne Organisationsentwicklung) aufgebaut (Abbildung 1).

„Das MOEW-Modell, das für den Ansatz der modernen Organisationsentwicklung steht, verdeutlicht, dass Veränderungsmanagement immer mit einer Vielzahl verschiedenartiger Gestaltungsmerkmale (z.B. die Gestaltung von Informationsflüssen oder die Berücksichtigung interkultureller Rahmenbedingungen) zusammenhängt.“ (Kaune 2004, S. 14)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 „Eckpunkte moderner Organisationsentwicklung (MOEW-Modell) aus Kaune, A. (Hrsg.) (2004). Change Management mit Organisationsentwicklung. Berlin: Erich Schmidt Verlag

Nach Kaune erfolgt die moderne MOEW in fünf Phasen.

- „Auftragsphase
- Diagnosephase
- Planungsphase
- Umsetzungsphase
- Auswertungsphase“ (Kaune 2004, S. 16)

Auftragsphase

Für die Auftragsphase ist es sehr wichtig im Vorfeld die Rahmenbedingungen abzuklären. In dieser Phase werden Verträge geschlossen um bei späteren Unstimmigkeiten alles belegen zu können. (vgl. Kaune 2004, S. 16) Hier macht auch der Berater seine Position deutlich, dass er weniger fachlich berät sondern mehr Prozessberater ist. (vgl. Schiersmann 2009, S. 23)

Diagnosephase

„Vor dem Hintergrund des angenommenen Auftrages muss sich der Auftragnehmer im nächsten Schritt ein möglichst objektives Bild der auftragsbezogenen Ist-Situation verschaffen, um anschließend zielgerichtete Maßnahmen planen und umsetzen zu können.“ (Kaune 2004, S. 17).

Planungsphase

In der Planungsphase, werden die Ergebnisse der Diagnosephase weiterverwendet. „Die entwickelten Hypothesen bilden schließlich die Grundlage für die Planung der daraus resultierenden, direkt umzusetzenden Maßnahmen.“ (Kaune 2004, S. 18) In dieser Phase werden konkrete Pläne entwickelt, wie und welche Maßnahmen erforderlich sind.

Durchführungsphase

„Im Rahmen dieser Phase werden die geplanten Maßnahmen schließlich umgesetzt. Jetzt findet die reale Veränderung im Unternehmen statt.“ (Kaune 2004, S. 18)

Auswertungsphase

In der Auswertungsphase wird überprüft, ob die Organisationsmaßnahmen erfolgreich waren. Deswegen hat diese Phase eine besondere Bedeutung, denn sie kommt einer Art Feedbackschleife gleich, denn sollten die Maßnahmen nicht erfolgreich gewesen sein, müssen neue Maßnahmen geplant, ausgeführt und ausgewertet werden. (vgl. Kaune 2004, S. 18)

5. Auftragsphase der MOEW

„Die detaillierte Klärung des Auftrags und die Ausarbeitung eines klaren Kontrakts zwischen dem Auftraggeber den Beteiligten und dem Berater stellt die Grundlage eines OE-Prozesses dar, ja man kann sagen, die Kontakt- und Kontraktphase ist der Schlüssel zum Erfolg der OE, weil damit die Basis für die gemeinsame Zusammenarbeit geschaffen wird.“ (Schiersmann 2009, S. 19)

Wichtig dabei ist, dass der Berater deutlich macht, dass er prozessbegleitend tätig wird. (vgl. Schiersmann 2009, S. 23) „Gemäß dem Beratungsverständnis der Organisationsentwicklung, das sich aus ihrem humanistischen Menschenbild ableitet, wird das Ziel der Beratung von den Klienten gesetzt – der Leiter ist lediglich ein Prozesshelfer, der seine Kompetenzen zur Erreichung dieser Ziele einsetzt.“ (v. Ameln 2007, S. 73) Er liefert also keine fertigen Lösungen sondern unterstützt die Organisation in Ihren Selbstorganisationsprozessen, indem er ihr einen Reflexionsraum schafft. (vgl. Schiersmann 2009, S. 23)

Unser Auftragsziel ist bereits klar formuliert, die beiden Vertriebsorganisationen zu einer Organisation zusammenzuführen, welche Ansätze aus beiden Organisationen übernimmt und teilweise auch auf neuen Ansätzen aufbaut.

