Das Dilemma des Arbeitskräftemangels während des Zweiten Weltkriegs

Eine vergleichende Analyse der nationalsozialistischen sowie sowjetischen Mobilisierungsmaßnahmen und deren Folgen für die jeweilige Kriegswirtschaft


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

28 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Fragestellung

2 Arbeiter oder Soldat: Der Produktionsfaktor ‚Mensch’ im Kriegsgeschehen
2.1 Die Arbeitskräftemobilisierung im Zeichen der Kriegswirtschaft
2.1.1 Die Mobilisierung der innerstaatlichen Arbeitskraft
2.1.2 Die Einbeziehung der innerstaatlichen weiblichen Arbeitskraft
2.1.3 Zur Mobilisierung der fremdländischen Arbeitskraft
2.2 Die Nahrungsmittelversorgung während des Krieges

3 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Fragestellung

Diese Untersuchung wird sich vergleichend mit dem Dilemma des Arbeitskräftemangels im Rahmen der verschiedenen kriegswirtschaftlichen Strategien zweier ausgewählter Staaten, dem nationalsozialistischen Deutschland einerseits und der stalinistisch geprägten Sowjetunion andererseits, während des Zweiten Weltkrieges befassen. Vermutlich lag, so die Ausgangsannahme dieser Arbeit, in der quantitativen Balance von militärischen Kräften an der Front und produktiven im Hinterland bei steter Berücksichtigung der spezifischen militärisch-politisch-ökonomischen Voraussetzungen ein für die Kriegsfähigkeit dieser Staaten konstitutiver Faktor. Da beide Staaten als unmittelbare Gegner in diesem Krieg agierten und sich aus diesem Umstand ein klar bestimmbares wechselseitiges Aktionsfeld im Osten Europas ermitteln lässt, soll der wesentliche Fokus auf den Mobilisierungsmaßnahmen und Entwicklungen innerhalb dieses Raumes ruhen, ohne jedoch die für die Bearbeitung des Themas relevanten Entwicklungen an den anderen Fronten des Krieges zu vernachlässigen. Überdies soll auf die ökonomischen Folgen der unterschiedlichen Problem-Lösungsstrategien hingewiesen werden, welche aus den Schwierigkeiten einer möglichst breiten wirtschaftlichen Integration des vorhandenen in- wie fremdländischen Arbeitskräftepotentials resultierten. Nur am Rande werden dabei, insofern erforderlich, Aussagen zur Sicherung und Steigerung von Arbeitsproduktivität und -disziplin getroffen.

Da aufgrund der thematischen Spezifizierung und des begrenzten Rahmens dieser Arbeit nur ausgewählte Aspekte der gesamtwirtschaftlichen Konstellation zur Diskussion stehen werden, bietet es sich bereits an dieser Stelle an, einem besseren Verständnis halber vier unerlässliche Bearbeitungsthesen zu nennen. So soll eingangs davon ausgegangen werden, dass eine geplante und umfassende deutsche Blitzkriegswirtschaft nicht stattfand.[1] Ob sich zumindest in der Vorbereitung des sog. ‚Ostfeldzuges’ 1941 Ansätze einer solchen[2] bei der Mobilisierung der Arbeitskraft ausmachen lassen, wird die Untersuchung zeigen. Ferner soll nicht nur von einer partiellen sondern annähernd vollständigen Aufbietung und Einbindung aller innerdeutschen humanen Ressourcen im Rahmen der Kriegswirtschaft bis 1941/42 ausgegangen werden.[3] Denn Fakt ist, dass beide Volkswirtschaften bereits vor Ausbruch der kriegerischen Handlungen auf einer Vollbeschäftigung der verfügbaren Arbeitskräfte basierten,[4] im deutschen Fall lässt sich sogar ein ausgesprochener Bedarf an zusätzlichen Beschäftigten[5] nachweisen. Im Laufe der ökonomischen Umstellungen entstanden jedoch drittens unterschiedliche Grade an nutzbaren Arbeitskraftkapazitäten, die im sowjetischen Fall aus der Transformation einer Plan- zur anfangs defensiv ausgerichteten Verteidigungswirtschaft und im deutschen von der einer ‚Wehr-’[6] zur aggressiven Kriegswirtschaft resultierten. Sollten sich diese Annahmen bestätigen lassen, könnte viertens darauf geschlossen werden, dass neben ideologisch-rassistischen Erwägungen und Verordnungen, die ihren Teil zu den katastrophalen Lebensbedingungen der ausländischen Beschäftigten im nationalsozialistischen Deutschland beitrugen, keine realen Möglichkeiten zur ‚ausreichenden Ernährung’[7] derselben existierten. Oder anders formuliert, eine Sicherung des eigenen Bedarfs, Streitkräfte plus deutsche Bevölkerung, einerseits und die Ernährung der kriegswirtschaftlich Eingebunden, Kriegsgefangene, Fremd- und Zwangsarbeiter, andererseits sowie drittens der Bevölkerung okkupierter Gebiete hätte zu keinem Zeitpunkt gewährleistet werden können, ohne den Krieg ‚an sich’ oder konstituierende Elemente des nationalsozialistischen Systems in Frage zu stellen.

