H. Ch. Andersen "Das hässliche junge Entlein"

Eine Sachanalyse mit Beispielen für einen handlungs- und produktionsorientierten Unterricht


Hausarbeit, 2006

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. „Das hässliche junge Entlein“ – Eine Sachanalyse
2.1 Zum Märchenbegriff
2.2 Zusammenfassung des Inhalts
2.3 Die Gestaltung des Märchens
2.3.1 Formale Aspekte
2.3.2 Sprachliche Aspekte
2.3.3 Stilistische Aspekte
2.4 Der Symbolgehalt des Märchens
2.4.1 Parallelen zu Andersens Leben

3. „Das hässliche junge Entlein“ im Unterricht
3.1 Einstiegsmöglichkeiten
3.2 Mögliche Unterrichtssequenzen

4. Anhang: Das Märchen

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Der im Jahre 1805 in Odense/Dänemark geborene Hans Christian Andersen zählt zu den berühmtesten Märchenerfindern und – erzählern. Fast in aller Welt wachsen bis heute Kinder mit seinen Märchen auf. Die meisten seiner Werke handeln von ihm selbst. Er verarbeitet darin seine Kindheitserfahrungen und seine Lebensgeschichte. Am deutlichsten kommen diese in seinem Märchen vom „hässlichen jungen Entlein“ zum Tragen. Es gilt als „verbrämte Selbstbiographie“1 und zählt außerdem zu seinen „genialsten Werken“2. Darin gibt es sehr offensichtliche Übereinstimmungen mit seinem Leben.

Die stilistischen Merkmale und biographischen Wurzeln des Märchens vom einst kleinen hässlichen Entlein, das zum Schluss ein wunderschöner Schwan wird, werden im Folgenden näher erläutert. Außerdem wird im zweiten Teil darauf eingegangen, wie ein handlungs- und produktionsorientierter Unterricht am Beispiel dieses autobiographischen Märchens aussehen kann.

2. „Das hässliche ¡unge Entlein“ – Eine Sachanalyse

2.1 Zum Märchenbegriff

Das Literaturgattung „Märchen“ ist abgeleitet von dem mittelhochdeutschen Wort

„Maere“ („Kunde“, „Bericht“). Meistens sind damit relativ kurze Erzählungen gemeint, die starke surreale und wunderbare Elemente enthalten. Vor allem Erwachsene erzählten sich früher Märchen zur Unterhaltung.

Märchen lassen sich in Volks- und Kunstmärchen unterscheiden. Die Erstgenannten wurden oft über große Zeiträume hinweg mündlich überliefert. Somit kann man hier auch keinen bestimmten Urheber feststellen. Sie enthalten teilweise anonymisierte Sagenstoffe. Beim Kunstmärchen wiederum ist der Schöpfer bekannt. Es werden zwar Motive der Volksmärchen aufgegriffen, jedoch bestehen sie meist aus neuen erfundenen Wundergeschichten mit fantastischen Elementen. Die Kunstmärchen bleiben aber durch das Fantastische und Unwirkliche mit den Volksmärchen verbunden.3

2.2 Zusammenfassung des Inhalts

Während der Sommerzeit brütet eine Entenmutter ahnungslos ein Schwanenei aus. Nachdem das Küken ausgeschlüpft ist, wird es von den anderen Enten und sogar von den Katzen auf dem Entenhof wegen seines andersartigen Gefieders verspottet. Da es die Demütigungen nicht mehr aushält, flieht es vom Hof und gelangt zum Moor, wo die wilden Enten wohnen. Auch diese finden das Kleine hässlich und somit findet es auch bei ihnen keine Anerkennung. Das „Entlein“ bleibt zwei Tage lang im Schilf liegen, bis plötzlich Jäger mit ihren Jagdhunden auftauchen. Sie jedoch interessieren sich auch nicht für das Kleine, weil es so hässlich ist. Spät am Abend, als sich die Jäger zurückziehen, macht sich das „Entlein“ weiter auf die Reise, in der Hoffnung endlich an einen Ort zu gelangen, wo es sicher ist und akzeptiert wird. Es erreicht eine armselige Bauernhütte, in der auch ein Hund und eine Katze wohnen. Da das „Entlein“ aber von ihnen auch nur verspottet wird, beschließt es weiter zu reisen, hinaus in die große weite Welt. Der folgende Winter wird für das Entlein durch die eisige Kälte zur Qual. Es friert im See fest, wird dann aber von einem Bauern gerettet, der es bei sich zuhause aufnimmt. Das verstörte „Entlein“ stiftet im Bauernhaus große Unruhe, da es von den Kindern des Bauern erschreckt wird. Daraufhin flüchtet es wieder ins Moor, wo es bis zum Frühling bleibt. Jetzt bemerkt es, dass es plötzlich stärker als zuvor mit seinen Flügeln schlagen kann und versucht sogar zu fliegen. Es erblickt schöne weiße Schwäne im Wasser, denen es hinterher schwimmt. Es sieht sein Spiegelbild im Wasser und nimmt mit Freude wahr, dass es genauso aussieht wie die Schwäne. Aus dem einst hässlichen Entlein war ein wunderschöner Schwan geworden.

