Analyse von Varianten der Mensch-Computer-Kommunikation


Diplomarbeit, 2007

103 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung

Abstract

Danksagung

1 Einleitung
1.1 Motivation und Zielsetzung
1.2 Interaktionsparadigma: Versuch einer Begriffsdefinition

2 Varianten der Mensch-Computer-Kommunikation
2.1 Interaktionstheorien und Systemparadigmen nach Herczeg
2.1.1 Systemparadigmen
2.1.2 Varianten von SP I: Kommunikationspartner
2.1.3 Varianten von SP II: Handlungsräume
2.1.4 Varianten von SP III: Mediale Systeme
2.1.5 Zusammenfassung
2.2 Theorien, Modelle und Interaktionsstile nach Shneiderman
2.2.1 Interaktionstheorien: Object-Action Interface Model
2.2.2 Varianten von IS I: Direkt manipulative Systeme
2.2.3 Varianten von IS II: Menuäuswahl, Formularfelder
2.2.4 Varianten von IS III: Sprachen
2.2.5 Zusammenfassung
2.3 Interfacemetaphern nach Jenny Preece
2.3.1 Grundzüge von konzeptionellen Modellen
2.3.2 Varianten von Interaktionsparadigmen
2.3.3 Zusammenfassung
2.4 Interfaceparadigmen nach Jef Raskin
2.4.1 Interaktionsanalyse im Kontext der Wahrnehmung .
2.4.2 Intuitive und Natürliche Interaktion
2.4.3 Techniques in Humane Interfaces
2.4.4 Zusammenfassung
2.5 Die Interaktionsparadigmen von Jakob Nielsen
2.5.1 Das Ende von WYSIWYG
2.6 Varianten und Formen der direkten Interaktion
2.6.1 Graphical User Interfaces – GUIs
2.6.2 Pointing Devices
2.6.3 Tangible Interaction
2.6.4 Sound and Speech Interaction
2.6.5 Gesture Based Interaction
2.7 Zusammenfassung und Analyse

3 Designkonzept
3.1 Ausgangsposition
3.2 Konzeptionierung des interaktiven Systems
3.2.1 Setup
3.2.2 Object-Tracking – Farbmarker
3.3 Entwurf und Skizzierung
3.3.1 Gesture Based Interaction
3.3.2 Tangible Interaction

4 Implementierung
4.1 Systemeinsatz und Entwicklungsumgebung
4.1.1 Programmiersprache Lingo
4.1.2 Zusatzmodul - TrackThemColors
4.2 Grundkonzept der Bewegungserkennung
4.2.1 Problemstellungen bei der Aufgabendurchführung
4.3 Aufbau der Applikation
4.3.1 Gesture Based Interaction im Zoom Space
4.3.2 Tangible Interaction im Zoom Space
4.3.3 Problemstellungen bei der Aufgabendurchführung .
4.4 Vergleich: Tangible vs. Gesture Based Interaction

5 Schlussbemerkungen
5.1 Ausblick für die Zukunft

Literaturverzeichnis

Kurzfassung

Die Konzeption und Gestaltung anwenderfreundlicher Benutzerschnittstellen ist eine bedeutende Herausforderung und stellt permanent neue Anforderungen an Designer, Techniker und Wissenschaftler. Dieser Prozess erfordert detailliertes Spezialwissen und bindet Expertisen aus verschiedenen Fachrichtungen mit ein. Interaktionsdesign wird dabei als Teilgebiet der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Mensch-Computer- Kommunikation zu einer wesentlichen Tätigkeit.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Beschreibung und Illustration jener Modelle und Konzepte, die eine Ausgangsbasis für die Gestaltung der Interaktion in multimedialen Systemen darstellen. Entscheidend ist, dass sehr viele unterschiedlich Ansätze und Möglichkeiten der Kommunikation zwischen Mensch und Computer bestehen. Diese werden innerhalb dieser Arbeit als so genannte Interaktionsparadigmen bezeichnet. Sie legen Art und Weise bzw. Stil der Interaktion fest und sind je nach Anwendungsfeld unterschiedlich.

An Hand der Theorien von Wissenschaftlern und anerkannten Experten auf dem Gebiet der HCI wird eine Definition des Begriffes Interaktionsparadigma gegeben. Die gewonnenen Erkenntnisse bilden in weiterer Folge die Grundlage für die praktische Umsetzung eines Beispiels im Rahmen eines Designund Implementierungsprozesses. Hierzu wird das von Jef Raskin kreierte Modell der Zooming Interfaces herangezogen. Zur Interaktion werden die Konzepte der Gestur e Base d bzw. Tangible Interaction eingesetzt, was die Konstruktion eines interaktiven Setups in Form eines kamerabasierten Trackingsystems erforderte.

In den folgenden Kapiteln werden die Grundlagen zur Themenstellung genau erörtert und sämtliche Teilbereiche der praktischen Umsetzung vorgestellt. Das Hauptaugenmerk liegt dabei vor allem auf der Präsentation und Diskussion geplanter Vorgehensweisen, gefundener Lösungen und getroffener Schlussfolgerungen.

Abstract

The conception and design of interactive User Interfaces is an important challenge and permanently producing new requirements for designers, engineers and scientists. Special knowledge is needed for this process and expertise from different fields is involved. Interaction Design has become an essential task within Human-Computer Communication.

This thesis deals with different models and concepts that are fundamental for designing interaction in multimedia-systems. There are many possibilities for communication between humans and machines. Within this thesis they are called Interaction Paradigms. They affect the character of interactive systems.

A definition for Interaction Paradigm will be given according to the theories of scientists and experts in HCI. These facts are important for the design process and the following implementation. Therefore, Jef Raskin’s concept of the Zooming Interfaces will be realized. For interaction, the principles of Gestur e Base d and Tangible Interaction are implemented in combination with an optical tracking system.

Within the following chapters different Interaction Paradigms will be presented and discussed. Additionally, the solutions and results of the process of implementation are shown.

Danksagung

Ich möchte mich bei all jenen bedanken, die direkt oder indirekt zur Entstehung dieser Arbeit in Form fachlicher oder anderweitiger Unterstützung beigetragen haben.

Besonderer Dank gebührt dabei meinen Eltern, die mir durch ihre finanzielle und persönliche Unterstützung dieses Studium ermöglicht haben.

Weiters bedanke ich mich bei Frau Univ.-Prof. Dr. Ina Wagner sowie sowie Herrn Univ.-Ass. Dr. Thomas Psik für die Betreuung meiner Arbeit. Ihre zahlreichen wissenschaftlichen Ratschläge waren für mich sehr wertvoll und haben stets zur Verbesserung dieser Arbeit beigetragen.