Da die exakte Bearbeitung eines derartigen Themenkomplexes auf der Nutzung statistischer Materialien basiert, sei auf eine weitere Besonderheit derselben verwiesen. Zwar liegen in diesem Zusammenhang umfangreiche Berechnungen verschiedener Autoren und Behörden vor, jedoch beruht eine kaum näher bestimmbare Anzahl der Erhebungen auf bloßen Schätzungen.[8] In der Folge können sowohl Quellenbasis als auch Interpretation stark voneinander abweichen. Die Gründe für die häufige Ungenauigkeit der Angaben sind unterschiedlich gelagert. Zum einen zeichneten sich weder das stalinistische noch das nationalsozialistische System durch eine allzu weit gehende Erfassung der wirklichen Zustände aus, die darüber hinaus manchmal noch nachträglich ‚beschönigt’ worden. Zum anderen erschwerten vielfach die Kriegsumstände selbst, eine genaue Erfassung aller in Frage kommenden Bevölkerungsgruppen, da viele Archivmaterialien durch Gewalteinwirkung vernichtet oder durch massenhafte Fluktuationsbewegungen der ursprünglich ansässigen Bewohner unbrauchbar wurden. Drittens begünstigte die Größe des zur Analyse stehenden osteuropäischen Raumes die Disparität der Resultate erheblich. Das Bewusstsein dieses Missverhältnisses hält daher dazu an, jedwede prozentuale Angabe oder anderweitige Zahlennennung innerhalb dieser Betrachtung nicht als kritikfreies Faktum sondern eher als Vermittler einer spezifischen Tendenz anzunehmen.

Als Einstieg in diese Arbeit sollen zuerst die bei der Arbeitskräftemobilisierung wirksamen Spezifika beider Kriegsparteien vergleichend erfasst werden. Dazu wird erstens auf die Aktivierung der innerstaatlichen Arbeitskraftreserven, unter Berücksichtigung des separaten historischen Kontextes, reflektiert. Da der Einbindung der innerstaatlichen weiblichen Arbeitskraft vielfach ein exklusiver Status innerhalb der argumentativen Deduktion eines dauerhaft nur partiell eingesetzten deutschen Arbeitskräftereservoirs während des Zweiten Weltkrieges zukommt, soll diesem Passus zweitens auch hier ein eigenes Kapitel zugestanden werden. Die Ergebnisse dieser ersten beiden Abschnitte sollen sowohl hilfreiche Aspekte zur abschließenden Bearbeitung der Anfangsannahmen als auch bei der Analyse der Gründe für den massenhaften Einsatz ausländischer Beschäftigter in der deutschen Kriegswirtschaft liefern. Letztere wird dann Gegenstand des dritten Untersuchungsabschnittes sein, wobei Zusammenhänge und evtl. Notwendigkeiten verdeutlicht werden sollen. Da die zahlreiche Einbindung fremdländischer Arbeitskräfte während des genannten Zeitraumes eine primär deutsche Eigentümlichkeit darstellt, muss an dieser Stelle zwangsläufig auf einen ausführlichen Vergleich der beiden Staaten verzichtet werden.

