Der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938


Hausarbeit, 2002

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Die Anschlussidee nach dem Ersten Weltkrieg

2. Deutsch-österreichische Beziehungen seit
2.1. Die österreichischen Nationalsozialisten und ihr Putschversuch 1934
2.2. Deutsches Evolutionskonzept und das Juli-Abkommen 1936

3. Konferenz von Berchtesgaden

4. Das geplante Plebiszit über den Erhalt der Eigenstaatlichkeit Österreichs

5. Haltung der Westmächte und Italiens
5.1. Die Position Englands und Frankreichs
5.2. Die Position Italiens

6. Die deutschen Ultimaten vom 11. März 1938

7. Der Anschluss und seine Bedeutung für das Deutsche Reich

Literaturverzeichnis

1. Die Anschlussidee nach dem Ersten Weltkrieg

Nach der gemeinsamen Niederlage des Deutschen Reichs und Österreichs im Ersten Weltkrieg gab es sowohl von deutscher als auch von österreichischer Seite Bestrebungen nach einer Vereinigung der beiden Staaten. In Wien hatte die provisorische Nationalversammlung im „Gesetz über die Staats- und Regierungsform von Deutschösterreich“ im November 1918 erklärt, dass Deutschösterreich ein Bestandteil der Deutschen Republik sei. In den von den alliierten Siegermächten 1919 diktierten Friedensverträgen von Versailles und Saint-Germain-en-Laye wurde jedoch der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich und selbst die Benutzung der Bezeichnung „Deutschösterreich“ untersagt und somit die Forderung nach dem Selbstbestimmungsrecht für die Deutschen ignoriert.[1]

Die Anschlussidee blieb nach dem Verbot allerdings in großen Teilen der Bevölkerung lebendig, wobei ihre Intensität in Österreich, das wirtschaftlich gesehen nach dem verlorenen Krieg kaum überlebensfähig zu sein schien, stark von ökonomischen Konjunkturschwankungen abhing.[2] Vom Deutschen Reich aus „gelenkte und vor allem finanziell unterstützte Organisationen“[3] sollten dafür Sorge tragen, dass der Anschlussgedanke in der österreichischen Bevölkerung präsent blieb.

2. Deutsch-österreichische Beziehungen seit 1933

2.1. Die österreichischen Nationalsozialisten und ihr Putschversuch 1934

Noch vor der Machtübernahme der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) in Deutschland durch die Berufung Adolf Hitlers zum Reichskanzler im Januar 1933 hatten sich die meisten der österreichischen Parteien und politischen Gruppierungen für einen Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich ausgesprochen. Nach der Umge-staltung der politischen Landschaft in Deutschland allerdings, verzichtete ein Großteil derselbigen auf die Forderung nach einem Anschluss in absehbarer Zeit[4]. Die Sozialdemokraten und die zu diesem Zeitpunkt in Österreich herrschenden Christlichsozialen strichen den Anschlussartikel aus ihren Parteiprogrammen „und nahmen als Vertretung der Mehrheit der österreichischen Bevölkerung nun sogar den Kampf gegen den Anschluß auf“[5].

Mit Erfolg versuchte die österreichische NSDAP sich als „die einzige Vertreterin des Anschlußgedankens“[6] zu präsentieren, so dass „das nationale Lager und die Großdeutschen in Österreich [..] sich im Lager der Nationalsozialisten“[7] vereinten. Zunehmenden Einfluss gewann die Partei vor allem auch durch die starken wirtschaftlichen Probleme im Land und die Erfolge der deutschen NSDAP im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit im Nachbarland. Der Nationalsozialismus in Österreich erfuhr eine starke Förderung durch das Deutsche Reich, denn die deutsche Anschlusspolitik sah vor, mit von der österreichischen NSDAP ausgehenden propagandistischen Aktionen, aber auch Bomben- und Terroranschlägen, „eine innere Aushöhlung Österreichs zu betreiben“[8].

Im Juni 1933 ließ der österreichische Bundeskanzler Engelbert Dollfuß, dessen christlichsoziale Regierung seit März zu einem autoritären Regime übergegangen war, ein Betätigungsverbot für die NSDAP in Österreich aussprechen, so dass die Partei von nun an in der Illegalität operierte[9].