„Weiterhin sind vor dem Start eines OE-Prozesses verschiedene organisatorische Aspekte zu klären, z.B. ist eine (vorläufige) Laufzeit festzulegen, und es sollten erste Absprachen über mögliche Meilensteine im Sinne von Zwischenbilanzen verabredet werden, an denen über die Weiterführung oder den Abbruch des Prozesses entschieden wird.“ .“ (Schiersmann 2009, S. 27)

Die Auftragsphase kann aus mehreren Gesprächen, Telefonaten und Meetings bestehen. Es können auch unterschiedlichste Personen beteiligt sein. Die Bedeutung dieser Phase sollte nicht leichtfertig abgewickelt werden, sie ist schon Teil der Intervention, denn ein geübter Berater kann schon in den ersten Gesprächen erste Ansatzpunkte erkennen, die im Management zu finden sind. „In jedem Fall ist eine schriftliche Fixierung anzuraten, die dazu dient, auf beiden Seiten hohe Verbindlichkeit zu schaffen, u.a. über Ziele, Wege und Rahmenbedingungen des gemeinsamen Prozesses.“ (Schiersmann 2009, S. 31) Ist die Auftragsphase abgeschlossen, kann zur Diagnosephase übergegangen werden.

6. Diagnosephase der MOEW

6.1. Ziele der Organisationsdiagnose (OD)

Organisationsdiagnose (OD) ist nach Kühlmann und Franke 1989, S.632 die „systematische und wissenschaftlich fundierte Erfassung, Analyse und Darstellung des in einer Organisation regelhaft auftretenden Verhaltens und Erlebens ihrer Mitglieder einschließlich ihrer Wirkzusammenhänge“ Nach Prosch, 2000 S. 25 ist die Organisationsanalyse „…die Erfassung von wesentlichen Einflüssen, Merkmalen, Auswirkungen von Organisationen und Organisationsstrukturen.“ Will man die Organisationsdiagnose von der Organisationsanalyse abgrenzen ist dies nach der zentralen Fragestellung möglich. Fragestellung der Organisationsanalyse ist: ”Welche Ordnungen (Strukturen) und Regeln entstehen unter welchen Bedingungen und bringen welche Effekte (Ergebnisse, Zustände) hervor?” (Eck 2002, S.1) und die Fragestellung der Organisationsdiagnose ist nach Eck 2002, S1: ”Welche a) subjektive kognitive Pro-

zesse führen b) zu welchen Wirklichkeiten und wie sind innerhalb dieser Referenzsysteme c) die Befindlichkeiten von wem und führen d) zu welchen Handlungsmustern?”

Ziel unserer Diagnose soll es sein, beide Vertriebsorganisationen zu untersuchen, um anschließend im Rahmen der Organisationsentwicklung beide zu einer neuen Vertriebsorganisation zu vereinen, welche die Stärken und Schwächen der vorherigen Organisationen berücksichtigt und ausmerzt. Daraus ergeben sich folgende Ziele für die Diagnose.

- Beide Organisationen analysieren
- Stärken und Schwächen ausarbeiten
- Kritische Elemente im Vorfeld herausfinden
- Optimale Elemente identifizieren
- Ansatzpunkte für Verbesserungsmaßnahmen
- Werte ermitteln
- Klima herausarbeiten
- Ängste und Vorurteile erfassen
- Potenziale erkennen

Die Ergebnisse münden dann in die spätere Organisationsentwicklung ein. Wobei angemerkt sei, dass bereits die Diagnose eine Intervention darstellt. (vgl. Harrison und Shirom 1999)

6.2. Schwerpunkte der OD

6.2.1. Strukturdiagnostik

Bei der Strukturdiagnostik ist die Situation, in der sich das Unternehmen befindet Gegenstand der Diagnose, da man davon ausgeht, dass die Unterschiede der Organisationsstrukturen auf die Unterschieden der Situationen (Technologie, Größe der Organisation, Umwelt) zurückzuführen sind. Bestimmungsgrößen sind die Ziele und deren Umsetzung in Form von Regeln, Normen, Visionen und Leitbildern. „Die Ziele von Organisationen und ihre Umsetzung in Regeln und Ordnungen zur Ausrichtung der Organisationsmitglieder auf diese Ziele hin bestimmen nach dieser Perspektive die Strukturen wesentlich, sie stehen bei der O-Diagnose daher im Vordergrund.“ (Büssing 2004, S 567)

Indem wir unsere beiden Organisationen bzgl. ihrer Strukturmerkmale vergleichen und Unterschiede identifizieren, können Rückschlüsse auf den Einfluss situativer Größen (z.B. Außendienst, Innendienst, Telesales, Vertriebsmittler) gezogen werden.