Den Abschluss des Untersuchungsteils bildet dann schließlich, wie bereits mit der vierten Annahme angedeutet, eine Analyse des nahrungsmitteltechnischen Versorgungspotentials beider Staaten. Im Fazit werden dann die wichtigsten Erkenntnisse der vorherigen Kapitel im Überblick zusammengefasst, die in der Fragestellung entwickelten Hypothesen auf ihre Konsistenz überprüft und gegebenenfalls darüber hinausführende Schlüsse gezogen.

2 Arbeiter oder Soldat: Der Produktionsfaktor ‚Mensch’ im Kriegsgeschehen

Bei der Analyse dieses Faktors gilt es einerseits die disgruenten Ausgangsbedingungen und andererseits die essentiellen Verschiebungen ‚zu Gunsten’ bzw. ‚Ungunsten’ einer der beiden Kriegsparteien zu verdeutlichen. Das nationalsozialistische Deutschland hatte seinen Einflussbereich bereits vor Kriegsbeginn immens ausgeweitet und durch die schnellen Siege gegen Polen und Frankreich vorerst stabilisiert, gegen Ende 1940 vereinte es ca. 92 Mio. ‚Volksdeutsche’[9] auf seinem Herrschaftsgebiet. Der deutsche Arbeitsmarkt umfasste 1939 in etwa 39 Mio. Beschäftigte,[10] die teilweise schon zu Friedenszeiten der direkten staatlichen Kontrolle unterlagen[11]. Die Wehrmacht band weitere 4,2 Mio. Mann bei Kriegsbeginn,[12] welche primär durch ‚verdeckte Einberufungsmaßnahmen’ dem landwirtschaftlichen Sektor oder der laufenden Produktion entzogen worden waren. Schon zu Kriegsbeginn hatte sich ein grundsätzlicher Arbeitskräftemangel in der deutschen Wirtschaft offenbart,[13] der die Politik während des Krieges maßgeblich beeinflussen sollte. Merkwürdig ist, dass im Rahmen der weitgehenden wehrwirtschaftlichen Mobilisierung von innerstaatlichen Arbeitskraftreserven, ein nicht ganz unerheblicher Teil derselben selbst während des Krieges in dauerhafte Bauprogramme involviert blieb.[14]

Auch wenn in der deutschen Wirtschaft 1939 noch nicht endgültig alle Reserven ausgeschöpft waren,[15] bleibt zu bemerken, dass die maßgebliche Verschiebung der Beschäftigten in Richtung Kriegswirtschaft in diesem und dem darauf folgenden Jahr stattfand.[16] Das ständige Gerangel zwischen Militär und Wirtschaft um Arbeitskräfte nahm schließlich ein solches Ausmaß an,[17] dass das deutsche Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt Ende 1941 konsterniert feststellen musste, dass „Facharbeiter in nennenswertem Umfang aus dem zivilen Sektor [verlangt waren lediglich 100.000 Arbeitskräfte] nicht mehr gewonnen werden können, […] .“[18] Dies verdeutlicht, dass die staatlichen Umschichtungsmaßnahmen inzwischen soweit vorangeschritten waren, dass nahezu zwei Drittel aller Industriearbeiter direkt im Dienste der militärischen Versorgung oder kriegsbedingter Vorhaben standen.[19]

Auf dem Gebiet der Sowjetunion lebten 1940 ungefähr 194 Mio. Menschen, wobei nur etwa die Hälfte der im öffentlichen Sektor Tätigen Arbeiter und Angestellte waren.[20] Der deutsche Angriff brachte eine gewaltige quantitative Verschiebung der sowjetischen Gesellschaftsstruktur mit sich, eine entscheidende Verlagerung des qualitativen Arbeitskräfteverhältnisses fand dabei aber vermutlich nicht statt.[21] Langfristig negativ wirkten dagegen die sowjetischen Verluste an industriellem und infrastrukturellem Wirtschaftpotential[22] sowie an humanen Ressourcen[23] infolge unmittelbarer Kriegshandlungen. Ein eigentümliches Charakteristikum der sowjetischen Wirtschaftsmobilisierung gründet in der speziellen Art und Weise ihrer Einbeziehung in den Zweiten Weltkrieg. Bei näherer Betrachtung lassen sich eine anfängliche Mobilisierungs-, die bis etwa Anfang 1943 dauerte und vorwiegend durch Ad-hoc-Beschlüsse gekennzeichnet war, sowie ein spätere Rekonstruktionsphase voneinander unterscheiden.[24] Die Mobilisierung bzw. Umschichtung der verfügbaren Arbeitkraft war auch im sowjetischen Fall frühzeitig beendet worden, so dass fast alle Industriezweige Ende 1941 militärische Aufträge erfüllten.[25]