Abbildungsverzeichnis

2.1 Systemparadigma Kommunikationspartner

2.2 Beispiel für einen Conversational Agent

2.3 Systemparadigma Handlungsräume

2.4 Beispiel für Augmented Reality

2.5 Systemparadigma Mediale Systeme

2.6 Object-Action Interface Model

2.7 Direkt manipulatives System: Adobe Photoshop § r

2.8 Varianten von Menüsystemen

2.9 Interaktion mittels Befehlssprachen

2.10 Beispiel für ein Desktop-System

2.11 Implementierung des ZIP I

2.12 Implementierung des ZIP II

2.13 Beispiele für Pointing Devices

2.14 Tangible Interaction am Beispiel des ColorTable

2.15 Gesture Based Interaction

3.1 Interaktives System – Gesamtsetup

3.2 Interaktives System – Object-Tracking

3.3 Interaktives System – Informationsmonitor

3.4 Object Tracking – Farbmarker Gesture Based Interaction .

3.5 Object Tracking – Farbmarker Tangible Interaction

3.6 Erster Entwurf der grafischen Oberfläche

3.7 GBI – Grafischer Entwurf für die Aktion des Zooming

3.8 GBI – Grafischer Entwurf für die vertikale Navigation

3.9 GBI – Grafischer Entwurf für die horizontale Navigation

3.10 GBI – Grafischer Entwurf für die Rotation

3.11 GBI – Grafischer Entwurf für die Auswahl eines Elements

3.12 TI – Grafischer Entwurf für die Aktion des Zooming

3.13 TI – Grafischer Entwurf für die Navigation

3.14 TI – Grafischer Entwurf für die Selektierung

4.1 Object Tracking – Initialisierung der Farbwerte

4.2 Applikation – Aufbau des sekundären Monitors

4.3 Applikation – Grafische Gestaltung der primären Anzeige .

4.4 Piktogramme – Darstellung durch Symbole

4.5 GBI – Übertragung der Trackingdaten

4.6 GBI – Praktische Umsetzung des Zooming

4.7 GBI – Navigation auf der grafischen Oberfläche

4.8 GBI – Rotation des Arbeitsbereiches

4.9 GBI – Selektierung durch das Auslösen eines Impulses

4.10 Applikationsbereich

4.11 TI – Zooming

4.12 TI – Navigation und Selektierung

4.13 Modifizierte Farbmarker

4.14 Entstehung des Öffnen-Schließen-Problems

Kapitel 1 Einleitung

Der allgegenwärtige Einsatz von Computersystemen stellt zunehmend neue Anforderungen im Bereich der Konzeption, Konstruktion, Gestaltung und Realisierung anwenderfreundlicher Benutzerschnittstellen. Durch intensive Forschung und Entwicklung wird das Aufgabengebiet von Computern mehr und mehr erweitert. Die vermehrte Integration von multimedialen Inhalten in viele Utensilien des alltäglichen Lebens, wird einerseits von Entwicklungen im technischen Bereich und andererseits von Veränderungen im Konsumverhalten der Menschen getragen. In der Gesellschaft scheint es akzeptiert, dass Computer Bestandteil des alltäglichen Lebens sind und in quasi allen Lebenssituationen auftauchen. Dadurch ergeben sich natürlich völlig neue Formen der Kommunikation zwischen Mensch und Computer, was wiederum permanent neue Herausforderungen an Designer, Informatiker, Techniker und Wissenschaftler stellt. Sie sind es, die durch ihre Arbeit die Ausgangspunkte und Konzepte für die Kreation neuer, intuitiver und überzeugender Interaktion schaffen.

Interaktionsdesign wird als Teilgebiet der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Mensch-Computer-Kommunikation zu einer wesentlichen Tätigkeit. Es handelt sich dabei um eine intensive und umfangreiche Tätigkeit, die Expertisen in den verschiedensten Fachgebieten erfordert. Als multifunktionaler Designbereich, vereint es Elemente aus Sozialwissenschaft, Design und Technik. Die Gestaltung interaktiver Systeme wird dadurch zu einer vielseitigen Problemstellung, die aus verschiedenen fachlichen Perspektiven gesehen werden kann. Faktoren wie Technik und Informatik, Psychologie und Ä sthetik sowie kulturelle und wirtschaftliche Aspekte müssen aufeinander abgestimmt werden, um ein passendes Zusammenwirken zu erreichen. Zudem gilt es die Ansätze und Theorien einer ständigen Kontrolle und Weiterentwicklung zu unterziehen, um zusätzlich in neue wissenschaftliche Bereiche vorzudringen.

Um zumindest eine gewisse Eingrenzung vornehmen zu können, wird die Begriffsthematik innerhalb des hier vorherrschenden Zusammenhanges, vor rangig aus softwareund medientechnischer Sicht gesehen. Interaktionsdesign spielt in diesen Disziplinen eine entscheidende Rolle, in der Entwicklung und im Design von Modellen und Systemen.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich nun mit der Darstellung und Konkretisierung der Modelle, Theorien und Metaphern, die quasi die Grundlage für die Konzeption und Gestaltung der Interaktion in multimedialen Systemen darstellen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Formen der Mensch-Computer-Interaktion (Englisch: Human-Computer- Interaction, HCI). Entscheidend ist, dass sehr viele unterschiedliche Ansätze und Möglichkeiten der Kommunikation zwischen Mensch und Computer bestehen, in weiterer Folge als so genannte Interaktionsparadigmen bezeichnet. Diese Paradigmen legen Art und Weise bzw. Stil der Interaktion fest und sind je nach Anwendungsfeld unterschiedlich. Für die Gestaltung der Benutzerschnittstelle bilden sie aber eine maßgebliche Grundlage.

In den ersten beiden Kapiteln wird versucht, an Hand konkreter Beispiele eine Definition für den Begriff des Interaktionsparadigmas zu finden. Zu diesem Zweck werden auf Basis einer intensiven Literaturrecherche Definitionen von Wissenschaftlern, Forschern und anerkannten Experten auf dem Gebiet der HCI präsentiert. Dadurch soll die Möglichkeit geboten werden, spezifische Grundcharakteristika zu erkennen und zu klassifizieren. In einer Analyse werden die Erkenntnisse des Forschungsteils noch einmal gegenüber gestellt – um daraus resultierend – die Grundlagen für den zweiten Abschnitt dieser Arbeit abzuleiten. Dieser beschäftigt sich mit der konkreten praktischen Umsetzung eines definierten Interaktionsparadigmas. Von der Festlegung des Designkonzeptes bis hin zur finalen Implementierung werden sämtliche Arbeitsschritte genau dokumentiert, um die Vorgehensweise strukturiert zu veranschaulichen. Nicht zuletzt spielen auch die persönlichen Erfahrungen eine wesentliche Rolle.