6.2.2. Prozessdiagnostik

„Der Wind des Wandels bläst unaufhörlich, überall auf der Erde des 21. Jahrhunderts.“ So leiten Edtinger, Mayr und Wagner 2004 ihr Buch Veränderungen erfolgreich umsetzen ein. Da Organisationen fortwährenden Veränderungen unterliegen muss die Organisationsdiagnostik diese erfassen „indem sie sich an einem diagnostischen Prozess und seinen Randbedingungen orientiert.“ (Büssing 2004, S. 567)

Nach Jäger 1986 S. 11 handelt es sich bei dem diagnostischen Prozess um den Ablauf von Maßnahmen um die diagnostische Fragestellung so zu beantworten, dass der Auftraggeber eine Entscheidungshilfe bekommt.

Aufbauend darauf teilt Büssing 2004 S. 569 die Prozessdiagnostik in drei Gegenstandsbereiche:

1. „Diagnose von Veränderungen organisationaler Sachverhalte [z.B. Arbeitsleistung und Anpassungsbereitschaft]
2. Diagnose von sozialen Handlungsvollzügen, von sozialer Interaktion und Kommunikation in Organisationen [z.B. Rituale, Symbole, Werte] sowie
3. Die Diagnose von Wechselwirkungen zwischen Strukturmerkmalen, situativen Bedingungen sowie dem Erleben und Verhalten in Organisationen [z.B. zwischen der Organisation des Lagers und der Erleben und Verhalten der Vertriebsmitarbeiter]“

6.2.3. Integrative Diagnostik

Die Integrative Diagnostik führt die beiden Ansätze Struktur- und Prozessdiagnose zusammen und integriert Diagnoseebenen (Vgl. Büssing 2004)

Für unsere Vertriebsorganisation sind das:

- Gesamte Vertriebsorganisation
- Gruppen
- Außendienstteam
- Innendienstteam
- Telesalesteam
- Kunden
- Führungskräfte
- Individuum

Wichtig ist dabei, dass Werte die auf einer Ebene diagnostiziert wurden auf eine andere Ebene aggregierbar sind. (Vgl. Büssing 2004) Aus meiner Erfahrung weiß ich z.B., dass gerade Außendienstler meist Einzelkämpfer sind und der Wert eines Einzelnen Außendienstlers (Individuumebene) nicht auf das gesamte Außendienstteam (Gruppenebene) zu übertragen ist.

Es geht bei diesem integrativen Ansatz nicht darum, von „Methodeneinseitigkeit“ zu einem „beliebigen Methodenpluralismus“ zu wechseln, sondern um „ein Rahmenkonzept, dass die Ebenen und Perspektiven von Organisationen inhaltlich und nicht nur methodisch aufeinander beziehen lässt.“ (Büssing 2004 S. 570)

In unserem Beispiel macht es zum Beispiel sehr großen Sinn, die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit der Vertriebsstruktur in Verbindung zu setzen um im Vergleich zwischen den beiden Organisationen Unterschiede hervorzuheben. Mögliche Rückschlüsse, von der Struktur auf die Zufriedenheit, könnten wichtige Hinweise für die Gestaltung der zukünftigen Vertriebsstruktur sein. (Vgl. Kap. 8.2)

6.3. Strategien und Methoden

Büssing 2004 S. 571 ff. erwähnt 9 Dimensionen nach denen die strategische Vorgehensweise sich darstellt, wobei die Auswahl der jeweiligen Dimension von der Problemstellung, vom inhaltlichen Standpunkt des Diagnostikers, von der Wahl der Zielebenen und von den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten abhängt. Unsere konkrete Strategie anhand der neun Dimensionen stellt sich wie folgt dar:

6.3.1. Statusdiagnostik versus Prozessdiagnostik

Das Ziel der Prozessdiagnostik ist es Veränderungen festzustellen. Für uns ist es relevanter, einen Ist-Zustand zu analysieren, deswegen ist unsere Strategie die Statusdiagnostik (vgl. Büssing, 2004, S.572)

6.3.2. Offene versus geschlossene OD

Wir werden sowohl qualitativ als auch quantitativ arbeiten. Es wird qualitative Interviews mit den Mitarbeitern geben, auf diese gehe ich hier nicht näher ein, da sich der Interviewleitfaden im Anhang befindet. Weiterhin wird es quantitative Fragebögen geben. Auch diese Fragebögen finden sich im Anhang.