[...]


[1] Als erweiterte Grundlage sollen dabei die Erörterungen Overys 1988 und ders. 1994 dienen. Dieser konstatierte: „Von 1939 bis 1941 wurde mithin keineswegs eine Strategie der begrenzten wirtschaftlichen Anstrengung verfolgt, vielmehr ging es um eine ständige Eskalation der Forderungen […] .“ Ders. 1988, S. 401. Eine signifikante Pause oder Veränderung innerhalb der Rüstungsproduktion lässt sich danach zu keinem Zeitpunkt erkennen. Herbst 1982, gibt zu bedenken, dass der Begriff des ‚Blitzkriegs’ eine zutreffende Beschreibung für die Feldzüge der Jahre 1939 bis 1941 zu liefern, aber nicht die spezifischen Ziele und Intentionen der nationalsozialistischen Führung adäquat zu charakterisieren vermag. S. 98.

[2] Diese Ansicht vertritt z. B. Müller 1993, S. 366. Ähnlich Herbert 1986, S. 133 und Herbst 1982, S. 171. Letzterer gibt zu bedenken, dass die Rüstungsindustrie bereits zu Kriegsbeginn 1941 nicht in der Lage war, größere Verluste aus der laufenden Produktion heraus auszugleichen und hohe Anforderungen aus allen Rüstungssektoren gleichzeitig zu befriedigen. Ebd..

[3] Auch in diesem Punkt folgt die Arbeit der Argumentation Overys 1988, S. 411 und ders. 1994, S. 309. Laut Bericht der Reichswirtschaftskammer für Januar 1940 war „die Umstellung der Wirtschaft auf die Kriegsproduktion […] in allen wesentlichen Bereichen vollzogen.“ Neben der starken Einschränkung der zivilen Produktion wurden dieser i. d. R. auch Rohstoffe, Transportgenehmigungen und Arbeitskräfte versagt. Ders. 1988, S. 398. 1943 erfolgte demnach eine wirtschaftliche Rationalisierungs- und Zentralisierungskampagne, in der einerseits die Entscheidungsgewalt der Wirtschaftsmanager bestärkt, andererseits die Wehrmachts- und Ämterkompetenzen beschnitten und drittens die vorhandenen Ressourcen wirksamer genutzt worden. Effektiv entscheidende Veränderungen bei der generellen Mobilisierung von Arbeitskraft kamen dabei nicht zustande.

[4] Barber & Harrison 1991, S. 144 und Harrison 1985, S. 143.

[5] So fehlten der deutschen Industrie im Februar 1939 ca. 1 Mio. Arbeitskräfte. Vgl. August 1984, S. 326.

[6] Die Verwendung dieses Begriffs folgt der Argumentation Herbsts 1982, wonach die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik bereits zu Friedenszeiten als Normabweichung aufzufassen ist. S. 95 ff..

[7] ‚Ausreichend’ meint nicht nur den Erhalt der Vorkriegskonstitution der zur Arbeit eingesetzten Beschäftigten, sondern verweist auch auf die Verbindung zwischen der Art des Arbeiteinsatzes und adäquater Versorgung.

[8] Vgl. Müller 1991, S. 302 f..

[9] Vgl. Overy 1988, S. 395. 1936 waren es noch 69 Mio. und 1938 79 Mio., genauere Angaben zum Bevölkerungszuwachs unter ders. 1994, S. 275.

