Zulässigkeit des finalen Rettungsschusses und des "finalen Rettungsfolterns"


Diplomarbeit, 2008

48 Seiten, Note: 13,35


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

I. Einleitung

II. Der finale Rettungsschuss
1. Begriffsdefinition
2. Die Rolle im Polizeirecht
3. Die unterschiedlichen Regelungen in den Ländern
4. Aktuelle Bedeutung
4.1 Der 11. September 2001 und seine Folgen
4.1.1 Das Luftsicherheitsgesetz
4.1.2 Die Verfassungsbeschwerde gegen § 14 Abs. 3 LuftSiG
4.1.3 Stellungnahmen zu der Verfassungsbeschwerde gegen § 14 Abs. 3 LuftSiG
4.1.4 Das Urteil des BVerfG zum Luftsicherheitseinsatz
4.1.5 Die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit
4.1.6 Eigene Stellungnahme
5. Ausblick und mögliche Alternativen

III. Das „finale Rettungsfoltern“
1. Begriffsdefinition
2. Die Rolle im Polizeirecht
3. Aktuelle Bedeutung
3.1 Der „Fall Daschner“
3.1.1 Rechtliche Folgen
3.1.2 Auffassungen zum „Fall Daschner“ und dem Folterverbot
3.1.3 Eigene Stellungnahme
4. Ausblick und mögliche Alternativen.

IV. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

I. Einleitung

Viele Bürger kennen die Begriffe „Terrorismus“ oder „Folter“ nur aus den allabendlichen Nachrichten. Bei diesen Nachrichten handelt es sich jedoch meist um Vorfälle aus weit entfernten Regionen: terroristische Anschläge im Nahen Osten, Flugzeugentführungen in den Vereinigten Staaten, Folter in Abu Ghraib oder auf Guantamano Bay. Solche Szenarien sind in Deutschland kaum vorstellbar und doch wäre es durchaus möglich, dass so etwas auch bei uns passieren könnte. In der heutigen Zeit spielen Kriege für die Bundesrepublik Deutschland so gut wie keine Rolle mehr. Doch Staaten und Volksgruppen, welche sich angegriffen und unterdrückt fühlen, haben längst die Methoden des Terrorismus für sich entdeckt. Die Anschläge am 11. September 2001 in New York und am 07. Juli 2005 in London haben gezeigt, dass Terrorismus eben nicht vor Ländergrenzen halt macht, und dass das sonst so sichere und friedliche Europa vor solchen Angriffen nicht immer sicher ist. Aber es muss nicht immer Terrorismus sein, viel öfter kam es in der Vergangenheit schon zu Entführungen und Geiselnahmen im Bundesgebiet. Die Motive sind sehr unterschiedlich, aber viel wichtiger ist es, wie man reagiert. Sofort werfen sich Fragen auf wie: „Darf man einen Geiselnehmer erschießen, um das Leben der Geiseln zu retten?“ oder „Darf man das Mittel der Folter anwenden, um das Versteck einer entführten Person zu erfahren?“.

Genau das sind die Fragen der Zulässigkeit des finalen Rettungsschusses und des „finalen Rettungsfoltern“. Die Arbeit ist in diese beiden Problemfelder gegliedert, wobei versucht wurde, eine Parallelität im Aufbau zu gewährleisten, um am Ende einen Vergleich beider Themengebiete zu erhalten. Beide Problemfelder werden anhand realer Vorfälle erläutert. Dabei wurden die wahrscheinlich bekanntesten Vorkommnisse ausgewählt. Die Wahl beim Thema des finalen Rettungsschusses fiel auf das Beispiel der Anschläge des 11. Septembers 2001 in New York. Hierbei werden