2.3 Die Gestaltung des Määrrchens

2.3.1 Formale Aspekte

Beim „hässlichen jungen Entlein“ handelt es sich um ein Kunstmärchen. Es kommt aber die typische Struktur eines Volksmärchens in der eigentlichen Geschichte zum Tragen: der Held (hier: das Entlein), der zu Beginn diese Rolle noch nicht inne hat, begibt sich auf eine abenteuerliche Reise mit vielen Abenteuern. Er hat viele Gefahren zu bestehen, kommt aber letztendlich glücklich am Ziel an. Außerdem enthält die Geschichte am Ende eine moralische Lehre, welche in Fabeln zu finden ist: „Es schadet nichts, in einem Entenhof geboren zu sein, wenn man nur in einem Schwanenei gelegen hat!“ (siehe Anhang, Zeile 258/259). Was „das hässliche junge Entlein“ nun doch zu einem Kunstmärchen macht, ist der „Märchenrealismus“4.

Phantastisch-Irrationales steht hier im Wechselbezug zur wirklichen Welt.

2.3.2 Sprachliche Aspekte

Die Sprache des Märchens ist sehr leicht verständlich, einfach in Wortwahl und Satzbau und erinnert an die Sprechweise von Kindern. Andersen selbst sagte, seine Märchen seien für Kinder erzählt, aber die Erwachsenen sollten auch zuhören dürfen5. Durch die Aneinanderreihung von Hauptsätzen, die durch die Konjunktion „und“ verbunden sind, wird deutlich gemacht, dass sich die Handlung „überschlägt“, was dem kindlichen Erzähleifer sehr ähnelt: „[…]und so rappelten sich alle[…]; und die Mutter ließ sie sehen, so viel sie wollten, denn das Grüne ist gut für die Augen.“ (siehe Zeile 16-18). Diese Satzreihen werden oft durch Verbindungswörter, wie „da“, „aber“ und „denn“ eingeleitet: „Und das taten sie; aber die andern Enten ringsumher betrachteten sie […]!“ (siehe Zeile 70). Auffällig sind auch die verwendeten Steigerungsformen „fürchterlich groß“ und „gräulich hässlich“ (siehe Zeile 133-135), welche ebenfalls an die Kindersprache erinnern. Auch die Formulierung mancher Aufforderungen der Entenmutter klingen für Kinder sehr vertraut: „Nun neigt euren Hals und sagt: Rapp.“ („Gebt die Hand und sagt: Guten Tag.“)

Durch häufige direkte Rede und Klangmalereien, wie „’Rapp! Rapp!’“ (siehe Zeile 17) und „Platsch, platsch“ in den Zeilen 130 und 135 wird dem Leser das Gefühl gegeben, mitten im Geschehen zu sein. Außerdem wird eine vertraute Atmosphäre zwischen Autor und Leser geschaffen6. Durch die detailgenaue Beschreibung der Natur und der unmittelbaren Umgebung des Entleins bekommt der Leser eine genaue Vorstellung, wie es dort aussieht. Schon zu Beginn des Märchens wird der Ort, der Geburt genau beschrieben (siehe Zeile 1-13).

Bezüglich der Wortwahl fallen die vielen Adjektive7, vor allem Farbadjektive auf, mit denen die Veränderungen der Natur und der Wechsel der Jahreszeiten beschrieben werden: „Es war Sommer, das Korn stand gelb, der Hafer grün, das Heu war unten auf den grünen Wiesen[…].“ (siehe Zeile 1-2). Außerdem zieht sich das auf das Entlein bezogene Adjektiv „hässlich“ wie ein roter Faden durch das gesamte Märchen. Schon im Titel ist die große Bedeutung des Wortes erkennbar. Bestimmte Adjektive werden im Verlauf der Erzählung immer wieder bestimmten Figuren zugeordnet. Die wohlgeratenen Entengeschwister werden mit den Wörtern „niedlich“ und „hübsch“ (siehe Zeile 29) beschrieben; die Schwäne werden als „prächtig“, „schön“ oder „königlich“ (siehe Zeile 210) dargestellt.

2.3.3 Stilistische Aspekte

Andersen verwendet in diesem Märchen vor allem das Stilmittel der Wiederholung. Hiermit hebt er wichtige Satzteile oder Bedeutungen hervor, wie gleich zu Beginn in Zeile 2 des Anhangs deutlich wird: „Es war so herrlich draußen auf dem Lande.“ . Dies wird in Zeile 6 mit dem Satz: „Ja, es war wirklich herrlich da draußen auf dem Lande!“ wieder aufgegriffen.