Zusätzlich können folgende Instrumente zum Einsatz kommen:

- Teamklima-Inventar (TKI) (Brodbeck, Anderson und West, 2000)
- TeamPuls (Wiedemann, Watzdorf und Richter, 1998)
- Fragebogen zur Kommunikation in Organisationen (Sperka & Rozsa, 2007)
- Fragebogen zur Erfassung des Organisationsklimas (Daumenlang et.al., 2004)
- Fragebogen zur Vorgesetzten-Verhaltens-Beschreibung (Fittkau-Garthe & Fittkau,1971)

6.3.3. Bedingungsbezogene vs. personenbezogene OD

Bedingungsbezogene Verfahren machen abstrahierend vom jeweiligen Organisationsmitglied Aussagen über Arbeitsaufgaben, Arbeitsbedingungen und organisationale Sachverhalte (vgl. Büssing 2004 S. 576) Da hier Aussagen über die Organisation im Allgemeinen getroffen werden ist die bedingungsbezogene Diagnostik für uns weniger relevant. Sie ist mehr für die allgemeine Organisationsforschung, als für unsere spezielle Anwendung geeignet.

Bei der personenbezogenen Diagnostik geht es in unserem Fall nicht um die individuellen Unterschiede zwischen Organisationsmitgliedern sondern um die persönliche Wahrnehmung der organisationalen Sachverhalte und Arbeitstätigkeiten in den beiden Vertriebsorganisationen (z.B. Klima und Handlungsspielraum) (vgl. Büssing 2004, S. 576)

6.3.4. Subjektive versus objektive OD

Während die Unterteilung in bedingungs- und personenbezogene O-Diagnostik sich auf den Charakter des Erhebungsgegenstandes bezieht, geht es bei der Unterscheidung von subjektiver und objektiver O-Diagnostik hingegen um die Eigenschaften der Erhebungsmethode. (Büssing 2004, S. 576)

Wir wenden bei der Analyse unserer Vertriebsorganisationen dabei folgende Erhebungsmethoden an:

Dokumentenanalyse

- Organigramme
- Stellenbeschreibungen
- Protokolle
- Dienstanweisungen
- Vorschriften
- Organisationshandbücher,
- spezielle Handbücher (z.B. für Qualitätsmanagment)
- Außendienstberichte
- Aktennotizen
- Kundenbriefe

Kennzahlenanalyse

- Umsatzstatistik
- Lagerstatistik
- Reklamationsstatistik
- allgemeine Personaldaten
- Krankenstand
- Unfallzahlen
- Fluktuation
- Produktionsziffern
- Investitionsziffern

Befragung

- Vertriebsmitarbeiter
- Vorgesetzte
- Kunden
- Absatzmittler

Als Instrumente werden eingesetzt:

- Interviews
- Gruppengespräche
- Schriftliche Befragungen

Beobachtung

- Am Arbeitsplatz
- Teilnehmend und Nicht-teilnehmend
- Selbstbeobachtung und Fremdbeobachtung
- Induktiv-empirischer Zugang bei Fremdbeobachtung
- Deduktiv-theoretischer Zugang bei Selbstbeobachtung

[...]

Ende der Leseprobe aus 56 Seiten

Details

Titel
Organisationsentwicklung nach dem Zusammenschluss zweier Vertriebsorganisationen unter Zurhilfenahme der Organisationsdiagnose
Hochschule
Hochschule für angewandtes Management GmbH  (Fachbereich Wirtschaftspsychologie)
Veranstaltung
„Organisationsdiagnose“ und „Organisationsenwicklung“
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
56
Katalognummer
V125719
ISBN (eBook)
9783640313068
ISBN (Buch)
9783640316908
Dateigröße
858 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Organisationsentwicklung, Zusammenschluss, Vertriebsorganisationen, Zurhilfenahme, Organisationsdiagnose
Arbeit zitieren
Björn Begemann (Autor:in), 2009, Organisationsentwicklung nach dem Zusammenschluss zweier Vertriebsorganisationen unter Zurhilfenahme der Organisationsdiagnose, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125719

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