vor allem die Reaktionen des Gesetzgebers anhand des Luftsicherheitsgesetzes und die dazugehörige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes beleuchtet. Zum anderen wird das Thema des „finalen Rettungsfolterns“ am Beispiel der Entführung des Bankierssohns Jakob von Metzlers dargestellt. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf der Bewertung der Folterandrohung des Vizepolizeipräsidenten Herrn Wolfgang Daschner und den daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen. Die Eingrenzung auf die angesprochenen Beispielfälle ist notwendig, da die Komplexität des Themas ansonsten den vorgegebenen Rahmen der Diplomarbeit sprengen würde. Für beide Themen soll geprüft werden, ob die Handlungen als verfassungsmäßig einzustufen sind, ob dadurch in Grundrechte eingegriffen wird und wie man dies eventuell verfassungsmäßig rechtfertigen kann. Ebenfalls wird in der Arbeit versucht werden, mögliche Alternativen aufzuzeigen und abschließend soll ein kleiner Ausblick verdeutlichen, welche Stellung die Thematik in der Zukunft haben könnte.

Warum meine Wahl auf dieses Thema gefallen ist, lässt sich leicht erklären. Aufgrund der Aktualität und Brisanz in der Öffentlichkeit gibt es bei diesem Thema mehrere interessante Ansatzpunkte für eine wissenschaftliche Bearbeitung. In der Literatur und im Internet wurde dieses Thema zum Teil schon ausführlich behandelt, mir ist jedoch in erster Linie daran gelegen, einen Überblick über das Wissenswerte und das juristisch Entscheidende zu geben.

II. Der finale Rettungsschuss

1. Begriffsdefinition

Zum einheitlichen Verständnis muss vorerst der Begriff des finalen Rettungsschusses definiert werden. In der Literatur bedient man sich verschiedener Begrifflichkeiten, so wird zum Beispiel auch finaler Todesschuss, gezielter Todes oder Rettungsschuss verwendet. Verstanden werden muss darunter ein Schuss, „der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird“ (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 2 MEPolG).[1] Darunter ist ein Schuss auf die lebenswichtigen Organe Herz oder Hirn zu verstehen.[2] Meist ist damit der Schusswaffengebrauch in besonderen polizeilichen Lagen gemeint, wobei ein Störer mit einem gezielten Schuss getötet wird.[3] Im Allgemeinen soll der Schusswaffengebrauch durch Vollzugsbeamte lediglich dazu dienen, die „Angriffsunfähigkeit“ oder „Fluchtunfähigkeit“ des Störers zu bewirken. Beim finalen Todessschuss hingegen kann dies nur noch „um den Preis der Tötung des Angreifers“ erreicht werden.[4] Der Schuss muss also das „letzte Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder der gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Gesundheit“ sein.[5] Es muss also die Gefahr gegeben sein, dass der Tod oder eine schwere Körperverletzung[6] eintritt.[7]

2. Die Rolle im Polizeirecht

Der finale Rettungsschuss besitzt im Polizeirecht eine besondere Bedeutung, da gerade in der Öffentlichkeit Polizeieinsätze mit tödlichem Ausgang eine besondere Brisanz besitzen. Eine große Problematik stellt insbesondere die Anwendung bei Geiselnahmen dar. Vor allem aufgrund solcher Szenarien wurde der „gezielte Todesschuss“ rechtlich geregelt. Das Gesetz soll hauptsächlich bei dem Verbrechertyp der sog. offenen Geiselnahme[8] Anwendung finden. Der Grundgedanke des Schusswaffengebrauchs (nur „angriffs und fluchtunfähig“ machen) wird jedoch dadurch keineswegs aufgegeben.[9] Es ist dann davon auszugehen, dass der Gewaltverbrecher in bestimmten Fällen erst dann als angriffsunfähig anzusehen ist, wenn er tot ist. Eine eventuelle Rechtfertigung des Todesschusses durch strafrechtliche Vorschriften[10] wird jedoch von der h.M. abgelehnt, da deren Rechtfertigungsgründe nicht als Rechtsgrundlage auf das polizeiliche Handeln übernommen werden können.[11] Ob ein Polizeibeamter von den Regelungen des StGB oder BGB Gebrauch macht, liegt in seinem persönlichen Entscheidungsbereich. Eine Anweisung vom Vorgesetzten kann somit ausgeschlossen werden.[12] Daher kommt es auch zu keiner staatlichen Haftung.[13]

Besondere Waffen oder Sprengmittel[14] sind nur in speziell geregelten Ausnahmefällen zulässig.[15] Zudem kann der Todesschuss nicht zur Abwehr von Gefahren „niedererer“ Rechtsgüter (Freiheit, Ehre, Eigentum usw.) dienen.[16] Zu einem finalen Rettungsschuss bei Geiselnahmen ist es in Deutschland bisher selten gekommen. Der Polizei gelang es in rund 80 Fällen, die Kidnapper ohne Blutvergießen zu überwältigen.