Der Aufbau der Arbeit wurde aus diesem Grund folgendermaßen gewählt:

- Kapitel 1: Einführung in die Problemstellung
- Kapitel 2: Definition und Präsentation von Interaktionsparadigmen an Hand konkreter Beispiele
- Kapitel 3: Formulierung einer Designidee auf Basis der Ergebnisse des Forschungsteiles
- Kapitel 4: Dokumentation der praktischen Umsetzung des Designkonzeptes
- Kapitel 5: Schlussbemerkungen, Evaluierung der Ergebnisse und Ausblick auf weiterführende Arbeit

Im angefügten Literaturverzeichnis finden sich verschiedene Publikationen, die zur Erstellung dieser Arbeit herangezogen wurde. Da es sich bei Interaktionsdesign um ein sehr weitläufiges Fachgebiet handelt, finden sich in der Auflistung der verwendeten Literatur Werke aus den Bereichen Technik und Sozialwissenschaft und zu einem geringen Anteil aus der Psychologie.

1.1 Motivation und Zielsetzung

Ein entscheidender Grund für die Themenwahl ist das persönliche Interesse für das Gebiet des Interaktionsdesigns. Dieses wurde hervorgerufen durch verschiedene Lehrveranstaltungen, die im Rahmen des Masterstudiums Medieninformatik absolviert wurden, sowie durch die Mitarbeit in diversen Projekten zur Thematik, auf die hier aber nicht genauer eingegangen werden soll.

Durch die Verfassung einer entsprechenden Studienabschlussarbeit, sollte die Möglichkeit einer zusätzlichen Vertiefung in die Materie gegeben sein, um damit nicht zuletzt auch die Weichen für eine mögliche berufliche Tätigkeit in diesem Bereich zu legen.

Zu Beginn war es das erklärte Ziel, den Prozess des Interaktionsdesigns, wenn auch nur in Grundzügen, an Hand eines praktischen Beispiels zu zeigen. Auf Basis eines Forschungsteiles sollte ein geeignetes Fundament geschaffen werden damit – darauf aufbauend – eine weiterführende praktische Umsetzung durchgeführt werden kann. Hierzu wurde eine Analyse etablierter Interaktionstechniken, im Rahmen der Arbeit als Interaktionsparadigmen bezeichnet, als passend angesehen.

In den folgenden Kapiteln werden die Grundlagen zur Themenstellung genau erörtert, Vorgehensweisen, Lösungen und Schlussfolgerungen präsentiert und schlussendlich die Ergebnisse diskutiert und evaluiert.

1.2 Interaktionsparadigma: Versuch einer Begriffsdefinition

Die Möglichkeiten den Benutzer in das Aktionsfeld eines interaktiven Systems einzubinden, sind sehr vielfältig und haben sich in den letzten Jahren stark entwickelt und gewandelt. Die Wahl des passenden Interaktionsparadigmas ist ein fundamentales Element im gesamten Designund Implementierungsprozess. Für eine genaue Definition des Begriffes Interaktionsparadigma ist eine konkrete Analyse notwendig, um Spezifikationen und Eigenschaften festzulegen. In dieser Formulierung manifestiert sich aber auch die Grundproblematik dieser Aufgabenstellung. Mehrere Definitionen existieren parallel und prinzipiell bestehen multiple Möglichkeiten um zu spezifizieren, wie Interaktion zwischen Mensch und Maschine an sich funktionieren kann. Wurde für die Beschreibung der Thematik innerhalb dieser Arbeit die Bezeichnung Interaktionsparadigma gewählt, werden in der Literatur auch Begriffe wie Interaktionsmodell, -stil, -metapher, -theorie oder auch -strategie verwendet. Vorweggenommen sei gesagt, dass der Begriff des Interaktionsparadigmas (noch) nicht eindeutig zu beschreiben ist, da keine definitiven Festlegungen getroffen sind. Dies mag wohl auch daran liegen, dass es sich beim Interaktionsdesign an sich um eine Tätigkeit handelt, die eine Expertise verschiedener Wissensgebiete erfordert und deren Bedeutung in den letzten Jahren verstärkt zugenommen hat.

Für eine Unterscheidung und Einordnung von Interaktionsparadigmen ist es notwendig, gewisse grundsätzliche Merkmale zu definieren, an Hand derer eine Klassifizierung durchgeführt werden kann. Hierbei ist es in erster Linie essentiell, die Art und Weise von Einund Ausgabevorgängen zu untersuchen. Ausschlaggebend ist dabei, welche Möglichkeiten den Benutzern zur Verfügung stehen, um Inputs zu generieren und in welchem Zusammenhang diese Dateneingaben mit dem Output des Systems stehen. Die daraus resultierende Form der Kommunikation erlaubt es dem Benutzer, auf Informationseinheiten zuzugreifen und Parameter zu definieren bzw. zu steuern und bietet auch dem Systemdesigner die Möglichkeit, durch entsprechende Leitung und Aufforderung innerhalb des Programms, die interagierende Person zu entsprechenden Handlungen zu veranlassen. Dadurch kann sich ein bidirektionaler Datenfluss entwickeln, der wie ein Dialog zwischen Mensch und Maschine unter gewissen zeitlichen und räumlichen Gegebenheiten stattfindet. Die grundsätzlichen Kriterien, an Hand derer Interaktionsparadigmen innerhalb dieser Arbeit unterschieden werden, gestalten sich also wie folgt:

- Formen von Einund Ausgabevorgängen
- Zusammenhang zwischen Input und Output
- Varianten der Kommunikation
- Gestaltung von Dialog und Handlung
- Zeitliche und räumliche Gegebenheiten

Vorab lässt sich sagen, dass sich die die Differenzierung zwischen den einzelnen Bereichen als sehr schwierig erweist, was primär an den vielen Überschneidungen zwischen diesen liegt. Um nun das Prinzip des Interakti- onsparadigmas einigermaßen greifbar zu machen, ist es notwendig Beispiele anzuführen, mit deren Hilfe eine eindeutige Beschreibung getroffen werden kann. Zu diesem Zweck wurde eine intensive Recherche durchgeführt, um herauszufinden, wie der Begriff in der Literatur verwendet wird. Die Ergebnisse hierzu werden im nachfolgenden Kapitel präsentieren.