Ein nationalsozialistischer Putsch am 25. Juli 1934 wurde zwar von der österreichischen Exekutive und dem Bundesheer niedergeschlagen, Dollfuß jedoch starb an einer Schussverletzung. Italiens Diktator Benito Mussolini ließ in dieser Juli-Krise Truppen an der Grenze zu Österreich aufmarschieren, um ein militärisches Eingreifen Deutschlands zu verhindern.

2.2. Deutsches Evolutionskonzept und das Juli-Abkommen 1936

Nach dem gescheiterten Versuch der österreichischen Nationalsozialisten, durch einen gewaltsamen Umsturz an die Macht zu kommen, änderte sich die Konzeption des Deutschen Reichs in Bezug auf die Frage nach dem Anschluss Österreichs. Der Anschluss sollte nun „mit anderen – diplomatischen – Methoden und in einem langsameren Tempo, dafür aber sicherer, verwirklicht werden“[10].

Im Zuge dieses evolutionären Kurses kam am 11. Juli 1936 ein Kommuniqué zwischen Franz von Papen, der nach dem missglückten Putsch 1934 von Hitler als deutscher Sonderbotschafter in Österreich eingesetzt worden war, und Dollfuß’ Amtsnachfolger Kurt Schuschnigg, der in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus eine Atempause zu gewinnen suchte[11], zustande. In diesem Juli-Abkommen erkannte die deutsche Reichsregierung die volle Souveränität Österreichs an und verzichtete auf Einmischung in dessen innere Angelegenheiten. Österreich hingegen erklärte, dass es seine Politik gegenüber dem Deutschen Reich „stets auf jener grundsätzlichen Linie halten“[12] werde, „die der Tatsache, daß Österreich sich als deutscher Staat bekennt, entspricht“[13]. Hitler beabsichtigte mit der Hereinnahme von Vertretern der „Nationalen Opposition“ in die österreichische Bundesregierung, die im nicht veröffentlichten Teil des Abkommens von Schuschnigg zugesichert wurde, den Nationalsozialismus in Österreich auf scheinbar legalem Weg zur Macht zu führen.

Während einige Teile der illegalen österreichischen NSDAP diesen „evolutionären Weg zum Anschluß“[14] befürworteten, planten andere, „durch Aktionen eine Konfliktsituation im Inneren“[15] herbeizuführen, um ein militärisches Eingreifen von deutscher Seite aus zu veranlassen. Pläne und Aufzeichnungen für einen solchen gewaltsamen Umsturz wurden im Januar 1938 bei österreichischen Nationalsozialisten gefunden.

3. Konferenz von Berchtesgaden

Nach Entdeckung der Pläne, die eine gewaltsame Lösung der Anschlussfrage vorsahen, gelang es Papen, den österreichischen Bundeskanzler Schuschnigg, für den das deutsch-österreichische Abkommen vom Juli 1936 keine genügende Sicherheit mehr bedeuten konnte, zu einem persönlichen Gespräch mit Hitler zu bewegen. Diese Unterredung, von der Schuschnigg erwartete, sie würde dazu dienen, „die Situation zu kalmieren“[16], fand am 12. Februar 1938 in Berchtesgaden statt. Sie wurde „unter dem Druck deutscher militärischer Scheinmaßnahmen“[17] an der Grenze zu Österreich geführt. Hitler hatte zudem an diesem Tag demonstrativ einige Generale zu sich eingeladen. Das Gespräch zwischen den beiden Kanzlern widersprach allen diplomatischen Gepflogenheiten, denn Hitler überfiel seinen Besucher mit Vorhaltungen, die sich zu Drohungen steigerten. Laut Hitler betriebe Österreich keine deutsche Politik, sondern die ganze Geschichte Österreichs sei „ein ununterbrochener Volksverrat“[18]. Er bräuchte nur einen Befehl zu geben und „über Nacht ist der ganze lächerliche Spuk an der Grenze zerstoben“[19]. Das Land sei außenpolitisch isoliert und wehrlos, da sich weder Italien noch die Westmächte England und Frankreich für die Interessen der österreichischen Regierung einsetzen würden.