3. Die unterschiedlichen Regelungen in den Ländern

In den meisten Bundesländern scheute man sich vor einer speziellen Regelung des finalen Rettungsschusses, da aus politischen Gründen dieses Thema als sehr heikel angesehen wird.[17] Ein möglicher Grund dafür könnte allerdings auch sein, dass man eine gewisse Hemmschwelle bewahren will und daher keine expliziten Befugnisse einräumt.[18] Auch aufgrund der Anschläge vom 07. Juli 2005 in London und vor dem Hintergrund zunehmender Bedrohung vor terroristischen Angriffen in Deutschland haben jedoch eine Vielzahl von Bundesländern Neuregelungen in ihren Gesetzen vorgenommen.

So verfügen bereits 12 von 16 Bundesländern[19] über eine gesetzliche Regelung, welche den finalen Rettungsschuss für zulässig erklärt. Nach diesen Regelungen muss der Todesschuss das „einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder der gegenwärtigen Gefahr der schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit“[20] sein. Grundsätzlich bedürfen dabei die Beamten vor dem Schuss der Aufforderung des Vorgesetzten.[21]

Von dieser Weisungspflicht ausgenommen sind die Länder Hamburg[22] und Bremen.[23] Dort liegt es im Ermessensspielraum der Beamten, ob sie schießen oder die Anweisung verweigern.

In den Bundesländern MecklenburgVorpommern, Nordrhein Westfalen, SchleswigHolstein und Berlin ist der „finale Rettungsschuss“ im Polizeigesetz nicht vorgesehen. Dies begründete z.B. Berlins Innensenator Dr. Ehrhart Körting damit, dass „das Töten nicht vom Staat sanktioniert werden dürfe“.[24] In den o.g. Bundesländern gilt dann die Generalklausel[25], dass der Schusswaffengebrauch lediglich dazu dienen soll einen Störer „angriffs oder fluchtunfähig zu machen“ oder es bestehen parallele Regelungen. Unter „angriffs oder fluchtunfähig“ versteht man, dass der Täter Arme und Beine nicht mehr gebrauchen kann, aber noch am Leben ist.[26]

4. Aktuelle Bedeutung

4.1 Der 11. September 2001 und seine Folgen

Am 11. September 2001 entführte die Terrororganisation Al Qaida vier Passagierflugzeugen. Zwei Flugzeuge stürzten in die Zwillingstürme des World Trade Centers in New York. Die dritte Maschine schlug im Pentagon, dem amerikanischen Verteidigungsministerium, ein. Das vierte Flugzeug stürzte in der Nähe von Pittsburgh im Bundesstaat Pennsylvania ab, nachdem vermutlich einige der Passagiere an Bord versucht hatten, die Attentäter zu überwältigen. Bei den Anschlägen verloren insgesamt mehr als 3.000 Menschen ihr Leben.

Im Anschluss an dieses Schreckensszenario begann man auch in Deutschland verstärkt über einen besseren gesetzlichen Schutz vor solchen Vorfällen nachzudenken. Die Geschehnisse vom 11. September 2001 machten deutlich, dass man von rechtlicher Seite her für einen solchen Ernstfall nur unzureichend gewappnet wäre. Somit entstand ein Entwurf für das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG), welcher von der damaligen rotgrünen Bundesregierung am 05. November 2003 beschlossen wurde. Seitens der Länder und der CDU/CSUBundestagsfraktion wurden wiederholt Gesetzesentwürfe[27] für eine Verfassungsänderung vorgelegt, jedoch nicht umgesetzt. Am 18. Juni 2004 wurde das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) durch den Bundestag beschlossen. Im zweiten Durchgang legte der Bundesrat am 09. Juli 2004 Einspruch gegen das Gesetz ein, welcher vom Bundestag zurückgewiesen wurde. Bundespräsident Horst Köhler unterzeichnete zwar das Gesetz, äußerte jedoch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken und regte eine Überprüfung vor dem BVerfG an. Das LuftSiG wurde am 14. Januar 2005 im BGBl. verkündet und trat am Tag nach der Bekanntmachung in Kraft. Mit diesem Gesetz und dem darin enthaltenen § 14 Abs. 3 LuftSiG wurde die Rechtsgrundlage für den Abschuss entführter und zur Waffe umfunktionierter Passagierflugzeuge geschaffen, der sog. „RenegadeFall“[28].