Kapitel 2 Interaktionsparadigmen als Varianten der Mensch-Computer-Kommunikation

Interaktionsdesign ist eine multidisziplinäre Designdisziplin, die sich im Spannungsfeld verschiedenster Wissenschaften befindet. Für die technischen Wissenschaften, allen voran die Informatik, aus deren Blickwinkel die Thematik innerhalb dieser Arbeit betrachtet wird, spielt das Gestalten von wertvoller, interessanter und überzeugender Information und Interaktion eine wesentliche Rolle. Art und Weise der Kommunikation zwischen System und Benutzer sind dabei wesentliche Aspekte.

Die verschiedenen Formen des Zusammenwirkens zwischen Mensch und Computer stellen die Grundlage für den folgenden Abschnitt dar, in dem versucht wird, die Bedeutung des Begriffes Interaktionsparadigma näher zu erläutern. Dabei ist es entscheidend abzugrenzen, was nun als Interaktionsparadigma bezeichnet werden kann, welche charakteristischen Eigenschaften ausschlaggebend und bezeichnend sind und darüber hinaus, welcher primäre Weg der Kommunikation im entsprechenden Interaktionsmodell verwirklicht ist.

Zu diesem Zwecke werden verschiedene Beispiele aus der Literatur angeführt. Dies soll dabei nicht nur eine Auflistung unterschiedlicher Interaktionsformen darstellen, sondern vor allem auch die Möglichkeit bieten, spezifische Grundcharakteristika der unterschiedlichen Interaktionskonzepte zu erfassen und zu klassifizieren.

Eine entscheidende Erkenntnis, die vorab festgehalten werden kann ist, dass für ein und den selben Sachverhalt von vielen Autoren zwar unterschiedliche Bezeichnungen verwendet werden, aber inhaltlich dennoch starke Kongruenzen auftreten.

2.1 Interaktionstheorien und Systemparadigmen nach Herczeg

A good design is better than you think (Rex Heftman)

Der deutsche Wissenschafter Michael Herczeg ist Universitätsprofessor und Direktor des Institutes für multimediale und interaktive Systeme an der Universität Lübeck. Er setzt sich in seinen Publikationen vorrangig mit Mustern und Modellen der Softwareergonomie auseinander. Dabei knüpft er nahtlos an die Konzepte und Theorien des Systemdesigns in der Informatik und Interfacegestaltung an. Zusätzlich versucht er einen genauen Überblick über die Herausforderungen des Interaktionsdesigns zu geben, um nicht zuletzt auch aktuelle Systemkonzepte und deren Benutzerschnittstellen zu evaluieren. Die Verbindung zur Thematik ergibt sich bei Herczeg durch seine langjährige Tätigkeit in den Bereichen Mensch-Computer- Interaktion, Softwareergonomie, Interaktionsdesign und sicherheitskritische Mensch-Maschine-Systeme. Dies macht ihn zu einem anerkannten Forscher und Wissenschaftler auf dem Gebiet. Aus diesem Grunde werden u.a. seine Theorien und Thesen herangezogen, um eine Definition des Begriffes Interaktionsparadigma zu liefern.

2.1.1 Systemparadigmen: Aufgabenteilung zwischen Mensch und Computer

Um nun ein Verständnis für die Theorien von Herczeg zu entwickeln, ist es vor allem notwendig, gewisse Grundbegriffe seiner Sichtweise der Dinge zu spezifizieren. Vorrangig beschäftigt er sich in [24] mit den Ausprägungen von Mensch-Computer-Systemen und spricht dabei im Kontext von Interaktion im Konkreten von so genannten Paradigmen multimedialer interaktiver

Systeme oder kurz Systemparadigmen.1

Die Klassifikation und Deskription der einzelnen Systemparadigmen stützt sich dabei auf bestimmte Charakteristika und Grundprinzipien der HCI. Seiner Meinung nach ist es ein primäres Ziel der Computernutzung, eine passende und adäquate Aufgabenteilung zu finden zwischen Mensch und Maschine. Art und Weise dieser Arbeitsaufteilung, stellt dabei sozusagen die Grundlage für das entsprechende, zu verwirklichende Systemparadigma dar. Entscheidend sei, dass in diesem Wechselspiel gleichermaßen die Fähigkeiten von Mensch und Computer einfließen.

Im Folgenden findet sich hierzu eine Auflistung und Gegenüberstellung von Eigenschaften und potentiellen Aufgabengebieten, die eine Ausgangbasis für das Design von interaktiven Systemen darstellen können.2

Der Mensch

- setzt Ziele,
- b enutzt sein leistungsfähiges System zur Wahrnehmung von Situationen und Ergebnissen,
- definiert Teilprobleme und ihre Beziehungen zueinander,
- wählt geeignete Problempräsentationen,
- benutzt umfangreiches Al lgemeinwissen und integriert Wisse n aus verschiedenen Bereichen zur Problemlösung,
- b aut auf vorhergehende Erfahrungen auf und löst Probleme durch Analogieschlüsse,
- kontrolliert die Teillösungen und füg t diese zu einer Gesamt lösung zusammen und
- führ t komplexe Entscheidungen durch.

Der Computer hingegen

- üb ernimmt die Rolle einer externen Gedächtnishilfe,
- liefert Abstraktionsebenen durch formale Sprachen,
- kontrolliert die Auswirklungen von Veränderungen,
- hilft, Inkonsistenzen zu vermeiden oder aufzudecken,
- erzeugt dynamisches Verhalten aus statischen Beschreibungen,
- ermöglicht, die Konsequenzen von Aktionen rück gängig zu mache n und fördert damit exploratives und kreatives Verhalten,
- bietet verschiedene Perspektiven auf komplexe Informationsstrukturen,
- verbirgt durch kontextabhängige und benutzergesteuerte Filter irrelevante Einzelheiten,
- lenkt unsere Aufmerksamkeit auf wichtige Informationen oder Ereignisse,
- is t ermüdungsf r ei wachsam und – führ t komplexe und umfangreiche Aktivitäten fehlerfrei durch

Dies sind nur wenige Faktoren, die bekräftigen welch außerordentliches Potential in der HCI verborgen ist und durch entsprechend konzipierte interaktive Systeme zum Tragen kommen kann. Ziel des Designers soll es daher sein, die Fähigkeiten beider Kommunikationspartner optimal auszunutzen und in das System einfließen zu lassen.

2.1.2 Varianten von Systemparadigmen I: Kommunikationspartner

Ein erstes Systemparadigma das Herczeg spezifiziert, ist jenes von Mensch und Computer als Kommunikationspartner. Wesentliches Merkmal ist hierbei, dass die interagierende Person mit dem Computer auf eine prinzipielle Art und Weise kommuniziert, die der Auseinandersetzung mit anderen Menschen sehr ähnlich ist. Die Maschine ist aber dennoch in der Rolle des Ausführenden und übernimmt zusätzliche Aufgaben wie Assistenz, Überwachung und Hilfestellung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1: Kommunikationsablauf im Systemparadigma Kommunikationspartner. Aus [24].