Nach diesem psychologischen Überfall erläuterte der neue Außenminister Joachim von Ribbentrop die deutschen Forderungen, von denen einzelne durch Schuschnigg und seinen Staatssekretär Guido Schmidt, der ihn nach Berchtesgaden begleitet hatte, „auf die von den Österreichern ohnedies geplanten Konzessionen reduziert“[20] wurden. Die wichtigsten Forderungen von deutscher Seite, die auch im endgültigen Protokoll des Berchtesgadener Abkommens beibehalten wurden, waren die freie Betätigung für die österreichischen Nationalsozialisten, die Ernennung des Nationalsozialisten Arthur Seyß-Inquart zum österreichischen Innenminister mit Unterstellung des Sicherheitswesens, eine allgemeine Amnestie für die verurteilten österreichischen Nationalsozialisten, die Ausrichtung der österreichischen Außenpolitik auf die des Deutschen Reichs sowie regelmäßige Konsultationen zwischen den Generalstäben der beiden Länder.[21]

Als Schuschnigg darauf hinwies, dass Ministerernennungen in Österreich und somit auch die Ernennung Seyß-Inquarts zum Innenminister „verfassungsrechtlich vom Bundespräsidenten gebilligt“[22] und auch eine Generalamnestie für die österreichischen Nationalsozialisten vom Bundespräsidenten erteilt werden müsse, er als Bundeskanzler sich somit lediglich zur Antragstellung verpflichten könne, schickte Hitler Schuschnigg für kurze Zeit aus den Raum und zitierte den frisch ernannten Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, General Wilhelm Keitel, herbei, um seinen Forderungen symbolisch Nachdruck zu verleihen und „den Anschein bevorstehender militärischer Maßnahmen“[23] zu erwecken. Schuschnigg unterzeichnete schließlich das Forderungsprogramm Hitlers und innerhalb der folgenden Tagen wurden die deutschen Forderungen erfüllt. Hitler war überzeugt, dass die Durchführung des Berchtesgadener Abkommens mit Sicherheit die Nationalsozialisten in Österreich in den vollen Besitz der Macht bringen würde, da das Abkommen ihnen volle Bewegungsfreiheit und eine Vertretung in der österreichischen Regierung sicherte[24].

[...]


[1] Zentner, 1988: S. 7

[2] Schausberger, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, 1988: S. 2

[3] Kleindel, 1988: S. 13

[4] vgl. Schmidl, 1994: S. 14 f.

[5] Schausberger, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, 1988: S. 4

[6] Schmidl, 1994: S. 15

[7] Kleindel, 1988: S. 11

[8] Schausberger, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, 1988: S. 3

[9] Schmidl, 1994: S. 16

[10] Schausberger, 1978: S. 309

[11] Kleindel, 1988: S. 23

[12] Benoist-Méchin, 1966: S. 179

[13] a.a.O.

[14] Schausberger, 1978: S. 508

[15] a.a.O.

[16] Schausberger, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, 1988: S. 13

[17] a.a.O.

[18] Benoist-Méchin, 1966: S. 199

[19] a.a.O.

[20] Schmidl, 1994: S. 28

[21] Benoist-Méchin, 1966: S. 204 f.

[22] Kleindel, 1988: S. 38

[23] Schmidl, 1994: S. 28

[24] vgl. Schausberger, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, 1988: S. 13

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Deutsche Außenpolitik 1933-1939
Note
1,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
14
Katalognummer
V123883
ISBN (eBook)
9783640287697
ISBN (Buch)
9783640287888
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Österreich, Deutschland, Deutsches Reich, Drittes Reich, Nationalsozialismus, Nazi, Hitler, Außenpolitik, Politik, politisch, Geschichte, Westmächte, England, Frankreich, Italien, Schuschnigg, Dollfuß, Seyß-Inquart, Miklas, Göring, Einmarsch, Plebiszit, Wehrmacht, Anschluss, Anschlussgedanke
Arbeit zitieren
Jürgen Menze (Autor:in), 2002, Der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123883

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