[10] Vgl. Overy 1988, S. 421. 1941 betrug die Anzahl der deutschen Beschäftigten 32,7 Mio., dies entsprach einem Rückgang von 16,4 % zu 1939 und 1944 29 Mio., minus 9 % zu 1941, die Mehrheit dieser Abgänge war bedingt durch den Männerentzug, das macht in absoluten Zahlen 8 Mio. bis 1942 und nur weitere 2,2 Mio. bis 1944. Vor Kriegsbeginn waren 18,6 Mio. Arbeiter in Industrie und Transport, 11 Mio. in der Landwirtschaft und 4,6 Mio. im Handel eingesetzt. Ebd..

[11] Am 22. Juni 1938 führte man eine Teildienstverpflichtung ein, die im Februar 1939 zur Dienstverpflichtung erweitert wurde. Nun konnten auch Arbeitskräfte in Vertragsverhältnissen aus staatspolitischen Gründen für andere Produktionsaufgaben abgezogen werden. Die beim forcierten Ausbau des Westwalls eingesetzten 300.000-400.000 Arbeiter gingen z. B. aus solchen staatlichen Umsetzungsmaßnahmen hervor. Vgl. Vogel 1997, S. 148 f. und Herbst 1982, S. 118. Des Weiteren sind ‚Landjahrpflichtige’, Angehörige des Landdienstes der Hitler-Jugend und Schüler in der Wirtschaft verpflichtet worden. Vgl. Eichholtz 1984, S. 211.

[12] Vgl. August 1984, S. 309. Bestehend aus Kriegsbeorderten, Ersatzreserve I und Freiwilligen. Ebd., S. 323.

[13] Die durch Rekrutierungen bedingten Einbußen konnten schon frühzeitig nur partiell durch Umschichtungen und den Einsatz von ausländischen Arbeitern abgedeckt werden, der Großteil blieb unausgeglichen. Im Zuge der Vorbereitungen des ‚Fall Barbarossas’ und der Aufstockung des militärischen Potentials wurden weitere Arbeitskräfte für die Wehrmacht rekrutiert, so dass bis Mitte 1941 insgesamt rund 6,6 Mio. Mann der Wirtschaft entzogen waren. Genauere Angaben siehe Tabelle: ‚Berufliche Herkunft der eingezogenen Deutschen Juni 1941’ vgl. Overy 1988, S. 417.

[14] 1942 waren 1,8 Mio. in- und ausländische Arbeiter in Bauprogrammen tätig. Vgl. Abelshauser 1998, S. 156.

[15] Vgl. Overy 1994, S. 286.

[16] Vgl. Abelshauser 1999, S. 527. Tabellarische Aufschlüsselung: ‚Prozentsatz der mit Aufträgen der Streitkräfte beschäftigten deutschen Industriearbeiterschaft 1939-1943’ Overy 1988, S. 414 und ‚In der Konsumgüterindustrie für zivile Aufträge beschäftigte Arbeitskräfte, Juni 1940’ ebd., S. 420 sowie ‚Verteilung der deutschen Beschäftigten nach Berufsgruppen 1939-44’ ebd., S. 421.

[17] Im Frühjahr 1940 waren vermehrt Klagen seitens der Wirtschaft über einen Arbeitskräftemangel bei der Erfüllung der Wehrmachtsaufträge zu vernehmen. Ein Jahr später beliefen sich die Forderungen auf 1 Mio. industrielle und 1,5 Mio. Arbeitskräfte zur Aufstockung der Streitkräfte. Overy 1988, S. 413 f..

[18] Vgl. Eichholtz 1984, S. 195.

[19] Vgl. Overy 1988, S. 381, 409 f. und zur indirekten wirtschaftlichen Einbeziehung vgl. ders. 1994, S. 290. Die Umstellung der Wirtschaft auf Kriegsproduktion war damit weitgehend abgeschlossen, den zivilen Sektoren wurden Rohstoffe, Transportgenehmigungen und Arbeitskräfte verwehrt. Der Mobilisierungsgrad für die Kriegsproduktion wies zwischen 1939 bis 1941 eine Steigerung von 149 % auf, wohingegen in den folgenden zwei Jahren nur 11 % erreicht worden. Vgl. ders. 1988, S. 414 f..