Dieser Weg der Interaktion weist bestimmte prinzipielle Grundcharakteristika auf, die signifikant sind. Allem voran ist wichtig, dass die Kommunikationsaktiviät in Form eines Dialoges durchgeführt wird, d.h. es steht eine bestimmte Sprache zur Verfügung, die genutzt wird. Dadurch wird ein bestimmtes Rollenverhalten initiiert, wobei der Mensch in erster Linie delegiert und Initiativen ergreift. Diese Kompetenz kann bei fortlaufender Dauer des Dialoges durchaus wechseln.

Die Verwendung von Sprache als Mittel und Weg der Verständigung birgt aber entsprechende Probleme in sich. Die sprachlichen Fähigkeiten des Computers werden sehr oft überschätzt, wodurch es zu Missverständnissen und Mehrdeutigkeiten im Handlungsablauf kommen kann. Ein Sachverhalt, der vor allem durch menschähnliche Darstellungen oder Verwendung der Ich- Form bei Avataren und Assistenten entstehen kann.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass das Systemparadigma von Mensch und Computer als Kommunikationspartner schon seit den Anfängen im Interaktionsdesign verfolgt wird. Ansprechende technische und vor allem unmissverständliche Realisierungen erweisen sich allerdings seit jeher als sehr schwierig und sind primär von der richtigen Auswahl der Anwendungsdomäne abhängig.

Als mögliche Umsetzungsvarianten des Systemparadigmas Kommunikationspartner sind zu nennen:

1. Intelligent Agents

Die Grundannahme, dass Computersysteme die Fähigkeit besitzen anspruchsvolle Problemstellungen zu lösen, impliziert eine gewisse Form von Intelligenz. Aus diesem Grund basiert das System der Intelligent Agents auf dem Prinzip des unermüdlichen Helfers, der sowohl Aufgaben entgegennimmt, als auch Unterstützung bei Hilfethemen bietet. Diese intelligenten Benutzerschnittstellen, die durchaus die Fähigkeit der Problemlösung besitzen, sind in wesentlichen Bereichen wohl eher dem Forschungsbereich der künstlichen Intelligenz zuzuordnen. Dennoch ist entscheidend, dass dieses Prinzip sich speziell für jene Menschen hervorragend eignet, die nicht die Fähigkeiten bzw. Möglichkeiten besitzen, sich auf die formalen Kriterien komplexer Benutzerschnittstellen bzw. interaktiver Systeme einzustellen.

2. Avatare und Conversational Agents

Primärer Ansatzpunkt ist bei dieser Variante des Computers als Kommunikationspartner ein gewisses zusätzliches Gefühl der Vertrautheit, das bei der interagierenden Person erzeugt werden soll – vorrangig durch visualisierte, ausdrucksvolle Körperlichkeit. Eine mögliche Umsetzungsvariante zeigt sich z.B. in Form von dreidimensionalen Repräsentationen von Intelligent Agents, die in Lage sind, über Sprache, Gestik, Mimik mit dem Benutzer zu kommunizieren.

Der japanische Wissenschaftler Masahiro Mori beschäftigt sich ebenfalls mit dieser Thematik und weist dabei auf deren Komplexität hin.3

Seiner Ansicht nach werden abstrakte Repräsentationen von Conversational Agents von der interagierenden Person wesentlich besser aufgenommen als menschähnliche Darstellungen, die nicht als natürlich empfunden werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2: Beispiel für einen Conversational Agent von Verbot § r . Aus [61].

2.1.3 Varianten von Systemparadigmen II: Handlungsräume

Herczeg spezifiziert in seinen Ausführungen ein weiteres Systemparadigma, in dem der Computer verwendet wird, um gemeinsam mit dem Menschen in einen (virtuellen) Handlungsraum einzutauchen. Bedeutend ist hierbei, dass der Fokus weniger auf Austausch und Kommunikation liegt, sondern ein direktes Handeln verlangt wird.

Für diese aktive Teilnahme stehen der interagierenden Person entsprechende Einund Ausgabegeräte zur Verfügung, die adäquate Handlungsmöglichkeiten in einem spezifischen Anwendungsraum ermöglichen. Der Computer hat dabei die Rolle der Kreation einer künstlichen und virtuellen Umgebung mit darin befindlichen Objekten, die wahrgenommen und mit entsprechenden Werkzeugen manipuliert werden können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.3: Kommunikationsablauf im Systemparadigma Handlungsräume. Aus [24].

Eine mögliche Variante, in der sich ein solches reales Modell manifestiert, ist den Computer als Ressource zu sehen, die vom Menschen als Hilfsmittel verwendet werden kann, um komplexe Problemstellungen zu bearbeiten und zu lösen. Sehr nahe liegt dabei die Betrachtungsweise, den Computer als Werkzeug einzusetzen, das vom Menschen benutzt und bedient wird und die Möglichkeit schafft, zu modellieren und zu bearbeiten. Entscheidend ist, dass ein Arbeitsgegenstand mit einem gewissen Arbeitsziel editiert wird und dabei Arbeitswerkzeuge benutzt werden, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Besonders wichtig ist die Auswahl des richtigen Instruments, um eine falsche Benutzung zu vermeiden.

Die Kreation und Gestaltung von passenden Tools ist begrifflich sehr stark mit dem Software-Development verbunden. Computerwerkzeuge sind allerdings hochfunktional und damit mit entsprechenden Anforderungen in der Entwicklung verknüpft.

Mögliche Umsetzungsvarianten des Systemparadigmas Handlungsräume sind:

1. Direkt manipulative und metaphorische Systeme

In dieser Form der Mensch-Computer-Kommunikation werden auf Basis einer vorwiegend symbolhaften Sprache, Objekte und Werkzeuge der physischen, realen Welt, durch repräsentative Abbildungen (Pikto gramme) dargestellt. Entscheidend ist dabei, einen entsprechenden Grad der Abstraktion zu wahren, speziell in der Visualisierung der Be- dienoberfläche und Interaktionswerkzeuge, um einerseits die technische Komplexität der Darstellung nicht über zu strapazieren und andererseits einen Verlust der metaphorischen Symbolik zu vermeiden.

Zur Bearbeitung bzw. direkten Manipulation wird eine Reihe von Methoden angeboten. Ein wichtiger Aspekt ist in diesem Zusammenhang die Abbildung natürlicher Verhaltensweisen durch Einsatz physikalischer Dialogprinzipien wie Dr ag and Drop oder Cut and Paste, um nur zwei zu nennen.

