Kurz und schmerzlos - Ein Film von Faith Akin

Analyse und Darstellung der wichtigsten Themen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

21 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

KURZ UND SCHMERZLOS

Das „Kino der Métissage“

Fatih Akin

Filmanalyse
Handlung
Handlungsaufbau
Figurenanalyse
Gabriel
Bobby
Costa

Analyse der ästhetischen Bauformen
Ästhetische Inszenierung der Hauptpersonen
Die stilistische Umsetzung: Die Kamera
Die stilistische Umsetzung: Schnitt
Die stilistische Umsetzung: Musik
Die angewandte Symbolik

Die Themen Integration & Migration
Die Urbanität als Charakter
Der Einfluss verschiedener Kulturen
Die Rolle der Religion
Familie und Freundschaft
Der Generationenkonflikt
„Integration“

QUELLENVERZEICHNIS
Bücher
Aufsätze, Zeitschriften, Artikel

KURZ UND SCHMERZLOS

„Kurz und schmerzlos“ ist eine explosive Mischung aus Großstadtpoesie, realistischem Sozialdrama und Kino-Mythen. Der Film widmet sich dem Thema „Migration“ per Genre Gangsterfilm, innerhalb dessen eine Balance zwischen Komödie und Thriller, Drama und Tragödie gehalten wird. Ich werde in meiner Hausarbeit versuchen den Film zunächst filmhistorisch einzuordnen und über eine Filmanalyse schließlich zu der filmischen Umsetzung des Themas „Migration“ in „kurz und schmerzlos“ gelangen.

Der Film „Kurz und schmerzlos“ „trifft die Wirklichkeit weitaus genauer als viele gut gemeinte Filme, die das Thema "Integration" problematisieren“ [1], schreibt H. G. Pflaum, eine Qualität, die die Kritiker dem Film allgemein attestieren.

Der Regisseur Fatih Akin hat türkische Wurzeln und ist in dem Hamburger Stadtteil Altona aufgewachsen, der für seine multikulturellen Bewohner bekannt ist. Sein Film erzählt eine Geschichte, die ihre Handlungen und Charaktere aus dem Leben Akins und seinem Umfeld schöpft. Der Film zeichnet sich auch durch seinen Verzicht auf eine anstrengende Suche nach Schuldigen und Verantwortlichen, Ursachen und Auswegen aus: Akin fehlt jegliches Mitleid in Bezug auf die Probleme seiner Charaktere. „kurz und schmerzlos“ ist daher in die die Reihe der Métissage-Filme einzuordnen, die im Gegensatz zu dem zeitlich vorangegangenen „Kino der Fremdheit“ stehen.

Das „Kino der Métissage“

In den achtziger Jahren teilt sich das Kino, das sich inhaltlich mit Migranten in Deutschland beschäftigt, in zwei Richtungen. Dem so genannten „Kino der Fremdheit“ oder „Migrantenkino“, das den Film als sozial-realistisches Genre inszeniert, steht nun das Kino der Métissage“ gegenüber, ein Kino, „das von der Unumkehrbarkeit der kulturellen Verschmelzung, vom Leben in zwei Kulturen (mindestens) erzählt.“ [2]