[20] Der Rest bestand zu 47,2 % aus Kolchosbauern und zu 2,6 % aus Einzelbauern. Vgl. Segbers 1987, S. 194.

[21] Diese Annahme beruht auf folgender Feststellung, auf den später von den Deutschen okkupierten Gebieten lebten ursprünglich rund -40 % (zu 1940) oder 88 Mio. sowjetische Bürger, die deutschen Behörden verzeichneten Anfang 1942 jedoch nur noch 56 Mio.. Diese Differenz lässt sich aus dem Abzug fast aller arbeitsfähigen Bevölkerung, darunter primär Spezialisten, Facharbeiter und Männer zwischen 20-40 Jahren, in Folge von Einberufungen oder Evakuierungen erklären. Ebd., S. 36, 121, 194 und Harrison 1998, S. 269. Im Juli 1943 arbeiteten 6,4 Mio. einheimische Beschäftigte im Ostgebiet. Vgl. Müller 1991, S. 302 f..

[22] Bis 1942/43 hatte man einen Großteil des Eisenbahnnetzes eingebüsst, es kam zu immensen Einbrüchen in der industriellen Schwer-, Leicht- und Rohstoffproduktion, z. B. bei der Roheisenerzeugung (-68 %), der Stahlerzeugung (-58 %), der Kohleförderung (-63 %) usw., sowie innerhalb des Ausbildungssystems, Verlust von Schulen (-46 %). Zahlen nach Segbers 1987, S. 36, 124, 148, 159, 230. Es wäre allerdings ein Fehlschluss zu glauben, dass dieses restlos von den deutschen Okkupanten assimiliert werden konnte. Zu den Gründen vgl. Barber & Harrison 1991, S. 127 und Müller 1991, S. 312.

[23] Die anfänglich rund 2,9 Mio. sowjetischen Soldaten an der europäischen Grenze wurden bis Ende 1941 durch 5 Mio. zusätzlich Einberufene verstärkt. Im ersten Kriegsjahr rekrutierte man vermutlich 11 bis 12 Mio. Männer und Frauen, um die hohen Verlustraten der Armee, insgesamt ca. 8,7 Mio. Mann, auszugleichen. Einberufungen nahm man zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich innerhalb des zivilen Produktionssektors und unter der Arbeiterschaft unmittelbar im Kampfgebiet vor. Neues Wehrpotential entnahm man dann später vorwiegend dem ländlichen Milieu und dem immens großen bürokratischen Verwaltungssektor. Vgl. Barber & Harrison 1991, S. 145 ff., Harrison 1985, S. 111, 137, ders. 1998, S. 291 und Segbers 1987, S. 33.

[24] Nach Segbers 1987, S. 81, 216. In Ansätzen auch bei Barber & Harrison 1991, S. 198.

[25] Laut Harrison 1998, waren im direkten sowjetischen Rüstungssektor 16 % (1940), 52 % (1942), 42 % (1943) und 34 % (1944) der Arbeiter tätig. S. 289. Die Arbeitsproduktivität stieg im selbigen von 1940-43 um ca. 100%, bei einem gleichzeitigen Abfall in anderen Branchen um bis zu 60 %. Vgl. Segbers 1987, S. 270 ff..

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Das Dilemma des Arbeitskräftemangels während des Zweiten Weltkriegs
Untertitel
Eine vergleichende Analyse der nationalsozialistischen sowie sowjetischen Mobilisierungsmaßnahmen und deren Folgen für die jeweilige Kriegswirtschaft
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Geschichte)
Veranstaltung
Die deutsche Kriegswirtschaft im 1. und 2. Weltkrieg. Ein Vergleich.
Note
1
Autor
Jahr
2008
Seiten
28
Katalognummer
V118816
ISBN (eBook)
9783640221387
ISBN (Buch)
9783640223350
Dateigröße
534 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Dilemma, Arbeitskräftemangels, Zweiten, Weltkriegs, Kriegswirtschaft, Weltkrieg, Vergleich
Arbeit zitieren
Lars Wegner (Autor:in), 2008, Das Dilemma des Arbeitskräftemangels während des Zweiten Weltkriegs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118816

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