Für eine Charakterisierung dieser Systeme lässt sich auf die Definitionen von Ben Shneiderman verweisen:4

- Fortlaufende Darstellung der interessanten Objekte und Aktionen mit bedeutungsvollen visuellen Metaphern
- Physische Aktionen oder Drücken von gekennzeichneten Buttons statt komplexer Syntax (vgl. Kommandosysteme)
- Schnelle, inkrementelle umkehrbare Operationen, deren Effekte auf dem Zielobjekt sofort sichtbar sind.

Diese Grundprinzipien bilden die Basis für diverse Konzepte, die im Rahmen der HCI in verschiedenen Anwendungen sehr erfolgreich umgesetzt wurden. Der Erfolg hat dabei unterschiedliche Ursachen. Durch die symbolhafte Implementierung wird auch Gelegenheitsbenutzern die Möglichkeit geboten, die Grundcharakteristika des Systems kennenzulernen und sich schnell zu Recht zu finden. Entscheidend ist allerdings die direkte Abfolge von Aktion und Reaktion. Der Benutzer kann sofort erkennen, ob die von ihm ausgeführte Handlung das gewünschte Resultat gebracht hat, signalisiert durch entsprechendes F eedb ack.

Der vorrangige Einsatzbereich dieser Interaktionstechnik im Bereich von grafischen Benutzeroberflächen bringt aber auch Nachteile und Problemstellungen zum Vorschein. Durch die mehrheitliche Verwendung von typischen Pointing Devices zur Interaktion (siehe Abschnitt 2.6.2), erhöht sich die Anzahl der Arbeitsschritte gewöhnlich mit steigender Anzahl der Einzelobjekte, da es normalerweise notwendig ist, Modifikationen von Attributen für jedes Objekt separat durchzuführen. Man stelle sich hierbei z.B. die Visualisierung einer Verzeichnisstrukur auf Basis einer grafischen Benutzeroberfläche vor, in Kombination mit der Aufgabe sämtliche Dateibezeichnungen zu ändern.

2. Virtual, Augmented and Mixed Reality

Die Modellierung und Darstellung von virtuellen Realitäten bietet die Möglichkeit, dem Benutzer eine Vielzahl unterschiedlicher Objekte zur

Verfügung zu stellen, die manipuliert werden können. Dadurch wird der Eindruck der Immersion vermittelt, d.h. man hat das Gefühl in eine künstliche Welt einzutauchen. Ein entscheidender Aspekt ist in diesem Zusammenhang, dass oftmals die Prinzipien der Benutzerintegration vom zweidimensionalen Bildschirm in den dreidimensionalen (virtuellen) Raum transformiert werden.

Dadurch ergeben sich zusätzliche Möglichkeiten was die Konzeption des Interfaces betrifft, indem man sich die Fähigkeiten des Menschen, die er im Umgang mit physischen Objekten besitzt, zu Nutze macht. Die Benutzer sollen die Möglichkeit bekommen, die Interaktion im System derart zu verinnerlichen, dass nur mehr das Explorieren der künstlichen Welt bzw. das Lösen der gestellten Aufgabe im Vordergrund steht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.4: Beispiel für Augmented Reality. Aus [59].

Fügen sich zur virtuellen Welt in einem ausgewogenen Verhältnis reale Elemente hinzu, so spricht man von Mixe d R e alities. Diese Systeme bieten die Möglichkeit, visuelle, auditive und haptische Wahrnehmungen um entsprechende virtuelle Teilaspekte zu erweitern. Auf Basis einer Stimulierung verschiedener menschlicher Sinne wird versucht, eine erweiterte Immersion zu erreichen. Durch die Integration von realen und virtuellen Elementen wird im Speziellen die Interaktion in diesen Räumen zu einem bedeutenden Erlebnis. Entscheidend ist hierbei, dass ein mentales Modell, welches bereits in der realen Welt gebildet und angewendet wird, direkt auf das virtuelle Systemkonzept übertragen werden kann.

2.1.4 Varianten von Systemparadigmen III: Mediale Systeme

In den beiden bereits analysierten Systemparadigmen Kommunikationspartner und Handlungsräume nimmt der Computer eine sehr aktive Rolle ein. Es existieren allerdings auch Anwendungsfälle, in denen die Maschine nicht direkt an der Interaktion beteiligt ist, sondern vielmehr in der Funktion eines Verteilers den Transport von Nachrichten übernimmt. Dadurch wird eine weitere Variante der Interaktion geboten, mit dem Computer in der zentralen Rolle des Vermittlers.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.5: Kommunikationsablauf im Systemparadigma Mediale Systeme. Aus [24].

Entscheidend ist hierbei, dass der Benutzer Zugriff zu einem Medium bzw. einem Kommunikationspartner erhält, wobei sämtliche Nachrichten entsprechend der unterschiedlichen Anwendungswelten transformiert und übersetzt werden. Diese Form der Interaktion tritt normalerweise in Kombination mit anderen Varianten auf, wie z.B. direkt manipulativen Systemen, was wiederum impliziert, dass Aktion und Reaktion sofort sichtbar sind und durch entsprechende Rückmeldungen signalisiert werden. Das Systemparadigma der medialen Systeme findet primär im Bereich der Hypermediasysteme Anwendung, hierbei insbesondere im World Wide Web.

Bohn und Rohs vom Institut für Informationssysteme der ETH Zürich sprechen in ihrer Publikation zum Thema Interaktion in Informationssystemen vom Klicken in der realen Welt5 als Interaktionsparadigma. Durch Aktivie- rung eines Hyperlinks ist es uns möglich, weit entfernte Daten in Form von Dokumenten und Grafiken abzurufen und auf einem lokalen Anzeigegerät darzustellen. Dabei müssen wir uns keine Gedanken über technische Details und weltweite Weitergabe der Informationen machen.