4.1.1 Das Luftsicherheitsgesetz

Die Kernregelung und der Grund für die nachfolgende Verfassungsbeschwerde stellen die §§ 14, 15 LuftSiG dar. Darin werden die Einsatzmaßnahmen und Anordnungsbefugnisse zur Verhinderung von besonders schweren Unglücken geregelt. Diese sind nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dreistufig gegliedert.[29]

Die erste Stufe ermöglicht, dass auf Ersuchen der Flugsicherung Luftfahrzeuge[30], die sich im Luftraum befinden, durch die Streitkräfte überprüft, umgeleitet oder gewarnt werden können (§ 15 Abs. 3 LuftSiG).[31] Haben derartige Maßnahmen keinen Erfolg, können die Streitkräfte ein Luftfahrzeug abdrängen, zur Landung zwingen, Waffengewalt androhen und Warnschüsse abgeben (§ 14 Abs. 1 LuftSiG). Als ultima ratio kann auf das Luftfahrzeug unmittelbare Waffengewalt (§ 14 Abs. 3 LuftSiG) ausgeübt werden, wenn „nach den Umständen davon auszugehen ist, dass das Luftfahrzeug gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden soll, und sie das einzige Mittel zur Abwehr dieser gegenwärtigen Gefahr ist.“[32] Die Zuständigkeit für die Weisung nach § 14 Abs. 3 LuftSiG liegt beim Bundesverteidigungsminister oder im Vertretungsfall bei dem zu seiner Vertretung berechtigten Mitglied der Bundesregierung (§ 14 Abs. 3 LuftSiG). Generell kann der Bundesverteidigungsminister den Inspekteur der Luftwaffe ermächtigen, Maßnahmen nach § 14 Abs. 3 LuftSiG anzuordnen.[33]

Die Formulierung des Gesetzestextes lässt zudem im Hinblick auf die Gesetzesbegründung den Schluss zu, dass es zulässig ist, einen Abschuss vorzunehmen, wenn sich auch Unschuldige an Bord befinden.[34] Dort ist u.a. der 11. September 2001 als Grund für die Schaffung des LuftSiG aufgeführt und an Bord der damals entführten Flugzeuge befanden sich zugleich Unbeteiligte. Durch diese Tötung von Unschuldigen entstand die Kritik und die juristische Debatte um das LuftSiG.[35]

4.1.2 Die Verfassungsbeschwerde gegen § 14 Abs. 3 LuftSiG

Nach Verkündigung des Gesetzes legte Dr. Burkhard Hirsch, drei weitere Rechtsanwälte, ein Patentanwalt und ein Flugkapitän Verfassungsbeschwerde gegen § 14 Abs. 3 LuftSiG ein.[36] Sie sahen ihre Rechte aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 2 GG verletzt. Zudem gaben die Landesregierungen Bayerns und Hessens eine Stellungnahme ab, da sie darin einen Verstoß gegen Art. 87 a Abs. 2 i.V.m. Art. 35 Abs. 2 Satz 2 und 3 GG sahen und zielten damit auf eine Kompetenzverletzung ab.[37]

4.1.3 Stellungnahmen zu der Verfassungsbeschwerde gegen

§ 14 Abs. 3 LuftSiG

Zum LuftSiG und der darauf folgenden Verfassungsbeschwerde gaben verschiedene Institutionen, Vereinigungen und Organe Stellungnahmen ab[38]:

Der deutsche Bundestag:

Vom Bundestag wurde die Norm des § 14 Abs. 3 LuftSiG, für verfassungsmäßig befunden.[39] Ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 GG wurde nicht erkannt, da man der Meinung war, dass es erst zu einem Verstoß komme, wenn man durch sein Handeln zum Ausdruck bringe, dass man den Wert des Menschen kraft seines Personenseins verachte. So sah man im LuftSiG lediglich das Bemühen, auch für eine verzweifelte Lage eine rechtliche

Regelung zu schaffen. Ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG durch § 14 Abs. 3 LuftSiG und damit einem Eingriff auf das Grundrecht auf Leben sah man aufgrund von Art 2 Abs. 2 Satz 3 GG für verfassungsmäßig und zulässig an. Trotz der Skepsis vieler Abgeordneter gegenüber dem LuftSiG gab der Bundestag seine Zustimmung in der Hoffnung, dass diese Regelung nie zur Anwendung kommen müsse und wenn dann nur eine geringe Anzahl von Menschen Schaden durch einen Bundeswehreinsatz nehmen würde. Man war zudem der Meinung, dass der Fall des § 14 Abs. 3 LuftSiG aufgrund der relativ kleinen und dicht besiedelten Bundesrepublik praktisch undenkbar wäre.

Die Bundesregierung:

Von der Verfassungsmäßigkeit des § 14 Abs. 3 LuftSiG war die Bundesregierung ebenfalls überzeugt, da der Staat dadurch seiner Schutzpflicht gegenüber dem menschlichen Wesen nachkomme.[40] Man stellte zudem die Schutzpflicht gegenüber Dritten über die Schutzpflicht gegenüber den Flugzeuginsassen und war trotzdem der Meinung, dass keine Abwägung von Menschenleben stattfinde. Man begründete diese These damit, dass die unbeteiligten Insassen gleichwohl Teil der Angriffswaffe seien, und dass man sich durch die Teilnahme am Luftverkehr dieser Gefährdung bewusst aussetze, und man eintretende Folgen selbst zu tragen habe.

Die bayerische Staatsregierung und die hessische Landesregierung:

Die Regierungen beider Bundesländer waren der Auffassung, dass die Verfassungsbeschwerde begründet sei, da § 14 Abs. 3 LuftSiG gegen Art. 87a Abs. 2 GG i.V.m. Art. 35 Abs. 2 Satz 2 GG und Art. 35 Abs. 3 GG verstoße.[41] Es wurde durch die Regierungen jedoch angemerkt, dass Waffengewalt gegen ein entführtes Passagierflugzeug zur Verhinderung des Eintritts eines besonders schweren Unglücksfalls nicht unbedingt durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ausgeschlossen sei. Der deutsche Bundeswehrverband:

Die Streitkräfte selbst äußerten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit. Man verwies darauf, dass die §§ 13 ff. LuftSiG die polizeiliche Gefahrenabwehr betreffe und der militärische Kampfeinsatz durch die Bundeswehr im Inland von Art. 35 Abs. 2 GG nicht gedeckt sei. Der deutsche Bundeswehrverband sah also keine Ermächtigungsgrundlage für einen Einsatz der Streitkräfte.42 Der Verband sprach ebenfalls das

Problem an, dass die Soldaten dadurch einem schweren Gewissenskonflikt, aufgrund der Abwägung von Menschenleben, ausgesetzt werden.

[...]


[1] vgl. Lisken/Demminger, 2001, Rdn. 550.

[2] vgl. Meixner/Martell, 1998, S. 335.

[3] vgl. Creifels, 2007, S. 1344.

[4] vgl. Lisken/Demminger, 2001, Rdn. 551.

[5] vgl. Meixner/Martell,1998, S. 336.

[6] § 224 StGB.

[7] vgl. Meixner/Martell,1998, S. 336.

[8] § 239 b StGB.

[9] vgl. Samper/Honnacker, 1992, S. 509.

[10] Notwehr (§ 32 StGB) oder Notstand (§ 34 StGB).