Das „Kino der Fremdheit“, präsentiert durch Filmemacher wie Tevik Baser (Regisseur u.a. von „40 qm Deutschland“ 1986), beschreibt eine Stimmung des gescheiterten Zusammenlebens der Kulturen: „Alle Vermischung kann nur Missverständnis sein und das Leben in der anderen Kultur nur schreckliche Verbannung“ [3], schreibt Georg Seeßlen dazu. Die Migranten werden als Opfer am Rande der Gesellschaft dargestellt – unfähig zur Kommunikation und Interaktion. Menschen mit Migrationshintergrund als chancenlose Opfer der Gesellschaft ohne Perspektive zu präsentieren wird in den Métissage - Filmen abgelehnt und das ist der große Unterschied zwischen dem „Kino der Fremdheit“ und dem „Kino der Métissage“. Im Filmlexikon heißt es zum Begriff des Métissage - Kinos: „Das „Cinema du métissage“ bezeichnet das Kino von Einwanderern und Migrantenkindern in ihrer "zweiten" Heimat bzw. Filme, in deren Vordergrund die Lebensbedingungen transnationaler, multikultureller Grenzgänger (vorwiegend) in der Großstadt stehen.“ [4] Das „Kino der Métissage“ basiert wiederum auf dem "Cinema Beur", das schon in den 60er und 70er Jahren entstand, als erstmals die Probleme ethnischer Minderheiten in der französischen Gesellschaft filmisch thematisiert wurden. Ab Mitte der Achtziger begann die zweite Phase des „Cinema Beur“, in der die Alltagsprobleme in den Vorstädten zum zentralen Thema wurden. Mit „ Der Tee im Harem des Archimedes“ von Mehdi Charef erreichte das „Cinema Beur“ 1985 erstmals ein breites Publikum. Das „Kino der Métissage“ ist ein europäisches Kino, das, nicht zuletzt aufgrund des Migrationshintergrunds seiner Filmemacher, Ähnlichkeiten zu dem US - amerikanischen „New Hollywood Kino“ der 60er und 70er Jahre aufweist. [5] Das „Kino der Métissage“ glaubt weder an die Träume der Eltern von einer Heimkehr, noch an das Märchen von der Integration. Das Leben in der „Métissage“ (zu deutsch „Mischform“) bedeutet ein Leben zwischen den kulturellen Einflüssen, in denen man gleichzeitig und doch wieder nicht ganz zu Hause ist und die eine neue Kultur entstehen lassen. Das „Kino der Métissage“ zeigt keine wirkliche Fremdheit mehr, sondern beschreibt die Unterschiede des täglichen Lebens in zwei oder mehreren Kulturen. Die Filmemacher gehen dabei gegen Vorurteile vor, spielen mit ihnen, und sie vermeiden es eine Seite nur gut oder nur schlecht darzustellen. Yüksel Yavuz beispielsweise zeigt in seinem Film „Aprilkinder“ (1998), wie die Kinder der ehemaligen Gastarbeiter eine Art Doppelleben führen. Ausgestattet mit zwei Sprachen springen sie zwischen Freunden und Eltern, zwischen zwei Welten hin und her. Dabei müssen die Protagonisten die eigenen Wünschen in diesen so unterschiedlichen Lebensentwürfen erst finden. Der Held der Métissage ist ein Überlebenskünstler, der begreift, dass er auf die chaotische Situation mit Kreativität reagieren muss. [6] Die Filmemacher der Métissage drücken diese neue, frische und hoffnungsvollere Sicht auch in ihrem Stil aus: „Sie verbindet“, so schreibt G. Seeßlen, „eine Ästhetik der Furchtlosigkeit im Umgang mit Bildern und Selbstbildern“. [7] Der Métissagebegriff ist an sich ist sehr allgemein, weil er wiederum in verschiedene Genres unterteilt werden kann. „Kurz und schmerzlos“ ist eindeutig ein Film der Métissage, aber auch ein Gangsterfilm. Seeßlen schreibt zu Kurz und schmerzlos in diesem Zusammenhang: „Fatih Akins Hamburger Gangsterfilm Kurz und schmerzlos (1997) führt zum ersten Mal in eine Welt, die der französische und der britische Film längst als Genre-Hintergrund konstatiert, in der sehr unterschiedliche Métissage- Erfahrungen noch einmal in einem dynamischen Milieu miteinander vermischt sind.“ [8]

Regisseure wie Fatih Akin nutzen die Tatsache, zwischen zwei Kulturen aufgewachsen zu sein, als Chance etwas ganz Neues zu entwerfen und bedienen sich inhaltlich und filmästhetisch aus den verschiedenen Kinotraditionen.

Fatih Akin

Fatih Akin wird 1973 in Hamburg geboren. Seine Eltern sind Türken, der Vater Arbeiter, die Mutter Lehrerin. Er übernimmt nach dem Abitur kleine Theater- später auch Fernsehrollen als Schauspieler. Mit seinem ersten Kurzfilm „Sensin – Du bist es!“ (1995) bekommt er den Publikumspreis des Hamburger Kurzfilmfestivals, auch das Nachfolgeprojekt „Getürkt“ (1996) erhält mehrere Auszeichnungen. Mit dem Langfilm-Debüt „Kurz und schmerzlos“ (1997) (80.000 Zuschauer) hat er den nötigen Erfolg, um weitere Projekte zu realisieren. „Im Juli“ (2000) und „Solino“ (2002) sind beide mit jeweils ca. 600.000 Zuschauern deutsche Kinoerfolge. Nebenbei realisiert er den Dokumentarfilm „Wir haben vergessen zurückzukehren“ (2000). Akin bleibt weiter als Schauspieler aktiv und dreht auch Videoclips, arbeitet als DJ und gründet 2003 mit „Corazón International“ eine eigene Produktionsfirma.

Fatih Akin hat mit „Gegen die Wand“ seinen internationalen Durchbruch geschafft. In naher Zukunft wird er die Triologie, von der „Gegen die Wand“ der erste Film war, komplettieren. Zunächst aber hat er „Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul“ realisiert – eine Dokumentation über das Musikleben Istanbuls. [9]