Weiters enthalten Objekte des täglichen Lebens eine Vielzahl von Informationen und können daher in gewisser Weise als physische Hyperlinks betrachtet werden, deren Daten durch die virtuellen Repräsentationen zugänglich werden. Darüber hinaus bietet sich die Möglichkeit, die realen Objekte in ihrer virtuellen Form mit zusätzlichen Informationen zu versehen, die das eigentliche physische Objekt nicht unbedingt betreffen müssen. Dadurch wird es möglich, Assoziationen zwischen realen Elementen und abstrakten Begriffen zu bilden. Bohn und Rohs führen in diesem Zusammenhang das Beispiel der Wanderschuhe an, die als physische Objekte eine Verbindung zu sämtlichen Informationen über das Wandern ermöglichen können, wodurch sich abstrakte Konzepte bilden lassen. Dur ch das ”Klicken“ auf die um virtuelle Fähigkeiten und Eigenschaften erweiterten Gegenstände können diese

assoziierten Informationen zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgerufen wer den.6

Mögliche Umsetzungsvarianten des Systemparadigmas Mediale Systeme sind:

1. Information Spaces

Der Computer regelt in seiner Funktion als Vermittler den Zugriff zu Informationsräumen, wobei entscheidend ist, dass Inhalte nicht verändert werden. Den Benutzern werden Möglichkeiten und Varianten zur Verfügung gestellt, die ihnen ein komfortables Navigieren in diesen computergestützten Räumen ermöglichen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Kreation von Interaktion und Kommunikation vor allem von Art und Weise der Präsentation und Darstellung der Inhalte abhängig ist.

2. Hypermediasysteme

Hypermediasysteme sind grundsätzlich zum Systemparadigma der Informatio n Spaces zu zählen. Sie haben die Aufgabe, multimediale Informationen in einem vernetzten Informationsraum zu organisieren.7

Hierbei ist aber festzuhalten, dass die Kriterien, um einen Raum der Informationen einem Hypermediasystem zuzuordnen, nicht eindeutig zu definieren sind. Vielmehr sind es wiederum folgende charakteristische Eigenschaften, die ausschlaggebend sind: die textbasierte Datenaufbereitung (Hypertext), das vorrangige Interagieren mittels zeigeorientierten Werkzeugen (vgl. Pointing Devices) und vor allem das Navigieren in diesem Datenraum durch passende Verweise im Text auf verwandte Themen (Englisch: Links). Dadurch sind die Benutzer in der Lage, Assoziationen zwischen den einzelnen Informationselementen herzustellen. Als Beispiel für ein solches System ist das Internet zu nennen.

In größeren Hypermediasystemen besteht die Gefahr, sehr schnell die Orientierung zu verlieren. Dies kann verhindert werden, indem zusätzliche Übersichtsinformationen zur Verfügung gestellt werden, wodurch der Benutzer, ausgehend von seinem eigenen Standort, in der Lage ist, eine Exploration des Informationsraumes zu planen und zu steuern.

3. Communication Systems

In medialen Systemen nimmt der Computer die Rolle eines Vermittlers von Kommunikation zwischen Mensch und Maschine ein, d.h. er reduziert seine Rolle als Handlungsbzw. Kommunikationspartner und übernimmt die Aufgabe des Transportmediums. Diese Form der Interaktion findet man vorrangig umgesetzt in Systemen des Instant Messaging, wie z.B. ICQ oder MSN Messenger. Entscheidend ist, dass die Nachrichten zwischen den Informationswelten zwar transformiert aber inhaltlich nicht verändert werden.

2.1.5 Zusammenfassung

Die Konzepte, Theorien, Definitionen und nicht zuletzt die persönlichen Ansichten, die Herczeg im Zusammenhang mit Interaktionsdesign formuliert, sind sehr stark vom Modell des Computers als Kommunikationspartner geprägt. Er geht davon aus, dass Mensch und Maschine in der Lage sind, ähnlich wie Menschen miteinander zu kommunizieren. Der entstehende Dialog ist dabei an einen gewissen Handlungsraum gebunden, in dem der Benutzer seine Aktionen ausführt. Im Rahmen der Konzeptionalisierung und Gestaltung von Kommunikationsund Handlungsräumen spricht Herczeg von so genannter Mediengestaltung, in besonderer Hinsicht auf den ubiquitären Einsatz von multimedialen Computersystemen.

Diese Sachverhalte bilden dabei die Grundlage für die unterschiedlichen Basismodelle der Interaktion, die präsentiert werden. In diesem Zusammenhang spezifiziert Herczeg den Begriff des Systemparadigmas, das im Grunde genommen in seinen unterschiedlichen Ausprägungen die Varianten und Systemkonzepte der Mensch-Computer-Kommunikation beschreibt. Diese Paradigmen stellen zum einen die Grundlage zur Analyse bestehender interaktiver Systeme dar und bilden zum anderen die Basis für neue modifizierte Konzepte. Entscheidend ist für Herczeg aber, dass diese Theorien das Fundament repräsentieren, wie Computersysteme von ihren Benutzern, bezogen auf Anwenderfreundlichkeit, wahrgenommen werden.

Die in dieser Arbeit präsentierten Systemparadigmen lassen sich strukturieren in folgende Bereiche:

- Kommunikationspartner
Intelligent Agents
Avatare und Conversational Agents

- Handlungsräume
Direkt manipulative Systeme und metaphorische Systeme
Virtual, Augmented and Mixed Realitites

- Mediale Systeme
Information Spaces
Hypermediasysteme
Communication Systems

Unterscheidungen sind dabei nicht immer eindeutig zu treffen, da ähnliche Grundcharakteristika und oftmals auch gewisse Abhängigkeiten existieren. Entscheidend ist vielmehr, dass durch den adäquaten Einsatz dieser Konzepte Computeranwendungen benutzerfreundlich, intuitiv und transparent gestaltet werden können. Im Rahmen des Interaktionsdesigns ist es daher von essentieller Bedeutung, die richtigen Systemparadigmen auszuwählen, weiters gestalterische und technische Konkretisierungen auszuprägen und – vielleicht auch durch Kombination bestehender Konzepte – neue Varianten ansprechender und interessanter Interaktion zu schaffen. Herczeg spricht in diesem Zusammenhang von Gestaltungsmuster n8 (in früheren Publikationen seinerseits auch als Dialo gp aradigmen9 bezeichnet), die etablierte

Lösungsmöglichkeiten zur Umsetzung der bereits besprochenen Systemkonzepte darstellen. Hierbei ist vor allem auch die Dynamik des Interaktionsdesigns zu erkennen, denn etablierte Konzepte werden zwar einerseits von neuen Ideen in der HCI verdrängt, bilden aber dabei die Grundlage für diese. Wie in der Einleitung zu diesem Kapitel bereits erwähnt, wird der Begriff des Interaktionsparadigmas in der Literatur zur Definition verschiedener Sachverhalte herangezogen. Prägt Herczeg mit dem Konzept des Systemparadigmas einen Ansatz, der sehr stark auf kommunikationswissenschaftlichen Elementen beruht, so führt er auch konkrete Beispiele an.

Die von Herczeg präsentierten Konzepte und Modelle sind ein wesentlicher Beitrag zu dieser Arbeit, um der Definition des Begriffes Interaktionsparadigma näher zu kommen. Dies liegt in erster Linie an seiner klar strukturierten Vorgehensweise in der Präsentation der Thematik und an der zusätzlichen Illustration mit passenden Beispielen.