[11] vgl. Habermehl, 1993, Rdn. 856.

[12] vgl. Schenke, 2004, Rdn. 562.

[13] vgl. Schenke, 2004, Rdn. 562.

[14] vgl. §§ 66 PolG NW, 68 PAG, 67 ThürPAG.

[15] vgl. Möller/Wilhelm, 2003, S. 105.

[16] vgl. Samper/Honnacker, 1992, S. 511.

[17] vgl. Lisken/Demminger, 2001, Rdn. 549.

[18] vgl. Lisken/Demminger, 2001, Rdn. 549.

[19] so z.B. in Bayern (Art. 66 Abs. 2 Satz 2 bayPAG), Niedersachsen (§ 54 Abs. 2 Satz 2 ndsSOG), RheinlandPfalz (§ 63 Abs. 2 Satz 2 rpPVG), SachsenAnhalt (§ 65 Abs. 2 Satz 2 SOG LSA), Thüringen (§ 64 Abs. 2 Satz 2 ThürPAG), BadenWürttemberg (§ 54 Abs. 2 BWPolG) und Brandenburg (§ 66 Abs. 2 BbgPolG).

[20] vgl. Habermehl, 1993, Rdn. 853.

[21] vgl. Frank Thadeusz, tagesschau.de, (http://www.tagesschau.de/inland/meldung171556.html), gef. am 01.07.2008.

[22] vgl. §§ 24 ff. SOG/PolDVG.

[23] vgl. § 46 Abs. 2 BremPolG.

[24] vgl. Frank Thadeusz, tagesschau.de. (http://www.tagesschau.de/inland/meldung171556.html), gef. am 01.07.2008 .

[25] so z.B. § 63 Abs. 2 nwPolG.

[26] vgl. Habermehl, 1993, Rdn. 851.

[27] siehe BTDrs.’n 15/2649 u. 15/4658; BRDrs. 181/04, im Internet unter (http://www.bundestag.de/interakt/suche/index.html) gef. am 15.07.2008.

[28] Das Wort „renegade“ stammt aus dem Englischen und bedeutet Abtrünniger oder Überläufer. Im englischen Sprachraum war es bis zum 11. September 2001 eine Bezeichnung für konventionelle Flugzeugentführungen. Seit den damaligen Anschlägen wird Renegade international als Fachbegriff für ein ziviles Luftfahrzeug, dass durch einen gezielten Absturz als Waffe zweckentfremdet werden soll, verwendet (vgl. u.a. 1 BVerfG, BvR 357/05, Rdn. 7).

[29] vgl. Singer, 2007, S. 5.

[30] Die Definition von Luftfahrzeug findet sich in § 1 Abs. 3 LuftVG, (BGBl. 1999 I, S. 550 ff.).

[31] Singer, 2007, S. 5.

[32] Singer, 2007, S. 5.

[33] Singer, 2007, S. 5.

[34] vgl. Singer, 2007, S. 6.

[35] Singer, 2007, S. 6.

[36] vgl. BVerfG, Pressemitteilung Nr. 11/2006, 15.02.2006.

[37] vgl. Singer, 2007, S. 11.

[38] vgl. BVerfG, 1 BvR 375/05, Rdn. 68.

[39] vgl. BVerfG, 1 BvR 375/05, Rdn. 45 ff..

[40] vgl. BVerfG, 1 BvR 375/05, Rdn. 5361.

[41] vgl. BVerfG, 1 BvR 375/05, Rdn. 6265.

Ende der Leseprobe aus 48 Seiten

Details

Titel
Zulässigkeit des finalen Rettungsschusses und des "finalen Rettungsfolterns"
Hochschule
Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Gotha
Note
13,35
Autor
Jahr
2008
Seiten
48
Katalognummer
V120502
ISBN (eBook)
9783640242207
ISBN (Buch)
9783640245628
Dateigröße
656 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zulässigkeit, Rettungsschusses, Rettungsfolterns
Arbeit zitieren
Felix Hübner (Autor:in), 2008, Zulässigkeit des finalen Rettungsschusses und des "finalen Rettungsfolterns" , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120502

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