Die autobiografischen Einflüsse auf Akins Arbeit sind unübersehbar. Und der Regisseur bestätigt die Nähe des Films zum wirklichen Leben. Im Gespräch über seinen Film „Gegen die Wand“ antwortet er auf die Frage, warum seine bisherigen Filme ein Milieu zeigen, dass ziemlich nahe „an der Straße" liege, während Akin selbst aber aus einer eher bürgerlichen Familie stamme: „Nee, ich komm daher. (…) „Ich bin mit solchen Leuten aufgewachsen. Ich kenne sie. Mein Freundeskreis besteht aus solchen Leuten. Und auch die Eltern der Filmfiguren sind normale, liebevolle Leute.“ [10] Und Akin ergänzt: „Mein Film zeigt den Zustand auf der Straße realitätsnah.“ [11] Fatih Akin verbrachte seine Jugend mit zwei seiner besten Freunde in einer Straßen-Gang. Seine Erfahrungen mit Straßengewalt, seine intimen Kenntnisse der sozialen Verhältnisse im beschriebenen Milieu speisen, abgesehen vom Showdown, die Filmhandlung mit realen Erlebnissen. Die Figur des Gabriel ist das Alter Ego des Regisseurs. [12]

Die Verbundenheit zum türkischen Film ist ebenfalls biografisch begründet. Das sei für ihn „ein unerschöpflicher Schatz“ äußert sich der Filmemacher Akin begeistert über das türkische Kino. [13] Der Kitsch und Pathos, die vielen Küsse und Umarmungen habe er durch diese Filme lieben gelernt.

Von „Kurz und Schmerzlos“ sagt Akin, der Film habe viele Vorbilder gehabt [14]. In einem Interview erklärt er, dass der Film „Hass“ („La Haine“, 1995, ein Werk des französischen Regisseurs Mathieu Kassovitz) ihn beim Entstehen von „kurz und schmerzlos“ stark inspiriert habe: „La Haine“ ist tatsächlich einer der besten Filme, die ich je gesehen habe. (…) „La Haine“ hat vieles bei mir verändert. [15] Der Film „Hass“ wurde in Cannes mit der Goldenen Palme geehrt und ist ein herausragendes Produkt des Métissage - Kinos. Ein Vorbild Akins zur Zeit der Entstehung von „Kurz und schmerzlos“ war auch Scorsese. Im Film erkennt man dessen Werk „Mean Street“ (1973, dt. Titel: „Hexenkessel“) wieder. Nicht nur stilistisch, auch inhaltlich ähneln sich die Filme, ohne dass dabei unterstellt werden soll, dass Akin hier bei Scorsese plump abgekupfert hätte. Wie bei der Definition des Métissagebegriffs bereits erwähnt, lassen die ähnlichen soziologischen Umstände und biographische Parallelen- beide Söhne sind von Einwanderern- auf eine ähnliche Sicht der Dinge bzw. ähnlichen Lebenserfahrungen schließen. Auf die Frage nach seinen Vorbildern antwortet Akin Jahre später anlässlich seines Films „Gegen die Wand“: „Es gibt Orientierungspunkte. Das letzte Vorbild, das ich habe, ist [Muhamed] Ali.“ [16]

[...]


[1] Hans Günther Pflaum „Kurz und schmerzlos“ in www.goethe.de (vollständige e-net Seiten immer im Quellenverzeichnis)

[2] Georg Seeßlen „Das Kino der doppelten Kulturen“ in epd Film 12/2000 in http://www.epd.de

[3] a.a.O. Seeßlen „Das Kino der doppelten Kulturen“

[4] http://www.filmportal.de

[5] vgl. a.a.O. Seeßlen „Das Kino der doppelten Kulturen“

[6] vgl. a.a.O. Seeßlen „Das Kino der doppelten Kulturen“

[7] Georg Seeßlen „Zwischen den Kulturen - Das Kino der dritten Migranten-Generation“ in www.goethe.de

[8] a.a.O. Seeßlen „Das Kino der doppelten Kulturen“

[9] Claus Löser „Berlin am Bosporus“ in www.film-dienst.kim-info.de

[10] www.artechock.de

[11] Ayhan Bakirdögen „Jenseits der Klischees“ in ZEIT-Punkte: Türken in Deutschland. Ihre Sorgen, ihre Erfolge, ihre Zukunft. Nr. 2/99

[12] Aus dem Audiokommentar der „Kurz und schmerzlos“- DVD: u.a. ab Min. 5

[13] Amin Farzanefar im Interview mit Fatih Akin in: www.berlinonline.de

[14] vgl. www.artechock.de

[15] www.artechock.de

[16] www.artechock.de

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Kurz und schmerzlos - Ein Film von Faith Akin
Untertitel
Analyse und Darstellung der wichtigsten Themen
Hochschule
Universität Hamburg
Veranstaltung
Integration und Konflikt. Türkisch- deutsche Filme
Note
1.0
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V120137
ISBN (eBook)
9783640240821
ISBN (Buch)
9783640244829
Dateigröße
452 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
KURZ, SCHMERZLOS, Konflikt, Türkisch-, Filme“
Arbeit zitieren
Jonas Lobgesang (Autor:in), 2006, Kurz und schmerzlos - Ein Film von Faith Akin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120137

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