Zur Anschaulichkeit der Sprache tragen Personifikationen und Vergleiche bei. Sie lassen den Leser zwischen den Zeilen lesen, wie bei den Sätzen: „[…] alle Eidotter waren lebendig geworden und steckten die Köpfe heraus.“ (siehe Zeile 15/16) und „[…] der kalekutische Hahn blies sich auf wie ein Fahrzeug mit vollen Segeln […]“ (siehe Zeile 95/96).

Ein weiteres Stilmittel, welches immer bei drohender Not oder Elend verwendet wird ist die Dreigliedrigkeit, die auch im Satz: „Aber das arme Entlein […] wurde gebissen, gestoßen und ausgelacht.“ (siehe Zeile 93) eingesetzt wird.

Ebenfalls finden sich zahlreiche rhetorische Fragen. Vor allem als das Entlein von Henne und Kater tyrannisiert wird. Dadurch kommt eine gewisse Arroganz der beiden Tiere zum Ausdruck: „Was fällt dir ein?“ (siehe Zeile 180).

2.4 Der Symbolgehalt des Märchens

Von großer Bedeutung in Andersens Märchen ist die Symbolhaftigkeit. Er verwendet hier die Symbole der Jahreszeiten, des Sturmes, der Farbgebung und der Schwäne. Die Entwicklung des Entleins verläuft parallel zum Wechsel der Jahreszeiten. Hier steht der Sommer für Kraft und Energie. In dieser Zeit wird das Entlein geboren. Gleichzeitig erscheint die Farbe grün (siehe Zeile 3) als Zeichen der Hoffnung. Die Entenmutter hofft auf gesunden Nachwuchs. Als das Entlein vom Hof flieht gerät es in einen Sturm, gegen den es nichts auszusetzen hat. Auch innerlich fühlt es sich aufgewühlt. Der Sturm entspricht hier seinem Gemütszustand. Im darauf folgenden Herbst werden die Blätter gelb und braun und verdunkeln sich. Diese düstere Stimmung überträgt sich auf das Entlein, das ohne Zuversicht ist, ein Zuhause zu finden. Der Winter und die eisige Kälte symbolisieren die fehlende Wärme und Zuneigung im Leben des Kleinen. Erst als der Frühling mit seiner Blütenpracht kommt, schöpft das Entlein neuen Lebensmut. Diese Jahreszeit ist das Symbol für das Wiedererwachen allen Lebens. Die Beschreibung des Gartens am Ende erinnert an das Paradies und man kann schlussfolgern, dass das Entlein endlich in „seinem“ Paradies angekommen ist. Hier sind auch die Schwäne zu finden, welche durch das blendende weiß als Symbol für Licht und somit für die Hoffnung auf eine bessere Zukunft stehen.

2.4.1 Parallelen zu Andeerrsseennss Leben

Neben oben Erwähntem hat das Märchen auch einen großen Symbolgehalt für Andersens eigenes Leben. Die These „Märchen sind nicht phantastisch und unrealistisch, sie sind im Gegenteil höchst realistisch […]. 8 von Bernd Wollenweber unterstreicht dies noch. Dass dies ein autobiographisches Märchen ist und somit von ihm selbst handelt, wird schon im Titel „Das hässliche junge Entlein“ sehr deutlich. Als Kind war Andersen sehr groß und ungewöhnlich dünn. Er hatte sehr große Hände und Füße; eine „kräftige Adlernase“9 zierte sein Gesicht. Friedrich Hebbel bezeichnete ihn 1843 in seinem Tagebuch als eine Gestalt mit hässlichem Gesicht.10

[...]


1 vgl. Nielsen, E. 1995, S. 18.

2 ebd. S. 100.

3 http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%A4rchen

4 vgl. Sahr, M. 1999, S. 11.

5 Bredsdorff, E. 1980, S. 438.

6 Bredsdorff, E. 1980, S. 435..

7 ebd..

8 vgl. Wollenweber, Bernd: Thesen zum Märchen. In: Arbeitstexte für den Unterricht. Märchenanalysen, S. 62.

9 vgl. Sahr, M. 1999, S. 4.

10 ebd.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
H. Ch. Andersen "Das hässliche junge Entlein"
Untertitel
Eine Sachanalyse mit Beispielen für einen handlungs- und produktionsorientierten Unterricht
Hochschule
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg
Veranstaltung
Handlungs- und produktionsorientierter Umgang mit Märchen. Hans Christian Andersen
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V120708
ISBN (eBook)
9783640243006
ISBN (Buch)
9783640246335
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Andersen, Entlein, Handlungs-, Umgang, Märchen, Hans, Christian, Andersen
Arbeit zitieren
Cindy Munz (Autor:in), 2006, H. Ch. Andersen "Das hässliche junge Entlein", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120708

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