2.2 Theorien, Modelle und Interaktionsstile nach Shneiderman

It’s time to get angry about the quality of user interface design (Ben Shneiderman)

Ben Shneiderman ist zum aktuellen Zeitpunkt Professor am Institut für Compute r Science und Mitglied der Institute für A dvanced Computer Studies und System Research an der Universität Maryland. Zusätzlich ist er ein Gründungsmitglied des Human-Computer Interaction Laboratory. Seine zahlreichen Bücher und Publikationen machen ihn zu einem international anerkannten Wissenschaftler auf dem Gebiet der HCI. Er hat im Rahmen seiner Tätigkeit zahlreiche Grundprinzipien und Leitlinien des Interaktionsdesigns definiert, erläutert oder mitgestaltet. Entscheidend ist hierbei, dass er sich seit Beginn der kommerziellen Computernutzung intensiv mit der Thematik auseinandersetzt und dadurch über ein sehr breites Fachwissen und große Erfahrung verfügt. Seinen Theorien und Konzepte liegt zudem eine lange Forschungsund Entwicklungszeit zu Grunde. Ben Shneiderman zählt ohne Zweifel zu den bedeutenden Personen auf dem Gebiet der HCI. In den Publikationen, die für diese Arbeit herangezogen wurden (Literaturverzeichnis: [49] – [54]), beschäftigt er sich in erster Linie mit dem Prozess des Interaktionsdesigns im Rahmen der Softwareentwicklung und erläutert dabei interessante Ansätze, Theorien und Richtlinien. Die dabei von ihm spezifizierten Konzepte und Grundregeln setzen vorrangig in den Bereichen des User-Interface-Design und der systemgestützten Benutzerführung an. Entscheidend für die Thematik der Interaktionsparadigmen ist aber seine Auseinandersetzung mit den Methoden und Varianten der Benutzerintegration. Shneiderman spricht in diesem Zusammenhang von verschiedenen primären Interaktionsstilen, die dem Systemdesigner zur Verfügung stehen. Anders als Herczeg, der ja vorrangig auf die verschiedenen Ausprägungen von Mensch-Computer-Systemen eingeht, sind Shneiderman’s Theorien sehr stark von Aspekten der Software-Usability geprägt. Er versucht dabei einen Überblick zu liefern, auf welche Art und Weise der Benutzer in den Akti- onsraum eines interaktiven Systems eingebunden wird und verzichtet auf zusätzliche systembezogene Erläuterungen.

2.2.1 Interaktionstheorien: Object-Action Interface Model

Die Konzepte und Methoden, die Shneiderman im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit Interaktionsdesign anführt, sind sehr stark von der Arbeit mit Modellen und Theorien geprägt. Er definiert in diesem Zusammenhang den Begriff der so genannten High-Level-Theorien.10 Grundsätzlich sollen diese unterstützend wirken, um eine Beschreibung der vielfältigen Eigenschaften von interaktiven Systemen zu ermöglichen.

Da sich Interaktionsdesign im Spannungsfeld verschiedener wissenschaftlicher Teilgebiete befindet, existieren sehr viele Konzepte, die mehr oder weniger wetteifern, um von unterschiedlichen Designern unterstützt und angewendet zu werden. Dies ist zum einen sehr positiv für die Disziplin der HCI, da ständig neue Ansätze entstehen oder bereits vorhandene modifiziert und weiterentwickelt werden. Zum anderen werden dadurch sehr intensive Anforderungen an die Designer gestellt, die mit den andauernden Veränderungen Schritt halten müssen. Entscheidend aber ist in diesem Zusammenhang, dass Theorien und Modelle für Shneiderman die Grundlage darstellen, um komplexe Zusammenhänge in der Kooperation zwischen Mensch und Computer zu beschreiben und zu deuten.

Ä hnlich wie Herczeg geht Shneiderman in seinen Ausführungen in [49] auf eine Aufgabenteilung zwischen Mensch und Computer ein, wodurch die je- weiligen Fähigkeiten zum Tragen kommen sollen. Diese Thematik wird allerdings in [51] nur mehr am Rande behandelt und mehrheitlich durch Erläuterungen des Zusammenhanges von Objekt und Aktion, dem so genannten Obj e ct-Action Interface Model11, verdrängt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.6: Object-Action Interfac e Model – Objekte und Aktionen sind organisiert in einer hierarchischen Struktur, wodurch die Abhängigkeiten zwischen den Elementen sichtbar werden. Aus [53].

[...]


1 Siehe [24]: Herczeg Michael: Inter aktionsdesign – Gestaltung interaktiver und multimedialer Systeme. Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, 2006: S. 41

2 Siehe [24]: Herczeg, 2006: S. 42

3 Vgl.: Mori Masahiro: The Buddha in the Robot. Charles E. Tuttle Publishing, 1982– In [24]: Herczeg 2006: S. 45

4 Vgl. [53]: Shneiderman Ben, Plaisant Catherine: Designing the User Interface. Pearson, Addison Wesley, 2005: S. 234

5 Siehe [7]: Bohn Jürgen, Rohs Michael: Klicken in der realen Welt – Workshop Mensch-Computer-Interaktion in allgegenwärtige n Informationssystemen. ETH Zürich, 2001: S. 3

6 Siehe [7]: Bohn, Rohs, 2001:S. 3

7 Vgl.: Bogaschewsky R.: Hypertext-/Hypermedia-Systeme: Ein U¨berblick. (In: Informatik Spektrum, 15(3), 1992: S. 127-143) – In: [24]: Herczeg 2006: S. 79

8 Siehe [24]: Herczeg, 2006: S. 71

9 Siehe [23]: Herczeg Michael: Software-Ergonomie. Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, 2005: S. 14

10 Siehe [51]: Shneiderman Ben: User Interface Design. mitp-Verlag, 2002: S. 74

11 Siehe [53]: Shneiderman, 2005: S. 96

Ende der Leseprobe aus 103 Seiten

Details

Titel
Analyse von Varianten der Mensch-Computer-Kommunikation
Hochschule
Technische Universität Wien
Note
2
Autor
Jahr
2007
Seiten
103
Katalognummer
V118406
ISBN (eBook)
9783640217649
ISBN (Buch)
9783640217786
Dateigröße
2722 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Analyse, Varianten, Mensch-Computer-Kommunikation
Arbeit zitieren
Dipl.Ing. Johannes Schmidmayr (Autor:in), 2007, Analyse von Varianten der Mensch-Computer-Kommunikation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118406

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Analyse von Varianten der Mensch-Computer-Kommunikation



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden